dora-katalog hier - Hochschule für Grafik und Buchkunst

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dora-katalog hier - Hochschule für Grafik und Buchkunst
Dora
Eine künstlerische Auseinandersetzung mit Erinnerungskultur
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S. 11
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S. 13
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S. 15
S. 16
# 10
S. 17
S. 18
# 11
S. 19
S. 22
S. 2
Dora
Eine künstlerische
Auseinandersetzung
mit Erinnerungskultur
/
An artistic approach
to the culture of
remembrance
S. 24
Die Herausforderungen
der Erinnerungskultur
S. 26 − 29
Culture of Remembrance
Der Abstand befreit das
Erinnern – ein Kommentar
zu den ausgestellten
Werken
S. 32 − 33
Der Abstand befreit das
Erinnern – ein weiterer
Kommentar zu den
ausgestellten Werken
S. 98
S. 28 − 31
Distance makes room for
Distance makes room
remembrance – comments
for remembrance – further
about the exhibited works
comments about
Impressum
S. 108 − 109
S. 32 − 33
the exhibited works
Publication details
S. 98
S. 108 − 109
The Challenges of the
Werkverzeichnis
S. 103 − 108
Artists and index of works
S. 103 − 108
»Können wir
es erfassen?«
S. 99 − 101
Can we grasp it?
S. 101 − 103
Kuratoren/ Curators:
Assistenz/ Assistant:
Prof. Torsten
Stefan-Maria
Marta Pohlmann-
Eine Ausstellung der Pasinger
Hattenkerl
Mittendorf
Kryszkiewicz
Fabrik GmbH München
(Leipzig)
(München)
(Leipzig)
in Kooperation mit der
Hochschule für Grafik und
Buchkunst Leipzig
Inhalt / Contents
S. 25
Paul Altmann
Mandy Gehrt
Juliane Jäger
Marike Schreiber
»made in germany«
»ERBSTÜCKE«
»Kohnstein«
»Russen I«
S. 83 − 85
S. S. 67 − 69
S. S. 51 − 53
»Russen II«
»Russen III«
S. S. S. 71 − 73
Natalia Bougai
Carsten Göring
Sebastian Kissel
»d wie dora«
»WEG«
»Aussenlager«
S. 79 − 81
S. 39− 41
S. 91 − 93
Luise Schröders
»27. Januar 2008«
S. 63− 65
Anna-Martha Bigalke
»o.T.«
Konstantinos-Antonios
Goutos
Dana Lorenz
S. 35 − 37
»the[video]flaneu®
2010«
Julia Wilmes
shoots auschwitz«
S. 43− 45
»10.09.1943
»Das. Objekt. Ruiniert. Alles.
S. 59 − 61
– 05.04.1945«
S. 47 − 49
Paula Gehrmann
Torsten Hattenkerl
Marta PohlmannKryszkiewicz
»Ellrich«
»heimlich«
Katrin Winklers
S. 95 − 97
S. 75 − 77
»Herzlich Willkommen in
»Als ob«
S. 87 − 89
Dachau«
S. 55 − 57
An exhibition by Pasinger
Fabrik GmbH Munich in
cooperation with the
Academy of Visual Arts
Leipzig
S. 26
Die Herausforderungen
der Erinnerungskultur
Wie sind die nationalsozialistischen Verbrechen zu erinnern,
wenn die im engeren Sinne sich selbst Erinnernden
gestorben sind? Diese Frage scheint sich seit längerem
als zentrales Problem und als einzige gemeinsame Kon stante aller Erinnerungskulturen an den Holocaust zu
erweisen. Abgesehen von der klaren weltweiten mora lischen Verurteilung, die vereinzelte antisemitische Leugnungen indirekt sogar bestätigen, kann es daher keine
einheitliche oder gar endgültige Antwort geben – weder
aus der Geschichtswissenschaft noch aus der Kunst.
Für HistorikerInnen und KünstlerInnen geht es trotz aller
Unterschiede ihrer Betätigungsfelder beim öffentlichen
Erinnern immer auch um die Anregung zur Reflektion
gemeinschaftlichen und persönlichen (Ver-)Antwortens
gegenüber dem von Deutschen verübten Menschheits verbrechen Holocaust. Statt eines Überblicks über die
aktuelle erinnerungskulturelle Formation und Diskussion
in Deutschland sollen hier charakteristische Problem stellungen angesprochen werden, die jede Form der Erinnerungskultur seit dem Nationalsozialismus betreffen.1
(Re-)Territorialisierung und (De-)Personalisierung
Eine erweiternde Erinnerungsaktivität in Deutschland mit
Blick auf die Massenverbrechen der Nationalsozialisten
führt mittlerweile weit über Auschwitz und die Gas kammern im »fernen« Osten Europas hinaus und tritt
damit aus einer Art nationalem Erinnerungshintergrund
heraus. Auch in dieser Ausstellung werden Arbeiten zu
Auschwitz mit Werken zum KZ Mittelbau-Dora bei Nordhausen kombiniert. Nach Nordhausen wurden die Lagerleitung und einige Auschwitz-Häftlinge beim Zurück weichen vor den Sowjets versetzt – die Orte waren also
S. 27
historisch enger verbunden, als es in der deutschen Erinnerungskultur bisher
wahrgenommen worden ist. Nordhausen als Ausgangspunkt entspricht damit der
erinnerungskulturellen »Re-Territorialisierung« der NS-Verbrechen in Deutschland. Es steht zugleich für die Durchführung des Holocaust in der deutschen
Provinz und die daran erkennbare Verstrickung und lange verdrängte Infor miertheit der gesamten Bevölkerung. Daraus folgte seit den 1990er Jahren
eine offizielle Einräumung in doppeltem Sinne: das öffentliche Eingestehen der
Vernichtung von Juden auch auf dem Gebiet des heutigen Deutschland einerseits
und die institutionell unterstützte und von Historikern begleitete Einrichtung bzw.
Umgestaltung von Gedenkstätten an den Orten innerdeutscher Konzentrationslager andererseits. Diese neuere Aufmerksamkeit für solche historischen Tatorte
machte eine intensivierte wissenschaftliche und allgemeinöffentliche Beschäf tigung mit den Tätern in der Mitte der Gesellschaft möglich.2 Die Gedenkstätte
Mittelbau-Dora steht exemplarisch für eine dem entsprechende Konzeption. Dort
wird überdies, die heutige Generation bewusst adressierend, versucht, die
Dominanz des grausamen und menschenunwürdigen Alltags innerhalb der
utopischen Gigantomanie zu vermitteln. Bei der Präsentation der historischen
Informationen wird auf das oft stereotypisierte Vor- und Halbwissen der Besuchenden kritisch und de-mystifizierend eingegangen, also auf die von Filmen, Computerspielen und Internet beeinflussten z. B. technikfetischistischen Erwartungshaltungen und Vorstellungen vom »Raketen-KZ«. 3 Die künstlerischen Arbeiten
spüren komplementär dazu, subjektiv, doch explizit reflektiert, nicht nur den
materiellen Spuren, sondern auch den eigenen Empfindungen gegenüber der
heutigen Beschaffenheit des Ortes nach. Die Geschichte des öffentlichen Erinn erns in Deutschland war lange Zeit auch eine des entlastenden Teil-Erinnerns und
damit Vergessens: »Die Depersonalisierung der Täter wurde gestützt durch eine
gleichzeitige Personalisierung: Hitler, Himmler […] Auch die Täter blieben nicht
einfach ungenannt, sondern wurden ausweichend und ablenkend präsentiert.« 4
Es ist genauso wichtig, den Opfern, (Mit)Tätern und Mitwissern ein Gesicht zu
geben, wie genügend Raum und Leerstellen einzuräumen, die Platz für die Ungenannten lassen, wie insbesondere das Projekt von Paul Altmann zeigt.
Es gibt keine kollektive Erinnerung:
Die KünstlerInnen scheint eine Skepsis gegenüber der im Erinnerungsdis kurs verbreiteten Vorstellung von einer kollektiven Erinnerung zu einen, die mehr
impliziert als gewisse vorfindliche soziale und mediale Möglichkeitsbedingungen
des Erinnerns. Sie zeigen auf unterschiedliche Weise, dass Erinnern ohne das
persönliche Einlassen z.B. auf den Besuch einer Gedenkstätte unvollständig bleibt.
Öffentliches Erinnern funktioniert demnach nicht automatisch. Erinnerungs arbeit ist eine individuelle Aufgabe, die auf Basis der eigenen Erfahrungen und
Empfindungen zu leisten ist. Sie kann und sollte nicht erzwungen werden.
Wach erhaltene (sekundäre) Erinnerung kann nur die von jeder Generation aktiv
aktualisierte sein. Selbst auf die Dauerhaftigkeit der materiellen Spuren ist kein
Verlass. Ihr Wandel und ihre Vergänglichkeit müssen erkannt und reflektiert
werden. Ein sozial-kollektiver, nationaler Zusammenhang ist für das Erinnern
nicht notwendig. Die Aneignung und Tradition kann eher als multi-subjektive
Erinnerung verstanden werden, die sich an alle Menschen wendet und auch
Personen in die Erinnerung einbeziehen kann, die in keinem engen oder sogar
keinerlei Verwandtschaftsverhältnis zuTätern oder Opfern stehen. Diese könnesich
dennoch für eine Zugehörigkeit zu diesem Erinnern entscheiden, indem sie sich
darauf einlassen. Die öffentliche Repräsentation der Opfer und bisher übersehenen
Opfer-gruppen sowie die institutionellen Gedenkrituale bleiben unabhängig davon
weiter wichtig. Neofaschistische und rechtsradikaleTendenzen zeigen, dass es trotz
1
Für einen guten konzisen Überblick siehe z. B. Christoph
Cornelißen: http://docupedia.de/
zg/Erinnerungskulturen#cite_
note-42, zuletzt besucht am
17.11.2010.
2
Der Historiker Michael Wildt
hat dieses neue Programm vor
wenigen Jahren mit »Tätergeschichte als Gesellschaftsgeschichte« umrissen.
3
Arich-Gerz, Bruno, Mittelbau-Dora: American and
German. Representations of
a Nazi Concentration Camp,
Bielefeld, 2009.
4
Rupnow, Dirk, Vernichten und
Erinnern, Spuren nationalsozialistischer Gedächtnispolitik, Göttingen, 2005, S. 256.
S. 28
Die Herausforderungen der Erinnerungskultur
allen Gedenkens keine kollektive Erinnerung gibt, in der der Holocaust als
Erfahrung so langfristig eingebrannt wäre, dass eine Wiederholung undenkbar schiene.
Kollektiv (zugänglich) sind nur die Bedeutungen5 sprachlicher und anderer medialer
Elemente bzw. die Orte, an denen sich die verschiedenen Perspektiven kreuzen. Die
trans-subjektive Faktizität der Untaten in nationalsozialistischen Arbeits- und Todes lagern bleibt unabhängig davon bestehen und ist selbst bei den scheinbar »nur
ästhetischen« Auseinandersetzungen Referenzpunkt. Verschiedene, auch indirekte und
subjektive, Antworten nebeneinander stehen zu lassen, ist wichtig. Denn nur mit der
Akzeptanz erheblicher Differenzen und Differenzierungen kann man den von Beginn an
verschiedenen Perspektiven der Opfer - und Tätergruppen gerecht werden und
zugleich versuchen, sich den Kategorisierungen der Täter endlich zu entziehen.
