GEMA - Bremische Evangelische Kirche

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GEMA - Bremische Evangelische Kirche
praktisch
text Matthias Dembski
fotos panthermedia/
Matthias Dembski
Nicht erst durch die Piratenpartei ist die Umsonstmentalität im Internet in die Diskussion gekommen.
Doch nichts entsteht „einfach so“. Für Kulturschaffende ist eine angemessene Vergütung überlebenswichtig. Eine Umsonstkultur funktioniert auf Dauer
nicht, denn Kreativität hat ihren Preis. Das gilt ebenfalls für die Kirchenmusik: Auch wenn es für Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker nervig, weil mit
bürokratischem Aufwand verbunden sein mag: GEMA
(Gesellschaft für musikalische Aufführungsrechte)
und Verwertungsgesellschaften sichern letztlich ihre
kreative Arbeitsgrundlagen oder sogar ihr eigenes
musikalisches Schaffen, die Werke.
An der GEMA kommen Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker nicht vorbei. Wer gegen Urheberrechte
verstößt und sie umgeht, dem drohen unangenehme
Folgen und hohe Kosten für den Fall, dass die Rechtsverletzung auffliegt.
Welche Musik ist geschützt?
Jedes urheberrechtlich geschützte Werk ist bis zu 70
Jahre nach dem Tod des Urhebers (Komponist wie
Textdichter) geschützt. Nach dieser Frist werden die
Kompositionen „gemeinfrei“, d.h. sie können ohne
Zustimmung irgendwelcher Rechtinhaber aufgeführt
werden.
Nicht alles
Was gilt für Tanzveranstaltungen?
Gibt es Rahmenverträge?
Ja, die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat
mit den Verwertungsgesellschaften Gesamtverträge
abgeschlossen: Die EKD zahlt pauschale Vergütungen, dafür dürfen kirchliche Einrichtungen die Werke
nutzen und aufführen. Wichtig: Die Rahmenverträge
decken Musik in Gottesdiensten sowie Kirchenkonzerten (auch mit Eintritt) ab, soweit es sich um klassische
Kirchenmusik, Gospels oder neues geistliches Liedgut
(zusammengefasst: E-Musik) handelt. Würde ein Kirchenchor ein weltliches Schlagerkonzert veranstalten,
wäre dieses nicht vom Rahmenvertrag abgedeckt. Die
Kirche muss Alleinveranstalterin sein, der Rahmenvertrag gilt nicht bei Kooperationen mit Dritten. Würde
ein Kirchenmusiker bei einer nicht-kirchlichen Trauerfeier oder nicht-kirchlichen Trauung musizieren, würden GEMA-Gebühren fällig. E-Musik muss mit dem
kompletten Konzertprogramm an die GEMA-Stelle der
EKD quartalsweise jeweils im Nachhinein (10. April,
10. Juli, 10. Oktober und 10. Januar) gemeldet werden.
Wie sieht es mit Krippenspielen
und Musicals aus?
Warum sind Bach, Mozart & Co.
immer noch geschützt?
Auch Musicals, Singspiele oder Krippenspiele müssen
angemeldet und bezahlt werden – allerdings nicht bei
der GEMA, sondern bei den Verlagen. Die Preise für
die Aufführungsrechte müssen dort direkt ausgehandelt werden. Oft übertragen Verlage diese Aufgabe der
der VG Musikedition. Es lohnt sich daher, zuerst bei
der VG Musikedition nachzufragen, ob diese ein bestimmtes Musical abrechnet.
Neue wissenschaftliche Noten-Ausgaben alter Werke sind durch neue Rechte geschützt. Die Werke an
sich sind natürlich rechtsfrei, weil die Komponisten
lange verstorben sind. Aber Musikwissenschaftler haben Rechte an den Neuausgaben, die sie herausgeben.
Beispiel: Der Notentext der alten Bachausgabe, die ab
1880 erschien, ist rechtsfrei. Die Neuausgabe ist in
der Regel 25 Jahre nach ihren Erscheinen geschützt,
so dass diese Noten-Neuausgaben nicht kopiert und
aufgeführt werden dürfen:
Wofür müssen Gemeinden in jedem Fall
GEMA-Gebühren zahlen?
Wer ist der Rechteinhaber bei neueren
Werken?
Was ist mit Musik auf dem Gemeindefest?
