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kostenlos downloaden
queer-travel.net
Ein Sonderheft von
Ausgabe
1 /2013
&
Gewinne
ein Wochenende
für zwei in
Nizza!
Indonesien
Tausende Inseln,
viele Geschlechter
In
Kooperation
mit
Pilgern
Auszeit auf dem
Jakobsweg
Europas beliebtes Ski Pride Festival, vom 12. bis 19. Januar 2014
Sonne, Schnee und Plausch
für einen super Winterrausch!
Mit Gays & Lesben aus über 30 Ländern.
Gay-friendly Hotels, Chalets & Ferienwohnungen.
Neu: 225 km fantastische Ski -Snowboard Pisten.
Auch für Nichtskiläuferinnen ein Riesenspass!
Feine Restaurants, Apres-Ski, Spa & Welness,
Kulturelle Anlässe, Konzerte & lustige Parties.
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INHALT
LIEBE LESERINNEN UND LESER,
angesichts der vielen Stunden, die wir vor
dem Computer verdämmern, ist eine Pilgerreise auf dem Jakobsweg nicht nur Ausgleichssport, sondern auch eine gute Gelegenheit, um den Kopf freizubekommen.
Unsere Autorin Cornelia Fleck nahm sich
nach einem turbulenten Jahr zwei Wochen
Zeit, um ganz alleine dem berühmten Pilgerpfad zu folgen. Ihr überraschendes Fazit:
Nicht die Einsamkeit, sondern die Gespräche mit den anderen Reisenden haben
„ihren“ Jakobsweg zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht (S. 18).
Auch Indonesien ist weit weg von unserem Alltag und deshalb eine Auszeit wert.
Die meisten Reisenden bleiben auf Bali
hängen. Dabei stehen über 17.000 Inseln
zur Auswahl. Nur wenige wagen sich auf
die Hauptinsel Java mit der Hauptstadt
Jakarta, der Kulturmetropole Yogyakarta
und beeindruckenden Sehenswürdigkeiten
wie dem Tempel Borobudur. Noch weniger
bekannt ist die queere Seite Javas. In unserer Titelgeschichte spielen deshalb Warias
die Hauptrolle: Sie bewegen sich zwischen
den uns bekannten Geschlechterkategorien – und prägen eine einmalige javanesische Subkultur. Ein Trans-Paradies ist Indonesien freilich nicht: Viele Warias leben am
Rand des Existenzminimums (S. 6).
Übrigens: Indonesien ist in diesem Jahr
Partnerland der Reisemesse ITB in Berlin.
Und auch QUEER TRAVEL könnt ihr dort
finden: am 9. und 10. März im Pink Pavillon,
Halle 2.1. Wir freuen uns auf euren Besuch!
Philip Eicker, Elke Koepping & Tobias Sauer,
Redaktion QUEER TRAVEL
3 TAGE IN
ANTWERPEN
S. 28
MAGAZIN
S. 4
INDONESIEN
IM DETAIL
PILGERN
S. 16
Der Jakobsweg
und andere schöne Routen in
Deutschland und Europa
MEINUNG
Lesbenreisen
S. 30
S. 18
TITELTHEMA
Foto: Terje Toomistu
INDONESIEN
S. 6
Der Vielvölkerstaat birgt nicht nur geheimnisvolle
Tempel: Terje Toomistu entdeckt die javanesische
Kultur der Warias und Carsten Heinke segelt nach
Komodo, der Insel der Urzeitechsen.
Queer TraveL 1 /2013 3
MAGAZIN
QUEER TRAVEL auf der ITB
Reiseangebote für Schwule und Lesben
spielen auch auf der weltgrößten Reisemesse, der Internationalen Tourismusbörse
(ITB) in Berlin, eine große Rolle. Der „Pink
Pavillon“ (Halle 2.1), in dem sich die Anbieter am 9. und 10. März dem queeren Publikum vorstellen, ist komplett belegt, sagt
Rika Jean-François von der Messe Berlin.
„Die ITB versteht unter gesellschaftlicher
Verantwortung auch, LGBT-Tourismus aus
der Nische zu holen und als ein gleichberechtigtes Segment neben die anderen Reisesegmente zu stellen“, erklärt sie. Dies sei
trotz der positiven Tendenz in vielen Ländern noch nicht erreicht.
Die starke Nachfrage zeigt indes, dass
queere Reisen auch ein Wirtschafsfaktor
sind. Um schwule und lesbische Reisende
wirbt beispielsweise die Stadt Wien, die Besucherinnen und Besucher zu einer Kaffee-
Eine App für die letzten Romantiker.
Und für ganz Verzweifelte, die die
Zeichen der Zeit verschlafen haben –
warum aber sollten ausgerechnet diese
Menschen eine solche App kennen?
Immerhin: Ein Versuch kostet nichts, die
App ist bei iTunes und Google Play
kostenlos erhältlich. cb
Klage gegen Einreiseverbot
für Schwule und Lesben
Auf an die Côte d’Azur! QUEER TRAVEL
verlost gemeinsam mit easyJet und dem
Buchungsportal Escapio ein Wochenende
in Nizza. Zu gewinnen gibt es für zwei Personen Flug ab Berlin und zwei Übernachtungen mit Frühstück im Hotel Ellington
Nice. Von dort sind es nur zehn Minuten zur
eleganten Mittelmeer-Promenade am Quai
des Etats-Unis. Teilnahmeschluss ist der
31. Mai 2013, Hinreise bis November 2013.
Maurice Tomlinson. Foto: privat
Queer TraveL 1 /2013
Queer-Faktor
Die meisten Schwulen und Lesben sind
in der Kontaktanbahnung einfach zu
professionell, als dass ihnen eine Gelegenheit für ein spannendes Date durch die
Lappen ginge. Alle anderen können nur
hoffen, dass auch der oder die andere
diese Nischen-App kennt und nutzt.
Hinschauen
QUEER TRAVEL verlost
ein Wochenende in Nizza
4
Zielgruppe
Für alle, die auf dem Flieger die Liebe
ihres Lebens getroffen haben, denen
das aber erst aufging, als es zu spät war –
oder die ihre eingesammelten Kontaktdaten schlicht verschlampt haben.
Fazit
Gewinnen
Mehr Infos und Teilnahme unter
queer-travel.net
QUEER TRAVEL
testet Apps:
„We met
on a plane“
Foto: Messe Berlin
Hingehen
Für hinterher
pause mit Wiener Melange einlädt. Aussteller unter anderem aus New York, der Tschechischen Republik, Thailand und Indien stellen ihre Angebote vor. Auch die von der
Wirtschaftskrise gebeutelten Länder Griechenland und Zypern sind im Pink Pavillon
vertreten. Am argentinischen Stand wird
die bereits im letzten Jahr beliebte Queer
Tango Show aufgeführt. Weitere Informationen zu schwullesbischen Reisezielen bieten der Spartacus und die International Gay
and Lesbian Travel Association (IGLTA).
QUEER TRAVEL ist zusammen mit SIEGESSÄULE, L-MAG und DU&ICH ebenfalls auf
der ITB im Pink Pavillon präsent.
ts
Trinidad und Tobago verweigern so einigen
Menschen die Einreise: Prostituierte, Behinderte, Demente und auch Homosexuelle
müssen draußen bleiben. Der Jamaikaner
Maurice Tomlinson (Foto), als LGBT-Aktivist
Homophobie aus seiner Heimat gewohnt,
hat nun gegen diese Diskriminierung und
eine ähnliche Regelung im mittelamerikanischen Belize Klage eingereicht. Sollte die
Klage angenommen werden, wird vor dem
Obersten Gerichtshof der Karibischen Gemeinschaft (CCJ) verhandelt. „Ich erwarte,
dass der CCJ als internationales Gericht die
internationalen Menschenrechte seiner Urteilsfindung zugrunde legt“, sagt Tomlinson
gegenüber QUEER TRAVEL. Abenteuerhungrige und politisch Unbedarfte mögen
Trinidad und Tobago sowie Belize weiterhin
als exotische Traumziele ansteuern – sollten
allerdings ab dem Moment der Einreise auf
demonstratives Rumgeturtel verzichten. Bis
zu 25 Jahre Haft stehen in Trinidad und Tobago auf Analsex, lesbischer und schwuler
Sex generell kann darüber hinaus mit bis zu
fünf Jahren Haft bestraft werden. In Belize
wird schwuler Sex mit bis zu zehn Jahren
Knast bestraft.
cb
MAGAZIN
Koffer-Tratsch
Balian Buschbaum hat als Stabhochspringer vor seiner geschlechtsanpassenden OP an den Olympischen Spielen in Sydney sowie mehreren Weltund Europameisterschaften teilgenommen. Heute arbeitet er als Fitness- und Mentalcoach, Buchautor
und Organisator von Wüstenreisen.
Als Sportler warst du dauernd unterwegs. Macht Reisen da noch Spaß?
Es kommt darauf an, wie man das verbindet. Viele Sportler sehen weder
nach rechts noch nach links. Das war
mir immer ein bisschen zuwider. Ich
habe versucht, mich auf den Wettkampf zu konzentrieren und trotzdem
das Trainingslager auch mal zu verlassen, um andere Kulturen und Menschen kennenzulernen. Stadien sehen
schließlich überall auf der Welt gleich
aus! Du hast mal gesagt: „Fliegen ist
Freiheit.“ Gilt das nur für den Stabhochsprung? (lacht) Hauptsächlich
war das natürlich auf den Stabhochsprung gemünzt. Es ist ein einzigartiges Gefühl, dank der eigenen körperlichen Leistung fliegen zu können,
wenn auch nur für den Bruchteil einer
Sekunde. Wenn ich in den Urlaub
fliege, bedeutet das auch Freiheit,
aber natürlich eine andere Freiheit.
Fotos: privat
Diesmal: Balian Buschbaum, Mainz
Balian Buschbaums neues Buch
„Frauen wollen reden, Männer
Sex. Wie verschieden sind wir
wirklich, Herr Buschbaum?“ erscheint im März. Infos zu den von
ihm organisierten Wüstenreisen
unter balian-buschbaum.de
Hattest du unterwegs Probleme, als
Name und Personenstand in deinem
Reisepass noch nicht geändert waren? Als ich Testosteron bekommen
hatte, aber die Namensänderung zwar
beantragt, aber nicht durchgeführt
worden war, gab es eine Situation an
einer Tankstelle. Ich hatte kein Bargeld dabei und wollte mit tiefer
Stimme und Vollbart im Gesicht mit
EC-Karte zahlen. Die Dame an der
Kasse hat mich dann gebeten, meine
Freundin zu holen, damit sie selbst
unterschreibt. Ich habe ihr erklärt,
dass mein Personalausweis noch nicht
soweit ist, wie ich es bin. Sie war verdutzt, hat es aber verstanden. Es ist
wichtig, den Menschen die Ängste zu
nehmen, indem man über Rand- und
Tabuthemen spricht. Aufklärung ist
der Joker. Wo hast du nach der Geschlechtsanpassung das erste Mal so
richtig entspannen können? Das war
am Strand in Italien, wo ich endlich
oberkörperfrei so auftreten konnte,
wie ich mich immer gefühlt habe. Ich
bin ein natürlicher Mensch, mag es
gerne, nackt zu sein. Früher wollte ich
am Strand immer ein T-Shirt tragen
und lange Shorts. Jetzt fühle ich mich
angekommen in mir.
ts
Hinfliegen
Euro Pride in Marseille
Pride Marseille. Foto: Euro Pride 2013
Endlich möchte auch das raue Marseille beweisen, dass
es sich hier wie Gott in Frankreich leben lässt. Und das
gilt besonders für Lesben und Schwule. Neben der Kulturhauptstadt Europas ist die Mittelmeermetropole
nämlich auch der Austragungsort des 20. Euro Pride.
