SICHERES ARBEITEN IM CHEMIEUNTERRICHT

Transcription

SICHERES ARBEITEN IM CHEMIEUNTERRICHT
___________________________________________________________________________
KAPITEL 4
SICHERES ARBEITEN IM CHEMIEUNTERRICHT
___________________________________________________________________________
4.1 Unfälle im Chemieunterricht
Experimentierregeln
Experimentierregeln sind in den vorangegangenen Praktika vermittelt worden. Sie sind
Grundlage eines sicheren und erfolgreichen Arbeitens im Laboratorium.
Im „HRR“ (HÄUSLER, RAMPF, REICHELT) sind sie auf Seite 35 zusammengestellt und mit der
Überschrift „Vorsichtsmaßnahmen im chemischen Experimentalunterricht, allgemeine
Experimentierregeln“ versehen. Sie sind erste Voraussetzung, um Unfälle zu vermeiden.
Unfallursachen
Unfallursachen technischer Art entstehen z. B. durch defekte, ungeeignete Geräte oder
ungünstige Lichtverhältnisse.
Unfallursachen persönlicher Art können hervorgerufen sein durch Gleichgültigkeit,
Unachtsamkeit, mangelnde Kenntnisse, ungenaue bis fehlerhafte Versuchsplanung,
mangelnde Sicherheitsvorkehrungen u. a.
Unfallursache kann auch die Arbeitssituation sein, mit ihrem Zeitdruck, ihrer Anspannung
oder einer Überforderung.
Bei einer Zählung über eine längere Zeit im Chemieunterricht an englischen Schulen ergaben
sich bei ca. 1000 Unfällen folgende Zuordnungen:
23 % Chemikalien ins Auge,
4 % Einatmen,
21 % Körperkontakt mit Chemikalien,
3 % Tierbiss,
20 % Schnittverletzungen,
1,5 % Explosion,
14,5 % Verbrennungen an Flammen und heißen Teilen,
1,5 % Ohnmacht,
7,5 % Hinfallen durch Ausrutschen oder sich Stoßen,
0,5 % elektrischer Schock.
4%
Chemikalien in den Mund bekommen,
In Konkrete Fachdidaktik Chemie hat das Kapitel 14.10 (S. 313 und 314) die Überschrift
„Allgemeine Arbeitssicherheit im Chemieunterricht“.
Als Gründe für Unfälle werden dort aufgeführt:
mangelndes Fachwissen
leichtsinniges Verhalten
Unwissenheit bei der Bedienung von Geräten
Nervosität des Experimentators
Unordnung in der Sammlung oder auf dem Experimentiertisch
fehlendes Umweltbewusstsein
Arbeitsregeln (S. 314) und Verhaltensregeln für Schüler (S. 315) sind tabellarisch zusammengestellt.
Sicheres Arbeiten im Chemieunterricht
4/2
4.2 Entzündliche und brandfördernde Stoffe
Gefahrensymbole 1
Brandfördernd
O
Leichtentzündlich
F und F+
Explosionsgefährlich E
Kennwerte zur Bemessung der Brandgefährlichkeit sind für Flüssigkeiten der Flammpunkt,
für alle anderen leicht entzündlichen Stoffe die Zündtemperatur (bzw. die Zündenergie), für
Gase und Dämpfe die Zündgrenzen (bezogen auf Luft) sowie die Zündgeschwindigkeit, mit
der sich die Zündung fortpflanzt.
Der Flammpunkt
Ist die Temperatur des Flammpunktes erreicht, verbrennt bei Zündung die über der Flüssigkeit
vorhandene Dampfmenge mit kurzem Aufflammen. Die Flamme erlischt wieder, weil bei der
Flammtemperatur die Dämpfe nicht schnell genug nachgeliefert werden.
Je niedriger der Siedepunkt einer entzündlichen Flüssigkeit oder die Sublimationstemperatur
eines entzündlichen Feststoffes ist, desto niedriger ist der Flammpunkt 2.
Die Einteilung brennbarer Flüssigkeiten in Gefahrenklassen wird nach den Flammpunkten
vorgenommen:
AI Flammpunkt unter 21 °C,
AII Flammpunkt 21- 55 °C,
AIII Flammpunkt über 55 °C und bis 100 °C,
B
Flammpunkt unter 21 °C für Substanzen, die mit Wasser bei 15 °C völlig mischbar sind.
Stoffe der Klassen AI und B dürfen in einem Laboratorium nur bis zu einer Menge von je 1 L
vorhanden sein (Gesamtmenge begrenzt auf 20 L).
Beispiele für Flammpunkte:
Methanol
11 °C (B)
Ethanol
+12 °C (B)
Rum (40%) +27 °C (B)
n-Propanol +12 °C (B)
n-Butanol +29 °C (AII)
Benzol
Toluol
Xylole
Naphthalin
11
+ 6
+25
+79
°C
°C
°C
°C
(AI)
(AI)
(AII)
(AIII)
Hexan
Benzin
Heptan
Octan
Dieselkraftstoff
22 °C (AI)
< 20 °C (AI)
4 °C (AI)
+ 8 °C (AII)
>55 °C (AIII)
Diethylether
40
Schwefelkohlenstoff
20
Aceton
19
Ethylacetat
4
Eisessig
+40
°C
°C
°C
°C
°C
(AI)
(AI)
(B)
(AI)
Der Brennpunkt
Er stellt die niedrigste Temperatur dar, bei der die entzündliche Testsubstanz so viel Dämpfe
entwickelt, dass sie nach dem Zünden weiter brennt.
Brennpunkte liegen um 20-60° höher als die Flammpunkte. Für den Brandschutz hat der
Brennpunkt eine geringere Bedeutung als der Flammpunkt.
1
2
siehe „HRR“, S. 28-30
qualitatives Experiment Nr. 6.2 im „HRR“, S. 69
Sicheres Arbeiten im Chemieunterricht
4/3
Die Zündtemperatur
Eine Zündung und Verbrennung tritt bei Erreichen der Zündtemperatur ohne Zündquelle in
Gegenwart von Luft allein durch die thermische Energie ein.
