Kaihô - Deutsch-Japanische Gesellschaft in Bayern eV

Transcription

Kaihô - Deutsch-Japanische Gesellschaft in Bayern eV
Kaihô
März/April 2016
Vor 150 Jahren starb
Philipp
Franz
von
Siebold, Arzt, Erforscher
Japans, Vermittler und
unermüdlicher Reisender, der bis heute die
große
Symbolgestalt
zwischen Japan und
Bayern ist.
Zum Auftakt des Siebold-Jahres hat die DJG
in Bayern eine umfangreiche, ausführlich bebilderte,
zweisprachige
Gedenkschrift herausgegeben, die sich überwiegend mit seinem Wirken
in München auseinander
setzt. Alle vier Beiträge
des Buches sind zusammenfassend ins Japanische übersetzt. Einzelheiten finden Sie auf der
Seite 33 des Kaihô.
Die Gedenkschrift kann
bei der DJG in Bayern
und ab Ende März auch
im Buchhandel erworben
werden.
Mitglieder der Gesellschaft können sich schon
jetzt freuen, denn sie
bekommen das Siebold
Buch im März/April
2016 kostenlos zugeschickt.
Sanja-Matsuri in Tokyo Asakusa
Sanja-Matsuri, Asakusa, Tokio
Aufnahme: Axel Schwab
Aufnahme: Axel Schwab
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Programm
Tell the Prime Minister
Zeit:
Ort:
Mittwoch, 02.03.2016 um 17.00 Uhr
Werkstattkino, Fraunhoferstr. 9,
München
Mehr Risiko bitte!
Japans jüngste Corporate
Governance Reformen
Zeit:
Ort:
Freitag, 04.03.2016 um 19.00 Uhr
Staatliche Münzsammlung,
München, Residenzstr.1
Stammtisch
Zeit:
Ort:
Mittwoch, 09.03.2016 um 19.00 Uhr
Kitcho, Wurzerstraße 14, München
Einführung in die traditionelle Zeit:
japanische Bühnenkunst
Ort:
des Nô
Donnerstag, 10.03.2016 um 19:00 Uhr
MOVIMENTO, Neuhauser Str. 15,
München
Japanischer Gesprächskreis
Zeit:
Ort:
Donnerstag, 17.03.2016 um 19.00 Uhr
ASZ, Hans-Sachs-Str. 14, München
Norikos Noriben
Zeit:
Ort:
Freitag, 18.03.2016 um 19.00 Uhr
Münchner Stadtbibliothek am Gasteig
Haiku-Kreis
Zeit:
Ort:
Donnerstag, 24.03.2016 um 18.30 Uhr
ASZ, Hans-Sachs-Str. 14, München
Das Kopfkissenbuch der
Hofdame Sei Shōnagon
Zeit
Ort:
Dienstag, 29.03.2016 um 19:00 Uhr
IBZ, Amalienstr. 38, München
Japanisches Washi-Papier
und Washi Leuchtobjekte
Zeit:
Ort:
Freitag, 01.04.2016 um 19:00 Uhr
MOVIMENTO, Neuhauser Str. 15,
München
Ein Sommernachtstraum
Zeit:
Ort:
Freitag, 08.04.2016 um 19.00 Uhr
Münchner Stadtbibliothek am Gasteig
Stammtisch
Zeit:
Ort:
Mittwoch, 13.04.2016 um 19.00 Uhr
Kitcho, Wurzerstraße 14, München
Kaihô
No. 2/2016
März/April 2016
Seite 3
Japanischer Gesprächskreis
Zeit:
Ort:
Donnerstag, 21.04.2016 um 19.00 Uhr
ASZ, Hans-Sachs-Str. 14, München
Die Farben von Tokio
Zeit:
Ort:
Donnerstag, 21.04.2016 um 19:00 Uhr
IBZ, Amalienstr. 38, München
Haiku-Kreis
Zeit:
Ort:
Donnerstag, 28.04.2016 um 18.30 Uhr
ASZ, Hans-Sachs-Str. 14, München
Mitgliederversammlung 2016
Zeit:
Ort:
Montag, 02.05.2016 um 18.00 Uhr
IBZ, Amalienstr. 38, München
Kamelie, Nara
Kaihô
No. 2/2016
Aufnahme: Gudrun Paysen
März/April 2016
Seite 4
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ün
mit0japanischen0Geschäftspartnernd
ZWEITER0TPG
Preis
Bei0uns0sitzen0Sie0nicht0nur0herumI
Liebe Mitglieder und Freunde der DJG in Bayern,
der Frühling rückt näher, und das bedeutet in Japan vor allem auch, dass die Kirschblütenzeit beginnt. Das Genießen der Kirschblüten – auf Japanisch nennt man es HANAMI
– ist zum Sinnbild Japans geworden. Vor einigen Jahren ist dieser Begriff auch der breiten Öffentlichkeit in Deutschland durch den gleichnamigen Film von Doris Dörrie bekannt geworden. Dieser Film, der die Begegnung eines älteren Deutschen mit einer jungen japanischen Obdachlosen beschreibt, war ein Kassenerfolg in Deutschland.
Pünktlich zum fünften Jahrestag der Dreifachkatastrophe vom 11. März 2011 wird ein
neuer Film von Frau Dörrie in den deutschen Kinos erscheinen. In GRÜSSE AUS
FUKUSHIMA setzt sie sich mit der Katastrophe auseinander, was dem Thema sicherlich eine breite Öffentlichkeitswirkung in Deutschland bescheren wird. Nach der Katastrophe hat die DJG Spenden für die Opfer gesammelt, und der größte Teil ging in die
weitgehend zerstörte Stadt Rikuzentakata. Insofern freut es mich besonders, dass auf
unserem Stammtisch im April Frau Susanna Wellenberg einen kleinen Bericht über die
aktuelle Lage in Rikuzentakata geben wird.
Zuletzt möchte ich noch darauf hinweisen, dass wir in diesem Sommer ein Austauschprogramm mit der Japanisch-Deutschen Gesellschaft in Fukuoka durchführen werden.
Zuerst wird in der Zeit vom 05. bis zum 12. August eine japanische Jugenddelegation
nach München kommen. In der zweiten Augusthälfte werden wir wieder eine Jugendreise nach Japan anbieten. Im Mittelpunkt der Reise steht ein Besuch bei der befreundeten JDG Fukuoka. Dort werden die Teilnehmer in Gastfamilien untergebracht werden.
Ansonsten ist ein touristisches Programm in Kyushu vorgesehen. Interessenten können
sich bereits jetzt registrieren lassen. Einzelheiten finden Sie auf der Seite 31 in diesem
Kaihô.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Schön
Kaihô
No. 2/2016
März/April 2016
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Index
Veranstaltungen
Tell the Prime Minister ................................................................. 9
Dokumentarfilm von Eiji Oguma
Mehr Risiko bitte! Japans jüngste Corporate Governance
Reformen .................................................................................... 10
Vortrag von Prof. Dr. Franz Waldenberger, Direktor Deutsches Institut für
Japanstudien (DIJ), Tokyo
Stammtisch ................................................................................. 11
Einführung in die traditionelle japanische Bühnenkunst
des Nō 能楽 ................................................................................. 12
Workshop mit Dr. Sven Holst
Norikos Noriben の
ゃ
の
弁 ........................................... 13
Japanischer Spielfilm nach einem Manga von Kiwa Irie
Das Kopfkissenbuch der Hofdame Sei Shōnagon ...................... 14
Vortrag von Dr. Inga Streb
Japanisches Washi-Papier und Washi-Leuchtobjekte ................. 15
Aspekte ihrer ästhetischen Wirkung. Ein Vortrag von Prof. Koji Shibazaki
Ein Sommernachtstraum ............................................................. 16
真夏の夜の夢 Manatsu no yoru no yume
Japanischer Spielfilm
Die Farben von Tokio ................................................................. 17
Lichtbildervortrag von Axel Schwab
Mitgliederversammlung ............................................................. 20
Kaihô
No. 2/2016
März/April 2016
Seite 7
Rückblicke
Die Japan-Strategie der
Fraunhofer-Gesellschaft .............................................................. 21
Beitrag von Marianne Hoffmann, Fraunhofer-Gesellschaft
Shinnenkai .................................................................................. 24
Rückblick von Elke Föll-Großhans auf die Jahresbeginn-Feier am 23. Januar
2016 im Museum Fünf Kontinente
Beiträge
Wort und Kanji des Jahres 2015 ................................................... 25
Ein Beitrag von Dr. Anja Petersen-Padberg
Japan sucht die Superskandalnudel ............................................ 31
Die Kolumne von Andreas Neuenkirchen
Teilnehmer und Gastgeber gesucht
Jugendaustausch mit der JDG Westjapan, Fukuoka
Eine Ankündigung von Dr. Oliver Schön
.............................................. 33
Buchveröffentlichung .................................................................. 35
Eine Ankündigung von Lüder Paysen
Ständige Rubriken
Rezension .................................................................................... 36
Buchbesprechung von Dr. Andrea Hirner
Haiku-Kreis ................................................................................. 38
Yuko Murato berichtet
Japanischer Gesprächskreis ......................................................... 39
Ein Bericht von Yuko Murato
Hinweise ..................................................................................... 40
Kaihô
No. 2/2016
März/April 2016
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Tell the Prime Minister
Dokumentarfilm von Eiji Oguma
Der Film des japanischen Regisseurs und Politikwissenschaftlers Eiji Oguma handelt
von den Anti-Atomkraft Protesten in Tokio nach dem Unglück von Fukushima. Im
Anschluss findet ein Gespräch in englischer Sprache
mit dem Regisseur statt. Der
Film wird auf Japanisch mit
englischen Untertiteln gezeigt. Eiji Oguma ist Dokumentarfilmer und Professor an der Faculty of Policy Management at Keio University in
Tokyo. Einzelheiten zu dem Film können aufgerufen werden unter dem Link:
http://www.uplink.co.jp/kanteimae/index_en.php
This documentary film captures the anti-nuclear protests in Tokyo after the Fukushima nuclear
incident in March 2011. The theme of the film is the crisis that democracy faces, and the reconstruction of democracy. The film is composed of interviews with eight individuals and footage
from that time. The eight people who appear include a former Prime Minister, an evacuee from
Fukushima, a political activist, a shop clerk, an artist, a hospital worker, and a businessperson,
both Japanese and non-Japanese. The film describes how these people from diverse backgrounds
converged amidst the crisis.
Video recordings cited in the film show the terrifying experiences of the nuclear disaster, antinuclear demonstrations, speeches, and the official meeting between activists and the Prime Minister. The videos were shot by independent citizens and uploaded to the internet.
