Sprache in Arbeit - Susanne Fasbender

Transcription

Sprache in Arbeit - Susanne Fasbender
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Herzlich Willkommen zum Kunstfilmtag 2012
Ich freue mich sehr, Ihnen das diesjährige Programm unter dem Titel
"Die Sprache ist das Haus in dem wir leben" vorstellen zu dürfen.
Die Sprache ist unser alltägliches Werkzeug der Verständigung.
Sie bildet unser Haus der Worte mit vielen Etagen, an das viele Straßen münden.
Wir haben dieses Thema - um im System der Straßen zu bleiben - als Richtgeschwindigkeit genommen.
Doch darf man nicht erwarten, dass sich auch alle daran halten.
Die Fragen was ist Sprache und w as ist ein Kunstfilm haben uns hierbei stets begleitet.
Die verschiedenen Formen des Verstehens und Sehens zu diskutieren, zu analysieren
und schließlich zu Wort kommen zu lassen.
Die Diskrepanz zwischen Bild und Wort.
Das Bild steht für sich und das Wort tut es auch.
das Bild sieht
und das Wort spricht
das Bild erzählt
und die Sprache ist still
das Bild bewegt
und der Ton schreit
das Bild täuscht
und die Stimme lockt
Die Erzählungen verlassen nun das Haus
und kehren zurück.
Sie verlassen das Blickfeld
und werden zu Taten.
Sie spielen mit Worten
und formen sich neu.
Sie berichten und interpretieren,
sie werden zur Vision, zur Fiktion
und kehren zurück zu den Tatsachen.
Um mit einer kleinen sprachlichen Anekdote diesen Begrüßungstext abzuschließen,
möchte ich kurz erzählen, wie es zu dem Titel kam.
Susanne Fasbender war auf der Suche nach einem Titel für den diesjährigen Kunstfilmtag.
Der Titel sollte sich auf die Sprache beziehen. Die Suche gestaltete sich ähnlich,
wie bei dem Spiel "Stille Post", bei dem am Ende ein neuer oder auch kein Sinn entsteht.
Susanne erinnerte sich an den Satz, aus dem berühmten Film "Zwei oder drei Dinge, die ich von ihr weiß"
von Jean-Luc Godard: "Die Sprache ist das Haus in dem wir leben".
Das Zitat aus dem Film lautet jedoch: "Die Sprache ist das Haus, in dem der Mensch wohnt".
Dieses wurde wiederum von Godard abgewandelt, der dem historischen Satz aus dem Brief
Über den Humanismus von Martin Heidegger zugrunde liegt: "Die Sprache ist das Haus des Seins.
In ihrer Behausung wohnt der Mensch". Deshalb ist es um so schöner, dass das Finden eines Titels
bezüglich der Sprache einen traditionellen Aspekt der Sprache beinhaltet - die Überlieferung.
Die Filme sind anregend, unterschiedlich und in dem dramaturgisch angelegten Tagesprogramm
so platziert worden, dass sie in einen Dialog treten können.
Fühlen Sie sich willkommen mit Fremden und Vertrauten ihre Sicht der Dinge sprachlich auszutauschen.
Für diesen Anlass ist nicht nur unser Foyer mit Getränken und Köstlichkeiten gedacht,
sondern auch das Parkhaus im Malkastenpark, das heute ein Café der Sprache sein wird,
in welchem wir das Gesehene und Gehörte des heutigen Tages ausklingen lassen wollen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen erlebnisreichen Tag in unserem Haus
mit den sprachlichen Etagen.
Herzlichst,
Katharina Schmitt
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kunstfilmtag012
DIE SPRACHE IST DAS HAUS IN DEM WIR LEBEN
10. 11. 2012, 12: 00 - 24: 00
im Theatersaal und Appendix des Künstlerverein Malkasten
und Parkhaus im Malkastenpark, Jacobistraße 6a, 40211 Düsseldorf
Leitung, Organisation, Programm: Susanne Fasbender, Katharina Schmitt
Jury: Susanne Fasbender, Emmanuel Mir, Stefanie Pürschler, Katharina Schmitt
Mitarbeit: Malwina Steinhoff
Künstler für die Illustration 2012: Heinz Hausmann
Trailer: Frauke Berg
DTP: Axel Ganz
Presse: Paula Schneider
Technik: Romano Granderath, Jimmi Di Io
Vorführtechnik: Denis Rosen
Säulentische im Foyer: Patrick Moser
Verköstigung: Florabar, Matthias Böttger
Veranstaltungsfotos: Saskia Zeller, Christof Wolf
Sprechakt zur Eröffnung: Eine Inszenierung des Kunstfilmtages mit Moritz Führmann,
Mitglied des Ensembles des Düsseldorfer Schauspielhauses
Moderation: Giulia Bowinkel, Michael Jonas
Programm-Kooperationen:
Can you Tell me a Story: Evanna Ratner, Ein Hod und Künstlerverein Onomato e.V.