Vom 10. bis 20. Juli wird in Marseille ganz auf südfranzösische Art gefeiert: Über den täglichen Euro Pride
Club in den Docks und den nur für die Veranstaltung reservierten Euro Pride Beach strebt der Partyreigen
schließlich unweigerlich auf die Parade am 20. Juli zu.
Auch im ebenfalls südfranzösischen Montpellier lässt’s
sich übrigens leben: Die Leser der Têtu hoben die Stadt
auf den Thron der „schwulenfreundlichsten Stadt
Frankreichs“. Paris landete nur auf Platz 8.
cb
Queer TraveL 1 /2013 5
Weiße Strände, tiefe Dschungel, alte Tempel: Indonesien ist
berühmt für das Südseeparadies Bali. Doch Exotisches gibt es
auch auf anderen Inseln zu entdecken. QUEER TRAVEL segelt
mit einem schwulen Kreuzfahrtkapitän zu den Urzeitechsen
von Komodo. Aber zuerst tauchen wir ein in die Trans-Kultur
der indonesischen Großstädte.
Foto: Tempelanlage Borobudur, Ministry of Tourism and Creative Economy, Republic of Indonesia
indonesien
Warias
Ludruk-Theater Kampung Seni THR, Surabaya
Transfrauen mit
großer Tradition
Text und Fotos von TERJE TOOMISTU
as queere Herz Indonesiens schlägt auf Java –
laut und schnell. Abgefahrene Partys in der
Abenddämmerung, Nachtclubs unter freiem
Himmel, augenberauschende Weiblichkeit auf
der Bühne: kurze Röcke, glitzernde Tanktops,
wild kreisende Hüften, dazu der saure Geruch von
schwarz gebranntem Schnaps. Hunderte Warias, die
Transfrauen Indonesiens, wiegen sich sexy im groovigen Rhythmus der Dangdut-Musik. So klingt der 70erJahre-Sound Indonesiens, ein Remix aus portugiesischer, niederländischer und malaiischer Musik. Die
queeren Underground-Partys sind auch in einer Metropole wie Indonesiens Hauptstadt Jakarta nicht leicht
zu finden. Aber wer den Nervenkitzel nicht scheut, ein
paar Brocken Bahasa Indonesia kann, ein Moped mietet
D
„
Indonesien, das sind 240 Millionen
Menschen, 360 Volksgruppen, rund
300 Sprachen. Zu diesem einmaligen
Kultur-Mix gehört die uralte Praxis,
Geschlechtergrenzen offenzuhalten
“
und sich dann noch traut, Einheimische anzusprechen,
kann seinem Urlaubstagebuch spannende Kapitel über
das pulsierende Nachtleben Javas hinzufügen.
Java ist das politische und kulturelle Zentrum Indonesiens, die bevölkerungsreichste der Hauptinseln. Zur
Kultur-Melange des indonesischen Archipels aus über
17.000 Inseln, auf dem 240 Millionen Menschen leben,
gehört die uralte Praxis, Geschlechtergrenzen offenzu-
halten. Indonesien ist Heimat einer großen Community
von Transfrauen, Warias genannt. Ihr Name setzt sich
aus den indonesischen Wörtern für Frau (Wanita) und
Mann (Pria) zusammen. Fast jede Indonesierin dürfte
schon einmal einen Kosmetiksalon besucht haben, den
eine Waria betreibt. Und viele Hetero-Paare heiraten mit
Unterstützung einer transsexuellen Hochzeitsplanerin.
Einige Warias gehören zu den prominentesten Aidsund Menschenrechtsaktivistinnen ihres Landes.
Obwohl Warias im Alltag präsent sind, ist Indonesien
kein Trans-Paradies. Ihr sozialer Spielraum ist eng begrenzt. Wie die unzähligen Straßenmusikanten leben
auch die meisten Warias auf der Straße, gehen von
Imbisswagen zu Imbisswagen und bitten um ein Paar
Rupiah, als Dank für ein freundliches Lächeln oder ein
kurzes Lied. LGBTQ-Initiativen stoßen oft auf Protest bei
muslimischen Konservativen. Das trifft HIV-Informationsseminare genauso wie Schönheitswettbewerbe
für Warias.
Viele Warias führen ein Doppelleben. Sie leben tagsüber als Mann und eilen abends als wunderschöne
Dame auf hohen Absätzen und mit perfektem Make-up
zum Waria-Hotspot der Stadt. Der liegt dort, wo es am
dunkelsten ist, in unbeleuchteten Parks, an einsamen
Friedhöfen oder an Bahngleisen. Hier geht es nur am
Rande um käuflichen Sex, sondern vor allem darum, die
Wahlfamilie zu treffen – und um Freiheit von familiären,
religiösen und gesellschaftlichen Zwängen.
Eines dieser Biotope ist der Stadtteil Kotagede in
Yogyakarta. Die Drei-Millionen-Metropole an der Südküste Javas ist ein beliebtes Tourismusziel, vor allem
wegen der beeindruckenden buddhistischen Tempelanlagen von Borobudur. Im Gassengewirr des historischen Viertels führt eine enge Straße zum Haus von
Shinta und Sandra. Wie viele Warias haben sich die beiden älteren Damen von
Kindheit an als Warias verLUDRUK
Das traditionelle Theater
standen: Sie spielten mit
Ost-Javas ist einer
Mädchen und fühlten sich
der wenigen Orte, wo
von Jungs angezogen.
Warias, die Transfrauen
Indonesiens, einen
„Wenn deine engere Faangestammten Platz
milie dich akzeptiert, dann
haben. Viele wohnen
akzeptieren dich auch die
sogar im Theater.
Ludruk schildert unterNachbarn und schließlich
haltsame Alltagsszenen
auch der Rest der Familie
in einer Mischung
und der Freunde“, sagt
aus Erzählung, Comedy,
Musik, Gesang und
Shinta. „Wenn die Gesellzeitlupenhaftem Tanz.
schaft eine Waria anerkennt, dann kann sie positiv denken, eine Ausbildung machen und sich in Frieden
weiterentwickeln. Wenn schon die Familie sie nicht akzeptiert, muss sie abhauen und endet auf der Straße, im
Nachtleben oder im Sex-Business.“
Bei Weitem nicht alle Warias bieten Sex gegen Geld,
betont Sandra. Sie selbst war allerdings seit ihrer Jugend im Sexgeschäft und hat so den ersten ihrer beiden
Ehemänner kennengelernt. „Nachdem ich ihn getroffen
hatte, musste ich meinen Körper nicht mehr verkaufen,
sondern konnte ein geordnetes Leben führen. Ich bin
ihm noch immer dankbar für sein Verständnis.“ Sandra
hat ihren Frieden in einer Dreierfamilie gefunden: Seit
16 Jahren teilt sie ihr Leben mit zwei Männern.
In keinem Reiseführer erwähnt und doch
eine besondere Sehenswürdigkeit Yogyakartas ist die weltweit einzige Koranschule
für Transmenschen. Seit 2008 residiert
Queer TraveL 1 /2013 7
Bild oben: Shinta und Maryani (li.),
Gründerin der weltweit ersten
Koranschule für Transfrauen.
Bild unten: Zwei Warias vor einem
typischen Imbisswagen
„
Atheismus ist in Indonesien nicht
vorgesehen. Auch deshalb gibt es
in Yogyakarta die weltweit erste
Koranschule für Transmenschen –
versteckt in einem Kosmetiksalon
“
„Pondok Pesantren Waria“ in den Räumen
eines Kosmetiksalons. Hier versammelt sich
sonntagabends eine aufgeschlossene Gemeinde muslimischer Warias, um gemeinsam zu beten, den Koran zu studieren und
um sich auszutauschen. Da in Moscheen sonst Geschlechtertrennung herrscht, fühlen sich viele Warias
dort unwohl und diskriminiert.
In Indonesien ist Religion ein sehr wichtiger Teil des
Lebens, auch wenn sich die meisten Warias selbstironisch als „ID-Card-Muslimas“ bezeichnen. So heißt das
hier, denn im Personalausweis muss eine von sechs
offiziell anerkannten Konfessionen vermerkt sein. Atheismus ist in Indonesien nicht vorgesehen.
Nicht nur in Yogyakarta gibt es eine quirlige WariaKultur, sondern auch im 300 Kilometer weiter westlich
gelegenen Surabaya. Die zweitgrößte Stadt des Landes
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Willkommen zur 10. Arosa Gay Ski Week – vom 12. bis 19. Januar 2014
erwarten wir wieder Gäste aus der ganzen Welt um eine Woche lang Gay
Winter-Fun zu erleben, super Ski zu fahren und tolle Partys feiern.
Zu unserem Jubiläum warten wir mit einer tollen und lang ersehnten Überraschung auf: die beiden Skigebiete Arosa und Lenzerheide werden endlich zusammengeschlossen! Entstehen wird eine einmalige Ski Arena mit 225 km
Pisten, tollen Hütten und Powdermöglichkeiten. Skivergnügen bei traumhaftem Wetter gibt’s also in ganz vielen Varianten! Danach im Liegestuhl auf
der Tschuggenhütte entspannen ist selbstverständlich weiterhin angesagt.
Legendär sind auch die Apres-Ski und Party-Abende. Zu den Programmhighlights der Arosa Gay Skiweek 2014 zählen unter anderen das klassische
Konzert in der Dorfkirche, die ‚Splash‘ Poolparty, der Fondueabend mit Nachtschlitteln, das Drag-Queen Race und der „Snow White Ball“. Und für Lesben
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Insgesamt bieten 10 gay-friendly Partnerhotels und mehrere Ferienwohnungen Unterkunft für jedes Budget und jeden Wunsch. Alle Infos zum Programm und zur Online-Buchung sind jetzt auf unserer Website freigeschaltet:
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Bild oben: Warias auf einer Parade
zur Yogyakarta Fashion Week.
Bild rechts: Ludruk-Künstlerin
Santo (re.) mit junger Kollegin.
Bild unten: Schneller mit Roller.
Straßenszene aus Yogyakarta
INDONESIEN
Foto: privat
Foto: Children of Srikandi Collective
nach Jakarta gilt als Mittelpunkt der südostasiatischen
Eine schmale, fast unsichtbare Tür führt in einen der
Sexindustrie. Rund fünf Millionen Menschen leben im winzigen Schlafräume. Dort wohnt Santo, eine zierliche
Ballungsraum um die Hafenstadt. Abseits der grell aus- Waria von 70 Jahren. Mit 17 begann sie im Ludruk.
geleuchteten Pfade für reiche Touristen bietet die Stadt Damals musste sie vor ihrer konservativ-religiösen
Familie fliehen, die nicht mit ihrer
eine einmalige Erfahrung: Ludruk,
queeren Identität zurechtkam. SanCHILDREN
das traditionelle Theater Ost-Javas.