Zeit:
Ort:
Mittwoch, 2. März 2016, 17.00 Uhr bis 20.00 Uhr
Werkstattkino, Fraunhoferstraße 9, 80469 München
(MVV-Halte: Müllerstraße Tram 16, 17, 18; Fraunhoferstraße U1, U2)
Eintritt:
frei
Veranstalter: Graduiertenschule für Ost- und Südosteuropastudien in
Kooperation mit LMU-Lehrstuhl für Russland-/Asienstudien, Japan-Zentrum der LMU München, Rachel Carson Center for Envirnonment and Society, DeutschJapanische Gesellschaft in Bayern e.V.
Kaihô
No. 2/2016
März/April 2016
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Mehr Risiko bitte!
Japans jüngste Corporate Governance
Reformen
Vortrag von Prof. Dr. Franz Waldenberger,
Direktor Deutsches Institut für Japanstudien (DIJ), Tokyo
Japans jüngste Corporate Governance Reformen umfassen die Einführung des Stewardship Code, die Revision des Japan Companies Law sowie die Verabschiedung eines Corporate Governance Code (Deutsch: Grundsätze der guten und transparenten
Unternehmensführung). Die Reformen bilden eine wichtige Spitze im „dritten Pfeil“
von Abenomics. Die hohen Liquiditätsreserven japanischer Unternehmen und die damit einhergehende niedrige Eigenkapitalrendite werden als Indikator für eine zu risikoscheue Unternehmensführung gesehen. Die Reformen sollen hier Abhilfe schaffen. Der
Stewardship Code will den Dialog zwischen institutionellen Investoren und dem Management börsengelisteter Unternehmen verbessern. Die anderen beiden Reformen setzen auf den Einsatz unabhängiger externer Direktoren in japanischen Boards. Der Vortrag beschreibt die Reformen und das damit verbundene Anliegen und fragt, ob sie die
in sie gesetzten Erwartungen werden erfüllen können.
Professor Dr. Franz Waldenberger ist seit dem 1. Oktober 2014 Direktor des Deutschen Instituts für Japanstudien (DIJ) in Tokyo. Er befasst sich seit mehr als 20
Jahren mit der japanischen Wirtschaft und hat dabei
zu zahlreichen Themen geforscht ‒ angefangen von
der Industrieorganisation und Wettbewerbspolitik, über
Arbeitsmarkt und Finanzsystem, bis hin zu außenwirtschaftlichen Verflechtungen, Geldpolitik und Corporate
Governance. Herr Waldenberger hat seit 1997 eine
Professur an der LMU München inne, von der er nun
für seine 5-jährige Tätigkeit am DIJ beurlaubt ist. Er
engagiert sich ehrenamtlich seit vielen Jahren für die
deutsch-japanischen Beziehungen im Rahmen des
Deutsch-Japanischen Forums und im Vorstand des
Deutsch-Japanischen Wirtschaftskreises. Bis zu seinem Wechsel nach Tokyo war er
langjähriges Mitglied im Vorstand der DJG in Bayern.
Zeit:
Ort:
Eintritt:
Kaihô
Freitag, 4. März 2016, 19.00 Uhr
Bibliothekssaal der Staatlichen Münzsammlung,
Residenzstr. 1, München
Mitglieder: frei, Nichtmitglieder: € 5,00
No. 2/2016
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Stammtisch
Beim nächsten Stammtisch im März wird ein Einblick in die Kultur der vor ca. 100 Jahren nach Brasilien ausgewanderten Japaner gegeben. Auf dem Stammtisch im April
wird ein aktueller Bericht über die Situation in Rikuzentakata im Mittelpunkt stehen.
Am Mittwoch, den 09. März
2016, wird der brasilianische
Musiker Dudu Tsuda aus
São Paulo seine Musik vorstellen. Er hat japanische
Vorfahren und verknüpft in
seinen Stücken viele traditionelle japanische Elemente
mit zeitgenössischer brasilianischer Musik. Auf dem
Stammtisch wird es sicherlich auch die Gelegenheit
geben, etwas über die Erfahrungen der Anfang des letzten Jahrhunderts nach Brasilien ausgewanderten Japaner zu
hören. Derzeit lebt Herr Tsuda im Rahmen eines Stipendiums des Kulturreferats der
Landeshauptstadt München mit anderen Künstlern aus Brasilien in der Villa Waldberta
in Feldafing.
Am Mittwoch, den 13.04.2016 wird Frau Susanna Wellenberger über die aktuelle Situation in der Stadt Rikuzentakata berichten. Frau Wellenberger ist seit der Katastrophe
vom 11.03.2011 regelmäßig in Tohoku und hat dort verschiedene Projekte initiiert. Immer steht der persönliche Kontakt mit den Menschen im Mittelpunkt ihrer Arbeit. Sie ist
über die aktuellen Entwicklungen bestens informiert und kann sicherlich ein aktuelles
Bild vom Stand des Wiederaufbaus geben.
Der Stammtisch findet jeweils am zweiten Mittwoch eines Monats ab 19:00 Uhr im Restaurant Kitcho in der Wurzerstr. 14 statt. Es wurden zwei Sondermenüs ausgehandelt
(Udon mit California-Sushi für 11,50 Euro und Sushi/ Tempura/ Sashimi für 16,50 Euro). Um dem Lokal die Vorbereitung zu erleichtern wird um eine Anmeldung unter [email protected] gebeten. Die Teilnahme ist aber auch ohne Anmeldung möglich.
Zeit:
Mittwoch, 09.03.2016, 19.00 Uhr
Mittwoch, 13.04.2016, 19.00 Uhr
Ort:
Restaurant „Kitcho“, Wurzerstr.14, München
Eintritt:
gratis
Anmeldung: telefonisch, per Fax oder per Email bei der
DJG in Bayern
Einführung in die traditionelle japanische
Bühnenkunst des Nō 能楽
Workshop mit Dr. Sven Holst
In diesem kleinen Workshop sollen einige grundsätzliche Elemente der japanischen
Bühnenkunst Nō vorgestellt werden. Es gibt verschiedene Aufführungsformen dieser
Bühnenkunst. Angefangen von dem rein gesanglichen Vortrag (su-utai), über kurze
Passagen für Gesang und ein Instrument (itchō), der tänzerische Höhepunkt als Auszug
aus dem gesamten Stück (shimai), größere Auszüge
mit Instrumentalbegleitung (maibayashi), ganze Stücke ohne Kostüme (hakama-nō), ein halbes Nō-Spiel
mit Kostümen bis zu dem vollständigen Nō-Spiel.
Zu Beginn dieses kleinen Workshops sollen die zwei
grundsätzlichen Formen des Nō-Theaters, die ein
Laie normalerweise lernt, der Gesang (utai) und der
Tanz (shimai), demonstriert und erläutert werden.
Danach sollen die Teilnehmer versuchen, unter Anleitung einen kurzen, einfachen Tanz “Oimatsu” zu
tanzen und auch den begleitenden Gesang zu übernehmen. Diese praktische Erfahrung vermittelt sicher
neue Eindrücke vom japanischen Theater.
Nach dieser Einführung in die Kunst Nō, plant die DJG in
diesem Jahr eine weitere Einführung in die Kunst des Tanzes des Kabuki-Theaters. Aufgrund der vorhergehenden Einübung eines Tanzes des Nō-Theaters,
werden grundsätzliche Übereinstimmungen, aber auch Unterschiede zwischen den beiden
Kunstformen deutlich.
Dr. Sven Holst: Studium der Japanologie in Frankfurt, Berlin und Kyoto. Associated
Professor an der Fukuoka Frauen Universität, Vorstandsmitglied der JapanischDeutschen Gesellschaft Westjapans in Fukuoka. Im Rahmen seiner Studien zum japanischen Theater wurde er Mitglied des Kanze-Nō-Clubs der Kyōto Universität und beschäftigt sich seither mit dem Nō-Tanz.
Zeit:
Ort:
Eintritt:
Hinweis:
Kaihô
Donnerstag, 10.03.2016, 19:00 Uhr
MOVIMENTO, Neuhauserstr.15, 80331 München,
Mitglieder: frei, Nichtmitglieder: 5 €
Teilnehmer sollten ein zweites Paar Socken mitnehmen, da der japanische Tanz nicht mit Schuhen
aufgeführt wird.
No. 2/2016
März/April 2016
Seite 12
Norikos Noriben のんちゃんのり弁
Japanischer Spielfilm nach einem Manga von Kiwa Irie
Regie:
Script/Buch:
Darsteller:
Spieldauer:
Herstellung:
Sprache:
Akira Ogata
Kiwa Irie (Manga), Takuji Suzuki
Akira Ogata
Manami Konishi
Yoshinori Okada
Rio Sasaki
107 Minuten, ab 18 Jahre
2009
Japanisch mit deutschen Untertiteln
Mit 31 Jahren verlässt Komaki kurz entschlossen ihren untätig in den Tag hinein lebenden Ehemann und kehrt mit ihrer
kleinen Tochter Non-chan ins Haus
ihrer Mutter zurück. Doch eine Stelle
zu finden erweist sich als schwierig.
Da entdeckt Komaki im kleinen Restaurant Totoya ihre Liebe zum Kochen, und als ihre Lunchboxen für
Non-chan im Kindergarten reißenden Absatz finden, hat sie eine Idee
…
Mehrfach preisgekrönt beim »31.
Yokohama Film Festival« 2010. Begleiten Sie Komaki und ihre kleine
Tochter Non-chan bei ihrem familiären Neubeginn, und gönnen Sie sich einen charmanten Einblick in die japanische Esskultur.
Zeit:
Ort:
Eintritt:
Veranstalter:
Freitag, 18.03.2016, 19.00 Uhr
Vortragssaal der Münchner Stadtbibliothek
am Gasteig, Rosenheimer Str. 5, München
frei, Platzkarten ab 18:00 Uhr vor dem Saal
DJG in Bayern und Münchner Stadtbibliothek
mit Unterstützung des Japanischen Kulturinstituts Köln
Das Kopfkissenbuch der Hofdame Sei
Shōnagon
Vortrag von Dr. Inga Streb
Vor tausend Jahren schenkt die japanische Kaiserin Teishi (Fujiwara no Sadako) ihrer
Hofdame Sei Shōnagon ein dickes Bündel hochwertigen chinesischen Papiers, und die
literarisch hochgebildete, kluge junge Frau nutzt es für eine Art Tagebuch. „Ihrem Pinsel folgend“ (zuihitsu) berichtet sie in loser Reihenfolge und in den unterschiedlichsten
Textformaten vom Leben am Kaiserhof: Alltag und Feste, private Liebeleien und offizielle Begegnungen, Anekdoten und Biographisches lassen in Skizzen, Essays und Aufzählungen die „Goldene Zeit“ der Heian-Periode
(794-1185) vor uns entstehen.
Sei Shōnagon hat das Kopfkissenbuch während ihres aktiven Hofdienstes von 994 bis 1000 begonnen und auch nach dem Tod der Kaiserin bis etwa
1012 weitergeführt und überarbeitet. Heute gilt
sie als die größte Meisterin der japanischen Miszellenliteratur und steht zusammen mit Murasaki
Shikibu, der Verfasserin der „Geschichte des
Prinzen Genji“, unbestritten an der Spitze all der
berühmten Autorinnen, die in der Heian-Zeit die
einzigartige Hofdamenliteratur der „Japanischen
Klassik“ schufen.
