- Stadtkino Wien

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- Stadtkino Wien
Das Kommunale Kino Wiens, Schwarzenbergplatz 7-8, 1030 WienAugust / September 12 | #505
Leos Carax, „Holy Motors“, ab 31. August 2012 im Stadtkino und im Filmhaus Kino
Ulrich Seidl, „Paradies: Glaube“, bei den Filmfestspielen Venedig
Jede Woche FALTER Kino-Dienstag, im Filmhaus Kino am Spittelberg
Irre, komisch,
klug und wunderschön
Er gilt als radikaler Filmemacher. Mit „Holy Motors“ hat Leos Carax seine Kunst zum Äußersten
getrieben und einen irren, halluzinogenen Film von großer Weisheit geschaffen. Wenke Husmann
U
nd wenn alles um mich herum allein für mich inszeniert
wurde? Wenn ich der Einzige bin, der wirklich existiert,
und die anderen nur ihren Dienst tun, solange ich anwesend bin? Irgendwann, kurz nachdem man gelernt hat, ein bisschen weiter zu denken, aber noch größenwahnsinnig genug ist,
eine solche Inszenierung für möglich zu halten, streift einen dieser
Gedanke und lässt einen erschaudern. Der französische Regisseur
Leos Carax (Die Liebenden von Pont-Neuf, Pola X) hat ihn nun in
einen Film verwandelt: irre, komisch, klug und wunderschön.
Holy Motors heißt er und zitiert damit die riesigen Leuchtbuchstaben über dem Parkhaus, in dem nachts die Stretchlimousinen
auf den kommenden Morgen warten. In der Dämmerung kommen die Chauffeure und fahren sie zu... tja, zu wem fahren sie
eigentlich?
Zu Monsieur Oscar, sollte man meinen. Kurz nach Sonnenaufgang verlässt er sein Anwesen, ein einflussreicher Mann, vermutlich Bankier. Ein kleines Kind winkt ihm nach, „Viel Erfolg“ ruft
es. Dann steigt der Mann in die Limousine, die bereits auf ihn
wartet. Céline, die Fahrerin (Édith Scob), öffnet ihm die Tür und
gibt durch, dass heute neun Termine anstehen. Die Akte für den
ersten liegt schon auf den Lederpolstern bereit. Monsieur Oscar
sieht sie kurz durch und beginnt dann, eine graue Langhaarperücke zu bürsten. Zu seinem ersten „Termin“ wird er als Bettlerin
erscheinen.
Leos Carax verfilmt zwar eine zutiefst verstörende Idee, verleiht
ihr aber so viel Poesie und Humor, dass man sich gern auf das
Experiment einlässt. Bis zum Ende seines Arbeitstages tief in der
Nacht werden wir diesen Monsieur Oscar begleiten und dabei
sein, wie er all seine Aufträge abarbeitet.
Nach der Bettlerin wird er zum Tänzer in einem Motion Capture Studio, wo er eine Sexszene für einen Fantasy-Videoclip
aufnimmt. Danach schminkt er sich in der Limousine zum MonFortsetzung auf Seite 2 »
Inhalt
„Kein Filmemacher“
Ein rares Interview mit Leos Carax
aus dem Jahr 2004.
3
Paradies in Venedig
Ulrich Seidl über den
zweiten Teil seiner Filmtrilogie.
5
Kino-Dienstage
Filme von Agnes Varda
und Michael Palm. Zulassungsnummer GZ 02Z031555
Verlagspostamt 1150 Wien / P.b.b.
6
02
Leos Carax, „Holy Motors“
StadtkinoZeitung
» Fortsetzung von Seite 1
ster um. Das ist Carax‘ erklärte Lieblingsfigur.
Er nennt sie „Monsieur Merde“ und schickt
sie über einen Friedhof zu einem lächerlichen
Mode-Shooting. Eva Mendes spielt die Schöne.
Das Biest alias Monsieur Oscar schleppt sie in
die Kanalisation von Paris.
Danach holt er seine Tochter ab.