Amerikan Kinetics: Alexander Lorenz, Nicholas Petrus
10.11.12
kunstfilmtag
Die Sprache ist das Haus in dem wir leben
gefördert durch: das Kulturamt der Landeshauptstadt Düsseldorf
unterstützt durch: Künstlerverein Malkasten e.V.
veranstaltet durch: Projektebasis filmundformate/Susanne Fasbender
www.kunstfilmtag.de / [email protected]
Die Synopsen der Filme im Programmkatalog wurden von
den KünstlerInnen verfasst und liegen in deren Verantwortung.
Trailer des Kunstfilmtages 2012: Die Sprache ist das Haus in dem wir leben
Trailer: Frauke Berg
2012 01:20 min
Immer wieder geht es in Frauke Bergs Arbeiten um die Vielfalt von Sprachen, um Möglichkeit und Unmöglichkeit von Verständigung, um
das Verlieren von Sprache. In ihren Klangstücken experimentiert sie mit künstlicher Sprache, die man versteht und nicht versteht - äquivalent
zu ihren Zeichnungen, die zwar begreifbar sind, sich aber einer Analyse entziehen. Im Trailer für den Kunstfilmtag 2012 verknüpft Frauke Berg
den Schlüsselsatz “Die Sprache, das ist das Haus in dem der Mensch wohnt” aus dem Film von Jean-Luc Godard “Zwei oder drei Dinge die ich
von ihr weiß” mit eigenen Texten und Bildern.
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Inhalt
16:40 Die Rose der Interaktion
Ute Reeh, Kohyo Hong, Hamish Steele, Matt Willis-Jones, Melissa Hopson, Jan Soldat, Karin Hochstatter,
Jungwoon Kim, Anna Cady/Louisa Makolski, Birgitta Thaysen, Andrea Isa
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Willkommen
Credits
Inhaltsverzeichnis
3
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It Works Both Ways: Anna Cady und Louisa Makolski
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Art Which Speaks to Us: Jenny Chamarette
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Foyer: Georgie Grace
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18:05 Amerikan Kinetics
Alejandra Delgado, alonso+craciun, Nastio Mosquito, Juanjo Herrera, Claudia Joskowicz,
Regina Jose Galindo, Nicholas Petrus, Lorena Cardona/Sebastian Pinciroli/Taller Danza,
Gustavo Galuppo, Tamara Kuselman, kuratiert von Alexander Lorenz und Nicholas Petrus
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Sprache in Arbeit (Fortsetzung): Susanne Fasbender
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No. 9 from Not Drowning, Just Waving: Sally Grizzell Larson
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Sprache und Film (Fortsetzung): Frauke Tomczak
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19:15 Erinnerung in Bilder setzen
Aki Nakazawa, Süleyman Demirel, Eli Souaiby, Bakary Diallo, Dennis Stein-Schomburg, Günter Baumann,
Nesha Nikolic, Faiyaz Jafri, Tobias Bieseke, Ertan Erdogan, Cian Donnelly, Jisoo Kim
70
Hütchenspieler 01 - 08 / Ich habe es satt: Philipp Röcker
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Sprache in Arbeit: Susanne Fasbender
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Ausstellung im Appendix: Übersetzen und Besprechen
Matthias van Baaren, Oliver Ressler, Verena Friedrich, Paula Roush/Maria Lusitano, Marion Kellmann,
Reza Abeyat, Sinead Aldridge, Veronika Peddinghaus
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Die Falten des Königs: Matthias van Baaren
20
Haus: Moritz Wegwerth
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12:00 Denken an Sätze
Nesha Nikolic, Muriel Montini, Sally Grizzell Larson, Anna-Lena Meisenberg, Marcantonio Lunardi,
Alexander Lorenz, Susanne Troesser, Magdalena von Rudy, Thyra Schmidt
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Fön: Ursula Ströbele
30
13:20 Reden als Handlung
Max Hoffs, Renee Del Missier, Anti Naulainen/Ando Naulainen, Bjørn Melhus, Anja Wiese,
Susanna Flock, Julia van Koolwijk, Ursula Ströbele, John Dunn, Annebarbe Kau
20:35 Wider und wieder sagen
Joachim Rüsenberg, Marcantonio Lunardi, Frauke Dannert, Weisser Westen, Florian Meisenberg,
Sally Grizzell Larson, Susanne Fasbender, Giulia Bowinkel/Friedemann Banz, Jan Ijäs, Dominik Dusek,
Otto Müller, Kenneth Keen
76
32
Hemd: Julia van Koolwijk
34
Two Islands: Jan Ijäs
80
Man kann ein Buch wie einen Bach in die Hände nehmen: Gundi Feyrer
35
killing: Lars Breuer
83
14:15 Dichten zum Ort
Gudrun Kemsa, Claire Walka, Maximilian Schmötzer, Roderick Steel, Anna-Lena Gremme,
Tanja Goethe, Pablo Mazzolo, Nocoma, Rainer Komers
38
21:35 Tonfall der Differenz