Dr. Inga Streb: Studium der Japanologie, Sinologie und der Japanischen Volkskunde. Promotion
1976.Von 1973 bis 1976 und wiederum von 1979
bis 1996 Aufenthalt in Japan. Während dieser Zeit u.a. Unterricht an verschiedenen
Universitäten, allgemeine und wissenschaftliche Publikationen zu japanspezifischen
Themen. Im Auftrag der Bayerischen Staatsbibliothek München (BSB) von Japan aus
Ankauf von Alt-Japonica sowie Mitarbeit an verschiedenen Projekten der BSB. Zurzeit
Arbeit an einer Veröffentlichung über die japanische Duftzeremonie (Kôdô) und Studien zum japanischen sogenannten „Blindenkalender“ (Mekura goyomi), einer Sonderform des vormodernen Lunisolarkalenders.
Zeit:
Ort:
Eintritt:
Kaihô
Dienstag, 29.03.2016, 19.00 Uhr
Internationales Begegnungszentrum der Wissenschaft
(IBZ), Amalienstr. 38, München
Mitglieder frei, Gäste: € 5,00
No. 2/2016
März/April 2016
Seite 14
Japanisches Washi-Papier und
Washi-Leuchtobjekte
Aspekte ihrer ästhetischen Wirkung
Ein Vortrag von Prof. Koji Shibazaki
Im November 2014 wurde das japanische Washi-Papier in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen. Traditionelle Handwerkskunst
ist die Basis für die Herstellung des handgeschöpften, japanischen Büttenpapiers, das durch große Schönheit und hohe
Dauerhaftigkeit gekennzeichnet ist. In Japan gibt es verschiedene Washi-Papierarten, die in der Kultur und der Tradition
der regionalen Gemeinschaften in Japan stehen und hauptsächlich aus pflanzlichen Materialien lokal hergestellt werden.
Das Washi-Papier dient in Japan nicht nur als Brief- oder
Buchpapier, sondern wird gern für Leuchtobjekte und Gebrauchsgegenstände verwendet. Bei durchscheinendem Licht
tritt die Schönheit und Struktur des Washi am stärksten hervor. Washi und Licht sprechen den japanischen Sinn für die
Ästhetik des Schattens an.
Prof. Koji Shibazaki, der an der Aichi University of the Arts
lehrt, befasst sich seit vielen Jahren mit Washi-Kunst. Sein Interesse gilt insbesondere den anmutigen und schönen Leuchtobjekten, die aus Washi gefertigt werden. Um die WashiHerstellung weiter zu erforschen und zu lehren, hat er auch an der Universität eine eigene Washi-Werkstatt eingerichtet. Dort stellen seine Studenten und Künstler eigene
Washi-Papiere und Kunstobjekte her.
In seinem Vortrag zeigt Prof. Shibazaki einige seiner Leuchtkunstwerke und selbsthergestellten Washi-Papiere. Anhand verschiedener Muster des japanischen WashiPapiers erläutert er dessen große Vielfalt.
Koji Shibazaki: Professor an der Aichi University of the Arts, Department of Design and
Crafts. Seine Washi-Leuchtobjekte “Nightface Series” wurden mit dem “Akari-Art Award” bei der Mino-Washi “Akari-Art” Exhibition (2004) und dem “Yomiuri Award”
bei der 45en Japan Crafts Exhibition (2006) ausgezeichnet.
Zeit:
Ort:
Eintritt:
Kaihô
Freitag, 01.04.2016, 19:00 Uhr
MOVIMENTO, Neuhauserstr.15, 80331 München,
Mitglieder: frei, Nichtmitglieder: 5 €
No. 2/2016
März/April 2016
Seite 15
Ein Sommernachtstraum
真夏の夜の夢 Manatsu no yoru no yume
Japanischer Spielfilm
Regie:
Buch:
Yûji Nakae
Motoko Nakae, Yûji Nakae
Darsteller:
Yuki Shibamoto
Honami Kurashita
Tomi Taira
105 Minuten
2009
Japanisch mit deutschen Untertiteln
Spieldauer:
Herstellung:
Sprache:
Yuriko kehrt in ihre Heimatstadt auf Yugafu Island zurück und tritt in Kontakt mit dem
Geist Majiru. Majirus
Aufgabe ist es, die
Insel und Yuriko zu
beschützen. Die Ereignisse überstürzen
sich: Yuriko ist plötzlich in die heimtückischen Pläne des Bürgermeisters verwickelt
und wird außerdem
von ihrem Exfreund
verfolgt. Majiru tut
sein absolut Bestes, indem er einen Liebestrank anwendet ...
Shakespeare auf Japanisch: Die Komödie erzählt von den Beziehungen zwischen den
Menschen und Gestalten der lokalen Mythologie. .
Zeit:
Ort:
Eintritt:
Veranstalter:
Kaihô
Freitag, 08.04.2016, 19.00 Uhr
Vortragssaal der Münchner Stadtbibliothek
am Gasteig, Rosenheimer Str. 5, München
frei, Platzkarten ab 18:00 Uhr vor dem Saal
DJG in Bayern und Münchner Stadtbibliothek
mit Unterstützung des Japanischen Kulturinstituts Köln
No. 2/2016
März/April 2016
Seite 16
Die Farben von Tokio
Lichtbildervortrag von Axel Schwab
Ins Tokio der Gegensätze aus Tradition und Moderne entführt uns Axel Schwab mit
seinen Fotos in intensiven Farben
und ungewohnten Ansichten. Seit
seinem ersten Aufenthalt während
des Studiums hält er die Veränderungen der Metropolis mit der Kamera fest. Während seiner Jahre als
Expat in Tokio schrieb er seine dort
gemachten Erfahrungen nieder und
brachte 2008 den Reiseführer »Labyrinth Tokio« heraus. Einigen
Mitgliedern ist er vielleicht schon
von unserem Stammtisch im September 2015 oder durch sein Buch Meiji-Schrein Hatsumode Aufnahme: Axel Schwab
»Japan in München« bekannt. Zunächst wird er uns seine besten Schnappschüsse aus
den Jahren 2009-2014 mit passender Musikuntermalung vorstellen, um uns dann in die
nostalgische Fotokunst »Zartrosa und Lichtblau« in Anlehnung an Aufnahmen aus der
Meiji-Zeit zu entführen. Ende Januar 2016 kam er wieder mit 7000 Fotos aus Japan zurück, von denen er die besten auswählen und bearbeiten wird, um aktuelle Eindrücke
von Tokio und Umgebung zu vermitteln.
Kurzbiographie: Axel Schwab ist Dipl.-Ing. (FH) der Elektrotechnik
und war erstmals 1993 im Rahmen eines Praxissemesters in Japan.
Später führten ihn verschiedene Funktionen bei Siemens weitere 5
Jahre beruflich nach Tokio. Seit 2005 arbeitet er in der Entwicklungsabteilung der BMW AG, wo er aktuell das Thema Elektromagnetische Verträglichkeit für Elektrofahrzeuge verantwortet.
Neben seiner Leidenschaft für Fahrzeuge führen ihn die Leidenschaft für die Fotografie und das Schreiben jedes Jahr für mehrere
Wochen nach Japan, um seinen Reiseführer „Labyrinth Tokio“ zu
aktualisieren und seine Geschmacksknospen für die Bücher „Japan in München“ und
„Japan in Berlin“ wieder neu zu kalibrieren.
Zeit:
Ort:
Eintritt:
Kaihô
Donnerstag, 21.04.2016, 19.00 Uhr
Internationales Begegnungszentrum der Wissenschaft
(IBZ), Amalienstr. 38, München
Mitglieder frei, Gäste: € 5,00
No. 2/2016
März/April 2016
Seite 17
Kaihô
No. 2/2016
März/April 2016
Seite 18
Schnee am Kaiserpalast in Tokio
Kaihô
No. 2/2016
Aufnahme: Axel Schwab
März/April 2016
Seite 19
Vorankündigung
Einladung
zur
Mitgliederversammlung 2016
am Montag, den 02. Mai 2016, um 18:00 Uhr
im Internationalen Begegnungszentrum der Wissenschaften München e.V. (IBZ),
Amalienstr. 38, 80799 München
Tagesordnung
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Begrüßung durch den Präsidenten (Dr. Schön)
Grußwort eines Vertreters des Generalkonsulats
Tätigkeitsbericht 2015 (Dr. Schön)
Rechenschaftsbericht des Schatzmeisters (Herr Heine)
Bericht der Rechnungsprüfer und Entlastung des Vorstands
(Herr Dr. May und Herr Dr. Oursin)
Wahl der Kassenprüfer
Verschiedenes
Als Rahmenprogramm ist wieder ein musikalischer Beitrag unseres Vorstandsmitglieds
Willi Huber vorgesehen.
Nach der Veranstaltung laden wir Sie zu einem kleinen Empfang mit Buffet ein.
München, den 15.02.2016
Der Vorstand
DJG in Bayern e.V.
Zeit:
Ort:
Eintritt:
Kaihô
Montag, 02.05.2016, 18.00 Uhr
Internationales Begegnungszentrum der Wissenschaft
(IBZ), Amalienstr. 38, München
frei, nur für Mitglieder
No. 2/2016
März/April 2016
Seite 20
Die Japan-Strategie der
Fraunhofer-Gesellschaft
Füllt Fraunhofer die Lücke zwischen
Industrie und Wissenschaft in Japan?
Beitrag von Marianne Hoffmann, Fraunhofer-Gesellschaft
Die Fraunhofer-Gesellschaft ist die größte Forschungseinrichtung für angewandte Forschung in Europa und fungiert als Brücke zwischen Grundlagenforschung und industrieller Forschung. In 67 Instituten in Deutschland sowie an ausgesuchten internationalen Standorten entwickeln 24.000 Mitarbeiter neue Technologien für die Industrie und
die Gesellschaft. Ihre Forschungsfelder richten sich nach den Bedürfnissen der Gesellschaft und sind derzeit: Mikroelektronik, Informations- und Kommunikationstechnologie, Produktionstechnik, Materialforschung, Oberflächentechnik und Lebenswissenschaften. Hier ein Link zu „Aktuelles aus der Forschung“:
https://www.fraunhofer.de/de/forschung/aktuelles-aus-der-forschung.html
In Japan existiert keine vergleichbare
Forschungseinrichtung. Trotz jahrelanger
Bemühungen der Regierung, die Kluft
zwischen Wissenschaft und Industrieforschung zu verkleinern und damit den
Technologietransfer zu verbessern, konnte die Lücke bisher kaum geschlossen
werden. Das Interesse am FraunhoferModell ist größer denn je. Unlängst
nannte Premierminister Abe es als das
passende Modell für Japans Forschungseinrichtungen, die das Ziel haben, anwendungsorientierter und industrienäher zu werden als bisher. Kann die
Fraunhofer-Gesellschaft auch in Japan
wie in Deutschland die Lücke zwischen
der Wissenschaft und Industrie füllen?
