Marinas im Revier der Unterweser

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Marinas im Revier der Unterweser
Dipl.-Ing. D. Arndt / Sachverständiger, 28355 Bremen
Marinas im Revier der Unterweser
1.
Beschreibung des Reviers
Das für die Sportschiffahrt interessante Revier der Unterweser besteht aus den Flußsystem der Weser mit ihren Nebenflüssen und (Bagger-)seen. Das Revier besteht im einzelnen aus
• der Weser vom Wieltsee, einer der Baggerseen südlich der Brücke der A1 BremenOsnabrück, bis Bremerhaven mit Weyhe-Dreye und dem niedersächsischen Umland
südlich Bremen, dann dem Flußlauf folgend Bremen-Hemelingen und BremenHabenhausen, rechts der Weser Bremen-Nord und dann weitere kleine Ortschaften
bis Bremerhaven, Bremerhaven selbst und links der Weser Lemwerder, Berne, Elsfleth, Brake, Rodenkirchen, Nordenham,
• links der Weser bei Hasenbüren in die Weser mündend die Ochtum mit Delmenhorst,
• links der Weser bei Elsfleth in die Weser mündend die Hunte mit Oldenburg,
• nördlich Brake die Schweiburg, ein Nebenarm der Weser mit Rodenkirchen,
• rechts der Weser in Vegesack in die Weser mündend die Lesum mit den nordbremischen Ortsteilen Burg, Lesum, St. Magnus und Grohn,
• als Ursprungsflüsse der Lesum die Wümme und die Hamme mit Ritterhude, Osterholz-Scharmbeck und Worpswede,
• rechts der Weser in Bremerhaven-Geestemünde in die Weser mündend die Geeste,
die flußaufwärts und über den Hadelner Kanal in die Elbe führt.
Nördlich Bremerhaven fährt man in das Seerevier der Mündungen der Jade, Weser und
Elbe mit den Tiefwasserwegen der Schiffahrt und mit den Wattfahrwassern, nach Westen zu den Häfen Butjadingens, der Jade, den ostfriesischen Inseln, nach Osten zu den
kleinen Häfen bis Cuxhaven und in die Elbe.
2.
Über die Art des Wassersports und seiner Boote
Die Vielfältigkeit und auch den Begrenzungen des Reviers, die Vorlieben und Ambitionen ihrer Eigner, dazu selbstverständlich die unterschiedlichen Dicken der Geldbeutel
spiegelt sich wider in dem bunten Mix der verschiedenen Bootstypen.
Eine große Fraktion bilden die Motorkajütboote, Yachten von bis zu etwa 20 m Länge, in
den Mehrheit 8-12 Meter lang, in allen üblichen Bauarten und Baumaterialien. Lokale
Besonderheiten oder Vorlieben gibt es nicht.
Wohl größer ist die bunte Schar der offenen Motorboote. Sie reicht vom kleinen russischen Aluminium-Anglerboot mit Außenbordmotor über alle Arten von Kunststoffbooten,
kleine Runabouts bis zu stark motorisierten Offshore Racern und einzelnen Edelstücken
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aus Mahagoni. Eine Besonderheit des Reviers sind Bauten von Sperrholz-Motorbooten
kleiner Werften und handwerklich begabter Privatleute.
Eine weitere große Gruppe ist die der Segelyachten aller Bauarten der Größen bis etwa
15 Meter Länge, mehrheitlich zwischen 8-12 Meter lang. Alle üblichen Typen und Bauarten des gegenwärtigen Markts sind zu finden. Lokale Vorlieben oder Besonderheiten
gibt es nicht. Der früher lebhafte Bau von Segelyachten dieser Größe
- berühmte Werftnamen sind Abeking & Rasmussen, Burmester, deDood - ist, wie anderswo auch, durch nicht wenige sehr schöne Boote aus Holz vertreten.
Weiterhin werden noch Jollen vieler Arten gesegelt, vornehmlich in Vereinen. Die große
Tradition des Jollenbaus aus Holz ist ausgestorben.
Vielfältig und bunt ist auch die Welt der Freunde von Kanus und Kajaks, die sich vornehmlich in Vereinen zusammengeschlossen haben.
