Nachrichten

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Nachrichten
Nachrichten
3/2015
Magazin der Akademie für Raumforschung und Landesplanung
Zuwanderung
Herausforderungen
für die räumliche
Planung
45. Jahrgang
Räumliche Aspekte des aktuellen Flüchtlingszustroms
Rolf-Dieter Postlep
Ausländer in Deutschland – Herausforderungen
und Chancen
Gabriele Sturm, Nadine Körner-Blätgen
Politische Steuerung der Zuwanderung
Steffen Angenendt
Raumwissenschaftliche Rückwanderungsforschung ... aber wie?
Robert Nadler
Migration und Diversität als urbane Ressource
Erol Yildiz
Migration und Mobilität als Ansatzpunkte
städtischer Regenerierung
Felicitas Hillmann
www.arl-net.de
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AKADEMIE
FÜR RAUMFORSCHUNG
UND LANDESPLANUNG
LE IB NIZ -FORUM FÜR RAUMWISSEN SCHAFTEN
26.11.2015 09:45:52
Arbeitsberichte
9
Tourismus und
Regionalentwicklung
in Bayern
Hubert Job,
Marius Mayer (Hrsg.)
Hannover 2013
252 Seiten, Abb.
PDF: ISBN 978-3-88838-387-8
Print: ISBN 978-3-88838-388-5
10
Nimm´s sportlich –
Planung als Hindernislauf
Swantje Grotheer, Arne Schwöbel,
Martina Stepper (Hrsg.)
Hannover 2014
214 Seiten, Abb.
PDF: ISBN 978-3-88838-389-2
Print: ISBN 978-3-88838-390-8
11
Anpassung an den Klimawandel
in der räumlichen Planung
Handlungsempfehlungen
für die niedersächsische
Planungspraxis auf Landesund Regionalebene
Jan Spiekermann,
Enke Franck (Hrsg.)
Hannover 2014
178 Seiten, Abb.
PDF: ISBN 978-3-88838-391-5
Print: ISBN 978-3-88838-392-2
12
Siedlungsflächenmanagement –
Bausteine einer systematischen
Herangehensweise
mit Beispielen
aus Baden-Württemberg
Hany Elgendy, Susanne Dahm,
Alfred Ruther-Mehlis (Hrsg.)
Hannover 2015
113 Seiten, Abb.
PDF: ISBN 978-3-88838-393-9
Print: ISBN 978-3-88838-394-6
13
Internationalisierung
der Gesellschaft und
die Auswirkungen auf
die Raumentwicklung
Beispiele aus Hessen,
Rheinland-Pfalz
und dem Saarland
Birte Nienaber,
Ursula Roos (Hrsg.)
Hannover 2015
137 Seiten, Abb.
PDF: ISBN 978-3-88838-395-3
Print: ISBN 978-3-88838-396-0
14
Reurbanisierung in
baden-württembergischen
Stadtregionen
Axel Fricke, Stefan Siedentop,
Philipp Zakrzewski (Hrsg.)
Hannover 2015
205 Seiten, Abb.
PDF: ISBN 978-3-88838-397-7
Print: ISBN 978-3-88838-398-4
Alle Bände stehen zum kostenfreien Download unter shop.arl-net.de bereit. Dort kann auch eine kostenpflichtige gedruckte Ausgabe bestellt werden.
INHALT
Inhalt
Editorial
2 Gabriele Schmidt
Aktuell
4 Rolf-Dieter Postlep
Räumliche Aspekte des aktuellen
Flüchtlingszustroms
34 Andreas Klee
Grenzüberschreitende Raumentwicklung Bayerns
35 Robert Koch
Regionalentwicklung in Grenzräumen
38 Sara Reimann
BMBF fördert Innovationsgruppe „UrbanRural SOLUTIONS“
40 Neuerscheinungen
Thema
41 Personen
6 Gabriele Sturm, Nadine Körner-Blätgen
Ausländer in Deutschland – Herausforderungen und Chancen
42 Prof. Dr. Rolf-Dieter Postlep ist neuer Präsident der ARL
11 Steffen Angenendt
Politische Steuerung der Zuwanderung
Aus Raumforschung und -planung
18 Robert Nadler
Raumwissenschaftliche Rückwanderungs-
forschung … aber wie?
43 Stefanie Rößler, Christian Schneider
Probewohnen in Görlitz
21 Erol Yildiz
Migration und Diversität als urbane Ressource
24 Felicitas Hillmann
Migration und Mobilität als Ansatzpunkte städtischer Regenerierung
Aus der ARL
28
Gabriele Schmidt, Evelyn Gustedt, Martina Hülz, Lisa Marquardt, Barbara Warner, Christian Strauß
Migration, Integration: Diskussionen und Ergebnisse der Workshops des ARL-Kongresses
32 Jens Nußbaum, Brigitte Wotha
Koordination und Kooperation in ländlichen Räumen
44 Tanja Ernst
„City of the Future“ – internationale Presse
zu Gast im Wissenschaftsjahr
45 Thomas Hartmann, Jiřina Jílková
Wasser-Governance matters
47 Gabriele Schmidt
Best of „Future City“
49 Andreas Klee
Werner-Ernst-Preis 2015 verliehen
50 Andreas Klee
Werner-Ernst-Preis 2016
52 Förderkreis für Raum- und Umweltforschung
53 Ausgewählte Zeitschriftenbeiträge
58 Neuerscheinungen aus anderen Verlagen
Nachrichten der ARL • 3/2015
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I
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EDITORIAL
Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
als wir vergangenes Jahr den ARL-Kongress 2015 planten,
ahnten wir bereits, dass die Themen Migration und Integration für die Raumordnung und Raumentwicklung an
Bedeutung gewinnen würden. Mit dem Ausmaß und der
Dramatik der aktuellen Flüchtlingsbewegung hatten wir
jedoch nicht gerechnet. Rückblickend scheinen unsere
Fragen, so z. B. nach den Folgen der räumlich sehr ungleichen Verteilung der Zuwanderinnen und Zuwanderer
für die wirtschaftliche Entwicklung und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in einzelnen Regionen, aktueller
denn je. Auch auf europäischer Ebene gewinnt die
räumliche Verteilung tagtäglich an Brisanz: Das DublinAbkommen funktioniert nicht mehr – doch welche
Alternativen dazu gibt es? Scheitert Europa am Vorrang
nationaler Egoismen und an neuen Grenzzäunen? Und
wie lange lässt sich die Willkommensbereitschaft und
das tatkräftige Engagement der vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer in Deutschland aufrechterhalten,
wenn – und das ist angesichts der zahlreichen Krisen
in Afrika, im Nahen Osten und in Asien absehbar – die
Zuwanderung weiter anhält? Wie steht es um unsere
Integrationsbereitschaft, wenn aus den Menschen, die
derzeit in Notaufnahmen zu sehen sind, Nachbarinnen
und Nachbarn, Kolleginnen und Kollegen oder gar Konkurrenten um Jobs, Transferleistungen und öffentliche
Güter wie Gesundheit und Bildung werden?
Der ARL-Kongress behandelte diese und andere zentrale Fragen der Zuwanderung in Keynote-Vorträgen
und vier Workshops zu den Themenfeldern Arbeitsmarkt, Siedlungsentwicklung, gesellschaftlicher Zusammenhalt und internationale Erfahrungen. Eine Auswahl
an Vorträgen findet sich in redaktionell überarbeiteter
Form in diesem Heft. Wir möchten damit die Diskussionen auf dem Kongress noch einmal aufgreifen, sie
einem breiteren Publikum zugänglich machen und
weiterentwickeln.
Den Auftakt macht Prof. Dr. Rolf-Dieter Postlep,
Präsident der ARL, in der Rubrik „Aktuell“. Ihm geht
es um die Auswirkungen der Flüchtlingsbewegung
auf das raumstrukturelle Gefüge in Deutschland und
Europa. Bietet der Zustrom Entwicklungschancen für
strukturschwache Regionen? Oder profitieren nur die
Wachstumsregionen? Wie steht es um die Integrationskapazität in unterschiedlichen Regionen? Nach Postlep
wirken die Ausgaben zur Versorgung und Integration
der Flüchtlinge wie ein kleines Konjunkturprogramm,
dessen Effekte allerdings regional sehr ungleich verteilt
sein werden.
2
Um die ökonomischen Effekte von Wanderungsbewegungen geht es auch im Beitrag von Dr. Robert Nadler,
Leibniz-Institut für Länderkunde. Er betrachtet allerdings
nicht die Zuwanderung aus dem Ausland, sondern eine
bislang wenig erforschte Gruppe: die „Rückwanderer“
nach Ostdeutschland. Angesichts der zum Teil erheblichen Bevölkerungsverluste in ländlich-peripheren Regionen gibt es zahlreiche Rückkehrinitiativen aus Politik
und Wirtschaft, die potenzielle Rückkehrer umwerben
und mobilisieren. Doch sind solche Initiativen auch
erfolgreich? In welchem Umfang findet Rückkehr statt
und welche Regionen profitieren davon? Diesen Fragen
geht Nadler in seinem Beitrag nach.
Der Beitrag von Dr. Gabriele Sturm, Bundesinstitut für
Bau-, Stadt und Raumforschung, und ihrer Mitarbeiterin
Nadine Körner-Blättgen bietet einen Überblick über
die Verteilung von Ausländerinnen und Ausländern in
Deutschland. Auf einer Karte zeigen sie eindrucksvoll
den großen Ost-West-Unterschied und die Konzentration in einigen südwestdeutschen Großstädten. Ferner
geben sie einen Überblick über Statistiken zur Herkunft
der Zuwanderergruppen, zu ihrer Altersstruktur und
der Beschäftigungssituation. Mit ihren Forschungsergebnissen zum Zusammenleben von Ausländern und
Deutschen in Nachbarschaften bestätigen Sturm und
Körner-Blättgen die Kontakthypothese aus der Sozialpsychologie: Die alltägliche Erfahrung mit „Fremden“
wirkt sich positiv auf die Integrationsbereitschaft aus.
Im Zentrum des Vortrags von Dr. Steffen Angenendt,
Stiftung Wissenschaft und Politik, steht die Steuerung
der Zuwanderung. Nach einem Überblick über die
Zuwanderungsphasen in Deutschland nach dem
Zweiten Weltkrieg sowie die Steuerungsinstrumente
der deutschen und europäischen Asylpolitik diskutiert
er die Schwachstellen der gegenwärtigen Asyl- und
Migrationspolitik. Diese lägen vor allem in den fehlenden legalen Zuwanderungsmöglichleiten, den
uneinheitlichen Standards bei der Unterbringung von
Flüchtlingen sowie in der sehr ungleichen Verteilung auf
die EU-Staaten. In diesem Zusammenhang warnte Angenendt bereits im Juni vor der Wiedereinführung von
EU-Binnengrenzen, wenn keine europäische Antwort
auf die Flüchtlingsfrage gefunden werde. Eine Prognose,
die bedauerlicherweise mancherorts bereits von der
Realität eingeholt wurde. Umso interessanter liest sich
sein Alternativmodell zum Dublin-Abkommen, das, so
Angenedt, die gegenwärtige Asylpolitik der Europäischen Union „vom Kopf auf die Füße“ stellen würde.
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EDITORIAL
Prof. Dr. Erol Yildiz, Universität Innsbruck, beschäftigt
sich mit der engen Beziehung von Stadt, Urbanität und
Migration. Am Beispiel von Köln zeigt er, wie sehr der
urbane Alltag von Migration geprägt wird und sich zunehmend divers und kosmopolitisch gestaltet. „Stadt
ist Migration, (…) die Globalisierung ist konstitutiver Bestandteil urbanen Lebens.“ Doch was bedeutet dies für
die Lebenswelten und Identitäten der Bewohner? Yildiz
schildert, wie Kinder und Enkelkinder der Gastarbeitergeneration ihre ganz eigenen, „postmigrantischen“
Lebensentwürfe entwickeln, indem sie simultane Zugehörigkeiten an die Stelle alter Grenzziehungen setzen.
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre!
Gabriele Schmidt
 0511 34842-56
[email protected]
© Anne Ritzinger, ARL
Auch der den Themenschwerpunkt dieses Heftes
abschließende Beitrag von Prof. Dr. Felicitas Hillmann,
Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS), fokussiert die städtische Ebene und zeigt,
wie sehr städtische Transformationen durch Migration
und Mobilität beeinflusst werden und welchen Stellenwert Migration und die neuen Mobilitätsformen in der
Stadtentwicklungsplanung einnehmen sollten.
In der Rubrik „Aus der ARL“ informieren wir Sie über
aktuelle Neuigkeiten aus dem Netzwerk der Akademie
und zeigen, wie Debatten in der ARL fortgeführt werden.
An dieser Stelle sei insbesondere auf den Veranstaltungsbericht zum ARL-Kongress hingewiesen, in dem
die Ergebnisse aus den Workshops zusammenfassend
dargestellt werden. In der Rubrik „Aus Raumforschung
und -planung“ stellen wir Ihnen wie gewohnt Neuigkeiten aus anderen Einrichtungen der Raumforschung
und -planung vor.
Nachrichten der ARL • 3/2015
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3
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AKTUELL
Räumliche Aspekte des aktuellen
Flüchtlingszustroms
V
Entwicklungschance für struktur-
schwache Regionen?
on einem kann man zurzeit ausgehen: In diesem
Jahr sind eher 1 Million Flüchtlinge in Deutschland
zu erwarten als 500.000. Auch in den nächsten Jahren wird dieser Zustrom spürbar anhalten und sich in
entsprechenden Asylanträgen und dann vermutlich in
erheblichem Umfang in Aufenthaltsgenehmigungen
bzw. Bleiberechten niederschlagen. Dies stellt für
Deutschland Chance und Herausforderung dar. Die
große Herausforderung besteht vor allem kurzfristig
in der humanitären Erstversorgung und der organisatorischen Bewältigung des Flüchtlingsstroms. Die
Chancen sind eher längerfristig angelegt, vor allem
unter Arbeitsmarktgesichtspunkten, aber auch unter
dem Blickwinkel eines allgemeinen gesellschaftlichen
Diversitätsgewinns. Entsprechend vielfältig sind die
Beurteilungs- und Analyseebenen des Phänomens, das
wir gerade erleben.
Eine in diesem Zusammenhang des Öfteren gestellte
Frage lautet: Liegen in diesem Zustrom auf längere
Sicht Chancen für sich tendenziell entleerende Regionen in Deutschland, vor allem in Ostdeutschland?
Eine Antwort auf diese Frage ist gegenwärtig schwer
zu geben, sollte aber in jedem Fall vorsichtig ausfallen.
Die häufigste Ursache für solche anhaltenden regionalen Entleerungsprozesse sind fehlende Arbeitsplätze.
Alle regionalpolitischen Maßnahmen, die hier gegensteuern sollten, sind bisher nur sehr begrenzt wirksam
gewesen. Warum sollte sich dies angesichts der neuen
Situation ändern, zumal das infrage kommende neue
Arbeitskräftepotenzial in Volumen und Qualität zurzeit
schwer einschätzbar ist? Inwieweit hier vor dem Hintergrund der neuen Situation gezielte Änderungen auf
der instrumentalen Ebene der Regionalpolitik zu neuen
Chancen der Regionalentwicklung führen können, wäre
gesondert zu diskutieren. Grundsätzlich ist jedoch zu
berücksichtigen, dass vermutlich ein erheblicher Teil
der Gruppe der Asylbewerber dem Arbeitsmarkt aus
verschiedensten Gründen nicht zur Verfügung stehen
wird, sondern auf mittlere Sicht, wenn sie in Deutschland bleiben, eher durch die Sozialsysteme gestützt
werden müssen. Schließlich kennen wir heute die räumlichen Präferenzen der sich längerfristig in Deutschland
ansiedelnden Menschen noch nicht, die ja zu einem
erheblichen Teil anderen Kulturkreisen entstammen und
hier andere Verhaltensmuster zeigen können.
Zunächst ist dieser Prozess mit Blick auf Ursachen,
Steuerung und Lastenverteilung sicherlich vielschichtig
politisch zu bewerten, er ist aber auch unter soziologischen Vorzeichen genauer zu analysieren und in
seiner ökonomischen Bedeutung einzuordnen. Von
besonderem Interesse sind dabei die Auswirkungen des
anhaltenden Zustroms von Flüchtlingen auf das regionalstrukturelle Gefüge in Deutschland. Hierzu möchte
ich einige Gedanken skizzieren.
© Lydia Geissler, www.fotolia.com
Zuwanderung in wachstumsstarke Regionen
4
Wahrscheinlicher erscheint ein Szenario, bei dem die
durch ein Bleiberecht hinzukommenden Arbeitskräfte
eher ein Potenzial für die wachstumsstarken Regionen
in Deutschland darstellen und den dort besonders herrschenden Fachkräftemangel abmildern helfen. Hierfür
sind aber erhebliche Bildungs- und Integrationsanstrengungen auf allen Ebenen unseres Bildungssystems
nötig, und dies möglichst mit individuell zugeschnittenen Angeboten vor Ort, möglichst unter Beteiligung
der Arbeitgeberseite (z. B. durch Praktika). Vor allem
in diesen Wachstumsregionen sind entsprechend
sehr schnell die notwendigen Voraussetzungen in der
Bildungspolitik zu schaffen, angefangen von gezielter
Information über bestehende und neu aufgesetzte
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AKTUELL
Bildungsangebote, über niederschwellige Zugänge zu
Bildungseinrichtungen (z. B. Willkommensklassen für
Flüchtlingskinder) und finanzierte Vergünstigungen (z. B.
Erlass von Semesterbeiträgen beim Studium) bis hin zu
geeigneten Sprachkursangeboten und begleitenden
Eingliederungsmaßnahmen.
Ein besonderes Problem stellt in den Wachstumsregionen auch die zusätzliche Bereitstellung von Wohnraum dar. Es birgt schon eine gewisse Sprengkraft,
dass ausgerechnet in jenen Städten und Regionen, die
gegenwärtig ohnehin durch einen hohen Druck auf den
Wohnungsmarkt und einen Mangel an preisgünstigem
Wohnraum gekennzeichnet sind, nun Wohnunterkünfte
für Flüchtlinge gesucht bzw. gebaut werden müssen.
Hier können zentrale zusätzliche Programme der
(gezielten) staatlichen Wohnraumförderung für einen
besseren Ausgleich von Angebot und Nachfrage sorgen.
Nur am Rande: Da die korrespondierenden Ausgaben zur Versorgung und Integration zu einem nicht
geringen Teil in der Wirtschaft ankommen, etwa in der
Bauwirtschaft, wirkt dies kurzfristig wie ein kleines Konjunkturprogramm – allerdings in den positiven Effekten
auf Beschäftigung und Produktion regional eher breit
gestreut.
Integrationsfähigkeit ist ungleich verteilt
Auf einer ganz anderen Ebene angesiedelt ist die Frage,
inwieweit die gesellschaftliche Integrationskapazität
der hier Lebenden regional (etwa im Verhältnis von
Agglomerationen zu dünner besiedelten Räumen)
unterschiedlich ausgeprägt ist und entsprechend unterschiedliche Grenzen für den Zustrom von Flüchtlingen
in verschiedenen Regionen setzt. In jedem Fall muss dieser Aspekt gerade auf kürzere Sicht einbezogen werden,
wenn man die laufenden sozialen „Frustrationskosten“
gering halten und die Aufnahmebereitschaft prinzipiell
erhöhen will.
Die europäische Dimension
Schließlich ist der gesamte Prozess des Zustroms von
Menschen aus Afrika, dem Vorderen Orient und dem
(West-)Balkan in seiner europäischen Dimension mit
Blick auf die Veränderungen im Wettbewerb der Regionen in Europa zu betrachten. Derzeit sind die realisierten Aufnahmevolumina der einzelnen Nationalstaaten
sehr unterschiedlich. Auch hier stellt sich mit Blick auf
die Regionalstrukturen in den EU-Staaten die Frage:
Belastung oder Chance? Verbessern sich die regionalen
Wettbewerbspositionen derer, die Flüchtlinge aufnehmen, oder werden sie schlechter?
Die angesprochenen Fragen und weitere Aspekte
werden die raumordnungs- und regionalpolitische
Diskussion in Deutschland und Europa in den nächsten Jahren intensiv beschäftigen. Die ARL wird sich an
dieser Diskussion u. a. im Rahmen eines neuen Ad-hocArbeitskreises konstruktiv beteiligen.
Prof. Dr. Rolf-Dieter Postlep
Präsident der ARL
Kontakt:
Rolf-Dieter Postlep
 0511 34842-37
[email protected]
Überhaupt ist im Hinblick auf die finanzwirtschaftliche Bewältigung des Flüchtlingszustroms dringend
die Frage zu beantworten, welche staatliche Ebene in
den Übergangsperioden bis zur partiellen dauerhaften
Integration (und den dann durchaus auch positiven
Effekten auf die öffentlichen Kassen) die finanziellen
Lasten tragen soll. Eines ist dabei klar: Je stärker die Lasten auf die untere Ebene (Kommunen und Landkreise)
verlagert werden, desto unterschiedlicher sind unter
diesem Aspekt die regionalen Aufnahmekapazitäten,
es sei denn, diesen Unterschieden wird z. B. im Kommunalen Finanzausgleich oder durch andere finanzielle
Ausgleichsmaßnahmen vom Bund und von den Ländern
wirksam Rechnung getragen.
Nachrichten der ARL • 3/2015
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5
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THEMA
Ausländer in Deutschland –
Herausforderungen und Chancen
A
ktuell beherrscht das Thema „Flüchtlinge“ die deutschen Medien. Regionalstatistisch ist über diese
Personengruppe jedoch noch kaum etwas zu sagen –
unser Blick kann sich fundiert nur auf vergangene Jahre
richten. Für unsere hier vorzustellende Analyse über
Ausländer in Deutschland nutzen wir drei Zugänge:
Zunächst gehen wir anhand der Zensusdaten 2011 kurz
auf die räumliche Ungleichverteilung der Bevölkerung
ohne deutsche Staatsangehörigkeit auf dem Gebiet
der Bundesrepublik ein. Da der Ausländeranteil in den
Großstädten traditionell am höchsten ist – und derzeit
dort auch stetig zunimmt – ,fokussieren wir unseren Blick
sodann auf die Internationalisierung der Großstädte im
Jahr 2013. Solch amtliche bzw. kommunale Statistiken,
die auch objektive Daten genannt werden, ermöglichen
zunächst nur Verteilungsaussagen. Deshalb wollen wir
abschließend anhand der BBSR-Umfrage aus dem Jahr
2012 auf Wahrnehmung und Beurteilung von Ausländern im eigenen Wohnumfeld eingehen. Diese sogenannten subjektiven Daten ermöglichen dann eindeutigere Rückschlüsse auf den uns hier interessierenden
gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Deutschland, ein Einwanderungsland
Seit der Banken- und Finanzkrise 2008–2010 nimmt
die Zuwanderung nach Deutschland stark zu: Auslöser
ist unter anderem das ökonomische Ungleichgewicht
zwischen den Staaten – auch innerhalb der EU. So
stammt die Mehrheit der Zuwandernden wie der in
Deutschland lebenden Ausländer aus europäischen
Staaten – etwa 45 % aus EU-Staaten. Laut Statistischem
Bundesamt lag 2013 der Außenwanderungsgewinn bei
fast 429.000 Personen. Darunter fällt nur ein Teil der
110.000 Menschen, die 2013 erstmals einen Asylantrag
stellten: Als „schutzbedürftig“ wurden 2013 von knapp
81.000 bearbeiteten Anträgen etwa 20.000 Flüchtlinge
anerkannt (Schutzquote: 25 %). Im Jahr 2014 stieg der
Wanderungsüberschuss auf mehr als 470.000 Personen.
Zuwanderung erfolgt vor allem in große Städte: Laut
Zensus 2011, den wir hier als Referenz anführen, lag
der Ausländeranteil im Bundesdurchschnitt bei 7,7 %,
in den Großstädten bei durchschnittlich 12,5 %. Der
West-Ost-Unterschied ist dabei nach wie vor deutlich:
8,7 % im Westen der Republik versus 3,7 % im Osten
einschließlich Berlin. In den Flächenländern variierte
der Ausländeranteil zwischen 11,1 % in Hessen und 1,5 %
6
in Thüringen. Zwar haben sich seither die absoluten
Anteile überall erhöht, die Größenverhältnisse sind
jedoch unverändert.
Internationalisierung der Großstädte
Aber auch Großstadt ist nicht gleich Großstadt. So
variierte der Ausländeranteil 2013 zwischen 34 % in
Offenbach und knapp 4 % in Chemnitz, Erfurt und Rostock. Im Durchschnitt hatten in den rund 50 Städten,
die jährlich ihre untergemeindlichen Statistiken in den
Datenkatalog der Innerstädtischen Raumbeobachtung
(IRB) einspeisen, 15 % der Bevölkerung keine deutsche
Staatsangehörigkeit. Regional differenziert war der
Ausländeranteil in den Großstädten Bayerns und BadenWürttembergs mit durchschnittlich 21 % vergleichsweise
am höchsten.
Wohnstandorte auch nach Nationalitäten
sortiert
Im Allgemeinen kennzeichnet Segregation den unterschiedlichen Zugang von Individuen zu den Ressourcen
einer Gesellschaft in Abhängigkeit von Lebensphase/
Generation, Konfession/Religion, Herkunftsland/Ethnie
oder sozialem Status/Milieu. Segregation ist also ein
Vorgang der Entmischung und bildet eine Facette des
gesellschaftlichen Zusammenhalts in unseren Großstädten ab. Residenzielle Segregation ist entsprechend
die ungleiche Verteilung einer betrachteten Bevölkerungsgruppe auf die Wohngebiete einer Stadt. Im Weiteren wird hier der Segregationsindex SI von Duncan
& Duncan für die Ungleichverteilung von Ausländern
auf Stadtteile verwendet; je kleiner der Wert ist, umso
geringer ist die residenzielle Segregation. Für 2013 liegen
die Werte des SI zwischen 0,10 für Heidelberg und 0,39
für Chemnitz (wobei zu beachten ist, dass sich dort das
sächsische Erstaufnahmelager für Flüchtlinge befindet).
Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sind
diese Werte nicht als übermäßig hoch einzuordnen.
Aber auch hier gilt, dass Ausländer in Selbst- wie
Fremdwahrnehmung nicht gleich Ausländer ist. So sind
für Zugewanderte aus bestimmten Herkunftsländern
höhere Werte der residenziellen Ungleichverteilung
festzustellen: Für EU2007-Bürger/-innen aus Bulgarien
und Rumänien liegt der SI-Wert zwischen 0,12 in Heidelberg und 0,54 in Dortmund. Für Türkinnen/Türken
liegt er zwischen 0,13 in Offenbach und 0,51 in Berlin
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THEMA
Ausländeranteile auf Ebene der Gemeindeverbände/Verbandsgemeinden gemäß Zensus 2011
Nachrichten der ARL • 3/2015
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7
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THEMA
Altersgruppenverteilung der Bevölkerung in IRB-Städten: Ausländer, Mehrstaater, Deutsche ohne weitere Staatsangehörigkeit (2013)
(wobei die Ausländerverteilungen in Berlin nach wie vor
den Verlauf der „Mauer“ erkennen lassen und dadurch
hohe SI-Werte liefern).
Die Ungleichverteilung der internationalen Migration
in und nach Deutschland hängt (bislang) zum einen mit
der Siedlungsstruktur und dem wirtschaftlichen Potenzial der Städte und Regionen und zum anderen mit historischen Besonderheiten der Ost-West-Entwicklungen
zusammen. Bei residenzieller Segregation in einer Stadt
sind der gesellschaftliche Stellenwert des ausweisenden
Merkmals – hier Ausländer, Türken, EU2007-Bürger –
und im Hinblick auf die Wohnstandortverteilung die
Mechanismen der lokalen Wohnungsmärkte zu berücksichtigen. Auch die Größe der betrachteten Gruppe
sowie der Zuschnitt der Raumeinheiten spielen in die
Statistik hinein. Von 2005 bis 2013 hat die Bevölkerung
in den hier fokussierten Städten der IRB um 3,7 % (auf
21,3 Mio.) zugenommen – die Zahl der dort lebenden
Ausländer hingegen um 11,3 % (auf 3,2 Mio.). Der Ausländeranteil stieg dabei von 14 % auf 15 %. Damit ist das
Großstadtwachstum zwischen 2005 und 2013 zu mehr
als 40 % auf den positiven Außenwanderungssaldo zurückzuführen. Wenn wir die Jahre mit niedrigen oder
gar negativen Außenwanderungssalden ausblenden
und nur die jüngst vergangenen Jahre betrachten, dann
speist sich das Großstadtwachstum zwischen 2009
und 2013 gar zu zwei Dritteln aus Außenwanderungsgewinnen.
Ausländische Bevölkerung ist jünger
Bundesweit sind Personen mit Migrationshintergrund1
jünger als jene ohne Migrationshintergrund (Durchschnittsalter 33,8 gegenüber 44,6 Jahre), weitaus
1
Bezüglich der Bevölkerung mit Migrationshintergrund greifen wir
hier auf Aussagen des Statistischen Bundesamts auf Grundlage des
Mikrozensus zurück. Migrationshintergrund kann man bislang nur
befragungsgestützt feststellen. Vergleichbare Auswertungsprogramme
für das Melderegister, die mit dem Geburtsort arbeiten, sind noch in
der Erprobung. Dies begründet auch, warum wir uns nach wie vor auf
den Indikator Ausländeranteil stützen.
8
häufiger ledig (45 % gegenüber 38 %), und der Anteil
der Männer unter ihnen ist höher (50,8 % gegenüber
48,5 %). Bei den unter 5-Jährigen stellen Personen mit
Migrationshintergrund ein Drittel dieser Altersgruppe.
Wir bleiben hier bei der Betrachtung ausländischer
Bevölkerung, d. h. bei denjenigen, die keine deutsche
Staatsangehörigkeit haben, und fokussieren von den
in IRB-Städten Gemeldeten zwei ausgewählte Altersgruppen (siehe auch BBSR 2015): die Gruppe der 18bis unter 30-Jährigen und die Gruppe der 15- bis unter
65-Jährigen.
Zu den Großstädtern im Alter von 18 bis unter 30
Jahren zählt ein Großteil der mehr als 300.000 im
Wintersemester 2013/14 in Deutschland studierenden
Ausländer, denn die Mehrheit der Hochschulen befindet sich in Großstädten. Erstes Beispiel: In München
waren von den dort gemeldeten Ausländern im Alter
von 18 bis unter 30 Jahren (n = 84.709) etwa 22 % zum
Studium in der Stadt. Zweites Beispiel: An Dresdner
Hochschulen waren von den 35.592 Studierenden 12 %
Ausländer (n = 4.284). Sie machten 50 % der in Dresden
gemeldeten Ausländer im Alter von 18 bis unter 30
Jahren aus (n = 8.465). Deutsche Hochschulen stellen
sich als weltoffen und international vernetzt dar. Sie
werben um ausländische Studentinnen und Studenten,
weil über diese kulturelles Verstehen und wirtschaftliche Kontakte gestärkt werden. Solches soll Städte und
Regionen im internationalen Standortwettbewerb
stärken. Ausländerfeindliche Aktionen schaden jeder
Hochschule und jeder der betroffenen Städte.
Die absolute Mehrheit der zuwandernden wie der in
Deutschland lebenden Ausländer ist im Alter zwischen
15 und 65 Jahren: Im Bundesdurchschnitt liegt der
Anteil dieser Altersgruppe bei 65 %. Der Anteil unter
den in Großstädten lebenden Ausländern in diesem
Alter hat zugenommen – 2013 lag er bei 83 %. Aber ihre
ökonomische Lage ist schwierig (Güleş/Sturm in BBSR
2014: 525 ff.): Zwischen 2006 und 2012 nahm in den IRBStädten zwar die Zahl der sozialversicherungspflichtig
beschäftigten Ausländer von 687.200 auf 869.500 zu.
Auch die Zahl der arbeitslos gemeldeten Ausländer
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26.11.2015 11:30:51
THEMA
(nach SGB II und SGB III) nahm von 291.500 auf 230.700
ab. Allerdings schwankte aufgrund der wechselhaften
Konjunktur auch die Zahl der erwerbsfähigen hilfebedürftigen Ausländer, die SGB-II-Leistungen bezogen,
zwischen 480.000 und 616.000.
