Textanalyse 3

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Textanalyse 3
Studienseminar Koblenz
Wahlmodul 201
Textanalyse 3
1. Ludwig Meidner, Alaunstraße in Dresden
2. Hans Magnus Enzensberger, das ende der eulen
3. Georg Büchner, Woyzeck
Ludwig Meidner, Alaunstraße in
Dresden
1
Expressive Großstadtarchitektur
Stadthaus Dresden 1923
2
3
Ludwig Meidner, Alaunstraße in Dresden
Auf, zu Himmeln auf
schreien Häuserreihen,
trümmern Wände sich hebend und schreien
Wind um weiß Gesicht, Essen, Türme, Wolken
flattern weit.
Asphalt, der zu Bergen saust,
sprüht die Kinder hoch.
Unter uns die schwarzen Hosen schlenkern,
Tabakpfeife, Käfig, Wildbrethase
durch die Himmelsweiße schwimmend.
Fuhrwerksstimmen hauen uns
um Aug und Mund,
Abc der Schilder,
Schnellzugeile…
4
Ludwig Meidner, Alaunstraße in Dresden
O Choral der Fernen,
wo Kasernen blauen
wo sich Gotik steilt.
Nimm Gerassel mich
in dein Schicksal ein,
trag mich Wellenberge hoch
und Täler nieder.
Aus Budiken, Milchgeschäften
wirbelt Heringswonne in mein Ohr.
Aus den Betten zwanzigstöckiger Häuser,
aus den Läden, Truhen, Käfigen der Menschen
hauchen Winde diese Wellenbahn vorüber,
und die Löcherfronten krachen
in der Glut des weißen Tages.
Ludwig Meidner, Alaunstraße in Dresden
äußere Form/ Metrum
´
´
´
Auf, zu Himmeln auf
´
´
´
schreien Häuserreihen,
´
´
(´ )
´
´
trümmern Wände sich hebend und schreien
´
´
´
´
´
´
Wind um weiß Gesicht, Essen, Türme, Wolken
´
´
flattern weit.
´
´
´
´
Asphalt, der zu Bergen saust,
´
´
´
sprüht die Kinder hoch.
5
Ludwig Meidner, Alaunstraße in Dresden
Aufbau: 1. Abschnitt V.1-14
Auf, zu Himmeln auf
schreien Häuserreihen,
trümmern Wände sich hebend und schreien
Wind um weiß Gesicht, Essen, Türme, Wolken
flattern weit.
Asphalt, der zu Bergen saust,
sprüht die Kinder hoch.
Unter uns die schwarzen Hosen schlenkern,
Tabakpfeife, Käfig, Wildbrethase
durch die Himmelsweiße schwimmend.
Fuhrwerksstimmen hauen uns
um Aug und Mund,
Abc der Schilder,
Schnellzugeile…
--------------------------------------------------(globale) Wahrnehmung der Alaunstraße ( als Straßenschlucht..)
Ludwig Meidner, Alaunstraße in Dresden
Aufbau: 2. Abschnitt V.15- 21, 3.V.22-28
O Choral der Fernen,
wo Kasernen blauen
wo sich Gotik steilt.
Nimm Gerassel mich
in dein Schicksal ein,
trag mich Wellenberge hoch
und Täler nieder.
----------------------------------------------------Lobpreis der Großstadt
Aus Budiken, Milchgeschäften
wirbelt Heringswonne in mein Ohr.
Aus den Betten zwanzigstöckiger Häuser,
aus den Läden, Truhen, Käfigen der Menschen
hauchen Winde diese Wellenbahn vorüber,
und die Löcherfronten krachen
in der Glut des weißen Tages.
Gesamtbild der Straße und ihre Wirkung auf den Menschen
6
Ludwig Meidner, Alaunstraße in Dresden
Syntax-Satzarten/Satzfiguren/ Zeilensprung(= Satz- Vers)
Auf, zu Himmeln auf
schreien Häuserreihen,
trümmern Wände sich hebend und
schreien
Wind um weiß Gesicht, Essen,
Türme, Wolken
flattern weit.
Asphalt, der zu Bergen saust,
sprüht die Kinder hoch.
