Kleine Kindertagesstätte Sertürner Straße 3 37085 Göttingen

Transcription

Kleine Kindertagesstätte Sertürner Straße 3 37085 Göttingen
Kleine Kindertagesstätte
Sertürner Straße 3
37085 Göttingen
Inhalt
Die Kindertagestätte stellt sich vor
3
Geschichte der KiTa Sertürner Straße
4
Rahmenbedingungen
4
Räume und Ausstattung
4
Tagesablauf
5
Eingewöhnung
6
Freispiel
6
Rechte der Kinder
7
Regeln und Grenzen
8
Emmi Pikler
8
Bildungs- und Lerngeschichten nach Margaret Carr
10
Bildungsbereiche
11
Bildungsbereich Natur und Lebenswelt
12
Bildungsbereich Lebenspraktische Kompetenzen
13
Bildungsbereich Bewegung
13
Ästhetische Bildung/Musik
14
Bildungsbereich Sprache
15
Zusammenarbeit mit Eltern
15
Teamarbeit
16
Qualitätsentwicklung nach IQUE und unsere Handlungsziele
16
Kleine Kindertagesstätte
Sertürner Straße 3
37085 Göttingen
Tel.: 0551-4995859
Leiterin: Angela Bartram
www.kinderhaus-goettingen.de
Stand: Juni 2009
2
Die Kindertagestätte stellt sich vor
Die Kleine Kindertagesstätte Sertürner Straße, dessen Konzeption Sie in Händen halten,
gehört zum Kinderhaus e. V., der seit 1989 anerkannter Freier Träger der Jugendhilfe ist.
In der Stadt Göttingen und der Gemeinde Rosdorf hat der Kinderhaus e. V. zurzeit 27
Kindertagesstätten für Kinder vom Baby- bis zum Schulkindalter.
Ihre Aufgaben umfassen die Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern. Die
gesetzlichen
Grundlagen
für
diesen
Auftrag
bilden
das
Niedersächsische
Kindertagestättengesetz und das Kinder- und Jugendhilfegesetz. Seit Januar 2005 gibt es den
„Orientierungsplan für Bildung und Erziehung im Elementarbereich niedersächsischer
Tageseinrichtungen für Kinder“, dessen Inhalte die Erarbeitung der Konzeption mit geprägt
haben.
Kindertagesstätten sind die erste Bildungseinrichtung, die Kinder besuchen.
Alle Kinder haben ein Recht auf Bildung von Anfang an! Nie wieder lernen sie so VIEL und
so SCHNELL wie in ihren ersten Lebensjahren!
™ Kinder sammeln Wissen und Kenntnisse, testen ihre Handlungsfähigkeit aus und
erwerben Kompetenzen. Ihre Bildungsprozesse sind eigensinnig, individuell, viel sinnig
und aktiv.
™ Kinder erkunden die Welt wie Wissenschaftler: rastlos, neugierig, systematisch,
konzentriert und konsequent.
™ Kinder sind von Geburt an soziale Menschen und bereit zur Verständigung mit
Anderen. Sie sind auf soziale und emotionale Beziehungen angewiesen.
™ Kinder haben hundert und mehr Möglichkeiten sich auszudrücken und brauchen
Erwachsene, die verstehen, fragen, deuten, antworten und herausfordern können.
™ Kinder haben ihre eigene Zeit und ihre eigene Kultur.
™ Kinder streben danach ihre Erfahrungsschätze zu erweitern. Sie entwerfen Annahmen
und Phantasien über die Beschaffenheit der Welt und ihrer Beziehung zu ihr,
überprüfen diese beständig und entwickeln sie weiter.
In diesem Sinne gehört es zu den professionellen Aufgaben kindliche Bildungsprozesse zu
begleiten - sie zu beobachten und zu dokumentieren – eine qualitätsvolle Beziehung im
Dialog mit dem Kind zu pflegen, die achtsam und aufmerksam ist – vielfältige Möglichkeiten
zur Teilhabe und Mitbestimmung für Kinder zu schaffen – Räume so zu gestalten, dass sie
zum Forschen, Experimentieren, zur Kommunikation und Zusammenarbeit einladen und
Materialien vorzuhalten, die interessant sind und herausfordernd wirken.
Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, hat der Kinderhaus e. V. im April 2003 einen
Prozess der Qualitätsentwicklung begonnen mit der Frage, wie sich der Bildungsauftrag
unter qualitativen Gesichtspunkten beschreiben, weiter entwickeln und sichern lässt. Der
Sinn dieser systematischen Arbeit liegt darin „nachhaltige“ Veränderungen in der
pädagogischen Praxis zu bewirken mit dem Ziel Kinder optimal in ihren Bildungsprozessen
zu unterstützen und zu fördern.
