Vorläufige Untersuchungen zur genetischen Variabilität beim

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Vorläufige Untersuchungen zur genetischen Variabilität beim
Forschung
Vorläufige Untersuchungen zur
genetischen Variabilität beim
Wickelschwanzskink
Von Alexandra Lima, Stefan Höss, Georg Elser, Heiko Kühne, Frank Glaw & Miguel Vences
M
it einer Körperlänge von bis zu
35 cm und einer maximalen Gesamtlänge von 75 cm ist der auf
den Salomonen-Inseln verbreitete Wickelschwanzskink der größte lebende Skink. Er
ist auf dem Salomonen-Archipel endemisch
und bewohnt die politisch zu Neuguinea gehörende Insel Bougainville sowie die zum
Inselstaat Salomonen gehörenden Shortland-
Abb. 1: Verbreitungsgebiet von Corucia zebrata (Infografik auf Basis von Google Maps).
Autoren:
Alexandra Lima (Bild), Miguel Vences
Zoologisches Institut, Technische Universität
Braunschweig,
Mendelssohnstr. 4, D-38106 Braunschweig
E-Mail: [email protected]
Stefan Höss
Augsburger Strasse 7
D-86833 Ettringen
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Inseln, Choiseul, Vella Lavella, New Georgia, Tetepare, Vangunu, Isabel, Guadalcanal,
Ngela, Malaita, Makira, Ugi und Santa Ana
(McCoy 2006, Hauschild & Gassner 1999).
Eine Übersicht über das Verbreitungsgebiet
gibt Abbildung 1.
Eine ihrer vielen Besonderheiten ist die Tatsache, dass sich diese Art hauptsächlich vegetarisch ernährt und als Baumbewohner ihren
Schwanz zum Festhalten verwenden kann.
Die Gattung Corucia ist monotypisch, enthält
also nur eine Art. Allerdings beschrieb Köhler
(1997) die Unterart Corucia zebrata alfredschmidti, die sich durch größere Dorsalia und Ventralia, sieben statt fünf Parietalia, eine leuchtend
gelbe statt olivgrüne Iris und eine einheitlich
moosgrüne Färbung des Kopfes auszeichnet
und insgesamt etwas kleiner bleibt. Diese Unterart stammt von der Insel Bougainville im
Nordwesten des Verbreitungsgebietes (Köhler 1997). Die Typuslokalität von C. z. zebrata ist hingegen die Insel San Chritoval (= San
Christobal, = Makira Island), am südöstlichen
Rand des Areals (McCoy 2006).
Der sehr schöne und eindrucksvolle Skink ist
bei Terrarianern sehr beliebt, und so wurde
innerhalb der DGHT-AG-Skinke ein „Arbeitskreis Corucia“ gegründet. Eines der Ziele dieses Arbeitskreises war es seit seiner Gründung,
mehr Klarheit in die von Alfred A. Schmidt
(1998) aufgestellte Einteilung von Corucia zeb-
Georg Elser
Eschenweg 5
D-86860 Jengen
Heiko Kühne
Osnabrücker Straße 879
D-49492 Westerkappeln
Frank Glaw
Zoologische Staatssammlung München,
Münchhausenstraße 21
D-81247 München
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Salomonen
Der Inselstaat Salomonen liegt
im Südwesten des Pazifiks, östlich von Neuguinea. Zu ihm
gehören die südlichen SalomonInseln, die Rennell-Inseln, die
Ontong-Java-Inseln und die weiter östlich liegenden Santa-CruzInseln. Die nördlichen Inseln der
Salomon-Inseln gehören zum
Staat Papua-Neuguinea. Zu den
Salomon-Inseln gehören knapp
1000 Inseln vulkanischen Ursprungs.
Abb. 2: Corucia zebrata alfredschmidti (Bougainville-Inselform).
rata in vier Inselformen zu bringen (die Bougainville-Form, als Unterart C. z. alfredschmidti
beschrieben; sowie die Isabel-, Malaita- und
Guadalcanal-Formen; Abb. 2-6). Diese Einteilung beruhte auf rein morphologischen und
farblichen Merkmalen von Import- und Nachzuchttieren ohne exakte Fundortangaben.