Das Unvorstellbare vorstellen
Das zu erinnernde Leiden ist uns nur
als Sekundärerfahrung zugänglich
und deshalb (wieder) schwer vorThe Challenges of the
stellbar. Zu seiner Erinnerung gehört
Culture of Remembrance
daher auch die persönliche Reflektion der eigenen Menschlichkeit
inklusive ihrer Abgründe, wie sie
sich im Holocaust in vorher und
heute nur schwer fassbarem Ausmaß gezeigt haben – und sich
How are Nazi crimes to be remembered when
erschreckender Weise in neuen
those who remember in the strict sense
have died? For some time now this queGenoziden auch heute wieder
stion appears to be a central issue and the only
auftun. Diese In-Frage-Stellung der
common constant in all cultures of rememMenschlichkeit jedes einzelnen
brance dedicated to the Holocaust. Apart from the
Betroffenen betrifft insofern auch
clear worldwide moral condemnation, which
uns Nachgeborene. Das »Unaus isolated anti-Semitic denials actually indirectly
denkliche denken zu müssen, das
confirm, there can be no single or even definitive
Unaussprechbare aussprechen zu
answer – neither from history nor from art.
lernen und das Unvorstellbare vor For all the differences in their respective fields of
zustellen versuchen« ist eine Aufga activity, for historians and artists alike public
be der Erinnerungsarbeit. Gerade
remembrance is always a matter also of stimudie Kunst hat heute die Aufgabe, die
lating reflection on common and personal respon»Unlösbarkeit eines sinnspensibilities and answers to the Holocaust as a crime
denden Gedenkens [...] selbst zum
against humanity perpetrated by Germans. Rather
ästhetischen Thema«6 zu machen.
Außerdem kann sie ein Gefühl der
than an overview of the current positions and
Beunruhigung wachhalten, das von
discussion in Germany regarding the culture of
remembrance, this paper addresses characteristic
einem solch schrecklichen Ereignis
problems that concern every form of the culture
ausgeht, oder davon, dass schon die
of remembrance since National Socialism. 1
Täter z.T. vermuteten, dass Hörer
(Re-)Territorialisation and (De-)Personalisation
und Leser den Berichten über die
In Germany a wider remembrance of the mass
grausamen Verbrechen keinen
crimes committed by the Nazis now extends far
Glauben schenken würden. 7 Die
Beachtung der Opfer- wie der Täterbeyond Auschwitz and the gas chambers in
perspektiven bedeutet daher keine
Europe’s “far east”, and thus emerges from a sort
Relativierung der Schuld oder Verof national background of remembrance. This
harmlosung jener, sondern ermög exhibition, too, combines works on Auschwitz with
works on the Mittelbau-Dora concentration camp
licht eine verstörende Vorstellbarkeit
outside Nordhausen. The camp administration and
des außerhalb historisch-situativer
a number of Auschwitz prisoners were relocated to
Logiken und Wahrnehmungen
The Challenges of the Culture of Remembrance
zunächst Absurden und deshalb Unvorstellbaren.
Der generationelle Abstand kann dabei auch als
Chance einer größeren Distanz aufgefasst werden,
die zulässt, bisher un- oder wenig erschlossene
tragische Dimensionen (z. B. die Doppelrolle als
Opfer und Mittäter) in ihrer mehrschichtigen
Grausamkeit zu erkennen und ebenfalls zu erinnern.
Gedanken über das zukünftige Erinnern
Nicht einmal im Sinne einer noch genaueren und auch
komplexeren historischen Rekonstruktion ist die
Erinnerungsarbeit der Forschung abgeschlossen und
das wird sie auch nicht sein können. Wie der mittlerweile verstorbene Historiker Reinhard Koselleck bei
seinen Reflektionen zur Erinnerungskultur vor einigen
Jahren formuliert hat, müssen wir als Erinnernde
die Herausforderung vermitteln lernen, dass es
keine endgültige Antwort gibt. Die vorliegende Ausstellung ist ein Beweis dafür, dass seine Hoffnung,
dass auch sekundäre Erinnerung nicht entschwin det, sich gerade wieder ein Stück weit erfüllt hat.8
David Sittler
Nordhausen from the
advancing Soviets – so the
locations were more
closely linked historically
than has previously been
perceived in Germany’s
culture of remembrance.
Nordhausen as the starting
point therefore corresponds
to the “re-territorialisation”
in terms of the culture
of remembrance of Nazi
crimes in Germany. It also
stands for the implementation of the Holocaust in
provincial Germany and the
manifest involvement of
the entire population and
its long suppressed awareness of those events. Since
the 1990s this has resulted
in a two-fold official admission: firstly, the public acknowledgement that Jews
were also exterminated
on the territory of what is
present-day Germany; and
secondly, the establishment
and redesign of memorials
at the sites of concentration
camps within Germany, a
process supported by the
institutions and monitored
by historians. This more
recent focus on such historical sites of crimes has
enabled greater scientific
and public involvement
with the perpetrators in mainstream society.2 The
Mittelbau-Dora Memorial is a model example of a
concept that corresponds to the above. Moreover, the
Memorial attempts, in a conscious bid to appeal to
today’s generation, to convey the dominance of the
gruesome and inhumane everyday life within
the utopian megalomania. The presentation of the
historical information takes a critical and demystifying
look at the often stereotyped prior knowledge and
half-knowledge that visitors may have, for example
the technology-fetishist expectations and perceptions of the “rocket camp” influenced by films,
computer games and the internet. 3 Complementing this approach, the artistic works also
S. 29
5
Wie James E. Young bereits
betont hat: Ders., Formen
des Erinnerns, Gedenkstätten des Holocaust, Wien,
1997, S. 17.
6
Reinhard Koselleck, Formen
und Traditionen des
negativen Gedächtnisses, in:
Ders. Vom Sinn und Unsinn
der Geschichte, Aufsätze und
Vorträge aus vier Jahrzehnten, hg. v. Carsten Dutt,
Berlin 2010, S. 241–253,
S. 250 bzw. S. 251.
7
Rupnow, S. 59.
8
Vgl. Koselleck, S. 253.
The Challenges of the Culture of Remembrance
S. 30
examine not just the material traces but also the
artists’ own feelings towards the site’s structure,
subjectively as well as in an explicitly reflective
way. For a long time the history of public remembrance
in Germany was also one of partial remembrance,
aimed at relieving the burden, and therefore of
forgetting: “The depersonalisation of the perpetrators
was also underpinned by their personalisation:
Hitler, Himmler […] The perpetrators, too, did not
remain simply unnamed; rather, they were presented
evasively and deviatingly.” 4 It is just as important
to put a face on the victims, the accomplices,
the accessories and the perpetrators as it is to
provide space and leave room for the unnamed,
as Paul Altmann’s project in particular shows.
There is no collective memory:
The artists appear united in their scepticism towards
the notion of a collective memory, widespread in the
discourse on remembrance. That notion implies more
than certain extant social and media – related conditions
for remembrance. They prove in different ways that the
process of remembering remains incomplete if there
is no personal involvement for example with the
visit to a memorial site. Accordingly, public remem brance does not work automatically. The work of
remembering is an individual task that has to be
performed based on a person’s own experiences and
perceptions. It cannot and should not be contrived.
A (secondary) memory, one that is kept alive, can only
be a memory actively visualised by each generation.
Even the permanence of the material traces cannot be
relied upon. One has to recognise and reflect on the
way in which they change and their ephemeral nature.
Remembrance does not require a social collective,
national context. The appropriation and tradition can be
understood more as a multi-subjective memory that
applies to all human beings and includes people in the
memory who have no degree of kinship, close or otherwise, with the perpetrators or victims. They can
how-ever opt to be part of that remembrance by
engaging with it. The public representation of the
victims and of previously overlooked groups of victims
together with the institutional commemorative rituals
remain right and proper, regardless. Neo-fascist and
far-right trends show that, for all the remembrance,
there is no collective memory in which the experience
of the Holocaust is so lastingly engraved that a
recurrence appears inconceivable. All that is common
(and collectively accessible) are the meanings 5 of
language- and other media-related elements and the
locations in which the various perspectives intersect.
Yet for all that, the trans-subjective factuality of the
crimes committed in Nazi labour and death camps
remains, and it is a point of reference even for the
seemingly “purely aesthetic” discourses. It is important to posit different answers side by side, even if they
are indirect and subjective answers. Indeed, it is only
with the acceptance of considerable differences
and differentiations that one can do justice from the
outset to the various perspectives of victim and
perpetrator groups and attempt at the same time
finally to break free of perpetrator categorisations.
Imagining the unimaginable
The suffering to be remembered is accessible to us
only as a secondary experience and therefore (again)
difficult to imagine. So remembering that suffering also
involves a personal reflection of one’s own humanity,
including its abysmal depths, depths plunged to during
the Holocaust on a scale difficult to grasp either then or
now – and which terrifyingly have opened up again
even today in new genocides. To this extent, questioning the humanity of every individual affected also
concerns us, who belong to later generations. Remembrance also consists of “having to think of the unthinkable, learning to speak the unspeakable, and trying to
imagine the unimaginable”. Art in particular now has
the task of making the “insoluble nature of a remembrance that affords meaning [...] an aesthetic topic in
itself.” 6 What’s more, art can also sustain a feeling of
anxiety that stems from such a horrific event or from
the fact that even the perpetrators partly suspected that
anyone listening to or reading about the reports of such
hideous crimes would not be able to lend credence to
them.7 So observing the perspective of victim and
perpetrator does not in any way entail qualifying or
playing down the guilt; rather, it allows an unsettling
ability to imagine something that is initially absurd
beyond any historical-situational logic and perception,
and therefore unimaginable. The generational distance
can also be regarded as an opportunity for a greater
distancing that allows us to recognise and likewise
remember previously unexplored or insufficiently
explored tragic dimensions (e.g. the dual role as victim
and collaborator) in their multi-layered atrocity.
Thoughts about future remembrance
The work of the research community is by no means
completed, not even in the sense of a more accurate,
more complex historical reconstruction nor can it
be. As the late historian Reinhard Koselleck remarked
a few years ago in his reflections on the culture
of remembrance, we who remember need to learn
to communicate the challenge that there is no
definitive answer. This exhibition is proof that his
hope that secondary remembrance, too, is not slip ping away has, in a small way, just been realised.8
David Sittler
S. 31
S. 32
Der Abstand befreit das
Erinnern – ein Kommentar zu
den ausgestellten Werken
/
Distance makes room for
remembrance – comments
about the exhibited works
»Erinnerung ist eine mentale Wiederbelebung früherer
Erlebnisse und Erfahrungen«, verrät das Lexikon. Die
nach München zur Ausstellung »DORA – Eine künstlerische Auseinandersetzung mit Erinnerungskultur« eingeladenen 16 Künstler/innen der Hochschule für Grafik
und Buchkunst Leipzig eruieren in ihren Werken Zu gänge zu Schrecken des Nationalsozialismus und dem
gegenwärtigen Erinnerungsdiskurs. Die Ausstellungs beiträge loten Möglichkeiten aus, sich von tradierten
Formen eines vereinheitlichten Geschichtsbildes
und ritualisierten Gedenkformen zu lösen. 65 Jahre
danach trauert die Generation der Urenkel nicht
mehr ausschließlich am Familiengrab. Es ist eine
Generation herangewachsen, für die der National sozialismus ganz und gar Geschichte ist. Wird sich
dadurch der Umgang mit dem Erinnern verändern?