Nicht zu vergessen ist der wachsende Wassersport oder die Vergnügungsschiffahrt auf
Traditionsschiffen wie „Großherzogin Elisabeth“, „Alexander von Humboldt“, die Kogge,
der Segellogger „BV 2“ und andere.
3.
Organisation des Wassersports
Der Wassersport am Revier der Unterweser ist, wie wohl überall in Deutschland organisiert in Vereinen, die wiederum, wie ihre Namen erkennen lassen, verschiedene
Schwerpunkte haben können: Segelvereine, Rudervereine aber auch allgemein Wassersportvereine oder Yachtclubs und Traditionsgesellschaften.
4.
Marinas, Vereinshäfen, und andere Liegeplatze
Das Zuhause oder die Stützpunkte der vielen Sportboote und mit ihrem Hobby der
Bootseigner, also die Heimathäfen der vielen großen und kleinen Boote lassen sich in
folgende Gruppen aufschlüsseln:
4.1.An vielen Orten verstreut liegen die alteingesessenen Vereine,
• zum großen Teil entstanden aus Paddelvereinen,
• mit angestammten Vereinsgeländen mit Gebäuden, Steganlagen, teilweise mit
eigenen Häfen,
• mit ihren typischen, parallel am Ufer liegenden Steganlagen, meist gelegen an
Nebenflüssen der Weser, wie zahlreich an der Lesum,
• an der Weser, in Bremerhaven aber auch in den alten Häfen mit eigenen kleinen
Häfen, auch in kleinen Marinas im Eigentum der Stadt oder Gemeinde. Beispiele
sind der Oberweser Segelverein, der SV Hansekogge, der SV Hemelingen, der
SV Blumenthal, der Weser Yacht Club Bremen, der Weser Yacht Bremerhaven
und andere.
4.2.Dann gibt es Gemeinschaften von Vereinen in öffentlichen Anlagen,
• Vereine, die - von ihren ehemaligen Liegeplätzen an der Weser durch Hafen- und
durch Flußbau zur Vertiefung des Fahrwassers „vertrieben“ - zusammengelegt
sind in Sportboothäfen wie Hasenbüren, Grohn, Großensiel,
• Vereine, deren Liegeplatze und Winterlager in Neuanlagen zusammengefaßt
sind, wie in den Anlagen an der Ochtum,
• die Stadthäfen wie in Vegesack oder im Innenhafen von Brake.
4.3.Viele Liegeplätze werden auch angeboten und genutzt in private Marinas,
• meist betrieben von Pächtern auf Eigentum der Länder oder Gemeinden, wie im
Sporthafen Wieltsee, der Marina Oberweser in Bremen Hemelingen, der Marina
Nordsee Yachting in Bremerhaven,
• in kleinerem Maßstab auch betrieben durch ihre Eigentümer von Ufergrundstükken und Steganlagen, die Plätze im Sommer und Winter vermieten.
4.4.
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5.
Aber auch fast alle kleinen Werften bieten traditionell Wasserliegeplätze und
Winterlager an, wie
etwas außerhalb des Reviers, die Werft Hooksiel,
die Bootswerft Winkler an der Lesum,
die Bootswerft Reiners an der Lesum,
die Bootswerft Murken an der Lesum,
die Yacht- und Bootswerft Meyer an der Lesum,
Hermann Claus am Torfgraben bei der Bremer Uni,
die Firmen Kamlade, Hilmer, Inselmann und andere der Organisation Boot Bremerhaven im Fischereihafen von Bremerhaven,
einige Betriebe in Cuxhaven,
und sicher noch weitere, die nicht vergessen sein sollen.
Besonderheiten der Liegeplätze am Wasser,
Die meisten Liegeplätze liegen unterhalb des Weserwehrs und der Schleuse und damit
im Tidengewässer unterhalb des Weserwehrs und der Schleuse. Das Revier ist zum
größten Teil Schiffahrtsstraße oder Binnenwasserstraße, mit den behördlichen Beschränkungen im Interesse der Berufsschiffahrt , aber auch mit Beschränkungen, die
Rücksicht auf die Natur oder die Gegebenheiten und Gefahren des Winters (Hochwasser, Eisgang) nehmen. So bestimmt die Wasserbehörde über Art, Umfang und Zeit der
Saison, setzt also die Termine des An-Land-Nehmens und Zu-Wasser-Lassens der
Steganlagen.
6.