Allerdings hat sich herausgestellt, dass die
Wildfangtiere auf den Salomonen nicht nach
Fundorten getrennt gesammelt, sondern in
einer Station auf Guadalcanal für den Export
zusammengetragen werden, wie Hans-Dieter
Philippen anlässlich des ersten AG-Treffens
2007 in seinem Vortrag berichtete. Die exakte Herkunft der von Terrarianern und Zoos
gezüchteten Formen ist also ungewiss, und
dementsprechend ist eine zuverlässsige Aufklärung der innerartlichen Gliederung von C.
zebrata anhand dieser Tiere nicht möglich.
Da Wickelschwanzskinke als handelsrelevante CITES-Art von breitem Interesse sind und
in Zuchtprogrammen verwendet werden, erschien es dennoch sinnvoll, anhand des zur
Verfügung stehenden Materials eine vorläufige Überprüfung der bisherigen innerartlichen
Gliederung in Farbformen vorzunehmen und
Abb. 3: Corucia zebrata zebrata (Isabel-Inselform). Alle Fotos in diesem Artikel von Georg Elser.
Literatur
Bruford, M. W., O. Hanotte, J. F. Y. Brookfield & T. Burke (1992):
Singlelocus and multilocus DNA fingerprint. In: Hoelzel, A. R.
(Ed.), Molecular genetic analysis of populations: a practical approach. – IRL Press, S. 225-270.
Crottini, A., J. Dordel, J. Köhler, F. Glaw, A. Schmitz & M. Ven­
ces (2009): A multilocus phylogeny of Malagasy scincid lizards
elucidates the relationships of the fossorial genera Androngo and
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Cryptoscincus. – Molecular Phylogenetics and Evolution, 53(1):
345-350.
Edgar, R. C. (2004): MUSCLE: multiple sequence alignment with
high accuracy and high throughput. – Nucleic Acids Research,
32(5): 1792-1797.
Hauschild, A. & P. Gassner (1999): Corucia zebrata - Der Wickelschwanzskink. – Natur und Tier Verlag, Münster, 80 S.
Köhler, G. (1997): Eine neue Unterart des Wickelschwanzskinkes
Corucia zebrata von Bougainville, Papua Neuguinea. – Salamandra, 33(1): 61-68.
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Abb. 4: Corucia zebrata zebrata (Malaita-Inselform).
so abschätzen zu können, wie hoch die genetische Variabilität der zurzeit in Deutschland
gehaltenen Wickelschwanzskinke ist. So initiierte der damalige zweite Vorsitzende der
AG Skinke, Stefan Höss, eine DNA-Untersuchungsreihe. Insbesondere die folgende Frage
sollte geklärt werden: Gibt es genetische Unterschiede, die Rückschlüsse auf eine weitere
Aufteilung in Unterarten (oder gar Arten) zulassen oder handelt es sich um Variabilität innerhalb der bestehenden Unterarten?
Zur Beantwortung dieser Fragen wurden
DNA-Proben aller der von Schmidt (1998) bezeichneten Inselformen benötigt. Anlässlich
der Jahrestagung der AG Skinke 2008 wurden
von den Mitgliedern Georg Elser und Heiko Kühne insgesamt neun tote, eingefrorene
Tiere an Frank Glaw von der Zoologischen
Staatssammlung (ZSM) München zur Inventarisierung übergeben. Die entnommenen Gewebeproben wurden an Miguel Vences von
der Technischen Universität Braunschweig
weitergeleitet, wo die Laboruntersuchungen
von Alexandra Lima durchgeführt wurden.
Material und Methoden
Relevante Daten (vermutete Insel-Herkunft,
Inventarnummern, GenBank-Nummern etc.)
der neun untersuchten Tiere sind in Tabelle
1 zusammengefasst. Sämtliche Tiere entstammen dem Tierhandel und ihre exakten Fundorte sind unbekannt. Allerdings gibt es durch
den Tierhandel Angaben, von welcher Insel
die Tiere angeblich stammen.