Die Konzeption der Kleinen Kindertagestätte Sertürner Straße wird sich wandeln und weiter
entwickeln, denn „Am Anfang jeder Eroberung steht nicht das abstrakte Wissen – das
kommt normalerweise in dem Maße, wie es im Leben gebraucht wird – sondern die
Erfahrung, die Übung und die Arbeit“. (Celestine Freinet)
Kirsten Rickmann, Anne Gregl
3
Geschichte der KiTa Sertürner Straße
Vor vier Jahren haben sich Eltern mit kleinen Kindern zusammengeschlossen und ihren
Bedarf nach einer Krippe im Ostviertel bei der Stadt angemeldet. Auf ihr Bestreben wird
dann im Februar 2006 eine Kleine Kindertagesstätte in der Sertürner Straße eröffnet. In ihr
können 10 Kinder im Alter von 1 bis 3 Jahren betreut werden.
Die Kleine KiTa liegt in einer sehr ruhigen Straße in unmittelbarer Nähe zu den Schillerwiesen
und dem Hainholzwald.
Sie ist untergebracht in der ehemaligen Begegnungsstätte der Altenwohnanlage der
Städtischen Wohnungsbaugesellschaft.
Rahmenbedingungen
Die kleine Kindertagestätte Sertürner Straße ist von Montag bis Freitag in der Zeit von 8.00
Uhr bis 14.00 Uhr geöffnet. Die Gruppe umfasst 10 Kinder im Alter von 1 bis 3 Jahren, die
von einer fest angestellten Erzieherin und Zwei Freiwilligen im Sozialen Jahr betreut
werden. Des Weiteren stehen mehrere ausgebildete Vertretungskräfte zur Verfügung.
Die KiTa ist in der Regel drei Wochen im Sommer und zwischen Weihnachten und Neujahr
geschlossen.
Räume und Ausstattung
Die kleine KiTa besteht aus einem sehr großen, hellen Gruppenraum. Dieser ist aufgeteilt in
einen Essbereich mit Küche, einer Kreativecke mit unterschiedlichen Materialien, wie z.B.
verschiedene Arten von Papier, Pappen, Stifte, Scheren, Klebstoff und Farben zum Tuschen,
die den Kindern zur freien Verfügung stehen und einen Bereich mit Teppich und Hochebene.
Auf diesem gibt es verschiedene Möglichkeiten sich zu bewegen z.B. Bogenroller, ein Dreirad
und Schaumstoffelemente zum Springen, Bauen, und Klettern, sowie Nachziehtiere und
Duplosteine zum Bauen. Außerdem haben wir eine Lese – und Kuschelecke mit Kissen,
Tüchern, Decken und Matten sowie Kuscheltieren und Puppen und eine Kinderküche. Des
Weiteren besteht die Gruppe aus einem Flur, der auch zum Spielen benutzt wird, einem
Badezimmer für Erwachsene und einem für Kinder mit Wickeltisch, Kindertoilette und
Waschbecken in Kinderhöhe.
4
Tagesablauf
Unser Tagesablauf orientiert sich an den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Eltern. In der
Bring – und Abholzeit sowie nach dem Frühstück ist es uns besonders wichtig, den Kindern
möglichst viel Raum zum selber Ausprobieren zu geben und eigene Erfahrungen mit anderen
Kindern und sich selbst zu ermöglichen. Sie können frei entscheiden, ob sie an den
Angeboten teilnehmen möchten. Unsere Bring zeit ist von 8.00 Uhr bis 9.30 Uhr. Um 9.30
Uhr gibt es für alle Kinder ein gemeinsames Frühstück, das die Kinder von zu Hause
mitbringen. In der Zeit von 10.00 Uhr bis 12.00 Uhr sind wir draußen oder machen den
Kindern Angebote wie z.B. basteln oder Stuhlkreis an. Außerdem haben die Kinder Zeit zum
freien Spiel. Um 12.00 Uhr bekommen wir das Mittagessen von der Bio Küche Leinetal
geliefert. Ab 12.45 Uhr können die Kinder bis 14.00 Uhr abgeholt werden.
5
Eingewöhnung
In unserer KiTa ist uns eine behutsame und individuelle Eingewöhnung sehr wichtig, da viele
Kinder zum ersten Mal ihre Umgebung verlassen in der sie bis jetzt vertraute Menschen um
sich hatten und neue Erfahrungen und Eindrücke in einer für sie noch fremden neuen Welt
sammeln. Da dieser Übergang in eine neue Situation der erste für das Kind ist und mit ihm
viele prägende Einflüsse auf das Kind verbunden sind, ist es uns wichtig ihn möglichst
behutsam zu gestalten. Prägende Einflüsse auf das Kind sind z.B. wie es in der KiTa von uns
aufgenommen wird, wie die Eltern aufgenommen werden, welches Spielmaterial vorhanden
ist und wie der Raum gestaltet ist.