Welche Rückschlüsse lassen sich aus den Zahlen für
den Arbeitsmarkt und die wirtschaftliche Entwicklung
Deutschlands ziehen? Insgesamt verlangsamt Zuwanderung die Alterung der Bevölkerung in Deutschland.
Für die ökonomische Stärke Deutschlands ist der (Erfahrungs-)Austausch gerade junger Erwachsener wichtig, da
so früh Vernetzungen über Sprach-, Kultur- und Staatsgrenzen hinweg entstehen. Analysen aus dem Institut für
Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) belegen, dass
die steigende Zuwanderung aktuell auf dem deutschen
Arbeitsmarkt zu einer Ausweitung des Arbeitsangebots
geführt hat, ohne dass zugleich die Arbeitslosigkeit gestiegen ist. Allerdings geht dies mit einer Ausweitung
der Beschäftigung in Helfer- und Anlerntätigkeiten, mit
häufiger Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträgen,
mit einer zunehmenden Zahl von Arbeitsverhältnissen
unterhalb des Qualifikationsniveaus der Beschäftigten
und mit entsprechendem Druck auf das Lohnniveau
einher. Dabei zeigen sich deutliche regionale Disparitäten – vor allem eine erhebliche Problemkonzentration
(hohe Arbeitslosen- und Leistungsbezieherquoten) in
einigen wirtschaftlich weniger starken Großstädten.
In Nachbarschaften bestätigt sich die
Kontakthypothese
In der laufenden BBSR-Umfrage wurde jährlich nach
der wahrgenommenen Sozialstruktur im eigenen
Wohngebiet gefragt – unter anderen nach Ausländern
und ausländischen Familien. Die nun vorgestellten
Befunde stammen aus einer früheren Umfrageanalyse
von Antje Güleş und Gabriele Sturm (in BBSR 2013: 427436). Im Jahr 2000 gaben 44 % der Befragten an, dass
es keine Ausländer in ihrer Nachbarschaft gebe – 2012
sagten dies noch 25 %. Zeitgleich stieg die „Integrationsbereitschaft“ (auf 64 %) bei abnehmender „Indifferenz“
und etwa gleichbleibender „Segregationsneigung“ (um
9 %). Im Zeitverlauf zeigten sich Schwankungen dieser
Einstellungen infolge des Anschlags auf das World Trade
Center 2001 und infolge der jüngsten Finanzkrise.
Bei der Untersuchung von Zusammenhängen dieser berichteten Wahrnehmungen und Beurteilungen
mit anderen erfragten Einstellungen zeigt sich, dass
die Beurteilung der Qualität des nachbarschaftlichen
Zusammenlebens mit Ausländern weniger von deren
Wahrnehmung als Nachbarn (viele versus wenige
Ausländer in der eigenen Wohnumgebung) abhängt,
sondern vor allem von der Beurteilung des Wohnumfeldes. Zugleich aber ist diese Zufriedenheit mit der
eigenen Wohnumgebung als Indikator für die bauliche
und sozialräumliche Qualität des Wohngebiets einzuschätzen. Wenn ein Quartier generell als problematisch
eingestuft wird („unzufrieden mit Wohnumgebung“),
Beurteilung des Nachbarverhältnisses zwischen Deutschen und Ausländern
nach Intensität der Kontakte in Familie, Freundeskreis, Nachbarschaft und
Arbeitsplatz (2011)
Erwünschte Modelle des Zusammenlebens mit Ausländern nach Intensität
der Kontakte in Familie, Freundeskreis, Nachbarschaft und Arbeitsplatz
(2011)
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9
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THEMA
werden auch eher Reibereien mit ausländischen Nachbarn aufgeführt.
Die Wahrnehmung von Ausländern in der Nachbarschaft – und somit die alltägliche Erfahrung mit „Fremden“ – wirkt sich auf die „Integrationsbereitschaft“ der
Befragten aus. Diejenigen, die quasi keine Erfahrung
mit Ausländern als Nachbarn haben, äußern am ehesten einen Segregationswusch: „Es ist besser, wenn die
Deutschen und die Ausländer getrennt für sich leben“.
Erklärungen für solche Unterschiede bieten vor allem
sozialpsychologische und konflikttheoretische Ansätze.
Weitere Fragen richten sich auf vorhandene Kontakte
mit Ausländern in der Familie, im Freundes-/Bekanntenkreis, am Arbeitsplatz und in der Nachbarschaft. Für die
Analyse haben wir daraus einen Index „Kontaktintensität“ gebildet: Je höher diese ist, desto besser wird das
Nachbarverhältnis mit Ausländern beurteilt und desto
höher erscheint die Integrationsbereitschaft.
In Deutschland erfolgt die Integration von Migrantinnen und Migranten verbreitet in Wohnnachbarschaften.
Diese ermöglichen auf Ebene eines eher distanzierten
Nachbarverhältnisses ein Kennenlernen in alltäglichen
Lebensvollzügen. Die größten Differenzen im Hinblick
auf die Beurteilung von Ausländern als Nachbarn und
einer durchmischten Nachbarschaft besteht zwischen
denen, die gar keine ausländischen Nachbarn, und
denen, die zumindest einige wenige Ausländer in ihrer
Wohnumgebung wahrnehmen. Insofern unterstützen
die Analysen der BBSR-Umfrage die Kontakthypothese
der Sozialpsychologie und neuere konflikttheoretische
Ansätze. So kann freiwillige räumliche Segregation zwar
kleine Gemeinschaften stärken, erweist sich mancherorts jedoch weniger förderlich im Hinblick auf das
gesellschaftliche Zusammenwachsen.
Ein vorläufiges Fazit
Im Titel dieses Beitrags ist von Herausforderungen und
Chancen die Rede. Was also erscheint auf Grundlage
und als Folge des hier kurz Referierten als Herausforderung? Da ist zu nennen, dass
■■ eine ungleiche Verteilung von Flüchtlingen und/oder
von gering qualifizierten Zuwandernden auf Länder
und Kommunen erfolgt mit entsprechend ungleich
verteilten Belastungen;
■■ der Bedarf an finanziellen, sozialen und kulturellen
Ressourcen, um Integration schnell und nachhaltig
zu gewährleisten, hoch und aktuell nicht gedeckt ist;
■■ Zuwandernde oft Projektionsfolie für Benachteiligte
und vom Leben Enttäuschte sind;
■■ zudem eine latente Fremdenfeindlichkeit eine
schnellstmögliche Thematisierung auf verschiedensten Ebenen und mittels vielfältiger Medien erfordert.
■■
■■
■■
die zusätzlichen Arbeitskräfte erhöhen die ökonomische Leistungsfähigkeit / den Wohlstand in
Deutschland;
die internationale Vernetzung ist auf Dauer förderlich – nicht nur in Bezug auf die ökonomische
Entwicklung;
die kulturelle Vielfalt fördert gegenseitiges Verstehen
und auf Dauer individuelle Kreativität wie gesellschaftlichen Frieden.
Quellen
BBSR (Hg.); Körner-Blätgen, N. (Bearbeitung); Sturm, G. (Bearbeitung) (2015): Informationen aus der vergleichenden
Stadtbeobachtung. Internationale Migration in deutsche
Großstädte. Bonn. = BBSR-Analysen KOMPAKT 11/2015.
BBSR (Hg.); Skowski, J. (wiss. Red.) (2014): Zuwanderung,
Armut, Verantwortung. Stuttgart. = Informationen zur Raumentwicklung 6.2014.
BBSR (Hg.); Cârstean, A. (wiss. Red.) (2013): Migration und
Stadt. Stuttgart. = Informationen zur Raumentwicklung
5.2013.
Körner-Blätgen, N.; Sturm, G. (2015): Deutsche Großstädte
im Netz internationaler Wanderungen. In: Stadtforschung
und Statistik 28 (2), 4-9.
Dr. Gabriele Sturm ist Projektleiterin im Referat I6 (Stadt-,
Umwelt- und Raumbeobachtung) des Bundesinstituts für Bau-,
Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen
und Raumordnung (BBR) in Bonn. Ihre Forschungsschwerpunkte
sind: Raum- und Stadtsoziologie, Methoden empirischer Sozialforschung, Umfrageforschung, (kleinräumig) vergleichende
Stadtbeobachtung.
Kontakt:
Gabriele Sturm  0228 99401-1360
[email protected]
Nadine Körner-Blätgen ist wissenschaftliche Sachbearbeiterin im
Referat I6 des BBSR. Ihre Forschungsschwerpunkte sind: Humangeographie, Bevölkerungsstatistik, (kleinräumig) vergleichende
Stadtbeobachtung.
Kontakt:
Nadine Körner-Blätgen  0228 99401-2314
[email protected]
Zugleich sollten wir uns der Chancen bewusst sein, denn
■■ die Gesellschaft in Deutschland wird jünger;
■■ der absehbare Fachkräftemangel wird in vielen Bereichen ausgeglichen;
10
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THEMA
Politische Steuerung der Zuwanderung
Vortrag von Dr. Steffen Angenendt auf dem ARL-Kongress
S
ehr geehrter Herr Professor Beckmann, sehr geehrter
Herr Professor Danielzyk, meine sehr geehrten Damen und Herren, vielen Dank für die Einladung.
Ich bin Politikwissenschaftler, kein Raumwissenschaftler,
aber alles, was mit Migration zu tun hat, hat auch mit
Räumen zu tun. Deswegen ist mir das Konferenzthema
nah und ich freue mich auf die anschließende Diskussion.
Die politische Steuerung von Zuwanderung ist ein
großes Thema. Dabei geht es vor allem um zwei Fragen.
Die erste lautet: „Über welche Zuwanderung reden wir
eigentlich?“, die zweite: „Wen betrachten wir, wenn wir
über Steuerung sprechen?“. Weil es so komplex ist, teile
ich meinen Vortrag in zwei Blöcke: Zunächst spreche ich
über Deutschland, anschließend über die Situation auf
europäischer Ebene.
Ich komme zur ersten Frage: „Über welche Zuwanderung reden wir?“. Diese Frage ist außerordentlich
wichtig, denn man muss sich zunächst einmal den
Unterschied zwischen Flüchtlingen und Migranten
klarmachen. In der politischen Debatte geht wegen
dieser unzureichenden Differenzierung einiges durcheinander.
Wer ist Flüchtling?
Der Flüchtlingsbegriff wird in der Genfer Flüchtlingskonvention definiert. Hierbei sind insbesondere folgende
drei Punkte wichtig: Die Konvention verlangt erstens,
dass ein Flüchtling begründete Furcht vor Verfolgung
hat. Dies beinhaltet, dass er oder sie in einem Verfahren
die Chance bekommen muss, diese Verfolgungseigenschaften nachzuweisen, zu begründen. Die Begründung
hängt also mit dem Verfahren zusammen.
Der zweite Punkt ist der Begriff der Verfolgung selbst.
In der Genfer Konvention werden hierzu bestimmte
Ursachen aufgeführt: Der Begriff der Verfolgung bezieht sich auf die Rasse, Religion, Nationalität usw.
Diese Auflistung wirkt heute ein bisschen aus der Zeit
gefallen, weil wir inzwischen andere Verfolgungsgründe
kennen, etwa die Verfolgung aufgrund des Geschlechts.
Dieser Verfolgungsgrund war damals nicht im Fokus der
Aufmerksamkeit, er wird aber in der Rechtssprechungspraxis mittlerweile anerkannt.
Und der dritte Punkt ist: Die Person muss sich außerhalb des Landes befinden. Das ist sehr wichtig, denn die
Schutzverpflichtung der Flüchtlingskonvention und alle
Schutzverfahren beziehen sich nicht auf Menschen, die
innerhalb des Landes geflohen sind. Für die Menschen in
Syrien oder im Irak, die momentan am schlimmsten von
Konflikten betroffen sind, besteht in der Flüchtlingskonvention eine Schutzlücke. Ähnliches gilt auch für andere
Flüchtlinge, die vor allgemeiner Gewalt wie z. B. Bürgerkriegen fliehen. In der Anerkennungspraxis wird dieser
Umstand allerdings berücksichtigt. Diese Flüchtlinge
erhalten einen Status, der dem Flüchtlingsstatus sehr
ähnlich ist. Es gibt in der Praxis also eine Entwicklung,
diese Schutzlücke der Genfer Flüchtlingskonvention
auszugleichen, die daraus entstanden ist, dass diese
bestimmte Fluchtursachen nicht abdeckt.
Wenn wir nach dieser Definition wissen, was ein
Flüchtling ist, wissen wir im Umkehrschluss, dass alle,
die diesen Eigenschaften oder den abgeleiteten Folgen
davon nicht entsprechen, Migranten sind. In der Praxis
ist diese Unterscheidung allerdings oft schwierig, denn
auch Migranten verlassen ihre Heimat selten freiwillig.
Oft sind Menschen aus wirtschaftlicher Not zur Flucht
gezwungen. Das qualifiziert sie aber nicht als Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, und sie
genießen deshalb auch keinen Schutz.
In den Booten, die über das Mittelmeer kommen,
sitzen vielleicht zur Hälfte Menschen, die aus wirtschaftlicher Not ihre Länder verlassen haben und eben nicht
als Flüchtlinge im engeren Sinne zu gelten haben. Der
aufnehmende Staat kann sie zurückschicken. Nur, wie
geht man in der Praxis damit um?
Erschwerend kommt hinzu, dass beide Gruppen
Schlepperorganisationen in Anspruch nehmen, weil
es kaum noch legale Möglichkeiten gibt, in die EU zu
kommen. Das gilt für Flüchtlinge seit der Asylgesetzänderung von 1992, und es gilt auch für Migranten, weil
es auch für sie kaum legale Möglichkeiten gibt, in die
EU einzuwandern und dort zu arbeiten. Die Menschen
kommen deswegen irregulär oder illegal, je nachdem,
wie man das bezeichnen will, und das stellt unsere Politik vor erhebliche Steuerungsprobleme.
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THEMA
Migration in Deutschland: Trends, Triebkräfte und Steuerungsmöglichkeiten
Ich möchte nun auf die verschiedenen Zuwanderungsphasen nach Deutschland zu sprechen kommen.
Die Abbildung 1 zeigt die deutsche Einwanderungsgeschichte.
Quelle: Statistisches Bundesamt
Die rote Linie zeigt die Zuzüge nach Westdeutschland – ab 1990 in das wiedervereinigte Deutschland –,
die blaue Linie zeigt die Fortzüge. Für die Steuerungsdiskussion sind besonders die Balken interessant: Sie
machen deutlich, dass es fünf Phasen in der deutschen
Nachkriegsgeschichte gab, in denen mehr Menschen
aus Deutschland fortgezogen als zugezogen sind. Wenn
man die Konjunkturentwicklung über diese Grafik legt,
sieht man, dass diese Wanderungsbewegungen eine
ziemlich zeitnahe Reaktion auf wirtschaftliche Veränderungen, insbesondere auf Einbrüche in der Konjunktur,
Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Juni 2015
Abb. 1: Zuzüge und Fortzüge, Deutschland, 1954–2014
Abb. 2: Asylanträge (Erstanträge) in Deutschland, 1970–2015 (1. Hj.)
12
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THEMA
waren. Einer Rezession folgte, leicht zeitversetzt, immer
ein negatives Wanderungssaldo. Migration gehorcht in
erster Linie wirtschaftlichen Entwicklungen.
Die Abbildung 2 zeigt die Asylanträge in den vergangenen 45 Jahren bis heute.
Ganz deutlich wird der Peak um 1992, in diesem Jahr
beantragten 438.000 Menschen in Deutschland Asyl.
Dies war eine Zeit, in der es auch vermehrt andere Zuwanderer in Deutschland gab, was oft vergessen wird,
wenn über diese Jahre gesprochen wird. Es kamen noch
400.000 Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion, die aufgrund unserer Verfassung die Möglichkeit
hatten, zuzuwandern. Und weiterhin gab es eine starke
Zuwanderung aus Ostdeutschland in die westlichen
Bundesländer, dies waren auch noch einmal 400.000
Menschen. Die Nettozuwanderung in Westdeutschland
lag also deutlich höher als in dieser Graphik angezeigt,
sie lag bei 1,2 Millionen Zuwanderern.
Seit den Unruhen in der arabischen Welt ändert sich
dies wieder. Die lila Linie rechts zeigt die Prognose des
Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) für
das Jahr 2015. Inzwischen hat auch das BAMF seine
Prognose nach oben korrigiert, die Zahl der Asylanträge
wird wahrscheinlich bei 800.000, möglicherweise aber
auch über einer Million liegen, also deutlich über der
Zahl von 1992. Wenn die Flüchtlinge es geschafft haben,
in Deutschland ihren Asylantrag zu stellen, werden sie
nach einem Verteilsystem einer Erstaufnahmeeinrichtung zugewiesen. Die Verteilung folgt unterschiedlichen
Kriterien wie z. B. den Aufnahmekapazitäten der Einrichtungen oder ihren Zuständigkeiten für bestimmte
Herkunftsländer. Anschließend werden die Flüchtlinge
nach dem sogenannten „Königsteiner Schlüssel“ auf die
einzelnen Bundesländer verteilt. Die Verteilung orientiert sich dabei an der Bevölkerungszahl und dem Steu-
Quelle: BAMF, Das Bundesamt in Zahlen 2014, Nürnberg 2015
Wenn wir uns an diese Jahre zurückerinnern, erinnern
wir uns auch an furchtbare Szenen: Kommunen waren
nicht mehr in der Lage, die zur Versorgung nötige Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, Schulen wurden
geschlossen und Turnhallen konfisziert. Es gab eine Welle fremdenfeindlicher Gewalt, in der ganzen Republik
brannten Asylbewerberheime, es gab Mordanschläge.
Nach 1992 ist die Zahl der Asylbewerber infolge der
Asylgesetzänderung stark zurückgegangen. Das zuvor
unbeschränkte Recht auf Asyl im Artikel 16 GG wurde
durch die damalige Bundesregierung eingeschränkt. In
Deutschland und auch in den europäischen Nachbarländern wurde ein ganzes Instrumentarium eingeführt,
um Asylbewerber von Europa fernzuhalten. Seitdem ist
die Zahl der Asylanträge stark zurückgegangen.
Abb. 3: Zuzüge nach Herkunftsländern, Deutschland, 2014
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13
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THEMA
eraufkommen der Bundesländer. Nordrhein-Westfalen
liegt mit 21 % an der Spitze aller Bundesländer, was aber
vor allem mit der Bevölkerungszahl zu tun hat.
Gruppe der Erwerbstätigen, die die ältere Bevölkerung
mitversorgen muss, schrumpft. Sie sehen dies sehr
deutlich in der Abbildung 4.
Von den 520.000 Menschen, die im Jahr 2014 aus
Nicht-EU-Staaten zuwanderten, kamen nach den aktuellsten Zahlen des Bundesamtes 11,1 % zu Ausbildungszwecken, 12,3 % zum Familiennachzug und nur 7,2 % zu
Arbeitszwecken nach Deutschland. Das ist erstaunlich,
man muss sich eigentlich fragen: Ist das die Prozentzahl,
die wir mit unserer Zuwanderungspolitik erreichen wollen, in einem Land, das zunehmend auf qualifizierte und
auch weniger qualifizierte Zuwanderung angewiesen
ist? Mit anderen Worten: Steuern wir die Zuwanderung
richtig? Und lässt sie sich überhaupt steuern?
Der Anstieg der grünen Linie zeigt die Generation
der Babyboomer, also die Bevölkerungsgruppe, die in
den 1960er Jahren geboren wurde. Wenn diese Gruppe, wie in der nach rechts verschobenen blauen und
schwarzen Linie angedeutet, ins Rentenalter kommt,
verändert sich das Verhältnis von Erwerbsbevölkerung
zu älteren Alterskohorten deutlich. Im Moment müssen
100 Menschen im arbeitsfähigen Alter 64 Menschen
mitversorgen, hierzu zählen Kinder und Senioren. In 20
Jahren wird sich das Verhältnis zu einer 1:1-Versorgung
wandeln, also 100 Menschen im arbeitsfähigen Alter
werden 100 Menschen im Kinder- oder Rentenalter
mitversorgen müssen. Das ist eine erhebliche Belastung
für unsere Kinder und deren Nachkommen.
Wie viel Einwanderung braucht Deutschland?
Die Frage ist natürlich: Warum steuern wir eigentlich?
Ein Grund ist der demographische Wandel. Die Zusammensetzung der Arbeitsbevölkerung verändert sich. Die
Nun zu der Frage, wie viel Einwanderung Deutschland
eigentlich bräuchte, um diesen Trend auszugleichen:
Wenn wir gar keine Einwanderung hätten, würde die
Bevölkerung bis zum Jahr 2050 um 28 % schrumpfen.
Wenn die Zuwanderung ungefähr auf dem aktuellen
Niveau bliebe, könnten wir die Bevölkerungszahl stabil
halten. Allerdings wissen wir in diesem Zusammenhang
nicht, wohin sich die Zuwanderung aus den EU-Ländern
Abb. 4: Schrumpfende Erwerbsbevölkerung: Größe der Alterskohorten, Deutschland, 2013 – 2040 e
14
Quelle: Holger Schäfer, IW; Statistisches Bundesamt
Um dies zu beantworten, müssen wir zunächst
betrachten, woher die Zuwanderer kommen. Die
Abbildung 3 zeigt, welche Herkunftsländer unter den
Migranten besonders stark vertreten sind.
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Source: United Nations Population Division
THEMA
Abb. 5: Ersatzmigration
entwickeln wird, dies ist die große Unbekannte in der
Gleichung. Wenn sich die wirtschaftliche Situation in
den Krisenländern Südeuropas verbessert, kann es gut
sein, dass viele Italiener und Spanier wieder in ihre Heimatländer zurückkehren. Das ist sozusagen die Kehrseite meiner These, dass Migration stark auf wirtschaftliche
Entwicklungen reagiert.
Wenn wir trotz des demographischen Wandels das
Verhältnis von der älteren zur jüngeren Arbeitsbevölkerung stabil halten wollen, bräuchten wir ungefähr eine
Nettozuwanderung von 3,4 Millionen, so Berechnungen
der Vereinten Nationen. Dann hätte Deutschland 300
Millionen Einwohner, 80 % davon hätten einen Migrationshintergrund.
Wenn wir uns ansehen, wie viele Menschen aus den
Nicht-EU-Staaten zu uns kommen – im Jahr 2013 waren
es laut Statistischem Bundesamt knapp 24.000 –, dann
ist diese Zahl nicht sonderlich hoch in Anbetracht der
Anstrengungen der Bundesregierung, über eine Reform des Zuwanderungsgesetzes Hochqualifizierte ins
Land zu locken. Dies ist umso erstaunlicher, wenn man
bedenkt, dass Deutschland nach Aussage der OECD
das Land mit dem offensten Zuwanderungsgesetz für
qualifizierte und hochqualifizierte Arbeitskräfte in der
EU ist. Meine Vermutung ist: Die deutsche Einwanderungspolitik ist im In- und Ausland zu wenig bekannt
– meines Erachtens der wichtigste Grund für weitere
Reformen und für ein Einwanderungsgesetz, das diese
Regelungen in transparenter und verständlicher Form
kommuniziert.
Ich komme jetzt zur europäischen Ebene.
EU-Flüchtlingspolitik: Herausforderungen
und Handlungsoptionen
Im Hinblick auf die Flüchtlingspolitik der Europäischen
Union sehe ich vor allem drei Probleme: Erstens gibt es
keine legalen Zuwanderungsmöglichkeiten für Flüchtlinge in die EU. Zweitens gibt es keine einheitlichen
Standards bei der Unterbringung von Flüchtlingen in
den EU-Mitgliedsländern. Dies ist frappierend, weil
eigentlich alle Aspekte über EU-Richtlinien geregelt
sind. Aber diese Richtlinien werden nicht eingehalten.
Das dritte Problem ist die Quotenregelung, also eine
faire Lastenverteilung bei der Verteilung der Flüchtlinge
auf die einzelnen Mitgliedstaaten. Hierauf möchte ich
kurz näher eingehen:
Momentan ist es so, dass fünf Mitgliedstaaten drei
Viertel aller Asylbewerber in der EU aufnehmen,
Deutschland ist einer dieser fünf Staaten und nimmt im
Jahr 2015 wahrscheinlich die Hälfte aller Flüchtlinge auf.
In dem Zusammenhang stellen sich grundlegende Fragen: Wie gehen wir in den EU-Staaten mit Flüchtlingen
um? Und was heißt Solidarität in der EU? Wenn wir auf
diese Fragen keine Antworten finden, prognostiziere ich,
dass wir in absehbarer Zeit wieder ständig kontrollierte
Binnengrenzen in der EU haben.
Allerdings möchte ich in diesem Zusammenhang auch
auf eine andere Zahl hinweisen: In den vergangenen
Jahren lag das Passagieraufkommen innerhalb der EU
im Durchschnitt bei 700 Millionen. Ich nenne diese
Zahl hier nur, um deutlich zu machen, welch ein großer
Bewegungsraum die EU dank des Schengener Abkommens eigentlich ist.
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THEMA
Wir brauchen dringend eine Diskussion darüber,
wie eine faire Verteilung der Flüchtlinge aussehen
könnte. Ich habe hierzu mit Kollegen einen Vorschlag erarbeitet, den ich Ihnen hier vorstellen
möchte und der in modifizierter Form von der
EU-Kommission übernommen wurde. Unser Ausgangspunkt war, dass die gegenwärtige Verteilung
von Flüchtlingen nach dem Dublin-Abkommen
nicht funktioniert, weil sich einzelne Staaten nicht
mehr an dieses System halten. Griechenland
oder Italien z. B. lassen Flüchtlinge in den Norden
Europas weiterreisen, weil sie mit der Situation
überfordert sind. Und da die Standards in der
Flüchtlingsunterbringung und die Wirtschaftslage
in diesen beiden Ländern schlecht sind, wollen
die Menschen auch weiterreisen.
Unser Vorschlag war, die Flüchtlinge nach einem
Multifaktorenmodell zu verteilen, das folgende
vier gewichtete Kriterien enthält:
Quelle: Eurostat, UNHCR
Alternativen zum Dublin-Abkommen
Abb. 7: Asylanträge in Bezug zum Multifaktorenmodell, ausgewählte
EU-Staaten, 2009–2013, in Tausend
Quotenregelung oder Finanzausgleich?
Quelle: SWP/SVR
Was macht man nun mit so einem Verteilungsschlüssel?
Im Endeffekt gibt es zwei Möglichkeiten: die physische
Verteilung der Flüchtlinge nach einer Quotenregelung
oder die Schaffung eines finanziellen Ausgleichs für die
EU-Mitgliedstaaten, die mehr Flüchtlinge aufnehmen,
als sie der Quote nach müssten. Dies ist eine politische
Frage, die auch politisch beantwortet werden muss.
Abb. 6: Multifaktorenmodell zur Bestimmung fairer Aufnahmequoten
Diesen Vorschlag haben wir im Dezember 2013 der
Europäischen Kommission vorgelegt, die diesem in
ihrem eigenen Vorschlag weitestgehend gefolgt ist.
Einzig das Kriterium „Größe/Territorium“ wurde von der
Kommission durch das der bereits erfolgten Aufnahme
von Flüchtlingen in den jeweiligen Mitgliedsländern
ersetzt, was auch sinnvoll ist.
Wenn man die Aufnahmequoten der einzelnen Länder
aus dem Jahr 2013 mit den Quoten, die sich nach unserem Modell ergäben, vergleicht, müssten tatsächlich
einige Länder mehr, einige Länder weniger Flüchtlinge
aufnehmen. Die Aufnahmezahlen von Deutschland
blieben in etwa gleich, Spanien, Italien, England und
Polen müssten hingegen mehr Flüchtlinge aufnehmen.
16
Ich bin der Meinung, dass die erste Möglichkeit, die
physische Verteilung der Flüchtlinge, in der Praxis
nicht gut funktioniert. Sie funktioniert nicht, weil die
Flüchtlinge nicht dort hingehen, wo sie nach der Quote hingehen sollen, sondern sie gehen in die Länder,
in denen sie bereits Kontakte haben und wo sie eine
Zukunftschance sehen. Die Quotenregelung funktioniert auch deshalb nicht, weil sie teuer ist und ein
Bürokratiemonster schafft. Das sehen wir bereits an
der Praxis des Dublin-Systems, das nach diesem Prinzip
funktioniert. Mein Vorschlag wäre deswegen, anstelle
der physischen Verteilung ein finanzielles Ausgleichsverfahren zu schaffen.
Und auch hier gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Entweder man erstattet die Kosten der Aufnahme
von Flüchtlingen und entschädigt das Land, das überproportional viel Flüchtlinge aufgenommen hat, durch
einen entsprechenden EU-Fonds. Oder aber, und dies
wäre mein Vorschlag, man stellt das System der Finanzierung sozusagen „vom Kopf auf die Füße“. Mit anderen
Worten: Was würde passieren, wenn wir nicht nur die
tatsächlichen Kosten erstatten, sondern wenn wir darüber hinaus eine bestimmte Summe pro Asylbewerber
berechnen, sagen wir z. B. 6.000 bis 12.000 Euro, und
diese nicht den jeweiligen Landesregierungen zur Verfügung stellen, sondern direkt den Kommunen, die die
Flüchtlinge aufnehmen?
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Quelle: SWP/SVR
Quelle: Eurostat, UNHCR
THEMA
Abb. 8: Anteile gemäß Quotenmodell, SWP/SVR und EU-KOM
Ich bin mir ziemlich sicher, dass das eine radikale
Wende in der Flüchtlingspolitik einleiten würde und
ich könnte mir vorstellen, dass einige strukturschwache Regionen ein sehr großes Interesse daran hätten,
Zuwanderer aufzunehmen, weil die Kompensation der
Kosten den Kommunen direkt zugutekäme. Ich kann mir
gut vorstellen, dass der eine oder andere Landrat oder
Bürgermeister höchstes Interesse daran hätte, für die
Integration dieser Menschen zu sorgen, weil er sonst
nicht wiedergewählt würde.
Dies ist ein erster Vorschlag zur Diskussion. Er wäre die
Umkehr von dem, was wir tagtäglich erleben. Er würde
Schluss machen mit den Top-down-Entscheidungen in
Berlin oder im zuständigen Landesamt, er würde Schluss
machen mit der gegenwärtigen Situation in den Bezirken, die von einem auf den anderen Tag eine bestimmte,
ihnen von oben zugewiesene Zahl von Flüchtlingen
unterbringen und zusehen müssen, wie sie mit der
Situation vor Ort klar kommen. Der Top-down-Ansatz
der bisherigen Flüchtlingspolitik, der meiner Ansicht
nach in keiner Hinsicht mehr befriedigend funktioniert,
würde in diesem Modell durch einen Bottom-up-Ansatz
ersetzt.
Dr. Steffen Angenendt ist Senior Associate der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin.
Kontakt:
Steffen Angenendt
 030 880 07 234
[email protected]
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THEMA
Raumwissenschaftliche
Rückwanderungsforschung
… aber wie?
W
anderungsbedingte Bevölkerungsverluste betreffen in Deutschland derzeit vor allem ländlichperiphere Regionen, während viele Großstadtregionen
starke Wanderungsgewinne verzeichnen. Um der
Schrumpfung, Alterung und der damit einhergehenden
Fachkräfteproblematik in den ländlichen Regionen zu
begegnen, sind die dorthin Zuziehenden in den Fokus
von Politik und Forschung gerückt.
Eine Teilgruppe stellen die Rückwanderer dar. Ihnen
wird eine starke Heimatverbundenheit und eine emotionale Bindung an die für andere Migrantengruppen
weniger attraktiven Regionen attestiert. Daher wird
auch eine hohe Bleibeabsicht vermutet. Mit einer
Vielzahl von Rückkehrinitiativen wird deshalb gezielt
versucht, Abgewanderte zur Rückkehr zu mobilisieren. Lokalpolitiker und Wirtschaftsvertreter erhoffen
sich, mit Rückkehrern neue Bürger und Fachkräfte zu
gewinnen, die das in der Ferne gewonnene Know-how,
neue Kompetenzen sowie soziale Netzwerke für die Regionalentwicklung in den Heimatregionen einbringen.