Genomische DNA wurde nach der StandardMethode von Bruford et al. (1992) extrahiert.
Nach der Amplifizierung wurde ein Fragment
des mitochondrialen Gens ND1 (inklusive eines Stücks eines benachbarten rRNA-Gens)
für neun Individuen sequenziert (Primer und
PCR-Bedingungen nach Crottini et al. 2009).
Alle Sequenzen wurden in GenBank eingestellt und eine Sequenz von Eumeces schneideri
aus GenBank (HM160777) wurde als Außengruppe verwendet. Alle Sequenzen wurden in
die Software MEGA, Version 5 (Tamura et al.
2011) importiert und mit Hilfe des MUSCLEAlgorithmus (Edgar 2004) aligniert. Unkorrigierte paarweise Distanzen (p-distances) zwischen den einzelnen Individuen bzw. den bei-
McCoy, M. (2006): Reptiles of the Solomon Islands. – Pensoft Publishers, Sofia, 212 S.
Schmidt, A. A. (1998): Weitere Anmerkungen zur Rassenbildung
und Geschlechtsunterscheidung von Corucia zebrata. – elaphe,
6(2): 2-5.
Tamura, K., D. Peterson, N. Peterson, G. Stechner, M. Nei & S.
Kumar (in press, 2011): MEGA5: Molecular evolutionary genetics analysis using maximum likelihood, evolutionary distance,
and maximum parsimony methods. – Molecular Biology and
Evolution.
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Der Wickelschwanzskink
Ordnung: Schuppenkriechtiere (Squamata)
Teilordnung: Skinkartige (Scincomorpha)
Familie:Skinke (Scincidae)
Gattung: Corucia
Art:Wickelschwanzskink (Corucia zebrata)
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den Unterarten von C. zebrata (averaged across
individuals) wurden mit MEGA5 ermittelt.
Mit demselben Programm wurde eine Maximum Likelihood (ML) Analyse durchgeführt,
wobei „gaps“ als fehlende Daten bewertet
wurden. Das Modell HKY+G wurde auf Basis
des „Bayesian Information Criterion (BIC)“
verwendet. Die Unterstützungswerte für die
Tabelle 1. Vermutliche Herkunft, Inventarnummern und GenBank-Nummern der untersuchten Tiere. ZSM = Zoologische Staatssammlung München.
ProbenNr.
Artname
Geschlecht
Land
Wahrscheinliche
Herkunftsinsel
Bestimmt und
erhalten von
GenbankNummern
ZSM 2008/2008
1
C. z. a.
Männchen
Papua-Neuguinea
Bougainville
G. Elser
JN204262
ZSM 2009/2008
2
C. z. a.
unbestimmt
Papua-Neuguinea
Bougainville
H. Kühne
JN204261
ZSM 2010/2008
3
C. z. z.
unbestimmt
Salomonen
Malaita
H. Kühne
JN204260
ZSM 2011/2008
4a
C. z. z.
juvenil
Salomonen
Malaita
H. Kühne
JN204259
ZSM 2012/2008
4b
C. z. z.
juvenil
Salomonen
Malaita
H. Kühne
JN204258
ZSM 2013/2008
5
C. z. z.
Weibchen?
Salomonen
Isabel
H. Kühne
JN204257
ZSM 2014/2008
6
C. z. z.
Weibchen?