Unglaublicherweise schafft es Carax, diesen
halluzinatorischen Plot zusammenzuhalten. Da
ist Céline, die treue Chauffeurin, die Limousine
selbst, die – wie sich zeigen wird – durchaus als
weitere Figur in Betracht kommt. Einmal wird
eine „Agentur“ erwähnt. Sie regelt offensichtlich
die „Termine“. Alles andere jedoch – vor allem
die große Frage: Warum? – wird nicht erklärt.
Diese Welt des Leos Carax ist hinzunehmen.
Die Sterblichkeit ist auf
der Strecke geblieben
Das Einzige, was uns sicher erscheint, ist die Figur des Monsieur Oscar. Denis Lavant spielt ihn
und verleiht dieser unwahrscheinlichen Figur
Echtheit. Sein athletischer Körper scheint der
eines Jahrmarkt-Artisten zu sein – was könnte
besser passen.
Nach einem seiner Aufträge wartet im Auto
ein Mann: Michel Piccoli. Ein Auftraggeber?
Ein Kollege? Auf die Frage Monsieur Oscars, ob
sie denn nicht alle paranoid werden, antwortet
er: „Sind Sie das nicht schon? Ich ja, sehr. Ich
war zum Beispiel immer davon überzeugt, dass
ich eines Tages sterben würde.“
Das ist in der parallelen Wirklichkeit von Holy
Motors offensichtlich nicht mehr möglich. Die
Sterblichkeit ist auf der Strecke geblieben, irgendwo zwischen den vielen bruchstückhaft
gelebten Leben. Einmal wird Monsieur Oscar
ermordet. Es ist eine Schlüsselszene.
Monsieur Oscar hat sich zum Auftragskiller
hergerichtet: Glatze, Schnauzer, dicke Halskette. Sein Opfer trägt dicke schwarze Haare, einen Vollbart und Brille. Es ist er selbst: Monsieur
Oscar in einer weiteren Rolle. Nur noch kurz
streift einen zu diesem Zeitpunkt der Gedanke, dass hier ein Widerspruch zum Zeit-RaumGefüge vorliegt. Fasziniert folgt man der Vorstellung, dass es genau so ist.
Monsieur Oscar mit Glatze ersticht also Monsieur Oscar mit Vollbart und macht ihn dann zurecht: Er schert ihm eine Glatze, rasiert den Bart
zum Schnauzer, legt ihm die eigene dicke Halskette um. Da erwacht der Totgeglaubte wieder.
Monsieur Oscar bringt noch einmal Monsieur
Oscar um und kehrt dann sterbend zum Auto
zurück. Céline kann ihn nur unter größten Anstrengungen hineinhieven.
Drinnen warten die Abschminkpaste und die
Unterlagen für den nächsten Auftrag.
Holy Motors ist voller Momente großer Verstörung. Und irgendwann bekommt man den
dringenden Eindruck, dass sich dieser Monsieur
Oscar nach nichts mehr sehnt, als nach einem
Ich, das ihm ganz allein gehört. „Who were we“,
singt Kylie Minogue in einer der zartesten Szenen für ihn.
Wie gesagt: Leos Carax‘ Holy Motors ist ebenso
irre wie weise. Oder in den Worten von Monsieur Merde: „Aglouglia! Alk tsuet tsuet kerotût
xeuhhi-vi aass!“
•
Dieser Text erschien in der deutschen Wochenzeitung
„DIE ZEIT“.
Leos Carax
Holy Motors (Frankreich 2012)
Regie und Drehbuch Leos Carax
Darsteller Denis Lavant, Edith Scob,
Eva Mendes, Kylie Minogue, Michel Piccoli,
Élise Lhommeau
Kamera Caroline Champetier
Schnitt Nelly Quettier
Musik Neil Hannon
Ton Erwan Kerzanet
Produktion Pierre Grise Productions
Verleih StadtkinoFilmverleih
Länge 115 Min.
Technik DCP / 35mm / Farbe / 1:1.85
Auszeichnungen Prix de la jeunesse - Cannes
Film Festival, 2012; Ehrenleopard für Leos
Carax - Locarno, 2012
Ab 31. August 2012 im Stadtkino (OmU)
und im Filmhaus Kino (DF)
Meisterwerk mit (siehe unten) Liebenden über der Pont Neuf: „Holy Motors“ von Leos Carax.