Diese Annahmen sind bisher jedoch nicht ausreichend
empirisch fundiert. Während also mit der Gruppe der
Rückwanderer große Hoffnungen verbunden sind, weiß
man bislang wenig über sie. Hier setzt die raumwissenschaftliche Rückwanderungsforschung an.
Lücken in der Statistik
Die Schwierigkeit bei der Beobachtung von Rückwanderung besteht darin, dass Rückwandernde in den
statistischen Systemen nicht als solche erfasst werden.
Wenn Menschen umziehen, verlegen sie in der Regel
ihren Wohnsitz. Ziehen sie zurück, werden sie im Meldesystem jedoch nur als Zuziehende registriert, da bei
der Anmeldung lediglich der direkt vorangegangene
Wohnort erfasst wird. Die Wanderungsbiographie
mit allen vorherigen Wohnorten wird im deutschen
Einwohnermelderegister nicht erhoben. Damit lassen
sich Rückwanderer anhand von amtlichen Registern
nicht identifizieren.
Eine Alternative bietet der Rückgriff auf Befragungsdaten, die Wanderungsbiographien erheben. Meist sind
jedoch auch in den großen Befragungen (wie bspw.
dem europäischen Labour Force Survey oder dem
Sozioökonomischen Panel) nur Auswertungen auf der
18
nationalen Ebene möglich, da die Fallzahlen für regional differenzierte Betrachtungen zu gering sind. Die für
die Raumwissenschaften spannenden Fragestellungen
bezüglich regionaler Ungleichheiten im Rückwanderungsverhalten lassen sich damit nicht bearbeiten.
Viele Forschungsprojekte zur Rückwanderung arbeiten
daher mit kleinen Fallstudien und sind selten flächendeckend angelegt. Zwei zentrale Forschungslücken leiten
sich daraus ab. Erstens ist unklar, welchen Umfang die
Rückwanderung insgesamt hat und welche regionalen
Muster sich abbilden lassen. Zweitens fehlt es an Wissen
über den tatsächlichen Einfluss von Rückwanderung auf
die Regionalentwicklung in Abwanderungsregionen.
Die IAB-Beschäftigtenhistorik
als innovative Datenquelle
Dennoch gibt es innovative Möglichkeiten, bestehende
Datensätze aus der Perspektive der raumwissenschaftlichen Rückwanderungsforschung neu auszuwerten.
Die Beschäftigtenhistorik (BeH) des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) stellt z. B. eine
Vollerhebung zu allen in Deutschland sozialversicherungspflichtig Beschäftigten dar. Dieser Datensatz
wird aus den Entgeltmeldungen der Arbeitgeber an
die Sozialversicherungsträger generiert. Aus raumwissenschaftlicher Sicht ist der Datensatz interessant, weil
seit 1999 für jeden Beschäftigten Arbeits- und Wohnort
erfasst werden. Zudem werden durch die Panelstruktur
personenbezogene Veränderungen in diesen beiden
Variablen mitgeführt, sodass sich individuelle Wanderungsbiographien aus dem Datensatz ableiten lassen.
Auch lässt der Datensatz aufgrund der hohen Fallzahl
regional differenzierte Analysen zu. Letztlich ist die
Möglichkeit, Quell- und Zielgebiete von Wanderungen
auf kleinräumiger Ebene in Verbindung zu bringen ein
großer Vorteil für die Raumbeobachtung und Raumplanung.
Neben den genannten Möglichkeiten hat die Verwendung des Datensatzes jedoch einige Nachteile. Ein
grundlegendes Problem ist, dass der Datensatz nur die
ca. 30 Mio. sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
beinhaltet. Diese repräsentieren ca. 56 Prozent der Personen im erwerbsfähigen Alter. Nicht beobachten lassen
sich demnach all die Personen, die nicht oder in anderer
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THEMA
Form erwerbstätig sind (bspw. Beamte, Selbstständige).
Ebenso können jüngere und ältere Gruppen nicht abgebildet werden. Da das Erfassungskriterium eine Anstellung in Deutschland ist, fallen auch Grenzpendler mit
Arbeitsort im Ausland aus der Betrachtung heraus. Für
sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mit Phasen der
Arbeitslosigkeit, nicht sozialversicherungspflichtiger Erwerbstätigkeit oder Beschäftigung im Ausland entstehen
Erfassungslücken für die entsprechenden Zeiträume.
Die IAB-Beschäftigtenhistorik ist also ein adäquates
Mittel für die Beobachtung der Arbeitskräftemobilität
innerhalb Deutschlands, nicht jedoch für die Bevölkerung insgesamt. Forschungspraktisch besteht die
Notwendigkeit, den Datensatz aufgrund der Datenschutzregelungen gemeinsam mit dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zu bearbeiten, da die
Rohdatensätze außerhalb der IAB-Netzwerke nicht zur
Verfügung stehen.
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THEMA
Rückwanderung nach Ostdeutschland
Chancen für die Wanderungsforschung
Für den Spezialfall der Rückwanderung von Ostdeutschen aus den alten in die neuen Bundesländer wurde
die Beschäftigtenhistorik in einer Kooperation zwischen
dem Leibniz-Institut für Länderkunde und dem Regionalen Forschungsnetz am IAB Sachsen im Jahr 2013 erstmalig ausgewertet. Für den Zeitraum 2000–2010 wurde die
Rückwanderung kreisscharf analysiert. Als abwandernde
Ostdeutsche waren alle Personen definiert, deren erste
Beschäftigung und damit erstmalige Meldung zur Sozialversicherung seit 1992 in einem ostdeutschen Kreis
stattfand und die ihren Wohnsitz seit 1999 mindestens
einmal aus den neuen in die alten Bundesländer verlagerten. Rückwandernde Ostdeutsche waren demnach
diejenigen, die ihren Wohnsitz in der Folge wieder in
den Herkunftskreis der neuen Bundesländer zurückverlagerten. Im Vergleich der Zeiträume 2000–2005
und 2006–2010 lässt sich erkennen, dass die Rückkehrraten – also der Anteil der Rückwanderer an der
Abwanderergruppe – in fast allen ostdeutschen Kreisen
deutlich zugenommen haben. Die Rückkehrraten sind
insbesondere in den Kreisen vergleichsweise hoch, die
durch eine geographische Nähe zu den alten Bundesländern gekennzeichnet sind. Die brandenburgischen
Kreise im Ballungsraum Berlin haben hingegen niedrige
Abwanderungs- und Rückkehrraten, da hier der Berliner
Arbeitsmarkt eine große Relevanz hat. Auch zeigt sich,
dass die kreisfreien Städte in den neuen Ländern nicht
so stark von der Rückwanderung profitieren wie die
ländlichen Kreise. Wie die nebenstehende Karte – in auf
Landesebene aggregierter Form – verdeutlicht, lassen
sich auch die Beziehungen zwischen Quell- und Zielgebieten klar abbilden. So kehren Rückkehrer tendenziell
eher aus den nahe gelegenen alten Bundesländern in
ihr ostdeutsches Bundesland zurück.
Neben der skizzierten Anwendung auf den Fall der
Rückwanderung nach Ostdeutschland ermöglicht die
Beschäftigtenhistorik des IAB weitere aus raumwissenschaftlicher Sicht spannende Zugänge zur Wanderungsund Mobilitätsforschung. So wäre eine geographische
Ausdehnung auf Phänomene der Rückwanderung in
ländliche Gebiete der alten Bundesländer vor dem
Hintergrund interessant, dass auch hier die Bevölkerungsschrumpfung und -alterung in einigen Regionen
deutlich zunimmt. Auch eignet sich der Datensatz für
Fragestellungen, die sich mit dem Phänomen der (Re-)
Urbanisierung beschäftigen oder die gegenläufige
Entwicklung einer Stadt-Land-Rückwanderung in den
Blick nehmen. Anschlussfähig wären Forschungen mit
diesem Datensatz auch im Hinblick auf die in der ARL im
Rahmen des AK Multilokalität diskutierten Phänomene.
So könnten spezifische Stadt-Land-Partnerschaften auf
Basis multilokaler Arbeitskräfte identifiziert werden.
In Kombination mit anderen Datenquellen könnten
auch strukturelle Merkmale von Regionen mit hohen
Rückwanderungsraten weitergehend untersucht werden, um die Attraktivität von Regionen differenziert zu
betrachten.
Weiterhin ermöglicht der Datensatz Rückschlüsse auf
die Auswirkungen von Rückwanderung auf die Regionalentwicklung im ländlichen Raum Ostdeutschlands.
Aufgrund der demographischen Entwicklung zeichnet
sich hier ab, dass der Fachkräftemangel ein zunehmendes Problem für die wirtschaftliche Entwicklung darstellen wird. Insofern ist ein ergänzender Blick auf die
Arbeitsorte der Rückkehrer sinnvoll. In den Regionen
mit hohen Rückkehrraten ist der Anteil der „Auspendler“
an den Rückkehrern vergleichsweise hoch. Auspendler
sind Arbeitskräfte, die ihren Wohnsitz zurück an ihren
Herkunftsort verlegt haben, aber weiterhin zur Arbeitsstätte in den alten Bundesländern pendeln. Im Hinblick
auf den zunehmenden Fachkräftemangel in den neuen
Bundesländern ist von ihnen nur begrenztes Potenzial
für die Regionalentwicklung zu erwarten.
20
Zum Nachlesen
Nadler, Robert; Wesling, Mirko (2013): Zunehmende Rückwanderung von Arbeitskräften nach Ostdeutschland. In:
Nationalatlas aktuell/ 7 (13.12.2013) 11. - 7 (13.12.2013) 11
[http://aktuell.nationalatlas.de/rueckwanderung-11_122013-0-html/]
Dr. Robert Nadler ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am LeibnizInstitut für Länderkunde (IfL).
Kontakt:
Robert Nadler
 0341 60055-140
[email protected]
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THEMA
Migration und Diversität als urbane
Ressource
I
n diesem Artikel werde ich die vorherrschenden urbanen Mythen über Migration und Diversität radikal
infrage stellen und versuchen, neue Blicke zu eröffnen.
Im Gegensatz zu einem nationalen Ordnungsdenken,
das auf Eindeutigkeit und Homogenität beharrt, wird
hier eine andere Perspektive eingenommen: Die „Stadt
ist Migration“. Diese Grundidee werde ich nachfolgend
entfalten.
Statt einer systematischen Abhandlung geht es mir
hier um unterschiedliche Perspektiven, Ideen und
Visionen, die Migration, Urbanität und Diversität zum
Ausgangspunkt des Denkens wählen und nicht als isoliertes Objekt der Forschung. Deswegen steht hier keine
Analyse des Verhältnisses von sogenannten Mehrheiten,
Minderheiten oder Migranten im Fokus. Solche Gegensätze schaffen ihre eigene Normalität bzw. ihren eigenen
Referenzrahmen und werden der Vielheit des urbanen
Zusammenlebens und ihrer Widersprüchlichkeit nicht
ansatzweise gerecht. Wenn man wie ich Migration, Urbanität und Diversität zum Ausgangspunkt des Denkens
machen will, erfordert dies eine neue Art und Weise
des Herangehens.
Migration und Stadt: eine Frage der Perspektive
Auf welche Weise der Zusammenhang zwischen Stadt
und Migration diskutiert und beschrieben wird, hängt
von der Art und Weise ab, wie das Phänomen beobachtet und von welchen Prämissen ausgegangen wird.
Oft sind die weiteren Erzählungen davon abhängig,
wie und welche Fragen gestellt werden. Die Art der
Fragestellung spielt also für unsere Beobachtungen und
Analysen stets eine wesentliche Rolle. Mit ihr legen
wir fest, was wir sehen – und was wir übersehen. Denn
Sehen und Wahrnehmen sind keine passiven, sondern
aktive Handlungen.
Man kann Migration aus der Perspektive der Sesshaftigkeit als eine problematische Randerscheinung
kommunizieren oder, im Gegensatz dazu, als einen
integralen Bestandteil urbaner Entwicklungen, womit
Stadtgeschichten als Migrationsgeschichten in den
Mittelpunkt rücken.
Zwar wird Mobilität allseits als Erfordernis unserer globalisierten Welt beschworen, transnationaler Migration
bzw. Zuwanderung wird aber weiterhin mit Argwohn
und Ablehnung begegnet. Nahezu unreflektiert erstreckt sich dieser Blick auch auf Stadtviertel oder Straßenzüge, die sichtbar von Migration geprägt sind, wo
inzwischen die Nachkommen von Zuwanderern bereits
in der dritten Generation leben und arbeiten. Schnell
werden solche Quartiere als Problemviertel abgetan,
geraten langfristig in Verruf. Das führt schließlich dazu,
dass die Bedeutung von Migration für Städte aus dem
Blick gerät und die Potenziale, die solche Stadtviertel für
urbanes Leben bieten, übersehen werden.
Die Gegenwart der Geschichte
Wer heute die Zeitung aufschlägt, braucht nicht lange
zu suchen, bis er den ersten Bericht über Integrationsprobleme von Migranten findet. Migrationsgeprägte
Viertel – manchmal sind es nur einzelne Straßenzüge
– geraten pauschal ins Gerede. Sie werden vielfach als
„Parallelgesellschaften“ abgewertet und zum Symbol
einer verfehlten Migration und Integration stilisiert.
Dadurch werden sie regelmäßig stigmatisiert. Das
Leben in diesen Quartieren gilt als Entgleisung, wird
durch negative Abweichung von der Mehrheitsgesellschaft bzw. von der Mittelschicht charakterisiert. Die
Begriffe „Mehrheitsgesellschaft“ oder „Mittelschicht“
bezeichnen dabei eine nicht weiter definierte implizite
Norm. Aus dieser Sicht erscheinen migrationsgeprägte
Stadtviertel „als Horte versammelter Regellosigkeit,
Abweichung und Anomie“, wie Loic Wacquant in Bezug auf die öffentliche Repräsentation amerikanischer
Ghettos festgestellt hat (1998: 21).
Eine solche Haltung versperrt jedoch den Blick auf die
gesellschaftsverändernde Kraft von Migrationsbewegungen und deren innovatives Potenzial. Es fällt jedenfalls auf, dass der konstitutive Beitrag von Migrationsbewegungen im öffentlichen Gedächtnis kaum existiert.
Dieser Umgang produziert und reproduziert ein gesellschaftliches Rezeptwissen, das als Wegweiser der
Wahrnehmung fungiert und auf dem weitere Beobachtungen basieren.
Kontrapunktischer Blick
Zur Charakterisierung gegenwärtiger Städte benutze ich
die Metapher „Die Öffnung der Orte zur Welt“. Damit
meine ich, dass wir in unserem Alltag ständig mit unterschiedlichen und widersprüchlichen Elementen zu
tun haben, die in einem weltweiten Kommunikationszusammenhang stehen. Weltweite Bezüge gehören zur
Alltagsnormalität. Es ist jedenfalls nicht mehr möglich,
die durch die Öffnung der Orte zur Welt entstandene
Diversität und Vielschichtigkeit zu einem einheitlichen
Gebilde zusammenzufügen. Diese durch Diversität
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THEMA
geprägten Lebenswirklichkeiten gleichen dem, was
Edward Said (1990) „atonales Ensemble“ nannte: Die
urbane Realität kann am besten charakterisiert werden
durch radikale Vielheit, Mehrdeutigkeit, Ambivalenz
und Widersprüche.
Menschen sind in der globalisierten Welt grundsätzlich mobil, Bewegung wird aus unterschiedlichsten
Motiven zum Lebensentwurf, ob für eine gewisse Zeit
oder dauerhaft. In der Gegenwart erfahren Phänomene
wie Sesshaftigkeit und Mobilität einen Wandel. Jede
dritte Lebensgeschichte in Großstädten ist mittlerweile
eine von Migration geprägte. Lokale Geschichten sind
heutzutage immer eingebettet in weltweite Zusammenhänge. Infolge geografischer Mobilität haben fast alle
Menschen Verwandte oder Bekannte in verschiedenen
Ländern, ihre Biografien weisen weltweite Bezüge auf,
was als eine Art alltäglicher Kosmopolitismus bezeichnet
werden kann.
Stadt ist Migration
In der Geschichte haben gerade grenzüberschreitende
Migrationsbewegungen, die die Großstädte im Zuge der
Industrialisierung von Anbeginn an prägten, wesentlich
zu Stadtentwicklung und Urbanität und damit zur Kosmopolitisierung unseres Alltags beigetragen. Im Grunde
sind Stadtentwicklung und Urbanität ohne die geografische Mobilität von Menschen kaum vorstellbar (vgl.
Yildiz 2013; Yildiz/Mattausch 2009). Sozialhistorische
Studien legen nahe, dass Sesshaftigkeit über mehrere
Generationen ein Mythos ist. Mobilitätserfahrungen
und die damit verbundene Diversität haben das urbane Leben immer geprägt (siehe exemplarisch Yildiz/
Mattausch 2009).
Gerade Köln ist ein gutes Beispiel dafür, wie Migration vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg die Städte
geprägt und eine große Vielfalt hervorgebracht hat.
Ohne diese Vielfalt wäre Köln heute kaum vorstellbar.
Auch in den einzelnen Stadtteilen haben Migrationsbewegungen ihre Spuren hinterlassen und wesentlich
zur Kosmopolitisierung und Pluralisierung und damit
auch zur Lebensqualität beigetragen. Aus historischethnografischer Perspektive beschreibt Erwin Orywal
(2007) die Kölner Migrationsgeschichte, die Sozialgefüge und Alltagskultur der Stadt ständig gewandelt
und eine Diversität hervorgebracht hat, die durchaus
als Ergebnis einer zweitausendjährigen Zuwanderung
angesehen werden kann.
Köln bezeichnet sich gern als die nördlichste Stadt
Italiens. Tatsächlich finden sich im Stadtbild, in den
Geschäftsstrukturen und im Straßenleben zahlreiche
Hinweise auf den mediterranen Einfluss. Viele Beispiele
zeigen, wie erfolgreich die Einwanderer trotz restriktiver
Bedingungen und struktureller Barrieren waren. Allein
angesichts der Tatsache, dass unter den Migranten die
Arbeitslosigkeit doppelt so hoch und die allgemeine
Qualifikation nur halb so hoch ist, stellen migrations-
22
geprägte Stadtteile oder Straßenzüge in Köln eine Erfolgsgeschichte dar. Sie zeigen, dass Einwanderer auch
unter extrem ungünstigen Bedingungen einen hohen
Integrationswillen besitzen und neue Kompetenzen
entwickeln.
Postmigrantische Urbanität
Die Kinder und Enkelkinder der Gastarbeitergeneration formulieren neue Perspektiven und beginnen,
ihre eigenen Geschichten zu erzählen. Darin setzen
sie sich sowohl mit der Migrationsgeschichte ihrer
Eltern und Großeltern als auch mit ihren eigenen Lebensbedingungen auseinander. Sie entwickeln neue
Lebensentwürfe und Strategien zur gesellschaftlichen
Verortung und fügen unterschiedliche Elemente zu hybriden Lebensentwürfen zusammen. Das Ergebnis sind
kulturelle Überschneidungen, Irritationen, Grenz- und
Zwischenräume sowie simultane Zugehörigkeiten. Sie
sehen sich als Kölner, Berliner oder Wiener, entwickeln
eine provokante „Kanakenkultur“ oder „Tschuschenkultur“ und schaffen auf diese Weise urbane Räume,
die beschränkten Vorstellungen über Migration und
Integration entgegenstehen. Dieses neue Verständnis
und die Strukturen, die daraus hervorgehen, könnte
man als „postmigrantisch“ bezeichnen (vgl. Yildiz 2010).
Eine postmigrantische Perspektive entwirft z. B. der in
München aufgewachsene Autor und Schauspieler Emre
Akal in seinem Theaterstück „Die Schafspelzratten“, das
auf zahlreichen Gesprächen mit Immigranten der ersten, zweiten und dritten Generation basiert. Aus diesen
Gesprächen und seinen Erfahrungen als Kind türkischer
Einwanderer entwickelte er die Figuren und die Sprache
des Theaterstückes. Hier werden widersprüchliche Geschichten zwischen Generationen sichtbar, die bewusst
Authentizität und Eindeutigkeit infrage stellen und festgefahrene Wahrnehmungsmuster wie „Migranten“ und
„Einheimische“ durcheinanderbringen.
Interessant ist auch der Versuch, die Stigmatisierung
von Migrantenvierteln als ökonomische Ressource nutzbar zu machen. Halit Özet, der im Duisburger Stadtteil
Marxloh, genannt „Klein-Istanbul“, aufwuchs, nennt
diesen Stadtteil eine „kreative Parallelgesellschaft“. Im
negativen Image des Stadtviertels sieht Halit, der mit einem Kollegen eine Film- und Fernsehproduktionsfirma
in Marxloh gegründet hat, viele schöpferische Potenziale. Ethnische Klischees und Stigmatisierung sollen als
Chance und Geschäftsidee genutzt werden. Marxloh
wird als Marke inszeniert. Halit Özet ist stolz darauf, ein
Marxloher zu sein. Er sei eben „Made in Marxloh“, so
wie es auf dem Logo steht, das er und seine Freunde als
Button tragen – ein Zeichen ihrer symbolischen Identität.
Dabei handelt es sich um eine kreative, ironische und
subversive Nutzung zugeschriebener Merkmale.
Auch der Name „Kanak Attack“ – ein loses Bündnis
postmigrantischer Jugendlicher und Heranwachsender
in Deutschland, eine Art soziale Bewegung – bezeichnet
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THEMA
eine solche subversive Umwendung, die aus der hegemonialen Zuschreibung „Kanake“ mittels ironischer
Umdeutung eine positive Selbstdefinition macht: Auf
diese Weise werden Räume des Widerstands gegen
eine hegemoniale Normalisierungspraxis und gegen die
„Kanakisierung“ bestimmter Gruppen geschaffen. Der
Widerstand besteht in einer kreativen Auseinandersetzung mit dem vorherrschenden Wissen der Dominanzgesellschaft, in der Absicht, dieses zu dekonstruieren.
Was die Umkehrung negativer Zuschreibungen und
deren ironische Umdeutung betrifft, spricht Stuart
Hall von „Transkodierung“. Nach seiner Überzeugung
können Bedeutungen niemals endgültig festgelegt
und kontrolliert werden. Transkodierung meint die
Aneignung und Re-Interpretation, kurz die Umdeutung
bestehender Begriffe und Wissensinhalte (vgl. Hall 1994:
158). In den von mir aufgeführten Beispielen werden
Stereotype ironisch inszeniert und binäre Gegensätze
auf den Kopf gestellt, indem der marginalisierte Begriff
privilegiert wird, um durch positive Identifikation negative Klischees auszuräumen.
Durch solche Verortungspraktiken werden mehrdeutige, mehrheimische lokale Räume geschaffen, in denen
unterschiedliche Traditionen, Kulturen, Erinnerungen
und Erfahrungen kombiniert und kultiviert werden.
Das „Leben zwischen unterschiedlichen Kulturen und
Welten“ wird nicht als „Identitätsdefekt“ oder schizophrene Situation betrachtet, sondern positiv in Szene
gesetzt (vgl. Yildiz 2015). Gerade die Fähigkeit, zwischen
oder in unterschiedlichen Welten denken und handeln
zu können, macht die besondere Kompetenz in der
weltoffenen Stadt, besser gesagt, ihrer Bewohnerinnen
und Bewohner aus.
Indem die Nachkommen der Zuwandererinnen und
Zuwanderer ihre Migrationsgeschichte neu erzählen,
neue Perspektiven aufzeigen, sich mit den Lebensbedingungen vor Ort auseinandersetzen und negative
Zuschreibungen subversiv und ironisch umdeuten,
schaffen sie ihre eigenen urbanen Räume, Transtopien,
in denen unterschiedliche, widersprüchliche, mehrdeutige, lokale wie grenzüberschreitende Elemente miteinander verknüpft werden und sich zu urbanen Strukturen
und Kommunikationsformen verdichten. Transtopien
sind Orte des Übergangs, an denen marginalisierte
Akteure und Wissensarten ins Zentrum der Betrachtung
rücken und privilegiert, zum Teil auch kultiviert werden.
Es sind Orte, an denen herrschende Normen infrage
gestellt und eine andere urbane Selbstverständlichkeit
erzeugt wird. Transtopien können im übertragenen Sinn
Denkräume, virtuelle Räume und postmigrantische
Lebensentwürfe bezeichnen.
Globalisierung als urbaner Alltag
Urbaner Wandel durch Migration bedeutet, sich vom
„methodologischen Nationalismus“ (Beck 2004: 51) zu
distanzieren, das hegemoniale Diktat der Sesshaftigkeit infrage zu stellen, an urbanen Welten anzusetzen
und die (Post-)Migranten als Experten ihrer eigenen
Lebenspraxis zu betrachten.
Die neuen Verortungspraktiken im urbanen Alltag
können mit einem „methodologischen Kosmopolitismus“ (Beck 2004: 125) sichtbar gemacht und analysiert
werden. Hier geht es um eine urbane Bewegung, die
Regionen, Kulturen, Lebensformen und Lebensentwürfe, die räumlich wie zeitlich voneinander entfernt sind,
auf lokaler Ebene zusammenbringt und miteinander
verknüpft. Dabei entstehen Transtopien, die unterschiedlich gelagerte, weltweit gespannte gesellschaftliche Elemente in die lokale Alltagspraxis übersetzen. Aus
dem kosmopolitischen Blick sind (post-)migrantische
Wirklichkeiten ein konstitutiver Bestandteil urbanen
Lebens und machen Globalisierungsprozesse zum
urbanen Alltag.
Literatur
Beck, Ulrich (2004): Der kosmopolitische Blick oder: Krieg ist
Frieden. Frankfurt a. M.
Hall, Stuart (1994): Das Spektakel des ‚Anderen’. In: Hall, Stuart:
Ideologie, Identität, Repräsentation. Ausgewählte Schriften
4. Hamburg, S. 108-166.
Orywal, Erwin (2007): Kölner Stammbaum. Zeitreise durch
2000 Jahre Migrationsgeschichte. Köln.
Said, Edward (1990): Figures, Configuations, Transfigurations.
In: Race & Class, Nr. 1, S. 16–22.
Wacquant, Loic J. D. (1998): Drei irreführende Prämissen bei
der Untersuchung der amerikanischen Ghettos. In: Heitmeyer, Wilhelm/Dollase, Rainer/Backes, Otto (Hrsg.): Die
Krise der Städte. Frankfurt a. M., S. 194-210.
Yildiz, Erol (2015): Postmigrantische Perspektiven. Aufbruch
in eine neue Geschichtlichkeit. In: Yildiz, Erol; Hill, Marc
(Hrsg.): Nach der Migration. Postmigrantische Perspektiven
jenseits der Parallelgesellschaft. Bielefeld, S. 19-36.
Yildiz, Erol (2013): Die weltoffene Stadt. Wie Migration Globalisierung zum urbanen Alltag macht. Bielefeld.
Yildiz, Erol (2010): Die Öffnung der Orte zur Welt und postmigrantische Lebensentwürfe. In: SWS-Rundschau (50. Jg.)
Heft 3/2010, S. 318-339.
Yildiz, Erol; Mattausch, Birgit (Hrsg.) (2009): Urban Recycling.
Migration als Großstadt-Ressource. Basel/Boston/Berlin.
Erol Yildiz ist Professor für Erziehungswissenschaft an der Universität Innsbruck. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den
Bereichen Migration und Bildung.
Kontakt:
Erol Yildiz  0043 512 507 40042
[email protected]
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THEMA
Migration und Mobilität als
Ansatzpunkte städtischer
Regenerierung
S
tadtentwicklung in Deutschland1 hat sich lange
an einigen wenigen Stereotypen im Umgang mit
„Migration und Mobilität“ orientiert. Migration und
Migranten wurden bis weit in die Nachkriegszeit hinein
vornehmlich als „Problem“ rezipiert und Migranten in
die städtische Planung in der Regel in einer defizitorientierten Perspektive einbezogen. Heute nun rücken
durch die Zuspitzung der Flüchtlingssituation in den
Kommunen – auf den ersten Blick schlagartig – Migranten ins Zentrum der medialen Öffentlichkeit. Die
heutige Situation in den Städten ist jedoch historisch
nicht vergleichbar – auch wenn dies gelegentlich durch
demographische, d. h. rein zahlenmäßige Argumente
suggeriert wird.
Dieser Beitrag arbeitet am Beispiel von Berlin zwei
Argumentationslinien zur Bedeutung von Migration und
Mobilität für die Stadtentwicklung heraus: Erstens lässt
sich insbesondere im Deutschland der Nachkriegszeit
das Bedürfnis erkennen, Migranten und Migration als
randständig zu sehen (= urbane Marginalität) und so unbewusst dem seit der Nazizeit bestehenden Denkmuster einer anzustrebenden homogenen Bevölkerungszusammensetzung nachzukommen. Beschrieben wird der
Übergang zu etwas, das sich eher als „marginale Urbanität“ darstellt, d. h. eine starke Präsenz und Bedeutung
von Migration und Migranten für die Stadtentwicklung
seit den späten 1990er Jahren, sowie eine veränderte
Wahrnehmung dessen, was man als städtisches Gewebe
bezeichnen könnte. Eine neue Bevölkerungszusammensetzung wurde Teil von „Urbanität“, denn fast alle
Großstädte waren durch Zuwanderung geprägt. Der
beruflichen Selbstständigkeit von Migrantinnen und Migranten sowie den langjährigen Bottom-up-Aktivitäten
unterschiedlichster Akteure fiel in dieser städtischen
Transformation eine Schlüsselrolle zu – was jedoch lange
an der Wahrnehmung durch die Mehrheitsgesellschaft
vorbeiging (= marginale Urbanität).
Der zweite Argumentationsstrang richtet sich auf die
Transformation und Regenerierung von Städten, wie
sie aktuell durch neue, in der Regel kurzfristige bzw.
1
Dieser Beitrag bezieht sich auf das Verhältnis von Stadt und
Migration, wie es sich für die Bundesrepublik Deutschland und
insbesondere für Westberlin nachzeichnen lässt. Die sehr anders
gelagerte Migrationsgeschichte der DDR bleibt in diesem Beitrag
leider außen vor.
24
transitäre Formen der Mobilität vorangetrieben wird.
Zu dieser Gruppe gehören die hochmobilen Mittelschichten, multilokal lebende Menschen mit ihren Teilbedürfnissen und auch Touristen, die das Stadtgebiet
als einen einzigen großen Konsumraum betrachten.
Neuerdings stellen die transitären Flüchtlingscamps
eine zusätzliche Herausforderung für die Stadtplanung
dar, die – je nachdem, wie fragil das Stadtgefüge an sich
ist – zu einer Bestärkung bestehender Nachbarschaften
und Gemeinden führen oder ihr Gegenteil, Konflikt
und Zerstörung, befördern können. Besonders diese
neuen Mobilitäten machen deutlich, dass große Teile
der Stadtentwicklung zwar lokal stattfinden, sich mittlerweile jedoch in ein nationales, internationales bzw.
globales Set an Einflussgrößen einpassen müssen. Was
also als „Diversität“ daherkommt, ist im Grunde ein
Ensemble von Mobilitäten unterschiedlichster Selektivität (wer kommt?), Reichweite (von wo und wohin?),
Frequenzen (wie oft?) und Ressourcen (verschiedene
Kapitalien), die völlig heterogen im Stadtraum agieren
(können) und auf die Stadtplanungspraxis mit unterschiedlichen Instrumenten auf verschiedenen Handlungsebenen und durch Einbindung unterschiedlicher
Akteure Einfluss nehmen kann.