Lebt der Komponist noch oder ist noch nicht 70 Jahre
tot, liegen die Rechte meistens bei der GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungsrechte) bzw. für
das Notenmaterial bei der Verwertungsgesellschaft VG
Musikedition. Auch bei modernem geistlichen Liedgut
und Unterhaltungsmusik liegen die Rechte bei den
Verwertungsgesellschaften. Ihre Rechte abzutreten, ist
für Komponisten wie Textdichter die einzig praktikable
Möglichkeit, wenn sie nicht von Anfragen überschüttet werden wollen. Wer also ein Werk aufführen will,
muss es bei der GEMA anmelden.
Bei Sommerfesten, Jugendveranstaltungen, Freizeiten
usw. gilt für (U-)Unterhaltungsmusik als Hintergrundbeschallung ebenfalls der EKD-Rahmenvertrag mit der
GEMA. Wichtig: Es darf keinen Eintritt kosten, auch
nicht versteckt (z.B. durch „Spende statt Eintrittsgeld“).
Außerdem darf zu der U-Musik „nicht überwiegend
getanzt“ werden. Jugendkonzerte mit Unterhaltungsmusik im Rahmen von Gemeindeveranstaltungen dürfen ebenfalls keinen Eintritt kosten und müssen ohne
Disco stattfinden, um keine Vergütung an die GEMA
zahlen zu müssen.
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Seniorentanzen und auch meditatives Tanzen im geschlossenen Kreis sind vom Rahmenvertrag abgedeckt.
Problematisch sind alles Veranstaltungen, bei denen
Standardtänze, Gesellschaftstanz oder Discotanz im
Mittelpunkt stehen. Beispiel: Der Tanz in den 1. Mai,
zu dem die Gemeinde öffentlich einlädt, ist nicht
durch den Rahmenvertrag abgedeckt.
Konzert mit Unterhaltungsmusik oder Jazzmusik gegen
Eintritt, öffentliche Tanzveranstaltungen oder JugendDiscos müssen bei der GEMA bezahlt werden. Das gilt
für Live-Musik genau so wie für Musik aus der Konserve (CD usw.). Nicht gezahlt werden muss für kirchenmusikalische Veranstaltungen der Jugendhilfe, der
Sozialhilfe, der Alten- und Wohlfahrtspflege und der
Gefangenenbetreuung, die nur für dieses abgegrenzte
Publikum zugänglich sind. Im Zweifelsfall genügt ein
Anruf bei Inke Weishaupt, juristische Referentin in der
Kirchenkanzlei, um nicht später das (teure) Nachsehen
zu haben und von der GEMA (ohne Rabatt, s.u.) zur
Kasse gebeten zu werden. Im Zeitalter von Konzertprogrammen im Internet ist es für die GEMA ein leichtes,
schwarze Schafe aufzuspüren – auch bei der Kirche...
praktisch
„umsonst und frei“
Gibt es einen GEMA-Kirchenrabatt?
für alle Zeiten auf CD gebannt wird. Auch dagegen
kann die Betroffene klagen.“
Übrigens: Auch das Konzert-Video bei YouTube
fällt unter diese Regelung. Außerdem kontrolliert die
GEMA das Internet genau auf etwaige unangemeldete Musikaufführungen. Wer Kirchenmusik ins Internet
stellen will, muss das vorher bei der GEMA anmelden.
Ja, wenn Kirchengemeinden ihre Musikveranstaltungen, die nicht durch den Pauschalvertrag abgedeckt
sind, rechtzeitig (mindestens drei Tage vor der Veranstaltung) bei der GEMA-Bezirksdirektion in Hamburg anmelden, sparen sie 20 Prozent der sonst fälligen GEMA-Gebühren. Achtung: Wer verspätet meldet
oder eine Meldung ganz versäumt, zahlt drauf!
Wie sieht es mit unserm Liedhefter/
selbstgemachten Liederbuch aus?
Wie teuer wird‘s?
GEMA-Gebühren richten sich nach der Besucherzahl:
Ein bestimmter Prozentsatz der Bruttoeinnahmen geht
an die GEMA. Bei bis zu 2.000 Besucherinnen sind
vier Prozent fällig. Die Staffel reicht von 21,80 Euro
bis zu 1.813,50 Euro (ab 1.500 Zuhörern). Fazit: Besser anmelden, als im Nachhinein Ärger haben – es tut
nicht so weh!
Post sicherheitshalber als Kopie an Solisten verschickt,
damit diesen proben können und teure Originale nicht
auf dem Postweg verloren gehen. Auch das ist nicht
zulässig. Geschieht es doch, müssen die Verantwortlichen nachher die Probenoten wieder einziehen und
vernichten. Bei der Aufführung darf nur aus den Originalnoten musiziert werden.