Beispiele:
gelber Phosphor
60 °C
Schwefelkohlenstoff 95 °C
Ethanal
140 °C
Diethylether
170 °C
Butanol-1
340 °C
Ethanol
420 °C
Hexan
Benzin
Wasserstoff
Methan
250 °C
ca. 260 °C
560 °C
595 °C
Bei Explosivstoffen heißt die Zündtemperatur auch Verpuffungstemperatur:
Beispiele:
Nitroglycerin
Schießbaumwolle
160 °C
180 °C
Pikrinsäure
Bleiazid
225 °C
225 °C
Die Mindestzündenergie
Beispiele für brennbare Gase, Dämpfe und Stäube im gut zündfähigen Gemisch mit Luft:
Wasserstoff
0,011 mJ
roter Phosphor 0,2 mJ
Acetylen
0,017 mJ
Ethylacetat
1,42 mJ
Ethylen
0,7 mJ
Al-Staub
2,0 mJ
Propan
0,25 mJ
Kakaopulver 30,0 mJ
Methanol
0,14 mJ
Ammoniak
700
mJ
Popanol-2
0,65 mJ
Zündenergie bestimmter Zündquellen:
Mensch, elektrostatisch geladen R
1 mJ
Büschelentladung
R
4 mJ
einzelne Schleiffunken
R
1 mJ
Funkengarbe
R 100 mJ
Schweißfunke
R 10000 mJ
Die Zündgrenzen (Explosionsgrenzen)
Mit Lösungsmittel Haus
gesprengt; Schifferstadt (dpa) –
Beim Hausputz mit Lösungsmittel ist gestern
eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in
Schifferstadt explodiert. Die 32 jährige Bewohnerin blieb wie durch ein Wunder unverletzt, die
Vorderfront der Parterrewohnung wurde weggesprengt.
Auslöser war ein Gemisch aus Luft und
Lösungsmitteldämpfen, das vom Fernseher entzündet wurde.
Sicheres Arbeiten im Chemieunterricht
4/4
Die Zündgrenzen von Gas-Luft-Gemischen sind besonders maßgebend für die Gefährlichkeit.
Ist die Zündgrenze unterschritten, so liegt nicht genug Brennstoff im Gemisch mit Luft vor
(das Gemisch ist zu „mager“); ist sie überschritten, so ist nicht genug Luft im Gemisch
vorhanden (es ist zu „fett“).
Beispiele: Die Prozentwerte geben den Dampfgehalt der Substanz in Luft an.
1 - 60 %
Hexan
1 - 8 %
CS2
NH3
15 - 30 % 3
Benzin
0,6 - 8 %
CO
16 - 75 %
Methan
5 - 15 %
Wasserstoff
4 - 76 %
Ethen
3 - 30 %
Ether
2 - 36 %
Ethin
2,5 - 82 %
Ethanol
3,5 - 15 %
Ethylacetat 2 - 11,5 %
Aceton
2,5 - 13 %
Die Zündgeschwindigkeit
Die Zündgeschwindigkeit ist entscheidend für die Heftigkeit des Verbrennungsvorganges.
Beispiele:
Benzin - Luft
10-25 m/s
Acetylen - Sauerstoff 2,4 km/s
Sprengstoffe mit relevanten Werten für ihre Wirksamkeit:
Nitroglycerin
Schießbaumwolle
TNT
Octanitrocuban
Ammoniumnitrat
Schwarzpulver
Geschwindigkeit [m/s]
7450
6300
6930
10100
5000
400
Energie [kJ/kg]
6080
4285
1560
2780
Gasmenge [L/kg]
725
765
980
280
Von einer Detonation wird gesprochen, wenn die Ausbreitungsgeschwindigkeit höher als die
Schallgeschwindigkeit ist.
Vorsichtsmaßnahmen
Beim Umgang mit brennbaren Stoffen sind besondere Vorsichtsmaßnahmen bei Flüssigkeiten, die unter 50 °C sieden, zu treffen:
Siedeverzüge sind zu vermeiden, denn ein Kontakt von Dämpfen mit einer heißen Heizquelle
kann zur Entzündung führen.
Ein Verdampfen von leicht flüchtigem Lösungsmittel in einem nicht explosionsgeschützten
Kühlschrank kann beim Ein- und Ausschalten zur Zündung und Explosion führen.
3
Beim Ostwaldt-Verfahren zur NH3-Verbrennung muss der NH3-Anteil im Verbrennungsgemisch deshalb
unter 15 % betragen.
Sicheres Arbeiten im Chemieunterricht
4/5
Der Bunsenbrenner 4
Der Bunsenbrenner funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie der Autovergaser: das Gas
strömt durch ein verengtes Rohr aus, und durch die Saugwirkung wird Luft mitgezogen,
wobei die Luftmenge reguliert werden kann. Verstärkt wird der Effekt beim Bunsenbrenner
durch eine Schornsteinwirkung mit den aufsteigenden heißen Gasen der Flamme.
Auch für den Bunsenbrenner sind die Zündgrenzen des Gas-Luft-Gemisches (5-15 % bei
Methan) eine Kenngröße, die den Betrieb einschränkt.
Die Austrittsgeschwindigkeit des Gases und die Zündgeschwindigkeit des Gemisches sollten
im rechten Verhältnis zueinander stehen. Ist das Gas zu langsam, so könnte die Flamme in
den Brenner zurückschlagen (dagegen ist eine Sicherung eingebaut). Ist die Austrittsgeschwindigkeit zu hoch (Gas + mitgerissene Luft), so wird die Flamme praktisch
ausgeblasen bzw. lässt sich nicht anzünden.
Brandbekämpfung
Voraussetzungen für eine Verbrennung sind ein brennbarer Stoff, Luftsauerstoff (oder eine
andere „Sauerstoffquelle“) und die Zündtemperatur. Eine der Voraussetzungen muss fehlen,
um den Brand zu vermeiden bzw. um ihn zu löschen:
Der Sauerstoff wird verdrängt - durch Sand, Schaum, Pulver, Decke, schweres Gas.
Unter die Zündtemperatur wird abgekühlt, z. B. durch das Verdampfen von Wasser.
Der brennbare Stoff wird beseitigt; damit wirkt man auch einer weiteren Ausbreitung eines
Brandes entgegen.
