Der diabetische Fuß

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Der diabetische Fuß
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Der diabetische Fuß
Dr. med. Oser
Bernkastel-Kues.
Fortbildungsveranstaltung der Kreisärzteschaft Cochem-Zell
am 15. 02. 99 im Hotel Weißmühle Cochem
ergänzende Informationen aus: − Diabetologie, B. und J. Knick, 4. Auflage, Kohlhammer 1997
− Diabteologie in Klinik und Praxis, Hsg. H. Mehnert et al., Thieme 1994
Einteilung, Diagnose und Differentialdiagnose des „diabetischen Fußes“ – neuropathischer
und / oder angiopathischer Fuß
•
lt. der Deutschen Diabetes Gesellschaft 28.000 Ampuationen/Jahr in der BRD, die in 50% zu früh
durchgeführt werden
•
in den meisten Fällen nicht durch eine Durchblutungsstörung, sondern durch eine Neuropathie
bedingt
•
nach ARLT (Chirurg in Oberhausen) ist der diabet. Fuß auf 3 diabetische Komplikationen
zurückzuführen
∗ Typ A bei arterieller Verschlußkrankheit
∗ Typ B bei Polyneuropathie
∗ Typ C „Mischtyp“ – der neuropathisch-ischämische Fuß (sehr häufig)
Typ B und C machen 70 – 80% des diabet. Fußsyndroms aus – die Neuropathie ist der häufigste
Faktor !
weitere Faktoren sind eine eingeschränkte Gelenkbeweglichkeit und weitere „intrinsische
Druckbelastungsabnormitäten“ im Fußbereich
Differentialdiagnose „Diabetischer Fuß“
Lokalisation
Sensibilität
(Stimmgabeltest)
Schmerzen
Inspektion
Fußpulse
Röntgen
•
Neuropathie
plantar
selten dorsal
Druckstellen und Schwielen
reduziert (oft aufgehoben)
Vibrationsempfinden ↓
Wärmeempfinden ↓
Hyp-, Analgesie
Fuß warm, rosig, trocken
verstrichene Konturen
„Krallenfuß“, Deform.
Hyperkeratosen, Fissuren,
Mykosen
voluminöser Fuß
vorhanden (bei Fußödem
schwer tastbar)
frühzeitig Osteolysen,
Luxationen, Mutilationen
Angiopathie
akral
Zehen, Fersen
unauffällig –
Vibrationsempfinden
altersentsprechend
vorhanden
Fuß blaß, livide
atrophische Haut und Unterhaut
distale Nekrosen
Defizit
unauffällige Knochenstruktur,
auch im Nekrosegebiet
in anderen Krankheitsgruppen, wie z. B. in der Nephrologie etwas mehr Verschlußkrankheiten
M. Ulrich 16. 02. 99 – 02. 03. 99
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auch bei den Durchblutungsstörungen spielt die Neuropathie oft eine Rolle – hier ergeben sich
Behandlungsmöglichkeiten – vor allem bei der reinen Neuropathie keine Indikation für eine
Amputation
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die Viskoelastizität des Fußes wird durch die Neuropathie und durch Veränderung der
extrazellulären Matrix i. S. e. Rigidisierung verändert
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im Kapillarbett hypertone Situation mit vermehrter Ödemneigung
•
der neuropathische Fuß wird immer wärmer, der AVK-Fuß immer kälter; im Thermogramm zeigen
sich „Hot-Spots“: nach Laufen ist der neuropathische Fuß viel wärmer als ein normaler und erst
recht als ein AVK-Fuß (infolge Shunt-Verbindungen)
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Hauptuntersuchungsmittel sind die Stimmgabel, die an Knöchel oder Großzeh angesetzt wird und
das Tasten der Fußpulse
•
Ursachen der Neuropathien:
− 1/3 Alkohol
− 1/3 Diabetes
− 1/3 „Sonstiges“
•
Neuropathie ist ein Frühsymptom des Diabetes, das lange vor Augen- oder Nierenstörungen
auftritt; sie kann schon nach 4 – 5 Jahren auftreten; nur sehr beschränkte
Besserungsmöglichkeiten
Störungen aller Qualitäten der Nerven
∗ sensibel
∗ sensorisch: man fühlt etwas, das nicht vorhanden ist, z. B. Ameisenlaufen, Hitze- oder
Kältegefühl
∗ die autonome Funktion wie die Schweißsekretion – der Fuß kann schnell sehr trocken werden
∗ die Motorik: die Muskeln können nicht mehr richtig koordiniert werden, z. B. Ausbildung von
Krallenzeh-Stellungen wobei der Fuß in diesen Stellungen versteifen kann
•
•
typisch für die Makroangipathie beim Diabetes ist auch die periphere Lokalisation
•