Welche Strategie verfolgt die FraunhoferGesellschaft in Japan?
Aufnahme: Kai-Uwe Nielsen/Fraunhofer
Kaihô
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Fraunhofer bewegt sich im Spannungsfeld zwischen exzellenter Forschung,
Industrie, seinen Mitarbeitern, seinen
Zuwendungsgebern und den Erwartungen der Gesellschaft. 24.000 Mitarbeiter
arbeiten in 67 Instituten an über 40 über
ganz Deutschland verteilten Standorten
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in 23 Allianzen und 7 Institutsverbünden an unendlich vielen Forschungsthemen. Kann
es da eine gemeinsame Japan-Strategie geben?
Was motiviert Fraunhofer, in Japan aktiv zu werden? Fraunhofer kooperiert mit japanischen Firmen und Institutionen, wenn die Zusammenarbeit von beidseitigem Nutzen
ist, wenn die Kooperation zu einem einzigartigen Kompetenzgewinn führt, wenn neue
Geschäftsfelder erschlossen werden können, die in Europa nicht vorzufinden sind und,
um mit japanischen Partnern gemeinsame Lösungen globaler Probleme zu entwickeln.
Bei der Betrachtung des japanischen Forschungsmarktes fällt auf, dass die Forschungsund Entwicklungsausgaben mit rund 135 Mrd. EUR (2011) fast doppelt so hoch wie die
Deutschlands sind, die Forschung zu 80% durch die Industrie finanziert wird (Deutschland 67%), und Japan fast doppelt so viele Forscher hat wie Deutschland, wovon 60 %
in der Industrie arbeiten (Deutschland 41%). Die angewandte Forschung und Entwicklung und Innovationen finden fast ausschließlich in den Labors der Großunternehmen
statt. Die kleinen und mittleren Unternehmen spielen bei Innovationen eine weniger
bedeutende Rolle als in Deutschland. Und der Transfer aus der öffentlichen Forschung
ist rudimentär, und Änderungen dieses Mankos gehen durch die aufgesetzten Reformen nur langsam voran.
Dies bedeutet für Fraunhofer, dass die japanische Industrie mit etwa 109 Mrd. EUR ein
gigantisches Forschungsbudget bereithält, und das Wissen der angewandten Forschung
in Japan stärker als in Deutschland in der Industrie zu finden ist. Von Interesse ist für
Fraunhofer vor allem die Zusammenarbeit mit großen, international agierenden Unternehmen, da die Zusammenarbeit mit den kleinen und mittleren Unternehmen kaum
möglich ist. Das Spektrum von Fraunhofer deckt sich dabei mit den Themen, in denen
Japan zum Teil weltweit führend ist: Automobil, Mikroelektronik, Nanotechnologie,
Informations- und Kommunikationstechnologie und Materialien. Bei der Kooperation
mit japanischen Forschungspartnern liegt der Schwerpunkt auf komplementärer Forschung, d.h. Grundlagenforschung trifft auf angewandte Forschung. Neben öffentlichen
Projekten kooperieren zwei Fraunhofer-Institute erfolgreich in gemeinsamen Projektgruppen, sogenannten Fraunhofer Project Center mit zwei exzellenten japanischen Wissenschaftspartnern.
Welche Ziele verfolgt Fraunhofer in Japan? Fraunhofer möchte nachhaltige Netzwerke
zum Austausch von Wissen und Wissenschaftlern aufbauen, strategische Partnerschaften mit exzellenten Partnern ausbauen, erfolgreich in der Auftragsforschung mit der
japanischen Industrie zusammenarbeiten und die spezifischen Marktanforderungen in
Japan verstehen.
Dies erreicht Fraunhofer 1) durch die Bekanntmachung der Fraunhofer-Marke durch
die Präsenzen vor Ort in Form einer Repräsentanz in Tokyo, 2) durch die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit exzellenten Einrichtungen beispielsweise in Form von zwei
Fraunhofer Project Center in Osaka und Sendai, 3) durch die Netzwerkarbeit der Repräsentanz sowie 4) durch den Japan-Kompetenzaufbau der eigenen Wissenschaftler durch
Austausch, aber auch durch regelmäßige Japantage in der Zentrale.
Kaihô
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Die momentane Situation in Japan ist die, dass die Wissenschaft sehr grundlagenorientiert und zu einem sehr großen Teil aus öffentlichen Mitteln finanziert wird, und Wissenschaftler in der Regel keine Berührung mit der Industrie haben. Karrieren sind entweder Wissenschafts- oder Industriekarrieren, Kombinationen sind rar. Der Technologietransfer aus der Wissenschaft in die Industrie ist rudimentär. Die japanische Regierung unternimmt große Anstrengungen, um die Situation zu verbessern.
Füllt Fraunhofer die Lücke zwischen Industrie und Wissenschaft in Japan? Die Fraunhofer-Gesellschaft verfolgt in Japan dieses Ziel nicht. Sie kann dies, wenn überhaupt
auch nur ganz punktuell bewerkstelligen. Aber das Fraunhofer-Modell kann als Vorbild
dienen und, wenn es für die japanischen Forschungseinrichtungen passfähig gemacht
wird, einen Beitrag leisten.
Der Beitrag ist eine Zusammenfassung eines Vortrages, den die Verfasserin beim
Business Luncheon der DJG in Bayern am 11. November 2015 in München gehalten hat.
Yoshino
Kaihô
Aufnahme: Dr. Hanns Hieber
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Shinnenkai
Rückblick von Elke Föll-Großhans auf die Jahresbeginn-Feier
am 23. Januar 2016 im Museum Fünf Kontinente
Mit dem traditionellen Shinnenkai leitete die DJG in Bayern e.V. am 23. Januar 2016 den
Jahresanfang ein. Wie im Vorjahr fand dieses Fest wieder im Museum Fünf Kontinente
statt. Nach der Neujahrsansprache unseres Präsidenten Dr. Oliver Schön und des stellvertretenden Generalkonsuls Daisaku Sugihara begann das festliche Programm mit
dem Auftritt des Deutsch-Japanischen Chores München. Unter der Leitung von
Masumi Miura und seiner Gattin Yuko Miura am Keyboard erklangen stimmungsvolle
Kunst- und Volkslieder aus dem 17. – 21. Jahrhundert, die in Japan sehr populär sind
und vom Chor mit großer Begeisterung gesungen wurden. Der in Japan beliebte westliche Musikstil stand an diesem Abend im Vordergrund, die Besucher lernten jedoch
auch den folkloristischen Einfluss auf das Liedgut der Okinawa-Inseln kennen, den der
Japanische Frauenchor mit einem Lied zum Ausdruck brachte.
Weitere Programmpunkte in diesem Jahr waren der
Auftritt des deutsch-japanischen Theaterkollektivs
EnGawa sowie ein Flötenkonzert mit japanischen Musikstücken. Das deutsch-japanische Theaterkollektiv
EnGawa gab mit einer Kurzszene auf der Bühne, ein
Making-Of der aktuellen Produktion, einen Einblick in
die nächste Neuproduktion, die im März 2016 Premiere
hat. Die Schauspielerin Masako Ogura, die sich selbst
und ihre Rolle spielte, agierte auf der Bühne, während
die Regisseurin Otone Sato außerhalb der Bühne Anweisungen gab. Diese Spiel-im-Spiel-Szene zeigte auf humorvolle Art und Weise die Probleme einer freien Theaterproduktion. Dabei zeigte sich aber auch die Leidenschaft und Liebe der Schauspielerinnen zum Theater.
Die Musikerinnen Mao Höfl-Hayashi und Aya Yabuki haben den Abschluss ihrer musikalischen Ausbildung in Österreich absolviert und sind heute als Meisterinnen auf der
Querflöte solistisch und im Flöten-Duo gefragt. Mit bekannten Volksliedern, aber auch
Melodien aus der Filmmusik, die im 20. Jh. in Japan komponiert wurden, begeisterten
sie unsere Besucher. Das Allegrissimo, Opus 10, des deutschen Komponisten Friedrich
Kuhlau, der ab 1810 in Kopenhagen gewirkt hat, ließ an Tafelmusik erinnern und den
Abend ausklingen.
Nach dem Bühnenprogramm wurden im Foyer des Museums Fünf Kontinente ein
reichhaltiges japanisches Buffet und Getränke angeboten. Wie man sehen konnte, hat es
den Besuchern geschmeckt, und einige waren dabei ganz vertieft in Unterhaltungen.
Ein schöner und gelungener Abend!
Wort und Kanji des Jahres 2015
Ein Beitrag von Dr. Anja Petersen-Padberg
Worte des Jahres 2015
Im letzten November sind „die prägenden Ausdrücke für das Jahr 2015“ aus 50 Vorschlägen von dem Verlag Jiyū Kokumin Sha ausgewählt worden. Für die 10 prämierten
Ausdrücke erhielt jeweils ein
Repräsentant oder eine repräsentative Gruppe eine Anerkennungsplakette. Unter den
50 Ausdrücken bezogen sich
einige auf das Vorhaben der
Regierung Abe, den Friedensartikel der japanischen Verfassung weit auszulegen und
die Sicherheitsgesetze entsprechend zu reformieren,
aber auch Wörter aus der
Sportwelt sowie aus Zeichentrickfilmen oder Fernsehshows wurden vorgeschlagen.
Preisverleihung
Der Hauptpreis wurde den
beiden Ausdrücken „bakugai“ und „toripuru surii“ zugesprochen.
買い
bakugai
Dieser Ausdruck bedeutet "explosionsartig einkaufen" und bezieht sich auf chinesische
und andere ausländische Touristen, die dem japanischen Einzelhandel hohe Umsätze
beschert haben. Der Einkaufsboom
kommt sehr gelegen, da die Inlandsnachfrage in den letzten Jahren stagniert hatte. Japanische Produkte sind aufgrund
ihrer guten Qualität und ihres Designs
beliebt. Stellvertretend für die Händler
nahm Luo Yiwen, CEO der Elektroartikelkette Laox den Preis entgegen, da diese Kette mehr als die Hälfte ihres Umsatzes mit Einkäufen von Ausländern maChinesen beim Einkaufen in Tokyo
chen (die für sich und/oder für ihre japanischen Freunde und Verwandten (?) einkaufen). Mittlerweile hat fast jedes Geschäft
ein "Duty Free" Schild an der Tür.
toripuru surii triple three
Den Baseball Schlagmännern Yuki Yanagita (Fukuoka Softbank Hawks) und Tetsuto Yamada (Tokyo
Yakult Swallows) gelang ein "triple three" in der Saison 2015. Im Baseball bezeichnet die "Triple Crown"
eine besondere Auszeichnung, die von einem Batter
(Schlagmann) oder Pitcher (Werfer) errungen werden
kann, indem er in einer Saison die drei wichtigsten
Batting- bzw. Pitching-Statistiken der Liga anführt.