Leos Carax, „Holy Motors“
StadtkinoZeitung
03
„Einer, der ein paar Filme gemacht hat“
2005 wurde Leos Carax eine Viennale-Retrospektive gewidmet, „Holy Motors“
war noch nicht in Sicht: Ein Neuabdruck eines seiner raren Interviews. CLAUS PHILIPP
I
ch bin eigentlich kein Filmemacher“, wird
er irgendwann sagen. „Ich bin bestenfalls
einer, der in seinem Leben ein paar Filme
gemacht hat.“ Oder, später: „Es war nicht gut,
dass ich so wenige Filme gemacht habe.“ Wenn
Léos Carax sich dann zurücklehnt und dem
Rauch seiner Zigarette hinterher sinnt, scheint
sich das Bedauern aber in Grenzen zu halten.
Und dann wieder Sätze wie: „Ich kann keine
Filme ohne weibliche Hauptfiguren drehen.“
„Ich muss mindestens fünf Jahre an einem Ort
leben, um dort Filme machen zu können.“
„Wien? Damit verbinde ich kaum etwas.
Schnitzler habe ich viel gelesen. Seine Novelle „Sterben“ – die könnte ich mir als Vorlage
vorstellen, für einen Film, den sicher wieder
keiner sehen will.“
Bei einer Begegnung mit Carax kommt
einem schnell der Slogan „Schluss mit lustig“
in den Sinn. Was würde einen besser darauf
vorbereiten als die drei Kurz- und vier Langfilme, die das einstige Wunderkind des französischen Autorenkinos seit 1977 (damals war
Carax gerade 17) geschaffen hat – in zunehmend größeren Zeitabständen.
Andererseits: Soll man sein Leben mit Bullshit
verschwenden?“
Auch die Arbeit an seinem jüngsten, in
Amerika angesiedelten Projekt Scars (Narben)
ist von dieser Einstellung beflügelt und belastet zugleich. Der Film, der ausgehend von
einem Verbrechen Bilder der USA – „sie sind
Fiktion; wie eine Geschichte ohne Erzähler“
– befragen soll, benötigt in den Kalkulationen
der Produzenten unbedingt einen Star in der
Hauptrolle. Seit zwei Jahren ist Carax auf der
Suche: „Bis heute habe ich keine Frau und
erst recht keinen Star gefunden, die für diese
Rolle wirklich perfekt wäre. Gut möglich, dass
ich Scars nie drehen werde. Dann überlege ich
aber ernsthaft, das Filmemachen bleiben zu
lassen.“
„Schon mit 13
wollte ich mich
völlig zurückziehen.“
„Soll man sein
Leben mit Bullshit
verschwenden?“
Auf die ersten genialen Würfe Boy meets Girl
(1981) und Mauvais sang (1986), hinreißend
düstere, rebellisch-vitale Romanzen, folgte
1991 bereits „die Hölle“ – der dreijährige
Dreh zu Les Amants du Pont-Neuf, einer in jeder Hinsicht beispiellosen Produktion rund
um seine damalige Lebensgefährtin Juliette Binoche, Denis Lavant und Klaus Michael Grüber, für die der berühmte Pariser Pont-Neuf
samt Umfeld nachgebaut wurde, worauf Carax
den ohnehin ungewöhnlich großen Budgetrahmen mit nicht enden wollenden Drehs bis
zum Beinahe-Zusammenbruch ausreizte. „Ja,
natürlich, Zeit ist Geld“, sagt er heute. Was er
nicht sagt: Zeit ist natürlich auch Leben. Und
auf der Suche nach diesem Leben und „Erfahrungen“ wurde er fast notgedrungen zum
Enfant terrible für Produzenten.
Ein großer Einzelgänger des Kinos: Leos Carax.
Nicht selten wird der Kampf um den PontNeuf als Carax‘ Moby Dick bezeichnet. Und vor
diesem Hintergrund war es fast schon ironisch,
dass er acht Jahre später tatsächlich die Adaption
eines anderen (legendär gefloppten) Romans
von Herman Melville, Pierre oder Die Doppeldeutigkeiten fertig stellte: Pola X, nur lose mit dem
Original verbunden und doch von höchster
Kenntnis desselben kündend, provozierte viele
französische Kritiker zu Hasstiraden.