Um dies zu ermöglichen beginnt die Eingewöhnung mit einem ausführlichen
Aufnahmegespräch ein paar Wochen vor dem Start in der KiTa. In diesem ersten Gespräch
gehen wir mit den Eltern an Hand verschiedener Fragen die Lebenssituation des Kindes und
der Familie durch und können uns so auf jedes Kind individuell einstellen. In dem Gespräch
wird auch der Termin der Eingewöhnung festgelegt.
Am ersten Tag kommen die Eltern mit dem Kind um 10 Uhr nach dem Frühstück für ca. 2
Stunden. Wichtig ist uns, dass die Eltern in dieser Zeit das Kind aufmerksam beobachten, für
das Kind da sind und sich im Hintergrund halten, um uns die Möglichkeit zu geben mit dem
Kind in Kontakt zu kommen und dem Kind zu vermitteln: Ich bin da, beobachte dich und
helfe dir wenn du mich brauchst.
Nach dem ersten Tag besprechen wir mit den Eltern, ob am zweiten Tag schon eine
Ablösung von ca. einer halben bis einer Stunde erfolgen kann. Voraussetzung dafür ist, dass
sich das Kind von den Eltern löst, Kontakt zu uns und den anderen Kindern sucht und einen
sicheren Eindruck vermittelt.
Außerdem kann es wichtig sein, dem Kind gerade in der Anfangszeit einen Schnuller, ein
Lieblingskuscheltier, ein Tuch oder ähnliches mitzugeben. Diese für das Kind wichtigen Dinge
vermitteln ihm „ein Stück zu Hause“ mit dem gewohnten Geruch und der vertrauten Form
in einer neuen Welt.
Die Eingewöhnungszeit ist in der Regel nach ca. 14 Tagen abgeschlossen. Für uns wichtige
Zeichen sind, dass das Kind sich von uns trösten lässt, mit anderen Kindern in Kontakt tritt
und einen sicheren Eindruck vermittelt.
Freispiel
Das Freispiel nimmt in unserem Tagesablauf einen hohen Stellenwert ein, weil das Kind in
dieser Zeit seine Umwelt erkundet, Erfahrungen und Gefühle verarbeitet und Beziehungen
zu anderen gestaltet. Im Spiel setzt es sich handelnd auseinander und bildet verschiedene
Fähigkeiten wie z.B. Ausdauer, Phantasie, Rücksichtnahme und Konzentration aus. Alle Sinne
werden angeregt und gefördert und Probleme bewältigt.
Im Zusammenspiel mit anderen Kindern werden soziale Verhaltensweisen gefördert wie z.B.
Hilfe geben, Rücksichtnehmen, mit Enttäuschungen fertig werden und für andere Kinder
Verständnis entgegen bringen. Dies alles macht deutlich das Spiel Bildung ist.
6
Rechte der Kinder
Alle Kinder haben von Anfang an die gleichen Rechte und Möglichkeiten in unserer Gruppe.
Eines dieser Rechte ist am Anfang eine individuelle Eingewöhnung um jedem Kind einen
guten Start in die Gruppe zu ermöglichen.
Hierbei hilft den Kindern auch ein überschaubarer und regelmäßiger Tagesablauf um ihnen
Sicherheit durch wiederkehrende Rituale wie z.B. nach dem Frühstück Zähne zu putzen zu
ermöglichen.
Ein weiteres wichtiges Recht der Kinder ist die Beteiligung und Gestaltung des Alltags. Wir
beziehen die Kinder – altersgemäß – in die Planung für den Tag mit ein. Dies erfolgt im
Stuhlkreis oder bei Tischgesprächen während der Mahlzeit.
Außerdem haben die Kinder das Recht zu bestimmen ´wo spiele ich`, ´was spiele ich`, ´mit
wem spiele ich` und ´wie lange spiele ich` und natürlich können sich die Kinder ihre
Bezugsperson frei wählen und ihren Interessen nachgehen.
7
Regeln und Grenzen
Der Begriff „Regeln“ umfasst so grundverschiedene Dinge wie gegenseitige Vereinbarungen
und Absprachen einerseits und Anweisungen, Gebote und Verbote andererseits. Regeln
werden gebraucht, um das Zusammenleben von Menschen und Gestaltung von
Beziehungen zu regeln. Sinn und Ziel von Regeln ist es Orientierung zu schaffen und
Zuverlässigkeit und Sicherheit zu geben.
Regeln dürfen nicht mit Grenzen verwechselt werden.