Diese sind beim
Batting: Home Runs
(HR), Runs batted in
(RBI; erzielte Runs,
wenn der Spieler
am Schlag war)
Tetsuto Yamada
und Batting A veraWikimedia Commons, 與那嶺勲
ge (AVG; Schlagdurchschnitt). Die
Triple Crown ist die größte Herausforderung für einen Baseballspieler und wird dementsprechend selten
errungen. Die Batting-Triple-Crown gilt dabei als
schwerer zu erreichen als die Pitching-Triple-Crown.
In der Baseball League wird eine Triple Crown vergeYuki Yanagita
ben, wenn ein Spieler die drei Kategorien in seiner
Wikimedia Commons, Gaffky
Liga anführt. Den Schlagmännern gelangen 2015 300
und mehr Schläge und mindestens 30 home runs und 30 stolen bases. Sie waren der neunte bzw. zehnte Spieler, denen dies in der bisherigen Baseball-Geschichte Japans gelang,
und erstmals seit 1950 konnten gleich zwei Spieler in die Rekordliste aufgenommen
werden.
安倍 政治
許さ
い
Abe seiji wo yurusanai
Abes Politik wird nicht zugelassen. Ein Plakatspruch der in wöchentlich stattgefundenen
Demonstrationen gegen das Vorhaben von Premierminister Shinzō Abe 2015, eine deutlich weitere Auslegung von Art. 9 der japanischen Verfassung (JV) durch eine Reform
der Sicherheitsgesetze zuzulassen. Art. 9 JV verbietet Japan die Kriegsführung. Art. 9
wird so verstanden, dass es dem Land erlaubt, Selbstverteidigungsstreitkräfte zu unterhalten. Diese sind mittlerweile gut ausgestattet, und insbesondere die Marine gilt als
den Streitkräften der Nachbarstaaten als überlegen. Umstritten ist, ob "Selbstverteidigung" auch Auslandseinsätze erlaubt. Bisherige Auslandseinsätze, wenn sie nicht rein
humanitär waren, wurden erstmals 2001 (Irak Beteiligung) als "kollektive Selbstvertei-
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digung" definiert. 2014 ist diese umstrittene Interpretation wieder aufgegriffen worden.
Am 19. September 2015 ist schließlich gegen erheblichen Protest von Bürgerbewegungen und der Opposition die Reform der Sicherheitsgesetze verabschiedet worden, die
im März 2016 in Kraft treten soll. Den japanischen Streitkräften ist nun erlaubt, als "kollektive Selbstverteidigung", Bündnispartnern in einem militärischen Konflikt beizustehen. Befragte Verfassungsexperten haben bislang mehrheitlich erklärt, dass sie das
Gesetzespaket für verfassungswidrig halten. Einer der ersten Anwendungen könnte der
Einsatz von Selbstverteidigungskräften im Sudan zur Unterstützung der UN oder ausländischen Streitkräften werden. Es wird erwartet, dass in Zukunft die japanischen und
US-amerikanischen Streitkräfte stärker zusammenarbeiten werden, eine Beteiligung am
Kampf gegen den IS schloss Abe allerdings aus.
安心し
さい
穿い
ます
!
Anshin shite kudasai (haitemasuyo)!
Keine Sorge, ich habe sie an. Dies ist mit Sicherheit das lustigste "Wort des Jahres". Der
Komiker
Tonikaku
Akarui
Yasumura
(Künstlername:
"Wie-dem-auch-sei", "Fröhlich"
Yasumura) hat in den Medien (
z.B: im Fernsehen und auf Youtube) eine Nummer veröffentlicht, in denen er in Badehose solche Posen einnimmt, in
denen diese für einen Moment
nicht zu sehen ist. Im Anschluss
zeigt er die Badehose und erklärt: "Keine Sorge, ich habe sie
an". Die Nummer erlangte sehr
große Bekanntheit und wurde
vielfach für Werbespots abgewandelt. Yasumura selbst vermarktet diese kleine Nummer mit allerlei Merchandise Artikeln (Post-its in Badehosen-Form etc.). Videos unter
youtube https://www.youtube.com/watch?v=pQ4IoWrnDKg
一億総活躍社会 Ichioku
sōkatsu yaku shakai
Eine Gesellschaft, in der 100 Millionen Bürger aktiv sein können. Ein Slogan von Premierminister Abe im Zusammenhang mit dem Problem der Überalterung der Gesellschaft. Die
Zahl ist dabei nicht wörtlich zu nehmen. Das Ziel, einen möglichst hohen, sich nicht im
Ruhestand befindenden Bevölkerungsanteil zu haben, scheint derzeit allerdings nicht
realistisch. Dazu müsste nach einem Bericht für die Regierung die gegenwärtige Geburtenrate von 1.7 auf 2.4 steigen und die Arbeitnehmer nicht bis 60, sondern bis 70 arbei-
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ten. Der Anteil der weiblichen Arbeitskräfte müsste deutlich gesteigert werden. Anderenfalls kommt es zu einer Verringerung der arbeitenden Bevölkerung um 42% von
derzeit rund 66 Millionen (2013) auf rund 38 Millionen 2060. Bei einer Geburtenrate
von 2.4 würde es bei 55 Millionen Arbeitskräften in demselben Zeitraum bleiben. Bleiben die Parameter unverändert, wird die japanische
Bevölkerung von derzeit rund 127,5 Millionen Einwohnern in den nächsten Jahrzehnten um ein Drittel auf 87 Mill. Einwohner schrumpfen. Der Anteil
von über 65-jährigen würde 2060 rund 40% betragen. Der Slogan erinnerte allerdings viele an
Kriegspropaganda im 2. Weltkrieg, in der "100 Millionen Bürger gegen den Feind bis zum Tode kämpfen sollten".
エンブ
Enburemu
Emblem. Das Logo für die Olympischen Spiele in Tokyo 2020, das
der Designer Sano Kenjirō entworfen hatte, wurde im September
2015 verworfen, da ihm der belgische Designer Olivier Debie
vorgeworfen hatte, es von seinem im Jahr 2013 entworfenen Logo
für das Theater in Liege, kopiert zu haben. Sano bestritt die Vorwürfe. Er habe das Logo zuvor nicht gesehen. Zwar genießt das
Logo für das belgische Theater in Japan keinen Markenschutz,
aber dennoch verwarf das Japanische Olympische Komitee den
Entwurf. Auch mit anderen Problemen hat das Olympische Komitee zu kämpfen. Erst im Juli 2015 hatte das Olympische Komitee den Entwurf für ein neues Stadion von Zaha Hadid verworfen. Die veranschlagten Kosten waren auf 2 Mrd. US Dollar gestiegen. Damit müssen
die Planungen für das Stadium jetzt von neuem beginnen.
五郎丸
ー
Ayumu Gorōmaru
Wikimedia Commons, 埊
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Gorōmaru pōzu
Gorōmaru Pose. Der Rugby-Spieler Ayumu
Gorōmaru war einer der Stars des japani
schen Teams bei der Rugby Weltmeisterschaft
vom 18. September bis 31. Oktober 2015 in
England. Das japanische Team überraschte
mit einem historischen Sieg über Südafrika
(34:32).
Ayumu Gorōmaru legte vor jedem Kick die
Hände mit den Zeigefingern nach oben zusammen, dies ist nun die "Gorōmaru Pose".
Rugby ist ein beliebter Sport in Japan mit
126.000 registrierten Spielern und großer Popularität.
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シー
SEALDs (Students Emergency
Action for Liberal Democracy (自由 民主主義の め
の学生緊急行動) Jiyū to minshu shugi no tame no gakusei
kinkyū kōdō.
SEALDs ist eine Studentengruppe, die sich zum Ziel gesetzt hat, die japanische Friedensverfassung zu wahren und daher gegen die weite Auslegung des Art. 9 der Japanischen Verfassung durch die Regierung Abe protestiert (www.sealds.com)
Ihr wichtigster Sprecher ist Aki Okuda, dem es gelungen ist, mehr japanische Jugendliche für Politik zu interessieren und zu aktivieren.
まい
、修造! Mainichi, Shūzō!
Täglich Shūzō! Es handelt sich um ein Motivationskalender des ehemaligen ProfiTennisspielers Shūzō Matsuoka, der zum Bestseller wurde. Es enthält tägliche Motivationssätze. Matsuoka ist bekannt als energischer Coach, Sportkommentator, Gourmet
Journalist und als Werbeträger. Er ist Gastgeber der jährlichen "Shuzo Challenge" ein
Tenniscamp für Kinder, organisiert von der Japan Tennis Association. Er unterhält eine
Webseite und sein dort veröffentlichtes Motivationsvideo "Konna anata ni" auf Youtube ist seit 2008 rund 9.000 Mal als MAD (Music Anime Dōga, dies sind rearrangierte
videos) auf Nico Nico Dōga (NND), ein japanisches Youtube, veröffentlicht worden.
今
の漢字 kotoshi no kanji
Kanji des Jahres
Das "Schriftzeichen des Jahres", das am besten die Ereignisse des Jahres widergibt, wird
seit 1995 von der Japanese Kanji Proficiency Society durch nationale Befragung ermittelt. Es wird am 12. Dezember ("Kanji Tag") am Kiyonomizu Tempel in Kyoto bekanntgegeben, wo der leitende Mönch eine großformatige Tuschezeichnung des ausgewählten Kanjis malt.
Das Kanji des Jahres 2015 ist "an" (安) das Frieden und Sicherheit
bedeutet. Es ist zum einen gewählt worden, da das Kabinett Abe
(Abe (安倍 enthält das Zeichen "an") eine Reform der Sicherheitsgesetze (安全保障関連法 anzen hosho kanren ho) durchführte.
Allgemein verspürte man eine Unsicherheit (不安 fuan) über die
Weltsicherheit (安
yasuragi) und den Weltfrieden ( 安 heian) aufgrund der Anschläge in Paris und der Tötung eines Japaners durch den IS.
安
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Im Inland führte einer der wohl größten Bauskandale zur Sorge um die Sicherheit (安全
anzen) von Mietwohnungen und öffentlichen Gebäuden. Es begann mit Rissen in einem
Wohngebäude in Yokohama (das zwischenzeitlich abgerissen wurde), und es stellte
sich dann aufgrund einer Untersuchung des Bauministeriums heraus, dass rund 50 Arbeiter einer Tochtergesellschaft von Asai Kasei regelmäßig Daten in Bezug auf Pfählungen gefälscht hatten. Bei den untersuchten 2.376 (von 3.040) Projekten waren bei mindestens 266 falsche Daten zur Tiefe der Pfählung angegeben worden so dass unklar ist,
ob die Pfähle festen Grund haben oder auf Sand gebaut sind. Sand würde im Falle eines
Tsunami weggeschwemmt werden oder könnte bei einem Erdbeben nicht für Standfestigkeit sorgen. Auch das Unternehmen Japan Piling erklärte, dass es 18 Fälle von falschen Daten zu Pfählungen entdeckt habe. Da Japan Piling einen Viertel des Marktes
beherrscht, führt dies zu Unsicherheiten gegenüber der gesamten Bauindustrie. Asahi
Kasei war auch an dem Bau von 602 öffentlichen Gebäuden, wie z.B. Krankenhäusern
und Schulen beteiligt. In 63 Fällen entpuppten sich die Pfählungsdaten dieser Gebäude
als falsch. Bauprojekte in Japan stehen derzeit aufgrund der anstehenden Olympiade
2020 unter einem besonderen Zeitdruck.