Unter uns die schwarzen Hosen
schlenkern,
Tabakpfeife, Käfig, Wildbrethase
durch die Himmelsweiße
schwimmend.
Fuhrwerksstimmen hauen uns
um Aug und Mund,
Abc der Schilder,
Schnellzugeile…
•
Aussagesatz /Inversion
•
•
Aussagesatz, Partizip I
Aussagesatz
•
HS + Relativsatz
•
Aussagesatz/ Inversion
•
•
Partizip I
Aussagesatz
= parataktische Reihung/ Reihungsstil/
Zäsuren/ Mehrdeutigkeit
Ludwig Meidner, Alaunstraße in Dresden
Syntax-Satzarten
O Choral der Fernen,
wo Kasernen blauen
wo sich Gotik steilt.
Nimm Gerassel mich
in dein Schicksal ein,
trag mich Wellenberge hoch
und Täler nieder.
Aus Budiken, Milchgeschäften
wirbelt Heringswonne in mein
Ohr.
Aus den Betten
zwanzigstöckiger Häuser,
aus den Läden, Truhen, Käfigen
der Menschen
hauchen Winde diese
Wellenbahn vorüber,
und die Löcherfronten krachen
in der Glut des weißen Tages.
•
•
•
•
•
Elliptischer Appell
Relativsatz
Relativsatz
Aufforderung
Aufforderung
•
Aussagesatz
•
Aussagesatz
•
Aussagesatz
Anapher
7
Ludwig Meidner, Alaunstraße in Dresden
Syntax- Subjekte/ Subjekte?
Auf, zu Himmeln auf
schreien Häuserreihen,
trümmern Wände sich hebend und schreien
Wind um weiß Gesicht, Essen, Türme, Wolken
flattern weit.
Asphalt, der zu Bergen saust,
sprüht die Kinder hoch.
Unter uns die schwarzen Hosen schlenkern,
Tabakpfeife, Käfig, Wildbrethase
durch die Himmelsweiße schwimmend.
Fuhrwerksstimmen hauen uns
um Aug und Mund,
Abc der Schilder,
Schnellzugeile…
Ludwig Meidner, Alaunstraße in Dresden
Syntax: Subjekte
O Choral der Fernen,
wo Kasernen blauen
wo sich Gotik steilt.
Nimm Gerassel mich
in dein Schicksal ein,
trag mich Wellenberge hoch
und Täler nieder.
Aus Budiken, Milchgeschäften
wirbelt Heringswonne in mein Ohr.
Aus den Betten zwanzigstöckiger Häuser,
aus den Läden, Truhen, Käfigen der Menschen
hauchen Winde diese Wellenbahn vorüber,
und die Löcherfronten krachen
in der Glut des weißen Tages.
8
Ludwig Meidner, Alaunstraße in Dresden
Syntax- Prädikate/Partizipien
Auf, zu Himmeln auf
schreien Häuserreihen,
trümmern Wände sich hebend und schreien
Wind um weiß Gesicht, Essen, Türme, Wolken
flattern weit.
Asphalt, der zu Bergen saust,
sprüht die Kinder hoch.
Unter uns die schwarzen Hosen schlenkern,
Tabakpfeife, Käfig, Wildbrethase
durch die Himmelsweiße schwimmend.
Fuhrwerksstimmen hauen uns
um Aug und Mund,
Abc der Schilder,
Schnellzugeile…
Ludwig Meidner, Alaunstraße in Dresden
Syntax:Prädikate
O Choral der Fernen,
wo Kasernen blauen
wo sich Gotik steilt.
Nimm Gerassel mich
in dein Schicksal ein,
trag mich Wellenberge hoch
und Täler nieder.
Aus Budiken, Milchgeschäften
wirbelt Heringswonne in mein Ohr.
Aus den Betten zwanzigstöckiger Häuser,
aus den Läden, Truhen, Käfigen der Menschen
hauchen Winde diese Wellenbahn vorüber,
und die Löcherfronten krachen
in der Glut des weißen Tages.
