Die Geschichte von Boele und Hagen

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Die Geschichte von Boele und Hagen
Die Geschichte von Boele und Hagen
Im oberen Teil zeigt das
Wappen einen Löwen
auf goldenem Untergrund. Im unteren Teil
sind auf blauem Hintergrund
drei
silberne
Pferdegeschirre zu erkennen.
Quelle: Homepage
Vincke-Schule
der
Die älteste bekannte Ansichtskarte von Boele, aufgenommen zwischen 1887 und 1909
Um das 11. und 12. Jahrhundert wurde im damaligen Bole eine hölzerne Dorfkirche gebaut. In dem Libellus quadrupli cathedratici (Liste der Viertelsteuer) von 1180 wird Boele als eine der Pfarrkirchen im
Bezirk Hagen aufgeführt. Eine Urkunde aus dem Jahr 1186 bescheinigt die Erhebung der Kapelle in Bole zur Pfarrkirche durch den Kölner Erzbischof Sigewin von Are im Jahr 1080. Zu dieser Pfarrkirche gehörten außerdem die Ortschaften Helfe (Parva Bole), Bathey (Bateige), Hengstey (Hemstede), und Fley
(Vlie).
In einer Urkunde vom 13. Juli 1240 wird der Verkauf eines Hofes von der Äbtissin des Stiftes Herdecke
beurkundet. Als Zeugen erscheinen u.a. die Brüder Otto und Gerhard zu Bule. Diese Brüder waren Ritter
eines Boeler Adelsgeschlechts, das in dieser Zeit wahrscheinlich auf dem Vriehoff (1971 abgerissener
Grave-Hof) in Helfe (Doirboyle op deme Helweghe) ansässig war. Es siedelte im 14. Jahrhundert nach
Wetter um, wo es um das Jahr 1500 ausgestorben ist.
Bis zum Ende des 14. Jahrhundert unterstand Boele den Herren von Volmestein (Volmarstein), die wiederum dem Kölner Erzbischof unterstanden. Dessen Gegner waren die märkische Grafen, die 1288 unter Eberhard I. von der Mark die Burg Volmarstein einnahmen (siehe auch Schlacht von Worringen). Mit
der Zerstörung der Burg gelang Boele schließlich 1324 unter märkischen Besitz. Das Kirchspiel Boele
wurde gegen Ende des 14. Jahrhundert märkisch.
Im 16. Jahrhundert wurde die Holzdecke der Pfarrkirche durch steinerne Kreuzgewölbe ersetzt.
Zwischen 1808 und 1813 stand Boele unter französische Besetzung.
Es wurde eine neue Gemeindeverwaltung eingerichtet, der auch die Ortschaften Eckesey, Fley, Halden,
Herbeck und Holthausen unterstanden. Das als Am Garnier bezeichnete Verwaltungsgebäude befand
sich an der Ecke Hagener-/Overbergstraße und verblieb an dieser Stelle bis 1829. Die während der
französische Besetzung unter Napoléon Bonaparte durchgeführte Gebietsreform führte 1809 zur Bildung
einer Munizipalität Boele im Kanton und Arrondissement Hagen. 1815 wurde das Amt Boele anlässlich
der preußischen Gebietsneugliederung ein Teil im Kreis Hagen.
Am 20. Juli 1847 wurde die evangelische Kirchengemeinde Boele gegründet. Bis zu diesem Jahr waren
alle kirchlichen Handlungen von dem katholischen Pfarrer wahrgenommen worden. Eine eigene evangelische Kirche und Schule wurden zwischen 1870 und 1873 erbaut.
Nach einer Cholera-Epidemie holte der damalige katholische Pastor Wilhelm Hecking 1867 zwei
Franziskanerinnen zur Betreuung der Kranken nach Boele. Sie wirkten in der Versorgung von Kranken
und Weisen ab 1869 in einem Fachwerkhaus. Mit dem Bau eines dreistöckigen Ziegelbaus wurde die
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Urzelle des St. Josef Hospitals (seit 1930: St. Johannes Hospital) erbaut, dem 1879 eine Kapelle 1888
ein Anbau nach Osten, 1902 ein Anbau nach Süden und 1912 ein Operationssaal und eine Isolierstation
angegliedert wurde.
Der Grundstein der heutigen katholischen St. Johannes Baptist Kirche wurde 1877 im Chorraum gelegt.