Keine Kompromisse
Der Film floppte wie einst Melvilles Buch.
Mittlerweile gilt er als zentrales Werk der
jüngeren Kinogeschichte, wofür man schöne Belege finden kann, etwa wenn man be-
denkt, dass ihn Jacques Rivette im Rahmen
einer ihm gewidmeten Viennale-Retrospektive unbedingt gezeigt sehen wollte. Carax
nimmt das, wenn man es ihm erzählt, ähnlich
ungerührt zur Kenntnis, wie er sich seine
Konzentration auf jeden Film, den er jeweils
ohne Kompromisse realisiert, nicht ausreden
lässt.
„Es ist relativ leicht, so etwas wie eine Sehnsucht nach einem Projekt zu entwickeln, und
dieser Sehnsucht ein paar Monate lang freien
Lauf zu lassen. Aber da muss mehr sein: Ein Bedürfnis. Jeder der Filme, die ich gemacht habe,
hat mein Leben völlig durchdrungen, so wie
die jeweilige Beziehung zur jeweiligen Hauptdarstellerin. Sicher war das nicht immer gut.
AUN der Anfang und das Ende aller Dinge
Le Havre
ein film von
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Edgar Honetschläger
DVDEdition
Und, was verbindet der vielfach (Selbst-)
Verwundete mit Narben? „Das sind wohl
die Spuren von guten und schlechten Erfahrungen. Sie sind keine Tattoos, kein Piercing,
kein Schmuck, den man vor sich herträgt. Man
muss einfach mit ihnen leben.“
Noch einmal wird später Herman Melville
zum Thema unseres Gesprächs: Ob dessen legendärer Bürodiener und Verweigerer Bartleby
mit seinem insinuierenden „I‘d rather not ...“
als mögliches Vorbild dienen könnte? „Das ist
ein faszinierender Charakter, gewiss. Aber sehr
kafkaesk. Meine Verweigerung immer ein wenig schlichter: ‚I won‘t‘ – ich werde das und
das nicht tun. Schon mit 13 wollte ich mich
völlig zurückziehen. Später habe ich dann einfach meinen Namen geändert“ – von Alex
Oscar auf Léos Carax – „einfach um meiner
Familie zu signalisieren: Ich werde nicht zu
euch gehören.“
Ist dieses „I won‘t“ heute immer noch so bestimmend? „Schwer zu sagen. Vielleicht wird
man ja mit zunehmendem Alter weniger radikal.“ Aber das wäre wahrscheinlich eine etwas
blöde Hoffnung.
•
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Thursday 27/09, 20.30
Sibylle Dahrendorf‘s Crackle of Time
Christoph Schlingensief and his Opera Village in Burkina Faso
Film premiére & introduction to the work of Christoph Schlingensief
With Hans Abbing (NL), Milan Adamčiak (SK), Ulf Aminde (D), Zdenka Badovinac (SLO), Anette Baldauf (A), Katherine Ball (USA), Ellen Blumenstein / Haben und Brauchen (D), Center for Political Beauty (D), Chto Delat (RUS), Critical Practice (GB),
Annie Dorsen (USA), Marcelo Expósito (AR), Eleonora Fabião (BR), Dirk Fleischmann (ROK/D), Free Slow University Warsaw (PL), Isabelle Fremeaux (F), Ganzeer (ET), Federico Geller (AR), The HairCut Before The Party (GB), Paul Harfleet (GB),
Stefan Hertmans (B), Khaled Hourani (PS), Iconoclasistas (AR), Janez Janša (SLO), Khaled Jarrar (PS), Anna Jermolaewa (A/RUS), John Jordan (GB/F), The Laboratory of Insurrectionary Imagination (GB), Joana Mazza / Observatório de Favelas (BR),
Jeudi Noir (F), Jisun Kim (ROK), André Lepecki (USA/BR), Oliver Marchart (A), Antanas Mockus (CO), Mao Mollona (GB), Chantal Mouffe (GB/B), Michal Murin (SK), Giuila Palladini (I), Claus Philipp (A), The Piracy Project (GB), Srđa Popović /
CANVAS (SRB), Precarious Workers Brigade (GB), Public Movement (IL), Radio Helsinki (A), raumlaborberlin (D), Gerald Raunig (A), Oliver Ressler (A), Reverend Billy (USA), Richard Reynolds (GB), Irit Rogoff (GB), Florian Schneider (D),
Gregory Sholette (USA), Kevin Smith / Platform (GB), Laila Soliman (ET), Jonas Staal (NL), Kuba Szreder (PL), Teatr.doc (RUS), Theater im Bahnhof (A), Bert Theis (I/L), the vacuum cleaner (GB), Voina (RUS), WAGE (USA), Joanna Warsza (PL),
Wochenklausur (A), Stephen Wright (CAN), Salam Yousry (ET), Stephen Zepke (A/NZ), Michael Zinganel (A) et al.