Grenzen sind zum Schutz von Kindern notwendig. Die Aufsichtspflicht und
Verantwortlichkeit würde Kindern gegenüber vernachlässigt werden, würden ihnen keine
Grenzen gesetzt. Grenzen sind keine dauerhafte Angelegenheit, sie gelten für bestimmte
Konstellationen und Situationen wie z.B. das Alter der Kinder. Desto älter Kinder sind, desto
größer müssen die Grenzen werden. Deshalb ist es uns wichtig nicht zu enge oder zu weite
Grenzen zu setzen. Zu enge Grenzen zu setzen bedeutet den Kindern
Erfahrungsmöglichkeiten und Chancen zu nehmen. Keine oder zu wenig Grenzen zu setzen
bedeutet keine Orientierung zu geben. Ohne Grenzen sind Eigenständigkeit, Autonomie,
Selbstwertgefühl, emotionale und soziale Zugehörigkeit nicht aus zu leben. Fehlende
Grenzen verunsichern Kinder und machen sie haltlos. Grenzen setzen bedeutet also sich
gegenseitig in der Persönlichkeit zu achten.
Das bedeutet für uns mit jeder neuen KiTa Generation die Regeln neu auszuhandeln, da am
Anfang des KiTa Jahres die Kinder noch sehr klein sind und andere Regeln brauchen.
Wichtig bei diesem Aushandeln ist uns, die Kinder als gleichberechtigt wahrzunehmen und
ihnen Achtung, Respekt und Wertschätzung entgegenzubringen.
Emmi Pikler
Eine der wichtigsten Grundlagen unserer Pädagogischen Arbeit beruht auf den
Grundprinzipien von Emmi Pikler.
Emmi Pikler wurde 1902 in Ungarn geboren und studierte im Wien der 20ziger Jahre
Medizin. Dort erwarb sie ihre kinderärztliche Qualifikation. Im Jahr 1946 eröffnete sie in
Budapest in der L’oczy Strasse das gleichnamige Kinderheim für Säuglinge und Kleinkinder, in
dem Sie die praktische Arbeit, nämlich eine gesunde Entwicklung der Kinder zu ermöglichen,
mit der wissenschaftlichen Arbeit verband. Grundlage dieser Arbeit waren jahrelange
Beobachtungen von Säuglingen und Kleinkindern, bei denen Emmi Pikler drei wesentliche
Grundprinzipien aufstellte.
Das erste Grundprinzip ist die respektvolle Pflege.
Die Mehrzahl seiner sozialen Erfahrungen macht ein Kleinkind während der Pflege, wenn
es gefüttert, gebadet, gewickelt, an- und ausgezogen wird. Im L’oczy Kinderheim wird der
Pflegetätigkeit und dem was zwischen Kind und Erwachsenem geschieht, große
Aufmerksamkeit bei gemessen. Eine Grundlage hierfür ist, dass das Kind in dieser Zeit allein
mit der Erzieherin ist ihm und so die ungeteilte Aufmerksamkeit zuteil wird, die die Basis für
die gute Beziehung und Bindung bildet.
Natürlich geht es dabei auch um das Erlernen selbstständigen An- und ausziehen, des Essens,
des Hände Waschens und vieles mehr.
Das Kind lernt in dieser Zeit sowohl sich selbst als auch seine Bezugsperson kennen. Es wird
nicht als ein Objekt gesehen, sondern als ein aktiv teilnehmender Partner. Damit das Kind
aktiv werden kann, ist eine gute Beziehung Voraussetzung, die wiederum durch das
Mitwirken verstärkt wird.
8
Auf diese Beziehung ihre Art und Weise und die Haltung der Erzieherin, gehe ich zu einem
späteren Zeitpunkt noch einmal ein und komme jetzt zum zweiten Grundprinzip: Die
autonome Bewegungsentwicklung des Kindes.
Emmi Pikler beobachtete, dass Kinder, die sich frei bewegen können und ihren
Bewegungsbedürfnissen immer nach kommen können – ohne von Erwachsenen in
Haltungen gebracht zu werden die sie nicht von sich aus wieder verlassen können – , eine
viel größere Sicherheit haben. Ihre Muskeln entwickeln sich stärker, auch ihre Selbstsicherheit
und Standfestigkeit erreichen eine höhere Qualität.
Während das Kleinkind also verschiedene Positionen selbstständig und auf eigene
Verantwortung hin ausprobiert folgt es einer ganz besonderen Möglichkeit des Lernens, die
durch nichts anders zu ersetzen ist: Das Kind lernt nicht nur sitzen, stehen und gehen. Es
lernt vielmehr, die Wirkung seiner Handlungen zu beobachten, vorauszusehen was die
Folgen seiner Tätigkeit sind, sowie seine Handlungen, Kräfte und Bewegungen zweckmäßig
und ökonomisch einzusetzen.