Weiterhin war "an" auch Thema aufgrund des (folgenlosen) Bombenschlags auf den
umstrittenen Yasukuni Schrein am 23. November 2015.
Eine große Bedeutung erlangte das "Kanji des Jahres" in Bezug auf die Zustimmung zu
dem TPP Vertrag (Trans-Pacific Partnership), dem größten Freihandelsabkommen der
Welt, das am 4. Februar 2016 von 12 Staaten: Australien, Brunei, Chile, Japan, Kanada,
Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur, den USA und Vietnam gezeichnet worden ist. Es steht nun die Ratifizierung in den einzelnen Staaten an. TPP verursachte die
Besorgnis, ob Nahrungsmittel in Zukunft noch sicher (安全 anzen) seien und ob der
Verbraucherschutz gewahrt sein wird. Die japanischen Industriekreise sehen in dem
TPP Abkommen für Japan Chancen, die Landwirtschaftsvertreter eher Risiken. Besonders umstritten war die Frist für den Schutz von Arzneimittelzulassungsdaten des Originalherstellers, die Generika Hersteller nach Ablauf des Patentschutzes nutzen möchten, um die „Bioäquivalenz“ ihres Arzneimittels zu dem Originalprodukt nachzuweisen. Die USA verlangten einen 12-jährigen Schutz der Zulassungsdaten des Originalherstellers. Je kürzer die Datenschutzfrist, desto eher können, nach Ablauf bestehenden
Patentschutzes, kostengünstige Generika auf den Markt gebracht werden, was für Entwicklungsländer von besonderem Interesse ist. Einige zukünftige Mitgliedsstaaten wie
Peru, Vietnam, Malaysia, Mexiko oder Brunei hatten bislang keinerlei Schutzfristen. Das
neue Abkommen sieht offensichtlich nun vor, dass die Zulassungsdaten für mindestens
fünf und höchstens acht Jahre geschützt sind. Im Detail schwierig sind Fragestellungen
im Zusammenhang mit dem Wegfall der Zölle.
Zuletzt kommt das Zeichen "an" in der landesweit bekannten und oben erwähnten
Nummer des Komödianten Tonikaku Akarui Yasumura vor ("anshin shite kudasai, haitemasuyo").
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Japan sucht die Superskandalnudel
Die Kolumne von Andreas Neuenkirchen
Auf einer meiner ersten Reisen nach Japan dachte ich einmal, ich hätte SMAP gesehen.
Ich hatte damals allerdings fast keine Kenntnis der Sprache und nur lückenhafte Kenntnis der Eckpfeiler der Gegenwartskultur des Landes. Soll heißen: Ich verstand nichts
und wusste eigentlich gar nicht, wer oder was SMAP ist. Es ist schon interessant, welche Schlüsse sich das Gehirn manchmal zusammenreimt, wenn es sich ausschließlich
auf visuelle Informationen verlassen muss. Die Situation war folgende: In einem mittelkleinen Plattenladen in Tokio trat eine Band vor ein paar höflich klatschenden Zufallszuhörern auf. Hinter ihnen hing ein Werbeplakat, auf dem irgendwas mit „SMAP!“
stand, und das wohl ein neues Album einer Popgruppe dieses Namens annoncierte.
Also dachte ich mir, während ich mir die Band ansah: Das sind also SMAP. Falls die mal
groß rauskommen, kann ich mich damit brüsten, dass ich sie bei einem ihrer ersten, bescheidenen
Gigs in einem der unauffälligeren Läden der Stadt gesehen habe.
Ich habe mich dann fortan tatsächlich damit gebrüstet. Denn dass SMAP es geschafft
haben, war mir irgendwann vage bewusst geworden. Man hat mir die Geschichte mal
mehr, mal weniger abgenommen; je nachdem, wie sehr ich bei der Wahrheitstreue ins
Detail gegangen bin.
Selbstverständlich war das alles ein
riesengroßes Missverständnis meinerseits, wie ich später einsehen musste.
Das Plakat hing nur zufällig dort, es
war halt ein Plattenladen, und hatte
nichts mit dem gerade im Laden auftretenden Akt zu tun. Wie der hieß,
weiß ich bis heute nicht. Falls sie groß
rausgekommen sind, habe ich es nicht
mitbekommen, oder sie nicht wiedererkannt. SMAP, so weiß ich inzwischen, waren schon damals die ganzheitliche Personifizierung der japaniSMAP
schen Unterhaltungsindustrie und
hätten bestimmt kein intimes Ladenkonzert geben können, ohne eine Massenpanik auszulösen. Als Boyband waren sie gestartet, als Herrenband sind sie noch immer dick im Geschäft. Doch die Musik ist nebensächlich angesichts der Koch-, Quiz-, Talk- und Mischmasch-Shows, die die SMAPs
gemeinsam oder getrennt voneinander im Fernsehen moderieren, ganz zu schweigen
von ihren mannigfaltigen Auftritten in Kinofilmen, Fernsehserien und Werbekampagnen.
SMAP waren zuletzt mehr noch als sonst in den Nachrichten aller Medien präsent, als
herauskam, dass sich einige von ihnen von ihrem langjährigen Management trennten.
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Eine Teiltrennung vom Management schien nicht praktikabel für die Band als Ganzes,
so machten schnell Gerüchte um eine komplette SMAP-Zerschlagung die Runde. Einige
Leitmedien berichteten darüber in den Hauptnachrichten. Andere Leitmedien fragten
kritisch, ob so was in die Hauptnachrichten gehöre. Schweigen mochte niemand. Premierminister Abe äußerte den Wunsch, SMAP mögen zum Wohle der Nation zusammenbleiben. Die Bandmitglieder sagten schließlich zu allgemeiner Erleichterung: „Wir
schaffen das!“
Als das nationale Klatschgewitter über SMAP hereinbrach, war ich hocherfreut. Nicht,
dass ich ihnen etwas Böses wünsche. Ich bin aus dem Alter raus, in dem man sich an
negativer Energie berauscht. Als Fernsehpersönlichkeiten finde ich die Smappys nicht
unangenehm, mit ihrer Musik bin ich nach wie vor nicht vertraut. Wahrscheinlich gefiele sie mir nicht, aber damit können vermutlich beide Parteien leben. Der Grund, warum
ich die negative Aufmerksamkeit für SMAP begrüßte, war der, dass sie zumindest für
einen Moment die negative Aufmerksamkeit
von TV-Talent Becky abzog. Die quirlige britisch-japanische
Unterhaltungskünstlerin
war nämlich gerade arg in die BoulevardSchusslinie geraten, aufgrund von Dingen,
die sich eventuell in einem Hotelzimmer mit
einem verheirateten Mann zugetragen haben.
Becky war mir stets wichtig, und sie ist es
noch mehr, seit meine deutsch-japanische
Tochter Hana auf der Welt ist. Der Umzug
unserer Familie nach Tokio steht unmittelbar
bevor, und mein geheimer Plan war es immer gewesen, Hana an die japanische Unterhaltungsindustrie zu verkaufen oder zumindest auszuleihen, falls es mal wirtschaftlich
eng wird. Bitte verraten Sie es nicht meiner
Frau, es soll eine Überraschung werden.
Becky schien mir da immer ein gutes Vorbild.
Becky♪♯ ( ッキー Bekkī)
Sie scheint aufrichtigen Spaß an den Nichtigkeiten zu haben, die sie tut, und trotzdem ein
ganz aufgewecktes, vernünftiges Persönchen zu sein. Sollte dieser Skandal ihr nachhaltig schaden, stehen meine Argumente auf unsicherem Grund.
Leider kochte die Becky-Sache wieder hoch, nachdem der SMAP-Krach abgeklungen
war. Jetzt setze ich alle meine Hoffnungen in die Baseball-Legende Kazuhiro Kiyohara,
die letztens wegen Drogenbesitzes verhaftet wurde. Entsprechende Gerüchte hatte es
um den Mann immer gegeben, man hatte ihn schon früher mit Yakuza beim Golfspielen
erwischt, und er hatte einst in einer SMAP-Talkshow gestanden, tätowiert zu sein, was
in Japan im Grunde genommen ein Blanko-Schuldgeständnis für alles Mögliche ist.
Also, liebe Geier, stürzt euch auf Kiyohara, wenn ihr euch unbedingt stürzen müsst.
Lasst Becky in Ruhe. Wir brauchen sie noch. Ich brauche sie noch.
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Teilnehmer und Gastgeber gesucht
Jugendaustausch mit der Japanisch-Deutschen Gesellschaft
Westjapan, Fukuoka
Eine Ankündigung von Dr. Oliver Schön
Für den August dieses Jahres ist ein Austauschprogramm in Zusammenarbeit mit der
Japanisch-Deutschen Gesellschaft Westjapan in Fukuoka geplant. Zuerst werden japanische Jugendliche nach München kommen und anschließend soll eine deutsche Delegation nach Fukuoka und Nagasaki reisen.
Für dieses Austauschprogramm werden sowohl Gasteltern – die bereit sind einen oder
zwei junge JapanerInnen bei sich aufzunehmen – als auch Reiseteilnehmer gesucht. Die
japanische Jugenddelegation wird
in der Zeit vom Freitag, den 05.
August bis zum Freitag, den 12.
August 2016 in München sein
und die Reise der deutschen
Gruppe soll in der Zeit von
Dienstag, den 16. bis zum Mittwoch, den 31. August 2016 stattfinden.
Den japanischen Teilnehmern
wird in München ein umfangreiches Programm geboten, so dass
Erste Jugendaustauschreise der DJG in Bayern
die Gastgeber sich an den Wonach Japan im August 2008
chentagen tagsüber nicht um die
japanischen
Gäste
kümmern
müssten. Das Programm für die deutschen Teilnehmer ist zweigeteilt. Eine Woche werden die Teilnehmer in Fukuoka sein und dort bei Gastfamilien untergebracht sein. Die
JDG Westjapan wird für diese Zeit ein Programm organisieren. Die restliche Zeit wird
die Gruppe in Nagasaki und Kumamoto verbringen und ein touristisches Programm
absolvieren.
Teilnehmen können alle Mitglieder oder Kinder und Verwandte von Mitgliedern im
Alter zwischen 18 und 22 Jahren. Die Gruppe wird von einem deutschen Begleiter betreut und zum Selbstkostenpreis angeboten. Sie beginnt und endet in Fukuoka (d.h. der
Flug ist eigenständig zu buchen) und der Reisepreis wird ca. 500 - 600 Euro betragen.