»Was geht uns das noch an?« betitelte das ZEITmagazin
seine Ausgabe Nr. 45 vom 04.11.2010. Die brisante Frage
will die vierte Generation, wenn sie auf die Jahre des
Nationalsozialismus zwischen 1933 bis 1945 angesprochen wird, nicht rhetorisch verstanden wissen, wie es
das Institut Infratest dimap ermittelt hat. Die Umfrage
konkretisiert: 69 % interessieren sich sehr für die Zeit des
Nationalsozialismus, 80% halten Erinnern und Gedenken für sinnvoll und 59% empfinden Scham angesichts
der deutschen Verbrechen. Eine Frage allerdings bleibt:
wie kann die Erinnerungskultur einer neuen Generation
von Erinnerungsträgern aussehen? Volker Knigge, seit
1994 Leiter der Gedenkstätte Buchenwald, liefert in die-
According to the dictionary,
“remembering is the
mind’s ability to recall
previous events and
experiences”. In their
works the 16 artists of
the Academy of Visual
Arts Leipzig invited to
the exhibition titled
DORA – An Artistic
Approach to the Culture
of Remembrance in
Munich look at ways to
access the horrors of
National Socialism and
the current discourse
on remembrance. The
contributions to the exhibition sound out ways
of dissociating oneself
from traditional forms of
a standardised view
of history and rituali sed forms of commemor ation. 65 years after the
event the generation of
the great-grandchildren
no longer mourns exclusively at the family
graveside. A genera tion has now come of
age for whom National
Socialism is entirely history. Will this entail a
change in the way in
which remembrance is
approached? Was geht
uns das noch an? (What’s
it got to do with us?) was
S. 33
sem Zusammenhang den befreienden Satz: Ȇber
Betroffenheit erreicht man niemanden.« Was die
Gedenkstätten, Geschichtsunterricht und Massen medien mit formelhaften Gedenken betreiben,
nennt das ZEITmagazin »eine historisch entkernte
Pietät. Erst wo die Geschichte nicht mehr erlösen
soll und man selbst nicht mehr von ihr erlöst
werden will, entsteht Raum für ein neues Erin nern.« Der Abstand befreit das Erinnern.
the title of ZEITmagazin’s
issue No. 45 on 4 November 2010. As the infratest
dimap institute ascertained, when asked about
the Nazi era from 1933 to
1945, the fourth generation did not intend this
explosive question to
be rhetorical. The survey showed that 69%
were very interested in
the National Socialist
period; 80% felt that
remembering and commemorating was useful;
and 59% felt shame at
Germany’s crimes. One
question does remain
however: what form can
the culture of remembrance assume for a new
generation of people
bearing those memories?
Volker Knigge, Director
of the Buchenwald Memorial since 1994, has
these liberating words:“
Dismay is of no help to
anyone.” ZEITmagazin
describes what the
memorial sites, history
lessons and mass media
do with their formulaic
commemorations as
“historically gutted piety”. It goes on: “It is only
when history no longer
seeks to absolve and one
no longer wishes to be
absolved by it that new
space is created for
remembrance”. Distance
makes room for remembrance.
S. 34
S. 35
Anna-Martha Bigalke verfolgt in ihrer Fotoserie »O.T.«
eine subtile Annäherung an einen Ort der Geschichte und Gegenwart zugleich. An der Topologie des
ehemaligen Konzentrationslagers Mittelbau-Dora
interessiern die Künstlerin vornehmlich jene Orte,
deren ehemaliges Erscheinungsbild nicht mehr
offensichtlich zu erkennen und an denen Vergangenheit nur noch im Kopf rekonstruierbar wird. Ein
solcher Ort ist der Eingang zum unterirdischen
Stollensystem, in dem unter mörderischen
Lebens- und Arbeitsbedingungen in der Zeit von
1943 bis 1945 die Vernichtungswaffen (V2 und V1)
produziert wurden. Nach der Befreiung des
KZ Mittelbau-Dora am 11. April 1945 plante die
sowjetische Militärverwaltung das Stollen system zu zerstören. Die im Sommer 1948
vorgenommene Sprengung schlug jedoch weit gehend fehl, es wurden nur die Zugänge ver schüttet. Heute umgibt die (grüne) Natur das Areal.
In her photo series titled O.T., Anna-Martha Bigalke
pursues a subtle approach to a place both
historical and contemporary. What is of particular
interest to the artist about the topology of the
former Mittelbau-Dora concentration camp are the
places whose erstwhile appearance is no longer
obviously recognisable and whose past can only
be reconstructed in the mind. One such place is the
entrance to the underground tunnel system in
which weapons of destruction (V2 and V1) were
manufactured between 1943 and 1945 under
gruelling living and working conditions. After the
Mittelbau-Dora camp was liberated on 11 April
1945 the Soviet military administration planned to
destroy the tunnel system. However the blasting
operation carried out in summer 1948 backfired, so
to speak, and only the entrances were filled in.
Today the site is surrounded by nature’s greenery.
S. 36
Anna-Martha Bigalke
»o.T.«
S. 37
S. 38
S. 39
Carsten Göring inszeniert seine temporäre Installation
»WEG«, nach einem Grundriss der Firma Topf und
Söhne, einem Hersteller von Verbrennungsöfen,
aus dem Jahr 1942 sowie Auf- und Seitenrissen des
Krematoriums im Stammlager Auschwitz. Ein Teil
des Grundrisses ist mit Kreide im Maßstab 1:1 auf
dem Boden des Galerieraumes nachgezeichnet. Die
Fläche des Krematoriums, der einzig erhaltenen
Gaskammer in Auschwitz, ist kantengenau mit
Weißkalkhydrat ausgestreut, wobei die Stellen,
an denen sich die Einwurfmuffen für das Insek tizid Zyklon-B befanden, ausgespart sind.
Eine zweite Ebene der Installation bildet das
private Arbeitszimmer des Künstlers, das im
Originalzustand in die Galerie implantiert ist.
Das Arbeitszimmer visualisiert eine Arbeits situation: die persönliche Auseinandersetzung
Görings mit der Thematik des Holocaust.
Carsten Göring stages his
temporary installation titled
WEG based on a floor plan by
the company Topf und Söhne,
manufacturers of incinerator
furnaces, from 1942 as well as
on front and side elevations of
the crematorium at the Auschwitz main camp. Part of the
floor plan has been drawn out
in chalk on the floor of the
gallery on a scale of 1:1. The
area of the crematorium, the
only preserved gas chamber at
Auschwitz, is precisely marked
out with slaked lime, with the
locations of the vents left out
into which the lethal Zyklon-B
pesticide was inserted. The
installation’s second level
features the artist’s private
study, which is embedded
into the gallery in its original
state. The study illustrates a
working situation: Göring’s
personal exploration of the
subject of the Holocaust.
S. 40
Carsten Göring
»WEG«
S. 41
S. 42
Dana Lorenz
S. 43
Der Prozess ist die Geschichtsschreibung. Er legt offen,
womit das kollektive Gedächtnis zu kämpfen hat:
Vergessen und Vergessen werden. Dana Lorenz
setzt ihre fotografischen Aufnahmen eine begrenzte
Zeit der Verwitterung aus, wodurch sich diese
sukzessiv zu Objekten entwickeln. Die Künst lerin lässt das Ende ihrer Arbeit »Das.Objekt.
Ruiniert. Alles.2010« offen und widmet sich der
Thematik aus einem anderen Blickwinkel.
Der übliche mediale Rahmen der Fotografie wird in
diesem Konzept überwunden und die Voraus setzung geschaffen, dem paradigmatischen Ort
Mittelbau-Dora differenzierter näher zu kommen.
Amateurhafte Aufnahmen im Standardbild format 10x15cm dieser teilweise ästhetisch
angelegten Gedenkstätte können nicht vermitteln,
wie sich die Landschaft mit allen Raffinessen
über die Zerrissenheit dieses Ortes legt.
Die installative Arbeit verkörpert den langsamen
Prozess des Versuchs der Natur, die zarten und
zugleich brutalen Hinterlassenschaften der Menschen zu erobern. Die Wahrnehmung der
Geschichte des Ortes verändert sich mit Abstand
und Zeit. Der Ist-Zustand reicht nicht. Vergäng-
S. 44
Dana Lorenz
lichkeit ist Zukunft und
zugleich das Erbe, welches die
dritte bzw. folgende Generation verstehen möchte.
The process is the writing of
history. It reveals what the
collective memory has to
battle against: forgetting and
being forgotten. Dana Lorenz
leaves her photographs to
weather for a while, as a
result of which they gradually
evolve into objects. She
leaves the outcome of her
work entitled Das.Objekt.
Ruiniert.Alles.2010 open
and addresses the topic
from a different viewpoint.
This concept breaks out of the
conventional framework of
photography as a medium,
creating the prerequisite
for a more differentiated
approach to Mittelbau-Dora
as a paradigmatic location.
Amateur photographs of
this Memorial in standard
10x15 cm format with its
in part aesthetic layout
cannot convey how the
landscape with all its
finesse unfolds over the
turmoil of the location.
The installation embodies the
slow process of nature’s
attempt to conquer mankind’s
delicate but also brutal
legacy. The perception of the
location’s history changes
with distance and time.
The actual situation is not
enough. Transience is the
future
and
also
the
inheritance which the third
and the following generation
is trying to understand.
»Das.Objekt.Ruiniert.Alles.2010«
S. 45
S. 46
S. 47
Julia Wilmes setzt sich in ihrem Beitrag
» 10 . 0 9 . 19 4 3 – 0 5 . 0 4 . 19 4 5 «
mit dem Medium Fotografie als zeitgeschichtlichem Dokument auseinander. Das Foto, welches in der
Ausstellung als Beamerprojektion
zu sehen ist, stammt von dem
Häftling Wenzel Polak, der
während seiner Inhaftierung vom
10.09.1943 bis 05.04.1945 im
KZ Mittelbau-Dora heimlich
Aufnahmen machte. Es zeigt
Unspektakuläres, nichts von
offensichtlicher Bedeutung und
verzichtet auf die große Geste
einer Anklage. Statt einer Dokumentation über die katastrophalen
Zustände im Lager sieht man
einen Ort, der überall sein könnte.
Durch die Aneignung des (privaten?)
Bildes, verschafft sich Julia
Wilmes Zugang zum visuellen
Vermächtnis eines Lagerin sassen und überantwortet dieses
der allgemeinen Erinnerung.