Vicki Bennett, Julia Charlotte Richter, Enis Vardar, Mina Bellack, Jeannette Schnüttgen/Jessica Prentzel,
Stefan Lux, Markus Herse, Jan Ijäs, Christian Deckert
84
fight: Frauke Berg
40
Buchstabensuppe: Mechthild Hagemann
86
Ausklang: Birgit Borsutzky
41
Versi / Stimmen Fragment: Stephen Reader
88
15:10 Can you tell me a story
Evanna Ratner, Hubert Schober, Elisabeth Luchesi, Jürgen Staack, Susanne Troesser, Charly Müller,
Wilfried H.G.Neuse, Anne Schülke
42
22:25 Die Stimme aus dem Off
Philipp Künzli, Stine Gonsholt, Katharina Schmitt, Bojan Ljubomir Jugovic, Hasan Kilic, Miya Ando
90
Stiller: Natscha Engelmann
Sprich mich: Elisabeth Luchesi
92
44
NUN - Gelände ohne Rand: Jens Stittgen
Weg nach Babel: Emmanuel Mir
46
23:05 Schlusswort der Akteure
Chiqueria, Kohyo Hong, Salome Sagaradze/Luka Chkhaidze, Antoinette Zwirchmayr, Eberhard Kranemann,
Claus Stoermer, Fabian Daub/Claire Walka, Gul Ramani, Jan Verbeek, Alexander Wissel/Jan Bonny,
Stefan Ettlinger
94
45
Zeichnungen zu Friedrich Nietzsches “Unzeitgemäßen Betrachtungen”: Herbert Willems
48
Die Dächer brennen: Tanja Goethe
96
15:45 Aus Sicht der Frage
Petter Napstad, Holger Lang, Stefanie Pürschler, David Fonjallaz/Kathrin Yvonne Bigler,
Angelo Ricciardi, Renee Del Missier, Jörg Steinmann, Max Erbacher, Robert Brümmerhoff
50
Danksagung
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Georgie Grace: Behalte das Bild im Auge
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Wer nichts wird wird virtuell: Thorsten Ebeling und Heinz Hausmann
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Sprache und Film: Frauke Tomczak
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6
100
104
Autorenverzeichnis
Index
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Foyer
Lies etwas hier
Georgie Grace
2012 02:07 min
„Lies etwas hier“ wurde für den Kunstfilmtag 2012 von Georgie Grace, ausgehend von
der eingereichten Ursprungsfassung „Read
something here“ neu deutschsprachig produziert und übersetzt von Lisa Wilkens.
„Read something here“ attempts to activate
the sensory dimensions of language and its
power to create imagined experience. The
text is transcribed from speech, fragmented
and edited to remove its original contexts and
references, transforming it into a series of
ambiguous imperatives, incomplete scenes,
and sensory evocations. The viewers become
active readers who generate their own images, contexts, and imagined actions in response to the words on screen.
Georgie Grace‘s practice spans the disciplines
of writing, installation and film. She studied
philosophy and social anthropology before
completing her MFA in 2012. *Cambridge,
UK
Bereitschaft zu erhalten, dasjenige mehrfache nicht zu übersehen, das sich in jedem
Gesprochenen gleichzeitig mitteilt.
Sprache in Arbeit
von Susanne Fasbender
Die Sprache ist das Haus in dem wir leben.
Mit diesem Satz fing alles an. Er entstand aus
der Idee, den Kunstfilmtag mit dem Nachdenken über Sprache zu verknüpfen. Anfangs wurde dieser Satz gefunden, dann gesagt und aufgeschrieben. Das Veröffentlichen
und Lautbarmachen über die Medien ist
eine sprachliche Handlung. Der Satz begann
virtuell zu wandern und an verschiedenen
Stellen geschrieben zu stehen. Verknüpft mit
einer Einladung an andere KünstlerInnen,
mit einem Film zu antworten, versprach er,
dass aus ihm etwas werden könne. Etwas,
das sich vielleicht auf dem Kunstfilmtag verdeutlichen kann. Andere geben etwas dazu,
um mit zu erhellen, was es mit diesem Haus
auf sich hat. Nur die Sprache ermöglicht uns
diese Art des planvollen Zusammenkommens.
Der Satz, durch das “ist”, tritt auf wie eine
Behauptung. Etwas ist etwas Bestimmtes.
Eine Art von Aussage, die einem Denken in
Relativität nicht geheuer ist. Doch das Wider
wirkt mit: Der Satz entzieht sich zugleich
einem Verständnis durch das Bild von einem
Haus, in dem wir leben. Denn wir leben nicht
alle in einem Haus, sondern in vielen verschiedenen Häusern und Arten von Häusern,
oder auch in gar keinem Haus. Das Unzugängliche des Satzes liegt in einem Haus, das
es nicht gibt. Das “ist” ist damit aufgehoben
und ist doch schön. Denn vielleicht gibt es
das Haus ja doch. Die Begriffe Sprache, Haus,
wir, leben sind essentiell, aber, ob man dieses
Essentielle will, ist nicht unbedingt gesagt.
Der Satz, als Behauptung aufgestellt, lässt
uns die Freiheit, selbst zu entscheiden, mit
welcher Art von Haus man sich befassen will.