bei der neuropathischen Läsion überwiegt die Hyperkeratose, bei den ischämischen Ulcera
oberflächliche Hautläsionen oder Blasen als Ausgangspunkt für ein späteres Ulkus
•
Behandlung und Prognose eines primär neuropathischen Ulkus unterscheiden sich ganz
wesentlich von der eines primär ischämisch-gangränösen Fußes
•
Anamnese:
∗ eine rasch progrediente Gangrän spricht für eine Ischämie
∗ bei jahrelang bestehenden Ulcera an den Zehen, die weder fortschreiten noch abheilen, liegt oft
eine Osteomyelitis bei Neuropathie vor
∗ im Falle einer Charcotschen Neuroarthropathie können die Patienten oft genau den Tag
angeben, an dem sich ihr Fuß unter einer stärkeren Belastung spontan schmerzlos deformiert
hat
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Lokalbefund:
∗ eine Charcotsche Neuroarthropathie kann im akuten Stadium hochrot und stark geschwollen
sein (DD: Gichtanfall, Thrombophlebitis, Phegmose, septische Arthritis) – bei fehlendem Ulkus
ist inspektorisch eine DD zu einer Osteomyelitis nicht möglich
∗ eine blasse, fleckige Zyanose spricht für einen rel. akuten Arterienverschluß, ein ausgeprägter
Rubor der Zehen oder des Vorfußes für eine chron. Ischämie
Mal Perforant: der diabetisch-neuropathische Fuß
Allgemeine lokale Behandlung von Läsionen
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Ruhigstellung: durch Bettruhe infolge Abschwellung des Begleitödems schon deutliche Besserung
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auch größere Wunden können unter entsprechender Behandlung in ca. 4 Monaten abheilen
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Horn muß mit Bimsstein abgehobelt werden; Bimsstein am besten am trockenen Fuß anwenden –
nach Waschen des Fußes ist der Bimsstein schnell verstopft
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beim diabet. Fuß ist sehr viel Geduld erforderlich – die durchschnittliche Behandlungszeit liegt bei
5 – 6 Monaten, manchmal ist aber auch eine Behandlung über Jahre erforderlich
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in der Wundreinigungsphase müssen die Pat. 1 – 2 Wochen täglich kommen, Wunde muß
ausgespült, ausgekratzt, ausgeschnitten werden („muß richtig bluten“);
•
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Entzündungsphase
Dr. Oser: er gibt in der Entzündungsphase nichts auf die Wunde, sie wird gereinigt, es werden
ggf. Laschen eingelegt und es wird während der ganzen Wundheilungsphase mit inerten Gelen
(inert, damit die körpereigenen Enzyme im pH-neutralen Milieu wirken können); HydrokoloidGele um bei trockenen Wunden die Wundfeuchtigkeit zu erhalten, bei trockenen Wunden wird
mit Polyurethanen gearbeitet (v. a. in der Granulationsphase)
„in Mode gekommen“ seien die Alginate (Naturprodukte, die die Bakterien adsorbieren und
Elektrolyte austauschen und eine Granulationsmatrix darstellen sollen, was jedoch noch nicht
„eisenhart bewiesen“ sei
ganz am Anfang kann zur Wundreinigung z. B. H2O2 gegeben werden, bei Infektion mit
problemat. Keimen, z. B. Pseudomonaden auch NaCl 10%, z. B. über 5 Tage – in der
Granulationsphase arbeitet Dr. Oser dann am liebsten mit Ringer-Lösung zum Spülen und
Befeuchten, weil dies dem Wundmilieu am ehesten entspreche, z. B. auf Verbandsstoffe, die
die Flüssigkeit lange halten können
Eröffnung und Drainage der Pustel oder Blase und Abtragung des Hornhautdeckels bzw. des
hyperkeratot. Randwalls
alle 1 – 2 Tage müssen die Wundränder von schnell überwuchernder Hornhaut befreit werden,
so daß stets gut vaskularisierte Wundränder vorliegen
∗
Granulationsphase (am längsten)
Dauer oft Monate; Einsatz verschiedenster Stoffe, um die Granulationsphase zu beschleunigen
(Dr. Oser spritzt abgelaufenes Insulin darüber) – der Einsatz von (oft extrem teuren)
granulationsfördernden Stoffen sei höchst umstritten – eine Wirksamkeit sei jedoch nicht richtig
bewiesen
Wunden müssen feucht gehalten werden – deshalb seien das Wochenende und der Urlaub, wo