Der Mindestsauerstoffbedarf bei einer Verbrennung ist etwas unterschiedlich bei
verschiedenen Stoffen, liegt in der Regel aber um 15 %. Eine Erhöhung des Sauerstoffgehaltes in der Luft um wenige Prozent führt zu einer sehr starken Senkung der
Mindestzündenergie und damit auch der Zündtemperatur und zu einer Vervielfachung der
Verbrennungsgeschwindigkeit.
Nicht mit Wasser sind zu löschen:
Leichtmetallbrände,
Brände elektrischer Anlagen,
Brände organischer Flüssigkeiten mit einer Dichte < 1 g cm-3, die sich mit Wasser nicht
mischen (Klassen AI-AIII),
Brennende Flüssigkeiten, die über 100 °C heiß sind (brennendes Ölbad, Fritteusenbrand).
Vorbeugender Brandschutz:
über technische Einrichtungen,
über Betriebshinweise,
über Anordnungen zur Brandbekämpfung und Schadensbegrenzung.
Gefahren bei Bränden werden leicht unterschätzt, und das kann schlimmere Folgen haben als
eine Überbewertung. („Es ist nicht mutig, sich über Sicherheitsregeln hinwegzusetzen!“)
4
siehe „HRR“, S. 11
Sicheres Arbeiten im Chemieunterricht
4/6
Es folgen Sicherheitshinweise für den Umgang mit einigen schultypischen Gefahrstoffen und
Stoffgruppen:
Wasserstoff
Wasserstoff mit seinen Zündgrenzen von 4 % und 75 % ist die häufigste Explosionsursache
im Unterricht. Als Vorsichtsmaßnahme kann zwischen dem Gasentwickler und einem heißen
Reaktionsraum - insbesondere zwischen einer H2-Flamme und der Apparatur - eine
Rückschlagsicherung eingebaut werden. Dazu dient Stahl- oder Kupferwolle, die die
Temperatur eines brennenden Gemisches unter die Zündtemperatur absenken kann und damit
die Flamme zum Erlöschen bringen soll, so dass sie nicht durch die Sicherung hindurchtritt.
Die Knallgasprobe bei der Entwicklung von Wasserstoff oder anderen mit Luft zündfähigen
Gasen in einer Apparatur muss beherrscht werden:
Dazu ist lange genug mit dem Gas zu spülen. Ein schwaches dumpfes Geräusch kann u. U. als
genügend gespült in Kauf genommen werden. Bei Knall oder pfeifendem Geräusch ist das
Spülen der Apparatur fortzusetzen (auf Dichtigkeit prüfen). Für jede erneute Probe ist ein
frisches Reagenzglas zu nehmen! 5
Gelber (weißer) Phosphor
Eine Entzündungsgefahr besteht bereits beim Schneiden, deshalb muss weißer Phosphor unter
Wasser geschnitten werden (Brille, Handschuhe).
Schülerexperimente mit gelbem Phosphor sind verboten.
Ein Phosphorbrand muss mit Sand erstickt werden. 6
Explosive Stoffgemische
Eine stark oxidierende Verbindung (Peroxid, Chlorat, Perchlorat, Nitrat, rauchende HNO3)
zusammen mit einem brennbaren - d. h. oxidierbaren - Stoff (Schwefel, Phosphor, organische
Verbindungen, Leichtmetalle) ergeben zündfähige Gemische. Insbesondere Chlorat mit
Schwefel oder rotem Phosphor hat bereits zu vielen z. T. sehr schweren Unfällen geführt.
Explosionsartige Umsetzungen sind auch bei Leichtmetall-Schwefelgemischen, aber auch bei
thermitanalogen Gemischen mit besonders hohen Reaktionsenthalpien, wie z. B. CuO mit Al
oder Mg, zu erwarten7.
Peroxide
Peroxide lassen sich in nicht mit Wasser mischbaren organischen Flüssigkeiten mit KILösung nachweisen und mit FeSO4-Lösung (5 g in 20 mL Wasser) durch Ausschütteln
entfernen.
Beim Trocknen mit Natrium werden die Peroxide ebenfalls reduziert.
5
6
7
siehe dazu auch „HRR“, S. 95, Besondere Vorsichtsmaßnahmen beim Arbeiten mit Wasserstoff
zur Entsorgung von Phosphor: siehe am Ende dieses Kapitels
siehe: Betrachtungen zu Unfällen im Chemieunterricht; PdN-Chemie 36 (1987) 8, 36
Sicheres Arbeiten im Chemieunterricht
4/7
4.3 Die Wirkung des elektrischen Stroms 8
Gesundheitliche Gefahren bei Kontakt mit elektrischem Strom nehmen mit der Stromstärke
zu:
Stromstärke = Elektrizitätsmenge/Zeit [A = C/s]
Die Stromstärke, die fließt, ist mit dem Zusammenhang U = R . I abhängig von der angelegten
Spannung und vom Widerstand im gebildeten Stromkreis, der z. B. den menschlichen Körper
einschließt.
Mit einem günstig hoch gewählten Körperwiderstand von 1000 Ohm ergibt sich bei 220 Volt
eine Stromstärke von 220 mA. Diese Stromstärke ist lebensgefährlich (> 100 mA); als Grenze
des Erträglichen sind 25 mA angegeben.
Nach vorliegenden Erfahrungen sind Spannungen > 50 Volt generell als gefährlich
einzustufen; bis 35 Volt sind keine Unfälle aufgetreten.
Einen anderen Zugang zu Aussagen über das Gefahrenpotential eines Stromkreises erhält man
über die Leistungen der einbezogenen Geräte, geteilt durch die benutzte Spannung. Daraus
ergibt sich für den betreffenden Stromkreis ebenfalls eine erwartete Stromstärke, denn
Leistung = Stromstärke . Spannung [W = A . V]
Eine Glühlampe von 60 Watt Leistung in einem Stromkreis mit 220 Volt ergibt danach eine
Stromstärke von 270 mA (bei dieser Überlegung ist der Körperwiderstand nicht
berücksichtigt).
Elektrisches Spielzeug darf nur mit geringer Leistung (im Milli-Watt-Bereich) und höchstens
mit 24 Volt betrieben werden.