S. 48
In
Julia Wilmes
her contribution titled
10.09.1943 – 05.04.1945
Julia Wilmes looks at the
medium of photography as a
contemporary historical
document. The photograph,
which can be seen as a
beamer projection at the
exhibition, is by the prisoner
Wenzel Polak, who secretly
took photographs during
his imprisonment at the
Mittelbau-Dora concentration
camp from 10.09.1943 to
05.04.1945. It shows nothing
spectacular or of obvious
significance, and dispenses
with the grand gesture of
accusation. Instead of a
documentary on the camp’s
catastrophic conditions we
see a place that could be
anywhere. By appropriating
this (private?) image Julia
Wilmes gains access to the
visual legacy of a camp
inmate and entrusts it to
our collective memory.“
»10.09.1943 – 05.04.1945«
S. 49
S. 50
S. 51
Die Bilder der Serie »Kohnstein« von Juliane Jäger
entstanden in Orten rund um das ehemalige
Konzentrationslager Mittelbau-Dora am Südrand
des Harzes. Sie zeigen Ansichten unscheinbarer
Kleinstädte: hübsche Fachwerkhäuser, aufgeräumte
Vorgärten, Wiesen, einen Sportplatz. Durch denTitel
der Arbeit wird der Blick des Betrachters auf den im
Hintergrund der Bilder eher unscheinbaren Berg
»Kohnstein« gelenkt, an dessen Fuß sich das
Konzentrationslager befand. Viele der Inhaftierten
waren in Außenlagern in den umliegenden Ortschaften untergebracht und wurden auf ihrem täglichen Weg zu den Baustellen der Tunnelanlagen
von Wachmannschaften durch die Straßen geführt.
Die Fotografien verdeutlichen die unmittelbare Nähe der Bevölkerung zu den Verbrechen und kritisieren die oft formulierte Rechtfertigung, von diesen
nichts gewusst zu haben. Es geht der Künstlerin dabei auch um die Frage, wie sich Menschen heute
mit Orten arrangieren, die durch diesen Teil
der deutschen Geschichte so stark geprägt sind.
The photographs in Juliane Jäger’s Kohnstein
series were taken at sites around the former
Mittelbau-Dora concentration camp on the
southern edge of the Harz. They feature views of
small non-descript towns: pretty half-timbered
houses, neat front gardens, meadows, a sports
ground. Given the title of the work the viewer’s
gaze is directed towards the somewhat
unimposing Kohnstein mountain in the
background, at the foot of which concentration
camp was situated. Many of the prisoners were
housed in satellite camps in the surrounding towns
and were led through the streets by guards
on their every day way to the building sites at
the tunnel installations. The photographs
illustrate the population’s close proximity to the
crimes and criticise the often formulated
justification that they - the population - knew
nothing about them. For the artist it is also a
question of how people today find an
accommodation with places that are so strongly
marked by this chapter in German history.
S. 52
Juliane Jäger
»Kohnstein«
S. 53
S. 54
S. 55
»Es ist niemals ein Dokument
der Kultur, ohne zugleich
ein solches der Barbarei zu
sein.« Walter Benjamin, über
den Begriff der Geschichte
Katrin Winklers Arbeit »Herzlich
Willkommen in Dachau«
entstand am 2. Mai 2010
anlässlich der Gedenkfeierlichkeiten zum 65. Jahrestag der
Befreiung des Konzentrationslagers Dachau. Die Künstlerin
kommentiert in ihren Bildern
kritisch den medienstrategischen Umgang mit Feierlich-
S. 56
Katrin Winkler
keiten, die der Erinnerung an
die Überlebenden der Todesmaschinerie der Nationalsozialisten und dem
Gedenken an die Millionen
Opfer des Nationalsozialismus gelten. Eine Erinnrungskultur, deren Herkunft nicht
ohne Grauen zu bedenken ist.
“There is no document of civilisation that is not at the same
time a document of barbarism.” Walter Benjamin, on
the philosophy of history.
Katrin Winkler’s work titled Herzlich Willkommen in Dachau [A
Warm Welcome to Dachau]
was created on 2 May 2010 on
the occasion of the ceremony
commemorating the 65th
anniversary of the liberation
of the Dachau concentration
camp. In her photographs the
artist comments critically on
the media’s strategy for
the ceremony, which is
devoted to the memory of
the survivors of the Nazi’s
death machinery and to
remembering the millions of
victims of National Socialism.
A culture of remembrance
whose origins cannot be
considered without horror.
»Herzlich Willkommen in Dachau«
S. 57
S. 58
S. 59
Konstantinos-Antonios Goutos sucht mit seiner
Videokamera an einem kalten Tag im Dezember
2008 das KZ Auschwitz auf. In der Rolle des
filmenden Flaneurs geschieht ein ganz persön licher, subjektiver und nachhaltiger Zugriff auf
diesen historisch belasteten Ort. Die Filmarbeit
»the[video]flaneu®shoots auschwitz« oszilliert in
den Einstellungen zwischen Close-up und Dis tanz. In manchen Filmsequenzen spiegelt sich
Goutos während des Drehs und wird somit Subjekt
der künstlerischen Erinnerung an diesem Ort.
On a cold day in December 2008 Konstantinos Antonios Goutos visited Auschwitz concentration
camp with his camera. Adopting the role of video
flâneur he produced a highly personal, subjective
and poignant access to this historically
charged location. The film the[video]flaneu®
shoots auschwitz switches constantly from
close-up to long-shot. In some of its sequences
Goutos himself is reflected during the
shoot, thus becoming a subject of artistic
remembrance at the site of the camp.
S. 60
Konstantinos-Antonios Goutos
»the[video]flaneu ® shoots auschwitz«
S. 61
S. 62
S. 63
Luise Schröders Videoarbeit
»27. Januar 2008« entstand als
Film am besagten Datum auf
dem Gelände des ehema ligen Konzentrationslagers
Auschwitz-Birkenau. Das
Display zeigt ausschnitthaft
die alljährlich stattfindende
Gedenkveranstaltung anlässlich der Befreiung des
Vernichtungslager s 1945
durch Soldaten der Roten
Armee. Im Jahr 2005 wurde
der 27. Januar zum Internationalen Gedenktag für die Opfer
des Holocaust erklärt. Das
Zweikanalbild richtet den
Blick unter anderem auf
die versammelte, wartende
und mit Blumen gebinden
ausgestattete Gemeinschaft,
die sich bei Winterwetter
zu der Gedenkfeier einge funden hat. Der Film blendet
den Ort aus und dekonstru iert somit stereotype Formen
und Rituale der Erinnerung.
S. 64
Luise Schröder
Luise Schröder’s video work
entitled 27. Januar 2008 was
filmed on that date at the
former concentration camp at
Auschwitz-Birk enau. The
display shows excerpts of the
annual commemoration held
there to mark the liberation of
the extermination camp in
1945 by soldiers of the Red
Army. In 2005, January 27
was declared International
Holocaust Remembrance
Day. The dual-channel picture
draws the viewer’s attention
to the group of people who
have gathered at the site,
bouquets of flowers in
their hands, to attend the
commemorative ceremony
in the winter weather. The
film blanks out the location,
thereby deconstructing
stereotypical forms and
rituals of remembrance.
»27. Januar 2008«
S. 65
S. 66
S. 67
Mandy Gehrt beschäftigt sich in ihrem Projekt
»ERBSTÜCKE« mit Prozessen des Weitererzählens
von Familiengeschichte. Sie überlässt es
der Kinder- und Enkelgeneration, die Schilder ungen der Großeltern- und Zeitzeugen generation zu interpretieren. In ihrem Video
tritt die Künstlerin stellvertretend für diese
jüngeren Generationen als Erzählerin auf.
Während eines Projektstipendiums im Künstlerhaus
Lukas in Ahrenshoop hat Mandy Gehrt mehrere
Familien aus der Region interviewt und
anschließend Zeichnungen von den Räumen
anfertigen lassen, in denen in Familienrunden
Geschichten erzählt wurden. Einer dieser Räume
wurde anschließend anhand der Skizze und
mündlicher Beschreibungen »rekonstruiert«.
»ERBSTÜCKE« thematisiert als Zusammenspiel
von Video und Rauminstallation die Unmöglich keit einer wahrheitsgetreuen Rekonstruktion
von Geschichte und deren immanente Um deutung, Neukonstruktion und Reduktion.
In her project entitled ERBSTÜCKE (Heirlooms)
Mandy Gehrt looks at the
processes involved in
the retelling of family
history. She leaves it up
to the generation of the
children and the grandchildren to interpret
the accounts given by
the grandparents and
contemporary witnesses.
In her video the artist
appears as the narrator,
representing
these
younger generations.
As part of a project grant
at the Künstlerhaus
Lukas in Ahrenshoop
Mandy Gehrt interviewed
several families from
the region. She then
had drawings made of
the spaces in which
stories were narrated in
family circles. One of
these spaces was then
“reconstructed” using
the sketch and the
oral descriptions. As
interplay between video
and spatial installation
ERBSTÜCKE raises the
issue of the impossibility
of a true reconstru ction of history and its
immanent
r e i n t e r pretation, reconstru ction and reduction.
S. 68
Mandy Gehrt
»ERBSTÜCKE«
S. 69
S. 70
S. 71
Marike Schreiber verbindet in
den Arbeiten »Russen I«,
»Russen II« und »Russen III«
unterschiedliche Elemente der
Repräsentation der sowjetischen Besatzung Ostdeutschlands zwischen 1945 und 1990.
»Russen I«, eine aufgeschlagene Seite eines Collegeblocks, erzählt in Kugel schreiberschrift von einem
Maurerlehrgang im ABC Bau
Ausbildungszentrum Neubrandenburg im Winter
1998/99. Der Ausbilder ist
mit dem Mörtelauftrag eines
Lehrlings unzufrieden und
schimpft: »So kannst du doch
nicht mauern, so mauern nur
die Russen!« Die Fotografie
»Russen II« dokumentiert die
zugemauerten Fenster einer
Ruine auf einem verlassenen
Kasernengelände. Nach 1945
wurde das Areal des ehemaligen Konzentrationslagers
Uckermark, welch-es direkt an
das KZ Ravensbrück angrenzt,
von der Sowjetarmee militärisch genutzt. Auf dem Gelände befinden sich noch heute
die Ruinen der Garagen für
Tankfahrzeuge. Bei »Russen
III« handelt es sich um die
Nachbildung eines Toilettenbeckens, dessen Original sich
als Ausstellungsstück im
ehemaligen Wohnhaus eines
Lagerkommandanten des KZ
S. 72
Marike Schreiber
Ravensbrück befindet. 2010
wurde dieser Ort der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Die Toilette selbst stammt aus
der Zeit der sowjetischen
Nachnutzung. Sie wird mit einer Plexiglasplatte zwischen
Toilettenbrille und -schüssel
vor missbräuchlicher Nutzung geschützt. Beiläufig
werden dadurch auch Gebrauchsspuren musealisiert.
Schreiber fragt mit ihrer Arbeit
nach den bewussten und
unbewussten Spuren der
mehr als vierzigjährigen
Anwesenheit sowjetischer
Soldaten und ihrer Familien.
Welche »Schichten« der
Vergangenheit konkurrieren
miteinander und werden als
erinnerungswürdig erachtet?
In
her works entitled Russen I, Russen II and Russen III
Marike Schreiber combines different elements of
representation of the Soviet occupation of eastern
Germany between 1945 and 1990. Russen I, an opened
page of a jotter, tells in ballpoint pen of a bricklayer
course at the ABC Bau Trainingcentre in Neubrandenburg in 1998/99. The instructor is unhappy with the way
an apprentice is applying the mortar and tells him so:
“That’s no way to lay bricks; only Russians build like
that!” The photograph Russen II documents the
bricked-up windows of a ruin on the site of derelict
barracks. After 1945 the area of the former Uckermark
concentration camp, which is directly adjacent to the
Ravensbrück concentration camp, was used by the
Soviet Army for military purposes. The ruins of the
garages used for tanker trucks can still be seen on the
site today. Russen III is the replica of a toilet bowl, the
original of which is an exhibit in the former camp
commander’s dwelling at the Ravensbrück concentration camp. The site was made accessible to the public in
2010. The toilet itself dates from the period of secondary use under the Soviets. It is protected against misuse
by a sheet of Plexiglas between toilet seat and toilet
bowl. Thus signs of usage are incidentally turned into
museum exhibits. In her work Schreiber examines the
conscious and unconscious traces of over forty years
of presence by Soviet soldiers and their families.