Truth is concrete #16 by Nenad Duda Petrović, freelance graphic designer from Belgrade, Serbia. He is best known for his involvement in the Serbian OTPOR! (Resistance!) Movement against Slobodan Milosevic, for which he created the well known and
often copied symbol of a fist.
StadtkinoZeitung
Ulrich Seidl mit „PARADIES: Glaube“ in Venedig
05
Die Schönheit des Ungeschönten
Nachdem Ulrich Seidl mit „PARADIES: Liebe“ im Wettbewerb der Filmfestspiele in Cannes begeisterte,
fährt er jetzt mit dem zweiten Teil seiner Trilogie, „PARADIES: Glaube“, nach Venedig. CLAUS PHILIPP
„PARADIES: Glaube“ - das ist nicht zuletzt
ein Film über religiösen Fanatismus.Wie sind Sie
auf diese Geschichte einer „Wandermuttergottes“
gekommen?
Im Zuge meiner Arbeit an Jesus, du weißt
(2003), einem Film über die Intimität mit
Gott, haben wir entdeckt, dass in Österreich (und sicherlich auch in Deutschland und
anderswo) tausende sogenannte Wandermuttergottes-Statuen kursieren. Sie werden
von gläubigen Katholiken, vor allem aber
von Frauen, ausgetragen und in Haushalte
und Häuser hineingetragen. Wer eine solche
Muttergottes annimmt, erwartet sich von ihr
heilbringende Wirkung für seine körperlichen
und seelischen Nöte. Abgesehen davon, dass
dies eine tolle Geschichte für einen Film ist,
waren die Hausbesuche ideal, „kleine Geschichten“ innerhalb einer großen Geschichte
zu erzählen, eine Filmstruktur, die ich seit
meinem ersten Kinofilm Good News angewendet habe.
Die Protagonistin des Films ist die Schwester der
Sextouristin aus dem ersten Teil der Trilogie - unterschiedlicher können zwei Frauen schwerlich sein.
Was darf man sich da an gemeinsamer Familiengeschichte vorstellen?
Die beiden Schwestern, beide Frauen über
die Fünfzig, haben ein ähnliches Problem.
Sie sind enttäuscht von der Liebe, sie sind
enttäuscht von Männern, sie sind sexuell
frustriert und haben große Sehnsucht in sich.
Aber jede geht damit auf andere Weise um:
die eine versucht in Kenia die (fleischliche)
Liebe zu finden, die andere sucht in der geistigen Liebe zu Jesus ihr Glück, den sie aber
letztendlich auch wie einen irdischen Mann
begehrt.
Maria Hofstätter, die Hauptdarstellerin von
„PARADIES: Glaube“, hat mit Ihnen schon
bei „Hundstage“ zusammen gearbeitet. Hat sich
über die Jahre hinweg etwas an der gemeinsamen
Arbeitsmethode geändert?
Zwischen Maria Hofstätter und mir besteht
ein jahrzehntelanges Vertrauensverhältnis
und – was die Arbeit betrifft - sind wir beide
unverbesserliche Perfektionisten. Unsere
Arbeitsmethode richtet sich immer nach den
Aufgaben und Intentionen, die wir uns für
die Rolle vorgenommen haben. Im Falle der
„Wandermuttergottes“ war dies für Maria
mitunter ein Leidensweg. Sie wusste von
Anfang an, dass es für sie sehr schwierig sein
würde, diese „religiöse Figur“ zu verinnerlichen und anzunehmen, gerade auch deswegen, weil sie streng religiös erzogen wurde
und diese Religion ihr mitunter seelischen
Schaden zugefügt hat.