dies nicht geschehen kann, auch wegen des fehlenden Verbandswechsels, der fehlenden
Aufbringung von Gel ein Problem
lediglich für oberflächliche epidermale Wunden sei eine trockene Behandlung denkbar
Problem: mazerierte Wundränder unter Hydrokolloidverbänden: Dr. Oser setzt deshalb
möglichst steife Gele ein; Dr. Lippert sieht nach Gabe von Zinkpaste um die Wundränder
weniger Mazerationen
bei zirkulären Verbänden auf Schaumstoffkissen zwischen den einzelnen Zehen achten und vor
jedem Verband sollte zur Vermeidung von Austrocknung der Fuß mit einer z. B.
harnstoffhaltigen Fettsalbe eingefettet werden
bei Läsionen am Vorfuß muß eine Entlastung mit 2 Krücken erfolgen, Pat. können nicht richtig
spazierengehen, sind zu Hause gefesselt
∗
Epithelialisierungsphase
die darüber wachsenden Häutchen darf man dann nicht mehr abkratzen
•
also Prinzipien der Behandlung sind:
− komplette Druckentlastung (bei Vorfußwunden mit einem Interimsschuh, Kosten DM 500.-,
auf der kontralateralen Seite ist dann eine Schuherhöhung notwendig, unbedingt noch 2
Krückstöcke, ohne die man nicht mehr auf die Toilette gehen darf)
− Ruhigstellung
− system. Antibiose
− Säuberung der Wunde
Arbeiten mit einem Mundschutz
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ständiges, tägliches Reinigen in der Entzündungsphase, in der Granulationsphase, werden
die Wunden gerne 2 – 3 – 4 Tage verbunden gelassen um die Wunde ruhen zu lassen
Dr. Oser arbeitet viel mit Fett-Gaze als Verbandsstoff
− Ausschluß von Gefäßerkrankungen
− sorgfältiges Abwägen von Ampuationen – oft ergeben sich doch noch konservative
Möglichkeiten, und evtl. ist auch eine kleinere Amputation möglich
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ein Chirurg kann immer wertvolle Ratschläge geben
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Liponsäure, Thioctsäure etc. gehören nicht zur Basistherapie des diabet. Fußes
akute orthopädische Behandlung, Primäre und sekundäre Prophylaxe
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Prophylaxe neuer Läsionen:
∗ Schutz vor Verletzungen
∗ Schutz vor Überbelastungen durch orthopädische Schuhe; ein guter Schuh für Diabetiker ist ein
Turnschuh, ein gut gefederter Basketballschuh
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zumindest in der Wundphase totale Entlastung, danach orthopädische Schuhe
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offene Schuhe („Birkenstocksandalen“) sind ungünstig: Entstehen von Hornhaut durch vermehrtes
Reiben („M. Birkenstock“)
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„die meisten Diabetes-Patienten kaufen die Schuhe 2 Nummern zu eng“ – sie sollten am Abend,
wenn der Fuß breit ist, diesen auf ein Blatt Papier stellen und die Kontur mit einem Bleistift
abfahren → diese Zeichnung muß ungefaltet in einen neuen Schuh passen, der Schuh muß auch
hoch genug sein, damit die Krallenzehen nicht reiben
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Bettflaschenverbrennungen: durch fehlendes Gefühl für warm und kalt – Verletzungen werden oft
erst über Blut/Sekrete auf dem Fußboden/im Strumpf erkannt: deshalb sollten sich die Patienten
abends vor dem Zubettgehen die Strümpfe von innen ansehen
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orthopäd. Schuhe: normalerweise fertigen Schuhmacher Pelotten an um eine richtige Form zu
erreichen – jedoch soll beim diabet. Fuß bei Prominenzen kein Gegendruck erzeugt werden
sondern ringförmige Auslassungen erzeugt werden um den Druck ringsherum zu verteilen
es wurde von der AOK eine Kommission von Krankenhaus- und niedergelassenen Ärzten
gebildet, die Richtlinien für die Indikation f. orthopäd. Schuhe/Einlagen – Schuhe sollen auch erst
nach 2 Monaten, also nach allen Nacharbeiten voll bezahlt werden
Komfortschuhe: sind weich, hoch, haben eine eindrückbare Kappe – kosten ca. DM 280-.