Der Bau der im neuromanischen Stil erbauten Kirche fand abschnittsweise mit dem stufenweisen Abriss
der altromanischen Dorfkirche statt. So waren im August 1882 noch die Hälfte der alten aber auch schon
die Hälfte der neuen Kirche vorhanden. Der für den Bau verwendete Sandstein wurde von einem lokalen
Steinbruch auf der Höhe zwischen Bathey und Hengstey bezogen. 1887 wurde die westliche Turmseite
fertig gestellt, 1892 fand die Konsekration statt. Die Kirchengemeinde besitzt seit 1820 das Recht, ihren
Pfarrer zu wählen.
Aus dem Kreis Hagen ging im Rahmen einer Aufteilung 1887 ein Stadtkreis Hagen und ein Landkreis
Schwelm und Hagen hervor. Zum letzteren mit Sitz in der Eckeyeyer Straße gehörte auch das Amt Boele. Schließlich wurde 1901 das Amt Boele im Landkreis Hagen aufgelöst und als selbstständiges Amt
neugegründet. Zu diesem Amt mit 7500 Einwohnern gehörten auch Fley, Halden, Herbeck, Holthausen
und Vorhalle, welches zwischen 1920 und 1929 ebenfalls ein selbstständiges Amt darstellte. Für das
neue Amt wurde 1901 das Boeler Amtshaus errichtet, das 1912 durch einen Anbau nach Osten erweitert
wurde.
Ebenfalls 1901 wurde eine katholische Schule (Goetheschule) errichtet, der 1910 ein Anbau hinzugefügt
wurde. Im selben Jahr fand auch die Zusammenlegung des Kirchspiels Boele und den Bauernschaften
Boelerheide, Helfe, Bathey, Hengstey und Kabel zu einer politischen Gemeinde statt. Dem Amtsbezirk
gehörten noch Fley, Halden, Herbeck, Holthausen und Vorhalle an. Letzteres wurde 1920 ein selbständiger Amtsbezirk. 1905 erfolgte die Anlegung des Boeler Marktplatzes, der sich über einer Fläche von
1,63 ha erstreckt. Neben dem Krankenhaus wurde 1925 eine Badeanstalt auf Bestreben des damaligen
Pfarrers von der Kirchengemeinde errichtet, der eine Wäscherei angegliedert war. Mit dem 1. August
1929 wurden die Gemeinden Boele und Vorhalle in die Stadt Hagen eingegliedert.
In den letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges wurden am 15. März 1945 die evangelische Kirche sowie das Schul-, Gemeinde- und Pfarrhaus von bei einem Bombenangriff zerstört. Der Wiederaufbau der
Philipp-Nikolai-Kirche wurde erst 1973, 100 Jahre nach ihrer Weihe, beendet. Die Besetzung durch amerikanische Truppen erfolgte am 15. April 1945.
Im Zuge einer Aufteilung der Stadt Hagen in 5 Stadtbezirke im Jahr 1975 wurde Boele (bestehend aus
Boele, Boelerheide, Hengstey, Bathey, Kabel und Helfe) mit Vorhalle, Fley und Garenfeld zum Stadtbezirk Nord, in dem 1976 rund 46.000 Einwohner lebten. Am 29. Mai 1976 fand die letzte Fahrt der 1902
eröffneten Straßenbahnlinie 7 (im Hagener Volksmund „schwarze Sieben“ und „Vatikanexpress“ genannt
- aufgrund der überwiegend katholischen Einwohner Boeles im Gegensatz zu den übrigen Stadtteilen
Hagens) statt, die Hagen über Boele mit Kabel verband. Diese berühmte Linie existierte bin ins neue
Jahrtausend hinein als Buslinie 7 (später als 507) weiter - sie wurde allerdings dann aufgrund einer
Neugliederung des öffentlichen Nahverkehrs in Hagen abgeschafft.
Zwischen dem 5. und 8. September 2002 beging Boele die 750 Jahrfeier.
Ortsname
Der Ortsname Boele entwickelte sich von Bule über Bole zur heutigen Schreibweise. Bule wiederum
entspricht dem altgermanischen Wort Buhil, welches einen Hügel bezeichnet.
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•
Haus Ruhreck, eine von Villa im neugotischen Stil aus Sandsteinquadern (Bauherr: Casper Diedrich
Killing, Waggonfabrikant). Das 2-geschossige Gebäude umfasst zwei unterschiedlich hohe Türme.
•
Katholische Pfarrkirche St. Johannes-Baptist, erbaut von 1877 bis 1889 im neuromanischen Stil. Die
umliegende Bebauung wurde nach 1877 unter Wahrung der mittelalterlichen Platzform weitgehend
im Stil des Historismus errichtet.