Diese Bedingungen sollten auch bei Schülerexperimenten der Sekundarstufe I eingehalten
werden, denn Schüler bis zur Jahrgangsstufe 10 dürfen nur mit Spannungen arbeiten, die nicht
berührungsgefährlich sind.
Die im „HRR“ und in der GUV zitierten Wirkungen des elektrischen Stroms, der durch den
Körper fließt, sind stark davon abhängig, welcher Körperteil betroffen ist und ob z. B. der
Widerstand durch feuchte Hände herabgesetzt ist. Die Auswirkungen werden für Wechselstrom etwas niedriger angesetzt als für Gleichstrom. Die Phänomene sind aber insgesamt
wenig untersucht.
Es ist darauf hinzuweisen, dass kurze „Wischer“ auch zu Folgeschäden z. B. bei einer
heftigen Schreckreaktion führen können.
Regeln für den Umgang mit elektrischen Messgeräten
Unbekannte Geräte erklären lassen oder die Gebrauchsanweisung sehr gründlich lesen.
Auf die Stromart achten.
Messung mit dem größten bzw. einem übertrieben großen Messbereich beginnen, um das
Gerät nicht zu überlasten. Erst danach herunterschalten, bis der Messwert zwischen dem
ersten und letzten Drittel der Skala liegt. So wird der abgelesene Wert am genauesten
erfasst.
8
siehe auch „HRR“, S. 24, Umgang mit elektrischem Strom
GUV-I 8553, Kapitel 7, S. 49-50
Sicheres Arbeiten im Chemieunterricht
4/8
Einsatz eines Stromversorgungsgerätes
1. Während des Aufbaus der Apparatur Schalter auf „Aus“ und - ganz wichtig - den Regler
auf „Null“ stellen.
2. Notwendige Verbindungen herstellen und die Wahl von Stromart sowie Spannungsbereich
überprüfen.
3. Erst danach ans Netz anschließen und einschalten.
4. Langsam die Spannung hochregeln und dabei das Messinstrument und / oder den
chemischen Vorgang beobachten.
Es kann zu unerwarteten Folgen führen, wenn man einen vorgegebenen Wert für die
Spannung oder die Stromstärke einfach zu übernimmt.
Arbeiten mit Hochspannung
Immer nur eine Elektrode darf mit einer Hand verschoben werden, zur Sicherheit nie beide
gleichzeitig berühren. Fassen Sie die Elektrode nur am isolierten Griff an.
Die Stromversorgung ist unbedingt abzuschalten, wenn auf-, um- oder abgebaut wird.
Sicheres Arbeiten im Chemieunterricht
4/9
4.4 Der Umgang mit Chemikalien
Im Buch Konkrete Fachdidaktik Chemie beziehen sich die Kapitel
14.11. „Die Gefahrstoffverordnung“ (S. 315) und
14.12. „Entsorgung von Abfällen“ (S. 316)
mit je einer Seite sehr knapp auf den Umgang mit Chemikalien im Chemieunterricht.
Es werden Gründe für Unfälle besprochen sowie Arbeitsregeln (S. 314) und Verhaltensregeln
für Schüler im Chemieraum (S. 315) aufgeführt.
In der GUV-Regel (Umgang mit Gefahrstoffen im Unterricht) geht es detailliert um den
Umgang mit Gefahrstoffen im naturwissenschaftlichen Unterricht:
http://www.fh-heilbronn.de/diehochschule/rektorat/arbeitsschutz/guv-sr_2004.pdf
Kapitel 3
Pflichten der Lehrer (Schutzpflicht, Ermittlungspflicht, Überwachungspflicht)
Kapitel 6.3 Kennzeichnung, Aufbewahrung und Lagerung
Tabelle 2
Krebserzeugende Stoffe, mit denen der Umgang im Lehrerexperiment
zugelassen ist
Tabelle 4
Umgangsbeschränkungen für Schüler an Schulen
Anhang 2.1 Gefahrensymbole und Gefahrenbezeichnungen mit Kennbuchstaben und
Einstufungskriterien
Anhang 2.2 R-Sätze
Anhang 2.3 S-Sätze
Anhang 2.4 Entsorgungsratschläge (E-Sätze)
Anhang 3
Entsorgung von Gefahrstoffabfällen mit den Bezeichnungsgruppen B 1 bis B 10
Das Gefahrenpotential ist im Schulunterricht gegenüber einer möglichen betrieblichen
Exposition natürlich wesentlich geringer. Es ist mit max. 5 Stunden Chemieunterricht / Woche
zu rechnen, davon im Schnitt wohl nicht mehr als 20 % mit Schülerexperimenten. Außerdem
werden viele „Gefahrstoffe“ nur einmal während eines Schuljahres oder auch der gesamten
Schulzeit verwendet. Deshalb werden in aller Regel keine Gefährdungen durch Langzeitbelastungen (chronische Effekte), sondern nur durch spontane Unfälle auftreten können.
Versuche außerhalb des Abzugs sind so zu gestalten, dass die MAK-Werte eingehalten
werden. Das ist anzunehmen, wenn eine Berechnung ergibt, dass der MAK-Wert für eine
Dauer von längstens 2 Stunden nicht überschritten wird.
Generelle Vorschriften
In der Schule sind Stoffe der Gefahrenklassen T+ und E sowie Stoffe mit Krebspotential für
Schülerversuche nicht zugelassen. Die Vorräte dieser Stoffe sind listenmäßig zu erfassen; die
Listen sind fortzuschreiben. Für diese Stoffgruppen wird als wesentlich angesehen, sie nach
dem Ersatzstoffprinzip oder dem Vermeidungsprinzip zu ersetzen. Werden im Lehrerversuch
sehr toxische oder krebserzeugende Substanzen in Einzelfällen eingesetzt, so muss das
Gefährdungspotential durch die Arbeitsweise so stark gesenkt werden, dass ein Risiko
vernachlässigbar ist.
Als Konsequenz ergibt sich für den Chemieunterrichtsraum die Forderung nach einem
brauchbaren Abzug. Eine „Fensterlüftung“ ist nur bei mindergiftigen (Xn) und reizenden (Xi)
Gasen in kleinen Mengen ausreichend. Das Arbeiten mit verdünnten Lösungen stellt ebenfalls
eine in vielen Fällen ausreichende Sicherheitsmaßnahme dar.
