Kriminelle Großfamilien halten Polizei auf Trab Bericht: Adrian

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Kriminelle Großfamilien halten Polizei auf Trab Bericht: Adrian
Kriminelle Großfamilien halten Polizei auf Trab | Manuskript
Kriminelle Großfamilien halten Polizei auf Trab
Bericht: Adrian-Basil Mueller, Frank Wolfgang Sonntag
Tatort Berlin. Ob Millionenraub im KaDeWe, Überfall auf das Pokerturnier oder wie hier
bewaffneter Überfall auf die Spielbank am Alexanderplatz - immer stammen die Täter aus
demselben Milieu. Sie sind Mitglieder berüchtigter libanesisch-kurdischer Großfamilien.
Beim Landeskriminalamt wurde extra ein eigenes Kommissariat eingerichtet, das sich auf
diese Schwerkriminellen spezialisiert hat.
Carsten Wendt, LKA Berlin:
"Bei der einen Familie, die über mehrere hundert Mitglieder verfügt, sind in den letzten
drei Jahren circa 70 straffällig geworden. Und davon hat jeder im Durchschnitt zehn
Straftaten begangen und dadurch ein Mehrfaches von dem, was deutsche Straftäter im
Durchschnitt begangen haben im gleichen Zeitraum."
Straftäter aus zehn solcher kurdisch-libanesischen Großfamilien bereiten der Polizei
Probleme, haben mehrere tausend Straftaten in den letzten Jahren begangen. Angeführt
werden die einzelnen Clans jeweils von einem Familienoberhaupt. Die Brüder, Söhne und
Cousins erledigen alles was richtig Geld bringt. In einzelnen Familien sind über tausend
Mitglieder polizeilich aktenkundig.
Carsten Wendt, LKA Berlin:
"Nach meinem Erkenntnisstand waren in den letzten Jahren bei spektakulären Raub- oder
Einbruchstaten immer Mitglieder oder einzelne Mitglieder arabischer Großfamilien
beteiligt."
Erkenntnisse, die aber nicht wirklich dazu führen, dass die Netzwerke zerschlagen werden
können. Den Ermittlern ist es zwar gelungen, die Wurzeln dieser kriminellen
Familienstrukturen zu rekonstruieren - doch hier zeigt sich auch das Problem, warum es so
schwierig ist, sie abzuschieben.
Carsten Wendt, LKA Berlin:
"Die haben ihren Ursprung im Südosten der Türkei in der Nähe der Stadt Mardin. Sind
dann in den 70er- 80er-Jahren in den Libanon gereist. Von dort aus nach Europa.
Insbesondere den Schwerpunkt Deutschland. Wobei sie in der Regel ihre original
Identitätspapiere weggeworfen haben und sich in Deutschland eine neue Identität
gegeben haben."
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verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig.
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Die Pässe werden meist kurz nach der Einreise weggeschmissen. In den Archiven der Polizei
lagert das, was vor allem an Flughäfen eher zufällig in Papierkörben gefunden wurde. Die
Personen, die sich dahinter verbergen, behaupten staatenlose Palästinenser zu sein und
können so nicht abgeschoben werden.
Bundespolizist:
"Ja, hier haben wir dann türkische Pässe, unsere Sammlung ab 1996 sind hier asserviert circa 1.400 Dokumente in diesem Schrank von 1996 und 1997 und in dem anderen Schrank
geht es weiter."
Doch die Tatsache, dass Täter nicht einfach abgeschoben werden können, ist nur ein Teil des
Problems. Schon bei der Feststellung der Straftaten stößt die Justiz an ihre Grenzen. Ein
Beispiel: Vor gut einem Jahr geraten Mitglieder zweier berüchtigter Familien in Streit. Es
fallen 18 Schüsse. Doch später, als es um Zeugenaussagen geht, herrscht das Gesetz des
Schweigens. Die Mitglieder der verfeindeten Clans halten vor der deutschen Justiz
zusammen, bringen das Verfahren so zum Platzen:
Martin Steltner, Staatsanwaltschaft Berlin:
"Wenn aber nun die Geschädigten und die Täter sich einig sind, dass hier keine Aussage
erfolgen soll - aus welchen Gründen auch immer- weil es ein Bedrohungsszenario gibt oder
man sich geeinigt hat hinter den Kulissen, dann ist es sehr schwer für ein Gericht daran
vorbei zukommen und die Angeklagten zu überführen."
