10 Jahre Attler Hof

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10 Jahre Attler Hof
10 Jahre Attler Hof
Vielfalt als Erfolgsrezept
Der Attler Hof feiert 10jähriges Bestehen
Er ist nicht zu übersehen. Zusammen mit
dem Attler Markt und der angrenzenden
Gärtnerei bildet er das „Grüne Tor“ am Ortseingang von Attel. Jetzt feierte der Attler Hof
sein zehnjähriges Bestehen.
Über 300 Gäste kamen am vergangenen
Sonntag in die Stiftung Attl um gemeinsam
mit den Betreibern und den dort arbeitenden
Beschäftigten dieses Jubiläum zu feiern. Mit
einem Festgottesdienst in der Attler Pfarrkirche St. Michael und einem anschließenden
gemeinsamen Mittagessen am Attler Hof
erinnerten die Verantwortlichen nicht nur an
die vergangenen zehn Jahre des NaturlandBetriebs, sondern bedankten sich damit bei
all ihren zahlreichen Kooperationspartnern
und Kunden, die diese Erfolgsgeschichte
überhaupt erst möglich gemacht hatten.
Stiftungsvorstand Franz Hartl begrüßte die
Festgäste und hob das besondere Engagement des verantwortlichen Leiters Peter
Steinmüller und der pädagogischen Leitung
Hermann Kühn hervor. Seit jeher ist der Attler Hof ein Teil der Inntal-Werkstätten der
Stiftung Attl. Deren Leiter Martin Posch erinnerte, wie auch im Anschluss der damals
verantwortliche Bauherr Rainer Steidle, an
die einzelnen Bau- und Entstehungsphasen.
Eine Landwirtschaft hatte es in der Stiftung
Attl eigentlich schon seit der klösterlichen
Zeit gegeben. Bereits 1989 hatte man dann
Ein Fotoalbum mit Aufnahmen aus den vergangenen zehn Jahren gab es für Abteilungsleiter Peter Steinmüller (hinten links) und den pädagogischen Leiter Hermann Kühn.
bereits vollkommen auf die Bio-Produktion
umgestellt und arbeitete als zertifizierter
Naturland-Betrieb. Das war vor 25 Jahren.
Doch der landwirtschaftliche Betrieb spielte
in den alten landwirtschaftlichen Gebäuden
des ehemaligen Klosters eine eher untergeordnete Rolle.
Es war dem damals angehenden Heilerzie-
40kg Brot für den eigenen Bedarf werden hier jeden Donnerstag gebacken.
hungspfleger und Landwirtschaftsmeister
Peter Steinmüller zu verdanken, dass sich
dies ändern sollte. Gemeinsam mit Wolfgang Böhm vom pädagogischen Fachdienst
der Stiftung Attl arbeitete er ein Konzept aus
für eine neue Landwirtschaft mit dem Ziel,
möglichst viele und vor allem vielfältige Arbeitsangebote für Menschen mit Behinderung zu schaffen.
Bei der damaligen Einrichtungsleitern Alfred
Eiblmaier und Wolfgang Slatosch stießen
die beiden auf offene Ohren und die Idee
zum Neubau einer Landwirtschaft am Ortseingang von Attel nahm immer konkretere
Züge an. Doch nun stand man vor einer neuen Hürde. Ein Bauherr musste her. Jemand,
der die verantwortliche Leitung schultern
konnte. Den fand man aber schnell in den
eigenen Reihen. Der damalige Leiter des
Grünen Bereichs und somit auch der Gärtnerei Reiner Steidle übernahm die Bürde für
den über eine Million Euro teuren Neubau.
Nach einer Bauzeit von zwei Jahren wurde die neue Landwirtschaft, der Attler Hof,
2004 dann endlich in Betrieb genommen.