•
Haus Elisabeth, gelegen auf dem Hilgenland mit Vorderseite zum Marktplatz. Das Haus Elisabeth erfuhr im Laufe der Zeit vielfältige Nutzungen: Das frühe Gebäude wurde 1881 von der katholische Kirchengemeinde erworben und zu einem Waisenheim für rund 30 Kinder hergerichtet. Ab 1914 diente
es nach einer Vergrößerung als Militärknabenschule für männliche Kadetten im Alter von 10 bis 14
Jahren, 1920 nach Übernahme durch den Franziskanerorden von Salzkotten als Wohnraum für Seniorinnen und als Mädchenpensionat, in dem rund 60 junge Menschen in den Arbeitsbereichen Küche, Haushalt und Garten ausgebildet wurden. Im Jahr 1950 erfolgte ein Rückkauf durch die katholische Gemeinde, die ab 1954 das Haus Elisabeth als Heim zur Pflege geistig und körperlich behinderter Kinder durch Nonnen nutzte. Doch bereits in den 1960er Jahren erfolgte die Verpachtung des
Haupthauses an die Stadt Hagen, die es für schulische Zwecke nutzte. In dieser Zeit begannen die
Boeler Vereine das Haus und die Außenanlagen für diverse Feste zu nutzen. Nachdem die Vereine
und Schulen das Gebäude aufgrund altersbedingter Mängel verließen und ihre Veranstaltungen fortan in Neubauten (z.B. Aula der Gesamtschule Fritz-Steinhoff oder Begegnungszentrum hinter der
Boeler Badeanstalt) abhielten, folgte über mehrere Jahre ein Leerstand. Um den Verfall vorzubeugen
und das Haus Elisabeth zu reaktivieren erwarb der Architekt Karlheinz Meier 1991 das Gebäude. Es
folgte eine grundlegende Renovierung und Erweiterung um einen mehrstöckigen Neubau anstelle
der vorherigen Aula. Seitdem dient das Gebäude als Wohn- und Bürohaus. Der dahinter gelegene
Festplatz Hilgenland ist im Eigentum der kath. Kirchengemeinde und wird regelmäßig als Austragungsort von Festen genutzt.
•
Amtshaus, 1901 errichtetes und von 1912 bis 1914 erweitertes Verwaltungsgebäude. Nach Übertragung von Leitung und Beaufsichtigung der Bauarbeiten an den Architekten P. Wiehl am 10. April
1901 konnte das Gebäude bereits am 15. Oktober desselben Jahres bezogen werden. An der rasch
vollzogenen Fertigstellung waren vier Betriebe aus Boele beteiligt.
•
Ehrenmal, erbaut 1927 zu Ehren der 296 im Ersten Weltkrieg aus der Gemeinde Boele gefallenen
Männer. Das nach einem Entwurf des Bildhauers Hans Dammann realisierte Kriegerdenkmal in heimischen Ruhrsandstein besteht aus vier Fackeln stilisierenden Säulen, an denen Tafel mit den Namen der Gefallenen angebracht sind. In deren Mitte steht ein Soldat in trauernde Pose. 1956 wurde
eine Tafel mit den Namen der Gefallenen des Zweiten Weltkriegs am Sockel der Statue hinzugefügt.
Das Ehrenmal befindet sich auf dem Hammerstein, mit 153 m über NN der höchste Geländepunkt
Boeles.
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Vereinsbaum im Ortszentrum mit Gedenkstein
zur 750-Jahrfeier und
dem Boeler Wappen
Bekannteste
Boeler
Sportvereine sind der der
Fußballverein SV BoeleKabel von 1882 e. V. sowie Basketball BoeleKabel. Außerdem besteht
der Schützenverein Boele
und die Abteilung HagenBoele
im
Sauerländischen
Gebirgsverein. Ein 1927 eröffnetes Hallenbad mit
denkmalgeschützten
Fassade und prunkvollem
Mosaik im Eingangsbereich beherbergt ein ca.
22 Meter langes Becken
als
Kombination aus
Schwimmer- und Nichtschwimmerbecken. Daneben befindet sich im
angrenzenden Stadtteil
Hengstey das Familienbad Hengstey.
Vereine
Neben den bereits oben
aufgeführten Sportvereinen existieren in Boele
weitere Vereine mit einem aktiven Vereinsleben.