(müssen selbst bezahlt werden, kein Zuschuß der Krankenkasse; man kann aus diesen
Komfortschuhen die konfektionelle Einlage herausnehmen und eine Weichbettung maßschneidern
lassen; diese Weichbettung besteht aus 6 – 8 Materialien mit verschiedenen Abdrücken (wie beim
Zahnarzt) und kosten DM 500 – 600-. und halten nur ca. 6 Monate, bei einem schweren Träger
auch kürzer, bei einem leichten Träger ca. 1 Jahr
Semi-Konfektionsmaßschuhe: der Schuhmachermeister bestellt die Einzelteile und legt noch eine
Weichteilbettung ein – die Krankenkassen lehnen jedoch kategorisch die Kostenerstattung für
solche Schuhe ab
Maßschuhe: DM 2500.-, dazu noch Ersatz- und Hausschuh: also Kosten > DM 5000.CAVE: ein schlechter Maßschuh ist schlechter als überhaupt kein Schuh
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wenn man nicht gerade extreme „Käs-Schweißfüße“hat sind Turnschuhe am besten; Ledersohlen
sind fehl am Platze
Antibiotische, antibakterielle Therapie
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bei Besiedelung mit i. d. R. gampos. Kokken Antibiose mit Clindamycin oder breitere Penicilline (z.
B. Unacid® ) – die gramneg. Keime kommen später, dann oft auch multiresistent
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„Farben“ sollen nach Empfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellscha
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ft bei der Behandlung „diabet. Füße“ nicht mehr eingesetzt werden, da ihre antimikrobielle Potenz
ungenügend ist und sie die Sicht auf die Wunden verlegen
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lokale Antibiotika sind verpönt, es sei denn sie werden in Kombination mit systemischen
eingesetzt, z. B. bei system. Gabe von Clindamycin
sehr umstritten sind die Gentamycin-Ketten, die wahrscheinlich nicht so wirksam wie erwartet
sind, es sei denn in Verbindung mit einer system. Therapie
•
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die Antibiotika-Gabe ist nicht auf z. B. 14 Tage zu beschränken, sondern muß z. B. über 3 Monate
erfolgen
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in den USA sei man mit dem Einsatz von Antibiotika viel zurückhaltender als in Deutschland, dort
lege man viele Schalengipse mit Klettverschlüssen zur kompletten Entlastung/Freilegung des
Ulkus an- dort werde ein Mal Perforans ohne Antibiotika behandelt (bei uns grundsätzlich mit ! bei
uns gilt jedes Ulkus als infiziert und wird zumindest in der ersten Zeit mit Antibiotika behandelt, es
gebe jedoch keine Leitlinien für das Ende der Therapie)
Einwand Dr. Lippert: da meist von einer Mischflora der Wunden auszugehen sei und nicht nur
von grampos. Keimen, habe er sehr gute Erfahrungen mit Tarivid® gemacht
•
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ganz am Anfang keine Wundabstriche, sondern Gewebeproben, möglichst tief entnommen und
Kontrollentnahmen alle 6 Wochen
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Nagelmykosen müssen behandelt werden, sie können nämlich Ausgangspunkt von Umläufen,
Phlegmonen sein; Behandlung am besten durch einen Fußpfleger, der die Nägel abschleifen
muß, bis sie dünn sind und dann über Wochen bis Monate mit einer Pilztinktur einreiben soll
Chirurgische Therapie
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Deutsche Diabetes Gesellschaft: es darf keine große Amputation ohne vorherige