9
Ludwig Meidner, Alaunstraße in Dresden
semantische Felder: Stadt
Auf, zu Himmeln auf
schreien Häuserreihen,
trümmern Wände sich hebend und schreien
Wind um weiß Gesicht, Essen, Türme, Wolken
flattern weit.
Asphalt, der zu Bergen saust,
sprüht die Kinder hoch.
Unter uns die schwarzen Hosen schlenkern,
Tabakpfeife, Käfig, Wildbrethase
durch die Himmelsweiße schwimmend.
Fuhrwerksstimmen hauen uns
um Aug und Mund,
Abc der Schilder,
Schnellzugeile…
Ludwig Meidner, Alaunstraße in Dresden
semantische Felder: Stadt, Natur
Auf, zu Himmeln auf
schreien Häuserreihen,
trümmern Wände sich hebend und schreien
Wind um weiß Gesicht, Essen, Türme, Wolken
flattern weit.
Asphalt, der zu Bergen saust,
sprüht die Kinder hoch.
Unter uns die schwarzen Hosen schlenkern,
Tabakpfeife, Käfig, Wildbrethase
durch die Himmelsweiße schwimmend.
Fuhrwerksstimmen hauen uns
um Aug und Mund,
Abc der Schilder,
Schnellzugeile…
10
Ludwig Meidner, Alaunstraße in Dresden
semantische Felder: Stadt, Natur, Mensch/lyr.Ich
Auf, zu Himmeln auf
schreien Häuserreihen,
trümmern Wände sich hebend und schreien
Wind um weiß Gesicht, Essen, Türme, Wolken
flattern weit.
Asphalt, der zu Bergen saust,
sprüht die Kinder hoch.
Unter uns die schwarzen Hosen schlenkern,
Tabakpfeife, Käfig, Wildbrethase
durch die Himmelsweiße schwimmend.
Fuhrwerksstimmen hauen uns
um Aug und Mund,
Abc der Schilder,
Schnellzugeile…
Ludwig Meidner, Alaunstraße in Dresden
semantische Felder: Stadt, Natur, Mensch/lyr.Ich
O Choral der Fernen,
Fernen
wo Kasernen blauen
wo sich Gotik steilt.
Nimm Gerassel mich
in dein Schicksal ein,
trag mich Wellenberge hoch
und Täler nieder.
Aus Budiken, Milchgeschäften
wirbelt Heringswonne in mein Ohr.
Aus den Betten zwanzigstöckiger Häuser,
aus den Läden, Truhen, Käfigen der Menschen
hauchen Winde diese Wellenbahn vorüber,
und die Löcherfronten krachen
in der Glut des weißen Tages.
11
Ludwig Meidner, Alaunstraße in Dresden
rhetorische Figuren, Farben
Auf, zu Himmeln auf
schreien Häuserreihen,
trümmern Wände sich hebend und
schreien
Wind um weiß Gesicht, Essen,
Türme, Wolken
flattern weit.
Asphalt, der zu Bergen saust,
sprüht die Kinder hoch.
Unter uns die schwarzen Hosen
schlenkern,
Tabakpfeife, Käfig, Wildbrethase
durch die Himmelsweiße
schwimmend.
Fuhrwerksstimmen hauen uns
um Aug und Mund,
Abc der Schilder,
Schnellzugeile…
•
•
•
Personifikation, Alliteration
Personifikation, Neologismus,
Binnenreim, Synästhesie
Asyndeton, Paradoxon
•
Personifikation, Verdinglichung,
Paradoxon
•
•
Asyndeton, Metapher
Neologismus
• Synästhesie
• Ellipse
• Neologismus
Farben: blau, weiß, schwarz,
Bildbereich der Welle
Ludwig Meidner, Alaunstraße in Dresden
rhetorische Figuren, Bilder, Farben
O Choral der Fernen,,
wo Kasernen blauen
wo sich Gotik steilt.
Nimm Gerassel mich
in dein Schicksal ein,
trag mich Wellenberge hoch
und Täler nieder.
Aus Budiken, Milchgeschäften
wirbelt Heringswonne in mein
Ohr.