OF SRIKANDI
tos winziges Zimmer bietet Platz für
Nur Männer und Warias dürfen diese
Spannende Einblicke in das
das schmale Bett und für genau eine
Kunst ausüben.
queere Indonesien liefert der Film
weitere Person. Aus den Stapeln
Samstags füllen sich die schmuck„Children of Srikandi“. Das gleichnamige Menschenrechtskollektiv
akkurat gefalteter Kleidungsstücke
losen Hallen: Das Publikum sitzt auf
schildert seine Erfahrungen,
blitzen einige goldglänzende Kosblauen Kunstledersesseln, die einen
auch mithilfe des traditionellen
tüme hervor, an den Wänden Dutpaffen genießerisch, die anderen laSchattenspiels. Benannt haben
sie sich nach der mythischen
zende Fotos. Sie zeigen Santo, mit
chen lauthals, andere schlafen eine
Kämpferin Srikandi.
dickem Make-up und üppiger PerüRunde, den Mund sperrangelweit
childrenofsrikandi.com
cke. „Ludruk-Make-up, kein Nuttengeöffnet. Auf der Bühne: starke,
Make-up“, wie sie betont. Alle zehn
stolze Warias in glänzenden KostüMinuten zündet sie sich eine neue,
men und aufwendigem Make-up.
starke Zigarette an. Sie ist dankbar,
Sie singen ihre Lieder mit brüchidenn das Theater hat aus ihrem
gen Stimmen, im Hintergrund spielt
Leben Kunst gemacht. Was spielt es
ein Gamelan-Orchester den tradida für eine Rolle, dass sie bei jedem
tionellen, zirpenden Sound IndoneAuftritt nur 10.000 Rupiah verdient,
siens: Die Männer trommeln, schlaeinen knappen Euro? Doch Santos
gen Gongs, spielen Xylofon und MeOase ist in Gefahr. Die Jugend Indotallofon. Anmutig tanzen die Warias
dazu, wie in Zeitlupe. Ab und zu mischt sich ein zierli- nesiens kann dieser traditionellen Kunstform, einem
cher Mann unter die Damen: Der Erzähler tanzt und Biotop für Warias, nur wenig abgewinsingt mit den Warias, wirft ab und zu ein Paar Witze in nen. Wenn nicht bald Touristinnen und
die Runde.
Touristen aus anderen Ländern Ludruk
Ludruk hat Charme, etwas Surreales und ist doch für sich entdecken, dürfte es bald auslebendiges Theater der Unterschicht, das die Gemüter sterben.
bewegt. Für die Darstellerinnen und Darsteller ist
TERJE TOOMISTU aus Estland studierte
Ludruk kein Beruf, sondern Lebensmittelpunkt: Ihr Ethnologie – auch auf Java und Papua. Dort
Zuhause ist gleich hinter den Kulissen, ihre Duschen lernte sie die Kultur der Warias kennen. Aus
und Betten stehen neben den Ständern mit den bunten Hunderten Treffen und Interviews entstand
schließlich ihr Dokumentarfilm „Wariazone“.
Kostümen. Tee und Fertignudeln essen alle gemeinsam Mehr Reiseeindrücke von Terje gibt es auf
im Theatercafé.
avantourists.com.
Fotos: Markus Kirchgessner
INDONESIEN
Türkisblaues Meer, weißer Sand – das ist fast
schon Standard in Indonesien. Hier der Novotel
Beach auf Lombok
Wo die wilden Warane wohnen
O
Text von CARSTEN HEINKE
b es an der inneren Uhr oder einfach nur am Rasseln der Ankerkette lag – an diesem Morgen sind
Bärbel und Mona schon vor Sonnenaufgang wach. Um die Ankunft
der Ombak Putih im „Land der Drachen“
nicht zu verpassen, haben die beiden Touristinnen aus Bonn und Oslo die Nacht unter
freiem Himmel auf dem Deck des Segelkreuzfahrtschiffes verbracht. Nach Exkursionen auf den Inseln Lombok, Sumbawa,
Moyo und Satonda sowie unzähligen
Schwimm- und Schnorchel-Stopps liegt der
hübsche Zweimaster mit den tiefblauen
Segeln vor der Küste von Komodo – für das
Frauenpaar aus Europa neben den Ausflügen in die schillernde Unterwasserwelt ein
Höhepunkt dieser zehntägigen Seereise
durch Indonesien.
Noch etwas schlaftrunken, aber voller
Abenteuerlust, hocken Bärbel und Mona an
diesem Morgen auf den Liegen. Mitten im
europäischen Winter schmeckt das verliebte
10
Queer TraveL 1 /2013
So viele schöne Inseln – aber nur
zwei Wochen Indonesien-Urlaub!
Wer sich nicht entscheiden mag,
segelt auf einem Kreuzfahrtschiff
von Traumstrand zu Traumstrand.
Paar frische Sommerluft und schaut fasziniert auf die zerklüftete Silhouette von
Komodo. Wie Scherenschnitte aus dem
Schattentheater bauen sich die schwarzen,
zackigen Felsen auf. Gleich einem Höllenschlund scheinen sie aus ihrer Mitte das
Sonnenfeuer auszuspeien. Erst färbt sein
Licht den Himmel lila und orange, die Berge
blau, dann golden ... Im Handumdrehen ist
es hell und wenig später auch schon heiß.
Dass Indonesiens beliebteste Urlaubsinsel Bali wie auf fast jeder Route der
Ombak Putih nur als Start- oder Zielpunkt
erscheint, ist Absicht. Schiffseigner Dick
Bergsma, der die Fahrt begleitet, liebt die
Vielfalt des Inselstaats. Und er zeigt sie
gerne seinen Gästen. „Seit ich 1976 zum ersten Mal als Backpacker hierherkam, kann
ich nicht verstehen, dass es 17.500 indonesische Inseln gibt, aber fast jeder immer nur
von Bali spricht“, erzählt der 67-Jährige.
„Bis heute ist es das bekannteste Stück
Indonesiens, wohl aber auch das mit den
meisten Touristen – ohne Frage wunderschön, doch eben nur einer von den vielen
traumhaften Plätzen hier.“ Und da man das
INDONESIEN
tropische Inselreich zwischen dem Indischen und dem
Pazifischen Ozean am besten auf dem Wasserweg erkundet, tat sich Dick eines Tages mit Freunden zusammen. Sie kauften ihr erstes Schiff und luden Gleichgesinnte zum Insel-Hopping ein.
Prima Klima auf der
„Weißen Welle“
Fotos: Carsten Heinke (unten), Markus Kirchgessner
Bei aller Sorge um Technik, Sicherheit und professionelle Abläufe: Als wichtigste Zutat für sein erfolgreiches Reiserezept sieht Dick „eine gute Atmosphäre“.
Die wird sowohl von einer gut funktionierenden, 16-köpfigen Crew als auch von den Mitreisenden bestimmt.
Deshalb verzichtet der erfahrene Skipper schon mal
auf einen Gast, wenn er merkt, dass jemand eher auf
einen Luxusliner gehört als auf ein Segelschiff. „Statt an
die Bar geht man auf der Ombak Putih an den Kühlschrank, statt in Designerrobe isst man im Freizeitlook“,
erklärt Kreuzfahrtdirektor Frans Huneker, der dafür
sorgt, dass trotz des legeren Stils der Komfort auf Viersternelevel bleibt.
Als „Mutter des Schiffes“ kümmert sich der ruhige,
fröhliche Niederländer nicht nur um das Wohl der Gäste,
sondern hat stets auch für seine Matrosen ein offenes
Ohr. „Dafür hören die Jungs aber auch auf mich“, sagt
der Mittfünfziger. In Holland arbeitet er als Englischlehrer, aber nur die eine Hälfte des Jahres. Die andere
verbringt der Weltenpendler in Indonesien, zusammen
mit seinem indonesischen Lebenspartner.
Mit Bärbel, Mona und den anderen 22 Passagieren ist
die „Weißen Welle“ (indonesisch: „Ombak Putih“) komplett belegt. Zwölf bequeme Kabinen mit Bad, WC und
Klimaanlage stehen ihnen zur Verfügung. Wie Frans berichtet, wurde der fast komplett aus Holz gefertigte
Zweimaster 1996 in Süd-Sulawesi im Stil der traditionellen „Pinisi“ gebaut. Diese Schiffsform wird in
Indonesien seit Jahrhunderten für Fischfang und Handelstransporte genutzt.
Beim Insel-Hopping mit der
Ombak Putih bleibt viel Zeit
für Tauchpausen. In den
Korallenriffen leben neben
1.000 anderen Arten auch
die bekannten Clownfische
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Fotos: Markus Kirchgessner (2 unten), Carsten Heinke
TITELTHEMA
INDONESIEN
Bild rechts: Ausflug im
Komodo-Nationalpark.
Nur hier leben die urzeitlichen Komodowarane.
Bild unten: Abschiedsparty
im Fackelschein, mit der
Schiffscrew als singendem
Orchester
Warane fressen keine
Menschen. Normalerweise
Das Boot legt an. Willkommen in Loh Liang auf Komodo!
Die eben in der Dämmerung noch so bedrohlich wirkende Insel, Heimat der nach ihr benannten Warane
oder „Drachen“, entpuppt sich bei Tageslicht als recht
freundliches und sonniges Plätzchen. Dennoch: Die Gewissheit, dass hier menschenfressende Echsen leben,
verleiht der idyllischen Szenerie eine düstere Note.
„Normalerweise greifen sie Menschen nicht an, meiden
den Kontakt zu ihnen und reißen manchmal sogar aus“,
erklärt Arif, der einheimische Führer. Normalerweise.
Mit einem Stock bewaffnet, ermahnt er seine Gäste,
stets hinter ihm zu bleiben.
Und da, wie platt auf den trockenen Boden gedrückt,
liegen in einer Lichtung zwei erwachsene, knapp zwei
Meter lange Komodowarane – absolut bewegungslos.
Doch nein, einer hebt den Kopf, öffnet sein breites
Maul und züngelt. Offenbar macht er sich nichts aus
Foto: Carsten Heinke
Menschenfleisch und legt sich wieder hin. „Der letzte
Unfall ist zwei Jahre her. Ein Junge aus dem Dorf wurde
gebissen und starb ein paar Wochen später an dem Gift
und den Bakterien“, berichtet Arif. Von einem Touristen
aus der Schweiz, der vor Jahren bei einer Inseltour
verloren ging, seien später nur noch Schuh und Kamera
gefunden worden.
Menschen stehen aber nur selten auf der Speisekarte
der Komodowarane. Bei den großen Exemplaren gibt es
meistens Wild wie Büffel, Hirsch und Wildschwein,
ebenso Hühnchen, Ziege oder Kalb, gerne auch mal Aas.
Es soll sogar schon vorgekommen sein, dass die Warane
Menschenleichen ausgegraben und verzehrt haben.
Die Jungtiere, die noch in den Bäumen leben, fressen
Eidechsen, Vögel und Insekten. Insgesamt begegnen
den Wanderern an diesem Tag sechs Komodowarane.
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Mehr Drachen sowie Affen, Mähnenhirsche und wilde
Wasserbüffel sehen die Reisenden bei einer langen
Wanderung auf Rinca, der wohl schönsten Insel im
Nationalpark von Komodo. Ihre höchste Erhebung, der
667 Meter hohe Berg Doro Ora, bietet eine fantastische
Sicht auf die südliche Bucht und auf West-Flores. Dort,
im Bergdorf Melo nahe Labuan Bajo, wird die Besatzung
der Ombak Putih am nächsten Tag mit einem Ritual
empfangen: selbst gebrannter Palmenschnaps, Betelnüsse und „Caci“, ein Kampftanz mit Masken, Schellen,
Schild und Peitsche.