Die Loßröcke Boele e. V. bezeichnet sich selbst als Verein zur Pflege alter Sitten und Bräuche und ist
ein Heimatverein. In Boele sind die beiden Gesangsvereine MGV „Cäcillia 1886“ Hagen-Boele und MGV
Vereinigte Sänger ansässig. Ferner existiert der CVJM-Posaunenchor Boele-Kabel. Zur katholischen
Gemeinde St. Johannes Baptist gehört die Katholische Frauengemeinschaft St. Johannes (vgl.
Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands), der Kirchenchor St. Johannes, der Pfadfinderstamm
Boele-Helfe der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG) und die Kolpingsfamilie Hagen-Boele
und Umgebung, der wiederum ein Chor mit dem Namen Kolpingchor 1990 angeschloßen ist. Die politische Parteien CDU und SPD sind jeweils mit einer Ortsunion bzw. Ortsverein in Boele vertreten. Weitere
Vereine sind der Aktivkreis Boele und die Siedlergemeinschaft Boele.
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Wirtschaft und Infrastruktur
Wirtschaft
Im Stadtteil Boele befinden sich überwiegend Einzelhandelsgeschäfte und Dienstleistungsanbieter. In
den benachbarten Stadtteilen Kabel und Bathey sind hingegen zahlreiche kleine und mittlere Unternehmen sowie vereinzelt auch Großunternehmen (z.B. Douglas Holding in Bathey und Stora Enso in Kabel)
aus dem sekundären und tertiären Wirtschaftssektor ansässig. Die Außenbezirke Boeles sind auch geprägt von Landwirtschaft.
Öffentliche Einrichtungen
In Boele befindet sich das St.-Johannes-Hospital, dessen Geschichte bis ins Jahr 1867 zurückgeht.
1998 erfolgte die Fusion mit den beiden Hagener Krankenhäusern St.-Josef-Hospital und St.-MarienHospital, die bereits seit 1990 unter gemeinsamen Gesellschaftsdach (Katholisches Krankenhaus Hagen
gem. GmbH) firmieren.
Bildung
Neben der Gemeinschaftsgrundschule Vinckeschule und der Katholischen Grundschule Goethe befindet
sich in Boele die Gesamtschule „Fritz Steinhoff“. Weitere weiterführende Schulen befinden sich im angrenzenden Stadtteil Boelerheide. Dort befindet sich die Realschule „Heinrich Heine“, die Hauptschule
„Geschwister Scholl“ sowie die Förderschule „Fritz Reuter“. Weiterhin gab es die ehemalige Hauptschule
Boele.
Literatur
•
Festkomitee 750 Jahre Boele e.V. (Hrsg.): 750 Jahre Boele. 1252-2002. Heimatgeschichtliche Skizzen. Paßmann, Hagen 2002
•
Peter Diederich Frommann: Aus der Geschichte der Gemeinde Boele. Wiesemann, Hagen 1948
•
Fritz Lammert, Alfons Rehkopp: Die Gemeinde Boele. Schröder, Hagen 1976
•
Stadt Hagen (Hrsg.): Architekturführer Hagen. ardenkuverlag, Hagen 2005
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Die Geschichte von Boele und Hagen
Geschichte der Stadt Hagen
Geschichte – politisch und historisch
Hagen ist eine kreisfreie Großstadt an der Schwelle vom Sauerland zum östlichen Ruhrgebiet,
Nordrhein-Westfalen
Ur- und Frühgeschichte
Seit der Eiszeit wird der Raum Hagen von Menschen bewohnt. Zahlreiche archäologische Funde belegen eine „Besiedlung“ seit der mittleren Altsteinzeit, der Kulturstufe des Neandertalers. In Höhlen und
auf den Flussterrassen von Ruhr, Lenne, Ennepe und Volme finden sich zahlreiche überregional wichtige Bodenfunde und Siedlungsspuren von der Altsteinzeit über die Mittelsteinzeit und Jungsteinzeit bis
zur Bronzezeit, Eisenzeit und Völkerwanderungszeit.
In einem Seitental der Lenne bei Hagen-Holthausen wurden in der „Blätterhöhle“ sehr bedeutende Knochenfunde von steinzeitlichen Menschen gemacht, darunter auch die Skelettreste von mindestens zwei
der frühesten anatomisch modernen Menschen in Westfalen und im Ruhrgebiet. Diese menschlichen
Überreste sind nach C-14-Untersuchungen an den Universitäten in Kiel und Oxford über 10.700 Jahre
alt und stammen aus dem frühen Mesolithikum des älteren Holozän. In Europa gehören sie zu den wenigen überlieferten Menschenresten aus diesem Zeitabschnitt. Da die Forschungen noch nicht abgeschlossen sind und die Ausgrabungen in der mit zahlreichen weiteren Skelettresten und weiteren Funden gefüllten Höhle erst beginnen, ist in Zukunft mit weiteren Überraschungen zu rechnen.