Aus den Betten
zwanzigstöckiger Häuser,
aus den Läden, Truhen, Käfigen
der Menschen
hauchen Winde diese
Wellenbahn vorüber,
und die Löcherfronten krachen
in der Glut des weißen Tages.
•
•
Emphase
Neologismen
•
Neologismus, Synästhesie
•
Asyndeton, Metapher
Farben: blau, weiß, rot
Bildbereich der Welle
12
Untersuchungsaspekte
Metrum
Reim
Strophe
Druckbild
Bilder
Sprachebene
Äußere Form
Thema
Aufbau
Stil
Rhetor.
Rhetor.
Figuren
Gliederung
GEDICHT
Titel
Schlüssel Schlüsselwörter
Lyrisches
Ich
Semantik
Syntax
Semant.Felder
Satzbau
Vers - Satz
Ludwig Meidner, Alaunstraße in Dresden
Intertextualität
• Oskar Loerke: Blauer Abend in Berlin
• Alfred Wolfenstein: Städter
• Alfred Wolfenstein: Stadtnachmittag
13
Hans Magnus Enzensberger
das ende der eulen
Hans Magnus Enzensberger * 1929
14
Hans Magnus Enzensberger, das ende der eulen
5
10
ich spreche von euerm nicht,
ich spreche vom ende der eulen.
ich spreche von butt und wal
in ihrem dunkeln haus,
dem siebenfältigen meer,
von den gletschern,
sie werden kalben zu früh,
rab und taube, gefiederten zeugen,
von allem was lebt in lüften
und wäldern, und den flechten im kies,
vom weglosen selbst, und vom grauen moor
und den leeren gebirgen:
Hans Magnus Enzensberger, das ende der eulen
2
15
20
auf radarschirmen leuchtend
zum letzten mal, ausgewertet
auf meldetischen, von antennen
tödlich befingert floridas sümpfe
und das sibirische eis, tier
und schilf und schiefer erwürgt
von warnketten umzingelt
vom letzten manöver, arglos
unter schwebenden feuerglocken,
im ticken des ernstfalls.
15
Hans Magnus Enzensberger, das ende der eulen
3
25
30
wir sind schon vergessen.
sorgt euch nicht um die waisen,
aus dem sinn schlagt euch
die mündelsichern gefühle ,
den ruhm, die rostfreien psalmen.
ich spreche nicht mehr von euch,
planern der spurlosen tat,
und von mir nicht, und keinem.
ich spreche von dem was nicht spricht,
von den sprachlosen zeugen,
von ottern und robben,
von den alten eulen der erde.
Hans Magnus Enzensberger, das ende der eulen
• Deutungshypothese
• Untersuchungsaspekte:
• Aufbau
16
Hans Magnus Enzensberger, das ende der eulen
semantische Felder: Natur
5
10
ich spreche von euerm nicht,
ich spreche vom ende der eulen.
ich spreche von butt und wal
in ihrem dunkeln haus,
dem siebenfältigen meer,
von den gletschern,
sie werden kalben zu früh,
rab und taube, gefiederten zeugen,
von allem was lebt in lüften
und wäldern, und den flechten im kies,
vom weglosen selbst, und vom grauen moor
und den leeren gebirgen:
Hans Magnus Enzensberger, das ende der eulen
2
15
20
auf radarschirmen leuchtend
zum letzten mal, ausgewertet
auf meldetischen, von antennen
tödlich befingert floridas sümpfe
und das sibirische eis, tier
und schilf und schiefer erwürgt
von warnketten umzingelt
vom letzten manöver, arglos
unter schwebenden feuerglocken,
im ticken des ernstfalls.
17
Hans Magnus Enzensberger, das ende der eulen
3
25
30
wir sind schon vergessen.
sorgt euch nicht um die waisen,
aus dem sinn schlagt euch
die mündelsichern gefühle ,
den ruhm, die rostfreien psalmen.
ich spreche nicht mehr von euch,
planern der spurlosen tat,
und von mir nicht, und keinem.
ich spreche von dem was nicht spricht,
von den sprachlosen zeugen,
von ottern und robben,
von den alten eulen der erde.