Das Kleinkind lernt zu beobachten und zu handeln.
Es lernt zu lernen.
All das kann das Kind aber nur lernen, wenn die Beziehung zu Erwachsenen von Sicherheit,
Geborgenheit und Wärme geprägt ist.
Bevor ich zur Beziehung von Kind und Erwachsenem komme, möchte ich noch kurz auf das
dritte Grundprinzip des Freien Spiels eingehen.
Beim freien Spiel war es Emmi Pikler wichtig, dass, wenn Kinder gut versorgt sind, sie auch
zufrieden Spielen. Das heißt, es wird in erster Linie zugeschaut, das bedeutet, dass man nicht
nur sieht was das Kind tut, sondern auch, dass man entdeckt, was es in diesem Prozess lernt
und ob und welches Material Erwachsene bereit stellen sollten.
Je weniger wir also unterbrechen, je angemessener das Material ist, umso leichter
entwickeln Kinder eine lange Aufmerksamkeitsspanne.
Das heißt auch, dass wir abwarten, wann wir intervenieren, wenn das Kind unsere Hilfe
wirklich braucht. Erst wenn das Kind Signale an und sendet, wenn wir den Kindern dann
die Hilfestellung geben die sie wirklich brauchen, dann zeigen wir damit unser Vertrauen in
das Kind und seine Fähigkeiten.
Zu all diesen Grundprinzipien ist eine besondere Haltung der Erzieherin nötig, wenn nicht
sogar eine neue Sichtweise der Arbeit.
Das heißt übertragen auf unsere KiTa, dass wir in der Pflegesituation dem Kind die Handlung
erklären und auf Impulse des Kindes warten, um ihm so die nötige Zeit einräumen die es
braucht, viel Blickkontakt aufnehmen und das Kind am Ende aus der Situation wieder
entlassen.
Bei der freien Bewegungsentwicklung der Kinder in unserer Gruppe, nehmen wir uns weitest
gehend zurück und beobachten die Kinder in ihrer Handlung, wir sind aber natürlich zur
Stelle wenn ein Kind Signale an uns sendet das es unsere Hilfe benötigt. In erster Linie
trauen wir den Kindern aber zu, dass sie sich nicht in Situationen bringen, die sie alleine
nicht wieder verlassen können. Bei diesen Bewegungssituationen, z.B. Beim Hoch klettern
auf die Hochebene sind wir uns sehr bewusst, dass das Kind in diesem Moment so wichtige
Dinge lernt wie Konzentration, damit es nicht herunterfällt, Selbstvertrauen, ich werde das
schon schaffen da oben anzukommen, Koordination von Armen und Beinen, physikalisches
Grundverständnis von oben und unten aber auch so wichtige Dinge wie Gleichgewichtssinn,
sich absichern und die richtige Krafteinschätzung .
Auch in der Situation des Freien Spiels ist es uns in erster Linie wichtig die Kinder zu
beobachten und nicht zum spielen zu animieren, wahrzunehmen welches Spiel- und
9
Bewegungsmaterial sie benötigen und es des Kindern dann zur Verfügung zu stellen. Bei
Angeboten die wir in der Gruppe machen wie z.B. Tuschen, gestalten wir diese für die
Kinder offen, das heißt sie können daran teilnehmen, müssen aber nicht.
Wir stellen sozusagen uns und das Material bereit.
Zusammenfassend bleibt zu sagen das Emmi Pikler und ihre Art der Pädagogik lehrt, das
Kind als eigenständige Person liebevoll zu begleiten und ihm Zeit für seine selbst bestimmte
Entwicklung zu geben.
Bildungs- und Lerngeschichten nach Margaret Carr
Seit Januar 2005 beteiligen wir uns an dem Projekt „Bildungs- und Lerngeschichten“ des
Deutschen Jugendinstitutes.
Im Rahmen dieses Projektes werden Verfahren und Materialien entwickelt und verbreitet,
mit denen wir Selbstbildungsprozesse von Kindern beobachten, einschätzen und
dokumentieren können.
Das Ziel ist den Bildungsauftrag von Kindertagesstätten wirksam unterstützen und fördern zu
können.
Das Modell wurde Ende der 1990er Jahre von Margaret Carr in Neuseeland entwickelt:
Geschichten vom Lernen eines Kindes entstehen aus Beobachtungen seiner Aktivitäten in
alltäglichen Situationen. Die Kindertagesstätte wird dabei als eine „lernende Gemeinschaft“
verstanden.
Wenn Kinder lernen, benutzen sie ein Repertoire, mit dem sie Lerngelegenheiten
wahrnehmen, erkennen, auswählen, beantworten und selbst herstellen. Es hilft ihnen sich
neuen Anforderungen und Situationen zu widmen und daran teil zunehmen. Diese
Fähigkeiten nennt Carr „Lerndispositionen“. Sie haben entscheidenden Anteil daran, dass
Kinder positive Lernerfahrungen sammeln.