What “layers” of the past compete with one another
and are regarded as “worthy of remembering”?
»Russen I«
»Russen II«
»Russen III«
S. 73
S. 74
S. 75
Marta Pohlmann-Kryszkiewicz präsentiert eine umfangreiche Fotoserie im Format des künstlerischen
Fotobuchs »heimlich«. Die Künstlerin geht der Frage
nach, was aus heutiger Sicht die Auseinandersetzung
mit dem Thema des Nationalsozialismus aktuell
macht und sucht schliesslich nach der steten
Ungewissheit über Möglichkeiten in der
menschlichen Welt. Fotografie kann Geschichte und
Vergangenes nicht ins Bild integrieren, sie kann
aber eine gegenwärtige Seite des Ortes zeigen, in
die die Geschichte gewissermaßen eingeschrieben
ist. Die Arbeit versteht sich als gegenwärtiges Porträt
der Umgebung Nordhausens und zeigt gleichzeitig
eine künstliche, fast märchenhafte Welt voller
Metaphern. Die Kamera folgt dem unheimlichen
Gefühl dieses historisch belasteten Ortes und wählt
S. 76
Marta Pohlmann-Kryszkiewicz
als Fluchtpunkt jene Momente der
Thematik, welche im Heute noch
aktuell sein könnten. Die Arbeit
»heimlich« geht von einer
Beschäftigung mit dem konkreten
historischen Thema und einer
konkreten Region aus, kommt aber
zu einem in den Bildern freien,
allgemeingültigen Ergebnis des
unkonkreten Unbehagens und des
allgegenwärtigen nicht Greifbaren.
Marta Pohlmann-Kryszkiewicz presents an extensive photo series
in her artistic photo book entitled
heimlich. The artist looks at
what makes addressing National
Socialism topical from today’s
viewpoint and ultimately searches
for the constant uncertainty about
possibilities in the human world.
Photography cannot integrate
history and the past into the image;
it can however depict a contemporary side of the site into which
history is inscribed, so to speak.
The work is a contemporary portrait of Nordhausen’s surroundings, featuring at the same time
an artistic, almost fairytale-like
world filled with metaphors.
The camera follows the sinister
feeling of this historically charged
location and selects as its vanishing point those moments of the
subject matter that could still be
topical in the present day.
While the work entitled heimlich
starts from a consideration of a
specific historical topic and a specific region, its conclusion is
universal and free within the
images of unease that is some how unspecific and of something
intangible yet ubiquitous.
»heimlich«
S. 77
S. 78
S. 79
Natalia Bougai beschreitet mit ihrer Arbeit »d wie
dora« einen anderen Weg der Erinnerung. Passagen
aus Schriftstücken der damaligen Gefangenen, aus
autobiografischen Romanen, Erfahrungsberichten
oder Tagebüchern, löst die Künstlerin aus ihrem
Kontext und fügt sie zu einer textlichen Erinnerungsarbeit im Filmformat neu zusammen. Die alltäglichen Reflexionen über den Ort und die Zeit,
aber auch über das eigene ›Ich‹ der im verdichteten
Wortbild sichtbaren Erzählstimmen, öffnen einen
Spannungsbogen zu dem, was die Betrachter über
ihren Entstehungsort wissen, sich gleichsam aber
nicht vorstellen können. Beobachtungen der umgebenden Natur, des Außen, werden zu Spiegelungen
ihres Innen. Gesagtes, der alltägliche Blick, aber vor
allem auch das Nichtgesagte, das Aussparen der
Gewalt, ergeben ein neues Bild. Eine stille Verschwörung der Sprechenden mit sich selbst, sich
ihre Selbstbestimmung und Würde zu bewahren.
Durch den Verzicht eines dokumentarischen Abbildes kann im Rezipienten ein eigenes Bild ent stehen. A wie Anna, C wie Cäsar, »d wie dora«.
Der Titel der Arbeit nimmt Bezug auf die Schrift, auf
die Sprache – das Arbeitsmaterial der Künstlerin.
Natalia Bougai has taken a different path of remembrance in her work entitled d wie dora. The artist
has taken excerpts from documents written by
prisoners at the time out of their context, autobiographical novels, personal stories and diaries, and
reassembled them into a textual work of remembrance in film format. The everyday thoughts
about the place and the time, but also about the
personal self of the narrative voices visible in the
condensed word image build an arc of suspense
to what the onlookers know – yet cannot begin
to imagine as it were – about their point of
origin. Observations of the surrounding countryside, of what is on the outside, become reflections
of what is on the inside. What is said, the every day gaze, but also and above all what is not said,
the omitted violence, create a new image. A silent
conspiracy with themselves on the part of the
speakers, preserving their self-determination and
dignity. The fact of dispensing with a docu mentary likeness can create a separate image in
the recipient. A as in Anna, C as in Cäsar, d as in
dora. The title of the work refers to the writing, the
language – the artist’s working materials.
S. 80
Natalia Bougai
»d wie dora«
S. 81
S. 82
S. 83
Paul Altmann beschäftigt sich in «made in germany«,
einer 12-teiligen Serie von schwarz-weißen Doppelporträts, mit dem Begriff »uk« wie »unabkömmlich«.
Im letzten Kriegsjahr setzte das NS-Regime Künstler/innen auf eine so genannte »Gottbegnadetenliste«, um diese »Unabkömmlichen« zum Zweck der
künstlerischen Propagandaunterstützung vom
Fronteinsatz freizustellen. Insgesamt stehen Namen
von 1041 Künstler/innen und Kulturschaffenden auf
der Liste, wie Fritz Klimsch, Arno Breker, Paul
Schultze-Naumburg, Gerhart Hauptmann, Wilhelm
Furtwängler, Werner Peiner, Ottmar Gerster, O.W.
Fischer, Hans Albers, Johannes Heesters, Herbert
von Karajan u.v.a. In den montierten Doppel porträts, in denen Paul Altmann sein Gesicht
mit dem Bildnis eines »Unabkömmlichen«
überlagert, stellt sich der Künstler die Frage,
ob ihm als Angehöriger der Urenkel generation eine Bewertung von Schuld und
Nichtschuld zusteht und impliziert selbst kritisch eine eigene latente Rolle im System.
In made in germany, a 12-part series of black an white
double portraits, Paul Altmann looks at the term
“uk”, an abbreviation of the German word
unabkömmlich (indispensable). In the final year of
the war the Nazi regime put artists on to
what was known as a Gottbegnadetenliste,
literally “God-gifted list”, i.e. a list of important “indispensable” - artists considered crucial to Nazi culture and therefore exempt from military
deployment to the front. A total of 1041 names of
artists, architects, music conductors, singers,
writers and filmmakers appeared on the list,
among them Fritz Klimsch, Arno Breker, Paul
Schultze-Naumburg, Gerhart Hauptmann, Wilhelm
Furtwängler, Werner Peiner, Ottmar Gerster, O.W.
Fischer, Hans Albers, Johannes Heesters, Herbert
von Karajan, and many others. In his mounted
double portraits, in which Paul Altmann overlays
his face with the image of one such “national
treasure”, the artist ponders whether he as a member of the generation of the great-grandchildren
is entitled to make an assessment of guilt
or innocence and self-critically implies a
personal latent role within the system.
S. 84
Paul Altmann
»made in germany«
S. 85
S. 86
S. 87
Die Fotografien von Paula Gehrmann zeigen Trümmer
der fehlgeschlagenen Sprengung der Anlagen im
begehbaren Teil des Stollens der KZ-Gedenkstätte
Mittelbau-Dora. Die vorgefundenen Überreste
tragen fast keine Informationen mehr zur Geschichte
des Ortes in sich. Sie verweisen auf ihre bloße
Existenz und evozieren durch das Nicht-Vorhan dene einen Assoziationsraum in dem Vergangen heit, Zukunft und Gegenwart anwesend sein
können. Mittels der angewandten Abstraktion
und malerischen Komposition der Bilder
soll die Schwierigkeit der Erfassung und Dar stellung der Thematik diskutiert werden.
Paula Gehrmann’s photographs depict rubble from
the failed blasting of the facilities in the accessible
part of the tunnel at the Mittelbau-Dora Memorial.
The on-site remains contain virtually no more
information on the site’s history. They refer merely
to their existence and, through the non-existent,
evoke an associative space in which the past,
the future and the present can be present.
The difficulty of grasping and portraying the topic
is to be discussed through the applied abstraction
and picturesque composition of the images.
S. 88
Paula Gehrmann
»Als ob«
S. 89
S. 90
S. 91
Sebastian Kissel beschäftigt sich in seiner Arbeit
»Außenlager« mit dem Phänomen des sich zu
Kriegsende immer mehr ausdehnenden Netzes der
Außenkommandos, die an die großen, bekannten
Konzentrationslager logistisch angegliedert waren.
Bei genauer Recherche wird erkenntlich, dass dieses
System beinahe keinen deutschen Landstrich
ausließ und auch in dieser, oftmals durch zivile
Einrichtungen kaschierten Form, den Terror großen
Teilen der Bevölkerung unmittelbar vor Augen
geführt haben muss. So unterhielt beispielsweise
das KZ-Dachau ab 1942 über 150 Außenlager.
Dazu gehörte auch jene Barackensiedlung in der
Ehrenbürgstraße 9 in München-Neuaubing,
welche als Außenstelle für das NS-Dokumenta tionszentrum in München vorgesehen ist. Die sachlich-dokumentarisch erscheinenden Fotografien
zeigen Orte dieser Taten in ihrem heutigen Zustand
und thematisieren den häufig praktizierten
Reflex, diesen Teil der deutschen Geschichte
eher zu verdrängen als zu verdeutlichen.
In his work Außenlager Sebastian Kissel looks at the
phenomenon of the network of sub-camps that
were attached logistically to the main concentration
camps, a network which towards the end of the
war was ever-expanding. On closer inspection it
becomes clear that virtually no area of Germany
could have been unaffected by this system, which
must have paraded the terror before the very eyes
of large sections of the population; in this particular
form it was often masked by civilian installations.
From 1942 onwards, the Dachau concentration
camp for instance operated more than 150
sub-camps. It included the barracks settlement at
Ehrenbürgstrasse 9 in München-Neuaubing, which
S. 92
Sebastian Kissel
is to be a branch for the Nazi documentation centre in
Munich. The factual, documentary-style photographs
depict the sites of these deeds as they are today and
look at the frequently adopted reflex of suppressing
rather than clarifying this aspect of Germany’s history.
»Außenlager«
S. 93
S. 94
S. 95
Torsten Hattenkerl bewegt sich mit seiner Projektion
»Ellrich«, im topografischen Umfeld der Gedenkstätte
Mittelbau-Dora. Die Stadt Ellrich blickt auf eine sehr
spezifische Geschichte der letzten 70 Jahre zurück.