Das Bild von Heinz Hausmann
Heinz Hausmann wurde eingeladen, den
Satz, der in der Zwischenzeit zu Tatsachen,
dem Ansehen von Filmen, dem Austausch
von Daten und e-mails usw. geführt hat, zu
illustrieren. Dabei hat er ihn in ein Schriftbild verwandelt. So gab er ihm in dessen seltsam zwiespältiger Bedeutung Konstanz, ohne
ihn groß zu machen, grafisch aufzublähen,
massiv in die Fläche zu spannen, wie eine
grafische Zeichensetzung es als Auftritt und
Beanspruchung von Aufmerksamkeit auch
hätte tun können. Er hat diesem Satz einen
Zauber gegeben, den er tragen kann. Es geht
mir nicht um eine viel bemühte Verschwindensrhetorik, wenn ich schreibe, dass Heinz
Hausmann dem Satz das mögliche Definitorische nimmt. Dadurch erhält sich der Titel
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das Einladende, Aussagen zu machen. Er hat
ihn ummantelt und geschützt. Die Buchstaben sind mehrfarbig und die Abstände
zwischen den Buchstaben so gering, dass
kein Deut dazwischen kommt. Der gemaltgeschriebene Satz bleibt ein offenes Geheimnis. Und darf bleiben.
Dieses Buch ist ein Korpus, eingemantelt in
das Bild. Es schließt das Buch ein und öffnet es, wie eben ein Buch. Das Bild hat viele
Ebenen ohne beliebig zu sein. Es hat zur
Sprache eine Art von Vielhaftigkeit, die in
einer Freiheit ruht. Aber eine Art von Freiheit, die nur geträumt ist. Und hier an das
Fliegen im Traum erinnert. Vorne auf dem
Bild eine irreale Welt, die Utopie des Traumes und hinten die Dystopie der „realen“
Entmenschlichung. Aber die Rückseite des
Bildes kommt erst noch.
Dem Schriftbild hat Heinz Hausmann ein
seltsames Gehäuse hinzugesellt. Ein dreifaches Haus, in das Alice im Wunderland
nach seiner Erzählung oben hinein- und
nach unten hindurchfällt. Das oberste Dach
ist ein Zelt. In den Zirkus tritt man ganz und
gar ein. “Hier wird die reale Welt verzaubert!” ruft der Zirkusdirektor. “Hier geht es
um die wirklichen Dinge, die echt verwandelt
werden! Fliegende Menschen und verzauberte Kaninchen, hier können Sie staunen.”
Weiter mit Walther Benjamin:
“... Man interessierte sich für die wirklichen,
die nicht gespielten Dinge, die im Inneren
einer Arena, der ältesten Form, in der je Publikum ist angeordnet worden, vor sich gingen... ...Der spanische Romancier Gomez de
la Serna hat ein Buch mit Notizen über den
Zirkus erscheinen lassen, das dies erneuerte
Interesse dokumentarisch bezeugt, aber auch
dessen Herkunft aus der prekären Situation
der Massen..., ... ihrer zunehmenden Skepsis gegen Anstalten der Vergeistigung und
der Verdummung sehr deutlich macht. ...
Sein Publikum ist weit respektvoller als das
irgend welcher Theater oder Konzertsäle.
Das hängt damit zusammen, dass im Zirkus
die Wirklichkeit das Wort hat, nicht der
Schein. Es ist immer noch eher denkbar,
dass während Hamlet den Polonius totsticht,
ein Herr im Publikum den Nachbar um das
Programm bittet als während der Akrobat
von der Kuppel den doppelten Salto mortale
macht.” [1] Als Bild für Sprache verstanden,
mag man darin lesen, Wörter auf konkrete
Wirklichkeit zurückzuführen. Hat die Dif-
ferenz des einen zum anderen die Anschauung, so hat die Verwandeltheit des einen den
Zauber.
Im Fallen kann Alice im Zirkus nicht bleiben.
Aus dem Zirkus, wo Dinge und Wörter die
“echte” Täuschung kennen, fällt sie in das
Labyrinth der Verwirrung, wo diese Unterscheidungen schwieriger werden. Unkenntnis des Weges, den Faden verloren oder verworren in den vielen Verständnissen? Nur
der Ariadnefaden führt sicher hinaus. Ist er
die sichere Anbindung an die Springquelle
des Eigenen? Die Intuition über den “richtigen” Weg? Ohne den Ariadnefaden findet
man schwer hinaus, also käme es im Bild des
Labyrinthischen auf diesen roten Faden an.
Doch Alice fällt, und das Labyrinth hat kein
Dach, keinen Boden, denn sie fällt hindurch
in das Theater The Rose, gebaut zu Shakespeares Zeiten. “And all the world’s a stage”
flüstert die Souffleuse in www,wv (Hausmann/Ebeling s.S. 52).
Und das schwebende oder fliegende oder Explosionshaus, wie Heinz Hausmann es nennt,
gezeichnet auf geweißtem Grund, schwebt
im Außersprachlichen, im Bereich der Spekulation.