Das Wetter und andere äußere Gegebenheiten
Das Wetter und die Wasserverhältnisse erlauben praktisch keinen Wassersport im
Winter, auch wegen der behördlichen Anordnungen, die Wasserliegeplätze, also den
größten Teil der Steganlagen an Land zu nehmen. In der Regel liegt geht also die überwiegende Mehrheit der Boote in das Winterlager, das in der Gesamtheit so wie die
Sommerliegeplätze geordnet ist. Ausnahme sind die Liegeplätze einiger Eigner auf
dem eigenen Grundstück, häufiger auch in Scheunen auf Bauernhöfen.
7.
Das besichtigte Beispiel, der Sportboothafen Grohn
Der Sportboothafen Grohn ist ein typischer gemeinsamer Hafen mehrerer Vereine, die
auf dem Grundstück und in unmittelbarer Nachbarschaft auch ihre Winterlager haben.
Charakteristisch sind
• die einzelnen, im Besitz der einzelnen Vereine befindlichen Steganlagen, mit separaten Zugängen von Land und mit ihren Bootsliegeplätzen an Haupt- und Nebenstegen,
• die allen, gegen Gebühr auch Fremden, zur Verfügung stehende Slipanlage mit 2
Bahnen, die eine mit Schienen und Lore für kleinere Boote die mit einem Kran auf
Trailer gesetzt werden können, die andere zur Nutzung mit bootseigenen Lagerwagen,
• der gemeinsame Kran zum Stellen und Legen der Masten,
• als Winterlagerplätze die wiederum vereinseigenen Schuppen und Freiplätze daneben und dazwischen, alle auf gemeinsamem Gelände.
Auch für diesen Hafen bestimmt die zuständige Wasserbehörde die Termine der
Wechsel zwischen Bootswinter und Bootssommer. Die Steganlagen sind im Winter an
Land zu nehmen. Einer der Gründe ist die Gefahr winterlicher Vereisung der Gewässer.
Wie andere Sporthäfen an Tidengewässern verschlickt auch der Sportboothafen Grohn.
Er muß periodisch ausgebaggert werden.
8.
Im Winterlager
In den meisten Vereinen des Reviers ist es üblich, daß jeder Bootseigner seinen eigenen Lagerwagen hat, meist individuell auf gebrauchte und ausgemusterte Anhängerchassis aufgebaut. Seltener sind Vereine mit Portalkran und festen, einheitlichen, Lagergestellen.
Je nach ihren Möglichkeiten bieten die Vereine, Marinas, Werften usw. Lagerung in
Hallen und - billiger - im Freilager, dort teilweise mit der Erlaubnis, die Masten der Segelboote stehen zu lassen.
In den Hallen schränkt Platzmangel neben den dicht stehenden Booten Arbeiten außen
an den Booten ein. Arbeiten in den Booten sind dagegen verbreitet üblich, denn Boote
bedürfen der dauernden Pflege.
9.
Schäden und Risiken
Aus meiner Sicht und Erfahrung, bezogen auf des besprochene Revier, stellen sich die
häufigsten Schäden und damit die typischen Risiken wie folgt vor:
9.1.
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Am häufigsten ist wohl den Einbruch-Diebstahl, allgemein unabhängig von Jahreszeiten, jedoch
im Winter und Frühjahr mit den charakteristischen Zeichen der Beschaffungskriminalität, oft kenntnisreicher Täter, die gezielt Ausrüstung mitnehmen, vom ZAntrieb bis zum Autoradio,
dazu über das ganze Jahr durch „Amateure“, die einpacken, was ihnen ins Auge
fällt,
Leider sind oft ist die Sachbeschädigung, mutwillig verursacht oder entstanden beim
Einbruch, größer als der Diebstahl.
9.2.
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Am folgenreichsten, teuersten sind sicher die Brandschäden, die die jahreszeitlichen Besonderheiten haben, daß
Im Winter durch in Hallen eng zusammen liegende Boote der einzelne Brand
umfangreicher und folgenreicher als
im Sommer, in dem typischerweise nur einzelne Boote betroffen sind, allerdings
häufig mit „Randschäden“ an Nachbarbooten,
daß im Frühjahr sich Brände durch marode Elektrik in - noch - feuchten Booten zu
häufen scheinen.