Als Standort eines der grausamsten Konzentrationslager, dem zum Komplex Mittelbau-Dora
gehörenden Nebenlager »Ellrich-Juliushütte« und
aufgrund ihrer anschließenden geografischen Lage
unmittelbar an der innerdeutschen Grenze,
überlagern sich hier identitätsstiftende Zeiten und
Zeichen auf schwer differenzierbare Art. An der
Oberfläche ein ›normaler‹ Ort, mit teilrenoviertem
Kern und bunten Neubausiedlungen, aber ebenso
weitgehendem Leerstand und allen Zeichen
DDR-typischen Verfalls von Bausubstanz, spie gelt sich hier eine spezifische Form von Erinnerung
an NS-Greuel, die den unterschiedlichen Umgang
mit Geschichte zwischen West- und Ost deutschland reflektiert, immer noch wider.
Das Konzept der aus Einzelfotografien bestehenden
Projektion geht der Frage nach, inwieweit diese
With his projection entitled
Ellrich, Torsten Hattenkerl
moves within the topo graphic surroundings of the
Mittelbau-Dora Memorial.
The town of Ellrich looks
back on a very specific history
of the past seventy years.
As the site of one of the cruellest concentration camps,
namely the Ellrich- Julius hütte sub - camp of the
Mittelbau-Dora complex, and
due to its subsequent geographic location right next to
the inner-German border,
identity-shaping times and
symbols are overlaid here in
ways that are difficult to
differentiate. On the surface
an ordinary place, with a
S. 96
Torsten Hattenkerl
Spuren, nicht als konkrete Verweise auf Vergangenheit, sondern
in ihrer Wirkung in die Gegen wart hinein, im Bild sicht bar gemacht werden können.
partly renovated centre and
brightly coloured new housing
estates, but also with just as many
buildings standing empty and all
the signs of decaying buildings
typical of the GDR, it is a specific
form of remembrance of Nazi
atrocities that still echoes here,
reflecting the difference in
approach to history between West
and East Germany. The concept of
a projection consisting of individual photographs examines the
extent to which these vestiges can
be made visible in the image, not
as concrete references to the past,
but in their impact on the present.
»Ellrich«
S. 97
S. 98
Der Abstand befreit
das Erinnern – ein weiterer
Kommentar zu den
ausgestellten Werken
/
Distance makes room
for remembrance – further
comments about
the exhibited works
Der Erinnerung entkommt
man nicht. Seit Mitte der
1980er Jahre hat das Interesse an den Formen
gesellschaftlicher Erinnerung deutlich sichtbare
Konturen gewonnen. Von
der Vergangenheit bleibt
nur, »was die Gesellschaft
in jeder Epoche mit ihren
gegenwärtigen Bezugsrahmen rekonstruieren
kann«, so das zentrale
Argument der Gedächtnis-Theorie. In den
Ausstellungsbeiträgen
blickt die Generation
der Urenkel wie selbst verständlich auf die
Geschichte des Terrors.
Mit ihrem Abstand zur Geschichte und der Spannbreite ihrer Themen
verlassen die jungen
Künstler/innen die Wege
ritualisierter Erinnerungsformen und liefern sehr
persönliche und nach haltige Beispiele für eine
neue Erinnerungskultur.
Stefan-Maria Mittendorf
There is no escaping
memory. Since the
mid-1980s interest in
forms of collecti ve
memory has taken on a
distinct shape. The
central argument of the
memory theory posits
that “all that remains of
the past is what society in
any era is able to
reconstruct using its
contemporary frameworks of reference”. In
the contributions to the
exhibition the generation
of the great-grand children takes an almost
matter-of-fact look at the
history of the terror. With
their distance from
history and the breadth
of their topics these
young artists step off the
paths of ritualised forms
of remembrance and offer very personal and lasting examples of a new
culture of remembrance.
S. 99
»Können wir es erfassen?«
Zu Beginn des Projekts stand eine, in ihrer Komplexität immer
noch unbeantwortete Frage: Kann man heute, 40 Jahre
nach Adornos »Erziehung nach Auschwitz«, die Erfahrungen, die der Besuch eines ehemaligen Konzentrationslagers hervorbringt, künstlerisch umsetzen? Oder gilt immer noch sein berühmtes Diktum, wonach »alle Kultur nach
Auschwitz, samt der dringlichen Kritik daran, Müll« sei?
Der Umgang mit einem Ort mittels fotografischer Bilder ist so
alt wie das Medium selbst. Begriffe wie »Dokumentation«,
»Interpretation«, »Annäherung« sind nicht nur in der künstlerischen Auseinandersetzung lange gebräuchlich und
werden meist souverän angewandt, um eine spezifische
Bildsprache zu beschreiben, sondern sind uns auch im
alltäglichen Gebrauch von Fotografie sehr vertraut. In der
Vorstellung, diese Tradition an einem Ort national sozialistischen Grauens nutzen und somit einen Beitrag
gegen das Vergessen mittels visuellem Erinnern
leisten zu können, verbrachten 15 Studierende und
zwei Dozenten des Fachgebiets Fotografie der HGB
Leipzig im Oktober 2009 drei Tage in der Gedenk stätte Mittelbau-Dora in der Nähe von Nordhausen.
Im Gegensatz zu anderen, bekannteren nationalsozialistischen Konzentrations- und Arbeitslagern, sind in der
Gedenkstätte nicht mehr viele konkrete Zeugnisse der
Terrorherrschaft vorhanden. Zusätzlich hat der Ort in
seiner wechselhaften Geschichte der letzen 65
Jahre zahlreiche Veränderungen erfahren und ist
gleichzeitig in der öffentlichen Wahrnehmung
häufig mit dem populär unpräzisen Begriff der
»Raketenschmiede der Nazis« verbunden und dadurch auf
unangenehme Art und Weise mythisiert worden.
S. 100
Besucht man ihn heute, stellt sich zum einen eine Landschaft dar, die als ›pittoresk‹,
sogar ›angenehm schön‹ empfunden werden kann. Spaziergänge im Wald, unterbrochen von einigen Gebäudefundamenten und Hinweistafeln, könnten durchaus
Freizeit- oder Erholungswert vortäuschen, zöge man es vor, Zeichen und Informationen zu ignorieren, die sich nicht eindringlich dem Besucher entgegenstellen, wie
etwa in Buchenwald oder Auschwitz. Zum anderen verschmelzen der in den 70er
Jahren umgestaltete ehemalige Appellplatz, das frühere Gebäude der Lagerfeuerwehr und vor allem das noch vorhandene Krematorium mit dem wieder zugänglich
gemachten Teil des unterirdischen Stollensystems der Rüstungsanlagen und
der modernen Architektur des neu errichteten Besucher- und Informations zentrums zu einem Erinnerungsdisplay, das nur schwer zu erfassen ist.
Folgerichtig bestand nach den drei Tagen des Besuchs eine große Unsicherheit,
inwieweit diese Erfahrungen Grundlagen künstlerischer Reaktionen sein würden
und ob gegenwärtige Bilder überhaupt in der Lage seien, auf diese Orte und ihre
Geschichte reagieren zu können. Die zunächst aber konkret gemachte Erfahrung
der ›Vermittlung‹ von Geschichte, sowohl in ihrer didaktisch pädagogischen als
auch ästhetischen Form, war sehr wohl Anlass, diesen Fragen weiter nachzugehen.
In der Nachbereitung der Exkursion entstand ein Seminar, das sich zunächst mit
unterschiedlichen theoretischen Diskursen zum Begriff »Erinnerungskultur«
auseinandersetzte. Texte und Schriften von Aleida und Jan Assmann, Peter Burke,
Jürgen Hannig, Siegfried Kracauer, um nur einige zu nennen, bildeten Grund lagen zu Diskussionen, die das Entstehen der hier abgebildeten Arbeiten zu
einem großen Teil erst ermöglichten, oder diese maßgeblich beeinflussten.
Über ein Jahr arbeiteten die Studentinnen und Studenten an ihren Vorhaben; Arbeitsansätze wurden wieder verworfen, veränderten und konkretisierten sich oder
scheiterten. Die Mehrzahl der einzelnen Projekte wandte sich anderen, assoziierten
Orten zu, suchte nach (auto)biographischen Bezügen und versuchte, Brücken zwischen Wahrzunehmendem und Wahrgenommenem zu schlagen. Die Arbeiten
beschäftigten sich in der Folge konsequenter Weise immer mehr mit der
Repräsentation von Vergangenheit in der Gegenwart, als den Versuch zu
unternehmen, Vergangenes im Bild sichtbar zu machen, wozu Fotografie, dem
allgemeinen Glauben zum Trotze, tatsächlich nur bedingt in der Lage ist.
Was aber, so die berechtigte Frage, wird dann sichtbar gemacht? Der Blick auf einen
Steinbruch, zwischen Häusern einer Wohnsiedlung in der Ferne kaum als solcher
erkennbar, wird erst wirklich relevant, weiß man um seine Entstehung und die
Geschichte des abgebildeten Dorfes. Das Bild der Videoübertragung einer Gedenkveranstaltung erinnert an mediale Ästhetiken einer Fussballweltmeisterschaft und
der Versuch, einen 1948 zugesprengten Stolleneingang immer wieder zu foto grafieren um damit zur Erkenntnis zu gelangen, ihn doch nicht wirklich beschreiben
zu können, reflektiert die Grenzen der Geschichtsdarstellung im Bild. Aber genau
in diesen Grenzen des Abbildbaren liegt das Potential des fotografischen und
künstlerischen Kommentars: Nicht in seiner Klarheit und seiner unmissverständlichen Botschaft, sondern in einem »offen Lassen«, einer Irritation und somit der
Aufforderung, das Gesehene mit der eigenen Perspektive, Erfahrung, Kenntnis
abzugleichen. Das »Erfassen wollen« kann angesichts der Dimension der Barbarei
kaum in ein »Erfassen können« münden und ist eben deshalb unverzichtbar.
Die in diesem Katalog und in der Ausstellung gezeigten Arbeiten erweitern den
Kontext des Seminars »Dora« um Beiträge, die zur gleichen Zeit in anderen
Klassen der HGB Leipzig entstanden und sich ähnlichen Orten und Geschichts rekonstruktionen zuwandten. In der Auseinandersetzung mit dem »Erinnern«, das
immer und zwangsläufig neben dem eigentlich »Erinnerten« von medialem
Zeitgeist geprägt ist, hat sich gezeigt, dass eine Zusammenarbeit zwischen
»Können wir es erfassen?«
S. 101
verschiedenen Disziplinen, etwa Historikern, Soziologen, Architekten und
Künstlern heute wahrscheinlich wichtiger ist, als je zuvor. »Die Welt
vor meiner Tür«, so der Titel einer Publikation des amerikanischen
Fotografen Paul Strand, ist komplexer, in ihrer Geschichte schwerer
differenzierbar, ihre Gegenwart schwieriger zu beschreiben geworden.