Nachkriegsdeutschland: Migranten
und Migration am Rande
Westdeutschland, das mit dem Wirtschaftsaufschwung
seit den 1960er Jahren massenhaft Arbeitskräfte aus
Südeuropa, teilweise auch aus Nordafrika, angeworben hatte, bewegte sich mit den Vorstellungen darüber, wie der Umgang mit diesen Arbeitern sein sollte,
auf lang erprobtem Terrain: Die anfänglich genutzte
Bezeichnung des „Fremdarbeiters“ wurde durch den
„Gastarbeiter“ ersetzt, die gedanklichen Konstruktionen, wie sich die Hinzugeholten in den meist städtisch
geprägten Ankunftsorten einfügen sollten, änderten sich
kaum. Im Nationalsozialismus hatte die Idee, dass ein
homogenes (d. h. einer möglichst ähnlichen physiologischen Abstammung entspringendes) „Volk“ besonders
wertvoll sei, die Vertreibung und Ermordung von Millionen Menschen legitimiert. So war „Migration“ in der
deutschen Wissenschaft bis lange in die Nachkriegszeit
hinein kaum ein Thema. Die wesentlichen Arbeiten
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zur Migrationsthematik fanden bei Robert Ezra Park in
Chicago statt. In den USA entstand erstmals Literatur
über Wanderarbeiter, über ethnische Segregation in
Städten, über Transnationalismus, über das Wechselspiel zwischen einer weißen Mehrheitsgesellschaft und
den „Schwarzen“.
Mit dem auf die Ölpreiskrise erfolgenden Wirtschaftsabschwung und dem Anwerbestopp 1973 wurde der
Familiennachzug ermöglicht. Die Gastarbeiter zogen
aus den Wohnheimen aus und nach und nach in billige, fabriknahe Wohnungen oder in Sanierungsgebiete
in der Innenstadt, in einigen Stadtteilen entstanden
„Einwandererkolonien“. In Berlin entstanden sie jeweils
da, wo Investoren auf den Verfall von Mietshäusern warteten oder wo Planungsunsicherheiten bestanden. Die
sichtbarsten Zeichen der Einwanderung im Stadtraum
waren die ersten Läden und, hier und da, die ersten
Moscheen in den Hinterhöfen. Auch wurden allmählich
die ersten Probleme sichtbar, die sich vor allem bei den
Einwandererkindern als „Integrationsprobleme“ äußerten. Die Konzepte, die die Sozialwissenschaftler für die
Erklärung dieser Veränderung heranzogen, entstammten dem US-amerikanischen Vokabular, unabhängig
davon, ob sich diese auf die bundesdeutsche Zuwanderungsrealität übertragen ließen. Was fehlte, war eine
Reflexion der weiterhin bestehenden Vorstellung einer
„natürlichen“ homogenen Gesellschaft. Es war klar,
dass es eine Mehrheitskultur gab. Eine erste institutionalisierte Anerkennung der veränderten städtischen
Realitäten erfolgte nach langen Aushandlungen 1981
durch die damalige Ausländerbeauftragte des Berliner
Senats, Barbara John.
Weg vom Rand, in die Gesellschaft
hinein, doch wer merkt’s?
Der mit dem ökonomischen Strukturwandel entstandene Sockel struktureller Arbeitslosigkeit unter den
ehemals angeworbenen Industriearbeitern führte in den
Folgejahren zu einer starken Präsenz von Migrantinnen
und Migranten in bereits degradierten Stadtgebieten.
Die Wahrnehmung der „Ausländer“ durch die Öffentlichkeit, Planung und Sozialreformer blieb auf die
defizitorientierte Seite der Migration gerichtet – sprichwörtlich an den „Rändern der Städte“ angesiedelt. Auch
hier griffen die Sozialwissenschaftler bei der Analyse und
Interpretation der Veränderungen auf angelsächsische
Konzepte zurück, sie rekurrierten u. a. auf Wacquandts
„urban marginality“. Richtige Enklaven, so wie etwa
Chinatown in New York City, waren für deutsche Städte
© F. Hillmann
In Westdeutschland schrumpften die herbeigeholten
Arbeitskräfte in der öffentlichen Wahrnehmung auf
ihre Funktion als Arbeitskräfte, sie selbst sahen sich
höchstwahrscheinlich auch nicht als Teil einer städtischen Wirklichkeit. Politisch war ihre Integration auf
Widerruf gestellt.
Straßenszene in Chinatown, New York City, 2014
undenkbar. Die deutschen Stadtsoziologen sprachen
von einer zunehmenden sozialräumlichen Polarisierung
der Städte, sie forderten neue planerische Instrumente, die dann über Planungsinstrumente wie etwa das
„Quartiersmanagement“ umgesetzt wurden. Sie griffen
damit auf, was erstmals durch die IBA (Internationale
Bauausstellung) 1987 in Berlin erprobt worden war, bei
der Migranten aktiv in Stadtentwicklungsmaßnahmen
einbezogen wurden. Im isolierten Kreuzberg, im Windschatten der Stadt, experimentierten Sozialarbeiter,
Künstler und Institutionen schon lange mit pragmatischen Hilfestellungen für die migrantische Bevölkerung.
Die Stadtpolitik bemühte sich immer deutlicher um eine
Einbindung von Migrantinnen und Migranten in die kulturellen, zivilgesellschaftlich organisierten Aktivitäten.
Veranstaltungen, Paraden und Karnevals, die von einer
gewissen Exotik lebten, wurden selbstverständlicher
Teil von Stadtentwicklungspolitiken zur Regenerierung.
Auch wenn die Bundesrepublik Deutschland nach der
Wiedervereinigung ihrem politischen Motto „kein Einwanderungsland zu sein“ treu blieb, so war doch auf
kommunaler und lokaler Ebene die Migrations- und
Integrationsthematik de facto ins Zentrum vieler Stadtentwicklungspolitiken gerückt.
Der Übergang in postindustrielle Arbeitsmärkte verändert die Stadt für alle
Angesichts der massiven Veränderungen durch
den strukturellen Wandel in den Städten und der
damit einhergehenden stärkeren Polarisierung
und Ausdifferenzierung insgesamt, kamen insbesondere auch Migrantinnen und Migranten unter
Druck. Die wachsende berufliche Selbstständigkeit
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der migrantischen Bevölkerung war eine mögliche
Reaktion auf die für sie besonders schwierigen
Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt. Gleichzeitig
resultierte diese Selbstständigkeit aus der generellen
Tendenz zu atypischen Beschäftigungsverhältnissen
(mehr Befristungen, mehr Teilzeit, mehr 400-EuroJobs) und einem zerklüfteten Arbeitsmarkt mit neuen
Anforderungen an die arbeitende Bevölkerung. Die
Dynamik dieser Entwicklung und ihre Bedeutsamkeit
für die Stadtentwicklung insgesamt erschließt sich sofort, wenn man die Gewerbemeldestatistik betrachtet.
Schon die Daten für 2013 zeigten, dass sich die Zahl
der Gewerbeanmeldungen seit 2005 in allen Bundesländern um etwa ein Viertel erhöht hatte und dass die
Meldungen von „Ausländern“ (= ohne deutsche Staatsangehörigkeit) in einigen Bundesländern die Mehrheit
darstellten. Dies traf auf Berlin, Bremen, Hamburg und
Hessen zu. Während die Gewerbemeldungen der
„Deutschen“ zurückgingen, stiegen die Meldungen
der „Ausländer“. Bei den Abmeldungen verhielt es sich
umgekehrt: Deutsche Staatsbürger meldeten seltener
ab, „Ausländer“ häufiger. Für Deutschland lässt sich
auch eine Zunahme der Überschuldungen aufgrund
gescheiterter Selbstständigkeit feststellen. Trotz dieser
zunehmenden Gewerbeanmeldungen von Migrantinnen und Migranten ist in der mental map Vieler die
migrantische Selbstständigkeit bis heute immer noch auf
den Gemüseladen an der Ecke beschränkt – was nicht
stimmt und damit zusammenhängt, dass man die vielen
migrantischen Unternehmerinnen und Unternehmer,
die Teil einer städtischen Dienstleistungsgesellschaft
sind, viel weniger im Stadtraum wahrnehmen kann.
Neueste Zahlen (2015) zeigen, dass die Zahl der Gewerbeanmeldungen für Berlin für die deutsche Bevölkerung
mit 41 % in der Minderzahl ist.
© F. Hillmann
Trotz massiver Schwierigkeiten und hoher Fluktuation
wurde das migrantische Unternehmertum in vielen
Städten fester Bestandteil der Urbanität, hier verstanden
Von Migranten betriebenes Kleingewerbe, Berlin, 2012
26
als urbane Lebensweise. Viele Unternehmerinnen und
Unternehmer sind äußerst erfolgreich. Sie sind aber
noch mehr: Sie sind Ansprechpartner für Institutionen
und tragen insgesamt zu einer Stabilisierung der Stadtteile bei. Viele wirken wie ein Scharnier zwischen den
Institutionen und den communities. Massenveranstaltungen wie der „Karneval der Kulturen“ locken Millionen
von Menschen auf die Straße. Die Besonderheit liegt auf
der symbolischen Ebene: Die Stadt ist jetzt gelegentlich
auch eine Bühne für das „Migrantische“, das wiederum
zu einem asset der Stadtentwicklung mutierte, wie sich
an internationalen Beispielen mühelos zeigen lässt.
Dieses Paradox, einerseits die zentrale Position der migrantischen Bevölkerung in den Städten und ihr Beitrag
zu der dort empfundenen Urbanität und andererseits
die weiter bestehende Wahrnehmung der Migrantinnen und Migranten in großen Teile der Gesellschaft als
randständig, wird hier mit dem Begriff der „marginalen
Urbanität“ gefasst.
Angesichts des hohen Anteils der Stadtbewohner
mit Migrationshintergrund an der Stadtbevölkerung –
im Berliner Bereich Friedrichshain-Kreuzberg z. B. lag
dieser im Jahr 2014 bei 38,6 % – ist eine Abkehr von
einer ausgrenzenden Sichtweise dringend geboten. Es
stellt sich vielmehr die Frage, welche Mehrheiten sich
über welche Anliegen bezüglich der Stadtentwicklung
verständigen können und wie insgesamt benachteiligte
Gruppen stärker an der Stadtgesellschaft partizipieren
können. In Kreuzberg steht mittlerweile ein migrantisch
geführter Supermarkt, Bizim Bakkal, im Zentrum eines
Protestes gegen Gentrifizierung – was den beschriebenen gesellschaftlichen Wandel deutlich macht. Die
migrantischen Unternehmer sind nicht nur geduldet,
sondern erwünscht, sie werden als selbstverständlicher
Teil des städtischen Lebens betrachtet.
Und all die anderen: Hochqualifizierte
Mittelschichten, Investoren, Multilokale
und Flüchtlinge
Großstädte wie Berlin erfahren weitere Veränderungen durch kurzfristige Mobilitäten, wie sie durch neue
Wohnformen wie Multilokalität oder die Umnutzung
von Wohnbestand zu Ferienwohnungen oder etwa
Eigentumswohnungen gegeben ist. Die in diesen Wohnungen lebenden Bewohner fragen nur eine temporäre
Wohnfunktion nach, an einer sozialen Einbindung oder
an nachbarschaftlichem Engagement sind sie selten
interessiert. Anstelle von Nachbarschaften entstehen
Verwertungsgemeinschaften zur gezielten Nutzung
ausgewählter Dienstleistungen. Man kann diese Transformation im semi-öffentlichen Raum auch an Orten
beobachten, die von vielen Touristen besucht werden
– zum Leidwesen der langansässigen Stadtbewohner.
Die Stadt wird von diesen kurzfristigen Bewohnern wie
ein großer Konsumraum behandelt und das Verantwortungsgefühl für die Wohnumgebung ist zwangsläufig
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THEMA
Das transitäre Flüchtlingscamp am Oranienplatz, Berlin, 2013
gering. Einige von ausländischen Investoren geführten
Wohnimmobilien sind Spekulationsobjekte und stehen monatelang leer. Manchmal gibt es kurzfristige
Benutzer, die z. B. für einen Klinikaufenthalt kommen
und die durch ihre Anwesenheit nicht dazu beitragen,
die ansässigen kleinen Läden aufrechtzuerhalten. Hinzu
kommt eine Gruppe hochmobiler und global orientierter Mittelschichten, die für ihre Arbeit genau diese
Stadt und für ihr Privatleben einen bestimmten urbanen
Lifestyle anstreben. Auch sie schlagen keine Wurzeln
in der Nachbarschaft und beteiligen sich selten an der
Stadtteilarbeit.
Eine weitere Form neuer Mobilität, die neue Anforderungen an die Städte stellt, ist die Unterbringung
und Eröffnung von Perspektiven für die massenhaft
ankommenden Flüchtlinge seit etwa einem Jahr. Diese
Situation ist für die Kommunen völlig neu, weil hier
schwierigste rechtliche Fragen mit dem Gebot der
Menschlichkeit kollidieren. Wie die Geflüchteten
langfristig in die städtischen Arbeitsmärkte eingebunden werden können, sofern sie nicht übertragbare
Qualifikationen mitbringen, das wird die nächste große
Aufgabe sein. Anders als dies bei den Flüchtlingsbewegungen nach dem Zweiten Weltkrieg der Fall war,
werden auf dem heutigen Arbeitsmarkt kaum unqualifizierte Arbeiter gebraucht. Es steht außer Frage, dass
die Städte jetzt handeln müssen, um nicht gemachte
„Integrationsfehler“ der 1990er Jahre zu wiederholen.
Doch eine Blaupause für ein kluges, weil auf Zukünftiges ausgerichtetes Planen, gibt es im Falle dieser neuen
Mobilitäten nicht. Gerade bei der Frage der Flüchtlingsintegration scheint ein Defizit vor allem in der geringen
kommunenübergreifenden Kommunikation zu liegen.
In verschiedenen Kommunen und Landkreisen sind
funktionierende Konzepte zur kurz- und mittelfristigen
Bewältigung der aktuellen Herausforderungen vorhan-
den und die spontane Hilfsbereitschaft der Bevölkerung
hat im Zeitraffer neue Modelle für geglückte Ansätze zur
Integration hervorgebracht. Was fehlt, ist eine gemeinsame Anstrengung, in Form von Systematisierung und
koordinierten Regionalkonferenzen, die das vorhandene Wissen für verschiedene Typen von Städten und
Gemeinden nutzbar machen.
Dieser kurze Überblick zeigt, dass Migrantinnen und
Migranten, überhaupt Mobilität, zukünftig ein viel
stärkerer Stellenwert für die Stadtentwicklungsplanung
beizumessen ist. Denn die städtischen Wirklichkeiten,
hier verstanden als Ensemble ökonomischer, politischer,
sozialer und kultureller Einflüsse, stehen zunehmend
unter dem Einfluss einer Vielzahl von Faktoren, die „von
außen“ auf den Stadtteil einwirken.
Wie Konzepte aussehen und wie sie gleichzeitig zur
Regenerierung von Städten beitragen könnten, ist eine
spannende Frage für die angewandte Forschung.
Prof. Dr. Felicitas Hillmann leitet am Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturforschung (IRS) die Forschungsabteilung 4 „Regenerierung von Städten“ und ist Professorin
für das Fachgebiet „Transformation städtischer Räume im
internationalen Kontext“ an der Technischen Universität Berlin.
Kontakt:
Felicitas Hillmann
 03362 793-232
[email protected]
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AUS DER ARL
Migration, Integration:
Diskussionen und Ergebnisse der
Workshops des ARL-Kongresses
W
elche Auswirkungen hat die internationale Migration auf die Raumentwicklung, insbesondere
auf stadtregionaler Ebene und in ländlichen Räumen?
Was folgt aus der räumlich sehr ungleichen Verteilung
der Migrantinnen und Migranten für die räumlichen
Entwicklungen in Ost- und Westdeutschland bzw. im
ländlichen Raum und in Metropolregionen? Welche
Chancen und Herausforderungen ergeben sich aus der
Zuwanderung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt
und die wirtschaftliche Entwicklung? Diese Fragen standen im Zentrum des Jahreskongresses der ARL am 18.
und 19. Juni 2015 in Köln. Neben den Keynote-Vorträgen
von Expertinnen und Experten aus Deutschland und
dem europäischen Ausland – einige davon finden Sie
im Themenschwerpunkt in diesem Heft (S. 6–27) – wurden diese Fragen auch intensiv in den vier Workshops
diskutiert. Die wichtigsten Ergebnisse möchten wir
nachfolgend zusammenfassen.
Migration als Chance für regionale
Arbeitsmärkte?
In Workshop 1 wurden zunächst Zahlen und Fakten
zur regionalen Verteilung von Zuwanderung in Europa
und innerhalb Deutschlands präsentiert und es wurde
diskutiert, welche Chancen daraus für die wirtschaftliche Entwicklung von Regionen erwachsen. Den Auftakt
machten Tobias Panwinkler vom Bundesinstitut für Bau-,
Stadt- und Raumforschung (BBSR) und Prof. Dr. Gerhard
Untiedt von der Gesellschaft für Finanz- und Regionalanalysen. Sie zeigten, dass Migrationsbewegungen in
der EU maßgeblich durch wirtschaftliche Faktoren (wie
z. B. Erwerbstätigenquote, Wirtschaftsleistung (BIP/
Kopf), Durchschnittseinkommen) beeinflusst werden.
Davon profitierten insbesondere wirtschaftsstarke Länder wie Deutschland und die skandinavischen Länder.
Die Verteilung der aus dem Ausland Zugezogenen
innerhalb Deutschlands sei dagegen in erster Linie von
Netzwerkeffekten und Bildungs- und Studienmöglichkeiten bestimmt, ökonomische Faktoren seien lediglich
für die Bewegungen der sogenannten Binnenwanderer
(bereits in Deutschland lebende Migranten) ausschlaggebend.
Prof. Dr. Marek Dutkowski, Universität Szczecin, und
Dr. Robert Nadler, Leibniz-Institut für Länderkunde
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(IfL), richteten anschließend den Fokus auf spezifische
Migrantengruppen: Dutkowski beschäftigte sich mit den
Beweggründen und Aufenthaltsstrategien polnischer
Migranten in Deutschland und zeigte, dass die Entscheidung zur Migration seit dem EU-Beitritt Polens vor allem
von ökonomischen Faktoren wie z. B. besserer Bezahlung, sichereren Arbeitsbedingungen und staatlichen
Sozialleistungen beeinflusst wird. Nadler sprach über
Rückwanderungsbewegungen von Ostdeutschen und
deren Auswirkungen auf die Regionalentwicklung in
Ostdeutschland. Den Hintergrund seiner Untersuchung
bilden politische Initiativen, die zur Bewältigung demografischer Probleme ihre Hoffnungen auf die Rückkehr
ehemals Abgewanderter setzen. Vor allem junge und gut
ausgebildete Fachkräfte kehrten häufiger in den Osten
zurück, laut Nadler gibt es jedoch nur wenig Wissen
über diese Wanderungen und die Beweggründe der
Rückwanderer. Das Ergebnis seines am IfL durchgeführten Forschungsprojektes „Re-Turn“: Während der Wegzug meist wirtschaftlich motiviert ist (Karrierechancen,
Einkommen etc.), sind für den Rückzug meist soziale
bzw. private Gründe ausschlaggebend, oftmals sogar
unter Inkaufnahme ökonomischer Nachteile (s. hierzu
auch den Themenbeitrag von Nadler in diesem Heft,
S. 18). Daraus hat Nadler Handlungsempfehlungen für
die Politik abgeleitet, um Rückkehrern Unterstützung
bei der Reintegration in den heimischen Arbeitsmarkt
sowie beim sozialen und kulturellen (Wieder-)Ankommen anzubieten.
Auf die Willkommenskultur kommt es an
Am zweiten Tag lag der Schwerpunkt des Workshops
auf der Seite der Aufnahmegesellschaft. Prof. Dr. Carmella Pfaffenberg, RWTH Aachen, und Prof. Dr. Claus-C.
Wiegandt, Universität Bonn, stellten zwei Forschungsprojekte zu den Maßnahmen für eine verbesserte
Willkommenskultur in den Städten Bonn, Aachen, Köln
und Essen vor. Sie zeigten, wie diese von hochqualifizierten Migrantinnen und Migranten bewertet und
angenommen werden. Dabei machten sie deutlich,
dass grundsätzlich eine kommunale Integrationspolitik
für Alle von der für Hochqualifizierte zu unterscheiden
sei (segmentierte Willkommenskultur). Als Vorbilder für
eine institutionelle Willkommenskultur in Kommunen
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AUS DER ARL
Konzentrierte Kleingruppenarbeit
nannten sie die „Relocation Center“ bei Großunternehmen und die „Welcome Center“ an Universitäten.
Auch wenn bei hochqualifizierten Migrantinnen und
Migranten der Kontakt zu Einheimischen meist auf das
direkte Arbeitsumfeld beschränkt bleibe, gelinge die
Integration vor Ort dennoch recht gut. Im Hinblick auf
die öffentliche Verwaltung kritisierten Pfaffenbach und
Wiegandt die häufig noch anzutreffende Weigerung
der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Ausländerbehörden, Englisch zu sprechen, sowie fehlende englischsprachige Formulare. Daraus entstünden nicht nur beim
Erstkontakt Probleme, sondern auch der Umgang mit
den Migrantinnen und Migranten im weiteren Verlauf
ihres Aufenthaltes werde dadurch erschwert.
Um die Willkommenskultur im ländlichen Raum
ging es im Vortrag von Lena Horlemann und David
Westenberg vom Institut für Ressourcenmanagement
in Berlin. An Beispielen aus dem MORO-Projekt zur
Fachkräftesicherung im ländlichen Raum zeigten sie,
wie Ausbildungsinitiativen für ausländische Migranten
besser regional verankert werden können. Hierzu gehöre es z. B., im Rahmen eines „one-stop government“
Verwaltungshandeln besser an die Bedürfnisse der
neuen Mitbürger anzupassen und die Arbeits- und
Integrationspolitik besser miteinander zu verzahnen.
Im Hinblick auf den ländlichen Raum konstatierten sie,
dass hier die kommunale Aufgabenübernahme oft über
die „gängige“ Willkommenskultur hinausgehe, weil die
Kommunen Aufgaben übernehmen, die in Städten von
Unternehmen wahrgenommen werden.
Können Defizite strukturschwacher Regionen also
durch Zuwanderung abgemildert werden? In der Dis-
kussion wurde dies grundsätzlich für möglich gehalten,
allerdings unter der Voraussetzung eines breiten Unterstützungsangebotes für Zuwanderer vor Ort. Allerdings
sei es angesichts der unterschiedlichen wirtschaftlichen
Entwicklungsdynamiken wahrscheinlicher, dass Migration die Disparitäten zwischen Räumen eher erhöhen
als abschwächen werde.
Aufnahme und Integration
von Flüchtlingen
Am ersten Kongresstag ging es in Workshop 2 zum
Thema „Siedlungsentwicklung“ um die Frage, wie
Kommunen der aktuellen Herausforderung begegnen, für eine stetig steigende Zahl von Flüchtlingen
Unterkünfte bereitzustellen. Um einen intensiven
Erfahrungsaustausch zu ermöglichen, wurde zunächst
in Kleingruppen gearbeitet. Prof. Dr. Birgit Glorius, TU
Chemnitz, und Veronika Lowke, Beauftragte für Asylfragen des Sächsischen Landkreistages, Dresden, stellten
die Situation in Kommunen in Sachsen vor, PD Dr. Jan
Hilligardt, Hessischer Landkreistag, Wiesbaden, erläuterte die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen
in Hessen und Dr. Ansgar Schmitz-Veltin, Statistisches
Amt der Landeshauptstadt Stuttgart, gab Einblicke in die
Aufnahmeregelungen und Probleme der Stadtregion
Stuttgart. Beim anschließenden Zusammentragen der
Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen wurde deutlich,
dass in allen drei Fallbeispielen grundsätzlich versucht
wird, Flüchtlinge dezentral und möglichst in eigenen
Wohnungen unterzubringen. Während dies in Sachsen
aufgrund des entspannten Wohnungsmarktes recht gut
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In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde von
allen vier Referentinnen und Referenten eine stärkere
Koordination zwischen den Kommunen durch die
Regionalverbände eingefordert. Die Wohnungsmärkte
müssten regional betrachtet werden, um die gegenwärtige „Einzelkämpfer-Situation“ der Kommunen bei
der Unterbringung von Flüchtlingen zu überwinden
und stattdessen gemeinsame Langfristperspektiven zu
entwickeln.
Steuerungsmöglichkeiten der Stadt- und
Regionalentwicklung
Im zweiten Teil des Workshops ging es um Veränderungen in den Migrationsformen und die Steuerungsmöglichkeiten der Stadt- und Regionalentwicklung im
Hinblick auf Integration und Segregation. Prof. Dr. Paul
Gans, Universität Mannheim, stellte hierzu zunächst die
Forschungsergebnisse des ARL-Arbeitskreises „Räumliche Auswirkungen internationaler Migration“ vor: Es
lasse sich sowohl ein Wandel in den Migrationsformen
beobachten – z. B. in Form einer zunehmenden Transnationalität, multidirektionaler Ortswechsel und häufiger
werdender multilokaler Lebensformen – als auch eine
zunehmende Diversität unter den Migrantinnen und
Migranten. Auch die räumliche Verteilung der Migrantengruppen werde komplexer. Zur Integration von
Migrantinnen und Migranten im Stadtraum sei eine
Förderung der Wohneigentumsbildung gegenüber den
weniger aussichtsreichen Versuchen einer Durchmischung nach Quoten vorzuziehen.
Anschließend präsentierten Prof. Dr. Birte Nienaber
und Ursula Roos von der Universität Luxemburg Forschungsergebnisse der Arbeitsgruppe „Internationalisierung der Gesellschaft und Auswirkungen auf die
Raumentwicklung“ der LAG Hessen/Rheinland-Pfalz/
Saarland. Am Beispiel der Wohnsituation von grenzüberschreitenden Wohnmigranten an der deutschluxemburgischen Grenze zeigten sie Gründe für einen
grenzüberschreitenden Umzug auf und gaben Handlungsempfehlungen an die räumliche Planung vor dem
Hintergrund einer zunehmenden Internationalisierung
der Gesellschaft.
Migration und gesellschaftlicher
Zusammenhalt
Welche Ansätze und Erfahrungen gibt es bei der Integration von Migrantinnen und Migranten? Wie kann der
gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt werden? Und
wie unterscheiden sich die Ausgangslagen und Integra-
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funktioniert, sieht die Situation in Stuttgart anders aus.
Hier konkurrieren Alleinerziehende, ALG-II-Empfänger
und anerkannte Flüchtlinge um zu wenige günstige
Wohnungen. Die Region ist deswegen dazu übergegangen, Systembauten zu errichten. Vor ähnlichen
Herausforderungen stehen auch Landkreise in Hessen.
v. l.: Anne Ritzinger, Geschäftsstelle der ARL,
und Dr. Peter Billing, Espon
tionsanforderungen zwischen Städten und Kommunen
des ländlichen Raumes? Um diese Fragen ging es im
Workshop 3. Zwei Rahmenvorträge erläuterten die Problemlagen überlasteter Städte und entleerter ländlicher
Regionen, um die konzeptionellen Grundlagen für eine
Planung zur Förderung der Integration in unterschiedlichen räumlichen Kontexten zu legen.
Zu Beginn verdeutlichte Dr. Gabriele Sturm, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, Bonn, die
Herausforderungen und Chancen der Zuwanderung
seit 2010 aus der Perspektive von Großstädten. Kritisch
äußerte sie sich zu der räumlichen Ungleichverteilung
von Migrantinnen und Migranten sowie zu deren Konzentration in niedrig qualifizierten Beschäftigungsverhältnissen. Gudrun Kirchhoff, ehem. Schader Stiftung,
präsentierte anschließend die Strategien ländlicher Regionen, sich interkulturell zu öffnen und die Integration
von Migranten als kommunales Politikfeld zu verankern.
In der Diskussion schieden sich die Meinungen der
Workshop-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer am Integrationsbegriff. Während die Kritiker davor warnten,
Zuwanderung allein als nützlich und bereichernd anzusehen und unter Beschönigung der gesellschaftlichen
Situation die zumeist prekären und segregierten Lebensverhältnisse der Migrantinnen und Migranten aus dem
Blick zu verlieren, stellten andere die Potenziale und
Chancen der Systemintegration in den Vordergrund.
Die Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit bilde mit der
regionalen Wirtschaftsförderung einen gemeinsamen
Aufgabenbereich, der nur durch die Vernetzung kommunaler Eliten und durch die Offenheit der Strukturen
zu bewältigen sei. Auch im Hinblick auf die Kompetenzen und die Belastbarkeit räumlicher Planung vertraten
die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unterschiedliche
Standpunkte.
Im zweiten Teil des Workshops stellte Sebastian Beck
vom Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung
(vhw) in Berlin Ziele, Analyseansatz, Methoden und
Ergebnisse des vom vhw ins Leben gerufenen Städtenetzwerkes vor. Durch Milieu- und Akteursanalysen im
Vorfeld der Beteiligung und mehrstufige deliberative
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Einen anschaulichen Einblick in ganz praktische Probleme der Integration von Zuwanderern in der Metropolregion Rhein-Neckar gab Christian Specht, Erster
Bürgermeister der Stadt Mannheim. Er zeigte am Beispiel
der Schwierigkeiten der Freiwilligen Feuerwehr bei Noteinsätzen, wie wichtig es ist, sich mit den unterschiedlichen Wertvorstellungen und Wahrnehmungen der
verschiedenen Migrantengruppen auseinanderzusetzen.
Erfahrungen im europäischen
Nachbarland
In Workshop 4 „Internationale Erfahrungen“ standen
im Ausland gewonnene Forschungserkenntnisse zu
Migrationsaspekten im Mittelpunkt. Verschiedene
Formen und Motivationen von Migration – wie der
demografische Wandel (inklusive natürlicher Bevölkerungsentwicklung), lebensstilspezifische Migration
(z. B. Zweitwohnsitze im europäischen Süden), ReMigration und Flüchtlingsströme – wurden diskutiert.
Die Beispiele wiesen sehr unterschiedliche Raumbezüge auf: Zum Teil wurden großräumige demografische
Veränderungsprozesse aufgezeigt (etwa in „Südosteuropa“), überwiegend aber wurde ein lokaler oder
quartiersbezogener, teils auf Einzelgebäude bezogener
Maßstab herangezogen. Entsprechend den verschiedenen beschriebenen Migrationsströmen kamen diverse
räumliche Aspekte wie Urban Sprawl, Entwicklung von
Kurorten, Veränderung von Immobilienwerten sowie
schließlich die Integration und die Qualität von Lagern
für Flüchtlinge zur Sprache.
Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Raumbezüge war damit korrespondierend die Diskussion aller
Handlungsebenen – von der gesamtstaatlichen bis zur
lokalen Ebene – erforderlich. Gleichwohl stellte sich
die lokale Ebene in dem Workshop als die hauptsächliche Handlungsebene heraus, auf der raumbezogene
Instrumente zum Umgang mit Migrationsprozessen zur
Anwendung kommen. Raumordnerische Wirkungen
und Instrumente spielten in der Diskussion nur eine untergeordnete Rolle, auch wenn räumliche Konsequenzen von Migration, wie der erwähnte Urban Sprawl, mit
raumplanerischen Aufgaben verknüpft sind.
Demgegenüber erhielten gesellschaftspolitische und
sozio-ökonomische Aspekte größeres Gewicht: der Umgang lokaler autochthoner Bevölkerungsgruppen mit
Migranten und Re-Migranten, die soziale Konstruktion
von Fremdenbildern oder auch die Eigenwahrnehmung
von Migranten sowie die Veränderung von Institutionen
und systemischen Bedingungen.
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Dialogverfahren sei es vielerorts gelungen, sowohl die
Prozess- und Erkenntnisqualität von lokalen Entscheidungsverfahren zu erhöhen als auch die Partizipation
von Migrantinnen und Migranten an Verfahren der
Stadtentwicklung zu stärken. Die Identifikation mit der
Aufnahmegesellschaft und der gesellschaftliche Zusammenhalt seien dadurch gestärkt worden.
Wie kann der gesellschaftliche Zusammenhalt
gestärkt werden? Christian Specht in Workshop 3
Im Ergebnis zeigte sich, dass auch die internationalen
Beispiele für Migrationsprozesse äußerst vielfältige
Formen aufweisen. Um mit Migrationsprozessen besser
umgehen zu können, so die einhellige Meinung, sei es
dringend erforderlich, die Ausprägungen der Migration
selbst, ihre räumlichen und gesellschaftspolitischen
Konsequenzen zu erfassen, zu typisieren und diesbezügliche wissenschaftliche Analysen und gesellschaftliche
Diskussionen voneinander zu unterscheiden. In diesem
Zusammenhang wurden in dem Workshop sowohl
unzureichende Datengrundlagen sowie Theoriedefizite für die empirische Sozialforschung aufgezeigt als
auch Probleme der Praxis mit der Dateninterpretation
angesprochen.