Zurück an Bord, geht es weiter Richtung Osten. Als
die Sonne knapp über dem Horizont steht, ruft Dick:
„Kommt schnell an Deck!“ Riesige Scharen von Flughunden ziehen wie Vogelschwärme über das Schiff
hinweg auf dem Weg zu ihren Schlafplätzen. Die Kreuzfahrerinnen sind schon da, wo sie heute wieder übernachten – auf dem Sonnendeck. Trotz Müdigkeit kommen sie lange nicht zur Ruhe. Dafür ist
der klare Sternenhimmel viel zu schön.
Fünf zu drei steht es beim Sternschnuppenzählen, als sie endlich einschlafen.
€ 972
Viverde erfüllt das Bedürfnis die Natur aktiv und bewusst zu
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Foto: privat
CARSTEN HEINKE, Jahrgang 1966, hat
sein Hobby Reisen zum Beruf gemacht.
Der freie Autor lebt in Leipzig und einem
Dörfchen im lettischen Kurland. Die Indonesien-Kreuzfahrt im vergangenen Oktober
war sein persönliches Travel-Highlight 2012.
pro Person ab
Fotos: Ministry of Tourism and Creative Economy, Republic of Indonesia
(links u. unten), Markus Kirchgessner (Mitte), Terje Toomistu
INDONESIEN
Hochexplosiv: Der Rinjani auf Lombok ist einer der vielen aktiven Vulkane
Indonesiens. Sein letzter großer Ausbruch war 2010
Tipps Indonesien
WANN?
Tropisches Klima. Das ganze Jahr
über heiß (25–30 Grad) und
feucht (80 Prozent), vormittags
Sonne, nachmittags Regengüsse.
In der Monsunzeit (November–
April) etwas kühler,
aber häufig Überschwemmungen.
Beste Reisezeit daher
Mai bis Oktober.
WO?
Die zahlreichen Inseln und Kulturen
Indonesiens reagieren unterschiedlich auf Homosexualität.
In Teilen der Provinz Aceh gilt die
Scharia. Sie belegt homosexuelle
Handlungen mit Stockschlägen,
Geldbußen oder Gefängnis.
Vielerorts erleichtert es die Vielfalt
der Geschlechterrollen allerdings,
schwul oder lesbisch zu leben.
Gleichgeschlechtliche Partnerschaften gelten als exzentrisch,
aber akzeptabel. Bali hat eine
eigene schwule Tradition, da es
Anfang des 20. Jahrhunderts viele
schwule Europäer anzog.
Lesben sind weit weniger sichtbar.
Eine politische Homo-Bewegung
gibt es seit den 1980er Jahren.
Ihr wichtigstes Medium ist
gayanusantara.or.id
WIE?
Nacktheit ist sehr schambesetzt.
Küsse und andere Zärtlichkeiten
zwischen Männern und Frauen
gelten als ungehörig. Menschen des
gleichen Geschlechts können aber
durchaus Händchen halten.
GESUNDHEIT
HIV ist in Indonesien stärker verbreitet als in Mitteleuropa.
Einreisebeschränkungen für
Menschen mit HIV bestehen nicht.
Wie in vielen tropischen Ländern:
hohes Malaria- und Dengue-Risiko.
SICHERHEIT
Terroranschläge auf Touristenziele
sind Ausnahmen geblieben. Das
Auswärtige Amt rät zu Vorsicht bei
Reisen nach Nord-Sumatra (Aceh),
Papua und auf die Molukken.
Aktuelle Sicherheitshinweise unter
auswaertiges-amt.de
Konsularische Hilfe gibt es unter
konsularinfo.diplo.de
REISEANBIETER
Homo-freundlicher Spezialist
für Ost-Java:
riteindonesia.wordpress.com
Segel-Kreuzfahrten:
mit dem Viersterne-Zweimaster
Ombak Putih, seatrekbali.com
Chinesisches Meer
Archaische Sitten, frühe Hochkulturen: Ein Mann auf Lombok beim Hahnenkampf, einer der ältesten Tempel Javas auf dem Dieng-Plateau
JAKARTA
Apollo: In-Bar und Club für
Schwule und (an manchen
Abenden) Lesben und Trans.
Queere Mittel- und Oberschicht.
Um Mitternacht Drag Shows
Bellagio Boutique Mall,
UG Level 07 & 09,
Jl. Mega Kuningan Barat VII,
Jakarta. apolloclub-jakarta.com
YOGYAKARTA
Pondok Pesantren Waria:
Koranschule für Transmenschen.
Gäste sind herzlich willkommen,
um eine kleine Spende wird
gebeten. Sonntags um 17 Uhr
im Schönheitssalon
von Mariyani, Notoyudan,
GT II/1294, RT 85 RW 24,
Yogyakarta
Dangdut: Die beste queere
Dangdut-Party samstagnachts
im Gelanggang Senen, einer Art
Sport- und Freizeitpark, im
gleichnamigen Stadtteil.
Keine exakte Adresse, aber in der
Nähe von Jl. Pasar Senen, Jakarta.
Passanten kennen den Weg.
Raminten: Sexy javanesische
Atmosphäre und köstliches Essen,
serviert von einer sehr
prominenten Waria.
Jl. FM Noto 7, Kotabaru,
Yogyakarta
ML (Moonlight): Schwuler Club,
wenig touristisch und bei
Einheimischen populär. Frauen sind
willkommen, aber selten.
Versteckter Eingang, aufgeheizte,
sehr lebendige Atmosphäre.
Gäste tanzen bis zum Umfallen.
Getränke sollten in Flaschen
gekauft werden. Aufs Geld achten!
Jl. Hayam Wuruj 120
(Ecke Jl. Mangga Besar), neben
der schweizerischen Bäckerei im
3. Stock, Jakarta.
Telefon: +62-21-629 3274
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schwule Sauna Jakartas. Mittel- und
Oberschicht. Angenehme Atmosphäre, sauber, mit Bar.
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Telefon: +62-21-3192 4467
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Celebessee
Medan
Pazifik
Manado
SINGAPUR
Ternate
Pontianak
Kalimantan
Sumatra
INDONESIEN
Sulawesi
Jawasee
Jakarta
Molukken
Kendari
Neuguinea
Bandasee
Java
Indischer Ozean
14
Queer TraveL
Jayapura
Surabaya
Yogyakarta
OSTTIMOR
Bali
Kupang
Lombok
Moyo
Flores
Sumbawa
Komodo & Rinca
1 /2013
AUSTRALIEN
PAPUA
NEUGUINEA
Drag Show: Samstags
gegen 20 Uhr, über dem
Mirota Batikshop,
Jl. Jend. A. Yani 9 (Malioboro
Street), Yogyakarta.
SURABAYA
Kampung Seni THR:
Ludruk, das traditionelle
javanesische Boulevardtheater,
Lebensmittelpunkt für
viele Warias.
Aufführungen zum Beispiel
Samstagnacht.
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hinter der Hi-Tech Mall,
Surabaya
Weitere Reportagen aus Asien:
queer-travel.net
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INDONESIEN IM DETAIL
Vorhang auf: Indonesien
im Schattentheater!
Illustration von GROBGRAFIK
Ein Kuss ist ein Kuss ist ein Kuss?
Von wegen! Küsse auf den Mund sind in Indonesien
eine relativ neue Tradition, die in vielen Regionen unbekannt ist.
Als Vorspiel zählt stattdessen das
Reiben der Nasen
Yogyakarta
In der indonesischen Großstadt
trafen sich 2007 Aktivistinnen und Aktivisten, um zu
bekräftigen: Menschenrechte gelten auch für Lesben,
Schwule, Bi- und Transsexuelle. Ihre zentrale Forderung:
Keine Diskriminierungen mehr!
Die Praxis sieht leider in vielen Ländern
anders aus, auch in Indonesien.
Wer ist hier der Boss?
Als typisch
maskulines
Verhalten
gelten nicht nur
im Schattentheater
Kultiviertheit und
Stoizismus.
Nur Weicheier sind
aggressiv oder grob.
Land des Feuers:
Auf Indonesien
gibt es 61 aktive
Vulkane
Nach dem Ausbruch
des Tambora 1815 wurde es
weltweit kühler,
in Europa sprach man vom
„Jahr ohne Sommer“.
Im Jahr 1667 tauschten
die Holländer ihre Kolonie
New Amsterdam
gegen die
britische Kolonie
.
Auf der indonesischen Insel
wuchsen die extrem
wertvollen Muskatnussbäume.
Die Briten änderten
unterdessen schnell den Namen
ihres neuen Besitzes:
Aus New Amsterdam wurde
New York.
Run
Seit der Film
„Children of Srikandi“
auf der Berlinale lief,
kennen auch
hierzulande viele
die mythologische Figur
Srikandi
Lesben
Lange Zeit kaum sichtbar,
sind
in letzter Zeit verstärkt in die
Öffentlichkeit getreten.
Lesbisches Leben gibt es freilich
schon viel länger:
Aus verschiedenen
Landesteilen sind Geschichten
von Frauen bekannt,
die wie Ehepaare
zusammenleben.
US-Präsident
Barack Obama
lebte als Kind von
1967 bis 1971 in Jakarta.
Damals war die Transsexuelle
Evie seine Nanny.
Während der Arbeitszeit
versteckte sie allerdings
ihre wahre Identität.
Heute lebt sie in
ärmlichen Verhältnissen.
Infos zusammengestellt von Tobias Sauer
,
die verschiedene
Geschlechtsidentitäten
übernimmt und für
Gleichberechtigung
kämpft.
So weit
die Füße tragen
Spätestens seit Hape Kerkelings Buch „Ich bin dann
mal weg“ liegt Pilgern im Trend. Während die einen
die Herausforderung suchen, hoffen die anderen auf
Ruhe und Abgeschiedenheit. Eins aber bekommen
sie alle: überraschende Einsichten.
Foto: Glen Jamieson
PILGERN
Fotos: Jean Cl. Quinquinet/pixelio.de (li.), Glen Jamieson (re.)
PILGERN
Von St. Jean Pied de Port (li.) ziehen die Pilgernden
über die Pyrenäen. Auf dem Bergzug Alto del
Perdón leisten ihnen diese Eisenskulpturen Gesellschaft. Karte unten: Der gesamte Camino Francés
mit dem klassischen Einstieg in St. Jean Pied
de Port, den auch unsere Autorin gewählt hat
Mein Camino
Zwei Wochen auf dem Jakobsweg
Text von CORNELIA FLECK
Ich musste abhauen, mich vorwärts bewegen, weg, raus aus Berlin und vor allem:
allein sein. Schritt vor Schritt setzen, von A
nach B. Ich hatte einen wichtigen Job verloren und mich frisch von meiner Freundin
getrennt, wissend, dass ich ihr damit das
Herz gebrochen habe. Gleichzeitig hatte ich
mich in eine andere Frau so sehr verliebt,
wie ich es eigentlich nicht mehr für möglich
gehalten habe. Ich war hin- und hergerissen
zwischen schmerzlicher Trauer und sternenklarem Glück. Ich konnte einfach nicht
von einer Beziehung in die nächste springen. Meine Idee: der Jakobsweg. Zwei
Wochen lang in Ruhe über alles nachdenken, einfach gehen, durch meine Krise hindurch. Nicht nach Santiago, sondern einfach
so weit ich eben komme.