Gefahrstoffe dürfen nicht in Behältnissen aufbewahrt werden, die zur Verwechslung mit
Lebensmitteln führen können. Gefäße sind ordnungsgemäß zu kennzeichnen. Standflaschen
für den Handgebrauch benötigen als Angabe die Bezeichnung des Stoffes, das Gefahrensymbol mit der Gefahrenbezeichnung sowie die R- und S-Sätze.
Sicheres Arbeiten im Chemieunterricht
4/10
Sehr giftige Substanzen (T+) sowie Stoffe mit besonderen Gefahren müssen diebstahlsicher
aufbewahrt werden. Dazu gehören Natrium, Kalium, Chlorate, Phosphor, Pikrinsäure.
Im Prinzip sollen alle Chemikalien in verschließbaren Schränken untergebracht sein.
Stark toxische Druckgase mit hohem Korrosionspotential (HCl, Cl2, SO2) gehören nicht in die
Schule.
Schadstoffklassen
Ätz- und Reizgase:
die Halogenwasserstoffe, insbesondere HCl und HF;
die Halogene und Schwefeldioxid sowie Ammoniak;
Formaldehyd;
bromierte flüchtige organische Verbindungen wie Bromessigsäure oder Bromaceton;
Acrolein.
Gase als Blut-, Zell- und Nervengifte:
Kohlenmonooxid (ab 0,2 Vol-% ist bereits Bewusstlosigkeit zu erwarten),
Schwefelwasserstoff, Cyanwasserstoff, Arsen- und Phosphorwasserstoff.
Erstickende Gase:
im Prinzip alle Gase, wenn der Sauerstoff verdrängt wird.
Sinkt der Sauerstoffgehalt der eingeatmeten Luft auf unter 12 %, so besteht akute
Lebensgefahr. 15 Vol-% CO2 können Bewusstlosigkeit hervorrufen, auch wenn noch
ausreichend Sauerstoff vorhanden ist.
Säuren und Laugen mit ihren verätzenden Wirkungen
Lösemittel:
Auch ohne spezifische Gifteigenschaften (Ether, Aceton, Essigester) wirken sie, in
geringer Menge eingeatmet, berauschend und in höheren Konzentrationen
narkotisierend.
Konzentrationsabhängiges Risiko
Die Gefahrstoffsymbole mit chemischen Beispielen und mit Vorsichtsmaßnahmen sind im
„HRR“ auf den Seiten 28-30 dargestellt.
In der GUV-Regel sind für Lehrerexperimente zulässige krebserzeugende Stoffe der
Kategorien 1 und 2 in Tabelle 2 aufgeführt (Kategorie 3 = geringer Krebsverdacht).
Zum konzentrationsabhängigen Risiko einige Beispiele:
C
ätzend,
Beispiel Schwefelsäure:
> 10 % ig (> 1 M)
C mit R 35
(verursacht schwere Verätzungen;
Hautzerstörung innerhalb von 3 Minuten)
5-10 % ig (0,5-1 M)
C mit R 34
(verursacht Verätzungen;
Hautzerstörung innerhalb von 4 Stunden)
1-5 % ig (0,1-0,5 M) Xi mit R 36/38
(reizend;
Entzündung von Auge/Atmungsorgan
innerhalb von 4 Stunden)
< 1 % ig (< 0,1 M)
kein Symbol
(keine Effekte zu erwarten)
Die Verätzungsgefahr bezieht sich auf empfindlichste Körperpartien wie die Augen.
Sicheres Arbeiten im Chemieunterricht
4/11
T+
sehr giftig,
Beispiel Bleiverbindungen, z. B. Pb(NO3)2:
> 7 %ig (> 2 M)
T+ mit R 26,27,28 (sehr giftig beim Einatmen / bei Berührung
mit der Haut / beim Verschlucken)
1-7 %ig (0,3-2 M)
T mit R 23,24,25 (giftig beim Einatmen / bei Berührung mit
der Haut / beim Verschlucken)
0,1-1 %ig (0,03-0,3 M) Xn mit R 20,21,22 (gesundheitsschädlich beim Einatmen / bei
Berührung mit der Haut / beim Verschlucken)
T
giftig,
Beispiel Formaldehyd:
> 25 %ig
T
1-25 %ig
Xn
Beispiel Natriumnitrit:
> 5 %ig
T
1-5 %ig
Xn
Die Gefahrstoffgruppen T+, T und Xn sind gegeneinander abgegrenzt über LD50- bzw. LC50Werte. Bei der ätzenden bzw. reizenden Wirkung gibt es Festlegungen für Einwirkbedingungen, auf die sich die Schadenswirkungen beziehen.
Die Einstufung einer Verbindung erfolgt unter dem Gesichtspunkt der akuten Toxizität und
nach folgenden Kriterien:
T+
R 25 mg/kg
LD50 (oral, Ratte)
T
25 mg/kg bis R 200 mg/kg
Xn
200 mg/kg bis R 2000 mg/kg
Abschätzung der Belastung durch toxische Gase
Beispiele:
Darstellung von H2S aus FeS; MAK-Wert für H2S: 10 ppm.
10 ppm entsprechen 5 L H2S (0,005 m3) in einem Raum von 500 m3.
5 L H2S = 0,25 Mol erfordern einen Einsatz von 25 g FeS.
Schwefelverbrennung in einem Raum von 250 m3;
MAK-Wert für SO2: 5 mg/m3 (2 mL/m3).
Der zulässige Kurzzeithöchstwert beträgt 10 mg/m3 über 30 Minuten.
Volumen des Raumes . MAK-Wert = Masse SO2, die auftreten darf.
Es ergeben sich 625 mg Schwefel als Grenzwert für eine Verbrennung in diesem Raum,
wenn das gesamte SO2 freigesetzt wird.
Minderung der Gefährdung durch technische Maßnahmen:
Abzug, geschlossene Apparatur, Absorption an der Austrittstelle, möglichst niedrig
dimensionierte Ansätze, Fensterlüftung.
Messungen bei Schülerexperimenten:
Fünf Schülergruppen setzten Sulfit mit verdünnter HCl um und leiteten das SO2 durch eine
KI3-Lösung. Der nicht umgesetzte Anteil SO2 trat aus.