Vor der Reise wird ein Vorbereitungswochenende stattfinden.
Am Montag, 07. März wird um 18:30 Uhr ein Vorbereitungstreffen im Alten- und Servicezentrum der Caritas Au/ Haidhausen, Balanstr. 28, 81669 München stattfinden. Der
Raum liegt im Erdgeschoss im hinteren Bereich des Gebäudes. Sie erreichen ihn am einfachsten durch den Garten. Um eine Voranmeldung unter [email protected]
wird gebeten.
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Buchveröffentlichung
Eine Ankündigung von Lüder Paysen
Philipp Franz von Siebold und München
Andrea Hirner, Bruno J. Richtsfeld, Jürgen Betten
mit einem Beitrag von Alphonse Daudet (1840-1897)
zusammenfassende Übersetzung aus dem Japanischen:
Yuko Murato
Herausgeber: DJG in Bayern e.V.
broschiert, DIN-A5 Format
ca. 160 Seiten mit zahlreichen Abbildungen
ISBN: 978-3-00-052253-6
Preis: € 12,80
Philipp Franz von Siebold (1796-1866), Arzt, Erforscher Japans, Vermittler und unermüdlicher Reisender, ist bis heute die große Symbolgestalt zwischen Japan und Bayern.
In Würzburg geboren, in München gestorben. Sein Grab befindet sich auf dem Alten
Südlichen Friedhof.
Viel verbindet ihn mit München: Seine japanische Sammlung stellte er Anfang 1866 in
den Arkaden des Hofgartens aus mit dem Wunsch, sie dem bayrischen Staat zu übereignen. Über den Verhandlungen starb er, doch wurde sein „Japanischen Museum“ zu
einem wichtigen Teil des Völkerkundemuseums in München.
Vier Beiträge beschreiben sein Leben zwischen Japan und Bayern, sein Ende und sein
Grab in München, mit zahlreichen Abbildungen aus seiner Zeit. Auch seiner großen
Bedeutung für die Gründung des heutigen Museums Fünf Kontinente wird nachgegangen. Siebold, der bis heute in Japan unvergessen ist, gehört zu den bedeutenden Persönlichkeiten im München des 19. Jahrhunderts.
Alle vier Beiträge sind in einer Zusammenfassung ins Japanische übersetzt, so dass
auch der interessierte Japaner einen Eindruck vom Leben Siebolds in München bekommt.
Diese Gedenkschrift der DJG in Bayern zum 150. Todestag von
Philipp Franz von Siebold wird Ende März erscheinen und kann
über den Buchhandel bezogen werden.
Die Mitglieder der DJG in Bayern bekommen das Buch
kostenlos im März/April zugesandt.
Nichtmitglieder können das Siebold Buch bereits jetzt bei der
DJG in Bayern telefonisch (089-221863), per FAX (089-2289598)
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Kaihô
No. 2/2016
März/April 2016
Seite 35
Rezension
Buchbesprechung von Dr. Andrea Hirner
1995 hat der amerikanische Architekt Leonard Koren sein
Buch: „Wabi-Sabi für Künstler, Architekten und Designer“ in
deutscher Übersetzung herausgebracht. Wie groß der Zuspruch zu diesem Werk ist, zeigt die Tatsache, dass es bereits
in 8. Auflage erschienen ist. Nun hat Ende 2015 sein Verlag
ein kleineres Büchlein dazu vorgelegt, das man als Ergänzung
verstehen kann.
Leonard Koren: Wabi-Sabi. Woher? Wohin? Weiterführende
Gedanken für Künstler, Architekten und Designer.
94 S. broschiert mit zahlreichen Abb.
Wasmuth Verlag Tübingen 2015, Euro 15,00
ISBN/EAN: 9783803032188.
In seinem ersten Buch war Koren nicht auf den historischen Hintergrund dieses Begriffspaares „Wabi-Sabi“ eingegangen, auf das man sofort stößt, wenn man sich mit
Zen-Buddhismus oder der japanischen Ästhetik befasst. Denn die beiden Begriffe stehen im Zentrum und bilden das Herz der japanischen traditionellen Kultur.
Im heutigen Dasein scheinen sie weitgehend verschwunden zu sein, verdrängt von
Buntheit, Lärm und der Überfülle von „gadgets“, die alles überwuchern.
Dazu kommt, dass sich dieses Begriffspaar einer raschen rationalen Erklärung entzieht,
wie es bei uns so oft gewünscht wird. Einfacher ist es, sich von der ästhetischen Seite
her zu nähern und erst einmal den historischen Kontext zu verstehen, wie Koren es
auch vorschlägt. Dazu muss man weit in die japanische Geschichte zurückgehen. Der
Begriff „Sabi“ taucht bereits im „Manyōshū“, der Gedichtsammlung des 8. Jahrhunderts
auf und hatte den Klang von „einsam, verlassen sein“ (im heutigen Wort sabishii: „einsam, allein“ ist der Wortstamm noch zu erkennen). Im 13. Jahrhunderts wurde er als ein
literarisches Konzept angewendet und deutete auf eine wehmütige Stimmung von
„Schönheit verwelkter, gebrauchter Dinge“ hin, hinter der das Bewusstsein von Vergänglichkeit dieser Welt steht. Es ist kein Wunder, dass gerade das Nō-Theater von dieser Stimmung getragen wird.
Ende des 16. Jahrhunderts kommt eine besondere Art der Teezeremonie mit der Bezeichnung „Wabi-cha“ auf. Die aus China importierte Teezeremonie konnte bis dahin
sehr prachtvoll sein, mit Gelagen, Alkohol und prächtigen und teuren Utensilien, die
meistens aus China stammten. Der Gastgeber konnte damit seine Gäste beeindrucken.
Das ebenfalls alte Wort „Wabi“, das so etwas wie „elend, arm und verzweifelt“ andeutete, wurde nun poetisch umgedeutet und verband sich mit dem „neuen“ Teeweg, wie
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er von Sen no Rikyū geprägt wurde. In der labilen Sengoku-Zeit (1466-1598), in der die
Flüchtigkeit der Existenz von allen Schichten schmerzlich erfahren wurde, ersetzten
nun einfache, raue Utensilien die ehemals kostbaren Gefäße und entsprachen damit den
sehr schlichten Teehäusern, die damals entstanden. Oder die Meister mischten unterschiedliche Materialien, Altes und Neues, Kostbares und Einfaches, Chinesisches mit
Japanischem. Hier entstand auch die Idee, alte, zersprungene Schalen zu kitten und
wieder in Gebrauch zu nehmen, wobei die Tonscherben bewusst mit kostbarem Material wie Gold repariert wurden. Es war ein Stil „der Ästhetisierung von Armut“. Schon
dieser Begriff zeigt, dass das japanische Sabi-Wabi Konzept diametral entgegengesetzt
ist zu Europa. Während die Zeit des Wabi-cha zu Ende ging, wurde Japan geeint, und
die Teezeremonie nahm ihre feste Gestalt an, die wir heute noch kennen.
Wabi und Sabi werden heute kaum noch getrennt gebraucht. Koren beschreibt, wie er
ihren Wert für sich entdeckte, indem er alte, verrottende Blätter fotografierte und in
ihnen eine besondere Schönheit entdeckte. Er definiert den Begriff nun als Entdeckung
einer neuen Sehweise: „Die Schönheit von Wabi-Sabi zu erkennen heißt, Außergewöhnliches in etwas zu entdecken, das wir sonst als normal, unauffällig oder kaum wahrnehmbar ansehen.“ Für uns mag das ein mühsamer Prozess des Umdenkens sein, in
Japan bereitete der Shintō den Boden dafür, der die Welt nicht klar in Stoffliches und
Nicht-Stoffliches eingeteilt sieht.
Auch der Buddhismus in der Ausformung des Zen ist untrennbar mit dem Wabi-Sabi
Begriff verbunden und prägt wie in den Jahrhunderten davor das japanische Handwerk, das die einfachen, natürlichen Materialien bevorzugt. Das erklärt auch die Besessenheit japanischer Töpfer für die Tonerde und nicht das Porzellan, das im Westen wegen seiner Schönheit am höchsten steht. Im japanischen Handwerk ist auch heute noch
gelegentlich zu entdecken, was Wabi und Sabi bedeuten kann. Und zunehmend im
Westen, wo das Unbehagen an einer zu lauten Umwelt in das Konzept einer „neuen
Einfachheit“ mündet, die schöpferische Menschen wie Architekten oder Designer fasziniert.
Die Frage „woher“ im Untertitel ist damit - wenn auch vereinfacht - geklärt, es bleibt
die Frage „wohin“. Hier ist Koren pessimistisch. Er glaubt, dass in der vom binären
Prinzip beherrschten modernen Welt kein Platz mehr für Zwischentöne bleibt. „Die
feinen Signale der Welt bis ins Substilste zu verstehen, ist eine unabdingbare Voraussetzung für das Überleben. Der digitale Bereich ist eine radikal zurechtgestutzte, konstruierte Sub-Welt, das Produkt (unvollkommener) menschlicher Geister. Wie wird es
sich langfristig auswirken, in einer solchen Welt zu leben?“
Dennoch hat er versucht, bei diesem vorgelegten Werk etwas von Wabi-Sabi in die äußerst schlichte Gestaltung des Buches zu retten.
Damit wirft sein Buch eigentlich mehr Fragen auf, als sie zu beantworten und sollte
damit eine Anregung sein, die der Leser ruhig einmal aufgreifen sollte.
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Haiku-Kreis
Yuko Murato berichtet
Zum November-Treffen kamen etwas weniger Leute, aber wir diskutierten dafür unsere Probleme eingehender. Eines der Gesprächsthemen war die Mundart beim HaikuDichten. Man schreibt gelegentlich Haiku in der Mundart oder dem Dialekt, um dem
Haiku etwas vom Lokalkolorit zu verleihen.
Wenn Deutsche in einem Haiku Mundart oder derbe Ausdrücke verwenden, ziehen sie
als Paradebeispiel Bashôs folgendes Haiku heran:
„Nichts als Flöhe und Läuse! / Und nah an meinem Kopfkissen / pisst auch noch ein
Pferd!“ (Vom Japanischen übertragen von G. S. Dombrady)
Wer aber das Haiku im Original liest, bekommt von ihm einen ganz anderen Eindruck.
Für das Wort „Urin“ steht bei Bashô „Shito“, das auch Murasaki Shikibu, die Verfasserin von „Der Prinz Genji“ (Anfang des 11. Jahrhunderts) benutzte. Das alte Wort scheint
kein hässliches Wort gewesen sein. Bashô wählte sehr sorgfältig Wörter für seine Haiku
aus. Auch heutige Dichter greifen gelegentlich Themen wie „Mist“ oder „Kot“ auf; indem sie aber alte Wörter wie „Mari“ oder „maru“ benutzen, klingen ihre Haiku klassisch und fast edel. Die Mehrheit der Japaner dichtet Haiku heute noch auf Altjapanisch, weil sie eine kurze, klare Sprache mit Wohlklang ist. Sie wechseln von der Alltagssprache ins Altjapanisch und damit automatisch in den dichterischen Modus.