Um die eingangs gestellte Frage zumindest teilweise zu beantworten: Auch
die Arbeiten des Projekts »Dora« formulieren ein »Nie wieder!«, aber sie tun
das nicht mittels eines moralisierend erhobenen Zeigefingers oder anderer
eingängig formulierter Parolen, deren Form und nicht deren Inhalt für
eine verbreitete Geschichtsmüdigkeit der Gesellschaft mitverantwortlich ist. Ein
ausländischer Student an der HGB bemerkte vor kurzem, dass institutiona lisiertes Erinnern in Deutschland für ihn hauptsächlich mit den Materialien Beton,
Stahl, Glas und der Farbe Grau verbunden sei, also mit einer Ästhetik, die auch
in ganz anderen Bereichen Repräsentations zwecke bestimmt. Die Bemerkung ist so offensichtlich
“Can we grasp it?”
wie interessant: Sollte das nicht anders sein?
Prof. Torsten Hattenkerl
At the beginning of the project a question that
remains unanswered in its complexity loomed
large: Is it possible today, 40 years after Adorno’s
Education after Auschwitz, to render artistically the
experiences induced by a visit to a former concentration camp? Or does his famous dictum still hold
sway that all culture after Auschwitz, including its
urgent critique, is rubbish? (alle Kultur nach Auschwitz, samt der dringlichen Kritik daran, ist Müll)
The way in which we look at a place through
photographic images is as old as the medium itself. Concepts such as “documentation”, “inter pretation”, “approach” have long been common
currency not just in the artistic discourse, where
they are usually confidently applied to describe a
specific imagery; they are also very familiar to us
in the way in which we use photography in
everyday life. And so it was with the idea of
utilising this tradition in a place of Nazi horror,
thereby trying to counter oblivion through visual
remembrance, that 15 students and two lecturers
in photography at the Academy of Visual Arts
Leipzig spent three days at the Mittelbau-Dora
Memorial outside Nordhausen in October 2009.
Unlike other and better known Nazi concentration
and labour camps, the Memorial has very
few concrete testimonies left to the reign
of terror. Moreover, the site has undergone
many changes in its eventful history over the
past 65 years. It is also often inaccurately
associated in people’s minds with the
idea of a “Nazi rocket factory” and as a
result has become unpleasantly “mythical”.
S. 102
Visitors to the site today are first of all struck by the landscape, which might
be perceived as “picturesque”, not to say “pretty”. As they walk through
the woods, punctuated by a few scattered foundations and information boards,
they could certainly be misled by the site’s leisure or recreational value,
if they were to ignore the signs and the information, which remain
unobtrusive unlike for instance in Buchenwald or Auschwitz. There is the
former parade ground remodelled in the 1970s; the building that once
housed the camp’s fire brigade; and more particularly the extant
crematorium with the section of the underground tunnel system with
the armaments installations that is now accessible again; and then
the modern architecture of the new visitor and information centre – they
all meld into a commemorative display that is difficult to grasp.
Consequently, after the three-day visit, there was a great deal of uncertainty about
the extent to which these experiences could provide the basis for artistic
responses, and whether contemporary images were even capable of providing
a response to these places and their history. However, the initially tangible
experience of “mediated” history, in both its didactic educational form and its
aesthetic form, certainly prompted a further exploration of these questions. As
part of the follow-up to the excursion a seminar was organised which first
looked at the different theoretical discourses relating to the concept of the
“culture of remembrance”. Essays and articles by Aleida and Jan
Assmann, Peter Burke, Jürgen Hannig, Siegfried Kracauer, to mention but a
few, paved the way for discussions which made the works shown
here possible in the first place or had a decisive influence on them.
The students worked on their projects for over a year; various approaches were
adopted then rejected, amended, substantiated or abandoned. Most of the
individual projects turned to other, associated places, searched for (auto-)
biographical references, and sought to establish links between what had
to be perceived and what was perceived. Thereafter the works dealt
increasingly with the representation the past in the present rather than
attempting to make the past visible in an image, something which, contrary
to popular belief, photography can achieve only to a limited degree.
“What, then, is made visible?” was the legitimate question. The view of a stone
quarry, barely recognisable as such in the distance between the houses of a
residential area, only becomes truly relevant if one is aware of how it came about
and the history of the village depicted. The image of the video broadcast of a
commemorative ceremony is reminiscent of the media-based aesthetics of a
World Cup, and the attempt repeatedly to photograph a tunnel entrance that was
blasted shut in 1948 only to realise as a result that it cannot actually be described
reflects the limitations of historical portrayals through images. And yet the
potential of photographic and artistic commentary lies precisely in the
limitations of what can be depicted. Not in its clarity and its unmistakable
message, but in an “open-endedness”, an irritation, and therefore an invitation
to reconcile what is seen with one’s own perspective, experience and knowledge.
Given the sheer scale of the barbarity, the idea of “wanting to grasp” is unlikely
to lead to an “ability to grasp”, which is precisely why it is indispensible.
The works featured in this catalogue and showcased at the exhibition expand on
the context of the Dora seminar with contributions that were made at the same
time by other classes at the Academy of Visual Arts Leipzig and focused on similar places and historical reconstructions. The discourse that surrounds remembrance is always and necessarily shaped by what is actually remembered through
“Can we grasp it?”
S. 103
the media-inspired zeitgeist. It has also made clear that interdisci plinary cooperation involving, say, historians, sociologists, architects and
artists is arguably now more important than ever before. “The World on
My Doorstep“ is the title of a publication by American photographer Paul
Strand, and that world has indeed become more complex, its history
less simple to differentiate, its present more difficult to describe.
To answer at least in part the question raised at the beginning: the works of the
“Dora“ project also express a sense of “Never again!”, not with an admonishing
and moralising finger or other catchy slogan whose form rather than content are
partly to blame for society’s widespread disenchantment with history. A foreign
student at the HGB recently remarked that, for him, institutionalised
remembrance in Germany had to do mainly with the materials concrete, steel,
glass and the colour gray, in other words with an aesthetic that
shapes representative purposes in completely different areas, too.
The remark is as obvious as it is interesting: shouldn’t it be different?
Prof. Torsten Hattenkerl
Altmann, Paul
*1983 in Rostock
Künstler/innen und
Werkverzeichnis
/
Artists and index of
works
2004 – 2007
Ausbildung zum
Mediengestalter
2008
Mitkonzeption der Neuen
Eigentlichkeit eG
/ Qualified as a
/ Worked on the concept for
media designer
the Neue Eigentlichkeit eG
S. 83 – 85, # 1
»made in germany«,
12 S/W-Prints,
Compositing, je 13x18 cm,
gerahmt, 2010
registered co-operative
/ made in germany, 2
2007
Mitgründer der Galerie
mr.oldman
/ Co-founder of
the gallery mr.oldman
black-and-white prints,
seit/ since 2008
Studium an der Hochschule
für Grafik und Buchkunst
(=HGB) Leipzig
compositing, 13x18 cm each,
framed, 2010
/ Studying at the Academy of
Visual Arts (=HGB) Leipzig
Bigalke, Anna-Martha
*1983 in Leipzig
2001 – 2004
Ausbildung
zur Reiseverkehrskauffrau
seit/ since 2008
Studium an der HGB
Leipzig
/ Qualified as a travel agent
/ Studying at the HGB
Leipzig
2005 – 2006
Auslandsaufenthalt in
England
/ Stay abroad in the UK
S. 35 – 37, # 3
»o.T.«, C-Prints, kaschiert
auf Aluminium,
je 34x42 cm, 2010,
Original in Farbe
/ O.T., C-prints, mounted on
aluminium, 34x42 cm each,
2010, original work in color
S. 104
Bougai, Natalia
*1974 in Potsdam, aufgewachsen in
Russland
/ grew up in Russia
Künstler/innen und Werkverzeichnis
1991 – 1994
Studium der Sprachen und
Geschichte an der K.D.
Uschinsky Universität in
Jaroslavl, Russland
2000
Magister Artium an der J.W. Goethe Universität in
Frankfurt a.M.
/ Studied languages and history
University in Frankfurt a.M.
/ M.A. from the J.W. Goethe
at the K.D. Ushinsky University
S. 79 – 81, # 2
»d wie dora«, Textarbeit im
Filmformat, Laufzeit 5:30
Minuten, 2010
/ d wie dora, text work in
film format, running time
5:30 minutes, 2010
in Yaroslavl, Russia
1994 – 2000
Magister-Studium der
Literaturwissenschaften an
der J.W. Goethe Universität
in Frankfurt a.M. und an
der Universidad Central de
Barcelona, Spanien
seit/ since 2007
Studium an der
HGB Leipzig
/ Studying at the HGB
Leipzig
/ Post-graduate studies in
literature at the J.W. Goethe
University in Frankfurt a.M.
and the Universidad Central de
Barcelona, Spain
Gehrmann, Paula *1982 in Berlin
2004 – 2007
Studium Foto-Design,
Lette Verein Berlin
/ Studied photo design,
Lette Verein Berlin
seit/ since 2008
Studium an der HGB
Leipzig
/ Studying at the HGB
Leipzig
S. 87 – 89
«Als ob«, 5 C-Prints
gerahmt, je 35x45 cm,
2010, Original in Farbe
/ Als ob, 5 C-prints framed,
35x45 cm each, 2010,
original work in color
Gehrt, Mandy
*1977 in Gera
1996 – 2004
Studium der Kunstpädagogik und Germanistik an
der Universität Leipzig
seit/ since 2009
Studium an der HGB
Leipzig
/ Studied art education and
Leipzig
/ Studying at the HGB
S. 67 – 69, # 4
»ERBSTÜCKE«, Video und
Rauminstallation, Laufzeit
53:00 Minuten, 2010,
Original in Farbe
German studies at Leipzig
/ ERBSTÜCKE, video and room
University
installation, running time 53:00
2000 – 2002
Studium der
Druckgrafik am Oslo
University College
original work in color
minutes, 2010,
/ Studied printmaking at Oslo
University College
S. 105
Göring, Carsten *1982 in Sömmerda
2002 – 2003
Studium der Wirtschaftswissenschaften an der
Technischen Universität
Dresden
2005 – 2007
Magister/ Bachelor-Studium
der Theaterwissenschaft
und Kunstgeschichte an der
Universität Leipzig
/ Studied economics at the
/ Magister/ Bachelor studies in
Dresden University of Techno-
theatre and art history at the
S. 39 – 41, # 5
»WEG«, temporäre
Installation, Weißkalkhydrat,
Kreide, Grafit, persönliche
Gegenstände, Maße
variabel, 2010,
Original in Farbe
logy
University of Leipzig
/ WEG, temporary installation,
2003 – 2005
Studium der Theaterwissenschaft, Journalistik und
Philosophie an der Universität Leipzig
2007 – 2008
Studium der Freien Kunst
an der BauhausUniversität Weimar
/ Studied theatre, journalism
haus-Universität Weimar
slaked lime, chalk, graphite,
personal objects, variable
dimensions, 2010,
original work in color
/ Studied “free art” at the Bau-
and philosophy at the University of Leipzig
seit/ since 2008
Studium an der
HGB Leipzig
/ Studying at the HGB
Leipzig
Goutos,
Konstantinos-Antonios
*1973 in Larissa, Griechenland
/ in Larissa, Greece
1981 – 1993
Musikstudium in
Larissa, Griechenland
/ Studied music in Larissa,
Greece
1992 – 1995
Filmregiestudium
L. Stavrakos Film and TV
School Athen, Griechenland
2006
Konzept- und Intermediales
Kunststudium an der
Academy of Arts,
Architecture and Design
Prag, Tschechische Republik
/ Studied conceptual and inter-
S. 59 – 61, # 6
»the[video]flaneu® shoots
auschwitz«, 2008-2010
Mini DV, Farbe, Ton, Loop,
29.48 min., Beamer, DVD-Player, Lautsprecher, Original in Farbe
medial art at the Academy of
/ the[video]flaneu® shoots
Arts, Architecture and Design
auschwitz, 2008-2010
in Prague, Czech Republic
Mini DV, colour, sound, loop,
/ Studied film directing at the L.