In diesen Heinz’schen Häusern der Sprache
wird nicht gewohnt. Hier wird noch im
Keller des Labyrinthes durchgelüftet und ineinandergestapelt. Springt man hinein in das
Bild, nimmt man Fahrt auf durch das Unbewusste. “Nimm es nicht zu ernst” sagt er. “Es
ist doch nur ein Hütchenspiel”.
Zugang zur Sprache als Thema
Ein Haus ist gebaut und nicht gewirkt wie ein
Stoff. Dann wäre es ein Gewebe, das beweglich ist. Man würde es in die Hand nehmen
und weglegen können. Sprache kann man
nicht weglegen, sie ist Teil von uns. So ist
auch der Zugang zur Sprache als Thema nicht
so unumwunden zu finden.
Ich möchte mich in diesem Text der Sprache
tatsächlich nähern, ich habe dabei vor, auch
anzukommen. Das Thema nach und nach
zu konkretisieren, aber seine Verschlossenheit nachempfinden. Nicht um einer Vieldeutigkeit oder Absenz das Wort zu reden,
sondern aus dem Grunde, dass ich in der
Verschlossenheit ein Vermögen sehe, zu
wissen, das Sprache in Aspekten, aber nicht
vollständig zu erfassen ist. So erhält sich ein
Zugang zu ihr die Beweglichkeit, sie weiterhin zu entdecken und mir dabei die fragende
Filme als Abbilder von Sprachlichem
Filme haben ebenfalls diese Gleichzeitigkeit
von Mitteilungen. Ein Text ist, in einem Film
gesprochen, mit demselben Inhalt ein anderer als vom Blatt gelesen. Er wird durch
die Bilder verändert und tritt auf wie ein Akteur. Filme lassen uns Sprachliches konzentriert und aus der Distanz betrachten. Die
bekannten Gleichzeitigkeiten des Filmischen
ermöglichen das Beobachten einer Ähnlichkeit von Sprachzusammenhängen, die synchron existieren. Dazu gehören die Fragen
danach, was die Bestandteile einer Mitteilung
sind, nach der Vergangenheit des Begriffes,
seinem Gedächtnis oder auch nach seiner
zugewiesenen Bedeutung. Und in der Untersuchung der Praxis die Frage nach der sozialen Struktur, die jedem sprachlichen Austausch innewohnt, d.h. wer (Person/Institution)
- wie - was - zu wem spricht. Wie Wortsprache
sich im Film artikuliert: Stimme, Sprecher,
Körperlichkeit oder wie Filmsprache als
Sprechakt, als Artikulation zu verstehen sein
kann. Was drückt sich in dem systemischen
Verständnis von Benennungen aus und wie
verhält sich die Differenz gegenüber einer
Behauptung?
Vermutlich wurden die meisten der in diesem Programm gezeigten Arbeiten nicht
explizit zum Thema “Sprache” gemacht. Sie
sind künstlerische Sprache und verwenden
Text oder auch nicht. Wir sehen die Künstlerfilme als das, was sie sind und suchen darüber
hinaus in ihnen Aspekte der Sprache und im
Besonderen der Wortsprache.
Sprache als Haus der Welt
Es ist also das Konstruierende der Sprache,
das auf das Haus hinweist. Die Sprache baut
und konstruiert Wirklichkeit. Für mich hat
sich durch meine Suche nach einem Verständnis
der Sprache ergeben, dass die gesamte Welt
um uns aus den Begriffen besteht, die wir
von ihr haben. Die Welt existiert für uns
durch ihre Benennung. Indem ich benenne:
Das ist ein Stein habe ich den Stein für mich
geschaffen, er existiert erst jetzt und ich habe
ihn “begriffen”. Mit Erkennen und Benennen
bewältige ich die Welt.
In letzter Konsequenz des Gedankens ist für
mich Sprache alles, in dem wir uns befinden.
Nichts, das wir benennen können, sehe ich
außerhalb der Sprache. Dieses Haus in dem
wir leben ist in meiner Ansicht die Gesamtheit der durch die Begriffe konstruierten und
für uns existenten Welt.
Im Vermögen der Sprache sehe ich das Vermögen, das in ihr liegt, die Welt und ihre Beschaffenheit durch Sprache zu erzeugen.
Die Welt anders sprechen
So, wie die Welt mit ihren Strukturen und
Lebensbedingungen, in denen der Mensch
lebt, aussieht, erkenne ich im Sichtbaren
und Lebbaren das als abgebildet, was durch
Sprache geschaffen wurde. So, wie wir sie leben
und sehen, dazu gehören auch die Bilder, die
Teil der Benennungen der Welt sind, sieht
für mich die Ausführung, der Gebrauch, die
Verwendung des Vermögens der Sprache aus,
wie der Mensch sie spricht.