Alles in allem hat der ARL-Kongress viele interessante
und neue Perspektiven auf ein hochaktuelles Thema
eröffnet. Manche Beiträge und Thesen sind von den
rasanten Entwicklungen der letzten Monate überholt,
manche in ihren Prognosen noch übertroffen worden.
Dass die zentralen Fragen des Kongresses zur richtigen
Zeit gestellt wurden, zeigen die gegenwärtigen Ereignisse. Für ihre Beantwortung durch Politik und Gesellschaft
bleibt wenig Zeit.
Gabriele Schmidt  0511 34842-56
[email protected]
Evelyn Gustedt  0511 34842-29
[email protected]
Martina Hülz  0511 34842-28
[email protected]
Lisa Marquardt  0511 34842-61
[email protected]
Barbara Warner  0511 34842-22
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Christian Strauß  03343282338
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AUS DER ARL
Koordination und Kooperation
in ländlichen Räumen
Fachöffentliche Veranstaltung der LAG Bremen / Hamburg / Niedersachsen / Schleswig-Holstein am 4. Juni 2015 in Osnabrück
L
ändliche Räume werden geprägt durch sich gegenseitig verstärkende und überlagernde Transformationsprozesse zwischen Suburbanisierung und Peripherisierung, zwischen Entleerung und Siedlungswachstum,
zwischen Verbrachung und neuen Landnutzungskonflikten. Die Gleichzeitigkeit verschiedener Tendenzen
der Raumentwicklung ist es, die Planerinnen und Planer
vor neue Herausforderungen stellt und den ländlichen
Räumen Chancen eröffnet. Soft qualities, wie Umweltqualität, Ruhe und soziale Integrationsfähigkeit, dominieren die gesellschaftliche Wahrnehmung ländlicher
Räume und spiegeln sich im andauernden Erfolg von
Lifestyle-Magazinen (z. B. „Landlust“). Neue land- und
energiewirtschaftliche Funktionen und Eigenschaften,
so u. a. die Resilienz der ländlichen Räume im Gegensatz zur Vulnerabilität der Städte, sind immer häufiger
Themen der wissenschaftlichen Diskussion.
Die spannende Frage ist, wie ländliche Regionen durch
intelligente Wachstumsimpulse und Zusammenarbeit
gestärkt werden können. Dabei spielt die Innovationsfähigkeit ländlicher Räume eine ebenso entscheidende
Rolle wie deren Koordinations- und Kooperationsfähig-
Referenten und Vorträge
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32
Prof. Dr. Peter Weingarten (Thünen-Institut für
Ländliche Räume): Koordination raumwirksamer
Politiken – Anforderungen an die Politik für die
Entwicklung ländlicher Räume
Prof. Dr. Hans-Ulrich Jung (CIMA Institut für
Regionalwirtschaft): Regionale Innovationsstrategien in Niedersachsen – Herausforderungen
einer zukunftsorientierten Regionalpolitik für
ländliche Räume
Prof. Dr. Ingo Mose (Carl von Ossietzky Universität Oldenburg): Rural Governance in Europa
– Erfahrungen mit ausgewählten Ansätzen im
Vergleich
Horst Heinicke (Grontmij): Konkrete Projektansätze zur Sicherung der Daseinsvorsorge am
Beispiel der Region Mitte Niedersachsen
keit. Im Zentrum der fachöffentlichen Sitzung standen
deshalb Innovationsstrategien sowie effektive Steuerungsmodelle für ländliche Räume.
Innovation in ländlichen Räumen?
Das geht!
In ländlichen Räumen herrschen spezifische regionalwirtschaftliche Bedingungen (geringere Dichte von
Betrieben, geringere Marktpotenziale, Bildungsabwanderung etc.), die die Innovationsfähigkeit mindern.
Somit unterliegen insbesondere periphere und strukturschwache Regionen einer extremen Pfadabhängigkeit,
aus der es sich zu lösen gilt.
Konzentriert man sich bei der Betrachtung von Innovationen allerdings nicht nur auf Produktinnovationen, sondern schließt auch inkrementelle Prozess-,
Organisations- und Marketinginnovationen mit ein,
so sind ländliche Räume besser als ihr Ruf. Auch aufgrund geringer Forschungs- und Entwicklungsbudgets
kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) gibt es in
ländlichen Regionen Engpässe, die es zu überwinden
gilt. Die Antwort muss eine innovationsorientierte
Strukturpolitik sein, die wirtschaftliche Impulse durch
das Anstoßen von Innovationen in ländlichen Räumen
fördert. Der Schlüssel sind hochspezialisierte KMU,
die den innovationsgetriebenen Strukturwandel flexibel beschleunigen können. Die Nischen für mögliche
Spezialisierungen sind dabei vielfältig und können von
der Meerestechnik über Bioökonomie bis zu RecyclingTechnologien reichen.
Die Innovationsfähigkeit ländlicher Räume bedarf
vielfältiger Instrumente, um den speziellen Wachstumshemmnissen zu begegnen: Vor allem dem
Fachkräftemangel muss mit regionalen Fachkräftesicherungsstrategien begegnet werden. Eine besondere
Herausforderung wird zukünftig darin bestehen, junge
Leute für „ihre“ Region zu begeistern. Die Ansprache
und Bindung beginnt dabei schon in den Schulen.
Regionale Unternehmen müssen in diese Kampagnen
eingebunden und in die finanzielle Verantwortung
genommen werden. Schließlich geht es hier um die
Sicherung ihrer zukünftigen Fachkräfte.
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AUS DER ARL
Große Bedeutung kommt auch der erfolgreichen
Anbindung der Hochschulen (v. a. der Fachhochschulen) und anderer Ausbildungseinrichtungen an die
regionale Wirtschaft zu. Denn Innovation entsteht in
enger Kooperation zwischen dem Bildungssystem und
regionalen Unternehmen. Entscheidend ist hier die
starke Ausrichtung der Hochschulen auf spezifische
Probleme der ländlichen Region. Die Entwicklung sogenannter Rural Solutions stärkt die regionale Wirtschaft
und verankert die Hochschule zugleich im regionalen
Governance-Netzwerk.
Die Politik kann insbesondere durch effiziente
Governance-Strukturen zum Innovationspotenzial
einer Region beitragen. Sei es durch die Förderung
von Unternehmensnetzwerken, um fehlende Entwicklungspartnerschaften zu kompensieren, oder durch die
Schaffung neuer Finanzierungsinstrumente zur Innovationsförderung.
Governance: ein strapazierter Begriff
Europaweit ist eine starke Dynamik von RegionalGovernance-Prozessen in ländlichen Peripherien zu
erkennen. Unstrittig ist dabei, dass für die Bewältigung
der Herausforderungen dieser Regionen die erfolgreiche Ausbildung netzwerkartiger Akteurskonstellationen
unabdingbar ist. Doch trotz der steilen Karriere des
„Governance“-Begriffes gibt es noch keine verbindliche
und belastbare Definition.
Für die Ausbildung neuer Governance-Formen haben
europäische Rahmensetzungen für Strategieentwicklung und Zielformulierungen eine herausragende
Bedeutung (z. B. LEADER, INTERREG). Allerdings birgt
die starke Dominanz staatlicher Akteure auch die
Gefahr von Exklusion oder reinen Fördermittelzwecknetzwerken. Die Mehrzahl dieser Netzwerke arbeitet
thematisch bzw. problemorientiert fokussiert, was zu
einer stärkeren Einbindung der regionalen Akteure
führt. Die Erarbeitung angewandter und interessanter
Themen sowie der einfache Netzwerkzugang sind hier
von zentraler Bedeutung für die Netzwerkbildung.
Für eine erfolgreiche Arbeitsweise im Rahmen einer
Regional Governance muss vor allem eine breitere
Mobilisierung der Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft
gelingen. Hier helfen herausragende Persönlichkeiten
in Führungsrollen. Die Nachhaltigkeit von Strukturen
ist damit stark personengebunden: Ein Verlust von
Schlüsselfiguren führt immer zu einem Wissens- und
Sozialkapitalverlust. Kurzfristige Mittelzuweisungen und
Förderperioden und die damit einhergehende hohe
personelle Fluktuation in Governance-Netzwerken sind
hier eher kontraproduktiv.
Ebenso nachteilig wirken sich langwierige Koordinations- und Abstimmungsprozesse aus, die GovernanceProbleme in Deutschland verursachen. Im Zusammenhang mit der 2. Säule der gemeinsamen Agrarpolitik
entsteht unnötiger Mehraufwand durch die ausgeprägte
Mehrebenenverflechtung und die vielfach kritisierte
Kompetenzverteilung auf Agrar-, Umwelt und Regionalpolitik. So hat sich der dreistufige Strategie- und
Programmaufbau zwischen EU, Bund und Ländern in der
vergangenen Förderperiode 2007–2013 als zu komplex,
zu zeitaufwendig und für föderale Mitgliedsstaaten als
ungeeignet erwiesen. Nach Ablauf der aktuellen Förderperiode 2014–2020 sollte die Kompetenzverteilung
und ggf. Reduzierung der staatlichen Ebenen sowie eine
Verlagerung der Kompetenzen nach unten überprüft
werden.
Good Practices zur Daseinsvorsorge
Genauso wie es regionaler Innovationsstrategien zur
Entwicklung wirtschaftlicher Impulse bedarf, sind auch
regionale Strategien zur Daseinsvorsorge im ländlichen
Raum unabdingbar. Vor allem im Bereich der hausärztlichen Versorgung, der Mobilität und der Siedlungsentwicklung sind Kommunen auf Kooperationen und
Verantwortungsgemeinschaften angewiesen. Was in
diesem Fall gut funktionierende Governance-Netzwerke
leisten können, zeigen Beispiele aus der Region „Mitte
Niedersachsen“.
Die Zukunft der medizinischen Versorgung steht
insbesondere in ländlichen Räumen vor großen Veränderungen: In einer Studie der Kassenärztlichen
Vereinigung Niedersachsen sagten 54 % der Befragten,
sie würden nicht in Gemeinden mit weniger als 2.000
Einwohnern ziehen. Unabhängig vom Geschlecht
wünschen sich junge Ärztinnen und Ärzte andere
Arbeits- und Lebenszeitmodelle und eine bessere
Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Hier setzt die
Hausärztekampagne der Region „Mitte Niedersachsen“
an. Sie stellt vor allem die Lebensqualität der Region in
den Mittelpunkt und konzentriert sich auf die Aspekte
Nachhaltigkeit, Gesundheit und Entschleunigung. Für
die jeweiligen Partnerinnen und Partner werden zusätzliche interessante Angebote geschaffen. Zudem
wird die Kampagne mit der Fachkräfte-Initiative des
Landkreises Nienburg synchronisiert. Um potenzielle
Ärztinnen und Ärzte in der Region zu integrieren, wird
besonderer Wert auf die Willkommenskultur und Familienfreundlichkeit gelegt.
In dem vom Regionalmanagement Mitte Niedersachsen entwickelten Projekt Ressourcensharing wird
eine Nutzung untergenutzter (halb-)öffentlicher Fahrzeugkapazitäten (z. B. von Kommunen, Sportvereinen,
Kirchengemeinden oder der freiwilligen Feuerwehr) zur
Verbesserung der Mobilitätsangebote im Sinne eines
alternativen ÖPNV ermöglicht. Die Vermittlung der
Fahrzeugressourcen erfolgt dabei über das MobilitätsRessourcen-Management MOREMA, das sowohl das
Angebot nach Fahrzeugen und Personen, die die Fahrzeuge bedienen, als auch die Nachfrage systematisch
erfasst, verwaltet und darstellt. Der gesamte Buchungsvorgang (Benachrichtigung, Reservierung der Ressour-
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AUS DER ARL
cen und bargeldlose Abbuchung) wird automatisch
abgewickelt.
Auf die Menschen kommt es an!
Im Rahmen der fachöffentlichen Veranstaltung hat sich
gezeigt, dass sowohl klassische Top-down-Instrumente
als auch Bottom-up-Ansätze für die Entwicklung
ländlicher Räume von großer Bedeutung sind. Dabei
schließen sich strategisches Handeln (top-down) und
endogene Impulse (bottom-up) nicht aus. Denn auf
die rahmensetzenden Instrumente der Europäischen
Union sind ländliche Regionen ebenso angewiesen wie
auf herausragende Persönlichkeiten an entscheidenden
Positionen innerhalb von Governance-Netzwerken.
Entscheidend ist dabei, dass mit Impulsen so weit wie
möglich an der Basis angesetzt wird. Nur durch kurze
Wege und niedrigschwellige Angebote lassen sich Men-
schen dafür begeistern, an der Regionalentwicklung
mitzuwirken. Diese Aufgabe können die Akteure nicht
alleine leisten. Sie sind auf effiziente, innerregionale
Kooperationen und Koordinationsstrukturen angewiesen. Nicht zuletzt ist es auch die Aufgabe der ARL
am Schnittpunkt zwischen Praxis, Wissenschaft und
Politik, diese Ansätze zu diskutieren und gemeinsam
weiterzuentwickeln.
Die Präsentationen zur Tagung finden Sie unter www.
arl-net.de/projekte/lag-nordwest.
Jens Nußbaum
Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften
 05341 875 52210
[email protected]
Prof. Dr. Brigitte Wotha
Büro für Stadt- und Regionalentwicklung
 04349 914654
[email protected]
Grenzüberschreitende
Raumentwicklung Bayerns
Neue Arbeitsgruppe der Landesarbeitsgemeinschaft Bayern
E
uropaweit ist derzeit eine große Dynamik in der
grenzüberschreitenden Raumentwicklung zu beobachten. Es bilden sich neuartige Kooperationsformen
heraus, die im Hinblick auf die Raumentwicklung große
Bedeutung haben. Insbesondere die Makroregionen,
die diversen Europäischen Verbünde für territoriale
Zusammenarbeit (EVTZ) und auch eine große Anzahl
von bi- und multilateralen Institutionalisierungen ergänzen die etablierten Formen der Zusammenarbeit
wie Euregios und Interreg-Programme.
Gerade auch für die Grenzräume Bayerns ergeben
sich durch diese politische Dynamik neue Perspektiven. Dies gilt sowohl für die südlichen als auch für
die östlichen Grenzbereiche: Die sogenannte EUSALP
(Makroregionale Strategie Alpen) befindet sich derzeit
in der Konkretisierungs- und Etablierungsphase. In einem großflächigen Perimeter, der unter anderem ganz
Bayern, Österreich und weite Teile Norditaliens umfasst,
werden derzeit die Weichen für die künftige Entwicklung gestellt. Dieser Prozess ist im Zusammenhang zu
sehen sowohl mit den bisherigen Instrumenten wie dem
Alpenplan und der Alpenkonvention als auch mit der
34
aktuell anlaufenden Förderperiode der europäischen
Regionalpolitik, insbesondere Alpine Space. An der
bayerisch-tschechischen Grenze ist derzeit ebenfalls
eine vielfältige Dynamik zu beobachten: die Europaregion Donau-Moldau (EDM) befindet sich in der Etablierungsphase, bei der auch die Institutionalisierung
eines EVTZ diskutiert wird. Als Teil der sogenannten
Bayerischen Heimatstrategie wird derzeit zudem das
Entwicklungskonzept Bayern-Tschechien erstellt. Parallel werden grenzüberschreitende Ambitionen der
Europäischen Metropolregion Nürnberg konkretisiert
(sogenannte Hersbrucker Erklärung). Nicht zuletzt ist
der Freistaat Bayern auch Teil der Makroregion Donau.
Es bestehen hierbei enge Bezüge zur EDM, wobei der
geographische Fokus weit darüber hinausgeht.
In der Zusammenschau dieser Entwicklungen liegt die
These nahe, dass die grenzüberschreitende Raumentwicklung – gerade in Bayern – in eine neue Phase eintritt.
Vor diesem Hintergrund wurde eine neue Arbeitsgruppe der Landesarbeitsgemeinschaft Bayern eingerichtet,
die Potenziale und Risiken der grenzüberschreitenden
Raumentwicklung für Bayern herausarbeiten möchte.
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AUS DER ARL
Die Leitung der Arbeitsgruppe hat Prof. Dr. Tobias
Chilla von der Friedrich-Alexander-Universität ErlangenNürnberg übernommen. Die Arbeitsgruppe ist – ihrem
Thema entsprechend – international besetzt. Neben
Expertinnen und Experten aus Bayern wirken Kollegen
aus der Schweiz (Eidgenössische Forschungsanstalt für
Wald, Schnee und Landschaft), aus Österreich (Österreichische Akademie der Wissenschaften) und aus Italien
(Europäische Akademie Bozen) mit.
Insbesondere folgende Themen werden bearbeitet:
■■ Erfassung, Abgrenzung und Bewertung geeigneter
großräumiger grenzüberschreitender Kooperationsräume
■■ Chancen und Herausforderungen von Makroregionen für die Praxis der Regionalentwicklung und
Regionalplanung
■■ Bedeutung von EUSALP, Alpenkonvention und Alpenplan für die Raumordnung und Landesentwick-
■■
■■
■■
■■
■■
■■
lung im deutschsprachigen Alpenraum aus Sicht des
Freiraumschutzes
Weiterentwicklung der regionalen Governance im
Alpenraum – unterschiedliche räumliche Konfigurationen und Konkurrenz von Förderprogrammen
Analyse veränderter Raumwahrnehmungen und
räumlicher Verflechtungsmuster in Grenzräumen
Bayern-Tschechien
Makroregion Donauraum – Europaregion DonauMoldau: Good Governance im Donauraum?
Kapitalverflechtungen in Bayern mit seinen südlichen
und östlichen Nachbarn
Analyse alternativer Ökonomien in Grenzräumen
Städte als neue Akteure in der grenzüberschreitenden
Zusammenarbeit?
Andreas Klee  0511 34842-39
[email protected]
Regionalentwicklung
in Grenzräumen
10. Sächsische Regionalplanertagung am 11./12. Juni 2015
in Hoyerswerda
W
ie entwickeln sich Regionen im Grenzraum?
Diese Frage stand im Zentrum der diesjährigen
sächsischen Regionalplanertagung in Hoyerswerda. Die
Stadt wurde bewusst als Tagungsort gewählt, steht sie
doch für wechselnde territoriale Zugehörigkeiten und
eine dynamische Stadtentwicklung, welche in besonderer Weise wechselnden ökonomischen, sozialen und
demographischen Rahmenbedingungen unterliegen.
So haben z. B. Bevölkerungsrückgang und Deindustrialisierung zu einem intensiven Stadtumbau geführt.
Der Strukturwandel kann nur gesamträumlich bewältigt werden
Wie bewältigen die Stadt Hoyerswerda und die umliegende Region die Herausforderungen des Strukturwandels? Hierauf gingen zunächst Dietmar Wolf, Fachbereichsleiter Bau der Stadt Hoyerswerda, Bernd Lange,
Landrat des Kreises Görlitz und Verbandsvorsitzender
des Regionalen Planungsverbandes, und Max Winter,
Abteilungsleiter im sächsischen Staatsministerium des
Innern für Landesentwicklung, Vermessungswesen und
Sport, ein. Laut Wolf liegen die Entwicklungspotenziale
der Stadt in der unmittelbaren Nachbarschaft zum Lausitzer Seenland, in der Zugehörigkeit zum sorbischen
Siedlungsgebiet sowie im gemeinsam mit Bautzen und
Görlitz wahrgenommenen oberzentralen Status. Dass
urbane Zentren attraktiv für innerregionale Wanderungen sind, bestätigte auch Bernd Lange und sprach
sich für einen gerechten Ausgleich zwischen Stadt und
Land aus. Winter wiederum verwies auf die besonderen
Potenziale des Grenzraums als Brückenraum. Hierzu
dienten nicht zuletzt gemeinsame Konzepte und Projekte. Michael Köllner, Teamkoordinator Stadtentwicklung
der Stadt Hoyerswerda, thematisierte wiederum die
Auswirkungen des wirtschaftsstrukturellen und demo-
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AUS DER ARL
graphischen Wandels auf die Stadt Hoyerswerda. Zentral für die Stadtentwicklungsstrategie seien neben dem
Rückbau von Plattenbauwohnungen die Stabilisierung
des Kerns der Neustadt sowie die Sanierung der Altstadt.
Bei einem anschließenden Rundgang um den Lausitzer
Platz wurden hierzu gute Beispiele für neu gewonnene
Frei- und Kommunikationsräume vorgestellt. Als innovativ sind dabei ferner die bauliche Aufwertung markanter
Hochhäuser sowie der kleinmaßstäbliche Neubau mit
Stadtvillen und Einfamilienhäusern zu bewerten.
Herausforderungen in internationalen
Grenzräumen
Dr. Maciej Zathey, Direktor des Instituts für territoriale
Entwicklung in Breslau (Wrocław), charakterisierte
Grenzräume als Verflechtungs- und Kontakträume, was
einem neuen Leitbild der Zusammenarbeit entspricht
und nicht zuletzt die Grundlage für ein gemeinsames
deutsch-polnisches Zukunftskonzept im Rahmen der
Oder-Partnerschaft darstellt. Demnach umfassen die
Visionen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit die nachhaltige und polyzentrische Entwicklung
entlang der großräumigen und leistungsfähig auszubauenden Verbindungsachsen, wobei sich Ansätze für
eine intensive funktionale Verflechtung nicht zuletzt in
den Bereichen Kulturerbe, Tourismus und Hochschulen
ergeben. Die zwischen den Metropolräumen Dresden
und Prag gelegene Grenzregion Ústecý Kraj (Region
Aussig) stellte Jolana Novotná, Leiterin der Abteilung
Raumplanung der Krajverwaltung, vor. Novotná betonte
die Bedeutung einer strategisch ausgerichteten und
durch bürgerschaftliche Diskurse getragenen Regionalentwicklung. Besonders hob sie dabei die strukturkonforme Einbindung städtebaulicher Großvorhaben
und die zielgerichtete Gestaltung von öffentlichen
Räumen mit hoher Aufenthaltsqualität hervor, die eine
überregionale Ausstrahlungswirkung entfalteten. Die
entsprechende infrastrukturelle Vernetzung würde unter
anderem durch die laufende Komplettierung der Autobahn Dresden–Prag sowie Planungen zur Realisierung
einer Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen beiden
Metropolen geleistet.
Überwindung kultureller Grenzen
in der Region
Zurück in die einladende Region um Hoyerswerda führte der Vortrag von Dawid Statnik, Vorsitzender der Domowina, des Dachverbands der Sorben. Diese in Südbrandenburg und Ostsachsen ansässige westslawische
Bevölkerungsgruppe zählt ca. 60.000 Angehörige und
konnte sich auch bei voranschreitendem Braunkohlenbergbau in der Region behaupten. Dementsprechend
seien die sorbische Sprache, Kultur sowie Traditionen
wichtige Belange, die von der Regionalplanung zu beachten und zu schützen seien, erklärte Statnik. Insofern
36
komme der Regionalplanung die Aufgabe zu, durch
Vorgaben zur Sicherung kultureller Einrichtungen sowie
geeigneter Umsiedlungsstandorte die räumlichen Voraussetzungen für den diesbezüglichen Erhalt und die
Weiterentwicklung zu schaffen.
Blick ins europäische Ausland
Am zweiten Tag standen europäische und regionale Strategien auf dem Programm. Barbara Daferner und Kaspar Sammer, Projektmanagerin und
Geschäftsführer der Europaregion Donau-Moldau
in Niederbayern, berichteten über die seit 1991
währende grenzübergreifende Kooperation. Aus einer
gemeinsamen Problemlage mit Strukturschwäche,
peripherer Lage und demographischem Wandel habe
sich die EUREGIO Bayerischer Wald – Böhmerwald –
Unterer Inn zu der breiter aufgestellten Europaregion
Donau-Moldau mit 120 Städten und Gemeinden entwickelt. Die Handlungsfelder seien vielfältig und umfassten u. a. die wirtschaftliche Zusammenarbeit, Sprache,
interkulturelle Bildung sowie eine Wissensplattform,
an der verschiedene Hochschulen beteiligt seien. Eine
Netzwerk- und Potenzialanalyse ermögliche es, weitere Defizite zu ermitteln und Lösungen zu konzipieren,
etwa im grenzüberschreitenden ÖPNV. Eine andere
Grenzsituation stellte Daniel Hilligsmann, Berater der
Regierung der deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, vor. Diese sei zwar in die föderalen Strukturen
des belgischen Staats integriert, verfüge jedoch über
keine eigenen Kompetenzen in der Raumordnung
und Wirtschaft. Immerhin habe durch ein Regionales
Entwicklungskonzept eine langfristige Perspektive für
die Regionalentwicklung erarbeitet werden können,
welche in das Regierungsprogramm eingeflossen und
Grundlage für konkrete Fördermaßnahmen sei. Als
übergreifendes Prinzip diene die Nachhaltigkeit, welche
über geeignete Kriterien operationalisiert und dadurch
in ihrer Wirkung nachvollzogen werden könne.
Einen systematischen Überblick über die unterschiedlichen formellen und informellen Formen der
Zusammenarbeit gab Prof. Dr. Rainer Danielzyk, Generalsekretär der ARL. Regionale Kooperationsformen
existieren, so Danielzyk, insbesondere als regionale
Gebietskörperschaften, regionale Planungsverbände,
aufgabenbezogene Zweckverbände bzw. Metropolregionen, Regionalkonferenzen und Sonderformen
(IBA, Regionale etc.). Sofern man die Grenzlage nicht
als Schicksal, sondern als interkulturelle und integrative Chance begreife, resultierten daraus einige Ansatzpunkte für eine grenzübergreifende Kooperation,
welche etwa die Anhebung und Harmonisierung der
Raum- und Lebensqualität zum Ziel haben könne, um
den angestrebten Verflechtungen und tatsächlichen Aktionsradien der Bevölkerung und Wirtschaft Rechnung
tragen zu können. Weitere Kooperationsthemen seien
die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit und der Res-
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sourcenschutz. Je nach raumstrukturellen Rahmenbedingungen kämen regionsspezifische organisatorische
Formen infrage.
Beispiele für transnationale und länderübergreifende
Kooperationen gab Prof. Dr.-Ing. Klaus Kummer, Abteilungsleiter Geoinformation und Landesentwicklung
im Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr
Sachsen-Anhalt. Das Land Sachsen-Anhalt praktiziere
z. B. eine transnationale Zusammenarbeit im Kooperationsraum Mitteleuropa über INTERREG V B zum Zweck
des Wissensaustauschs und der konzeptionellen Vernetzung in den Bereichen Umwelt (Hochwasserschutz),
Innovation und Kultur (Transromanica), sagte Kummer.
Analog dazu werde auch die länderüberschreitende
Kooperation durch die Förderrichtlinie Regio LSA unterstützt, was u. a. die regionale Konzeptentwicklung,
die nachhaltige Kulturlandschaftsentwicklung sowie
Maßnahmen in Tourismus, Wissenstransfer und Standortmarketing betreffe. Die intensivste Interaktion findet
nach Kummer in der europäischen Metropolregion
Mitteldeutschland statt und reiche hier exemplarisch
von der Raumentwicklung im Allgemeinen und der
Fachkräftesicherung bis hin zu einem Gewerbeflächenmarketing mit Immobiliendatenbank. Den Kern bilde
dabei die Raumordnungskommission Halle-Leipzig,
welche sich originär mit regionalplanerischen Themen
wie verkehrlicher Infrastruktur, abgestimmter Gewerbeflächenentwicklung und großflächigem Einzelhandel
befasse. Insgesamt sei ohne eine grenzüberschreitende
Zusammenarbeit auf den verschiedenen Ebenen keine
tragfähige Regionalentwicklung denkbar.
Interkommunale und grenzüberschreitende Kooperationen in Sachsen
Der Freistaat Sachsen unterstützt mit der finanziellen
und nichtmonetären Förderung von kommunalen Zusammenschlüssen kleinräumige Kooperationen. Gerold
Wehner, Referatsleiter für kommunale Gebietsstrukturen im sächsischen Staatsministerium des Innern, erläuterte die damit verbundenen Ziele, die leistungsfähige
Gemeinden mit mindestens 5.000 Einwohnern, eine
funktionale Konsolidierung bestehender Verwaltungsgemeinschaften und -verbände sowie eine Stärkung
Zentraler Orte zum Gegenstand hätten. So habe sich
durch gesetzliche und freiwillige Zusammenschlüsse
die Zahl der Gemeinden zwischen 1990 und 2015 von
rund 1.700 auf gut 400 verringert. Aktiv in die grenzübergreifende Zusammenarbeit eingebunden ist auch
die Landesdirektion als höhere Raumordnungsbehörde,
wie der Abteilungsleiter Infrastruktur der Landesdirektion Sachsen, Godehard Kamps, darlegte. Hierzu seien
mit den tschechischen Bezirken Karlovy Vary/Karlsbad
und Ústí nad Labem/Aussig sowie der Region Oberfranken und der polnischen Wojewodschaft Lubuskie
(Lebuser Land) Vereinbarungen geschlossen worden.
Unmittelbar raumplanerisch relevante Themen seien
der Hochwasser- bzw. Katastrophenschutz sowie die
Revitalisierung von Bergbaugebieten. Künftig solle auch
die Abstimmung im Zusammenhang mit überregionalen
Achsen als kooperative Verbindungselemente ausgebaut werden.
Abschließend stellten Prof. Dr. Andreas Berkner, Leiter
der Regionalen Planungsstelle des Regionalen Planungsverbandes Leipzig-Westsachsen, und Steffen Lehmann,
Geschäftsführer des Mitteldeutschen Verkehrsverbunds,
Ergebnisse ihres Forschungsprojekts für eine Regionalstrategie zur Daseinsvorsorge und Mobilität vor. Dabei
verdeutlichten sie anschaulich die Verbindung von Regionalplanung und -entwicklung. Aufbauend auf einer
analytischen Bestandsaufnahme der teilräumlichen
Versorgung mit schulischen, medizinischen, Einzelhandels- und Verkehrsangeboten wurden Handlungsbedarfe für die Weiterentwicklung des ÖPNV-Netzes
ermittelt. In diesem Zusammenhang würden etwa die
verbesserte räumliche Erschließung und Anbindung
des S-Bahn-Netzes durch ein darauf ausgerichtetes
regionales Busnetz angestrebt und bspw. am Pilotraum
Muldental erprobt, um zusammen mit mobilen Versorgungseinrichtungen die zumutbare Erreichbarkeit der
jeweiligen Einrichtungen der Daseinsvorsorge gerade
auch im ländlichen Raum zu gewährleisten. Insgesamt
sei vorgesehen, die dabei gewonnenen Erkenntnisse
und Erfahrungen in das laufende Regionalplanverfahren
einzuspeisen.
Die vielfältigen Beispiele einer überregionalen und
grenzüberschreitenden Kooperation zeigen, dass das
Bewusstsein für die entsprechenden Verflechtungen
und Entwicklungserfordernisse weitverbreitet ist. Auch
wenn die Themen und institutionellen Rahmenbedingungen regionsspezifisch vorgegeben bzw. ausgeprägt
sind, gibt es doch jeweils ein erhebliches Handlungsund Gestaltungspotenzial. Um dieses in der Praxis
ergebnisorientiert zu nutzen, bedarf es insbesondere
der konzeptionellen und organisatorischen Vernetzung
staatlicher, kommunaler, privatwirtschaftlicher und
bürgerschaftlicher Akteure.
Dr. Robert Koch ist Referent des Regionalen Planungsverbands
Oberlausitz-Niederschlesien.
Kontakt:
Robert Koch  03591 67966-140
[email protected]
Nachrichten der ARL • 3/2015
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AUS DER ARL
GEFÖRDERT VOM
BMBF fördert Innovationsgruppe
„UrbanRural SOLUTIONS“
Die ARL fungiert als transdisziplinäre Schnittstelle zwischen
den wissenschaftlichen Instituten und den regionalen Partnern
in Göttingen-Osterode, Hannover und Köln
D
er demografische Wandel hat bereits heute gravierende Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit
der Daseinsvorsorge. Diese schließt kommunale und
regionale öffentliche Leistungen in den Bereichen Verkehr, Bildung, Gesundheit, Kultur und Freizeit ebenso
ein wie die Sicherung der Nahversorgung mit Gütern
des täglichen Bedarfs. In vielen Kommunen besteht
die Gefahr, dass Bevölkerungsrückgang und -alterung
zu einer „Abwärtsspirale des demografischen Wan-
dels“ führen, so dass die Leistungen und finanziellen
Möglichkeiten der örtlichen Daseinsvorsorge immer
weiter zurückgehen. Dem stehen Wachstumsregionen
gegenüber, in denen starke Urbanisierungsschübe zu
Engpässen bei der Daseinsvorsorge führen können.