Hans Magnus Enzensberger, das ende der eulen
semantische Felder: Natur, Technik
5
10
ich spreche von euerm nicht,
ich spreche vom ende der eulen.
ich spreche von butt und wal
in ihrem dunkeln haus,
dem siebenfältigen meer,
von den gletschern,
sie werden kalben zu früh,
rab und taube, gefiederten zeugen,
von allem was lebt in lüften
und wäldern, und den flechten im kies,
vom weglosen selbst, und vom grauen moor
und den leeren gebirgen:
18
Hans Magnus Enzensberger, das ende der eulen
2
Partizipien
15
20
auf radarschirmen leuchtend
zum letzten mal, ausgewertet
auf meldetischen, von antennen
tödlich befingert floridas sümpfe
und das sibirische eis, tier
und schilf und schiefer erwürgt
von warnketten umzingelt
vom letzten manöver, arglos
unter schwebenden feuerglocken,
im ticken des ernstfalls.
Hans Magnus Enzensberger, das ende der eulen
3
25
30
wir sind schon vergessen.
sorgt euch nicht um die waisen,
aus dem sinn schlagt euch
die mündelsichern gefühle ,
den ruhm, die rostfreien psalmen.
ich spreche nicht mehr von euch,
planern der spurlosen tat,
und von mir nicht, und keinem.
ich spreche von dem was nicht spricht,
von den sprachlosen zeugen,
von ottern und robben,
von den alten eulen der erde.
19
Hans Magnus Enzensberger, das ende der eulen
semantische Felder: Natur, Technik,
Katastrophe. Mensch – lyr.Ich,
5
10
ich spreche von euerm nicht,
ich spreche vom ende der eulen.
ich spreche von butt und wal
in ihrem dunkeln haus,
dem siebenfältigen meer,
von den gletschern,
sie werden kalben zu früh,
rab und taube, gefiederten zeugen,
von allem was lebt in lüften
und wäldern, und den flechten im kies,
vom weglosen selbst, und vom grauen moor
und den leeren gebirgen:
Hans Magnus Enzensberger, das ende der eulen
2
Partizipien
15
20
auf radarschirmen leuchtend
zum letzten mal, ausgewertet
auf meldetischen, von antennen
tödlich befingert floridas sümpfe
und das sibirische eis, tier
und schilf und schiefer erwürgt
von warnketten umzingelt
vom letzten manöver, arglos
unter schwebenden feuerglocken,
im ticken des ernstfalls.
20
Hans Magnus Enzensberger, das ende der eulen
3
25
30
wir sind schon vergessen.
sorgt euch nicht um die waisen,
aus dem sinn schlagt euch
die mündelsichern gefühle ,
den ruhm, die rostfreien psalmen.
ich spreche nicht mehr von euch,
planern der spurlosen tat,
und von mir nicht, und keinem.
ich spreche von dem was nicht spricht,
von den sprachlosen zeugen,
von ottern und robben,
von den alten eulen der erde.
Georg Büchner, Woyzeck
Dialog-Analyse
21
Georg Büchner
17.10.1813 - 19.02.1837
Georg Büchner, Woyzeck
Hauptmann und Woyzeck
Beim Hauptmann Hauptmann auf dem Stuhl, Woyzeck rasiert ihn.
HAUPTMANN: Langsam, Woyzeck, langsam; eins nach dem andern! Er macht mir ganz
schwindlig. Was soll ich dann mit den 10 Minuten anfangen, die Er heut zu früh fertig
wird? Woyzeck, bedenk Er, Er hat noch seine schönen dreißig Jahr zu leben, dreißig
Jahr! Macht dreihundertsechzig Monate! und Tage! Stunden! Minuten! Was will Er
denn mit der ungeheuren Zeit all anfangen? Teil Er sich ein, Woyzeck!
WOYZECK: Jawohl, Herr Hauptmann.
HAUPTMANN: Es wird mir ganz angst um die Welt, wenn ich an die Ewigkeit denke.
Beschäftigung, Woyzeck, Beschäftigung! Ewig: das ist ewig, das ist ewig - das siehst
du ein; nur ist es aber wieder nicht ewig, und das ist ein Augenblick, ja ein Augenblick
- Woyzeck, es schaudert mich, wenn ich denke, daß sich die Welt in einem Tag
herumdreht. Was 'n Zeitverschwendung! Wo soll das hinaus? Woyzec k, ich kann kein
Mühlrad mehr sehen, oder ich werd melancholisch.