Wer hier mehr oder weniger „zu sagen“ hat,
ist in dem Konzept natürlich relevant. Doch
im Gedanken dieses Vermögens erkenne ich
für mich eine Möglichkeit, die Welt anders
zu sprechen. In einem Bewusstsein eines erzeugenden und durch Be-Nennung konstituierenden Vermögens der Sprache ergibt sich
eine Verantwortung und Neubewertung des
eigenen Sprechens. Als Einzelne/r die Welt
anders sprechen scheint möglich. Anders als
so, wie die Sprache unsere Welt und die Lebensbedingungen baut, in denen der Mensch
lebt. Der Gedanke fordert auf zu einer gewissenhaften und beharrlichen Analyse, die mir
vielversprechend scheint. Herauszufinden,
was der Gedanke bedeutet und in welchen
Bezügen es ein „gleiches“ und ein „anderes“
gäbe? Wie sähe das aus? Ist ein die-Weltanders-Sprechen jenseits des Besitzes von
zugewiesener legitimer Sprachkompetenz,
(Pierre Bourdieu), die die Wirkmacht im Sozialen ausmacht, möglich?
Jahrhundert der Sprache
Wenn man heute über Sprache nachdenkt
und verstehen will, was Sprache ist, so sieht
man sich einem gewaltigen Textvolumen
allein aus dem 20. Jahrhundert gegenüber,
das in Linguistik, Philosophie, und auch Sozialwissenschaft von einer langen Reihe berühmter PhilosophInnen verarbeitet wurde.
Ferdinand de Saussure, Ludwig Wittgenstein,
Noam Chomsky, John Longshaw Austin, Roland
Barthes, Jürgen Habermas, Judith Butler,
Jacques Derrida, Pierre Bourdieu, um nur
einige wenige der vielen berühmten Namen
zu nennen, haben die Sprache als System, als
Kompetenz, als Sprechakt, als Performanz
oder in der Schrift untersucht.
Zu Beginn des Jahrhunderts wurde die
Sprache als System definiert, wobei Sprache
nicht mehr etwas repräsentierte, das außerhalb von ihr lag, also eine Idee, eine Wahrheit, eine Bedeutung.
Zu dieser Zeit fand eine Wende statt von einem Wahrheitsbegriff, der bis dahin außerhalb der sprachlichen Erkenntnis derselben
vorgelagert war, hin zur Vorstellung von
Wahrheit als einer Eigenschaft der Sprache.
Strukturalismus
Dabei kommt es mir um zwei ordnende
Punkte an:
Zum einen: Es wurde zu dieser Zeit eine Unterscheidung der Sprache getroffen in zwei
getrennt voneinander untersuchte Bereiche.
Die Sprache als System und der Gebrauch
der Sprache.
Und: Die Bedeutung der Zeichen.
Ferdinand de Saussure, der als Mitbegründer
des Strukturalismus gilt, erklärt die Bedeutung
der Zeichen mit dem Begriff der Arbitrarität
und deren Entstehung mit der Differentialität der Zeichen. Die Arbitrarität weist darauf hin, dass die Bedeutung des Zeichens
zufällig sei, „In der Tat beruht das ganze System der Sprache auf dem irrationalen Prinzip
der Beliebigkeit des Zeichens“ [2]. Es entsteht
in keiner anderen Weise als in der Differenz
zum anderen Zeichen: „Es ist von absoluter,
sogar apriorischer Evidenz, dass es niemals
ein einzelnes/einziges Sprachfragment geben
wird, das auf etwas anderes gegründet sein
kann ... als auf seinem Nichtzusammenfallen
oder auf dem Grad seines Nichtzusammen-
fallens mit dem Rest“ [3]
Sprache wurde zu einem zentralen Begriff
der Philosophie des 20. Jahrhunderts und
das Systemische der Sprache wurde, ursprünglich auf der Basis des Strukturalismus,
die Grundlage des nach meinem Verständnis
in das Zentrum jeglicher Prozesse geratenen
Begriffes des Systems.
Wenn auch in äußerster Kürze hier dargestellt, so ist das Konzept des Strukturalismus als Vorläufer weiterer Entwicklungen
der Sprachwissenschaft bis zu seiner avanciertesten Verarbeitung im Poststrukturalismus in einer Weise relevant geworden, die in
unserem zeitgenössischen Denken Ausdruck
bis in die Alltagswelt hinein findet. Ausführendes „Organ“ aller gesellschaftlichen Prozesse ist in diesem Sinne, kurz gesagt, nicht
mehr der Mensch, sondern das System. Was
in der langfristigen Entwicklung aus meiner
Sicht gesehen, gewissermassen zur Folge
hat, dass sich der Einzelne als definiertes
Pünktchen in diesem System nicht mehr in
der Lage sieht, jenes zu erfassen und zu überblicken, geschweige denn verändernd wirken
zu wollen.
„Da auch die Alltagspraxis im Risikokapitalismus wenig Anlass für optimistische Zukunftserwartungen bot, ließ man sich von der
Behauptung, es gebe «keinen Emanzipations
horizont mehr» (Lyotard), gerne überzeugen.
Zumal der postmoderne Diskurs die zivilisatorischen Widersprüche, die soziokulturellen
Paradoxien und Pathologien ja nicht leugnet. Ja,
er generiert sich geradezu als kritisches Gewissen einer aus den Fugen geratenen «Moderne».