Ursachen sind, nach Schadenhöhe gestaffelt, Brandlegung, elektrisch gezündete
Brände durch schadhafte Elektro-Installation, nicht selten der provisorischen zur
Heizung und Beleuchtung im Winter, allgemein marode Elektrik in Verbindung mit
ungesicherten Stromkreisen an reichlich Batteriekapazität, Verschiedene nicht
klare Ursachen. Hier sind die Ursachen, vor allem bei Einzelbränden, nicht selten
nicht exakt aufzuklären, weil ab einer bestimmten Brandintensität kaum etwas
vom betreffenden Boot übrig bleibt. Denn der Anteil brennbaren Materials in und
an Booten ist hoch.
Allgemein hat sich für das Winterlager durchgesetzt, daß mindestens ein Handfeuerlöscher an jedem Boot hängt und daß in den Hallen Rauchverbot herrscht. Diese Maßnahmen können allerdings die Brandlegungen nicht verhindern und deren
Folgen nicht mindern. Bei den großen Bränden der letzten Zeit in den Winterlagern hier sind die Täter stets gewaltsam in die Hallen gelangt.
9.3.
Auf dem Weg in das Winterlager oder aus dem Winterlager kommen immer wieder Schäden durch mißlungenes Slippen vor, durch Seilriß, gelöste Schäkel oder
ähnliche Ursachen, durch nicht auf ihren Slipwagen ausreichend gesicherte
Boote, durch unzureichende Slipwagen. Typisch ist das schadenträchtige Umschlagen von Drehkranzlenkungen.
9.4.
Nicht selten, dabei häufig folgenreich und teuer ist Umstürzen von Yachten im
Winterlager, dabei oft im Sturm durch zu kleine Basis des Bootslagers, durch
schlechte Pallen, provisorische Böcke, dadurch, daß sich Abstützungen in weichen Boden einarbeiten konnten, indirekt nicht selten, weil ausreichend häufige
und gründliche Kontrollen im Laufe des Winters oder aktuell bei Sturm einfach
unterblieben.
Aber auch verunglückte Manöver an Land, auch Kollisionen beim Verholen und ungeeignete Transportmittel sind die Ursache, daß Boote umstürzen.
Als Maßnahme gegen diese Art Schäden haben einige Vereine die Kontrolle und Prüfung aller Slip- und Lagerwagen durch mich oder Kollegen durchführen lassen. Ich
für meinen Teil habe die gefundenen Mängel und die zu treffenden Maßnahmen
erklärt. Der Verein hat die entsprechenden Maßnahmen zu Zufriedenheit aller
Beteiligten durchgesetzt.
9.5.
Unter den diversen Schadenursachen, an Land und zu Wasser, kommen leider
immer wieder Beschädigungen durch Farbnebel oder Stahlpartikel vor, die teuer
sind und dazu den Frieden im Verein stören.
10.
Reparaturmöglichkeiten
10.1. Der klassische Reparaturplatz ist die kleine, traditionelle Bootswerft und ähnlich
strukturierte Firmen, die jedoch (im Gegensatz zu den Werften) nicht am Wasser
liegen. Beide Betriebsformen sind
• verschieden ausgerüstet sind, sind oft für bestimmte Arbeiten spezialisiert,
• vergeben spezielle Aufgaben, die neben ihrem eigenen Kerngeschäft liegen, im
Unterauftrag an Spezialisten wie Motorenfachbetriebe, Elektriker, Elektronik,
GFK-Spezialisten.
10.2. Verbreitet sind die Händler-Werkstätten, also die Spezialunternehmen oder Spezialabteilungen größerer Unternehmen, vor allem im Bereich der Bootsmotoren,
mit Einschränkungen aber auch mit Schwerpunkt Bordelektrik und Elektronik.
10.3. Weiterhin gibt es kleine Unternehmen, auch "Einzelkämpfer", die gern als Spezialisten, etwa für Kunststoffarbeiten oder für Holzbootsbau, überwiegend "ambulant", also an Bord in den Häfen oder auf den Werften, beauftragt werden.
10.4. Die großen und berühmten Bootswerften, deren Kundschaft weltweit aber kaum
an der Unterweser ihren wassersportlichen Neigungen nachgeht, werden nur in
Ausnahmefällen für die Reparatur eines Bootes des Reviers der Unterweser in
Anspruch genommen.