Stavrakos Film and TV School
Athens, Greece
2003 – 2008
Video- und Medienkunststudium an der HGB Leipzig
/ Studied video and media art
at the HGB Leipzig
29.48 mins, Beamer, DVD
seit/ since 2009
Meisterschülerstudium an
der HGB Leipzig
player, loudspeaker, original
/ Postgraduate studies at the
HGB Leipzig
work in color
S. 106
Hattenkerl, Torsten
*1963 in Bad Oeynhausen
1986 – 1992
Studium der Fotografie an
der FH Bielefeld
seit/ since 2008
Professor für Fotografie an
der HGB Leipzig
/ Studied photography at the
/ Professor of Photography at
Bielefeld University of Applied
the HGB Leipzig
S. 95 – 97, # 7
»Ellrich«, Projektion ohne
Ton, Format und Laufzeit
variabel, Loop, 2010
Original in Farbe und S/W
Ellrich, silent projection, format
Sciences
and running time variable, loop,
seit/ since 1992
Lehrtätigkeit an mehreren
nationalen und internationalen Hochschulen, Ausstellungen, Publikationen
2010, original work in color and
black/ white
/ Teaching position at several
national and international
universities, exhibitions,
publications
Jäger, Juliane
*1984 in Jena
2004 – 2007
Grundstudium
Kunstgeschichte, Philosophie und Germanistik an
der Universität Leipzig
seit/ since 2008
Studium an de HGB Leipzig
/ Studying at the HGB Leipzig
S. 51 – 53, # 8
»Kohnstein«, C-Prints, je
30x45 cm, 2010, Original in
Farbe
/ Kohnstein, C-prints, 30x45
/ Foundation course in art
cm each, 2010, original work
history, philosophy and German
in color
studies at the University of
Leipzig
Kissel, Sebastian *1986 in München
»Aussenlager«, 7 InkjetPrints, 52x40 cm, 2010
seit/ since 2008
Studium an der
HGB Leipzig
/ Aussenlager, 7 inkjet prints,
/ Studying at the HGB Leipzig
52x40 cm, 2010
S. 91 – 93, # 9
Lorenz, Dana
*1984 in Berlin
2006
Ausbildung Grafik
Design, Berlin
/ Qualified as a Grafik
Designer, Berlin
S. 43 – 45
»Das. Objekt. Ruiniert.
Alles. 2010«, Objekt,
Farbfotografie 10x15 cm, in
Vitrine, 2010/11, Original in
Farbe
seit/ since 2008
Studium an der HGB
Leipzig
/ Das. Objekt. Ruiniert. Alles.
/ Studied photography at the
case, 2010/11, original work in
HGB Leipzig
color
2010, object, colour photograph
10x15 cm, inside a display
Artists and index of works
Pohlmann-Kryszkiewicz,
Marta *1977 in Pszczółki
bei Danzig, Polen
/ in Pszczółki near Gdansk,
Poland
S. 107
2000 – 2001
Studium an der
Universität Ca`Foscari,
Kunstgeschichte,
Italienische Philologie,
Venedig, Italien
seit/ since 2008
Studium an der
HGB Leipzig
/ Studied art history, Italian
seit/ since 2009
Projektassistenz bei Professor
Torsten Hattenkerl,
Fotografie, HGB Leipzig
philology at the Ca’Foscari
University, Venice, Italy
2006
Magister Artium, GeorgAugust-Universität
Göttingen, Philosophische
Fakultät: Kunstgeschichte,
Slawische Philologie,
Romanische Philologie
/ Studying at the
HGB Leipzig
S. 75 – 77, # 10
»heimlich«, Künstlerbuch,
Hardcover, 33 Farbfotografien, Text, 2010,
Original in Farbe
/ heimlich, artists book, hardcover, 33 colour photographs,
text, 2010, original work in
color
/ Assistant to Professor Torsten
Hattenkerl, Photography,
HGB Leipzig
/ M.A., University of Göttingen, Philosophical Faculty:
art history, Slavic philology,
Romance philology
Schreiber, Marike *1982 in Neustrelitz
2002 – 2006
Studium der Kunst-geschichte, Kommunikationswissenschaft und
Kunstpädagogik an der
Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald
seit/ since 2006
Studium an der HGB
Leipzig
/ Studied art history, com-
S. 71 – 73, # 11
»Russen I«, Kugelschreiber
auf Collegeblock, 2010
»Russen II«, Fotografie,
13x18 cm, 2010 »Russen
III«, Toilettenbecken,
Toilettenbrille, Plexiglas,
2010, Original in Farbe
munication science and art
/ Russen I, ballpoint pen on
education at the University of
jotter, 2010 Russen II, photo-
Greifswald
graph, 13x18 cm, 2010
/ Studying at the HGB
Leipzig
Russen III, toilet bowl, toilet
seat, Plexiglas, 2010, Original
in Farbe
Schröder, Luise *1982 in Potsdam
2004 – 2011
Studium an der
HGB Leipzig
/ Studying at the HGB
Leipzig
seit/ since 2007
Kunst- und Kulturvermittlerin an der Galerie
für Zeitgenössische Kunst
Leipzig
S. 63 – 65
»27. Januar 2008«,
Splitscreen-Projektion,
Laufzeit 07:31 Minuten,
2008, Original in Farbe
/ Art and culture mediator at
/ 27. Januar 2008, split-screen
the Galerie für Zeitgenössische
projection, running time 07:31
Kunst Leipzig
minutes, 2008, Original in
Farbe
S. 108
Wilmes, Julia
*1984 in Bremen
2004 – 2005
Studium der Soziologie an
der Universität Bremen
seit/ since 2008
Studium der Fotografie an
der HGB Leipzig
/ Studied sociology at the
/ Studied photography at the
S. 47 – 49
»10.09.1943–05.04.1945«,
Beamerprojektion,
60x70 cm, 2010
University of Bremen
HGB Leipzig
/ 10.09.1943 – 05.04.1945,
beamer projection,
60x70 cm, 2010,
Winkler, Katrin
*1983 in Starnberg
2004 – 2009
Studium der Fotografie,
Hochschule für Angewandte Wissenschaften
(FH), Fakultät Design
München, Bachelor of Arts
in Fotodesign
2007 – 2009
Projektrealisierungen
in Südafrika und Israel/
Palästina
/ Studied photography at the
(FH), Design Faculty, in
seit/ since 2010
Studium an der
HGB Leipzig
Munich, B.A. in photo design
/ Studying at the HGB
University of Applied Sciences
/ Projects in South Africa and
S. 55 – 75
»Herzlich Willkommen in
Dachau«, 9 Inkjet Prints, je
30x40 cm, 2010, Original in
Farbe
Israel/ Palestine
/ Herzlich Willkommen in
Dachau, 9 inkjet prints, 30x40
cm each, 2010, original work
in color
Leipzig
Impressum
/ Publication details
Diese Publikation erscheint anlässlich der Ausstellung
»DORA – Eine künstlerische Auseinandersetzung
mit Erinnerungskultur« von Künstler/innen der
Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) Leipzig
an der Pasinger Fabrik GmbH, Kultur- und
Bürgerzentrum der LH München, in der Zeit vom
25.02. – 03.04.2011.
This catalogue is published to coincide with the exhibition titled “DORA – Eine künstlerische Auseinandersetzung mit Erinnerungskultur“ [DORA – An
Artistic Approach to the Culture of Remembrance]
by artists at the Academy of Visual Arts Leipzig, on
show at Pasinger Fabrik GmbH, the City of Munich’s
Cultural and Civic Centre, from 25 February to 3
April 2011.
Impressum/ Publication details
Ausstellung/ Exhibition
S. 109
Katalog/ Catalogue:
Veranstalter/ Organisers:
Kurator/ Curators
Herausgeber/ Publisher:
Organisation:
Pasinger Fabrik GmbH
Pasinger Fabrik GmbH:
Pasinger Fabrik GmbH
Torsten Hattenkerl
in Kooperation mit der
Stefan-Maria Mittendorf
HGB Leipzig, Professur
für Fotografie
Kurator/ Curators
Torsten Hattenkerl
HGB Leipzig:
Prof. Torsten Hattenkerl
Geschäftsführer/
Marta PohlmannRedaktion/ Editor:
Kryszkiewicz
Torsten Hattenkerl
Stefan-Maria Mittendorf
Konzeption / Concept:
Lektorat/ Lektorship....
Erik Johannsen
München: Dr. Elena Heitsch
Managing Director,
Assistenz/ Assistant
Pasinger Fabrik GmbH:
,HGB Leipzig:
Frank Przybilla
Marta Pohlmann-
Satz & Layout / Design:
/ Translations:
Kryszkiewicz
Erik Johannsen
Stephen Grynwasser
texte zu den arbeiten
Druck und Verarbeitung:
/ work descriptions:
Druckerei der LH München
Stefan-Maria Mittendorf und
Schrift: Univers
die Autoren
Auflage: 600
Danksagung: Für die Unterstützung dieses Projekts
danken wir Frank Przybilla, Geschäftsführer der
Pasinger Fabrik, Sabine Brantl M.A., Leiterin des
Historischen Archivs im Haus der Kunst München,
den Freien Ateliers und Werkstätten Ehrenbürgstraße e.V. und Dr. Elena Heitsch vom Haus der
Kunst für das bewährte Lektorat. Ebenso Dr.
Friedrich Tietjen, Professor für Geschichte und
Theorie der Fotografie an der HGB Leipzig, Dr. JensChristian Wagner, Leiter der Gedenkstätte MittelbauDora und Brita Heinrichs, pädagogische Mitarbeiterin
der Gedenkstätte Mittelbau-Dora. Ein besonderer
Dank gilt darüber hinaus Prof. Dr. Alf Lüdtke,
seinem Promoventen David Sittler und dem
Graduiertenkolleg »Mediale Historiographien« der
Universitäten Weimar, Erfurt und Jena.
Torsten Hattenkerl
Stefan-Maria Mittendorf
Torsten Hattenkerl
Übersetzungen
Acknowledgements: For their support with this
project we would like to thank Frank Przybilla,
Managing Director of the Pasinger Fabrik; Sabine
Brantl M.A., head of the historical archive at the
Haus der Kunst in Munich; the Freie Ateliers und
Werkstätten Ehrenbürgstraße e.V.; and Dr Elena
Heitsch at the Haus der Kunst, for her judicious
editing. Likewise Dr Friedrich Tietjen, Professor of
History and the Theory of Photography at the
Academy of Visual Arts Leipzig; Dr Jens-Christian
Wagner, Director of the Mittelbau-Dora
Memorial; and Brita Heinrichs of the educational
staff at the Mittelbau-Dora Memorial. Special
thanks also to Prof. Dr Alf Lüdtke, his doctoral
candidate David Sittler and the Mediale
Historiographien post-graduate programme at the
Universities of Weimar, Erfurt and Jena.