NIEMAND WEISS, WAS DER WEG BRINGT
gerinnen. „This is my Camino“ hatte sie daran erinnert, worum es ihr eigentlich ging:
um Entschleunigung. Dieses Geschenk
hatte ihr der Weg nun zur Genüge gemacht.
Allerdings scheint es, als schenke er jeder
und jedem etwas anderes. Was wohl mein
Geschenk, mein Camino, werden würde?
DER JAKOBSWEG – EIN LEBENSTRAUM
Im Bummelzug zum Startpunkt St. Jean Pied
de Port sehe ich sportliche Renterinnen und
Rentner mit gegerbten Gesichtern, Mädels
mit strohigen Zöpfen, vollbärtige Jungs mit
peinlichen Sonnenhüten, vereinzelte Män-
Golf von Biskaya
La Coruña
Gijón
FRANKREICH
Santander
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Bilbao
A
ia
Nun sitze ich, in die Abendsonne blinzelnd,
auf den Treppenstufen einer einfachen Herberge in Nordspanien. „This is my Camino“,
sagt Kathy neben mir. Diese vier Wörter
hatten sie über den Tag gerettet. Vor uns
erstreckt sich ein kiesiger Hof, daneben
eine Waschbaracke und eine Wasserpumpe.
Sonst nichts. Die schäbige Variante eines
Zen-Gartens. Ein guter Ort für ein nicht allzu
orthodoxes Mantra. Seit der ersten Etappe
durch die Pyrenäen quälen Kathy Knieschmerzen. Ich habe die Kanadierin kennengelernt, als sie hinter Roncesvalles an mir
vorbeihumpelte und ich ihr meine Bandage
schenkte. Viel ärger als ihre Knie waren ihr
die Blicke der überholenden Pilger und Pil-
Job weg, Beziehung aus und neu
verliebt. Cornelia Fleck braucht
eine Auszeit, allein auf dem
Jakobsweg. Doch der Weg hat
seinen eigenen Willen.
ner in karierten Wanderhemden und mit
scheuem Blick und einem Catweasel-Typ,
allesamt mit beängstigender Kontaktbereitschaft ob des offensichtlich gemeinsamen
Weges.
Ich habe meine eigenen Sorgen, meine
eigenen Ziele. Auf Kirchentagseuphorie
habe ich keine Lust. So lasse ich am nächsten Morgen die Pilgernden vor mir in der
Dämmerung verschwinden und marschiere
alleine los.
Doch niemand ist allein auf dem Jakobsweg. Vor mir sehe ich in der Ferne ein gelbes Fähnchen in der Vormittagssonne
schaukeln. Beim Näherkommen erkenne ich
eine Frau, die einen an ihren Hüften befestigten Gepäckwagen zieht. Am Wagen das
gelbe Fähnchen. Reichlich albern. Als ich sie
einhole, zettelt sie auf meinen kurzen Gruß
hin ein Gespräch an. Der Jakobsweg, erfahre ich, ist ihr großer Lebenstraum. Doch
nie konnte sie ihn gehen, keine
Zeit, zu viel Arbeit. Ja, jetzt habe
sie Zeit, aber „mal au dos“, einen
kaputten Rücken. Ihre Kinder
Kap Finisterre
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PORTUGAL
Porto
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Zaragoza
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SPANIEN
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Queer TraveL 1 /2013 19
Fotos: Glen Jamieson (links), Manfred Boelke/pixelio.de
PILGERN
Durch die nordspanische Landschaft führt der Jakobsweg nach Santiago de Compostela, einem der wichtigsten katholischen Wallfahrtsorte
DIE ERSTE ETAPPE: EIN HORRORTRIP
Es ist noch Vormittag, als ich die Herberge
erreiche. Ich trödele gelangweilt herum, beobachte die Vorbeiziehenden. Auf einmal
entdecke ich die Frau mit dem Wagen wieder, jetzt völlig verzweifelt: Alle Betten sind
belegt. Sie ist den Tränen nahe, hat nur die
Wahl zwischen Gewaltmarsch zur nächsten
Herberge oder einer Nacht im Freien auf
dem nackten Boden. Ich überlege nicht
lange, überlasse ihr mein Bett, schultere den
Rucksack und schreite beflügelt wieder los.
Diese erste Etappe entwickelt sich zu einem Horrortrip. Die letzten drei Stunden
stolpere ich steil bergab auf wurzeligen
Wegen. Als die Dämmerung einsetzt, mitten
im Wald, werde ich panisch. Die meisten
anderen sind längst an mir vorbeigezogen,
der nächste Ort ist nicht in Sicht. Ich friere
GELD
Herbergen kosten höchstens 6 Euro pro Nacht.
Am günstigsten ist immer die städtische
Unterkunft („municipal“). Manchmal bieten
Kirchen sogar kostenlose Übernachtungsmöglichkeiten. Zum Essen habe ich mir morgens
einen Kaffee geleistet und abends eine der
unzähligen, billigen Tapasbars besucht.
Proviant gab’s aus dem Supermarkt. Mit Medizin
nachkaufen, Postkarten etc. kam ich auf ein
Tagesbudget von rund 30 Euro. Ein Mädel, mit
dem ich ein paar Tage gelaufen bin, hat pro Tag
nur 10 Euro ausgegeben.
REISE
Wer nicht bis Santiago de Compostela laufen
will, sollte für die Rückreise viel Zeit einplanen.
Busse verkehren zuverlässiger und häufiger als
Züge, dennoch kann es umständlich werden,
den nächsten Flughafen zu erreichen.
Mehr Jakobsweg: queer-travel.net
20
Queer TraveL 1 /2013
in meinem nass geschwitzten Baumwoll-TShirt, meine Knie schmerzen. So lieblich die
Pyrenäen noch am Nachmittag wirkten – ich
war sogar einige Kilometer barfuß gelaufen
auf dem flauschigen Moosteppich –, so beängstigend erscheinen sie mir jetzt. Ich bin
froh, dass John da ist, ein sympathischer,
queer denkender Kanadier, der als Veganer
Unmengen von trockenen Bohnen mitschleppt. Wir machen uns Mut, ermahnen
uns zu trinken und ertragen loyal unsere
Langsamkeit. Nach elf Stunden erreichen
wir endlich das Ziel, ein düsteres Kloster.
Oft denke ich bei dem beschwerlichen
Abstieg an die Frau mit dem Wagen. Morgen wird sie dieselbe Strecke laufen und
vielleicht schon am zweiten Wandertag ihren großen Traum wieder aufgeben müssen.
WENIGER IST MEHR
John bleibt erschöpft einen Tag länger in
der Herberge, wir verlieren uns leider aus
den Augen. Einige Tage später laufe ich
eine staubige Straße von Nájera nach Santo
Domingo de la Calzada. Mein Magen beginnt zu knurren. Ich habe mir angewöhnt,
meinen Proviant immer erst auf dem Weg in
einem Supermarkt zu besorgen, doch auf
dieser Strecke will und will kein Dorf kommen. Ein hungriger Tag am Schreibtisch ist
kein Vergleich zu einer Tageswanderung
mit schwerem Rucksack und leerem Magen.
Eine entzückende pensionierte Grundschullehrerin – Geneviève – füttert mich mit
ihrem Proviant, jede Gegenleistung ablehnend. Nach Tagen treffe ich sie wieder und
darf sie dann immerhin auf einen Cafe con
Leche einladen.
Geneviève reißt ihrem Reiseführer
„Miam miam dodo“ an jeder Etappe die Seiten aus, die sie nicht mehr braucht, und
wirft sie weg. Am Straßenrand sehe ich ein
paar Mal Schuhe und auch ausgemusterte
Klamotten in Bäumen. Ich habe von John ein
Funktions-T-Shirt geschenkt bekommen;
er wollte leichter tragen. Dafür habe ich
mein Baumwoll-Shirt zurückgelassen. Es ist
die Jakobsweg-typische Umkehrung des
Sozialneids, die Bewunderung für die, die
weniger haben, denn jedes Gramm Besitz
ist auch ein Gramm Belastung.
DAS CAMINO-WUNDER
Meine zwei Wochen auf dem Camino sind
so gut wie vorüber, mein letztes Etappenziel
Belorado ist nur noch wenige Kilometer entfernt, es ist früher Nachmittag. Wozu also
der Stress? Ich steige in ein lichtes Wäldchen über dem Weg, beobachte die Kolonnen der Pilgernden. Gibt es überhaupt eine
Letzte, einen Letzten? Ich warte, lehne mich
unter den duftenden Kiefern zurück und
liege einfach nur da. Da passiert das, was
ich mir anfangs so gewünscht habe: Der
Weg unter mir liegt völlig leer in der gleißenden Sonne. Kein Pilger weit und breit,
endlich allein. Behäbig will ich in meine
schweren Stiefel schlüpfen, da erblicke ich
plötzlich in der Ferne etwas, das mich aus
meiner Gemütlichkeit aufscheucht: einen
leuchtend gelben Wimpel. Die Französin
vom ersten Tag hat nicht nur die Pyrenäen
bezwungen, sondern mich eingeholt! Ich
bin begeistert und gerührt. Sie ist hochrot,
einem Hitzschlag nahe und lässt sich nur
mit Mühe Wasser aufdrängen.
Diese Frau ist mein Camino-Wunder. Und
dieses Wunder zieht nun ehrgeizig und mit
rotem Kopf davon, lässt mich sprachlos staunend auf dem warmen, staubigen letzten
Stückchen meines Weges zurück. Nicht das
Alleinsein, sondern die Menschen haben
diesen Weg für mich reicher
gemacht. Liebe Kathy, denke
ich: „This is my Camino.“
CORNELIA FLECK hat sich
unterwegs an einiges gewöhnt,
nur nicht an schnarchende
Männer in den Gruppenschlafsälen der Herbergen. Eine Idee:
aus dem Schnarchorchester
eine Einschlafmelodie basteln.
Foto: Yessica Regler
rieten von der Tortur Jakobsweg ab, den
Weg schaffe sie ohnehin nicht. Doch nun
habe ein Freund ihr den Wagen konstruiert
und sie sei endlich hier. Beschämt ob meiner
vorschnellen Urteile und beeindruckt überhole ich und laufe weiter.
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Wer über mehr Kondition verfügt, kann von
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führt sie durch Frankreich und über die
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die Füße hier endlich einen längeren
Erholungsurlaub verdient!
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JAKOBSWEG
Neben Rom und Jerusalem ist
Santiago de Compostela in Spanien ein
klassisches (christliches) Pilgerziel.
Die meisten Pilgernden starten in
St. Jean Pied de Port.
Zubringerstrecken beginnen allerdings
überall in Europa, auch in Deutschland
und sogar auf Gran Canaria!
Social-Media-Pilger
Bilbao
Santiago de
Compostela
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Balearen
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Kinzigtäler Jakobusweg
Loßburg
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Queer TraveL 1 /2013
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Valencia
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Rom
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Hannover
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Marseille
Zaragoza
SOCIAL-MEDIA-PILGER
Ausgetretene Wege sind langweilig?
Dann nichts wie los auf eigene Faust!
So wie Wijnand Boon, der vor zwei Jahren
von seiner Heimatstadt Leiden aufbrach
und durch Frankreich, Portugal und
Spanien bis Italien wanderte.
Sein Ziel: 2014 möchte er Kairo erreichen.