Wie verlief die Recherche von Wohnungen und
Lebenswelten für diesen Film?
Wir haben uns eine Wandermuttergottesstatue - was in diesem Fall eine „Rosa Mystica“
sein musste - gekauft, und sind von Haus
zu Haus und von Tür zu Tür gegangen.
Wir haben angeklopft und versucht das zu
machen, was wir bei unseren Recherchen
mit „echten“ Wandermuttergottesausträgerinnen gesehen und kennengelernt haben.
Wir haben mit den Menschen gebetet, haben
sie ausgefragt und versucht sie vom Glauben
zu überzeugen.
Was hat sich vom Script her über die Dreharbeiten
und den Schnitt hinweg an der Geschichte geändert?
An der Grundkonstellation der Geschichte
hat sich nichts geändert, aber an der Gewichtung der einzelnen Handlungsebenen. So
sind zum Beispiel Szenen von Hausbesuchen
mit der Wandermuttergottes zu Gunsten
von Szenen, die den Konflikt zwischen den
Eheleuten beschreiben, zurückgetreten. Das
Zusammenspiel zwischen Maria Hofstätter
und ihrem Mann Nabil Saleh in Verbindung
Maria Hofstätter in Ulrich Seidls „PARADIES: Glaube“.
mit dem Schauplatz eröffnete mir beim Dreh
Möglichkeiten, die wir beim Schreiben so
noch nicht gesehen hatten.
Spätestens seit „Hundstage“ ist Ihre Methode,
ausgebildete Schauspieler mit Laien zusammenzuführen, viel diskutiert. In „PARADIES: Glaube“
erreicht dies, könnte man sagen, einen Extrempunkt, wenn Maria Hofstätters Ehemann von dem
Laien Nabil Saleh verkörpert wird.Wo haben Sie
diesen Mann mit seiner wirklich ungeheuerlichen
Präsenz und Stimme entdeckt?
Bei der Suche nach der Besetzung hatten wir
große Befürchtungen, dass wir überhaupt
jemanden Geeigneten finden würden. Die
Anforderungen waren sehr vielfältig: Wir
wollten einen Mann um die Fünfzig mit
einem muslimischen Hintergrund finden, der
also in einem muslimischen Land aufgewachsen sein musste. Er musste aber bereits
in Österreich assimiliert sein und Erfahrungen mit österreichischen Frauen (oder
einer Ehe) haben. Darüber hinaus musste er
natürlich die grundlegenden Anforderungen
der Rolle erfüllen können. Authentizität vor
der Kamera, Fähigkeit der Improvisation etc.
sammentreffen des ausgewählten Schauplatzes,
der Ausstattung, den Schauspielern, des Lichts,
der Kameraführung, der Bildgestaltung und
vor allem auch der Art der Inszenierung her.
Ich musste beim Sehen des Films immer wieder
an Gemälde von Lucian Freud denken: An die
unglaublich vitale Hinfälligkeit seiner Aktmodelle
beispielsweise.Was bedeutet das für Sie: Inszenierung von Körperlichkeit?
Körperlichkeit spielt bei meinen Filmen immer eine große Rolle. Ich liebe es, hautnahe
Bilder zu machen; Menschen in ihrer Physis
ungeschminkt zu zeigen. Gerade darin, in
dem Ungeschönten liegt für mich so etwas
wie Schönheit.
Der dritte Teil der „PARADIES“-Trilogie spielt
in einem Diätcamp für Teenager. Man könnte
sagen: Die ganze Trilogie handelt auch von einem
prekären Verhältnis von Frauen zu ihren Körpern.
Wie nehmen Sie als Mann so etwas wahr?
Die Fragestellung ist differenziert zu sehen
und hat - je nach Film - auch jeweils einen
anderen Aspekt. Ich glaube, die Trilogie
insgesamt handelt von Liebe, aber die Liebe
Jeder der drei Filme meiner Trilogie
ist ein eigenständiger Film.
Und er musste Zeit und Lust haben, sich für
diesen Film auch zur Verfügung zu stellen.