Doch erhalten in der postmodernen Vorstellungswelt diese Widersprüche eine Aura des
Unvermeidlichen.“ [5]
Name der Dinge
Walther Benjamin hatte in seinem Aufsatz “Über Sprache überhaupt und über die
Sprache des Menschen” aus dem Jahr 1916,
der ungefähr zur selben Zeit entstand, wie
der als Vortrag gehaltene und von zwei seiner
Studenten i.J. 1917 veröffentlichte „Cours“
des Ferdinand de Saussure, widersprochen:
Die Sprache sei eine Übersetzungsleistung des
Menschen der Sprache der Dinge und Sachverhalte, in die Sprache des Menschen. So
ginge dem Finden der Begriffe ein Vernehmen voraus: „Die Sprache teilt das sprachliche Wesen der Dinge mit. ... Denn in der
Sprache verhält es sich so: Das sprachliche
Wesen der Dinge ist ihre Sprache. Das Verständnis der Sprachtheorie hängt davon ab,
diesen Satz zu einer Klarheit zu bringen“
und an anderer Stelle: „Durch das Wort ist
der Mensch mit der Sprache der Dinge verbunden. Das menschliche Wort ist der Name
der Dinge. Damit kann die Vorstellung nicht
mehr aufkommen, die der bürgerlichen Ansicht der Sprache entspricht, dass das Wort
zur Sache sich zufällig verhalte, dass es ein
durch irgendwelche Konvention gesetztes
Zeichen der Dinge (oder ihrer Erkenntnis)
sei. Die Sprache gibt niemals bloße
Zeichen.“[4]
Sprache im Gebrauch
Der französische Soziologe Pierre Bourdieu
kritisiert in der Trennung der Sprache vom
Sprechen, dass die die Sprache konstitu11
ierenden soziohistorischen Bedingungen
der Sprache ausgeblendet werden. Für ihn
ist die Sprache selbst ein soziohistorisches
Phänomen, das nicht losgelöst von den sozialen Bedingungen, in der sie entsteht und
gebraucht wird, betrachtet werden kann.
„Was Saussure angeht, so dürfte klar sein,
dass das Sprechen nicht, wie er meint, als
bloße Realisierung oder „Ausführung“ eines
bereits bestehenden Sprachsystems gedacht
werden kann“.[6] Im Vorzug der Sprache
vor der Wirklichkeit des Sprechens erkennt
Bourdieu eine Verwechslung von Ideal und
Wirklichkeit.
Dieser kurze Abriss spiegelt die Konzentrationspunkte wieder, zwischen denen ich in
meiner Sicht das zeitgenössische Denken
aufspanne, um die Werte auszutarieren, die
für mich Bestand haben. Diese Arbeit ist von
meiner Seite erst begonnen, so dass sich dies
einem nur deutlich erschließen wird, wenn
man selbst die Lektüre dazu vertieft.
Zurück zum Haus
Es ist also für mich ganz wesentlich auch die
Philosophie, die das Haus der Sprache so
baut, wie die Welt aussieht durch ihre Benennungen und Begriffe. Ein individuell empfundenes Verständnis, mit den Dingen und der
Welt umzugehen kann offensichtlich durch
die etablierten Theorien der Philosophie bis
in die Wirklichkeit des Einzelnen hinein geprägt und geformt werden. Hierzu möchte
ich überlegen als philosophischer Laie gegenüber dem großen Jahrhundert: Hätte sich
eine Differentialität (s. Strukturalismus i. d.
Text) nicht auch etablieren können innerhalb
einer Sinnhaftigkeit? Ein wertvolles Bewusstsein der Differenz, die das jeweils andere
teilhabende im einen bedenkt, wo das Nichtbestimmbare nicht Fundament, das Zufällige
nicht ein Axiom ist, sondern beide wären
ebenfalls, so wie die künstlerische Praxis
es im Sinne des Differenten umsetzt, schöpferisches Potential? Ein Denken, das sich
der eindeutigen Identität eines Dings widersetzt, nicht weil das Zeichen keine, sondern
zu viele Bedeutungen hat, die gleichzeitig auf
verschiedenen Ebenen sich widersprechend
und doch parallel stattfinden. Zur gleichen
Zeit. Hätte man die Welt philosophisch auch
„anders sprechen“, anders benennen und
erkennen können? Vieles fällt mir ein dazu,
denn auch in den Gedanken können doch
kleine, ich meine im Sinne eines minimalen
Winkels gedacht, Richtungsänderungen in
der fortlaufenden Entwicklung zu anderen
Wegen führen. Diesen Überlegungen möchte
ich folgen, doch das wird wohl einen anderen
Ort finden als dieses Buch.