Wichtige Merkmale sind:
• Interessiert sein
• Engagiert sein
• Standhalten bei Herausforderungen und Schwierigkeiten
• Sich mitteilen, ausdrücken, sich mit Anderen austauschen
• An einer Lerngemeinschaft mitwirken, Verantwortung übernehmen
Die Arbeit mit Bildungs- und Lerngeschichten umfasst 4 Schritte:
• Beschreibung / Beobachtung von Interessen und Aktivitäten eines Kindes
und die Einschätzung der Lerndispositionen
• Diskussion der Geschichten im Team und der Austausch darüber mit Kindern und
Eltern
• Dokumentation dieser Geschichten und Gespräche darüber, ergänzt durch Arbeiten
und Kommentare der Kinder, Fotos, Filmszenen, Tonaufnahmen und Beiträge von
Eltern
•
Entscheidung darüber, welche individuelle weiter führende Unterstützung,
Herausforderung und Projekte sinnvoll sind und wie die Lernumgebung beschaffen
10
sein müsste, damit sich Themen, Interessen und Anliegen der Kinder lebendig
entfalten können.
Wir haben uns in der KiTa im Jahr 2007 das Handlungsziel „ Bildungs- und Lerngeschichten
nach Margret Carr“ gesteckt.
Nachdem wir schriftliche Beobachtungen der Kinder gemacht haben und lange an der Form
der Geschichte gefeilt haben um sie für die Kinder verständlich zu schreiben sind sie jetzt ein
fester Bestandteil der Gruppe geworden.
Jedes Kind wird von uns bevor es in den Kindergarten geht mindestens zwei- bis dreimal
beobachtet. Aus diesen Beobachtungen schreiben wir dann die individuelle Lerngeschichte
des Kindes. Diese lesen wir dem Kind vor und anschließend laden wir die Eltern ein um
gemeinsam mit ihrem Kind die Geschichte in der Gruppe zu hören.
Der individuelle Charakter der Bildungs- und Lerngeschichten ermöglicht uns die Interessen
jedes einzelnen Kindes zu berücksichtigen und es nach seinen Stärken und Fähigkeiten zu
fördern. Wir finden die Themen des Kindes heraus und können sie in unsere tägliche Arbeit
mit einbinden.
Bildungsbereiche
Die Bildungsbereiche sind angelehnt an den Niedersächsischen Orientierungsplan für Bildung
und Erziehung im Elementarbereich. Er ist die Grundlage für die Bildungsarbeit in unserer
KiTa.
Die im Folgenden beschriebenen Lernbereiche und Erfahrungsfelder umfassen die Vielfalt
und die unterschiedlichen Dimensionen des kindlichen Lernens.
Die Inhalte der einzelnen Lernbereiche werden dabei nicht nacheinander abgearbeitet,
sondern stets verknüpft.
Es geht dabei darum, den Kindern die selbstständige, handelnde Auseinandersetzung mit
ihrer Umwelt zu ermöglichen.
11
Bildungsbereich Natur und Lebenswelt
Die Begegnung mit der Natur in ihren verschiedenen Erscheinungsformen erweitert und
bereichert den Erfahrungsschatz der Kinder, deshalb sind uns Erkundungen im Umfeld
unserer Kindertagesstätte besonders wichtig.
Wir lassen die Kinder teilhaben an der realen Welt und bieten ihnen so die Chance zum
Erwerb von lebenspraktischen Kompetenzen z.B. das Überqueren der Straße, Bus fahren,
Einkaufen gehen oder auch das Anfassen und aufeinander Warten sowie Aufpassen beim
spazieren gehen.
Uns ist es wichtig, dass die Kinder Zeit zum experimentieren in der Natur z.B. im Wald oder
am Bach auf den Schillerwiesen haben und ihr Umfeld so erforschen können. Bei diesem
Erkunden mit natürlichen Materialien lernen die Kinder die Eigenschaften elementarer Dinge
wie Wasser oder Erde und die Einzigartigkeit natürlicher Formen kennen. Die Eindrücke, die
Kinder aus diesen Erfahrungen mitnehmen sind vielfältiger Art und sprechen die Sinne als
auch ihre Emotionen an.
Da wir an unserer Einrichtung kein Außengelände haben ist ein fester Bestandteil des Tages
bei fast jedem Wetter raus zu gehen. Wir besuchen die unterschiedlichen Plätze wie die
Schillerwiesen, den Wald oder auch die Stadt.