Beide Probleme lassen sich nicht allein durch Veränderungen der Organisation einzelner Einrichtungen lösen.
Gefragt sind innovative Strategien zur regionalen Aufgabenteilung und räumlichen Organisation, die nur in
Fakten zum Projekt „UrbanRural Solutions“
■■
■■
38
ARL-Geschäftsstelle: Sara Reimann (Koordinatorin in der ARL-Geschäftsstelle); Anne Ritzinger
(Referatsleiterin „Bevölkerung, Sozialstruktur,
Siedlungsstruktur“)
Aufgaben: Qualifizierungsangebote in Form von
Seminaren, Fachveranstaltungen und Förderung
der Innovationsgruppenmitglieder; Wissenstransfer durch innovative Medien- und Veranstaltungsformate innerhalb des Projektverbunds und für die
Fachöffentlichkeit
Projektpartner:
• Institut für Verkehrsplanung und Logistik und
Institut für Technologie- und Innovationsmanagement an der Technischen Universität
Hamburg-Harburg (Koordination)
• Finanzwissenschaftliches Forschungsinstitut an
der Universität zu Köln (FiFo)
• ILS – Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung
• Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL)
• Landkreis Göttingen
• Netzwerk Erweiterter Wirtschaftsraum Hannover (Netzwerk EWH)/Region Hannover
• Stadt Köln
Laufzeit 01.04.2015 bis 31.03.2019
Weiterführende Informationen:
http://www.innovationsgruppen-landmanagement.de/
http://www.landkreis-goettingen.de/staticsite/staticsite.
php?menuid=593&topmenu=442
http://de.netzwerk-ewh.de/de/projekte/regional
planungsprojekt/EWHvernetzt.php
http://www.stadt-koeln.de/politik-und-verwaltung/
finanzen/urbanrural-solutions
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AUS DER ARL
enger Abstimmung zwischen allen relevanten Akteuren
einer Region umgesetzt werden können. Entsprechende
Kooperationen in der Daseinsvorsorge kommen aber –
wenn überhaupt – nur zögerlich zustande.
Das Projekt
Die Anfang April 2015 gestartete Förderung der Innovationsgruppe „UrbanRural SOLUTIONS“ durch das
BMBF soll regionale Kooperationen für eine nachhaltige
Daseinsvorsorge ermöglichen. Dazu werden die bisherigen Grenzen der Aushandlungsprozesse erforscht, um
die Hemmnisse der Umsetzung besser zu verstehen.
Auf dieser Basis werden innovative und praxisrelevante Ansätze entwickelt, mit deren Hilfe die bisherigen
Hemmnisse gezielt adressiert und überwunden werden
können.
Anhand von Fallstudien in den Regionen GöttingenOsterode, Hannover und Köln werden unterschiedliche
Herangehensweisen erprobt und Werkzeuge für Politik
und Planung entwickelt. Hierzu gehören beispielsweise
neue Beteiligungsformate, Kosten-Nutzen-orientierte
Szenario-Tools und ein digitaler Daseinsvorsorgeatlas.
Die Unterschiedlichkeit der Problemlagen in den Untersuchungsräumen verspricht, Lösungen für ein breites
Spektrum an Kooperationshemmnissen zu identifizieren. So wird das Instrumentarium auch für andere
Regionen nutzbar.
Ziele
Im Projekt werden die klassischen Dialogformen in
Vortragsveranstaltungen und Workshops ausgebaut und
optimiert. Es ist vorgesehen, neue Formen der Beteiligung und des transdisziplinären Dialogs zu erproben
und bei Erfolg zu etablieren. Für die Verstetigung nach
Projektende ist die Entwicklung und Etablierung eines
eigenen Weiterbildungsmoduls „Regionale Kooperationslösungen in der Daseinsvorsorge“ vorgesehen.
Damit können das gesammelte Praxiswissen und die
Methodenkompetenz in kompakter Form weitervermittelt werden.
Die innovative Praxis-Wissenschafts-Kooperation im
Projekt und der Transfer der gemeinsamen Erfahrungen
sind zentrale Voraussetzungen, um das ehrgeizigste Ziel
des Forschungsprojekts erreichen zu können: die Umsetzung von Kooperationslösungen schon während der
Projektlaufzeit anzustoßen und diese so zu verankern,
dass sie dauerhaft Bestand haben.
Die Innovationsgruppe „UrbanRural SOLUTIONS“
wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung
(BMBF) in der Fördermaßnahme „Innovationsgruppen
für ein Nachhaltiges Landmanagement“ im Rahmenprogramm „Forschung für nachhaltige Entwicklung – FONA“
gefördert.
Sara Reimann
 0511 348 42-52
[email protected]
Aufgaben der ARL
Eine besondere Stärke des Projektes ist die enge
Zusammenarbeit von Akteuren der finanziellen und
fachlichen Planung der Untersuchungsregionen mit
wissenschaftlichen Instituten (Transdisziplinarität). Die
Vertreter der Praxis und der Wissenschaft gestalten
das Vorhaben von vornherein als gleichberechtigte
Partner. Erfahrungen aus anderen Drittmittelprojekten
haben gezeigt, dass die Mitarbeit an einem inter- und
transdisziplinären Verbund dann mit einem erheblichen Wissens- und Technologietransfer der Beteiligten
einhergeht, wenn Transferprozesse durch geeignete
Techniken und Standards und ein professionelles Wissensmanagement begleitet werden. Aufgabe der Mitarbeiter der ARL-Geschäftsstelle ist es deshalb, Angebote
für alle Verbundpartner zu entwickeln, um fachliche
Qualifikationen zu erwerben und inter- und transdisziplinär zu arbeiten. Ein entscheidender Erfolgsfaktor
für einen positiven Projektverlauf ist die Verknüpfung
von Innovationskompetenz, Wissenschaft und Praxiswissen. Im Mittelpunkt der Qualifizierungsmaßnahmen
steht somit das Motto „Gemeinsam und voneinander
lernen“.
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AUS DER ARL
Neuerscheinungen
Gebiets- und Verwaltungsstrukturen
im Umbruch
Beiträge zur Reformdiskussion aus Erfahrungen
in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen
Martin T. W. Rosenfeld, Matthias Gather, Andreas
Stefansky (Hrsg.)
Arbeitsmaterial der ARL Nr. 360
Hannover 2015, 171 S., Abb.
ISBN (Print): 978-3-88838-360-1
W
eitgehende Maßnahmen zum Umbau der Verwaltung werden vielfach mit dem demographischen
Wandel sowie der Finanznot der Kommunen und der
Länder begründet. Nur mit größeren Einheiten, so die
Argumentation, könnte in Zukunft noch ein qualitativ
hochwertiges kommunales Leistungsangebot zu vertretbaren Kosten gewährleistet werden. Die Tendenz
zur Vergrößerung kommunaler Einheiten passt in das
Gesamtbild der in
Deutschland seit
1945 praktizierten
Maßnahmen im
Bereich der Kommunalreform, die
bislang überwiegend mit Konzentrations- und Zentralisationsbestrebungen verbunden waren. Im
Gesamtspektrum
von Verwaltungsreformen sind Gebietsneugliederungen allerdings
nur ein Element:
Die Reform des Bestands an öffentlichen Aufgaben
(Aufgabenkritik), die Verlagerung von Zuständigkeiten
zwischen den Ebenen (Funktionalreform) sowie eine
Veränderung der Festlegung der Finanzierungsregelungen in Bezug auf die dem öffentlichen Sektor übertragenen Leistungen (Finanzierungsreform) sind weitere
Elemente einer Verwaltungs(neu)gliederung.
Die vorliegende Veröffentlichung enthält die Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Verwaltungs- und Gebietsreformen“ (AG VGR) der Landesarbeitsgemeinschaft
Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen der Akademie
für Raumforschung und Landesplanung (ARL). Ein wesentliches Anliegen der AG VGR bestand darin, mehr
Licht in die raumbezogenen Wirkungszusammenhänge
von Maßnahmen zur Verwaltungsreform zu bringen,
40
denn speziell empirisch gut gesicherte Befunde sind
eher spärlich und lassen zahlreiche Fragen offen.
Anm. d. Red.: Die Reihe „Arbeitsmaterial der ARL“ ist mit diesem
Band (Nr. 360) abgeschlossen. Inhaltlich wird die Reihe bereits
seit 2011 mit den „Arbeitsberichten der ARL“ fortgeführt.
•
Reurbanisierung in
baden-württembergischen
Stadtregionen
Axel Fricke, Stefan Siedentop, Philipp Zakrzewski
(Hrsg.)
Arbeitsberichte der ARL 14
Hannover 2015, 205 S., Abb.
ISBN (PDF): 978-3-88838-397-7
ISBN (Print): 978-3-88838-398-4
I
n Baden-Württemberg, wie auch in Deutschland insgesamt und zahlreichen westlichen Industriestaaten,
ist ein demographischer Konzentrationstrend zugunsten
der Metropolregionen nachweisbar. Die Suburbanisierung als intraregionale Dekonzentration hat in den
baden-württembergischen Stadtregionen deutlich an
Dynamik eingebüßt, teilweise hat sie sich sogar in eine
„Reurbanisierung“ umgekehrt. Über die Hintergründe
und Dauerhaftigkeit dieses Phänomens ist eine lebhafte
Debatte entbrannt. So ist zu hören, der aktuelle Reurbanisierungstrend sei ein temporärer Effekt, bedingt durch
besondere demographische und bildungspolitische
Konstellationen. Andere betrachten die Reurbanisierung als Ergebnis eines sozioökonomischen Strukturwandels und damit als neue, dauerhafte Phase der
Stadtentwicklung. Unsicherheiten bestehen darüber
hinaus auch im
Hinblick auf eine
evidenzbasierte
Bewertung der
Wirkungen von
Reurbanisierung
und angemessene politische
Antworten. Vor
diesem Hintergrund verfolgt
dieser Band das
Anliegen, eine Bestandsaufnahme
aktueller demographischer Entwicklungsprozesse in Deutschland
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AUS DER ARL
und Baden-Württemberg vorzunehmen und zum Gegenstand einer raumordnungs- und stadtentwicklungspolitischen Positionsbestimmung zu machen. Welche
Bevölkerungsgruppen und welche Wanderungstypen
bestimmen den Reurbanisierungstrend? In welchem
Maße könnten sich Reurbanisierungsprozesse als persistent erweisen? Welche planerischen Strategien und
Konzepte werden in baden-württembergischen Städten bereits verfolgt? Welche mittel- und langfristigen
Herausforderungen offenbaren sich für Stadtplanung
und Politik? Auf diese und weitere Fragen rund um
das Thema Reurbanisierung in Baden-Württemberg
versuchen die Autoren aus Wissenschaft und Praxis
Antworten zu geben.
Mit Beiträgen von Werner Brachat-Schwarz, Karoline
Brombach, Axel Fricke, Paul Gans, Marco Hereth, Bernhard Hochstetter, Johann Jessen, Heike Schmidt, Ansgar
Schmitz-Veltin, Stefan Siedentop, Norbert Uphues und
Philipp Zakrzewski.
Neuaufstellung des Zentrale-OrteKonzepts in Nordrhein-Westfalen
Positionspapier aus der ARL 102
Hannover 2015, 8 S.
D
ieses Positionspapier wurde
von Mitgliedern der
Arbeitsgruppe „Neuaufstellung des Zentrale-Orte-Konzepts
in Nordrhein-Westfalen“ der Landesarbeitsgemeinschaft
Nordrhein-Westfalen der Akademie für
Raumforschung und
Landesplanung (ARL)
erarbeitet.
Personen
Dr. Andreas Klee, Stellvertreter des Generalsekretärs und Leiter der Zentralabteilung in der Geschäftsstelle der
ARL, wurde von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg zum Honorarprofessor für das Fachgebiet Geographie
bestellt. Mit der Bestellung wurde sein langjähriges fachliches Engagement im dortigen Institut für Geographie und
Geologie gewürdigt.
† Günther Steffen
† Karl Heidemann
Prof. Dr. Dr. h. c. Günther Steffen, Korrespondierendes Mitglied der Akademie sowie langjähriger
Inhaber des Lehrstuhles für Angewandte Landwirtschaftliche Betriebslehre und Dekan der Landwirtschaftlichen Fakultät der Rheinischen-FriedrichWilhelms Universität Bonn, ist am 14. Mai 2015 im
Alter von 90 Jahren verstorben.
Am 7. Mai 2015 ist Dr. Jur. Karl Heinz Heidemann,
Staatssekretär a. D., in Münster verstorben. Heidemann war seit 1982 Korrespondierendes Mitglied
der Akademie und bereicherte die Akademiearbeit durch seine engagierte Mitarbeit im Kuratorium der ARL.
Steffen hat besonders in den 1980er Jahren die
Arbeit der Akademie durch sein breites Fachwissen
mitgestaltet. Rund zwei Jahrzehnte war er ein engagiertes Mitglied in der Landesarbeitsgemeinschaft
Nordrhein-Westfalen. Bereits im Jahre 1981 wurde
Steffen aufgrund seines Einsatzes zum Korrespondierenden Mitglied der Akademie berufen.
Wir sind ihm für seinen Einsatz sehr dankbar
und verlieren mit ihm einen langjährigen Weggefährten. Die Akademie wird ihm ein ehrendes
Andenken bewahren.
Wir sind ihm für seinen Einsatz sehr dankbar und
verlieren mit ihm ein treues Mitglied der Akademie.
Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.
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26.11.2015 11:28:41
AUS DER ARL
Prof. Dr. Rolf-Dieter Postlep ist neuer
Präsident der ARL
R
olf-Dieter Postlep ist Präsident der Akademie für
Raumforschung und Landesplanung (ARL), Leibniz-Forum für Raumwissenschaften, für die Amtszeit
2015/2016
© Pressestelle Universität Kassel
Die Mitgliederversammlung der ARL hat am 19. Juni
2015 im Anschluss an die Jahrestagung der Akademie
Prof. Dr. Rolf-Dieter Postlep zum neuen Präsidenten
gewählt. Die Berufung Postleps zum Präsidenten durch
das Kuratorium der ARL erfolgte am 23 Juli. Seine Amtszeit begann am 1. September.
Rolf-Dieter Postlep
Postlep war bis Ende September 2015 Präsident der
Universität Kassel und ist seit 1994 Ordentliches Mitglied
der Akademie.
Er war bereits seit den 1970er Jahren in zahlreichen
Gremien und Projekten der Akademie aktiv und wirkte
an zahlreichen Veröffentlichungen und Kongressen
mit. Der heute 69-Jährige promovierte im Fach Volkswirtschaft an der Universität Marburg, wo er zunächst
als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig war. Eine Gastprofessur führte ihn 1992 nach Kassel. 1994 wurde er
Abteilungsleiter am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, bevor er 1996 als Leiter des
Fachgebietes Allgemeine Wirtschaftspolitik nach Kassel
zurückkehrte.
„Ich bedanke mich für das Vertrauen der Akademie
und freue mich sehr auf diese neue Aufgabe. Nach
meinem Ausscheiden aus dem Amt des Universitätspräsidenten in Kassel werde ich mich damit wieder
Fragestellungen widmen, die mich in meiner wissenschaftlichen Tätigkeit immer interessiert und begleitet
haben“, so Rolf-Dieter Postlep nach der Wahl.
42
Weitere Mitglieder des Präsidiums:
Der bisherige Akademiepräsident, Prof. Dr. Klaus J.
Beckmann, bleibt dem Gremium als Vizepräsident erhalten. Beckmann ist seit 2000 Ordentliches Mitglied
der ARL. In seiner Zeit als Akademiepräsident hat er
einige Akademieprojekte vorangebracht und insbesondere das wissenschaftliche Profil der ARL geschärft. Er
vereint in seiner Person die Erfahrung des langjährigen
Praktikers und die Expertise des Wissenschaftlers, eine
Doppelqualifikation, die ihn für den transdisziplinären
Ansatz der Akademie prädestiniert. Nach seiner Promotion an der Technischen Universität Braunschweig und
seiner Referendarzeit für den höheren bautechnischen
Verwaltungsdienst erhielt er 1985 einen Ruf an die Universität Karlsruhe. 1990 wechselte er als Technischer
Beigeordneter nach Braunschweig, 1996 war er Professor und Institutsleiter am Institut für Stadtbauwesen
und Stadtverkehr der RWTH Aachen. Von 2006 bis
2013 war Beckmann Direktor des Deutschen Instituts
für Urbanistik in Berlin. Er ist Mitglied in zahlreichen
Gremien, u. a. im Beirat für Raumentwicklung und im
Wissenschaftlichen Beirat des Bundesministeriums für
Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI).
Im Amt des Vizepräsidenten bestätigt wurde Dr.Ing. Stefan Köhler. Köhler studierte Geographie,
Ökologie, Kartographie und Städtebau an der TU
München. Anschließend war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Städtebau und Landesplanung an der Uni Karlsruhe tätig. Nach seiner
Promotion wechselte er aus der Wissenschaft in die
Praxis: Von 1992 bis 1998 war er Stellvertreter des
Verbandsdirektors beim Regionalverband HeilbronnFranken, anschließend zehn Jahre lang Verbandsdirektor
des Regionalverbandes Bodensee-Oberschwaben. Seit
2008 ist er Erster Bürgermeister der Stadt Friedrichshafen. Köhler ist seit 2006 Ordentliches Mitglied der ARL.
Im Amt der Vizepräsidentin bestätigt wurde auch Dr.
Susan Grotefels, Geschäftsführerin des Zentralinstituts
für Raumplanung. Grotefels studierte Rechtswissenschaften an der Universität Münster, wo sie 1992 zum
Thema „Bürgerbeteiligung im Recht der Raumordnung
und Landesplanung“ promovierte. Grotefels ist seit
2005 Korrespondierendes Mitglied, seit 2010 Mitglied
der ARL. Sie ist seit 1991 am Zentralinstitut für Raumplanung tätig.
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AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
Probewohnen in Görlitz
IÖR untersucht Wohnwünsche
M
itte September ist in Görlitz die Neuauflage des
Projektes „Probewohnen“ gestartet. Interessierte
können wieder eine Woche in der Görlitzer Innenstadt wohnen und testen, ob ein Umzug dorthin für
sie infrage kommt. Das Probewohnen wurde 2008
als bundesweit einmaliges Modellvorhaben erstmals
umgesetzt – damals im Gründerzeit-Quartier. Dieses
Mal warten Wohnungen in der historischen Altstadt
auf Probebewohner. Das „Probewohnen Altstadt“ ist
ein Projekt der kommunalen Wohnungsgesellschaft
KOMMWOHNEN Görlitz GmbH, wissenschaftlich
begleitet durch das Leibniz-Institut für ökologische
Raumentwicklung (IÖR), Dresden. Die Stadt Görlitz
unterstützt das Projekt.
Die KOMMWOHNEN Görlitz GmbH stellt für das
Projekt drei sanierte Altbauwohnungen zur Verfügung.
Die Wohnungen sind möbliert, komplett ausgestattet
und stehen mietfrei zur Verfügung. Die Probebewohner
zahlen lediglich eine Betriebskostenpauschale. Ziel
des Projektes ist es, Auswärtige für einen Umzug nach
Görlitz zu begeistern und vor allem die Innenstadt als
attraktiven Wohnort bekannt zu machen.
Von der Auswertung der Fragebögen erhoffen sich
die Wissenschaftler Hinweise darauf, durch welche
Maßnahmen das Wohnen in Innenstadtquartieren
attraktiver werden kann. Dabei geht es zum Beispiel
um die Frage, wie sich Stadtteile „alternssensibel“, also
für alle Generationen geeignet, gestalten lassen. Eine
Rolle spielen aber auch Fragen des Klimawandels. Auf
Basis der Ergebnisse sollen künftige Handlungsfelder für
die Stadtplanung aufgezeigt werden, um die Görlitzer
Altstadt, auch stellvertretend für Innenstädte anderer
Klein- und Mittelstädte, als attraktiven Wohnstandort
zu erhalten. Offene Fragen können die Wissenschaftler
dann bei ihrer künftigen Arbeit, insbesondere im IZS in
Görlitz, bearbeiten.
Weitere Informationen und Bewerbung unter:
www.kommwohnen.de/pages/probewohnen.php
Ansprechpartner im IÖR:
Dr. Stefanie Rößler und Christian Schneider
[email protected]
Wissenschaftlich begleitet wird
das Projekt insbesondere durch
das Interdisziplinäre Zentrum
für ökologischen und revitalisierenden Stadtumbau (IZS),
welches das IÖR gemeinsam
mit Partnern in Görlitz betreibt.
Wissenschaftliche Befragungen der Teilnehmer am Probewohnen sollen unter anderem
Erkenntnisse dazu liefern, wie
die Stadt und das kommunale
Wohnungsunternehmen noch
besser auf Wohnwünsche und
Wohnbedürfnisse heutiger und
zukünftiger Bewohner eingehen
können. Die Teilnehmer werden im Vorfeld zu ihren Erwartungen an das Wohnen in der
Innenstadt und während ihres
Aufenthaltes in Görlitz zu ihren
Erfahrungen in der Zeit des Probewohnens befragt.
© Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH
Im Fokus der Wissenschaft: Wohnwünsche
und Wohnbedürfnisse
Brüderstraße in Görlitz
Nachrichten der ARL • 3/2015
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AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
„City of the Future“ – internationale
Presse zu Gast im Wissenschaftsjahr
A
uf Einladung des Bundesministeriums für Bildung
und Forschung (BMBF) und des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) besichtigten
16 renommierte Wissenschaftsjournalistinnen und
-journalisten aus 15 verschiedenen Ländern vom 21.
bis 26. Juni 2015 raumwissenschaftliche Forschungseinrichtungen in Deutschland. Den Auftakt der Reise
bildete die Eröffnungsveranstaltung in Düsseldorf,
bei der Prof. Dr. Rainer Danielzyk (ARL) und Dr. Frank
Roost (ILS) den Einführungsvortrag hielten. In ihrer
Präsentation über „Forschung zu nachhaltiger Stadtentwicklung in Deutschland“ machten sie vor allem auf
bundesdeutsche Besonderheiten der Stadtentwicklung
aufmerksam. Sowohl die ökonomischen als auch demografischen Trends hierzulande unterscheiden sich
zum Teil deutlich von der Entwicklung der Megacities
in einigen der Herkunftsländer der Journalistinnen und
Journalisten. Während Megacities eine zum Teil rasante
Entwicklungsdynamik mit hohem Bevölkerungszuwachs verzeichnen, wird die deutsche Stadtentwicklung eher durch innerdeutsche und internationale
Migration sowie das oft kleinteilige Nebeneinander von
Schrumpfung und Wachstum geprägt. Besonderheiten
der Planung in Deutschland sind ihre Einbettung in den
Föderalismus und das bundesdeutsche System kommunaler Selbstverwaltung sowie die umfangreichen
Möglichkeiten der Öffentlichkeitsbeteiligung, während
Stadtentwicklungsprozesse in anderen Ländern oft zentral entschieden werden und die baulich-technische
Umsetzung vielfach ohne Beteiligung der Bevölkerung
erfolgt.
Und die Raumwissenschaft?
Welche Rolle der Forschung hierbei zukommt, wurde
auch am Beispiel der Arbeit des ILS im Bereich „Mobilität“ verdeutlicht. Hier interessierten sich die internationalen Zuhörer vor allem für Ansätze, bei denen das
spezifische Mobilitätsverhalten einzelner Bevölkerungsgruppen, wie Jugendliche oder weibliche Personen
mit Migrationshintergrund, in den Mittelpunkt gestellt
wurde. Es wurde deutlich, welche Beiträge eine differenzierte Mobilitätsforschung leisten kann, die über
ein herkömmliches Verständnis von Verkehrsplanung
als technisch geprägte Infrastrukturentwicklung hinausgeht.
Abschließend informierten die Vortragenden noch
über den Agenda-Prozess der „Nationalen Plattform
Zukunftsstadt“. Diese stand auch im Mittelpunkt der
anschließenden Informationsreise durch Deutschland,
bei der die internationalen Journalistinnen und Journalisten Forschungseinrichtungen in Essen, Dortmund,
Braunschweig und Berlin besuchten und für die der
Vortrag mit der anschließenden intensiven Diskussion
einen anregenden Auftakt darstellte.
Tanja Ernst
ILS – Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung
Kontakt:
 0231 9051-131
[email protected]
Wie misst man Nachhaltigkeit?
Mit Blick auf eine nachhaltige Stadt- und Raumentwicklung stellten die Vortragenden vor, mit welchen Indikatoren in Deutschland versucht wird, Nachhaltigkeit
zu messen. Hierzu werden verschiedene Faktoren wie
die ökonomische Wettbewerbsfähigkeit, der Auf- und
Ausbau energie- und klimaeffizienter räumlicher Strukturen, die soziale und räumliche Gerechtigkeit sowie
der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen in einer
Zusammenschau bewertet. Mit der Darstellung solcher
Ansätze, wie sie beispielsweise vom Bundesinstitut
für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) verfolgt
werden, konnte vermittelt werden, dass die Ziele einer
nachhaltigen Raumentwicklung am besten im Kontext
differenzierter Abwägungs- und demokratischer Aushandlungsprozesse erreicht werden können.
44
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AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
Wasser-Governance matters
15. World Water Congress vom 25. bis 28. Mai 2015
in Edinburgh, Schottland
W
asser wird in der Planung häufig als ein Umweltmedium der Fachplanung betrachtet. Die
Wasserwirtschaft erstellt etwa Bewirtschaftungspläne
oder Hochwasserrisikomanagementpläne, die in die
raumplanerische Abwägung eingehen. In der Regel
stehen bei wasserwirtschaftlichen Planungen ingenieurwissenschaftliche oder technische Herangehensweisen im Vordergrund. Aus Sicht der Raumplanung
gibt es jedoch gewichtige Argumente, sich mit dem
Thema „Wasser“ auseinanderzusetzen. Insbesondere
in urbanen Bereichen überlagern sich Raum- und Wassernutzung zunehmend, Nutzungskonflikte werden
intensiver. Dies wird nicht nur an Themen wie „Hochwasser“ oder „Trinkwasserversorgung“ deutlich, bei
denen Veränderungen im Wassersektor Anpassungen
der Raumnutzung erfordern. Umgekehrt hat auch die
Raumnutzung Konsequenzen für den Wassersektor,
etwa wenn in Schrumpfungsregionen das Entwässerungsnetz angepasst oder wenn in städtischen Gebieten Trinkwasser bereitgestellt werden muss.
Wasser als Lösung, Hydrodiplomatie
und der Crystal Drop
Im Rahmen der feierlichen Eröffnung der Konferenz
führten verschiedene Keynotes in die Thematik ein und
gaben gleichzeitig einen Überblick über die aktuellen
wissenschaftlichen Diskurse und weltweiten Debatten
rund um das Thema „Wasser“.
Der Präsident der International Water Resources
Association (IWRA), Prof. Dogan Altinbilek, betonte
die Notwendigkeit einer holistischen Perspektive auf
Wasser. Herausforderungen bestünden in der grenzüberschreitenden und transdisziplinären Herangehensweise. Die Relevanz des World Water Congress reiche
über den Wassersektor hinaus und berühre soziale,
ökonomische und ökologische Fragestellungen.
„Water is a solution, not a problem“, so Prof. Benedito
Braga, Präsident des World Water Council. Er verdeutlichte den Zusammenhang von Wohlfahrt und Wasser
auf der einen Seite, betonte aber gleichzeitig, dass
das Wasser das größte Risiko für unsere Gesellschaft
darstelle. Dies bezog er auf Wasser als Naturgefahr,
aber auch auf Wasser als Ursache für Konflikte (etwa
um Trinkwasser).
Auch Torgney Holmgren, Executive Director des
Stockholm International Water Institute, erläuterte den
Zusammenhang zwischen Wasser und Naturkatastro-
phen, insbesondere im Hinblick auf den Klimawandel.
Er schrieb der räumlichen Planung auf unterschiedlichen Ebenen eine besondere Rolle zu – etwa bei Themen der Urbanisierung und den damit verbundenen
Problemen der Wasserversorgung. Holmgren erläuterte, dass bis 2050 circa 9,3 Milliarden Menschen auf
der Erde leben werden, davon zwei Drittel in Städten.
Loïc Fauchon, Ehrenpräsident des World Water Council, sprach von einer zunehmenden Politisierung von
Wasserthemen und einer damit einhergehenden Notwendigkeit von Hydrodiplomatie: „In the future, water
will be less scientific and more political.“ Fauchon rief
dazu auf, das Thema weiter auf die Agenda zu setzen.
Dabei gelte es, Wasser in andere Fachpolitiken zu integrieren und hierfür entsprechende rechtliche Rahmung
und transparente Governance zu schaffen. Darüber
hinaus müssten innovative Konzepte wie virtual water
oder smart water grids weiterentwickelt werden.
Mit dem „Crystal Drop“ werden alle drei Jahre Personen oder Organisationen ausgezeichnet, die sich in
besonderer Weise für Wasser in der Welt einsetzen.
Professor Vijay J. Singh, Texas A&M University, wurde
mit der Auszeichnung für sein Lebenswerk zum Thema „Wasser“ geehrt. Professor Singh, selbst Ingenieur,
betonte die Notwendigkeit, sich in unterschiedlichen
Disziplinen mit der Thematik auseinanderzusetzen.
Auf dem Weg zu Wasser-Governance
220 Autoren präsentierten Forschungsergebnisse und
Fallstudien und diskutierten diese mit den circa 900
Teilnehmerinnen und Teilnehmern in 58 Sessions und
39 Special Sessions. Inhaltlich waren die Sessions um
neun große Themenkomplexe gruppiert.
Einer der Themenkomplexe befasste sich mit Herausforderungen der Wasser-Governance. Hier wurden
häufig Themen der Partizipation und Zusammenarbeit
von öffentlichen und privaten Akteuren diskutiert. So
berichtete z. B. Christopher Spray von der Universität
Dundee über partizipatives Flusseinzugsgebietsmanagement in Schottland und wie mehr bottom-up und
inklusive Governance zu einer effektiveren Umsetzung
von ecosystem services führen können.
Andere Themenkomplexe befassten sich mit unkonventionellen Wasserressourcen oder Fragen der Monetarisierung von Wasser – was ist ein fairer Preis für Wasser? Gerade letztere Frage wurde auch in den anderen
Sessions durchaus kontrovers diskutiert. Während Loïc
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AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
Fauchon in seiner Keynote etwa dafür plädierte, dass
Wasser einen angemessenen Preis bekommen sollte,
um Investitionen in Infrastrukturen zu ermöglichen,
erklärte Muhammad Muzanur Rahaman aus Dhaka in
einer Session, wie informelle Wassermärkte in Slums zu
extremen Preisverzerrungen führen können. Aber die
ökonomische Komponente von Wasser wurde auch
aus anderen Perspektiven beleuchtet. So reflektierte Jan
Machac in seinem Beitrag die Kosten-Nutzen-Analyse
bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie.
Darüber hinaus wurde das bestehende Wasserparadigma reflektiert und es wurde diskutiert, wie die
Nutzung von Wasserressourcen zwischen konkurrierenden Nutzungen und Nutzern organisiert werden
kann, wie mit Risiko und Vulnerabilitäten – nicht nur
durch den Klimawandel – umgegangen werden kann
und wie grenzüberschreitende Probleme gelöst werden können. Mit acht Sessions war das Wasserrecht ein
besonders großer Themenkomplex. Rechtliche Aspekte
wurden dabei sowohl auf nationalstaatlicher als auch
auf internationaler Ebene intensiv diskutiert.