Bei 186 m3 Raumvolumen wurden 0,005 ppm SO2 gemessen (MAK-Wert 2 ppm).
Zehn Gruppen setzten Halogenide mit Chlorwasser um.
Bei einem Raum mit 222 m3 war kein Chlor nachweisbar.
Sicheres Arbeiten im Chemieunterricht
4/12
Jeder der sechs Schüler im Leistungskurs setzte 5 g Harnstoff mit 15 mL Formalin (30 %ig)
unter Erwärmen um. Dann wurden 1,5 mL konz. HCl zugesetzt.
Gemessen wurden 1,4 ppm CH2O (MAK-Wert 0,5 ppm; zugelassener Spitzenwert: 1,0 ppm
über 5 Minuten achtmal pro Tag).
Für den Unterricht geeignete organische Lösungsmittel
(die angegebenen Zahlenwerte sind die MAK-Werte in mg/m3):
Ketone:
Aceton (1200), Ethylmethylketon (Butanon-2; 600),
Alkohole:
Ethanol (960), Cyclohexanol (210), Propanol-2 (500), Ethylenglykol (26),
Ethylenglykolmonomethylether (2-Methoxyethanol; 16),
Ether:
tert. Butylmethylether (180), Tetrahydrofuran (150),
Ester:
Essigsäureethylester (Ethylacetat; 1500),
Kohlenwasserstoffe:
Cyclohexan (700), Toluol (190),
Chlorkohlenwasserstoffe: 1,1,1-Trichlorethan9 (1100), Trichlormethan (Chloroform: 2,5),
Tertachlormethan (Tetrachlorkohlenstoff: 3,2)
Forderungen an die Aufbewahrung von Chemikalien
ausreichende und dauerhafte Etikettierung,
braune Flaschen für Aldehyde, Ether, Olefine und Alkylhalogenide,
für Brom eine Kappenflasche als doppelte Sicherung,
Lithium und Natrium sind unter Petroleum, Paraffinöl oder Dekalin aufzubewahren,
Kalium sollte nicht mehr verwendet werden, da bei Verkrustungen Explosionsgefahr
besteht,
Weißer Phosphor muss unter Wasser und roter Phosphor feucht aufbewahrt werden.
Styrol, Methacrylsäure- und Acrylsäurederivate sind mit Stabilisatoren versetzt
(Radikalfänger). Sie müssen vor Gebrauch destilliert werden, da mit dem Stabilisator keine
Polymerisation gelingen kann. Die destillierten Substanzen sind dann nicht lange lagerfähig,
ohne zu polymerisieren (Kühlschrank mit Tiefkühlfach verlängert die Lagerfähigkeit).
Häufig benutzte Nachweisreagentien
Im „HRR“ (S. 27) sind aufgeführt:
Herstellen und Ansetzen von Bromwasser, Fehlingscher Lösung, Iodlösung in Kaliumiodid,
Lackmuslösung, Phenolphthaleinlösung, Schiffs Reagenz, Chlor-Zinkiodid-Lösung (färbt
Cellulose an), Phloroglucin-Lösung (färbt Lignin an) und Pyrogallol-Lösung.
Entsorgungsvorschläge 10
Die Devise ist: Nicht viel sammeln, besser gleich entsorgen, besonders bei kleinen Mengen.
Entsorgungsverfahren: Neutralisieren, fällen, reduzieren, oxidieren, abdunsten, verbrennen.
Entsorgungschemikalien möglichst nur stöchiometrisch einsetzen.
9
10
wird nicht mehr angeboten
siehe „HRR“, Seite 30-34 und GUV-Regel, Anhang 3.1 Beseitigungsgruppen.
Sicheres Arbeiten im Chemieunterricht
4/13
Eine Zusammenfassung von Entsorgungsvorschlägen für organisch-chemische Substanzen in
kleinen Mengen:
Aromaten und Alkane
im Abzug verbrennen.
Aceton, Alkanole und
Polyalkohole
mit Wasser verdünnt ins Abwasser geben
(Wassergefährdungsklasse 0 und 1).
Phenole
in saurer Lösung mit Permanganat oxidieren.
Formaldehyd (Methanal)
a) mit Harnstofflösung und einigen Tropfen H2SO4
polymerisieren, das feste Polymerisat in den Müll geben.
b) basisch disproportionieren zu CH3OH + Formiat.
Alkanale
kleine Mengen mit Sulfit versetzen und dann ins Abwasser
geben; größere Mengen mit KMnO4 oxidieren.
Chlorkohlenwasserstoffe, sammeln.
halogenierte Aromaten
Ester
mit NaOH-Lösung zum Verseifen stehen lassen; nach dem
Neutralisieren in der Regel in den Abguss.
Diethylether
in kleinen Mengen abdunsten lassen oder verbrennen.
Amine und Aniline
neutralisieren und sammeln.
Azoverbindungen
oxidieren.
Nitrile
mit Hypochlorit oxidieren.
Nitroaromaten,
z. B. Pikrinsäure
sammeln.
Schwefelkohlenstoff
kleine Mengen unter guter Kontrolle verbrennen oder mit
Hypochlorit oxidieren.
Eine Zusammenfassung von Entsorgungsvorschlägen für anorganisch-chemische Substanzen:
Alkalimetalle
mit Butanol zersetzen und neutralisieren.
Bariumsalze
als Sulfat fällen und in den Müll geben.
Calciumcarbid
mit H2O zersetzen und bei größerer Menge das Ethin in der
Luftzufuhr zum Brennergas geben und abbrennen.
Chlorat
ansäuern und mit Zinkpulver zu Chlorid reduzieren.
Chromate
in saurer Lösung reduzieren mit NaHSO3; danach bei pH 8 als
Cr(OH)3 fällen; dann zu den Schwermetallfällungen geben.
Chrom kann mit Eisen aus Chrom(III)-salzlösungen abgeschieden werden.
Sicheres Arbeiten im Chemieunterricht
4/14
Cyanide
Lösung stark alkalisch machen, denn ab pH < 9 entwickelt sich
bereits HCN. Oxidieren mit H2O2 und einigen Tropfen
Kupfer(II) bei pH 11; erst entsteht Cyanat, welches langsam
weiter oxidiert und hydrolysiert zu CO32- + NH3.