Gefäßdarstellung mehr durchgeführt werden (die neuropathisch bedingten Läsionen sind nämlich
heilbar)
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chirurg. Maßnahmen: hat man bei einem Mal Perforans aufgrund des Tastbefundes mit der Sonde
den Eindruck, daß das Gelenk tangiert ist, also offen und infiziert ist, dann Rücksprache mit den
Chirugen, ob nicht eine kleine Minorresektion in diesem Bereich durchgeführt werden sollte –
sonst Zurückhaltung mit der Resektion von Knochen, wenn sie nicht im Mittelpunkt des
Geschehens stehen – auch nach Umstellungsosteotomien, Sehnenverlagerungen etc. kommt es
zu anderen Fehlbelastungen – Metacarpalresektionen nur bei infizierten Gelenken
das „Geheimnis“ von Dr. Arlt (Chirurg in Oberhausen) sei eine extreme Geduld amputiere kaum,
er frische oft Knochen zur Förderung der Granulation an „bis sie bluten“; um arbeite auch viel mit
lokalen Antibiotika (Gentamycin-Schwämmchen etc.)
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Beachte: nach einem chirurg. Eingriff ändert sich die Grundsituation nicht – es kann evtl. sogar
durch eine Umverteilung des Druckes zur erneuten Ulkusbildung an anderer Stelle kommen
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bei ischämischer Läsion und fehlender Revascularisierungsmöglichkeit sind oft größere
Amputationen nicht zu umgehen
Diabetische Osteoarthropathie: der diabetisch-neuropathische Fuß
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diabetische Fuße sind warm, im Ggs. zu den Füßen bei der AVK weil die Neuropathie eine
Öffnung der arteriovenösen Anastomosen bewirkt (auch Ursache der roten Wangen im Gesicht):
„Mikroangiopathie“ (ist also nicht ein Verschluß kleinster Gefäße, sondern die falsche Zirkulation,
die Shunt-Zirkulation zwischen Arteriolen und Venolen)
⇒ eine Wunde am warmen Fuß kann als neuropathisch bedingt, am kalten Fuß als AVK-bedingt
gedeutet werden
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das Nichtwahrnehmen von tatsächlich vorhandenen Gegenständen (Schlüssel, Reißzwecken im
Schuh etc.)
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Verhornungen. entstehen, wenn kein Schweiß mehr abgesondert wird, dann bleiben die oberen
Schichten der Epidermis stehen, werden immer dicker und trockener → infolge von Rissen
Infektionen → Entstehen von nicht-schmerzhaften Eiterwunden
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bei zu engen Schuhen („mosellaner Füße in Pariser Schuhen“): dann Druckstellen, z. B.
„Hühneraugen“ – Prädilektionsstellen für neuropathische Ulcera
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durch Fehlbelastung (s. o.) Krallenzeh → Last auf Knochen mit dünnem Weichteilmantel → im
Falle von Verhornungen wirken dann Scherkräfte → winzige Blutungen unter dem Horn
(„subkeratotische Hämatome“) → bei Infektion nicht schmerzhafte Abszesse
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Charcot-Fuß: Bezeichnung in Analogie zu den zuerst von Charcot beschriebenen
Gelenkveränderungen beim Syphilitiker – (syn.: Akroosteolysen, aseptische Knochennekrosen)
rel. häufige Erkrankung; es ist nicht nur der Nerv, sondern auch der Knochen betroffen;
anatomische Deformationen des diabet. Fußes sind Folge der neuropathiebedingten diabet.