Die Themen spiegelten eine inhaltliche Aufbruchstimmung in der Herangehensweise zu Wasserthemen
wider: Das bisher in der Wasserwirtschaft vorherrschende ingenieurwissenschaftliche Paradigma wird
zunehmend ergänzt und teilweise ersetzt durch Governance-Lösungen. Der World Water Congress 2015 in
Edinburgh machte diese Veränderung deutlich. Selbst
Themen, die bisher klar technisch besetzt waren, werden nun immer häufiger aus ökonomischer, juristischer,
sozial- bzw. politikwissenschaftlicher oder raumwissenschaftlicher Perspektive behandelt. Grund genug,
den World Water Congress aus raumplanerischer und
raumwissenschaftlicher Sicht zu reflektieren. Interessant
war, dass die Teilnehmenden, obwohl sie aus mehreren
Kontinenten kamen, in ihrer Orientierung an Fachthemen übereinstimmend eine Abkehr von technischen
Themen zeigten.
OECD-Grundsätze für WasserGovernance
So passt es auch, dass sich am Rande der Veranstaltung
die OECD Water Governance Initiative traf und Grundsätze für Wasser-Governance diskutierte. Diese Initiative ist ein internationales Netzwerk von staatlichen Akteuren sowie öffentlichen und privaten Einrichtungen
und NGOs, das sich mit Fragen der good governance
von Wasser auseinandersetzt. In Edinburgh wurden 12
Governance-Grundsätze diskutiert, die in der darauffolgenden Woche von den 34 OECD-Mitgliedstaaten
anerkannt wurden. Die Grundsätze sollen zu einer
effektiveren, effizienteren und demokratischeren Umsetzung von Wasserpolitik beitragen.
46
Diese Grundsätze wurden auch in der Special Session zu „Water Governance Capacity“, organisiert
von der Erasmus Universität Rotterdam, besprochen.
Aziza Akmouh, Head des OECD Water Governance
Programme, plädierte für mehr Multi-Level- und Bottom-up-Initiativen. Jurian Edelenbos von der Erasmus
Universität Rotterdam ergänzte, dass Wasser bisher
häufig zu fragmentiert betrachtet werde, und dass die
verbindende Kapazität von Wasser in der Governance
mehr genutzt werden sollte.
Am Rande eines Paradigmenwechsels?
Die Vielfalt und die inhaltliche Tiefe der Beiträge lassen
sich nur anekdotisch in Form eines solchen Konferenzberichtes wiedergeben. Dennoch kann als Resümee
ein Paradigmenwechsel konstatiert werden. Der internationale Diskurs zum Thema „Wasser“ befindet
sich derzeit in einer Veränderung, möglicherweise in
ähnlicher Form wie in der Raumplanung in den 1970er
Jahren, als sich das Selbstverständnis des Planers vom
Ingenieur der Stadt hin zu einem Moderator widerstreitender räumlicher Interessen wandelte. Seither sind
Konzepte wie collaborative planning, kommunikative
Raumplanung, Partizipation oder Co-Evolution aus der
Planungstheorie und -praxis kaum wegzudenken.
Der World Water Congress 2015 in Edinburgh hat also
eine deutliche Tendenz hin zu Wasser-Governance gezeigt. Die technischen Ansätze und Lösungen werden
zwar berücksichtigt, jedoch nicht mehr als wichtigste
Maßnahmen aufgefasst. Diese Veränderung einer
Fachplanung kann und darf von der Raumplanung nicht
unbeobachtet bleiben. Aus diesem Grund sollte die
ARL das Thema „Raumplanung und Wasser“ weiterhin
auf der Agenda behalten.
Dr. Thomas Hartmann ist Assistant Professor an der Universität
Utrecht in den Niederlanden und der J. E. Purkyně Universität in
Ústí nad Labem, Tschechien.
Kontakt:
Thomas Hartmann
[email protected]
Prof. Dr. Jiřina Jílková ist Prorektorin für Wissenschaft an der J. E.
Purkyně Universität in Ústí nad Labem, Tschechien.
Kontakt:
Jiřina Jílková
[email protected]
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AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
Best of „Future City“
Gabriele Schmidt  0511 34842-56
[email protected]
Back to the roots –
Gemeinschaftsgärtnern
in Großstädten
Blog-Beitrag zum Thema
„Natur in der Stadt“
G
egenwärtig kommen viele Zuwanderer nach
Deutschland. Die großen Städte in Deutschland
wachsen über ihre Grenzen hinaus. Immer mehr Menschen wollen in den Metropolregionen leben, da sie
dort Bildung und Arbeit finden. Der Platz für Natur und
Grünflächen in der Stadt ist stark begrenzt. Dass jeder
seinen eigenen Garten zum Anbauen und Pflegen
hat, scheint schon lange vorbei zu sein – doch es gibt
Alternativen.
© www.greengopost.com
„Wie sieht eure Stadt der Zukunft aus?“ Diese Frage
stellten ARL, Akademie für Raumforschung und
Landesplanung, und IRS, Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung, Schülerinnen
und Schülern aus Hannover, Brandenburg und
Berlin. Die Jugendlichen wurden dazu aufgefordert,
ihre Perspektiven auf die Chancen und Herausforderungen der zukünftigen Stadtentwicklung in
einem Blog-Text zu verarbeiten. Das Kooperationsprojekt war anlässlich des Wissenschaftsjahres 2015
zum Thema „Zukunftsstadt“ gemeinsam von ARL
und IRS ins Leben gerufen worden.
Im Rahmen des Projekts führten die Schülerinnen
und Schüler Kurzinterviews mit Expertinnen und
Experten aus beiden Forschungseinrichtungen.
Darauf aufbauend verfassten sie ein- bis zweiseitige
Texte für die Blog-Plattform „Futurecity“ (http://
futurecity.hypotheses.org). Die Texte behandeln
Themen wie Soziale Disparitäten, Gesundheit, Natur,
Wohnformen, Energiewende oder Mobilität jeweils
im Kontext der Stadt, manche wurden durch zusätzliches kreatives Audio- und Videomaterial ergänzt.
Ziel des Kooperationsprojektes war es, bei den
Jugendlichen eine Debatte zur Zukunft der Stadt
anzuregen und den Schülerinnen und Schülern
einen ersten Kontakt zu den Forschungseinrichtungen zu ermöglichen. Durch das Zusammentreffen
der Expertise der Forscherinnen und Forscher mit
der Kreativität der Jugendlichen entstanden ganz
neue Perspektiven auf das Thema „Zukunftsstadt“
und einfallsreiche Vorschläge für Lösungsansätze.
Der im Folgenden exemplarisch veröffentlichte
Blog-Beitrag hat uns unter den Einsendungen besonders gut gefallen. Er stammt von einer Schülergruppe der St. Ursula-Schule Hannover und
beschäftigt sich mit dem Thema Gemeinschaftsgärten / Urban Gardening.
Im nächsten Heft werden wir einen weiteren von
der Jury ausgezeichneten Text veröffentlichen.
Alle Blog-Texte sowie Informationen zum Projekt
finden Sie unter www.futurecity.hypotheses.org.
Wir stellen euch in diesem Blog eine der Möglichkeiten vor, sich für den Ausbau und die Erhaltung
der Natur in der Stadt einzusetzen – das sogenannte
„Urban Gardening“. „Urban Gardening“ ist ein Trend,
der aus den USA kommt und im Moment auch unsere
deutschen Großstädte erobert. Ein simples Konzept
mit einfacher Umsetzung, welches positive soziale und
ökologische Aspekte hat. „Urban Gardening“ lässt sich
grob als „urbanes Gärtnern“ ins Deutsche übersetzen.
Ein Paradebeispiel dafür sind Gemeinschaftsgärten in
Großstädten. Diese sind so einfach erklärt wie umgesetzt: Man nehme eine geeignete Fläche, beispielsweise eine Brachfläche oder einen unbebauten Hofbereich
eines Wohnblocks, und statte diese mit nötigen Agrarwerkzeugen aus. Gemeinsam können Bürgerinnen und
Bürger auf dieser Fläche Gemüse anbauen. Die Regeln
sind relativ einfach: Jeder kann sich eine kleine Fläche
in der Anlage suchen und sein Gemüse anbauen. Es
gibt keine Teilnehmer- oder Mitgliederliste. Jeder hat
die Möglichkeit, egal wie weit entfernt er wohnt, sich
an Gemeinschaftsgärten zu beteiligen. Das gilt auch für
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AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
Man mag sich jetzt fragen: „Warum
sollte man sich bei so einem Projekt
beteiligen?“
Um diese Frage zu beantworten, sollte man einmal die
bereits bestehenden Gemeinschaftsgärten betrachten.
Es gibt auch jetzt schon viele dieser Gärten in Deutschland, und fast alle werden aktiv von vielen Anwohnern
genutzt. Dies hat wohl mehrere Gründe: Das landwirtschaftliche Anbauen und Ernten scheint tief in uns verwurzelt zu sein. Viele, die sich vorher nicht vorstellen
konnten, in einem Gemeinschaftsgarten mitzuwirken,
ließen sich nach kurzem Ausprobieren und Mitarbeiten schnell dafür begeistern, etwas anzubauen. Dazu
stärkt das Arbeiten an einem Gemeinschaftsprojekt
das soziale Zusammengehörigkeitsgefühl. Den Ertrag
mit anderen Anwohnern zu teilen, erzeugt für viele
ein starkes Gefühl der Freude. Der Mensch ist stolz auf
das, was er erschaffen hat – und das gilt auch für den
gemeinschaftlichen Ertrag eines Gartens.
Unsere Großstädte zeichnen sich dadurch aus, dass
dort Menschen aus aller Welt zusammenleben.
Die Frage ist: „Wie schafft man es,
Menschen aus allen Teilen der Welt
in Großstädten zu vereinen?“
Damit ein gutes Zusammenleben gelingt, muss man
Gemeinsamkeiten finden. Gemeinsamkeiten, mit denen sich jeder identifizieren kann. Menschen brauchen
soziale Kontakte zu anderen Menschen. Daher muss
man eine Tätigkeit finden, die alle Kulturen kennen,
verstehen und mögen. Gemeinschaftsgärten sind eine
gelungene Antwort auf diese Frage. Besonders in den
multikulturellen Gärten herrscht eine entspannte, fröhliche Stimmung. Das gemeinsame Arbeiten im Beet
verbindet Kulturen, knüpft Freundschaften und hat vor
allem noch einen Effekt: Es macht auch einfach Spaß.
Quelle: eigene Aufnahme
das Ernten des Angebauten: Jeder hat das Recht, sich
einen Teil des Ertrags zu nehmen.
Ein urbaner Garten in einem Hinterhof in der Innenstadt
von Trier
Gemeinschaftsgärten sind aber nicht die einzige Möglichkeit, um sich aktiv für die Natur einzusetzen. Jeder,
der ein paar Behälter, ein wenig Erde und Saatgut besitzt, kann seinen Beitrag dazu leisten, die Natur in der
Stadt auszubauen. Wenn jeder von uns auch nur eine
alte Kiste, die er irgendwo herumliegen hat, mit Erde
füllen würde und bepflanzte, würde dies die Stadtluft
bereits extrem entlasten. Der ökologische Wert des
„Urban Gardenings“ ist daher kaum zu übertreffen und
wird besonders in Bezug auf die globale Erwärmung in
naher Zukunft eine sehr wichtige Rolle spielen.
Laura Tietz, Katja Nordhusen,
Lauryn Thomas, Steffen Sievering
und Justin Uhleman
Klasse 10 d,
Gymnasiusm
St. Ursula-Schule Hannover
© Annika Mayer, ARL
Der Beitrag basiert auf einem Interview
mit Dr. Barbara Warner aus der ARLGeschäftsstelle.
Schüler und Schülerinnen zu Besuch in der ARL
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AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
Werner-Ernst-Preis 2015 verliehen
Z
Vereine in sich bereits institutionalisierte Netzwerke,
begünstigen sie durch ihre weitgehend homogene und
abgesicherte Umgebung die Bildung von erweiterten
privaten Verflechtungen, die in ganz unterschiedlichen
Richtungen Wirksamkeit und Nutzen entfalten können“.
Einwanderungsvereine wirken somit politisch, sozioökonomisch und kulturell auf die Migrantinnen und
Migranten, sie beeinflussen ihre Identität. Beispielhaft
wird der Wandel ihrer kollektiven Identitätskonstruktion – der Prägung durch das „Deutschtum“ hin zur
„argentinidad“ – unter Einbeziehung gesellschaftlicher
Kontexte in Herkunfts- wie Ankunftsland analysiert. Mit
der allmählichen Entgrenzung der ethnisch definierten
Einwanderervereine geht eine zunehmende transnationale und transkulturelle Identitätskonstruktion und
Integration in die sich bildende argentinische Nation
einher.
Kramer zeigt in seiner Arbeit, dass zunächst ethnisch
definierte Gemeinschaften sich aufgrund ihrer schrittweise sich intensivierenden Einbindung über private
wie institutionelle Netze in die Gesellschaft des Ziellandes Elemente des „Fremden“ aneigneten. Diese
Übernahme führte – gefördert durch Bildungssystem
und evangelische Gemeinden – zu einer mit deutschen
Motiven durchsetzten argentinischen Nationalidentität
deutschstämmiger Einwohnerinnen und Einwohner
Argentiniens. Übertragen auf die aktuelle Situation in
Deutschland zeigt die Arbeit die Bedeutung von Schulen, Vereinen und religiösen Gemeinschaften für die
Integration von Personen mit Migrationshintergrund
– unter Wahrung eigener Kulturelemente. Die Arbeit
bietet also auch für unsere aktuelle Diskussion lohnenswerte Anregungen.
© Fotostudio Eidens-Holl
iel des jährlich vom Förderkreis für Raum- und
Umweltforschung (FRU) ausgelobten Werner-ErnstPreises ist die Nachwuchsförderung. Angelehnt an den
Jahreskongress der ARL lautete das diesjährige Wettbewerbsthema „Internationale Migration – Stadt – Region“. Es wurden vier Wettbewerbsbeiträge eingereicht.
Die Jury – bestehend aus Prof. Dr. Ingrid Breckner (HafenCity Universität Hamburg), Prof. Dr. Susanne Frank
(Technische Universität Dortmund) und Prof. Dr. Paul
Gans (Universität Mannheim) – hat sich in diesem Jahr
dafür ausgesprochen, einen ersten Platz zu vergeben.
Der erste Preis, dotiert mit 2.000 Euro, ging an Valentin Kramer aus Münster. Er hat von 2004 bis 2010 an der
Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt Geschichte
Lateinamerikas, Neuere und Neueste Geschichte sowie
Lateinamerikanistik studiert. Von 2011 bis Ende 2013
war er Promotionsstipendiat der Stiftung Katholische
Universität Eichstätt und Mitglied des Forschungskollegs
„Migration“. Die eingereichte Arbeit stellt seine Dissertation dar. Das Thema lautet „Die Identität des Blutes.
Deutsche Einwanderervereine in Rosario und Esperanza 1856–1933“. In seiner Arbeit beschäftigt sich Kramer
mit der Konstruktion und dem Wandel ethnischer und
nationaler Identitäten in den deutschen Einwanderervereinen der argentinischen Provinz Santa Fe. Im
Mittelpunkt stehen die Organisationen in den Städten
Rosario und Esperanza im Zeitraum zwischen 1856 und
1933. Wie Valentin Kramer schreibt, schaffen Vereine
„durch einen kollektiven Interessen- und Ideenkonsens, Einwanderervereine zusätzlich durch sprachliche
und kulturelle Kontinuität ‚vertraute Räume‘. Immigranten nutzen diese Räume, um die Erfahrung des
Fremdseins zu relativieren bzw. zu verarbeiten. […] Sind
Andreas Klee  0511 34842-39
[email protected]
Verleihung des
Werner-Ernst-Preises,
v.l.: Jörg Knieling,
Valentin Kramer
Nachrichten der ARL • 3/2015
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AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
Förderkreis für Raumund Umweltforschung e. V.
Werner-Ernst-Preis 2016
Facetten der
Reurbanisierung
Internationale
Ausschreibung
Der Förderkreis für Raum- und Umweltforschung
e. V. (FRU) schreibt den Werner-Ernst-Preis 2016 aus.
Das Wettbewerbsthema lautet:
■■
Facetten der Reurbanisierung
■■
Thematischer Rahmen
des Wettbewerbs
Reurbanisierung ist im urban age eine ebenso spannende wie vielgestaltige Thematik. Der Begriff kann
einerseits als vielschichtiger Prozess verstanden werden: Reurbanisierung als „neuerliche Inwertsetzung
innerer Stadtgebiete“ (Brake/Herfert 2012: 16), die
ungeplant durch das Zusammenspiel einer Vielzahl
von Faktoren, und dies in regional unterschiedlicher Ausprägung, erfolgt. Reurbanisierung kann
aber auch normativ als „eine umfassende sozialintegrative Strategie mit dem Ziel der Entwicklung
der Wohn- und Lebensstandards in der gesamten
Kernstadt, insbesondere in ihren an das Zentrum
angrenzenden historischen Wohnquartieren“ verstanden werden (Brake/Urbanczyk 2012: 39). Über
dieses allgemeine Verständnis von Reurbanisierung
hinaus bleiben viele Fragen offen oder werden uneinheitlich beantwortet.
Der Werner-Ernst-Preis 2016 ruft dazu auf, sich mit
„Reurbanisierung“ auseinanderzusetzen. Die Beiträge können sich aus unterschiedlicher Fachsicht mit
dem Themenfeld befassen, sie können theoretischkonzeptionell ausgerichtet sein oder sich empirisch
auf Fallbeispiele oder einzelne Projekte beziehen.
Mögliche Fragen könnten sein:
■■ Ist Reurbanisierung primär ein räumlicher, sozialer oder ökonomischer Prozess – oder alles
gleichzeitig?
50
■■
■■
■■
■■
■■
■■
■■
Wer sind die Reurbaniten? Sind es junge Singles
oder Paare, mit oder ohne Kinder? Ältere Menschen? Besserverdienende? Studierende? Alle
zusammen?
Welche Sinus-Milieus tragen den Prozess der
Reurbanisierung?
Welche Rolle spielen die derzeitigen Veränderungen der Arbeitswelt auf dem Weg zur Wissensgesellschaft bei dem Prozess der Reurbanisierung?
Welche Rolle spielen kulturelle gesellschaftliche
Veränderungen wie die gleichzeitige Berufstätigkeit von Mann und Frau in der Familienphase oder
der gesunkene Stellenwert des Autos bei Teilen
der Gesellschaft?
Ist Reurbanisierung auf Altbauquartiere in den
Innenstädten beschränkt oder treten Reurbanisierungsprozesse auch in suburbanen Räumen auf?
Ist Reurbanisierung nur ein Phänomen westlicher
ehemaliger Industriestädte oder kann sie auch
in Städten mit anderer Geschichte beobachtet
werden?
Ist Reurbanisierung unter anderem in Ostdeutschland ein lang anhaltender Trend oder doch nur eine
vorübergehende Erscheinung, weil die meisten
Reurbaniten junge Erwachsene sind, die nach ihrer
Kindheit und Jugend in „Suburbia“ in die Stadt
zurückkehren, diese Gruppe aber zahlenmäßig
begrenzt ist?
Wie kann oder sollte eine Reurbanisierung gestaltet werden, die die Vorgaben der Leipzig-Charta
zur nachhaltigen europäischen Stadt erfüllt?
In welchem Verhältnis steht Reurbanisierung als
Strategie zur Großen Transformation (WBGU 2011),
die zur Realisierung der globalen Klimaschutzziele
in den Städten der Entwicklungs- wie der Industrieländer für erforderlich gehalten wird?
© B. Warner, ARL
25. FRU-Förderpreis-Wettbewerb
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AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
Die hier aufgeworfenen Fragen sollen als Anregung
und Inspirationsquelle dienen. Themen der Wettbewerbsbeiträge können einzelne Fragestellungen mit
Bezug zu diesen inhaltlichen Zusammenhängen sein,
es können aber auch weitere Aspekte des Themenfelds „Reurbanisierung“ aufgegriffen werden.
Erwartungen an die Wettbewerbs-
beiträge
Der Wettbewerb richtet sich an Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler (Master-, Promotions- oder Postdoc-Phase) ebenso wie an Personen,
die sich in ihrer beruflichen Praxis in der Verwaltung,
in Planungsbüros etc. mit Fragen der Stadt- und
Raumentwicklung beschäftigen. Er ist offen für alle
raumrelevanten Disziplinen. Wissenschaftlich ausgerichtete Beiträge mit eher theoretischem Ansatz
sind ebenso willkommen wie analytische Arbeiten
oder reflektierte Erfahrungsberichte aus der Praxis mit
wissenschaftlicher Fundierung.
Interessierte können gerne zunächst beim Förderkreis anfragen, ob sich ein vorgesehenes Thema
für den Wettbewerb eignet. Neben eigens für den
Werner-Ernst-Preis 2016 erstellten Beiträgen können
auch solche Arbeiten zum Thema eingereicht werden, die auf umfassenderen, bereits vorliegenden
oder in Arbeit befindlichen Studien-, Projekt- oder
Abschlussarbeiten sowie Dissertationen beruhen.
Preise und Preisverleihung
Der Werner-Ernst-Preis 2016 ist mit insgesamt
4.500 € dotiert. Vorgesehen ist die Vergabe eines
ersten Preises (2.000 €), eines zweiten Preises
(1.500 €) und eines dritten Preises (1.000 €). Auf
Vorschlag der Jury können eine Reduzierung der Zahl
der Preise und eine andere Aufteilung der Preissumme erfolgen. Als Anerkennung für weitere, nicht mit
Geldpreisen ausgezeichnete Wettbewerbsbeiträge
stehen wertvolle Buchgeschenke zur Verfügung.
Die Preise werden im Rahmen des ARL-Kongresses
vom 15. bis 18. September 2016 in Hannover überreicht. Die Verfasserin bzw. der Verfasser des mit dem
ersten Preis ausgezeichneten Wettbewerbsbeitrages
erhält Gelegenheit zur Vorstellung der Arbeit.
Teilnahmebedingungen
Teilnehmen können Studierende, Absolventinnen
und Absolventen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Lehre, Forschung und Praxis aller relevanten
Fachbereiche. Das Höchstalter beträgt 35 Jahre (Stichtag: 15. März 2016). Zugelassen sind auch Arbeiten
von Teams aus bis zu drei Autorinnen bzw. Autoren.
Die eingereichten Arbeiten sind in englischer oder
deutscher Sprache abzufassen und dürfen noch nicht
an anderer Stelle veröffentlicht oder zur Veröffentlichung angeboten worden sein. Die Arbeiten müssen
bis zum 15. März 2016 (Datum des Poststempels)
in vierfacher Druckversion und in elektronischer
Version – bevorzugt auf CD – zusammen mit dem
ausgefüllten Bewerbungsbogen (herunterzuladen
von der Website des FRU unter www.FRU-online.de)
bei der Geschäftsstelle des Förderkreises eingereicht
werden. Die Druckversionen und die elektronische
Version müssen identisch sein und dürfen keinen
Hinweis auf die Verfasser enthalten. Pro Bewerber
bzw. Bewerberin kann nur eine Arbeit eingereicht
werden. Über die Preisvergabe entscheidet eine unabhängige Jury, deren Mitglieder vom FRU bestimmt
werden. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die
eingereichten Arbeiten können leider nicht zurückgegeben werden.
Der FRU lädt die Preisträger bzw. Preisträgerinnen
zur Teilnahme am ARL-Kongress 2016 in Hannover
ein. Er sorgt bei Bedarf für Unterkunft und erstattet
die Fahrtkosten nach dem Bundesreisekostengesetz.
Die Preisträger verpflichten sich zur unentgeltlichen
Übertragung des Rechts zur Veröffentlichung ihrer
eingereichten Arbeiten oder von Teilen daraus an
den FRU bzw. an die ARL, sofern in deren Verlag eine
Veröffentlichung erfolgt.
Die Arbeiten sind einzureichen an folgende Adresse:
Förderkreis für Raum- und Umweltforschung e. V.
Geschäftsstelle
Jury Werner-Ernst-Preis 2015
ARL
Hohenzollernstraße 11
30161 Hannover
Auskünfte erteilt Prof. Dr. Andreas Klee von der Geschäftsstelle des FRU, Tel. 0511 34842-39, Fax 0511
34842-41, E-Mail: [email protected].
Quellen
Brake, K.; Herfert, G. (2012): Auf dem Weg zu einer Reurbanisierung? In: Brake, K.; Herfert, G. (Hrsg.): Reurbanisierung: Materialität und Diskurs in Deutschland.
Wiesbaden, 12-19.
Brake, K.; Urbanczyk, R. (2012): Reurbanisierung – Strukturierung einer begrifflichen Vielfalt. In: Brake, K.; Herfert,
G. (Hrsg.): Reurbanisierung: Materialität und Diskurs in
Deutschland. Wiesbaden, 34-51.
WBGU – Wissenschaftlicher Beirat Globale Umweltveränderungen (2011): Welt im Wandel – Gesellschaftsvertrag
für eine Große Transformation. Hauptgutachten. Berlin.
http://www.wbgu.de/fileadmin/templates/dateien/
veroeffentlichungen/hauptgutachten/jg2011/wbgu_
jg2011.pdf (28.04.2015).
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AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
nfobörse
FRU c/o ARL
Hohenzollernstr. 11
30161 Hannover
Fax: 0511 34842-41
[email protected]
Unter dieser Rubrik erscheinen Hinweise auf kürzlich abgeschlossene Diplomarbeiten und Dissertationen. Der Förderkreis
möchte auf diese Weise auf Leistungen des wissenschaftlichen
Nachwuchses aufmerksam machen. Interessenten können die
Adressen, an die Anfragen zu den gemeldeten Arbeiten zu richten
sind, über den Förderkreis erhalten.
Diese Rubrik steht allen inner- und außerhalb des personalen
Netzwerks der ARL zur Verfügung; eine Auswahl ist vorbehalten.
Informationen über Arbeiten (nicht älter als sechs Monate), die in
den folgenden Heften der ARL-Nachrichten veröffentlicht werden
können, werden erbeten an:
Diplomarbeiten, Dissertationen etc.
Kürzlich abgeschlossene Arbeiten
HafenCity Universität Hamburg
Lindfeld, Julia
Industrieallmende – Weg aus der gentrifizierten
Industrie
(Dissertation, abgeschl. 07/2015)
■■
Band 73
Band 73
Heft 3
Heft 4
Juni 2015
August 2015
Papierausgabe:
ISSN 0034-0111
Elektronische Ausgabe:
ISSN 1869-4179
Papierausgabe:
ISSN 0034-0111
Elektronische Ausgabe:
ISSN 1869-4179
Zur Diskussion
Wissenschaftliche Beiträge
Hans Heinrich Blotevogel / Timm Sebastian Wiegand
Anne Rabe / Uta Hohn
Zur Evaluation von Wissensgenerierung und Wissenstransfer in der Akademie für Raumforschung und Landesplanung
(ARL) – Leibniz-Forum für Raum-wissenschaften
Die Innere Stadt als Wohnstandort der „jungen Alten“?
Wissenschaftliche Beiträge
Claus-C. Wiegandt / Frank Osterhage /
Stefan Haunstein
Polyzentralität in Deutschland – Eine vergleichende Untersuchung für drei Stadtregionen
Manfred Kühn / Ulrike Milstrey
Mittelstädte als periphere Zentren: Kooperation,
Konkurrenz und Hierarchie in schrumpfenden
Regionen
Simone Strambach / Hendrik Kohl
Mobilitätsdynamiken und Wissensarbeit – zum Wandel
berufsbedingter zirkulärer Mobilität
Thomas K. Bauer / Rüdiger Budde / Martin Micheli /
Uwe Neumann
Immobilienmarkteffekte des Emscherumbaus?
Stefan Greiving / Florian Flex / Thomas Terfrüchte
Vergleichende Untersuchung der Zentrale-OrteKonzepte in den Ländern und Empfehlungen zu ihrer
Weiterentwicklung
Robert Nadler / Knut Petzold / Robert Schönduwe
Doing Online Surveys: Zum Einsatz in der sozial-wissenschaftlichen Raumforschung
Bericht aus Forschung und Praxis
Sascha Anders
Lebensmitteldiscounter und Supermarkt. Untersuchung zu
Verkehrseffekten, Einzugsgebieten, Vorlieben der Kunden
und zum Genehmigungsprozess vor dem Hintergrund der
Regelungen des § 11 Abs. 3 BauNVO
52
Bestellungen nimmt der Verlag entgegen:
Springer Customer Service Center GmbH
Haberstraße 7, 69126 Heidelberg
Tel. (+49-6221) 3454303
Fax (+49-6221) 3454229
E-Mail: [email protected]
www.springer.com/geography/human+geography/journal/13147
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AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
Ausgewählte
Zeitschriftenbeiträge
1. Theoretische und methodische Grundlagen
Balland, P.-A.; Boschma, R.; Frenken, K.
(2015): Proximity and Innovation:
From Statics to Dynamics. In: Regional Studies 49 (6), 907-920.
Battis, U. (2015): Baukultur – Operationalisierung eines Rechtsbegriffs.
In: Die Öffentliche Verwaltung 68
(12), 508-518.
Benediktsson, K.; Brunn, S. D. (2015):
Time Zone Politics and Challenges
of Globalisation. In: Tijdschrift voor
economische en sociale geografie
106 (3), 276-290.
Bitterer, N.; Heeg, S. (2015): Die Macht
der Zahlen. Kalkulative Praktiken in
der Immobilienwirtschaft. In: Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie 59
(1), 34-50.
Innenentwicklung in den Städten
und Gemeinden? In: fub – Flächenmanagement und Bodenordnung
77 (2), 75-79.
A
ls Informationsservice für die
Forschung und zur Förderung
des Trans­fers raumwissenschaftlicher Forschungsergebnisse in die
Praxis wird in den ARL-Nachrichten
in jedem Heft auf raumrelevante
Bei­träge aus national und international bedeutsamen Zeitschriften
hingewiesen. Vollständigkeit wird
nicht angestrebt. Autoren und
Leser werden gebeten, die Redaktion auf erwähnenswerte Arbeiten
aufmerksam zu machen.
Glenn, D. T.; Endter-Wada, J.; Kjelgren,
R.; Neale, C. M. U. (2015): Tools
for evaluating and monitoring
effectiveness of urban landscape
water conservation interventions
and programs. In: Landscape and
Urban Planning 139, 82-93.
Die Aufsätze werden nur einmal
– nach ihrem inhaltlichen Schwerpunkt – einer Rubrik zugeordnet.
Greenlee, A. J.; Edwards, M.; Anthony,
J. (2015): Planning Skills: An Examination of Supply and Local Government Demand. In: Journal of
Planning Education and Research
35 (2), 161-173.
2. Raumplanung
und -entwicklung
Hanisch, J. (2015): Zukunft der Planung
... Zur Wiedergewinnung des
Politischen über die deregulierte
Ökonomie. In: Planerin (3), 35-36.
Die Zeitschriftenschau ist wie folgt
gegliedert:
1. Theoretische und
methodische Grundlagen
3. Umwelt
4. Wirtschaft
5. Soziales
6. Infrastruktur
reach and Education. In: Journal of
Planning Education and Research
35 (2), 174-187.
Brandmeyer, O. (2015): Crowdfunding
Urbanism. Schwarmfinanzierung
als Instrument der Stadtentwicklung. In: Planerin (3), 10-12.
Hansjürgens, B. (2015): Zur Neuen
Ökonomie der Natur: Kritik und
Gegenkritik. In: Wirtschaftsdienst
95 (4), 284-291.
Brandt, A. (2015): Zivilgesellschaft in
postdemokratischen Zeiten. In:
Neues Archiv für Niedersachsen
(1), 22-31.
Hofmann, H. (2015): Zur Abschaffung
der Quoren bei Bürgerentscheiden. In: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 34 (11), 715-718.
Mäntysalo, R.; Kangasoja, J. K.; Kanninen, V. (2015): The paradox of strategic spatial planning: A theoretical
outline with a view on Finland. In:
Planning Theory & Practice 16 (2),
169-183.
Busch-Geertsema, A.; Klinger, T.;
Lanzendorf, M. (2015): Wo bleibt
eigentlich die Mobilitätspolitik?
Eine kritische Auseinandersetzung
mit Defiziten und Chancen der
deutschen Politik und Forschung
zu Verkehr und Mobilität. In: Informationen zur Raumentwicklung
(2), 135-148.