Unterkünfte organisiert er sich mit
Facebook und Couchsurfing.
twalkwithme.eu
Koblenz/
Lahnstein
St. Jean Pied
de Port
Jakobsweg
PORTUGAL
Lahn-Mosel-Camino
ITALIEN
Florenz
TRO-BREIZ
Wer pilgernd einen Landstrich intensiv
kennenlernen möchte, sollte über den
Klassiker Tro-Breiz nachdenken.
Der Rundweg führt 600 Kilometer
durch die Bretagne.
www.trobreiz.com
Köln
Genua
Deutschland
Tripoli
LAHN-MOSEL-CAMINO
Viele Wege führen nach Santiago – einer folgt
zwischen Wetzlar und Trier Lahn und Mosel. Wer den
El Golea
beiden malerischen
Flussläufen mit ihren tiefen
Tälern und verschlungenen Mäandern folgt, läuft in
14 Etappen mehr als 320 Kilometer.
mosel-camino.de
ÖKUMENISCHER PILGERWEG
Durch die schönen und kulturhistorisch interessanten
Landschaften Sachsens, Anhalts und Thüringens führt der
Görlitz
466 Kilometer lange Ökumenische Pilgerweg von Görlitz
via Bautzen, Leipzig, Erfurt, Eisenach bis nach Vacha.
oekumenischer-pilgerweg.de
KINZIGTÄLER JAKOBUSWEG
Quer durch den Schwarzwald führt der Kinzigtäler
Jakobusweg, von Loßburg bis Straßburg.
Die nur 130 Kilometer werden in sieben Etappen bewältigt –
kein Wunder, geht es doch ziemlich auf und ab.
Wer mag, bleibt in Straßburg nicht stehen und läuft
weiter Richtung Santiago de Compostela.
jakobusfreunde.de
BONIFATIUS-ROUTE
Pilgern bedeutet auch: Zeit zum Nachdenken.
Wie ein guter Lebensentwurf nicht aussehen sollte, lässt sich
vielleicht in Fulda beobachten, einer der konservativsten
Gegenden Deutschlands. Berühmt-berüchtigt sind immer
noch die Hasstiraden des Bischofs Dyba. Wagemutige
pilgern von Mainz aus die 172 Kilometer in sechs Etappen.
bonifatius-route.de
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Dänemark – Ein echtes Juwel
in der Krone Skandinaviens.
Entdecken Sie ein vielfältiges Kulturleben und eine kosmopolitische Atmosphäre
in Dänemark. Erleben Sie Trendsetter in Sachen Mode und Design. Genießen Sie die
einfache und die Gourmetküche, u.a. in den Michelin-Sterne-Restaurants.
Doch vor allem gilt: Lassen Sie sich von der offenen, ganz entspannten Mentalität der Skandinavier
verführen, die Kopenhagen seit Jahrzehnten zu einer toleranten und vorurteilsfreien Hauptstadt der
Schwulen und Lesben machen.
Die erste Kopenhagener Schwulenbar, CentralHjørnet, eröffnete schon vor über 80 Jahren –
und ist heute noch ein Treffpunkt. Der nationale Verband der Schwulen & Lesben in Dänemark
(Landsforeningen for Bøsser og Lesbiske) wurde 1948 als erster seiner Art gegründet.
Im Jahr 1989 erkannte Dänemark als erstes Land der Welt „Registrierte Partnerschaften“ an,
seit 2012 sind auch kirchliche Hochzeiten möglich. Seit 2009 können homosexuelle Paare Kinder
adoptieren.
Kopenhagen – Die inoffizielle WeltHauptstadt für Schwule und Lesben
Die dänische Hauptstadt zählt ohne Frage zu den schönsten Metropolen Europas und
ist bekannt für ihre Coolness, ihren kosmopolitischen Puls und tolerante Lebensart.
Kopenhagen ist keine große Stadt (klein, aber fein), so dass alle Ziele oder Locations
schnell und bequem zu erreichen sind.
Das schwule und lesbische Leben ist völlig ins Kopenhagener Alltagsleben integriert – was aber nicht
heißt, dass es keine speziellen Gay-Bars und -Clubs gäbe. Im Gegenteil, auf wenigen Quadratmetern
findet man im alten Quartier Latin im Stadtzentrum die verschiedensten Vergnügungsmöglichkeiten.
Auch wenn die meisten Lokale und Veranstaltungen sich an Schwule wenden, ist die Atmosphäre
in Kopenhagen normalerweise offen für alle und zieht oft ein gemischtes Publikum.
Die einmalige Kombination aus dem Charme einer historischen Stadt, bahnbrechender Architektur
und einem entspannten Lebensgefühl macht Kopenhagen zur perfekten Destination für Trendsetter
mit Sinn für Qualität.
Tipps
In Kopenhagen finden Sie sich einfach und bequem zurecht. Alles ist
gut zu Fuß zu erreichen. Das gilt besonders für das schwule Leben der
Stadt. Zu Hause im „Soho“-ähnlichen Teil der Altstadt liegt die schwule
Szene schon geographisch perfekt um das ganze Spektrum der Abendunterhaltung zu genießen – alles innerhalb eines Quadratkilometers.
Ausgehen
„Heaven Café, Bar & Restaurant“ ist der richtige Ort, um Ihren
Abend zu planen. Dort werden Gerichte auf zwei Etagen angeboten,
die „Happy Hour“ ist auch als „Heavenly Hour“ bekannt.
Das neu eröffnete „Jailhouse CPH“ ist eine Konzeptbar und ein
Restaurant mit gemütlicher Atmosphäre. „Oscar Bar & Café“
in der Nähe des Rathauses ist eine gelungene Mischung aus Café, Bar
und Lounge.
Kopenhagen war schon immer ein Spätstarter bezüglich Clubbing und
Bars und es lohnt sich erst so richtig, nach 23 Uhr abends seine Tour
zu starten. In der Stadt lassen die Jukeboxes von „Central Hjørnet“
und „Can Can“ den Grand Prix und Kylie aufleben, während
„Masken“ und „Amigo“ erst nach Mitternacht so richtig in Schwung
kommen. „Amigo“ ist ein extrem lebendige und populär gemischte Bar,
mit der schrägsten Auswahl an Karaoke-Favoriten der Stadt.
Anreise
Kopenhagen ist international gut angebunden. Von Deutschland gibt es
täglich viele Flugverbindungen von allen großen Städten.
Von Berlin und Hamburg geht die Anreise besonders bequem und einfach mit der Bahn nach Kopenhagen. Der ICE braucht von Hamburg
ca. 4,5 Stunden und fährt zwischendurch auf die Fähre, wo man
sich den Wind um die Nase wehen lassen kann. Das Europa-Spezial
Dänemark ist ab 39 € zu haben, ab Hamburg sogar schon ab 29 €.
www.bahn.de
Mit dem Zug fährt man übrigens nur 20 Minuten bis Malmö über die
imposante Öresundbrücke. In Malmö findet in diesem Jahr der Eurovision Song Contest statt und Übernachtungen in Kopenhagen sind
aufgrund der kurzen Distanz kein Problem.
Infos
Allgemeine Infos, Tipps und Newsletter über Dänemark auf
www.visitdenmark.de sowie auf www.facebook.com/daenemark
www.visitcopenhagen.com/gay
Die Seiten von Wonderful Copenhagen bieten jede Menge Infos, Tipps
und Links für die ganze Stadt. Seit letztem Jahr gibt es auch eine App
zum Download (http://www.gogaycph.dk/)
Veranstaltungen in Kopenhagen 2013
• 14.–18. Mai 2013 Eurovision Song Contest
• 22.–23. Juni 2013 Nordic Open Same Sex Dance Tournament
• 23. Juni 2013 Sankt Hans Abend (Amager Strandpark)
• 20.–25. August 2013 Copenhagen Pride
• 28.–31. August 2013 PanGames 2014 (Sportevent)
• 18.–27. Oktober 2013 MIX Copenhagen (früher Copenhagen Gay &
Lesbian Film Festival)
PILGERN
„Einfach den Kopf leerlaufen lassen!“
Interview mit Rudolf Hermesdorff,
Eigentümer des Reiseveranstalters „Männer natürlich“
Trendurlaub Pilgern: Machten sich früher
vor allem religiös Bewegte auf den Weg,
ziehen die berühmten Pilgerstrecken mittlerweile Massen an. Über 190.000 Pilgerinnen und Pilger bewältigten im vergangenen Jahr allein den Jakobsweg – noch vor
30 Jahren lagen die Zahlen nahe der Nachweisgrenze. Was Großstadtmenschen dazu
treibt, die Strapazen langer Wanderungen
auf sich zu nehmen, und ob sie dort die
Liebe des Lebens treffen können, erklärt
Rudolf Hermesdorff, Eigentümer des schwulen Aktiv-Reiseveranstalters „Männer natürlich“.
Wenn man Erholung sucht und frische
Luft tanken will, denkt man an Traumstrände mit Palmen. Warum machen sich
die Leute die Mühe und pilgern auf dem
Jakobsweg oder wandern in den Alpen?
Klar, das ist ein bisschen verrückt, man
könnte in den Bergen auch einfach die Seilbahn nehmen. Aber zu Fuß ist es ein anderes Gefühl. Wir sitzen normalerweise den
ganzen Tag am Schreibtisch, da ist es was
anderes, einfach mal rauszugehen, die Kraft
zu spüren, sich richtig auszupowern, bis
man schwitzt. Es ist ein tolles Gefühl zu
merken: Man kann so einen Berg hochsteigen, es geht! Abgesehen davon: In den
Alpen ist die Luft sehr sauber, man riecht
den Duft der Alpenblumen. Auch die Farben
wirken sehr viel intensiver.
Was ist der Unterschied zwischen Wandern und Pilgern? Beim Pilgern kommt
für einen Teil der Leute
ein Glaubenshintergrund
dazu, mit dem ich nicht so
viel am Hut habe. Aber
diese Ruhe im Einklang
mit der Natur, dieses Aufsich-selbst-zurückgeworfen-sein, die Möglichkeit,
einfach mal den Kopf leerlaufen zu lassen, ohne ihn
abends wieder mit Fernsehen aufzufüllen, all das
ermöglicht das Nachdenken über Sachen, die sonst
verschüttet sind oder zu
kurz kommen. So etwas
24
Queer TraveL 1 /2013
wie den Sinn des Lebens zum Beispiel.
(lacht)
Welche Pilgerwege kannst du empfehlen, wenn man den Jakobsweg außen vor
lässt? Ich bin einmal von Dover aus den
Pilgrim’s Way gelaufen (Karte auf S. 22), ein
traumhaft schöner Weg. Bei irgendwelchen
englischen Familien habe ich dann Bedand-Breakfast gemacht, mit Sausages und
landestypisch komischem Frühstück. Es
„
Wer unterwegs
zu verbissen Sex
oder die Liebe des Lebens
sucht, wird keinen
Erfolg haben
“
war schon ein schönes, sehr eigenes Erlebnis, diese uralten Wege zu benutzen, quer
durch Wiesen und Weiden zu laufen und
dabei die südenglische Kulturlandschaft zu
erleben. Bei der Gelegenheit war ich auch
tatsächlich alleine unterwegs.
Wie kann ich rausfinden, ob lange Strecken zu Fuß wirklich was für mich sind?