Eisen- und Mangansalze
in der Regel ins Abwasser geben.
Fluoride und HF
mit Calciumhydroxid als CaF2 fällen und in den Müll geben.
Halogene
mit Thiosulfat oder Sulfit reduzieren.
Hydrazinlösungen
mit H2O2 zu N2 oxidieren.
Kalkmilch
mit H2SO4 neutralisieren, die neutrale Gipsaufschlämmung ins
Abwasser geben.
Kupfersalze
Wegen der Fischtoxizität nach einer Hydroxid/CarbonatFällung zu den Schwermetallen geben oder direkt mit Eisen
fällen (Zementation).
Nickelsalze
zu den Schwermetallabfällen geben.
Nitrit
leicht alkalisch mit Permanganat oxidieren.
Permanganat
mit Sulfit reduzieren.
Phosphor (rot)
in 0,5 M H2SO4 + KBrO3 oxidierend auflösen (länger stehen
lassen).
Phosphor (weiß)
in 1 M CuSO4 eine Woche stehen lassen, das Kupferphosphid
abfiltrieren und mit Hypochlorit zu Phosphat oxidieren.
Kleine Mengen Phosphor unter Kontrolle im Abzug verbrennen
(gilt auch für Lösungen in CS2); der „HRR“ schlägt Oxidation
mit konz. Salpetersäure vor;
Lösungen und Gefäße, die mit Phosphor in Berührung
gekommen sind, mit KMnO4-Lösung stehen lassen.
Quecksilber
Gesondert sammeln; verschüttetes Hg aufsaugen in eine
Saugflasche. (Bestreuen mit S- oder Zn-Pulver ist unbrauchbar,
die Umsetzung braucht Monate.) Zum Binden verstreuter Reste
können käufliche Absorbentien benutzt werden.
Quecksilber-Salze
getrennt in salpetersaurer Lösung sammeln und mit Soda als
HgO fällen.
Schwermetallsalze
in verdünnter saurer Lösung sammeln, fällen mit NaOH + Soda
bei pH 8, absetzen lassen und die klare Lösung abdekantieren;
der Bodensatz wird gesammelt.
starke Säuren
neutralisieren, dann in der Regel ins Abwasser geben.
Sulfide und
Thioverbindungen
mit Hypochlorit oxidieren,
Schwermetallsulfide zu den Schwermetallsalzen.
Wasserstoffperoxid
mit einer Spur MnO2 als Katalysator zersetzen.
Sicheres Arbeiten im Chemieunterricht
4/15
4.5 Gase in Stahlflaschen 11
Für Gasflaschen sind nach einer EU-Norm mit einer Übergangsfrist bis 2006 neue einheitliche Farbkennzeichnungen vorgesehen, bis zum Jahr 2006 mit einer Zusatzmarkierung „N“
(für „neu“):
Brennbare Gase:
(CO, H2, Ethen, Butan, Propan)
bisher rot und in Zukunft auch rot
Ethin:
bisher gelb; in Zukunft rotbraun (kastanienbraun)
Sauerstoff und komprimierte Luft:
bisher blau, in Zukunft Sauerstoff blau mit weißer
Kappe und Druckluft grau mit grüner Kappe
Stickstoff:
grün, in Zukunft grün mit schwarzer Kappe
übrige Gase:
(He, Ar, CO2, Cl2, HCl, SO2, NH3)
bisher grau, in Zukunft CO2 grau, Helium grau mit
brauner Kappe und Argon grau mit grüner Kappe.
Am Flaschenausgang sind unterschiedliche Drehrichtungen des Gewindes zu beachten:
für brennbare Gase (H2, CO, Ethen):
Linksgewinde
für nicht brennbare Gase (CO2, O2, N2):
Rechtsgewinde
Chlor und Ethin haben ein völlig gesondertes Gewinde.
Der Inhalt einer Gasflasche darf auch nach Verstreichen der Prüffrist des TÜV (auf der
Flasche als Stempel eingeschlagen) aufgebraucht werden.
Druckgasflaschen sind gegen Umfallen zu sichern (kleinere Flaschen können auch hingelegt
werden), vor starken Temperaturschwankungen zu schützen, vorsichtig zu transportieren
(dazu auch das Ventil abschrauben).
Umgang mit dem Druckminderer
11
siehe „HRR“, S. 8-10, mit den Kapiteln: Flaschenarten, Behandlung der Stahlflaschen, Anschluss des
Reduzierventils, Handgriffe bei Benutzung der Stahlflaschen.
Sicheres Arbeiten im Chemieunterricht
4/16
Beschreibung des Gebrauchs eines Reduzierventils nach folgender Abbildung:
3
b
Flaschenkappe vom Gewinde b entfernen.
Verschlussmutter vom Gewinde a lösen.
Reduzierventil mit Anschlussmutter 6 an Gewinde a anschließen; vorher unbedingt prüfen,
ob eine Dichtscheibe eingelegt ist.
Einstellschraube 14 („HRR“: Knebelschraube für Arbeitsdruck) herausschrauben, bis die
Feder entspannt ist.
Hinterdruckabsperrventil 36 („HRR“: Hahnschraube) schließen.
Flaschenventil 3 langsam öffnen. Das „Inhaltsmanometer“ 27 zeigt danach den
Flaschendruck an.
Überprüfung auf Dichtigkeit des Flaschenanschlusses:
Wird 3 geschlossen, so darf der Gasdruck an 27 nicht zurückgehen. Eine Undichtigkeit
bezieht sich in der Regel auf die Dichtigkeit von 6 mit a.
Ist das Reduzierventil im vorderen Teil des Manometers dicht, so wird die Einstellschraube
14 hineingedreht und damit das Hinterdruckmanometer 26 auf einen geringen Wert
eingestellt (1-2 atü; Arbeitsdruck). Dabei bleibt 36 geschlossen.
Überprüfung auf Dichtigkeit:
Liegt ein Flaschendruck auf 27 und ein Arbeitsdruck auf 26 vor und sind das
Entnahmeventil 36 und das Hauptventil 3 geschlossen, so darf der Druck nicht abfallen. Ist
das der Fall, so kann das Reduzierventil in kritischen Bereichen mit Seifenlösung
abgepinselt werden, um die Undichtigkeit aufzuspüren. Häufig ist der Ausgangsverschluss
36 undicht (vor allem, wenn er sehr leichtgängig ist), er muss dann mit einem
Schraubenzieher leicht angezogen werden.