Nein, der vielerorts bestehende Gebrauch z.B. bei Kindergottesdiensten oder in Kitas ist ein klarer Rechtsbruch. Ein selbstgemachtes zweites Gesangbuch mit
kopierten Noten und Texten ist unzulässig. Für die
Verwendung im Gottesdienst dürfen lediglich lose
Liedblätter erstellt werden. Darüber gibt es einen Rahmenvertrag zwischen der VG Musikedition und der
Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
k
kontakt
Kann ich Notenmaterial aus
dem Internet nutzen?
Im Internet gibt es Notenmaterial in Fülle. Ob Freesheet, IMSLP oder ChoralWiki – das Internet ist kein
rechtsfreier Raum. Die Überschrift „Alles frei“ reicht
nicht aus. „Wenn nicht ausdrücklich dabei steht, dass
der nicht-kommerzielle Gebrauch ausdrücklich gestattet und erwünscht ist, sollten Kirchengemeinden diese
Material nicht nutzen“, rät Inke Weishaupt, Juristische
Referentin der BEK. „In jedem Fall sollte man sich das
Copyright genau anschauen.“ Grundsätzlich ist immer das grafische Bild von Noten geschützt. Alte eingescannte Ausgaben sind frei, auch das Abschreiben
von Noten ist möglich. Dazu zählt auch das Einscannen und Umformatieren mit Notenscannprogrammen
– eine Rechtslücke, die die moderne Technik bietet,
die allerdings erheblichen Aufwand mit sich bringt.
Deshalb gilt: Noten grundsätzlich im Original und
Chorstärke kaufen
Darf ich Noten kopieren?
Nein, das Kopieren von Noten ist und bleibt grundsätzlich verboten. Das Recht auf Privatkopie (zum
eigenen, nichtkommerziellen Gebrauch) gibt es bei
Noten nicht.
Ausnahme: Das Zusammenkleben so genannter
„Wendestellen“ ist hingegen erlaubt, d.h. eine kopierte Notenseite darf an das Original angeklebt werden,
um nicht zu einem ungünstigen Zeitpunkt umblättern
zu müssen.
Nicht erlaubt und doch praktiziert: Noten werden per
Urheberrechtsfragen
Bei allen Fragen rund um Urheberrechten,
zu GEMA und VG Musikedition:
Inke Weishaupt,
Juristische Referentin in der Kirchenkanzlei
Telefon 0421 55 97-219
[email protected]
GEMA-Bezirksdirektion für U-Musik
Darf ich eigene Konzerte mitschneiden?
Hier gilt: Alle Ausführenden haben Rechte. Solisten,
Chorsänger und Instrumentalisten – alle müssen gefragt werden und ihr Einverständnis (am besten schriftlich) erklären. Das gilt übrigens auch bei Aufnahmen
„Nur für den internen Gebrauch“ oder im so genannten „Eigenverlag“. Tipp: Um auf der sicheren Seite zu
sein, müssen Musiker bereits bei Vertragsabschluss um
ihr Einverständnis gefragt werden. „Es ist immer blöd,
wenn behauptet wird, es handle sich nur um eine Aufnahme für den internen Gebrauch, und dann gehen
die Solisten an einem Ständer in der Kirche vorbei, in
dem CDs mit Aufnahmen der letzten Jahre zum Verkauf stehen“, gibt Jörg Jacobi vom Büro des Landeskirchenmusikdirektors zu bedenken. „Man sollte vorher
klar kommunizieren, was geplant ist. Wenn bei der
Anspielprobe plötzlich die Mikros da stehen, ist das
nicht nur schlechter Stil, sondern auch ein rechtliches
Problem.“ Denn wenn Musiker darauf bestehen, können sie eine Nach-Honorierung verlangen. „Außerdem hat es nicht nur mit der Künstlerehre etwas zu tun,
wenn eine sich anbahnende Erkältung einer Sängerin
Ansprechpartnerin: Astrid Galke
Schierenberg 66, 22145 Hamburg
Telefon 040/67 90 93-121
[email protected]
GEMA-Meldestelle der EKD für E-Musik
Ansprechpartnerin: Andrea Braukmüller
Herrenhäuser Str. 12, 30419 Hannover
Telefon 0511/27 96-784
[email protected]
Literaturtipp zum Nachschlagen
„Urheberrecht in den Kirchen der EKD
Eine Information für Kirchengemeinden, Pfarrer/
innen, Kirchenmusiker/innen und Andere über
Pauschalverträge mit Verwertungsgesellschaften“
www.ekd.de/download/urheberrecht.pdf
www.gema.de (für Hörbares)
www.vg-musikedition.de (für Musikliteratur)
www.vgwort.de (für sonstiges Lesbares)
www.bildkunst.de (für Bilder)
www.bek-intern.de
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