Zum traditionellen Weihnachtstreffen am 17.12.2015 kam unser Mitglied aus Südtirol
wieder mit einem leckeren „Panettone“. Außerdem gab es Lebkuchen, Kekse und einen
hausgemachten Likör mit Kornelkirschen zu kosten. Unsere Diskussion über das Haiku
wurde durch die Äußerungen einer Besucherin belebt.
In der ersten Hälfte der Sitzung, die wie immer mit einem kleinen Haiku-Wettbewerb
vergleichbar war, merkte ich, dass die Auswahl der Deutschen und der meinen ziemlich
unterschiedlich waren. Der Unterschied war zwar immer vorhanden gewesen, aber
beim Thema „Weihnachten“, das so tief im Leben der christlichen Länder verankert ist,
wurde er deutlicher.
Weil Ende des Jahres sowohl im Münchner als auch im Augsburger Haiku-Kreis zufällig zum Thema „Weihnachten“ gedichtet wurde, schickte ich diesmal auch Haiku aus
Augsburg an Frau Yamada. Ein Teil davon wird Anfang Februar mit ihrem Kommentar
in ihrer Haiku-Zeitschrift „Enkô“ veröffentlicht. Ich glaube, dass diese Bereicherung
den japanischen Lesern Gefallen wird. Wenn das Echo positiv ausfällt, könnten wir das
Wettdichten einmal wiederholen.
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Kaihô
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の句会が
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の題
競詠しまし
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Japanischer Gesprächskreis
Ein Bericht von Yuko Murato
Beim November-Treffen ging es sehr bunt zu: Eine Japanerin zeigte uns bei ihrem Vortrag viele Fotos von internationalen Weihnachtsgebäcken. Stollen und Lebkuchen aus
Deutschland, Bûche de Noël aus Frankreich, Panettone aus Italien und Christmas Pudding aus England waren uns vertraut. Die anderen Gebäcke wie Joulutortut aus Finnland, Pepparkaka aus Schweden und Turron aus Spanien waren uns weitgehend fremd.
Die Geschichte des „Christmascake“ aus Japan war amüsant. Fujii Rin’emon, der Gründer des japanischen Süßigkeiten-Herstellers „Fujiya“, ging 1912 in die USA und lernte
dort „Shortcake mit Erdbeeren“ kennen.
Nach seiner Heimkehr passte er den Sahnekuchen dem Geschmack der Japaner an und
verkaufte ihn als Weihnachtstorte erfolgreich. Aber warum gerade eine Sahnetorte
mit Erdbeeren? Nach Aussage der Referentin war das eine Verkaufsstrategie der japanischen Süßigkeiten-Industrie: Rote Erdbeeren sollten den Weihnachtsmann und die
weiße Sahne den Schnee symbolisieren. Die
rot-weiße Farbenkombination ist glückverheißend für Japaner. Dies könnten die Gründe dafür sein, dass die Familienväter heute
noch zu Weihnachten solch eine Torte kaufen.
Seit einem Jahr trifft sich der Gesprächskreis am dritten Donnerstag des Monats, und
deshalb ist es jetzt ungünstig geworden, Ende Januar, also unmittelbar nach dem Monatstreffen, noch ein Shinnenkai (Neujahrsfest) zu feiern. So veranstalteten wir noch am
Jahresende ein Bônenkai (eine Jahresendfeier). Wir trafen uns am Nikolaustag in der
Wohnung einer Teilnehmerin und hörten zuerst einen Vortrag von einem Studenten,
der im letzten Oktober etwas über sein Heimatland Brasilien vorgetragen hatte, diesmal
über die Sprachlernmethode „Flash Card“. Das dazu genutzte Computerprogramm
heißt „Anki“ (das bedeutet: „auswendig lernen“), mit dem der Referent innerhalb eines
halben Jahres große Fortschritte in der japanischen Sprache gemacht hatte. Mit dem
Programm, das einen Algorithmus benutzt, erstellt man sich selbst digitale „Wörterkarten“. Die Essenz des Programms ist, dass man das Gelernte häufig wiederholt, damit
man es nicht mehr vergisst. Wie ich gesehen habe, fördert das Programm mit einem
intelligenten System des Intervall-Trainings die Motivation des Lernenden.
Nach vielen Fragen und Diskussionen kamen wir endlich an den Esstisch, auf dem
wunderbare japanische und europäische Speisen von den Teilnehmern bereitstanden.
Während des fröhlichen Beisammenseins wurden noch über interessante Themen diskutiert. Eine Teilnehmerin spielte auf ihrer Querflöte Weihnachtslieder, und wir stimmten in die Melodie fröhlich ein.
暮れ
忘年会
講演
持ち寄
料理
フルート演奏
素晴
しいひ
時
した
Hinweise
Retrospektive OZU Yasujirō im Filmmuseum München
Vom 4. März bis zum 22. Juni 2016 zeigt das Münchner Filmmuseum eine komplette
Retrospektive der Filme von OZU Yasujirō (1903-1963).
In insgesamt 35 Programmen werden alle erhaltenen Filme des „japanischsten aller Regisseure“ gezeigt – von WAKAKI HI (Tage der Jugend, 1929) bis SAMMA NO AJI (Ein
Herbstnachmittag, 1962) – alle in der japanischen Originalfassung, die meisten mit englischen Untertiteln, viele auch deutsch untertitelt, dazu zwei Dokumentationen über
Leben und Werk. Haupttermine: jeweils Freitag/Samstag/Sonntag, 21.00 Uhr, Wiederholungen jeweils Dienstag/Mittwoch, 18.30 Uhr. Alle Stummfilme werden live am Klavier begleitet, mit KATAOKA Ichirō wird zudem einer der profiliertesten Benshi am 12.
und 13. März auftreten. Ebenfalls direkt aus Japan kommt eine der besten Filmpianistinnen, YANASHITA Mie, die im Filmmuseum eine Woche lang (vom 26. März bis zum
2. April) zu Gast sein wird.
Alle Termine auf der Website des Filmmuseums – http://www.muenchnerstadtmuseum.de/film/filmreihen.html
Eintrittspreis: 4 €. Telefonische Kartenreservierung (vier Wochen im Voraus): 089-23396450. Adresse: St.-Jakobs-Platz 1 – 80331 München
記憶の未来 I.+ II. - Die Zukunft der Erinnerungen I. + II.
Zum 5. Gedenkjahr an die Katastrophen in Fukushima haben sich Theatermacher aus
Japan und in München lebende japanische Künstler zusammengefunden, um eine Veranstaltungsreihe mit Konzerten, Theater- und Performancevorstellungen u.v.m. an verschiedenen Orten durchzuführen.
記憶の未来 I. - Die Zukunft der Erinnerungen I.
Ort: Import Export, Dachauer Straße 114, 80636 München,
Homepage: http://www.import-export.cc/
Fr. 11.03.2016: 20:30 Uhr: „Fünf Jahre nach Fukushima“: Konzerte, Videoperformance,
Kirschblütenfest; Eintritt: 8,- €
Mi. 16.03.2016: 20 Uhr: Butoh-Tanz „Und dennoch wollte ich das Meer sehen“ mit Yumi
Sagara; Eintritt: 12,- €
記憶の未来 II. - De Zukunft der Erinnerungen II.
Ort: Kulturzentrum Giesinger Bahnhof Giesinger Bahnhofplatz 1, 81539 München
Homepage: www.giesinger-bahnhof.de
Karten für die Veranstaltung im Kulturzentrum Giesinger Bahnhof: Tel.: 089 -189 10 788
Do. 17.03.2016: 20 Uhr: Theater „Hot Particle“ von EnGawa; Eintritt: 12,-/10,- €
Fr. 18.03.2016: 11 Uhr: Videovortrag „Die Wolke“ von Minamoza; Eintritt: frei
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14 Uhr: Butoh-Tanzworkshop „Die Erschaffung des
Körpers“ mit Yumi Sagara
Teilnahmegebühr: 40,-€; Anmeldung für den Workshop schriftlich an: [email protected]
20 Uhr: Theater „Hot Particle“ von EnGawa; Eintritt:
12,- €, ermäßigt 10,- €
Sa. 19.03.2016: 20 Uhr: Theater „Kiru annya to U-ko
san“ von THEA-TRIE; Eintritt: 15,- €, ermäßigt 12,- €,
Abschlussgespräch mit dem Publikum
Nikolaus Steindlmüller: kaito-Keramik aus dem
Anagama
Ausstellung in der Galerie für Angewandte Kunst,
Pacellistraße 6-8, München,
vom 8. April bis 14 Mai 2016.
Der Keramiker Nikolaus Steindlmüller zeigt in dieser
Ausstellung holzgefeuerte Keramik nach japanischem
Vorbild. Er betreibt in Prien am Chiemsee eine Keramikwerkstatt mit einem Anagama-Ofen, wie sie auch
in Bizen betrieben werden.
Neue Mitglieder
In den letzten Monaten sind unserer Gesellschaft vier
neue Mitglieder beigetreten, die wir recht herzlich begrüßen. Wir danken für das Vertrauen und hoffen,
dass wir den Erwartungen der neuen Mitglieder gerecht werden können.
Beigetreten sind:
Ingrid Gessner
Joachim Ohlig
Kevin Hirschmann
All Nippon Airways
81637 München
80538 München
81369 München
60311 Frankfurt
Impressum:
Herausgeber:
DJG in Bayern e.V.
Marienplatz 1/II
80331 München
Telefon: 089/221863
Telefax: 089/2289598
E-Mail:
[email protected]
Web:
www.djg-muenchen.de
Bürozeiten:
Montag: 10.00 – 12.30 Uhr
Donnerstag: 10-12.30 Uhr
Bankverbindung:
Commerzbank AG München
Konto: 0331642700
BLZ 700 800 00
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Redaktion:
Lüder Paysen (verantw.)
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Dr. Andrea Hirner
Elke Föll-Großhans
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Lüder Paysen
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VEREINTE KRAFT.
ZWEI ANTRIEBE FÜR WENIGER EMISSIONEN.
DER BMW X5 JETZT ALS PLUG-IN-HYBRID MIT BMW eDRIVE.
Kraftstoffverbrauch in l/100 km (kombiniert): 3,4–3,3.
CO 2- Emissionen in g/km (kombiniert): 78 –77. Stromverbrauch in kWh/100 km (kombiniert): 15,4–15,3. Die Angaben
zu Kraftstoff-/Stromverbrauch und CO 2- Emissionen in
Spannbreiten sind abhängig von der gewählten Rad- und
Reifengröße. Als Basis für die Verbrauchsermittlung dient
der ECE-Fahrzyklus. Abbildung zeigt Sonderausstattungen.
Der neue BMW X5
mit eDrive
www.bmw.de/
X5eDrive
Freude am Fahren