In der „Blätterhöhle“ wurden auch zahlreiche Skelettreste von Menschen der Michelsberger Kultur entdeckt, darunter das fast vollständige Skelett einer jungen Frau im Alter von 17 bis 22 Jahre. Untersuchungen ergaben ein Alter von rund 5600 Jahren; die Funde datieren also in die Zeit um 3600 v.Chr.
Diese jungsteinzeitlichen Menschenreste, die vermutlich zu Bestattungen gehören, zählen in Europa zu
den seltenen archäologischen Relikten.
Die Funde in der „Blätterhöhle“ werden seit 2004 von einem internationalen Wissenschaftlerteam erforscht und sind anhand von ausgewählten Objekten im Museum für Ur- und Frühgeschichte im
Wasserschloss Werdringen zu sehen, zusammen mit anderen wichtigen archäologischen Funden der
Region.
Mittelalter
Im Jahre 775 wurde die nahe der Hagener Stadtgrenze zu Dortmund über der Ruhr-Lennemündung gelegene „sächsische“ Hohensyburg (Sigiburg) durch Truppen Kaiser Karls des Großen erobert. Mit der
Überlieferung dieser Eroberung in den „Annales Laureshamenses“ (Lorscher Annalen) tritt der Raum
Hagen in die Geschichtsschreibung.
Erste Schriftquellen, die sich direkt auf Hagen beziehen, datieren in das 12. Jahrhundert, als Hagen kurkölnischer Besitz und ein Kirchspiel in der Herrschaft Volmarstein war.
Die Johanniskirche (Stadtzentrum) wird häufig mit der (historisch falschen) Vorstellung von einer karolingischen „Urpfarre“ der Christianisierung im 8. Jahrhundert in Verbindung gebracht. Hier soll sich die
„Urkirche“ der Region befunden haben. Tatsächlich lässt sich die Kirche anhand von Schriftquellen und
archäologischen Befunden frühestens in das 12. Jahrhundert datieren. Ein System von „Urpfarren“ hat
es wohl nicht gegeben; die These beruht auf posthum veröffentlichten Arbeitshypothesen des westfälischen Landeshistorikers Albert K. Hömberg.
Bis 1288 sicherte die Raffenburg bei Hagen-Holthausen die Grenze des kurkölnischen Territoriums zur
Grafschaft Limburg und zur Grafschaft Mark. Im Frühjahr 1288 wurde die Raffenburg durch Truppen des
Grafen Eberhard II. von der Mark erobert und später teilweise geschleift.
Nach der Eroberung der Burg Volmarstein im Jahr 1324 wurde Hagen ein Teil der Grafschaft von der
Mark, die Anfang des 15. Jahrhunderts den Herzögen von Kleve-Mark gehörte.
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Im Mittelalter war das Dorf und Kirchspiel Hagen relativ unbedeutend und stand politisch, wirtschaftlich
und gesellschaftlich unwichtig dar im Vergleich zu den märkischen Stadtgründungen im Umland sowie
zu der benachbarten Grafschaft Limburg.
Frühe Neuzeit
1609/66 kamen Gericht und Kirchspiel Hagen durch Erbfolge zu Brandenburg-Preußen. Im
Dreißigjährigen Krieg erfolgten zahlreiche Plünderungen sowie 1636 eine große Pestepidemie, der allein
im Kirchspiel und Gericht Hagen Tausende von Menschen zum Opfer fielen.
Durch die Gründung einer Klingenschmiede in Hagen-Eilpe 1661 mit Genehmigung des Kurfürsten
Friedrich Wilhelm von Brandenburg wurde die wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Entwicklung gefördert.
Seit dem 15./16. Jahrhundert entstanden im Ennepetal zwischen Wehringhausen, Haspe und
Gevelsberg sowie im Volmetal zwischen Eilpe und Dahl mehrere mit Wasserkraft betriebene
Hammerwerke und Schmieden.
Im 17. Jahrhundert wurden sich auf der so genannten Ennepestraße zwischen Gevelsberg und Wehringhausen zahlreiche Sensenschmieden gegründet, die bis in das 19. Jahrhundert ein bestimmender
Gewerbezweig blieben. Die Sensenschmiede waren zur Mitte des 17. Jahrhunderts genau wie die Klingenschmiede in Eilpe aus dem bergischen Land eingewandert.