Ich würde vorschlagen, an den langen
Wochenenden Ostern oder Pfingsten in der
Eifel oder im Thüringer Wald ein Wanderwochenende mitzumachen und zu schauen,
wie dir das gefällt. Bei unseren „Männer
natürlich“-Wandergruppen kommt dann
noch der Aspekt der schwulen Familie dazu.
Wenn ich diesen Familienanschluss
suche, ist Pilgern dann überhaupt das
Richtige? Beim Pilgern trifft man natürlich
auch Menschen, kann Gespräche führen
und sich mit jemandem zusammentun, aber
im Prinzip geht es mehr um das Einsamsein
und das Nachdenken. Das ist natürlich
bei uns ein kleines bisschen anders.
Wie groß sind eure Wandergruppen?
Wir laufen in der Regel in Gruppen von 10
bis 15 Leuten. In den Bergen sind meist
zwei oder drei Gruppen unterwegs, sodass
jeder so viel Bewegung bekommt, dass
er sich ausreichend spürt und hinterher
müde genug ist. Das andere Element solcher
Wanderungen ist das Zusammensein. Einfach mit Schwulen unterwegs sein, stressfrei, auch konkurrenzfrei, nicht diese Zickerei, die oft bei den Schwulen stattfindet,
sondern einfach quatschen. Da ergeben sich
wirklich schöne Gespräche, auch schon
während der Wanderung.
Geht es auch ein bisschen darum, jemand Hübsches zu treffen? Wenn ich
merke, dass jemand zu sehr darauf aus ist,
auf geilen Sex oder den Mann fürs Leben,
dann sage ich ihm, dass das bei uns durchaus passieren kann und dass sich auch
bei jeder dritten Reise ein Paar fürs Leben
findet. Aber wenn man zu verbissen ist,
dann klappt das nicht so gut. Natürlich gibt
es auch den Kitzel, wenn
in der Gruppe ein wenig
geflirtet wird, aber das ist
nicht das Ziel, sondern ein
Nebeneffekt. Und neben
den Beziehungen entstehen viele Freundschaften,
quer durch die Republik.
ts
Einfach mit Schwulen unterwegs sein – ohne Zickerei:
eine Wandergruppe
von „Männer natürlich“
Foto: privat
Designverliebt und Charmant
Ab € 75,- pro Person
HOTEL AM MEER & SPA
Nach einem Umbau im Jahr 2012 ist das inhabergeführte Boutiquehotel zum Kleinod an der deutschen
Ostseeküste herangewachsen. Hier erwarten Sie
eine exzellente Küche, besonders viel Entspannung
im mehrfach ausgezeichneten VITALITY SPA und
der ewige Blick auf die Wellen der Ostsee.
Betreten Sie dieses einzigartige Hotel und werden
Sie Teil eines unverwechselbaren Lebensgefühls.
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PILGERN
Ich packe meinen Pilger-Rucksack …
Mitnehmen
REGENSCHUTZ
Nichts ist schrecklicher als nasse Kleidung am
Körper ohne trockenen Ersatz! Regenschutz
braucht deshalb auch der Rucksack.
2 PAAR SOCKEN,
2 UNTERHOSEN
Zwei Paar Socken und zwei Unterhosen reichen
vollkommen aus! Eine Garnitur wird getragen,
die andere gewaschen und getrocknet.
Das geht unterwegs wunderbar am Rucksack.
FLIP-FLOPS
Während die verdreckten Wanderstiefel
im Vorraum ausstinken, dienen Flip-Flops
als bequeme Abendschuhe:
Sie sind leicht und die geschwollenen Füße
dankbar für die Freiheit.
MEDIZIN
Hirschtalg oder Vaseline sind superwichtig –
zum Füßeeinreiben! Wer sich oft genug
einschmiert, kann Blasen vermeiden.
Pflaster sollte man trotzdem mitnehmen.
Wichtig auch: ein Stützverband für
überlastete Gelenke. Hier helfen auch
eine Tube Traumeel oder Arnika.
SONNENSCHUTZ
Nach einem anstrengenden Tag in der Sonne
drohen Kopfweh und Kreislaufzusammenbruch.
Ein Tuch auf dem Kopf schützt.
Wer sparsam packt, ist glücklicher.
Doch bei aller Sparsamkeit: Folgendes
sollte in keinem Pilgerrucksack fehlen!
STIRNLAMPE
Jeden Tag dasselbe Spiel: Entweder man steht
früh auf und muss sich im Dunkeln zurechtfinden
oder man steht spät auf und läuft deshalb
bei Dunkelheit noch verloren im Wald herum.
Dank der Stirnlampe bleiben die Hände frei
und man weckt nicht den ganzen Schlafsaal,
wenn man das Licht einschaltet.
WASSER
Motivationsverlust und Antriebsschwäche
sind die ersten Anzeichen von Dehydration:
Unterwegs ist Trinken extrem wichtig.
Plastiktrinkflaschen aus dem Supermarkt sind
am leichtesten zu tragen.
MEHRZWECKKLAMOTTEN
Die Yogahose dient als abendliche Ausgehhose
und zum Schlafen. Zum Wandern lohnt sich
eine Hose, deren Beine man per Reißverschluss
abnehmen kann. An eisigen Tag werden
Yoga- und Wanderhose kombiniert.
OUTDOOR-HANDTUCH
Handtücher sind der Horror! Sie werden nie
trocken, nehmen viel Platz weg und stinken
schnell. Outdoor-Handtücher dagegen
können sehr klein zusammengefaltet
werden und funktionieren sogar feucht
noch recht gut.
WARMER PULLOVER
Auch im Sommer sollte ein warmer Pulli
immer dabei sein!
FUNKTIONS-T-SHIRT
Im Gegensatz zu Baumwolle trocknen
synthetische Stoffe schneller und wärmen auch
dann, wenn man sie nach der Wäsche noch
feucht anziehen muss.
FRUCHTSCHNITTEN
UND RIEGEL
Ein beruhigendes Gefühl, wenn das nächste Dorf
fern ist und der Proviant zur Neige geht.
Bananenriegel wirken wegen des
Magnesiums auch gegen Krämpfe nach
langen Wandertagen.
TASCHENMESSER
Als Küchengerät ist ein Taschenmesser völlig
ausreichend. Außerdem kann man sich
damit auch mal einen griffigen Wanderstock
zurechtschnitzen.
KLOPAPIER
Nicht immer findet man unterwegs Toiletten.
Wenn man der Klorolle das Pappherz
herauszieht, lässt sie sich noch besser
transportieren.
Ohne Kamera geht es nicht? Oh doch!
Das hier sollte unbedingt zu Hause bleiben!
Foto: Hans-Jakob Weinz/pixelio.de
Zu Hause lassen
GERÄTSCHAFTEN, LADEGERÄTE
Die Ladestationen der Herbergen sind ohnehin
alle besetzt, außerdem sorgen Wertgegenstände
für Stress, weil sie vor Diebstahl beschützt
werden wollen. Für wichtige Kontaktaufnahmen
gibt es fast überall Computer.
KOSMETIKA
Ein kleines Plastikfläschchen Duschgel und
Shampoo reichen für Körperpflege und
Wäsche vollkommen aus. Sonnenmilch ersetzt
alle Körperlotionen. Dazu ein leichter Deoroller
aus Plaste sowie Zahnbürste und -pasta.
Mehr braucht man nicht.
ISOMATTE
Isomatten helfen bei Pausen und ermöglichen es,
draußen zu übernachten – eine gute Option
in Herbergen mit vielen Schnarchenden.
Wem das egal ist, kann auf Isomatten verzichten.
Alle anderen sollten dünne und
leichte Matten bevorzugen.
BÜCHER, HÜBSCHE KLEIDUNG,
MEHR SCHUHE
Bücher, schöne Kleidung und Schuhe nehmen
viel Platz weg, sind schwer und zerknittern im
Rucksack. Einfach zu Hause lassen!
JEDES GRAMM ZU VIEL
Verzichten kann richtig Spaß machen!
Ledergürtel werden durch Stoffgürtel ersetzt,
Medizin wird in kleine Tütchen umgefüllt
und Geld in einem Stofftäschchen am Körper
getragen.
Der Rucksack wurde
gepackt von
CORNELIA FLECK
Try e.g. QRReader
Welserstraße 10 – 12
T: +49 (0)30 210 14 514
10777 Berlin
E: [email protected]
(U-Bhf: Viktoria-Luise-Platz) W: stars-guesthouse.com
Fotos: Paul Hermans (unten), Maros, beide Wikicommons unter Creative Commons 3.0
3
TAGE IN …
Antwerpen
Mode, Outgames, Mr. Gay
Die Hauptstadt Flanderns im holländischen Belgien leuchtet hell auf dem globalen
Gaydar. Spätestens seit 2007 ist das allen klar: Damals war Antwerpen Gastgeberin
der erfolgreichen Euro Games. 2013 dürfte ihr Stern noch heller strahlen: Im August
sind World Outgames, gleichzeitig wird der Mr. Gay World gewählt.
FASHION
Jahrhundertelang war Antwerpen sowohl
weltberühmte Kunstmetropole (als Heimat
von Peter Paul Rubens und Anthonis van
Dyck) als auch Drehscheibe der globalen
Diamantindustrie. In den späten 1980er
Jahren schließlich eroberte Antwerpen die
internationale Modeszene – dank des Erfolgs einiger besonders talentierter Absolventen der Königlichen Akademie der
Schönen Künste: Berühmt wurden sie als
„Antwerp Six“, unter ihnen auch Dries Van
Noten und Ann Demeulemeester. Der Einfluss der sechs ist immer noch zu spüren.
Heute ist vor allem das im Süden der Altstadt gelegene Viertel ’t Zuid (deutsch: der
Süden) ein reichhaltiger Nährboden für
junge, avantgardistische Modetalente. Am
nördlichen Ende der Nationalestraat steht
28
Queer TraveL 1 /2013
dann Van Notens fest etablierter „Modepalais“ (Nationalestraat 16). Die Gegend
bietet daher Fashion-Shopping-Möglichkeiten, von denen man andernorts nur träumen kann. Als Ergänzung kommt noch die
eher mainstreamige Meir dazu, Belgiens
quirligste Einkaufsmeile.
Antwerpens Wiedergeburt als Mode-Mekka
hat übrigens dafür gesorgt, dass die Stadt
inzwischen auch kulinarisch eine Weltstadt
ist und sich nicht mehr nur durch belgische
Klassiker wie Muscheln, Pommes, Bier und
Schokolade auszeichnet. Das lange Zeit vernachlässigte Hafenviertel Eilandje ist dank
kluger Projekte wie des atemraubenden
MAS (Museum Aan de Stroom) nun einer
der angesagten Stadtteile. Geniale Projekte
wie „Designer gegen Aids“, ins Leben gerufen von der früheren Moderedakteurin
Ninette Murk, nutzen Mode und Popkultur,
um die breite Öffentlichkeit an die Probleme
von HIV und Aids zu erinnern. Und im eigenen Bildungszentrum lernen Studierende
Atemberaubende Bauten wie das Museum Aan
de Stroom (MAS) haben das einst ausgestorbene
Hafenviertel Eilandje zu neuem Leben erweckt
aus aller Welt, wie sie das Gleiche auch in
ihren Heimatländern auf die Beine stellen
können.