WOYZECK: Jawohl, Herr Hauptmann.
HAUPTMANN: Woyzeck, Er sieht immer so verhetzt aus! Ein guter Mensch tut das nicht,
ein guter Mensch, der sein gutes Gewissen hat. - Red er doch was Woyzeck! Was ist
heut für Wetter?
22
Georg Büchner, Hauptmann und Woyzeck
Sprechakte
Beim Hauptmann, Hauptmann auf dem Stuhl, Woyzeck rasiert ihn.
HAUPTMANN: ordnet an, belehrt Langsam, Woyzeck, langsam; eins nach dem
andern! Er macht mir ganz schwindlig. Was soll ich dann mit den 10 Minuten
anfangen, die Er heut zu früh fertig wird? Woyzeck, bedenk Er, Er hat noch seine
schönen dreißig Jahr zu leben, dreißig Jahr! Macht dreihundertsechzig Monate! und
Tage! Stunden! Minuten! Was will Er denn mit der ungeheuren Zeit all anfangen? Teil
Er sich ein, Woyzeck!
WOYZECK: stimmt (mechanisch) zu Jawohl, Herr Hauptmann.
HAUPTMANN :“philosophiert“ Es wird mir ganz angst um die Welt, wenn ich an die
Ewigkeit denke. Beschäftigung, Woyzeck, Beschäftigung! Ewig: das ist ewig, das ist
ewig - das siehst du ein; nur ist es aber wieder nicht ewig, und das ist ein Augenblick,
ja ein Augenblick - Woyzeck, es schaudert mich, wenn ich denke, daß sich die Welt
in einem Tag herumdreht. Was 'n Zeitverschwendung! Wo soll das hinaus? Woyzeck,
ich kann kein Mühlrad mehr sehen, oder ich werd melancholisch.
WOYZECK: stimmt (mechanisch) zu Jawohl, Herr Hauptmann.
HAUPTMANN: macht sich lustig über Woyzeck, Er sieht immer so verhetzt aus! Ein
guter Mensch tut das nicht, ein guter Mensch, der sein gutes Gew issen hat. - Red er
doch was Woyzeck! Was ist heut für Wetter?
Georg Büchner, Hauptmann und Woyzeck
Semantisches Feld: Zeit
Beim Hauptmann Hauptmann auf dem Stuhl, Woyzeck rasiert ihn.
HAUPTMANN: Langsam, Woyzeck, langsam; eins nach dem andern! Er macht mir ganz
schwindlig. Was soll ich dann mit den 10 Minuten anfangen, die Er heut zu früh fertig
wird? Woyzeck, bedenk Er, Er hat noch seine schönen dreißig Jahr zu leben, dreißig
Jahr! Macht dreihundertsechzig Monate! und Tage! Stunden! Minuten! Was will Er
denn mit der ungeheuren Zeit all anfangen? Teil Er sich ein, Woyzeck!
WOYZECK: Jawohl, Herr Hauptmann.
HAUPTMANN: Es wird mir ganz angst um die Welt, wenn ich an die Ewigkeit denke.
Beschäftigung, Woyzeck, Beschäftigung! Ewig: das ist ewig, das ist ewig - das
siehst du ein; nur ist es aber wieder nicht ewig, und das ist ein Augenblick, ja ein
Augenblick - Woyzeck, es schaudert mich, wenn ich denke, daß sich die Welt in
einem Tag herumdreht. Was 'n Zeitverschwendung! Wo soll das hinaus? Woyzeck,
ich kann kein Mühlrad mehr sehen, oder ich werd melancholisch.
WOYZECK: Jawohl, Herr Hauptmann.
HAUPTMANN: Woyzeck, Er sieht immer so verhetzt aus! Ein guter Mensch tut das nicht,
ein guter Mensch, der sein gutes Gewissen hat. - Red er doch was Woyzeck! Was ist
heut für Wetter?
23