1699 vernichtete ein Großfeuer zahlreiche Häuser in Hagen, das in einer Quelle, die heute in der Dauerausstellung des Historischen Centrums Hagen zu sehen ist, aus dem Jahre 1697 von den „Vorstehern“
und „Eingesessenen“ noch als Dorf bezeichnet wurde.
Neuzeit
Um 1705 war Hagen ein Flecken im Gericht Hagen, Amt Wetter. Ein Brand zerstörte 1724 einen Großteil
der Gebäude. Daraufhin erfolgte der Wiederaufbau, der von der preußischen Regierung unterstützt und
gefördert wurde.
1717, damals zählte der Flecken 675 Einwohner, erhielt Hagen eine Akzise, 1731 ein „Rathäusliches
Reglement“. Hagen besitzt seit dem 3. September 1746 aufgrund eines von König Friedrich II. von
Preußen bestätigten Reskripts Stadtrechte.
Seit Mitte des 18. Jahrhunderts erfolgte eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Fortentwicklung, die
durch Kriegsfolgen, wie 1756–1762 im Siebenjähriger Krieg, gestört wurde.
Von 1807 bis 1813 war Hagen in der Zeit der französischen Herrschaft als Hauptstadt des
Arrondissements Hagen dem Ruhrdepartement im Großherzogtum Berg angegliedert. Sie hatte den
Rang einer Munizipalität bzw. Unterpräfektur.
Nach dem endgültigen Übergang an Preußen wurde Hagen 1817 Sitz eines Amtes und eines Kreises
innerhalb des Regierungsbezirks Arnsberg. 1837 wurde die revidierte Städteordnung und ein Magistrat
eingeführt.
Während der Revolution 1848/49 beteiligten sich Revolutionäre aus Hagen maßgeblich am Aufstand in
Iserlohn im Mai 1849. Nach der blutigen Niederschlagung des Aufstandes durch preußische Truppen
flüchteten sich viele Revolutionäre, wie z.B. Caspar Butz, in das Ausland.
Neueste Geschichte und Zeitgeschichte
Im Jahr 1887 schied Hagen verwaltungsrechtlich aus dem Kreis Hagen aus, wurde eine kreisfreie Stadt.
Die Einwohnerzahl der Stadt überschritt am 13. Februar 1928 die 100.000-Grenze und machte Hagen
zur Großstadt.
Während der Kaiserzeit 1871–1914 erlebte Hagen eine Blütezeit. Durch die Urbanisierung und
Industrialisierung entwickelte sich die Stadt zum Oberzentrum für die gesamte Region. Der Erste WeltDateiname: 5010-00.doc
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krieg beendete diese Entwicklung. In der Weimarer Republik konnte Hagen an die Situation vor 1918
nicht mehr anknüpfen.
Während des Kapp-Putsches 1920 war Hagen das Hauptquartier der „Roten Ruhr-Armee“. Seit 1922
machten sich rechts- und linksextreme Strömungen und Parteien immer mehr bemerkbar. Führende Nationalsozialisten, wie Adolf Hitler, Josef Goebbels und Rudolf Hess, besuchten seit 1925 mehrfach Hagen. Hitler und Heß wohnten dabei im Haus Busch, einem Adelssitz bei Hagen-Kabel, der bis 1928 vom
späteren Obersten SA-Führer Pfeffer von Salomon bewohnt wurde.
Der Nationalsozialismus 1933–1945 führte auch in Hagen zur Verfolgung sowie Deportation der Juden.
Der Hagener Oberbürgermeister Heinrich Vetter (1) war seit 1936 auch Stellvertretender Gauleiter in
Westfalen-Süd. Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs wurde in der „Battle of the Ruhr“ die Hagener Innenstadt total zerstört.
Zwischen 1943 und 1945 betrieb die Gestapo-Dienststelle in Hagen eigene Haftstätten und Lager, in
denen ausländische Zwangsarbeiter, Juden und „jüdische Mischlinge“ sowie deutsche Regimegegner
inhaftiert und misshandelt wurden. Nur wenige Stunden vor dem Einmarsch der US-Truppen im April
1945 ermordeten Mitarbeiter der Gestapo in Hagen noch zahlreiche Menschen.