SCHWUL UNTERWEGS
Gemessen an der überschaubaren Bevölkerungszahl ist Antwerpens schwule Szene erstaunlich groß, ihre Bars und Clubs erfüllen
alle Wünsche – von exotisch (Que Pasa) bis
erotisch (The Boots). „Queen of the scene“
ist – wie seit vielen Jahren – die gewaltige
Red & Blue, die größte Disko der Beneluxländer. Samstags ist der Club brechend voll,
es gilt „men only“. Auf der Bühne: die besten DJs und Performer der Region.
Weit weniger bekannt ist das etwas abgelegene Hessenhuis (deutsch: Hessenhaus, weil dort deutsche Kaufleute einst
ihre Waren lagerten), eine der Lieblingsbars
für einheimische Homos: tagsüber Café,
abends ein fröhliches, edel-trashiges Tanzgedrängel. Beliebte schwule Cafés sind
außerdem das Popi (gleich am Ufer der
Fotos: Jerko Bozikovic (links), Tourismus Antwerpen
’t Zuid ist das kreative Herz Antwerpens: In den Läden die neueste Mode,
im KMSKA-Museum (Foto) die Schönen Künste der Vergangenheit
TIPPS &
ADRESSEN
EVENTS
11
10
8
9
5
7
3
Sint Jansplein
2
World Outgames
4.–10. August,
woga2013.org
Grotemarkt
6
Groenplaats
Centraal
Station
Schelde gelegen), das DeLux (mitten in der
Altstadt) und das neue Red Star (im trendigen Viertel Eilandje). Wer klassische Vergnügungsstätten bevorzugt, sollte das Café
Strange ausprobieren. Antwerpens älteste
schwule Bar wurde gerade von einer neuen
Generation queerer Hipster wiederentdeckt.
LESBISCH UNTERWEGS
Das Red & Blu dominiert nicht nur die
schwule Szene, es ist auch Schauplatz der
populärsten Lesbenpartys in Antwerpen.
An jedem zweiten Sonntag im Monat steigt
hier das wilde Café de Love. Veranstalterin
Ann Van den Eeden präsentiert auch das
Café de Luxe, immer am dritten oder letzten
Freitag des Monats. Das alternative HomoKollektiv Peaches & Rockets aus Gent
organisiert monatlich den lesbischen Sonntag im Nadar, genauso wie die schwullesbisch gemischte Le Zoo im Publik. Für
ein tendenziell älteres Frauenpublikum veranstaltet der Verein Atthis regelmäßig
4
Popi Café 6
Plantinkaai 11–12
7 Que Pasa
Lange Koepoortstraat 1
TRINKEN
TANZEN
Strange
Dambruggestraat 161
2
Marnixplaats
Hessenhuis
Café/Club, Falconrui 59
Red Star Café 8
Van Schoonbekeplein 9
Atthis 1
Lesbisches Zentrum
Geuzenstraat 27
Draakplaats
5
Antwerp Pride
8.–11. August,
antwerppride.com
Zoo
Stadspark
1
Mr. Gay World
1.–5. August,
mrgayworld.org
Den Draak 4
(Het Roze Huis)
Café & CommunityZentrum
Draakplaats 1
DeLux 3
Melkmarkt 18,
cafedelux.be
9 Red & Blue
schwul, Lange Schipperskapelstraat 11-13,
redandblue.be
Café de Love
lesbisch, im Red & Blue
cafedelove.be
Events in der ganzen Stadt, darunter Billardnächte, Filmvorführungen und Tanzabende. Unbedingt einplanen: einen Besuch
im Den Draak , dem Café in Antwerpens
LGBT-Zentrum Roze Huis (Rosa Haus) im
bunten Stadtteil Zurenborg.
WORLD OUTGAMES 2013
Was sportliche Großereignisse angeht, ist
Antwerpen Champions League. Immerhin
gehört es zu den 22 Weltstädten, die schon
einmal Olympische Spiele ausgerichtet
haben – und kürzlich erst die Euro Games
2007. Diesen Sommer stellt die Stadt ihr
Organisationstalent wieder einmal unter
Beweis, wenn die World Outgames 2013 anstehen. 6.000 Athletinnen und Athleten aus
über 50 Ländern sollen kommen, dazu sage
und schreibe eine Viertelmillion Schaulustige aus ganz Europa und dem Rest der
Welt. Die Sportwettbewerbe umfassen rund
40 verschiedene Disziplinen und finden vom
4. bis zum 10. August statt. Eine Menschen-
Sonntag
lesbisch, Bar Nadar
Ernest Van Dijckkaai 19/20,
sonntagparty.be
Le Zoo
schwullesbisch, Publik,
Lange Brilstraat 12, lezoo.be
FETISCH
The Boots 10
Van Aerdtstraat 22
The Kinky’s
Lange Beeldekensstraat 10
Oink Oink
Van Schoonbekeplein 3
MUSEUM
11
MAS
(Museeum Aan de Stroom)
Hanzestedenplaats 1,
mas.be
Weitere Städtetrips:
queer-travel.net
rechtskonferenz mit dem Fokus auf LGBTQThemen geht dem Sportereignis voraus
(31. Juli bis 2. August). Das bunte Kulturangebot der Outgames umfasst Mini-Festivals für Dichtung, Literatur, Film, Musik und
Kunst. In der ganzen Stadt sind LGBTQAusstellungen geplant. Dazu kommt eine
Reihe weiterer Events, die an die Outgames
andocken: der Antwerp Pride (8. bis 11. August), das vielseitige, überwiegend heterosexuell geprägte Kulturfest „Sommer von
Antwerpen“(20. Juni bis 1. September) und,
für das verwöhnte schwule Auge, die internationale Wahl zum Mr. Gay World.
DAN ALLEN hat eine besondere
Beziehung zu Antwerpen. Es war
seine allererste Destination als
Reisejournalist. Dans Fazit: „Eine
Stadt, die auf Kunst, Diamanten,
Mode und Schokolade errichtet
ist, muss man einfach lieben.“
Queer TraveL 1 /2013 29
Foto: privat
Die weltweite Werbetour (hier 2009 in Kopenhagen) hat sich gelohnt: 6.000
Sportlerinnen und Sportler kommen zu den World Outgames nach Antwerpen
MEINE FREUNDINNEN sind selten einer Meinung.
Eigentlich nie. Bis auf einmal. Da war ich auf die Idee
gekommen, meine schwedische Outdoor-Reise „Queer
Canoe“, für die ein einziger Schwuler angemeldet war,
zu einer Lesbenreise umzufunktionieren. „Geht gaaar
nicht“, hat zwar keine gesagt – diesen Spruch gab’s
1998 noch nicht – , aber gemeint,
und zwar entschieden. So beSusann
nutzte ich zähneknirschend den
üblichen Code, hatte im Handumdrehen eine Gruppe Lesben
plus Quoten-Hete zusammen,
und als wir unsere Kanus in der
Vildmark zu Wasser ließen, war
dies die Geburtsstunde eines
weiteren Unternehmens für –
Frauenreisen.
Lesbenreisen sind unverkäuflich, heute wie damals. Unter
dem L-Sternchen wird maximal ein Wochenende verbracht, individuell zu zweit verreist oder auf die wenigen verbliebenen Frauenreisen zurückgegriffen. Und bei
denen wundern sich die Lesben, dass da hin und wieder nicht lesbische Personen auftauchen, während sich
diese über die vielen Lesben wundern.
Derweil verbreitet sich in der Tourismusbranche der
Begriff „Queer Travel“ rasend schnell: Endlich muss niemand mehr „schwul“ sagen, obwohl er „schwul“ meint.
Hin und wieder fühlen sich tatsächlich Lesben mitgemeint und ich werde nie die sehnsüchtigen Blicke des
einsamen lesbischen Pärchens am Strand von Playa del
Inglés vergessen, die – ganz ohne sexuelle Konnotation – lediglich meiner butch visibility geschuldet waren.
In Hunderten Lagerfeuergesprächen mit Lesbengruppen habe ich noch immer nicht herausgefunden,
Illustration: Aisha Ronniger, Roland Piltz (grobgrafik.de)
MEINUNG
warum eine Reise für Lesben auf keinen Fall Lesbenreise heißen darf. Das Aufkommen der BTQI-Diskussionen hat daran nichts geändert. Unter dem Label
„Queer“ versenken sich die Lesben gleich als Erste
wieder in der vertrauten Unsichtbarkeit. Tatsache aber
ist: Viele Lesben, die eine Frauenreise buchen, um eine
Lesbenreise zu bekommen, würden diese nicht buchen, wenn
Kaiser
die Lesbenreise als solche bezeichnet würde.
Ich habe eineinhalb Jahrzehnte lang lesbische Reisegruppen organisiert, die dachten, dass andere Lesbengruppen, also andere Lesben, bestimmt ganz furchtbar seien.
Dann erlebten sie das Gegenteil
und hielten es für eine Ausnahme. Ich lasse das, Reise für
Reise, an mir vorüberziehen und wundere mich über gar
nichts mehr. Den bösen Begriff, der mit „verinnerlichte“
anfängt und „Homophobie“ aufhört, werde ich nur mal
ansatzweise denken. Schließlich geht’s ja bloß um das
bisschen Urlaub. Oder?
IMPRESSUM
QUEER TRAVEL erscheint
deutschlandweit in einer Auflage von 100.000 Exemplaren
als Sonderveröffentlichung der
Zeitschriften SIEGESSÄULE
Queer Berlin, L-MAG Magazin
für Lesben und DU&ICH Das
schwule Magazin sowie in freier
Verteilung. QUEER TRAVEL ist
Medienpartner der ITB Berlin.
SUSANN KAISER organisiert
seit 1998 mit NORDventure Frauenreisen in Skandinavien. Früher war
sie Politikredakteurin und Chefin
vom Dienst bei der taz. Außerdem
hat sie schon Motorrad-Reportagen,
Literaturkabarett und erotische
Lachgeschichten produziert.
VERLAG
Special Media SDL GmbH,
Ritterstr. 3, 10969 Berlin,
Tel.: (030) 23 55 39-0
CREATIVE
DIRECTOR PRINT
ONLINE
Manuela Kay
Philip Eicker
([email protected])
GRAFIK
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GESCHÄFTSFÜHRUNG
Katharina Zettl
Gudrun Fertig,
Manuela Kay
COVERFOTO
Sabina Saracevic
(sabina.saracevic@
specialmedia.info)
REDAKTION
Philip Eicker (V.i.S.d.P.),
Elke Koepping,
Tobias Sauer
Aus dem Film
„Children of Srikandi“
CREATIVE
DIRECTOR ONLINE
Gudrun Fertig
DRUCK
Möller Druck,
Zeppelinstr. 6,
16356 Ahrensfelde
Foto: NORDventure
Sagt’s doch
einfach:
Lesbenreisen
Veröffentlichung nach
§ 7a des Berliner Pressegesetzes: An der Special
Media SDL GmbH sind
Gudrun Fertig, Journalistin
und Dipl.-Volkswirtin,
Berlin, und Manuela Kay,
Journalistin, Berlin,
mit je 45 % beteiligt.
Men Overboard.
+49
+
49 221
221 2336451
2336451
KEY W
EST
BIG PINE KEY & THE LOWER KEYS
KE
Y
LA
RG
O
Actually, between the warm water, endless
sunshine and incredible variety of things to eat,
drink and do, it’s quite easy for everyone to
go a little overboard in Key West.
fla-keys.de/keywest
ISL
MARA
THO
N
AM
OR
AD
A
100%
NATURAL
SURFSODA