12
Bildungsbereich Lebenspraktische Kompetenzen
Ein wichtiger Erfahrungsbereich für Kinder in der KiTa ist das selbstständige Tun. Gerade
kleine Kinder haben große Lust am alltäglichen Hantieren. So geben wir den Kindern viel
Freiraum im Gruppenalltag um sich selbst auszuprobieren. Die Kinder helfen mit beim Tisch
decken und abräumen, ziehen sich soweit möglich selber an und aus, putzen Zähne oder
gehen auf die Toilette. Sie lernen hierbei oft voneinander und werden somit zu autonomen
Personen, die ihre Bedürfnisse erkennen, einfordern oder selbstständig befriedigen können.
Die somit erworbene Selbstständigkeit und die daraus resultierende Sicherheit alltägliche
lebenspraktische Herausforderungen – altersentsprechend- zu bewältigen ist eine wichtige
Voraussetzung für selbstständiges Lernen auch in anderen Bereichen und stärkt somit ihr
Selbstbewusstsein und –vertrauen.
Bildungsbereich Bewegung
Bewegung ist das Tor zum Leben, denn Kinder erschließen sich ihre Umwelt aktiv. Fühlen,
denken, handeln, wahrnehmen und sich bewegen sind eng miteinander verbunden und
beeinflussen sich gegenseitig.
Bewegung ist zum einen wichtig für die körperliche Entwicklung des Kindes, so wird der
Wachstumsreiz unterstützt und es findet ein Aufbau der Koordinationsfähigkeit statt.
Andererseits erfährt das Kind durch Bewegung auch sich und seine Umwelt.
In unserer KiTa schaffen wir vielfältige Bewegungsmöglichkeiten durch verschiedene
Fahrzeuge, Bewegungselemente aus Schaumstoff zum Klettern, Springen und Bauen, Bälle,
Treppen und Tunnel. Aber auch draußen können die Kinder verschiedene Bewegungen
ausprobieren z.B. einen Berg erklimmen, schaukeln, balancieren auf Baumstümpfen,
klettern, rennen, rutschen und vieles mehr. Die Kinder werden körperlich sicherer was ihr
Selbstbewusstsein stärkt. Sie lernen ihre körperlichen Fähigkeiten einzuschätzen; was sie
schon können und wo sie noch unsere Unterstützung brauchen.
13
Ästhetische Bildung/Musik
Ästhetische Bildung umfasst alle sinnlichen Erfahrungen und Wahrnehmungen, denn von
Beginn an nehmen Kinder zu ihrer Umwelt mit allen Sinnen Kontakt auf.
Darum ist es uns besonders wichtig den Kindern viele frei zugängliche Materialerfahrungen
zu ermöglichen.
So gibt es in unserem Gruppenraum eine Kreativecke mit den unterschiedlichsten
Materialien, die frei zugänglich sind wie z.B. Stifte, Papier, Scheren sowie Knete, Federn,
Stoff und Papierrollen in unterschiedlichen Größen. Andere Dinge wie z.B. Farbe und
Kleister geben wir auf Wunsch der Kinder raus, da besonders jüngere Kinder den Umgang
damit erst erlernen müssen. Außerdem bieten wir den Kindern regelmäßig die Möglichkeit
neue Erfahrungen zu sammeln z.B. durch Gips oder Ton.
Ein weiterer Bereich ist die Musik. So gibt es regelmäßig einen Stuhlkreis in dem wir singen
und die Kinder Toneigenschaften, Tempo, Klang, Bewegung und Sprache der Lieder erfahren
können.
Des Weiteren können die Kinder frei wählen welche Musik sie gerne hören möchten. Dabei
reicht unser Angebot von klassischer Musik über Jahreszeitenlieder bis hin zu bekannten
Kinderliedern.
14
Bildungsbereich Sprache
Sprechen lernen ist eine der wichtigsten Lernleistungen kleiner Kinder.
Das kleine Kind verfügt nach der Geburt nicht über eine ausgebildete Sprache, auch wenn es
von Beginn an auf Sprache hört. Es erwirbt seine nicht zufällig so genannte Muttersprache
im Kontakt und durch Kommunikation mit seinen ersten Bezugspersonen. Sprechen lernen
ist ein eigenaktiver, konstruktiver Prozess, in welchem das Kind auf gelungene Dialoge und
aktive sprachliche Anregung angewiesen ist. Dazu gehört auch der intensive Kontakt
zwischen Erzieherin und Kind und die Fähigkeit der Erzieherin mit Phantasie, Freude und
Geduld das Bedürfnis zum Sprechen im Kind zu wecken, in dem sie fragt und antworten
lässt, ihre Handlungen erklärt und die Kinder immer wieder zum erzählen anregt. Ähnlich
dem Erlernen anderer Fähigkeiten brauchen Kinder vielfältige Möglichkeiten im Alltag um
sprechen zu üben. In der Interaktion im Spiel üben Kinder:
unter welchen Bedingungen
in welcher Art und Weise und wem gegenüber
welches Verhalten in welcher Situation angemessen ist.