24 stellt ein Sicherheitsventil (Berstscheibe) dar.
Sicheres Arbeiten im Chemieunterricht
4/17
Einen Gasstrom durch eine Apparatur
durch vorsichtiges Öffnen von 36 erzeugen
und über die Benutzung von 36 und 14
drosseln oder verstärken. Wenn ein
erwarteter Gasstrom nicht auftritt, dann
erst einmal die Apparatur genau auf
Undichtigkeiten oder geschlossene Hähne
überprüfen, bevor der Druck unnötig
erhöht wird.
Nach dem Gebrauch als erstes das
Flaschenventil 3 schließen.
Bei komprimierten Gasen ergibt sich der
verbliebene Flascheninhalt aus dem
Flaschendruck p1, der an 27 abgelesen
werden kann, und dem Volumen V1 des
Gaszylinders:
p1 V1 = p2 V2
Mit p2 = 1 atm ergibt sich V2 als noch vorhandenes Gasvolumen, bezogen auf 1 atm
Druck. Genau genommen muss einmal der
Flascheninhalt abgezogen werden.
Das Nadelventil
Leicht verflüssigbare Gase (SO2, Butan,
Propan, CO2, Cl2) stehen in der Flasche unter
einem Druck, der konstant ist, solange noch
Flüssigkeit in der Flasche vorhanden ist. Ein
Druckminderer ist deshalb entbehrlich, und
es wird ein preiswerteres Nadelventil benutzt
(Abb.), welches durch Schließen mit der
Nadel nur die Ausströmgeschwindigkeit
reguliert.
Der Restinhalt einer solchen Flasche ergibt
sich deshalb nur aus einer Wägung, wobei
das Leergewicht auf der Flasche eingeschlagen ist.
Schema eines
Feindruckminderers
Sicheres Arbeiten im Chemieunterricht
4/18
Umgang mit Gasen und Waschflaschen
Eine vorschriftsmäßige Anordnung einer Apparatur mit Gaseinleitung ist in folgender
Abbildung skizziert. Es ergibt sich bei dieser Vielzahl von Waschflaschen, aber ein recht
großes Totvolumen für das Spülen der Apparatur mit dem Gas.
1
2
3
4
5
6
7
1
Gasdruckflasche
3
Waschflüssigkeit
5
Reaktionsgefäß mit
Einleitungsrohr
7
Restgaswäsche
2, 4, 6 Leergefäße als Puffer
(auf richtigen
Anschluss achten)
Restgaswäsche
Giftige Restgase, die aus einer Apparatur austreten, sollen unschädlich gemacht werden, z. B.
mit einer Restgaswäsche:
Einleiten in verd. NaOH:
SO2, NO2, Cl2, H2S und andere saure Gase.
Leiten über Wasser:
HCl und NH3, weil sie extrem gut wasserlöslich sind
(sonst entsteht leicht ein Rücksteigeffekt).
CO und Kohlenwasserstoffe: mit einer Glasdüse in die Luftzufuhr eines Brenners geben, so
dass das Gas mitverbrannt wird.
Benutzung eines Gasometers
Das Gasometer besteht aus einer Gasglocke mit Graduierung, die oben mit Gummistopfen
und Doppelhahn abzuschließen ist (Abb.). Die Gasglocke steht in einem mit Sperrflüssigkeit
(Wasser) gefüllten großen transparenten Zylinder, und dieser steht in einer Überlaufwanne.
Die Sperrflüssigkeit Wasser ist geeignet für die Gase H2, O2, N2, CO, CO2 und
Kohlenwasserstoffe.
Nicht geeignet ist Wasser für HCl, SO2 und NH3, weil deren Wasserlöslichkeit viel zu hoch
ist. Diese Gase können nicht mit dem Gasometer verwendet werden.
Sicheres Arbeiten im Chemieunterricht
4/19
Benutzung von Kolbenprobern (Glasspritzen)
Kolbenprober sind einzeln eingeschliffen, die Kolben können deshalb auf keinen Fall
ausgetauscht werden.
Die Kolben sind auf keinen Fall zu fetten (wie etwa ein Schliffstopfen).
Es ist sehr nützlich, eine Sperre gegen das unbeabsichtigte völlige Herausgleiten des inneren
Zylinders zu benutzen.
Kolbenprober können blockieren, wenn sie durch Staubteilchen verschmutzen, z. B. wenn das
Gas zu schnell durch ein Reaktionsrohr mit einem gepulverten Stoff gedrückt wird.
Der Kippsche Apparat
Ein schultypisches Gerät zur Erzeugung von Gasen ist
der Kippsche Apparat (Abb.).
Damit kann auch ein begrenzter Gasvorrat bereitgestellt
werden, z. B. von
H2 aus Zinkgranalien und verdünnter Mineralsäure,
CO2 aus Marmorstücken und verdünnter Säure,
H2S aus Eisensulfidstücken und verdünnter Säure.
Für kleinkörnige und pulvrige Stoffe als Edukt ist er
nicht geeignet.
Tropftrichter mit Gasausgleich
Für die Gasentwicklung aus einer Festsubstanz durch
Zutropfen einer Flüssigkeit sollte ein Tropftrichter mit
Gasausgleich zur Verfügung stehen oder zusammengestellt werden, um den hydrostatischen Druck in
angeschlossenen Waschflaschen überwinden zu können.
Die Selbstbauausführung ist abgebildet.
z. B. Säure
Gummischlauch
z. B. Zink oder
Magnesium
Arbeiten unter vermindertem Druck
Auch bei einer Belastung durch ein geringes Vakuum (Wasserstrahlpumpe oder übliche
Laborpumpe) entsteht eine hohe Druckbelastung von ca. 1 kg/cm2 der Glasfläche. Die
Druckbelastung steigt zum Hochvakuum nur noch um 10-20 g/cm2 an.
Ein Belastungsbruch führt zur Implosion und zu umherfliegenden Glassplittern.
Es dürfen nur Glasgeräte mit unbeschädigter Oberfläche benutzt werden.