Die durch den raschen Wiederaufbau entstandenen „Bausünden“ wurden seit den 1990er Jahren unter
anderem durch die Volmegalerie, die Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes und den gegen im Vergleich zur überwiegenden Mehrheit geringen Bürgerproteste in einem lokalen Volksentscheid durchgesetzten Neubauteil des Rathauses behoben.
Aktuelle Entwicklung
Hagen zählt heute knapp 200.000 Einwohner. Im März des Jahres 2004 erhielt Hagen bundesweite Medien-Aufmerksamkeit durch die spektakulär aufgezogene Sprengung des Sparkassen-Hochhauses
„Langer Oskar“. Seit September 2004 berichteten deutschsprachige und internationale Medien mehrfach
über die bisher einzigartigen archäologischen Funde von rund 10.700 Jahre alten menschlichen Skelettresten, die als „älteste Westfalen“ gelten bzw. die ältesten Funde von anatomisch modernen Menschen
in Westfalen und im Ruhrgebiet darstellen, in einer Karsthöhle bei Hagen.
Eingemeindungen
Im Laufe der Geschichte wuchs die Stadt Hagen durch mehrere Eingemeindungen. Diese sind im Einzelnen:
•
1876 Wehringhausen und Eilpe
•
1901 Delstern, Eckesey und Eppenhausen
•
1929 Haspe, Boele, Fley, Halden, Herbeck, Holthausen und Vorhalle
•
1970 Waldbauer (Eingemeindung aufgrund Gerichtsurteil nichtig, 1975 in die Stadt Breckerfeld eingemeindet)
•
1975 Hohenlimburg, Berchum, Garenfeld, Dahl, Priorei und Rummenohl
Einwohnerentwicklung
Siehe auch: Einwohnerentwicklung von Hagen
1900 hatte Hagen mehr als 50.000 Einwohner. 1928 überschritt die Einwohnerzahl der Stadt die Grenze
von 100.000 Einwohnern, wodurch sie zur Großstadt wurde. Bis 1964 verdoppelte sich diese Zahl auf
200.000. Am 1. Januar 1975 erreichte die Bevölkerungszahl von Hagen nach der Eingemeindung von
Hohenlimburg (27.244 Einwohner 1974) und weiterer Orte mit 231.840 ihren historischen Höchststand.
Am 31. Dezember 2006 betrug die „Amtliche Einwohnerzahl“ für Hagen nach Fortschreibung des
Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen 195.671 (nur Hauptwohnsitze
und nach Abgleich mit den anderen Landesämtern).
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Die Geschichte von Boele und Hagen
Wirtschaftsgeschichte
Historische Entwicklung der Wirtschaft in Hagen
Die intensive Nutzung der Wasserkraft an Ruhr, Lenne, Volme und Ennepe im Hagener Raum förderte
bereits vor dem 15. Jahrhundert eine bedeutende Ansiedlung von Betrieben der Metallverarbeitung. Seit
dem 17./18. Jahrhundert folgten Textil- und Stahlindustrie sowie die Papierherstellung. Solinger Klingenschmiede ließen sich in Eilpe nieder (Wohn- und Arbeitsgebäude „Lange Riege“ in Hagen-Eilpe von
1665).
Friedrich Harkort gründete 1828 mit einigen anderen Aktionären die Silscheder Kohlenbahn um die Kohleversorgerung der Eisen- und Stahlverarbeitenden Industrie durch die nahen Steinkohlezechen in
Silschede sicherzustellen. 1836/38 wurde mit dem „Markaner“, einer der ersten industriell betriebenen
größeren Hochöfen zur Eisen- und Stahlerzeugung, gegründet. Im Zuge der Industrialisierung wurde
Hagen 1848 an das Bergisch-Märkische Eisenbahnnetz angeschlossen und entwickelte sich zu einem
wichtigen Eisenbahnknotenpunkt. Ein Jahr später gründete sich die Hasper Andreas-Brauerei; 1877
folgte die heute noch bestehende Vormann Brauerei in Dahl. In der Zwischenzeit bildeten sich aus den
Fabrikbetrieben große Eisen- und Stahlwerke. In Wehringhausen entstand 1887 die Akkumulatoren Fabrik (AFA) (ab 1962 VARTA Batterie AG), die sich innerhalb von 120 Jahren zu einem der weltweit größten Batterienhersteller entwickelt hat. Eine weitere Erfolgsstory begann 1912: Dies war das Geburtsjahr
des Brandt-Zwiebacks in Haspe – wobei das Unternehmen seit 2003 wegen hoher Neuansiedlungssubventionen nur noch in Ohrdruf in Thüringen produziert. Der Firmensitz blieb in Hagen.