Nabil Saleh war dann ein Glücksfall. Er hat es
nämlich auch geschafft, durch monatelanges
Training mit Physio- und Ergotherapeuten
den Part eines querschnittgelähmten Mannes
so zu spielen, dass selbst mein Cutter beim
Sehen der ersten Muster nicht wusste, ob
dieser Mann tatsächlich gelähmt ist oder diese
Behinderung spielt.
Um bei Stimmen zu bleiben: Stellenweise erhält
der Film durch den sehr spezifischen Tonfall der
Protagonisten eine geradezu musikalische Wucht.
War das immer so geplant?
Nein. Dinge wie Rhythmus einer Szene, Tonfall, Atmosphäre stellt sich erst durch das Zu-
hat auch einen Frauenkörper. Und diese
Körperlichkeit unterliegt heutzutage einem
gesellschaftlich verordneten Schönheitsideal,
das zum Beispiel meiner eigenen Vorstellung
von Erotik oder sexueller Anziehung selten
entspricht. Das ist eines der Paradoxe unserer Gesellschaft. Auf der einen Seite wird
das Aussehen und der Körper von Frauen
an einem pervertierten Schlankheitsdiktat
gemessen, auf der anderen Seite verfettet
unsere Gesellschaft, was man nicht zuletzt
an der stetig und schnell steigenden Zahl an
übergewichtigen Menschen, vor allem auch
Kindern und Jugendlichen sehen kann. Das
wird im dritten Film der Trilogie, in dem es
um ein pubertierendes, übergewichtiges Mädchen geht, zum Thema gemacht. Aber, um zu
PARADIES: Glaube zurückzukehren: Hier
benutzt Annamaria ihren Körper für die Sühne, er ist ein Instrument für ihre moralischen
Anschauungen. Im Leiden am Körper liegt
hier aber auch so etwas wie Lust.
In bisherigen Interviews haben Sie immer wieder
den unbedingten Wunsch geäußert, dass es irgendwann möglich sein soll, dass alle drei Filme auch
in einem Stück zu sehen sein sollen.Was wären
aus Ihrer Sicht dafür die idealen Bedingungen?
Und wie wird das die Wahrnehmung der in sich
voneinander unabhängigen Filme ändern?
Jeder der drei Filme der Trilogie ist ein eigenständiger Film. Es ist nicht notwendig den
ersten Film gesehen zu haben, um den zweiten
oder dritten zu sehen. Aber wenn man dem
Betrachter die Möglichkeit gibt alle drei Filme
und zwar in der vorgegebenen Reihenfolge, so
wie die Filme auch zu den einzelnen Weltpremieren kommen, auf einmal zu sehen, wird
sich dabei in den Köpfen noch ein anderer
wuchtigerer Kosmos auftun, der mehr in die
Tiefe geht als ein einzelner Film. Man wird
emotional intensiver gefordert sein, man wird
Querverbindungen herstellen und man wird
– denke ich - über diese drei Frauen (der drei
Filme) und ihr Verhältnis zur Liebe, zur Sexualität, zu ihren Körpern anders reflektieren.
Ulrich Seidl
PARADIES: Glaube
(Deutschland/Frankreich/
Österreich 2012)
Regie Ulrich Seidl
Drehbuch Ulrich Seidl, Veronika Franz
Darsteller Maria Hofstätter, Nabil Saleh
Kamera Wolfgang Thaler aac, Ed Lachman asc
Schnitt Christof Schertenleib
Ton Ekkehart Baumung
Produktion Ulrich Seidl Film, Koproduktion: Tat
Film, Parisienne de Production
Verleih StadtkinoFilmverleih
Länge 113 Min.
Technik DCP / gedreht auf Super 16mm /
Farbe / 1:1.85
Fassung OV / OmU
Auszeichnungen Im Wettbewerb in Venedig:
La Biennale di Venezia, 2012
Der Starttermin des Films wird in den
nächsten Wochen bekannt gegeben.
06
FALTER Kino-Dienstag im Filmhaus Kino
StadtkinoZeitung
Porträt des Künstlers als Kater
Abschied von Chris.Marker mit Agnes Varda. Und: Ein neuer Film von Michael Palm.
Am beliebten FALTER Kino-Dienstag im Filmhaus Kino!