Sie erfahren, dass Sprache Ausdrucksmöglichkeit eigener Interessen, Bedürfnisse und
Feststellungen sein kann.
Daher ist es ein wichtiger Bildungsbereich in unserer KiTa den Kindern die Freude am
Sprechen z.B. durch Lieder, Reime, Bilderbuch vorlesen und Singspiele zu vermitteln.
Zusammenarbeit mit Eltern
15
Für die meisten Kinder ist es das erste Mal, dass sie für längere Zeit von zu Hause und den
Eltern getrennt sind. Da viele der Kinder sich noch nicht verbal äußern können, ist es uns
besonders wichtig, dass Eltern und wir von Anfang an gut miteinander kommunizieren.
Daher stehen für uns die Gespräche mit den Eltern an erster Stelle. Hierzu nutzen wir das
Aufnahmegespräch, Tür – und Angelgespräche, die Bildungs- und Lerngeschichten der Kinder
aber auch die regelmäßig stattfindenden Elternabende, die wir auch zu bestimmten Themen
wie den Bildungs- und Lerngeschichten und der Pädagogik von Emmi Pikler gestalten.
Natürlich können Eltern auch jeder Zeit nach vorheriger Absprache Gespräche über die
Entwicklung des Kindes mit uns führen.
Für einige andere Unternehmungen brauchen wir die Mithilfe der Eltern, z.B. bei Festen
oder Ausflügen können Eltern uns begleiten oder ihre Kinder vor Ort abholen.
Teamarbeit
Das Team der Kleinen Kindertagesstätte Sertürner Straße besteht aus einer fest angestellten
Erzieherin/ Leiterin und jeweils zwei Freiwilligen im Sozialen Jahr, die ab August für ein Jahr
in der Gruppe tätig sind.
Wir treffen uns regelmäßig einmal in der Woche um das pädagogische Handeln zu
reflektieren, uns über die Bildungs- und Lerngeschichten der Kinder auszutauschen oder um
Organisatorisches zu besprechen.
Weitere Aufgaben der Erzieherin sind die kontinuierliche Arbeit an der Qualitätsentwicklung.
Jedes Jahr erarbeiten wir ein neues Handlungsziel. Dazu gibt es regelmäßige Treffen mit der
Fachberatung des Kinderhaus e.V., Dienstbesprechungen im Kinderhaus e.V., Mitarbeit in
Arbeitsgemeinschaften und regelmäßig stattfindende Seminare des Kinderhaus e.V. Ein
weiterer Bestandteil der Arbeit ist die Anleitung der Freiwilligen im Sozialen Jahr. Da die
meisten direkt von der Schule in die Arbeitswelt starten, ist es gerade am Anfang wichtig,
ihnen die Pädagogischen Grundsätze unserer Arbeit zu vermitteln. Mit Hilfe von praktischen
Übungen wachsen wir so mit der Zeit zu einem Team zusammen.
Qualitätsentwicklung nach IQUE und unsere Handlungsziele
Die „Integrierte Qualitäts- und Personalentwicklung in Kindertagesstätten“ wurde im Zuge
einer Verwaltungsreform im Bezirk Reinickendorf in Berlin seit 1994 von Ulrike Ziesche und
Kolleginnen als Werkstattvorhaben entwickelt.
Qualitätsentwicklung meint: Beschreibung, Sicherung und Entwicklung der pädagogischen
Arbeit in Kindertagesstätten.
Personalentwicklung meint: Beteiligung, Qualifizierung und Entwicklung des Personals
IQUE geht von so genannten pädagogischen „Schlüsselsituationen“ aus, die Thema einer
Qualitätsentwicklung werden können, z.B. Konfliktbewältigung, Integration, SchlafEssenssituation – oder auch „Bildungsprozesse von Kindern“.
Schlüsselsituationen
sind
demnach
Situationen,
die
jedes
Kind
in
einer
Kindertageseinrichtung erlebt, unabhängig von ihrer Konzeption.
Erzieherinnen/Erzieher, Leiterinnen, Eltern und Trägervertreter des Kinderhaus e.V.
erarbeiteten gemeinsam im Jahr 2003 Leitsätze zum Thema „Bildungsprozesse von
Kindern“. Zu diesen Leitsätzen entwickeln wir dann jedes Jahr neue Handlungsziele. Dies
waren bisher die Einführung der Bildungs- und Lerngeschichten in die pädagogische Arbeit,
16
die Räume unserer KiTa neu zu gestalten und zurzeit die Einführung in die Portfolioarbeit
mit dem „Klax-Modell“.
17