Die Familien erkennen die deutsche Justiz nicht an, lassen Streitigkeiten lieber von
Menschen wie Hassan Allouche schlichten. Allouche fungiert als eine Art interner
Friedensrichter. Doch selbst er trägt eine kugelsichere Weste, sein Bruder - auch er war
Mittler zwischen den Clans - wurde erschossen.
Hassan Allouche, Friedensrichter:
Frage: "Wozu brauchen Sie so was?"
"Als Sicherheit, ja und das hilft mir mit Sicherheit, denn ich bin bedroht ja. Ich und mein
Bruder. Sie haben meinen Bruder ermordet im 2.004 2002 haben sie ihn an seiner Schulter
getroffen, aber 2004 haben sie ihn ermordet und deswegen ziehe ich immer die Weste
an."
Der deutsche Strafvollzug, sagt Hassan Allouche ganz offen, wird von seiner Klientel als
Kindergarten wahrgenommen und die Existenz der Familie ist sowieso gesichert. Allouche
weiß wie manche in seinem Umfeld denken.
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Hassan Allouche, Friedensrichter:
"Wenn ich gehe in Knast, mir ist egal, meine Frau, meine Kinder bekommen von der Stadt
ihre Miete, ihre monatlichen Lebensunterhalt. Was wir verdienen nebenbei, ho, da
machen wir die Taschen voll."
Heißt: Auch dann, wenn Clanmitglieder wegen ihrer Taten hinter Gitter wandern, ist das
nicht wirklich eine Strafe. Trotz krimineller Millionengewinne fallen die Clans noch dem
Steuerzahler zur Last.
Carsten Wendt, LKA:
"Nach unserem Erkenntnisstand dürften 80 bis 90 Prozent von Hartz IV leben. Die
hochwertigen Fahrzeuge, die man teilweise im Straßenverkehr sieht, dabei dürfte es sich
in der Regel um Mietfahrzeuge oder um geleaste Fahrzeuge handeln, so dass wir da auch
so ohne weiteres nicht rankommen."
So rast im Oktober 2008 ein Hartz-IV-Empfänger mit einem 90.000 Euro-BMW über eine rote
Ampel. Ein Rentner wird angefahren und stirbt. Der Täter aus einer polizeibekannten
libanesischen Großfamilie fährt einfach weiter.
Wir sind verabredet mit dem Migrationsbeauftragten des Bezirks Neukölln. Auf dem Weg zur
Arbeit fielen ihm jugendliche libanesische Drogendealer auf.
Arnold Mengelkoch, Migrationsbeauftragter Neukölln:
"Sie wurden immer jünger. Und als zum Schluss auch noch ein Zwölfjähriger auftauchte, ist
mir der Geduldsfaden gerissen. Ich habe das dann von Weitem fotografiert und die sind
dann in der U-Bahn hinter mir her und haben das Messer gezückt und haben mich
bedroht."
Ein Erlebnis, das Arnold Mengelkoch nur schwer verkraftet hat. Bereits in den Schulen
terrorisieren die Kinder der Clans ihre Mitschüler. Bis vor Kurzem hatte der Bezirk Neukölln
deswegen privaten Wachschutz an Schulen beschäftigt. Der Bezirk bekam das Problem in
den Griff, investierte aber mehr als die Hälfte seines frei verfügbaren Jahreshaushaltes in
diese Maßnahme.
Arnold Mengelkoch, Migrationsbeauftragter Neukölln:
"Wir hatten vor drei, vier Jahren über 50 Gewaltvorfälle in unseren Neuköllner Schulen,
begangen in der Hauptsache von den Söhnen kurdisch-libanesischer Großfamilien. Das
ging soweit, wenn die jüngeren Geschwister sich beleidigt gefühlt haben, dass sie dann per
Handy ihre älteren Brüder gerufen haben und die haben dann in der Schule die Mitschüler
drangsaliert, nach den Lehrern geschlagen und in einem Fall auch den Direktor geprügelt.
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Also wir hatten den Fall, dass ich dann zuhause bei der Familie mit der Mutter redete und
sagte: Ihr Sohn kommt doch ins Gefängnis, wenn er so weiter macht. Ihr Sohn wird doch
demnächst 14. Und sie sagte dann: Herr Mengelkoch, das macht doch nichts, Haft macht
Männer."
Mit einem solchen Wertesystem ist Integration unmöglich. Doch abgeschoben werden
können die Straftäter selbst nach mühsam festgestellter wahrer Identität nicht. Nach
Auskunft des Innenministeriums weigert sich die Türkei seit Jahren, diese Straftäter wieder
aufzunehmen.
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