Und das mit gerade mal sechs Beschäftigten
mit Behinderung. Heute sind es 28, mit denen das zehnköpfige Team der Mitarbeiter
die Landwirtschaft betreibt. Dabei ist es aber
nicht nur gelungen, besonders leistungs-
10 Jahre Attler Hof
Um die 800 Hühner im Stall kümmert sich Steffi. Sie zähmt die Hühner, sodass man ein
jedes sogar in die Hand nehmen kann.
fähigen Beschäftigten einen interessanten
und abwechslungsreichen Arbeitsplätz zu
bieten, wie Hermann Kühn bei seiner kurzen
Rede anlässlich der Feier betonte. „Wir haben es geschafft auch Nischenplätze für solche Menschen einzurichten, die sich schwer
damit tun in Gruppen zu arbeiten.“
Vielfalt ist das Erfolgsrezept des Attler Hof.
Neben der Bio-Fleisch-Produktion von
Schwein und Rind gibt es nicht nur den
Ackerbau auf den zum Hof gehörigen fünfzig
Hektar Wiesen- und Ackerflächen. Getreide
und Kartoffeln werden dort hauptsächlich
geerntet. Ersteres findet unter anderem im
eigenen Brotbackhaus Verwendung, letztere
werden im angrenzenden Attler Markt direkt
vermarktet, so wie auch alle übrigen Produkte dort an den Kunden gehen.
„Uns ist es wichtig, Kreisläufe zu schließen“,
betont Hermann Kühn. „Die landwirtschaftliche Arbeit muss für unsere Beschäftigten
mit Behinderung nachvollziehbar sein. Dies
gilt für die gesamte Fleischproduktion aber
auch für die Feldarbeit. Wenn man auf dem
Feld Ampfer entfernen muss, macht das erst
einmal keinen Sinn“, so der Heilerziehungspfleger. „ Wenn dann aber das geerntete Getreide seine Weiterverarbeitung im eigenen
Backofen erfährt und als Brotzeit zur Pause
auf dem Tisch liegt, ist das auch für einen
Menschen mit Behinderung ein geschlossener Kreislauf, der nachvollziehbar ist.“ Dies
gelte für die meisten Produktionsabläufe
am Attler Hof.
Zwei weitere wichtige Standbeine bilden die
Produktion von Brennholz und Bio-Eiern.
Bei beidem ist viel Handarbeit gefragt. Das
ist auch wichtig, um viele verschiedene Tätigkeitsfelder für die Beschäftigten zu schaffen. Auf den Einsatz von Maschinen wird da
bewusst verzichtet. 800 Hühner legen jeden
Tag bis zu 600 Eier, die von Hand abgetragen, durchleuchtet gestempelt und verpackt
werden. Mit einem Handkarren geht es dann
auf die andere Straßenseite zum Verkauf in
den Attler Markt.
Für den Landwirtschaftsmeister und Abteilungsleiter Peter Steinmüller ist die Arbeit
ein Stück Lebensaufgabe, nicht nur dazu da,
um damit Geld zu verdienen. „Das ist Arbeit
mit der Schöpfung und der Natur und man
erlebt immer wieder neue Sachen. Die Menschen mit Behinderung bekommen hier das
Gefühl, dass sie hier gebraucht werden“,
schätzt er den pädagogischen Wert der Arbeit für die Beschäftigten. „Und am Ende
des Tages sieht man, was man geschafft
hat.“
In den vergangenen zehn Jahren hat sich
der Attler Hof ständig weiter entwickelt.
Nach dem Schweinestall und dem Bau des
Brotbackhauses hat man die Gruppen der
Beschäftigten erweitert. Mittlerweile werden
manche sogar zum Arbeiten an der Motorsäge ausgebildet. Für einige gab es auch
die Möglichkeit den Traktor-Führerschein zu
erwerben. Der Blick ist bei allen Beteiligten
stets nach vorne gerichtet.
„Wir sind noch lange nicht am Ziel“, meint
Peter Steinmüller. „Es gibt noch viele Ideen,
die wir in der Zukunft umsetzen möchten.“
Und Hermann Kühn ergänzt: „Es ist das
Wichtige in der Landwirtschaft, dass es stetig voran geht und dass es auch immer wieder Veränderungen gibt.“ -mjv
Über 300 Gäste kamen am 13. Juli 2014 zur Jubiläumsfeier zum Attler Hof.