Chris.Marker (li.) und Agnes Varda: Intellektuelle Clownerie in „Les plages d‘Agnes“.
Dienstag, 4. September 2012, 21.00 Uhr
IN MEMORIAM CHRIS.MARKER
Agnes Varda
Les plages d‘Agnes
Ende Juli ist der große Filmemacher und Essayist Chris.Marker (Sans Soleil) gestorben.
Als sprechende Katze trat er zuletzt in Agnes
Vardas filmischer Autobiographie Les plages
d‘Agnes auf, typisch enigmatisch. Verneigung
vor zwei Leitsternen des Kinos!
Dienstag, 11. September 2012, 21.00 Uhr
PREVIEW
Michael Palm
Low Definition Control
2011
Wo wir gehen und stehen, werden wir angesehen: In einer Gesellschaft, die Öffentlichkeit
primär als Ort von Risiken denkt, hängt von
ständiger Beobachtung nahezu alles ab. Deswegen kann man heute in den Innenstädten der
entwickelten Länder in kein Sandwich mehr
beißen (oder gar einen Koffer herumtragen),
ohne dass dies von Kameras aufgezeichnet und
von Rasterprogrammen decodiert würde.
Den Umstand, dass Risikoprävention und
Sicherheit „der politische Alleskleber“ gewor-
den sind, nimmt Michael Palm zum Anlass,
mit seinem Film Low Definition Control über
die Implikationen der zunehmenden Technisierung der Wahrnehmung im öffentlichen
Raum und in der Medizin nachzudenken.
Er tut dies, indem er zu immer wieder durch
Überhöhung verfremdeten Alltagsszenen eine
Theorie in Fragmenten ergänzt.
Aus dem Off sind die Stimmen von Wissenschaftlern und Intellektuellen aus allen möglichen Disziplinen (von der Neurologie über
die Medienwissenschaft bis zur Theologie) zu
hören, die darüber debattieren, was durch den
zunehmenden „Panoptismus“ und den gesellschaftlichen Verlust der Unschuldsvermutung
am Horizont der Geschichte sichtbar wird:
eine „völlige Evakuation des Realen“ und
eine Auflösung „der Figur des Menschen in
seiner Naturalität“.
Low Definition Control ist Science Fiction
im buchstäblichen Sinn des Wortes - eine visionäre Vorwegnahme von längst im Gange
befindlichen biopolitisch-gouvernementalen
Prozessen, in denen die Technik sich in das
Verhalten der Menschen so einschreibt, dass
nach einer Disziplinar- und einer Kontrollgesellschaft irgendwann eine Gesellschaft körperloser, berechenbarer Schnittstellensubjekte
treten könnte.
Bert Rebhandl
„Low Definition Control“ von Michael Palm.
Impressum
Telefonische Reservierungen Kino 712 62 76 (Während der Kassaöffnungszeiten) Büro 522 48 14 (Mo. bis Do. 8.30–17.00 Uhr Fr. 8.30–14.00 Uhr) 1070
Wien, Spittelberggasse 3 www.stadtkinowien.at / [email protected] Stadtkino 1030
Wien, Schwarzenbergplatz 7–8, Tel. 712 62 76 Herausgeber, Medieninhaber Stadtkino Filmverleih und Kinobetriebsgesellschaft m.b.H., 1070 Wien, Spittelberggasse 3
Graphisches
Konzept
Markus
Raffetseder
Redaktion
Claus
Philipp
Druck Goldmann Druck, 3430 Tulln, Königstetter Straße 132 Offenlegung
gemäß Mediengesetz 1. Jänner 1982 Nach § 25 (2) Stadtkino Filmverleih und Kinobetriebsgesellschaft m.b.H. Unternehmungsgegenstand Kino, Verleih, Videothek Nach § 25 (4) Vermittlung von Informationen auf dem Sektor Film und Kino-Kultur. Ankündigung von Veranstaltungen des Stadtkinos. Preis pro Nummer 7 Cent / Zulassungsnummer GZ 02Z031555
Verlagspostamt 1150 Wien / P.b.b.
AB 14. SEPTEMBER 2012 IM FILMHAUS KINO AM SPITTELBERG
AB 28. SEPTEMBER 2012 IM STADTKINO AM SCHWARZENBERGPLATZ