Homburg, S.; Dullien, S.; Höpner, M.;
Schrader, K.; Schettkat, R. (2015):
Austeritätspolitik in der Europäischen Währungsunion: Bilanz und
Perspektiven. In: Wirtschaftsdienst
95 (4), 231-248.
Plüss, L. (2015): Municipal councillors
in metropolitan governance: Assessing the democratic deficit of
new regionalism in Switzerland.
In: European Urban and Regional
Studies 22 (3), 261-284.
Kawka, R. (2015): Gleichwertigkeit messen. In: Informationen zur Raumentwicklung (1), 71-82.
Schmitz, H.; Haselmann, C. (2015):
Das raumordnerische Wegplanen von Konzentrationszonen für
Windenergieanlagen und seine
entschädigungsrechtlichen Folgen.
In: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 34 (13), 846-852.
Deschermeier, P. (2015): Die Entwicklung der Bevölkerung Deutschlands bis 2030 – ein Methodenvergleich. In: IW-Trends 42 (2), 97-111.
Fina, S.; Lintzmeyer, F.; Müller-Herbers,
S. (2015): Der neue Vitalitäts-Check
2.0 – Unterstützung der Daseinsvorsorge und Innenentwicklung
im ländlichen Raum. In: Planerin
(3), 33-34.
Friesecke, F.; Kötter, T. (2015): Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme gem. §§ 165 ff. BauGB – ein
Instrument für die erfolgreiche
Kment, M.; Pleiner, T. (2015): Neues
von der Abschnittsbildung – Planerisches Instrument gewinnt weiter
an Konturen. In: Deutsches Verwaltungsblatt 130 (9), 542-547.
Kummer, K. (2015): Die Ministerkonferenz für Raumordnung. In: fub
– Flächenmanagement und Bodenordnung 77 (2), 49-52.
Söfker, W. (2015): Die neuen bauplanungsrechtlichen Vorschriften für
die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden. In:
fub – Flächenmanagement und
Bodenordnung 77 (2), 53-57.
Mandarano, L. (2015): Civic Engagement Capacity Building: An Assessment of the Citizen Planning
Academy Model of Public Out-
Soja, E. (2015): Accentuate the Regional. In: International Journal of
Urban and Regional Research 39
(2), 372-381.
Nachrichten der ARL • 3/2015
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AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
Sondermann, M. (2015): Zivilgesellschaftliches Engagement und die
kulturelle Dimension kooperativer
Stadtgrünentwicklung am Beispiel
Hannovers. In: Neues Archiv für
Niedersachsen (1), 98-111.
Steffenhagen, P.; Weitkamp, A. (2015):
Perspektive „Leerstand“ im Dorf
– Möglichkeiten zum Einsatz zivilgesellschaftlichen Engagements.
In: Neues Archiv für Niedersachsen
(1), 70-81.
Sternberg, R. (2015): The publication
and citation behaviour of economic geographers and geographical
economists compared. In: Review
of Regional Research 35 (1), 1-27.
Sung, H.; Lee, S.; Cheon, S. H. (2015):
Operationalizing Jane Jacobs’s
Urban Design Theory: Empirical
Verification from the Great City of
Seoul, Korea. In: Journal of Planning Education and Research 35
(2), 117-130.
Weichselgartner, J.; Kelman, I. (2015):
Geographies of resilience: Challenges and opportunities of a descriptive concept. In: Progress in
Human Geography 39 (3), 249-267.
Weizsäcker, E. U. (2015): Ohne Entkoppelung keine Zukunft. Wohlstand
und Ressourcenverbrauch. In: Politische Ökologie 33 (141), 140-143.
Wrede, M. (2015): Akzeptanz der Förderung gleichwertiger Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen.
In: Review of Regional Research 35
(1), 103-119.
Zbidi, M. (2015): Islamische Normenlehre zum Umweltschutz. In:
Zeitschrift für Umweltrecht 26 (6),
323-330.
2. Raumplanung und -entwicklung
Baars, R.; Schlottmann, A. (2015): Spatial Multidimensionalities in the
Politics of Regions: Constituting
the ‘Phantom Region’ of Central
Germany. In: Erdkunde – Archive
for Scientific Geography 69 (2),
175-186.
Bannò, M.; Piscitello, L.; Varum, C.
(2015): Determinants of the Internationalization of Regions: The
Role and Effectiveness of Public
Policy Measures. In: Regional Studies 49 (7), 1208-1222.
54
Brandt, E. (2015): Gleichwertige Lebensverhältnisse – verfassungsrechtliche Grundlagen. In: Informationen zur Raumentwicklung
(1), 1-9.
Liu, T. Y.; Su, C.-W.; Jiang, X.-Z. (2015):
Is economic growth improving urbanisation? A cross-regional study
of China. In: Urban Studies 52 (10),
1883-1898.
Broekel, T. (2015): Do Cooperative
Research and Development (R&D)
Subsidies Stimulate Regional Innovation Efficiency? Evidence from
Germany. In: Regional Studies 49
(7), 1087-1110.
Matthews, T.; Lo, A. Y.; Byrne, J. A.
(2015): Reconceptualizing green
infrastructure for climate change
adaptation: Barriers to adoption
and drivers for uptake by spatial
planners. In: Landscape and Urban
Planning 138, 155-163.
Brown, G.; de Bie, K.; Weber, D. (2015):
Identifying public land stakeholder
perspectives for implementing
place-based land management.
In: Landscape and Urban Planning
139, 1-15.
Einig, K. (2015): Gewährleisten Zentrale-Orte-Konzepte gleichwertige
Lebensverhältnisse bei der Daseinsvorsorge? In: Informationen
zur Raumentwicklung (1), 45-56.
Graziano, M.; Gillingham, K. (2015):
Spatial patterns of solar photovoltaic system adoption: The influence of neighbors and the built environment. In: Journal of Economic
Geography 15 (4), 815-839.
Gruber, E. (2015): Nutzen statt Besitzen.
Ein Beitrag zur aktuellen Genossenschaftsdebatte im Wohnbau und
der Stadtentwicklung in Österreich.
In: RaumPlanung (179), 40-46.
Gutting, R. (2015): Innenentwicklungspotenzial Baulücke – Evaluierung
einer Methodik zur Baulückendetektion. In: fub – Flächenmanagement und Bodenordnung 77 (1),
38-44.
Heidenreich, M.; Plaza, B. (2015): Renewal through Culture? The Role
of Museums in the Renewal of
Industrial Regions in Europe. In:
European Planning Studies 23 (8),
1441-1455.
Koch, R. (2015): Umsiedlungen für
den Braunkohlentagebau Nochten
(Freistaat Sachsen). In: fub – Flächenmanagement und Bodenordnung 77 (2), 88-93.
Kühne, O.; Schönwald, A. (2015): San
Diego: Trouble in Paradise? Zwischen Stadterneuerung, Reurbanisierung und restriktiver Steuerpolitik. In: Geographische Rundschau
67 (5), 49-54.
Kunzmann, K. R.; Koll-Schretzenmayr,
M. (2015): A Planning Journey
Across Europe in the Year 2015.
In: disP – The Planning Review 51
(200), 86-90.
Mossig, I.; Andreas, V. (2015): Leitbilder
der Stadtentwicklung in die Tat
umsetzen – Das Beispiel der teilräumlichen Umsetzung im Bremer
Westen. In: Standort 39 (1), 11-16.
Peters, B. (2015): Die Bürgerbeteiligung
nach dem Energiewirtschafts- und
Netzausbaubeschleunigungsgesetz – Paradigmenwechsel für die
Öffentlichkeitsbeteiligung im Verwaltungsverfahren? In: Deutsches
Verwaltungsblatt 130 (13), 808-815.
Rodríguez-Pose, A.; Di Cataldo, M.
(2015): Quality of government and
innovative performance in the regions of Europe. In: Journal of Economic Geography 15 (4), 673-706.
Rodríguez-Pose, A.; Garcilazo, E.
(2015): Quality of Government and
the Returns of Investment: Examining the Impact of Cohesion Expenditure in European Regions. In:
Regional Studies 49 (8), 1274-1290.
Scharmann, L. (2015): Gleichwertige
Lebensverhältnisse (nur) durch
„gleiche“ Mindeststandards? Ansätze und Sichtweisen aus der Landesplanung am Beispiel Sachsens. In:
Informationen zur Raumentwicklung (1), 29-43.
Schläpfer, F.; Waltert, F.; Segura, L.;
Kienast, F. (2015): Valuation of
landscape amenities: A hedonic
pricing analysis of housing rents
in urban, suburban and periurban
Switzerland. In: Landscape and
Urban Planning 141, 24-40.
Strauß, C.; Dutkowski, M.; Löwis, S. v.;
Hennen, M.; Weith, T.; Kuschel, A.;
Overwien, P.; Plate, E.; SchmidtKaden, P. I. (2015): Leitbilder der
räumlichen Entwicklung – Mehr
Pflicht als Aufbruch? In: Standort
39 (1), 2-10.
Strotkamp, H.-P.; Laux, R. (2015): Auswirkungen der demografischen
Entwicklung auf den Immobilienmarkt in Rheinland-Pfalz. In: fub
– Flächenmanagement und Bodenordnung 77 (1), 1-6.
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26.11.2015 11:54:20
AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
Zarycki, T. (2015): The electoral geography of Poland: Between stable
spatial structures and their changing interpretations. In: Erdkunde
– Archive for Scientific Geography
69 (2), 107-124.
3.Umwelt
Albrecht, J.; Hofmann, M. (2015): Fortschreibung der Maßnahmenprogramme und Bewirtschaftungspläne nach Wasserrahmenrichtlinie.
Empfehlungen aus Naturschutzsicht. In: Natur und Landschaft 90
(5), 230-236.
Baumann, A. (2015): Die Agrarumweltprogramme 2015 – 2020 und ihre
absehbare Eignung zum Stopp
des Artenschwunds. Am Beispiel
Baden-Württembergs. In: Natur
und Landschaft 39 (6), 278-282.
Bender-Kaphengst, S. (2015): Wenn die
Vielfalt schwindet. Bedrohte Biodiversität. In: Politische Ökologie 33
(141), 38-43.
Benzler, A.; Fuchs, D.; Hünig, C. (2015):
Methodik und erste Ergebnisse des
Monitorings der Landwirtschaftsflächen mit hohem Naturwert in
Deutschland. Beleg für aktuelle
Biodiversitätsverluste in der Agrarlandschaft. In: Natur und Landschaft 90 (7), 309-316.
Bratman, G. N.; Daily, G. C.; Levy, B. J.;
Gross, J. J. (2015): The benefits of
nature experience: Improved affect
and cognition. In: Landscape and
Urban Planning 138, 41-50.
Breuer, W.; Brücher, S.; Dalbeck, L.
(2015): Der Uhu und Windenergieanlagen. Erkenntnisse, Vermutungen und Schlussfolgerungen. In:
Naturschutz und Landschaftsplanung 47 (6), 165-172.
Brown, R. D.; Vanos, J.; Kenny, N.;
Lenzholzer, S. (2015): Designing
urban parks that ameliorate the
effects of climate change. In: Landscape and Urban Planning 138,
118-131.
Conway, T. M.; Vander Vecht, J. (2015):
Growing a diverse urban forest:
Species selection decisions by
practitioners planting and supplying trees. In: Landscape and Urban
Planning 138, 1-10.
Dauber, J.; Klimek, S. (2015): Biodiversität auf Äckern, Wiesen und Weiden
in Deutschland. Die Herausforderung einer Bestandsaufnahme.
In: Natur und Landschaft 90 (6),
258-262.
Debarbieux, B.; Price, M. F.; Balsiger,
J. (2015): The Institutionalization
of Mountain Regions in Europe. In:
Regional Studies 49 (7), 1193-1207.
Feess, E.; Ruhnau, S. G. (2015): The
determinants of environmental
awareness. A multilevel analysis
including value systems. In: Zeitschrift für Umweltpolitik & Umweltrecht 38 (2), 147-184.
Gruber, J.; Rudolph, C.; Kolarova, V.
(2015): Einflussfaktoren bei der Einführung des Lastenrads im urbanen
Wirtschaftsverkehr. In: Zeitschrift
für Wirtschaftsgeographie 59 (2),
115-129.
Luick, R.; Jedicke, E.; Metzner, J. (2015):
Extensive Beweidung von Grünland. Auswirkungen der neuen
Gemeinsamen Agrarpolitik der
EU. In: Natur und Landschaft 90
(6), 283-289.
Mossman, H. L.; Panter, C. J.; Dolman,
P. M. (2015): Modelling biodiversity
distribution in agricultural landscapes to support ecological network planning. In: Landscape and
Urban Planning 141, 59-67.
Pannozzo, P. L.; Quintana-Ascencio,
P. F.; Ross Hinkle, C.; Noss, R. F.
(2015): Are state growth management programs viable tools for
biodiversity conservation? A case
study examining Florida local
governments. In: Landscape and
Urban Planning 139, 94-103.
Petschulat, A. (2015): Naturschutz nach
der Föderalismusreform: Voraussetzungen der Abweichungsgesetzgebung. In: Natur und Recht 37 (4),
241-246.
Rühs, M.; Wüstemann, H. (2015):
Was kostet der Naturschutz in
Deutschland? Eine Spezifizierung
des Finanzbedarfs, aktueller Ausgaben und Finanzierungslücken.
In: Zeitschrift für Umweltpolitik &
Umweltrecht 38 (1), 29-53.
Tirpitz, K.; Gebauer, C. (2015): Transnationales Nationalparkmanagement und Gorillaschutz in der
Virungaregion. In: Geographische
Rundschau 67 (6), 24-31.
Weber, F.; Weber, F. (2015): Naturparke
und die Aufgaben der nachhaltigen
Regionalentwicklung. Jenseits von
Wanderwegemarkierern und Parkbankaufstellern. In: Naturschutz
und Landschaftsplanung 47 (5),
149-156.
Zhang, B.; Xie, G.; Li, N.; Wang, S.
(2015): Effect of urban green space
changes on the role of rainwater
runoff reduction in Beijing, China.
In: Landscape and Urban Planning
140, 8-16.
4.Wirtschaft
Bonin, H. (2015): Langfristige fiskalische
Erträge künftiger Zuwanderung
nach Deutschland. In: Wirtschaftsdienst 95 (4), 262-268.
Caloffi, A.; Rossi, F.; Russo, M. (2015):
What Makes SMEs more Likely to
Collaborate? Analysing the Role
of Regional Innovation Policy. In:
European Planning Studies 23 (7),
1245-1264.
Conrad, C. A. (2015): Die Auswirkungen der Spekulation mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen. In:
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6_AusderRaumszene_3-2015(S43-60).indd 55
55
26.11.2015 11:54:20
AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
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56
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AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
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Rechtsrahmen für den Bau und Betrieb unterirdischer Pumpspeicherkraftwerke. In: Natur und Recht 37
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von Trassenkorridoren für Höchstspannungsleitungen. Grundlegende Regelungselemente des
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Verwaltungsrecht 34 (10), 616-626.
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von Umschlaghäfen in der Form
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Koch, M. (2015): Ausbau der Windenergie – Möglichkeiten und Probleme der Umsetzung. In: UVPreport 28 (5), 220-229.
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Schutz von Natur und Landschaft in
der SUP und der fachplanerischen
Abwägung. In: Neue Zeitschrift für
Verwaltungsrecht 34 (10), 626-633.
Kühling, W.; Scholles, F. (2015): Netzausbau und erneuerbare Energien.
Einführung in das Schwerpunktthema. In: UVP-report 28 (5), 206.
Lehnert, W. (2015): Direktvermarktung
und Netzintegration von Strom
aus erneuerbaren Energien im EEG
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Rechtspraxis. In: Zeitschrift für Umweltrecht 26 (5), 277-287.
Maslaton, M.; Hauk, U. (2015): Das
Elektromobilitätsgesetz (EmoG) –
„Das wird schon klappen“. In: Neue
Zeitschrift für Verwaltungsrecht 34
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The Impact of Transport Infrastructure. In: Regional Studies 49 (7),
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Mitze, T.; Burgard, C.; Alecke, B. (2015):
The tuition fee ‘shock’: Analysing
the response of first-year students
to a spatially discontinuous policy
change in Germany. In: Papers in
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Scholvin, S.; Maupin, A.; Cuesta
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und Hürden der Kooperation im
Energiesektor in Afrika. In: Geographische Rundschau 67 (6), 52-57.
Vasudevan, A. (2015): The autonomous
city: Towards a critical geography
of occupation. In: Progress in Human Geography 39 (3), 316-337.
Vasudevan, A. (2015): The autonomous
city: Towards a global geography
of squatting. In: Progress in Human
Geography 39 (3), 338-359.
Wagner, J. (2015): „Fracking“ – der Regierungsentwurf. In: Umwelt- und
Planungsrecht 35 (6), 201-207.
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der Verkehrssysteme. Warum sich
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einer Mobilitätsplanung weiterentwickeln sollte. In: Standort 39
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Neiberger, C. (2015): Leitbild Nachhaltigkeit – radikaler Wandel in Güter-
Nachrichten der ARL • 3/2015
6_AusderRaumszene_3-2015(S43-60).indd 57
57
26.11.2015 11:54:20
AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
Neuerscheinungen aus anderen Verlagen
Mei-Ing Ruprecht
Serge Latouche
Bauliche Erneuerungen
und demographische
Veränderungen in
Zeilenbauten der
1950/60er Jahre
Es reicht!
Das Beispiel Hannover
IÖR Schriften 66
Z
eilenbauten der 1950/60er Jahre
wurden nach dem Leitbild der „gegliederten und aufgelockerten Stadt“
errichtet, liegen aus heutiger Sicht
innenstadtnah und bieten kompakten, meist preisgünstigen Wohnraum.
Zeilenbauten werden große Entwicklungspotenziale zugeschrieben, jedoch
können eine „doppelte Alterung“ von
Bewohnerschaft und Gebäudebeständen, die Konzentration sozial benachteiligter Haushalte sowie Verkäufe von
Wohnungsbeständen an internationale
Wohnungsanbieter zu Umbrüchen
und ggf. zu Abwärtsspiralen führen.
Abrechnung mit dem
Wachstumswahn
L
eise Töne sind seine Sache nicht,
auch nicht im Alter von über 70
Jahren. Expräsident Sarkozy verglich
seine Antiwachstumsbewegung Décroissance schon einmal mit Terrorismus – zu Unrecht, denn gewaltsame
Veränderungen sind Serge Latouche
fremd.
Was er hingegen liebt, ist die wortstarke Provokation, und so fordert
er nichts anderes als eine radikale Absage an die „Religion der
Ökonomie“. Konkret plädiert Latouche für einen politischen und
wirtschaftlichen Mix aus Schrumpfung
und Regionalisierung sowie die
Übertragung aller echten Kosten auf
die Verursacher „ökologischer und
sozialer Funktionsstörungen“, die Unternehmen.
Diedrich Bruns, Olaf Kühne, Antje
Schönwald, Simone Theile (Eds.)
Landscape Culture –
Culturing Landscapes
The Differentiated
Construction of
Landscapes
I
n this book an international group
of authors reflects mechanisms of
the cultural and social construction
of landscapes. International migration
and global exchange are associated
with a multitude of different cultural
meanings of landscapes. The logics
of multi-cultural perceptions and
meanings of landscape call for transdisciplinary research, and for guidance
on addressing culturally sensitive issues
and inclusion in practical planning.
ISBN 978-3-658-04283-7
•
Frank Othengrafen,
Martin Sondermann (Hrsg.)
Was trägt zu einer Modernisierung
oder zu einer Abwertung bei? Welche
Möglichkeiten gibt es, diesen großen
Wohnungsbestand der Nachkriegszeit
weiterzuentwickeln? Da kleinräumige
quantitative Studien zu baulichen und
demographischen Veränderungen
bislang fehlen, wurde am Beispiel der
Stadt Hannover eine gebäudetypspezifische Analyse für Zeilenbauten der
1950/60er Jahre durchgeführt.
ISBN 978-3-944101-66-8
58
In „Es reicht!“ präsentiert die Gallionsfigur der französischen Wachstumskritik ein Politikprogramm jenseits des
Wachstums, ein Plädoyer für eine Welt
der Suffizienz, Einfachheit und bescheidenen Fülle. Seine Abrechnung mit
dem Wachstumswahn wird begleitet
von einem Vorwort von Niko Paech.
Städtische Planungskulturen im Spiegel von
Konflikten, Protesten
und Initiativen
ISBN 978-3-86581-707-5
n der Stadtentwicklung treffen unterschiedliche Akteure mit ihren
Ansprüchen und Sichtweisen, Werten
und Idealen aufeinander, was zu Kon-
Planungsrundschau 23
I
3/2015 • Nachrichten der ARL
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26.11.2015 11:54:34
AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
Wege) im Längsschnitt individueller
Lebensläufe zu erfassen und zu verstehen. Dazu wurde eine Reihe von
theoretischen und methodischen
Grundlagen sowie konzeptionellen
Ideen entwickelt. In jüngster Zeit werden diese ergänzt durch eine beachtliche Anzahl empirischer Studien. Das
Buch umfasst sowohl theoretische und
methodische Überlegungen als auch
aktuelle empirische Arbeiten aus dem
Forschungsfeld.
ISBN 978-3-658-07545-3
•
Holger Floeting (Hrsg.)
flikten und Protesten führt – oder auch
die Entstehung zivilgesellschaftlicher
Initiativen fördert. Welche Möglichkeiten hat die Stadtplanung, hiermit
umzugehen? Und inwieweit verändern
sich städtische Planungskulturen im
Spiegel von Konflikten, Protesten und
Initiativen? Diesen Fragen widmet sich
der Band.
ISBN 978-3-937735-15-3
•
Joachim Scheiner, Christian HolzRau (Hrsg.)
Räumliche Mobilität
und Lebenslauf
Studien zu Mobilitätsbiografien und Mobilitätssozialisation
Studien zur Mobilitäts- und
Verkehrsforschung 27
S
eit etwa zehn Jahren werden in
der Verkehrsforschung Versuche
unternommen, die Mobilität (im Sinne
der täglichen oder auch selteneren
Sicherheit in der Stadt
Rahmenbedingungen –
Praxisbeispiele – Internationale Erfahrungen
Edition Difu – Stadt,
Forschung, Praxis 14
U
rbane Sicherheit umfasst eine
große Vielfalt von Aufgaben. An
der Schaffung und dem Erhalt sicherer
Städte ist eine Vielzahl von Akteuren
beteiligt. Sicherheit ist im Grundsatz
eine staatliche Aufgabe. Für viele Bürgerinnen und Bürger und damit auch
in der öffentlichen Diskussion sind
aber die Städte und Gemeinden die
ersten Ansprechpartner, wenn es um
Missstände geht. Integrierte Ansätze
kommunaler Sicherheitspolitik sind mit
der Einbeziehung einer Vielzahl von
Handelnden in der Kommunalverwaltung vom Stadtplanungsamt bis zum
Jugendamt und über die Verwaltung
hinaus verbunden.
Handlungsoptionen bestehen, wird
häufig ideologisch geprägt diskutiert:
Setzt man eher auf das solidarische
Verhalten der Bürgerinnen und Bürger,
gegenseitige Rücksichtnahme, das
Gewähren von Spielräumen sowie auf
Aushandlungsprozesse im Umgang
miteinander oder auf das Schaffen
und Durchsetzen von Regeln, verstärkte Kontrolle und Ahndung von
Regelübertretungen? Werden eher
Top-down- oder Bottom-up-Ansätze
favorisiert? In welchem Maß hält man
Prävention für notwendig und das
Zusammenwirken von Prävention und
Repression für sinnvoll? Wie werden
Störungsfreiheit einerseits und Lebendigkeit andererseits in einer Stadt
bewertet?
ISBN 978-3-88118-534-9
•
Gudrun Claßen, Jonathan Franke,
Karin Lorenz-Hennig
Kommunale
Wohnungsbestände
in Deutschland
Ergebnisse der BBSRKommunalbefragung
2012 vor dem Hintergrund
aktueller Herausforderungen
Analysen Bau. Stadt.
Raum. 11
D
as Bundesinstitut für Bau-, Stadtund Raumforschung hat im Jahr
2012 eine bundesweite Befragung
aller Städte und Gemeinden ab 5.000
Einwohnern und aller Landkreise zur
kommunalen Wohnraumversorgung
und zu kommunalen Wohnungsbe-
Sicherheit und Ordnung in der Stadt
sind kontrovers diskutierte Themen.
Wie sie bewertet werden und welche
Nachrichten der ARL • 3/2015
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59
26.11.2015 11:54:39
AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
ständen durchgeführt. Aktuellen Herausforderungen wie der Versorgung
einkommensschwacher Haushalte, der
zunehmenden Alterung der Bevölkerung sowie der Erfüllung klimapolitischer Ziele wurde dabei besondere
Aufmerksamkeit geschenkt.
Die Veröffentlichung enthält die differenzierten Ergebnisse der Befragung.
Sie gibt ein umfassendes Bild zu Umfang und Eigentumsformen, Strukturmerkmalen, energetischem Zustand
und Altersgerechtigkeit des kommunalen Wohnungsbestandes. Darüber
hinaus enthält sie Analysen zu Investitionen in die kommunalen Wohnungen
und zum Beitrag dieser Wohnungen
zur Wohnraumversorgung.
ISBN 978-3-515-11027-3
•
Harald A. Mieg, Heike Oevermann
(Hrsg.)
Planungsprozesse
in der Stadt:
die synchrone
Diskursanalyse
P
lanungsprozesse in der Stadt sind
oftmals gekennzeichnet durch Konflikte, aber auch durch die Vermittlung
unterschiedlicher Anliegen und die
Entwicklung alternativer Gestaltungsoptionen.
Das Buch bietet Praktikern sowie für
Studium und Forschung die geeigneten
Werkzeuge, um Transformationsprozesse zu analysieren und zu verstehen
sowie in diesen regulativ wirksam zu
handeln. Ein Fallbeispiel (Industriekomplex Zeche Zollverein in Essen)
veranschaulicht Theorie und Praxis.
ISBN 978-3728136381
•
Annedore Bergfeld, Robert Nadler
Mobilität und Arbeitsmarktverflechtungen in
der EURES-TriRegio
forum ifl 27
D
ie detaillierte Aufbereitung der
Barrieren und Hemmnisse für
den grenzüberschreitenden Austausch
von Arbeitskräften innerhalb der
EURES-TriRegio sowie die Ableitung
entsprechender Handlungsempfehlungen basiert auf der detaillierten
Analyse der Ausgangssituation, der
Auswertung verfügbarer Literatur sowie
der Befragung von Arbeitsmarkt- und
Wirtschaftsexperten aus den drei Teilregionen der EURES-TriRegio. Zudem
wurden die Ergebnisse in einem trilateralen Workshop mit Akteuren aus
allen Teilregionen diskutiert und die
herausgearbeiteten Handlungsansätze
weiter präzisiert.
Paul Gans, Ingrid Hemmer (Hrsg.)
Zum Image der Geographie in Deutschland
Ergebnisse einer
empirischen Studie
forum ifl 29
D
ie vorliegenden Studienergebnisse dienen der Diskussion,
nicht zuletzt darüber, wie man mit den
Images der Geographie, die durch die
Studie sichtbar gemacht wurden und
die dadurch eine gewisse Wirksamkeit
bzw. Macht entfalten könnten, umgeht.
Startet man Versuche, die Stärken der
Geographie in ein besseres Licht zu
rücken oder an den Schwächen zu
arbeiten, versucht man im Konsens
einen Soll-Wert zu definieren und sich
diesem anzunähern?
Das Fazit endet mit Vorschlägen, die
von den Probanden der Studie hinsichtlich einer weiteren Steigerung der
Attraktivität des Schulfaches Geographie und einer besseren Platzierung
der Wissenschaft Geographie in den
Medien angeregt wurden.
Online-Ausgabe: www.ifl-leipzig.de/
de/publikationen/zeitschriften-undreihen/forum-ifl.html
ISBN 978-3-86082-100-8
In diesem Kontext wird es zunehmend wichtiger, Debatten und Entscheidungsprozesse zu verstehen. Hier
setzt die synchrone Diskursanalyse an:
Sie ist ein Instrument, um Konflikte
und Vermittlungen über Ziele und
Konzepte in Planungs- und Transformationsprozessen der Stadt systematisch
zu erfassen.
60
Online-Ausgabe: www.ifl-leipzig.de/
de/publikationen/zeitschriften-undreihen/forum-ifl.html
ISBN 978-3-86082-096-4
3/2015 • Nachrichten der ARL
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26.11.2015 11:54:44
KURZPROFIL / IMPRESSUM
AKADEMIE
FÜR RAUMFORSCHUNG
UND LANDESPLANUNG
Über die ARL
LEIBNIZ-FORUM FÜR RAUMWISSENSCHAFTEN
Die Akademie für Raumforschung
und Landesplanung (ARL) – LeibnizForum für Raumwissenschaften ist
eine selbstständige und unabhängige außeruniversitäre raumwissenschaftliche Forschungseinrichtung.
Seit ihrer Gründung im Jahr 1946
versteht sich die ARL als Forum und
Kompetenzzentrum für die Erforschung räumlicher Strukturen und
Entwicklungen, ihrer Ursachen und
Wirkungen sowie ihrer politisch-planerischen Steuerungsmöglichkeiten. Der Fokus liegt auf den für eine
nachhaltige Entwicklung bedeutsamen Bereichen Wirtschaft, Soziales,
Ökologie und Kultur sowie deren
Wechselwirkungen untereinander.
Die Arbeit der ARL ist durch eine
ganzheitliche, integrative und zukunftsorientierte Perspektive auf
komplexe raumbezogene gesell-
Impressum
schaftliche Herausforderungen
gekennzeichnet. Die Zielsetzung
der Akademie besteht darin, ein
Verständnis für aktuelle räumliche
Entwicklungen und Strukturen zu
gewinnen, Probleme der Raumentwicklung zu identifizieren, eigene
Forschungsfragen zu formulieren
sowie Anregungen für Forschungen
an anderen Orten zu geben. Auf der
Basis eigener Forschungsergebnisse
und Erkenntnissen Dritter sollen
tragfähige Problemlösungsansätze für die Zukunft erarbeitet und
zielgruppenspezifisch adressiert
werden.
Die ARL ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Hannover.
Aufseiten des Landes Niedersachsen
ist das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur für
die ARL, aufseiten des Bundes ist
das Bundesministerium für Verkehr
und digitale Infrastruktur zuständig.
Die ARL ist in ihrer Funktion und
Form einzigartig, von überregionaler
Bedeutung und gesamtstaatlichem
wissenschaftspolitischem Interesse. Sie ist seit 1995 Mitglied der
Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e. V. (LeibnizGemeinschaft).
Die Besonderheit wie auch das Alleinstellungsmerkmal der ARL ist das
Zusammenwirken von ehrenamtlich
tätigen Expertinnen und Experten
aus Wissenschaft und Praxis in den
Arbeitsgremien der ARL.
Nähere Informationen über die ARL
finden Sie unter www.arl-net.de.
NACHRICHTEN DER ARL
Herausgeber: Akademie für Raumforschung
und Landesplanung (ARL®)
Leibniz-Forum für Raumwissenschaften
Hohenzollernstraße 11, 30161 Hannover
Tel.: +49 511 34842-0
Fax: +49 511 34842-41
[email protected]
www.arl-net.de
Redaktion: Dr. Gabriele Schmidt (V.i.S.d. P.)
Die Nachrichten der ARL erscheinen
viermal im Jahr.
Nachdruck mit Quellenangabe
gestattet.
Heft 3, Oktober 2015, 45. Jahrgang
Auflage: 2500
ISSN 1612-3891 (Printausgabe)
ISSN 1612-3905 (Internetausgabe)
Lektorat: Cornelia Maria Hein,
Heike Wegner
Satz /Layout: Gabriela Rojahn, Oliver Rose
Cover: Jonathan Stutz, www.fotolia.com
Druck: BenatzkyMünstermann
GmbH & Co. KG, 30559 Hannover
Nachrichten der ARL • 3/2015
61
ISSN 1612-3891
(Printausgabe)
Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier
0_Umschlag-3_2015.indd 2
ISSN 1612-3905
(Internetausgabe)
www.arl-net.de
26.11.2015 09:45:52