Wichtige Arbeitgeber sind heute eine der größten Papierfabriken der Welt, die Stora Enso in HA-Kabel,
das Druckzentrum der WAZ-Zeitungsverlagsgruppe in HA-Bathey und die Hochschulen (FernUniversität
in Hagen, Fachhochschule Südwestfalen, Standort Hagen).
Bergbau- und Stahlgeschichte
Wie viele andere Ruhrgebietsstädte hat auch Hagen eine entsprechende Bergbaugeschichte vorzuweisen:
Im Ruhrtal treten die ältesten Kohlenflöze (Flöz Sengsbank) des Ruhrgebiet zu Tage, beispielsweise am
Kaisberg in Hagen-Vorhalle und an der Hohensyburg. Seit der Frühen Neuzeit sind im Norden von Hagen kleine Bergwerke belegt, die im Stollen- und Pingenbau die Gewinnung von Steinkohle betrieben.
Neben Steinkohlezechen existierten Bergwerke für Eisenerz, Kupfererz, Zinkerz, Bleierz, Alaunschiefer
und Schwefelkies. Die Fördermengen und die Qualität dieser zahlreichen Montanbetriebe war jedoch im
Vergleich zu anderen Städten eher gering. Eine genauere Auflistung ist auf der Liste der ehemaligen
Zechen in Hagen zu finden.
Von 1766 bis 1780 war in Hagen das „Westfälische Bergamt“ angesiedelt, bis es anschließend nach
Wetter verlegt wurde. Dort war unter anderem Friedrich Karl vom Stein als Bergrat tätig.
Aufgrund der Wanderung des Steinkohlebergbaus nach Norden kombiniert mit der geringen Abbauwürdigkeit der nur gering vorkommenden Steinkohleflöze, wurde der Abbau allerdings, im Gegensatz zu anderen Revierstädten, relativ früh eingestellt. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde aufgrund des akuten Rohstoffmangels damit begonnen, wieder Steinkohle zu fördern, allerdings nur für wenige Monate.
Zeitweise weitaus bedeutender als Papier-, Akkumulatoren und Zwiebackindustrie ist in der Hagener Industriegeschichte die über 130 Jahre währende Erzeugung von Stahl gewesen. Beispielhaft sind hier die
1982 stillgelegten Klöckner Werke Hagen, vor Ort bekannt als Hasper Hütte, zu nennen, wo an fünf
Hochöfen zeitweise über 7000 Menschen arbeiteten. Bedingt durch die hohe Dichte von Ansiedelungen
der Unternehmungen in der Stahl- und Eisenindustrie wurde Hagen seit den 1830er Jahren zu einem
bedeutendem Industriestandort im Ruhrgebiet. Hieraus erklärt sich auch der sprunghafte Anstieg der
Bevölkerung von 10.000 E im Jahre 1865 über 100.000 E (1928) bis hin zu einer über 200.000 Einwohner zählenden Großstadt in den frühen 1960er Jahren.
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Die Geschichte von Boele und Hagen
Noch heute gehört die ehemalige „Stahlstadt“ Hagen in der Bandstahlerzeugung zu den führenden
Standorten in Europa.
Am Niedergang der Schwerindustrie im Zuge der „Stahlkrise“ mit der Schließung der Hasper Hütte und
anderer großer Industrieniederlassungen leidet die Finanzkraft der Stadt Hagen allerdings noch heute.
Durch die Sanierung des ehemaligen Hüttengeländes und die Ausweitung neuer Gewerbeflächen im
Lennetal ist seit den 1970er Jahren Platz für die Ansiedlung von neuen Unternehmen geschaffen worden. Allerdings sind trotz Stahlkrise und Strukturwandel im Ruhrgebiets-Vergleich noch immer die meisten Metallfacharbeiter in Hagen (neben Gelsenkirchen) beschäftigt.
Literatur
Grundlegende Literatur zur Hagener Stadtgeschichte
• Ralf Blank / Stephanie Marra / Gerhard E. Sollbach: Hagen. Geschichte einer Großstadt und ihrer
Region, Essen: Klartext Verlag, 2008, ISBN 978-3-89861-893-9
• Walter K. B. Holz: Ein Jahrtausend Raum Hagen, Hagen 1947 (ohne ISBN)
Eine ausführliche Bibliographie zur Stadt- und Regionalgeschichte findet sich auf den Seiten des Historischen Centrums Hagen
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Zusammengestellt von Burckhard Voigt
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