12. Weltmeisterschaft, 1921, Havanna Emanuel Lasker : Jose Raul

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12. Weltmeisterschaft, 1921, Havanna Emanuel Lasker : Jose Raul
12. Weltmeisterschaft, 1921, Havanna
Emanuel Lasker : Jose Raul Capablanca
Anfang 1920 trafen sich Lasker und Capablanca in Den Haag und unterzeichneten dort
eine Vereinbarung mit dem Vorstand des Niederländischen Schachverbandes über einen
WM-Kampf. Dieser war auf 30 Partien angesetzt, wobei die erste Hälfte auf Wunsch des
Weltmeisters in Holland und die zweite in den USA ausgetragen werden sollte. Doch da
die Holländer die finanzielle Seite von insgesamt 8000 Dollar nicht absichern konnten,
musste das Match wieder abgesagt werden. Im Sommer desselben Jahres fühlte sich der
Champion dann derart unter Druck gesetzt, dass er anbot, auf den Titel zu Gunsten
Capablancas sogar freiwillig zu verzichten. Allerdings wusste er wohl, dass die
Schachwelt ein derartiges Geschenk vom besten Spieler der Welt nicht annehmen konnte.
Schließlich kam das Duell dank des Schachklubs von Havanna doch noch zustande. Das
Preisgeld für diesen Kampf betrug nun sogar unglaubliche 20 000 Dollar.
Lasker nahm das Angebot an, obwohl es ihm „schwer fiel, sich für ein Match zu
entscheiden, das im Heimatland des Gegners, im subtropischen Havanna stattfinden
würde“. Die Schachfreunde in aller Welt hingegen hatten lange genug auf diesen
Zweikampf gewartet, und im Frühjahr 1921 konnte das Match dann endlich ausgetragen
werden. Gespielt wurde mit einer Zeitkontrolle von 2 Stunden für 30 Züge und über 24
Partien, wobei derjenige Spieler zum Weltmeister erklärt werden sollte, der entweder
zuerst 8 Siege erzielen oder aber die Mehrzahl der insgesamt 24 Partien für sich
entscheiden konnte. (Später wurde das letztere System von Michail Botwinnik
aufgegriffen und wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts üblich für WMMatches).
Ebenfalls zum ersten Mal in der Geschichte des Schachs wurde auf Wunsch des
Weltmeisters im Vertrag ein zusätzlicher Punkt verankert, nach dem die Partien zum
Eigentum der beiden Spieler erklärt werden. Das Recht, die Spiele zu veröffentlichen,
bleibt somit allein den Spielern vorbehalten. Doch hielt sich niemand an diese Festlegung.
So versendete ein amerikanischer Korrespondent die Partien in die ganze Welt.
Natürlich zehrte das Duell im feuchten heißen Havanna an Laskers Konstitution. Doch
mit 52 Jahren war er noch lange nicht zu alt für derartige Ausflüge. Schließlich spielte in
diesem Alter auch Steinitz in Havanna gegen Tschigorin 1889 und nochmals in Havanna
1892 mit 56 Jahren. Allerdings war Laskers Gegner kein Europäer, sondern ein Kubaner.
Hinzu kam, dass der Weltmeister schlecht vorbereitet war. Er selbst schrieb: „Mir fehlte
eine ausreichende Vorbereitungsphase. In den Tagen vor dem Duell musste ich mich
akklimatisieren und hoffte, während des tatsächlichen Kampfes warm zu werden. Das tat
früher oft geklappt, beispielsweise in Sankt Petersburg.“
Der 32-jährige Capablanca, weit weg von den Kriegswirren, schien nicht zuletzt wegen
des Heimvorteils noch zusätzlich zu erstarken. Doch sein deutscher Kontrahent war
keineswegs gewillt, die Waffen ohne erbitterten Widerstand zu strecken, und so begann
das Match zwischen den beiden besten Spielern der Welt, dass von Beginn hart umkämpft
und lange Zeit ausgeglichen war. Die ersten 4 Partien endeten remis. Lediglich in der
Auftaktbegegnung bekam der amtierende Weltmeister einige Schwierigkeiten. Er hatte
mit Schwarz zunächst eine sehr gute Stellung erhalten, beging dann jedoch einen Fehler
und fand schließlich den einzig rettenden Zug.
In der 5. Partie glänzten beide Spieler mit großem Erfindungsreichtum in einer
ungewöhnlichen Stellung.
Nun führte der Herausforderer also mit 3:2, doch die vier folgenden Begegnungen
nahmen einen ruhigen Verlauf. Capablanca konnte in keiner einen entscheidenden
Vorteil erzwingen. In der 6. Partie gelangte Lasker nach langwierigen Manövern sogar
zu einem besseren Doppelturm-Endspiel, doch plötzlich stellte er einen Bauern ein (erneut
eine große Unachtsamkeit!).
Die 7. und 8. Partie endeten ebenfalls unentschieden.