Osteoarthropathie; Diabetes-Pat. haben eine erhöhte Neigung zur Osteoporose und eine andere
Struktur im Bindegewebe (auch Krallenzehen sind bindegewebig mitfixiert); die Mittelfußknochen
senken sich ab und es entstehen auch dort Druckstellen wo normalerweise kein Kontakt zur
Schuhsohle besteht;
radiolog.: dünne Knochen, die überperfundiert waren; eine OP würde nicht möglich sein, da die
Knochen zu weich sind, man könnte keine Platten oder Nägel einsetzen – einzige Möglichkeit:
eine komplette Entlastung (durch eine Liegetherapie bis 2 Monate oder über eine Schiene),
zumindest „bis Ruhe in dem Fuß eingekehrt ist“
Charcot-Fuß imponiert schon vor dem Durchbruch als erheblich überwärmt - der „heiße Fuß“, den
man röntgen sollte (fleckförmige Entkalkungen und herdförmige Knochendestruktionen meist im
Bereich der Metatarsal- und Tarsalgelenke)
bei fehlender Schmerzempfindung und gestörter Trophik der Knochen kann die gesamte
Architektur des Fußskelets unter einem geringfügigen Trauma, das oft nicht einmal bemerkt wird,
zusammenbrechen und der Fuß sich vor allem nach medial und plantar deformieren
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durch die gesteigerte Ruhedurchblutung wird eine vermehrte Demineralisierung des Knochens
provoziert, die zusammen mit einer gesteigerten Osteoklastenaktivität nach Mikrotraumen eine
erhöhte Fragilität bedingt
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Radiologie:
− es sollen stets beide Füße in ⊥ Eb. geröntgt werden
− nicht selten Zufallsbefunde, da eine Neuroarthropathie Metatarsophalangealbreich oft klin.
stumm verläuft
− gerade dort ist die DD zu einer Osteomyelitis oft schwierig, da diese ebenfalls Osteolysen,
Fragmentierung, Gelenkszerstörung und Osteophyten einhergeht
Achtung: eine Osteomyelitis ruft erst nach einiger Zeit radiolog. Veränderungen vor – sie läßt
sich also durch eine Röntgenaufnahme nicht eindeutig ausschließen!
Fußpflege bei Typ I- und Typ II-Diabetes
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∗ tägliche Inspektion der Füße (evtl. Spiegel, Angehörige)
∗ sie sollten abends gefettet werden und danach (um eine Verschmutzung des Bettes zu
vermeiden) „Bettstrümpfe“ angezogen werden
∗ Zehenzwischenräume müssen gut abgetrocknet und eingecremt werden
∗ tägliches Baden in lauwarmen Wasser (bis 370C) max 3 – 5 Min., damit die Haut nicht aufweicht
∗ Nägel nicht schneiden, sondern feilen
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Tabus:
∗ nicht barfuß gehen (Verletzungsgefahr)
∗ keine Hühneraugepflaster, keine Salicylpflaster und –lösungen
∗ keine spitzen/scharfen Gegenstände zur Fußpflege
∗ keine Wärmeflaschen/Heizmatten an die Füße
∗ keine heißen Bäder/Wechselbäder
∗ offene Stellen, Hautdefekte: keine feuchte Verbände
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Allgemeines
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in Zukunft wollen die Krankenkassen dabet. Fußbehandlungen angemessen honorieren,
wahrscheinlich in Anlehnung nach einer Klassifikation nach Wagner (Einteilung in 5 Stadien, bis
zum 3. Stadium internist. Behandlung möglich)
Grad 0 : oberflächliche Läsionen
Grad I : Läsion betrifft die Dermis in ihrer gesamten Dicke
Grad II : Subkutangewebe mitbetroffen
Grad III : + Abszeß oder Osteomyelitis
Grad IV : (limitierte Gangrän) Nekrose der Kutis und des subkutanen Fettgewebes, der Sehnen
und/oder des Knochens, wobei in erster Linie der Vorfuß betroffen ist
Grad V : die Nekrose erstreckt sich auf nahezu den gesamten Fuß
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es gibt eine „Arbeitsgruppe Fuß“ in der Deutschen Diabetes Gesellschaft, Sektion Rheinland Pfalz
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lt. der Deklaration von St. Vinzenz von 1989 sollten innerhalb von 5 Jahren die Erblindungen un
¼, das Nierenversagen um ¼, Amputationen um 50% reduziert werden, die Herzinfarkthäufigkeit
sollte deutlich reduziert werden, was noch nicht gelungen und eher mehr geworden ist – lediglich
das Ziel, das Schwangerschaftrisiko von Diabertikerinnen auf das von Nicht-Diabetikerinnen zu
reduzieren wurde annähernd erreicht