Salomonen
Isabel
H. Kühne
JN204256
ZSM 2015/2008
7
C. z. z.
unbestimmt
Salomonen
Guadalcanal
H. Kühne
JN204255
ZSM 2016/2008
8
C. z. z.
unbestimmt
Salomonen
Guadalcanal
H. Kühne
JN204254
Nummer
GenBank
In sogenannten Sequenzdatenbanken werden Sammlungen
von DNA-, RNA- oder Proteinsequenzen gespeichert und
verwaltet. In diesen Datenbanken kann man z. B. DNA- oder
Proteinsequenzen abfragen. GenBank ist eine der drei großen DNA-Sequenzdatenbanken. Sie enthält momentan mehr
als 189 Millionen Einträge von mehr als 380.000 Organismen. +
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Neben GenBank existieren außerdem die „European Molecular Biology Laboratory Nucleotide Sequence Database“ (EMBL-Bank) und die „DNA Data Bank of Japan“ (DDBJ). Die in
diesen Datenbanken enthaltenen Sequenzinformationen bilden eine wichtige Grundlage für die Arbeit vieler Forscher.
GenBank ist frei zugänglich. Weitere Informationen finden
sich unter www.ncbi.nlm.nih.gov/genbank/.
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Forschung
Verzweigungspunkte wurden durch „bootstrapping“ (1000 Wiederholungen) ermittelt.
Ergebnisse und Diskussion
Das Alignment umfasst 405 Basenpaare, von
denen 96 variabel sind und 17 Parsimonie-informativ. Die Ergebnisse (Abb. 7) zeigen eine
deutliche genetische innerartliche Variabilität.
Die beiden Individuen von Corucia zebrata alfredschmidti bilden eine eigenständige Linie,
was die Validität dieser nordwestlichen Unterart bestätigt. Die unkorrigierte p-Distanz
zwischen C. z. zebrata und C. z. alfredschmidti
beträgt 3 %. Dieser Wert ist niedriger als die
normalerweise zwischen Arten gefundenen
Distanzen für proteincodierende mitochon-
Abb. 5: Corucia zebrata, altes
Wildfang-Männchen (unbekannte Inselform).
driale Gene wie ND1, und steht
daher mit dem Unterartstatus dieses Taxons im Einklang. Die Distanz
innerhalb von C. z. alfredschmidti beläuft sich auf 0,3 % und die innerhalb
von C. z. zebrata auf 1,4 %. Die beiden Tiere
von Isabel und die beiden Tiere von Guadalcanal bilden jeweils eine eigenständige Linie, allerdings gehört zu letzterer Linie auch ein Tier,
das angeblich aus Malaita stammen soll. Auch
die beiden anderen vermeintlichen MalaitaTiere werden in dem vorläufigen Stammbaum
nicht zusammen gruppiert. Stattdessen bilden
alle drei Tiere eine jeweils eigene Linie. Dies
könnte auf eine große genetische Variabilität
auf der Insel Malaita hindeuten. Wahrscheinlicher ist allerdings die Annahme, dass dieses
Ergebnis auf teilweise fehlerhafte Herkunftsangaben hindeutet.
Die Ergebnisse der DNA-Untersuchung weisen darauf hin, dass sich zumindest einige
Abb. 6: Corucia zebrata zebrata (GuadalcanalInselform).
der morphologisch trennbaren Formen auch
in genetischer Hinsicht unterscheiden. Ob es
sich hierbei um konstante diagnostische Unterschiede handelt – sowohl auf der genetischen als auch auf der morphologischen Ebene
– können nur weitergehende Untersuchungen
mit deutlich umfangreicheren Stichproben
klären.
Eine weitere Bearbeitung der InselformenFrage ist mit Tieren, die dem Tierhandel entstammen, wegen der unsicheren Herkunftsangaben nicht weiter sinnvoll. Klarheit können
nur Untersuchungen an Tieren mit exakten
Fundorten bringen, wozu ein Sammeln von
DNA-Proben vor Ort durch ein entsprechend
qualifiziertes Team notwendig ist. 
Abb. 7. Maximum-Likelihood Stammbaum der
untersuchten Corucia-Exemplare basierend
auf einem Fragment des mitochondrialen
ND1-Gens. Die Zahlen sind Bootstrap-Werte in
Prozent. Der Baum wurde mit einer Sequenz
von Eumeces gewurzelt (aus graphischen
Gründen wird die Außengruppe nicht gezeigt).
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