Ansprache
Lange habe ich überlegt, mit welchem Film
beginnen und ich entschied mich, vielleicht
im Sinne der letzten Sätze für „Ansprache“
von Ursula Ströbele. Da ist dieses eigenartige Wesen, das man nicht kennt, es nennt
sich die Maus, die plötzlich auftaucht aus
dem Nichts und in ihrer ganzen Gesamtheit
da steht. Sie spricht, oder ruft sie? Nein, ich
denke sie spricht in der Art einer Teilhabe an
etwas, das um sie ist. Ganz urplötzlich steht
sie da, ohne die üblichen sozialen Bezüge, die
einem helfen, sie in ein Verständnis einzuordnen. Sie ist weder Tierreich noch Men12
schenreich, sie ist gar betroffen, man denkt,
sie nimmt teil an der Welt, geradezu mit Belang. Als ginge es um etwas, das man für sich
selbst übersetzen wird.
Sie polarisiert, manche Menschen wurden
aggressiv, die sie trafen, andere lieben sie. Sie
ist definitiv fremd und manchen irgendwie
vertraut. Sie als das Unbewusste zu deuten,
wäre mir zu einfach. Ein sprechendes Wesen, das keine Begriffe hat, die wir kennen.
So fehlt mir die Chance, mich zu beziehen,
das geht offensichtlich nur mit Sprache, ohne
Sprachgemeinschaft, der sie angehört, ohne
irgendeine Zugehörigkeit bleibt sie eigenartig unzeithaft.
Above
Ganz anders der Schrei von Nesha Nicolic.
Ein nackter Mann klettert in einen Baum
in Entfernung, akustisch nah das Kichern
einiger Frauen. Dann ein langer, intensiver,
anhaltender Schrei, das Lachen verstummt,
und sogleich ein Grölen aus dem Publikum
als Antwort. Die ungebrochene Behauptung
des Schreis von erhöhtem Standpunkt im
Baum aus fordert sogleich die spontane Gegenbehauptung heraus, ein prompter Ausdruck des Kampfes, der Behauptung des Anderen sich entgegenzustellen. Da wird nicht
lange überlegt, es könnte ja gefährlich sein,
das Stammhirn funktioniert. Und es wird ein
unmittelbarer Austausch von Selbstbehauptungen. Er folgt seinem Schrei mit einer
Flöte, ein Vogel. Ein urtümlicher Eindruck
im Rahmen einer Ausstellungssituation, die
Nesha Nikolic in ein archaisches vorsprachliches Geschehen verwandelt. Als Film das
Dokument einer Performance.
Eine ganz andere Art der „Behauptung“
spielt sich in dem Film
he who had liberated his mind still has to
purify himself
von Florian Meisenberg ab. Hier liegt zwischen der Behauptung und ihrer Entgegnung
ein Jahrhundert. Denn der Künstler bearbeitet das Schwarze Quadrat des Kasimir
Malewitsch unter dem lapidaren Klickgeräusch der Computermaus in Photoshop
mit dem „Stempelwerkzeug“ zu einem rudimentären Klumpen.
Der Titel macht den Film zu einem Sprachspiel, in dem das „purify“, das ebenso die
Bereinigung des Suprematismus repräsentiert als Purifizierung auf Kasimir Malewitsch
als Person und Künstler „himself “ oder vielleicht auch selbstironisch auf Meisenberg
selbst angewendet wird. Er hebt ihn mit Maschine und Geschwindigkeit, denen Malewitsch die Erneuerung der Zeit zuschrieb in
einer bildsprachlichen Handlung vom Sockel
der Kunstgeschichte, weist nochmals auf das
Ende des auratisch erhöhten Künstlers hin
und belegt das einstmals ideale, die „Ikone
der Moderne“ das „Absolute“ mit der Geste
einer belanglosen digitalen Entfernung. Eine
sprachliche Entmächtigung der Kollegen, die
er mit einer gewissen Konsequenz und Leichtigkeit betreibt um sich über Definitionen
des Kunstbetriebs hinwegzusetzen.
Der Witz liegt hier in der Umnutzung des
Begriffes „purify“ im Kontext der epochemachenden kunstgeschichtlichen Bereinigung der Malerei vom Sujet. Auf das, was
mit dem Blick auf das kommende 20. Jahrhundert revolutionär und antispießig und
im damaligen Stil pathetisch auftrat, greift
100 Jahre später Florian Meisenberg mit
genialisch-belangloser Geste zurück. Er weiß
dabei vermutlich dennoch, dass auch Malewitsch für seinen heutigen postmodernen
Status einen ordentlichen Beitrag in seiner
Zeit geleistet hat. Ein bisschen dolle Künstlerfigur ist Florian Meisenberg ja, aber er arbeitet dran, „he still has to purify himself “.
eher hinter „Fassaden“ verbirgt. Ein Wollen zum Anderen ist verletzbar und in dem
Sinne eine „Schwäche“, die man meistens
hinter „Fassaden“ verbirgt. Die Stimme aus
dem Off, der Text und das Bild, gehen die
Verbindung einer Innerlichkeit ein. Es hat
das Stille in der Sprache des fühlenden Ichs,
dem das Filmische einen Raum gibt in das
stumme Geheimnis hinter den Fenstern.
Zur Vertiefung des Rückblicks einige Zitate
vom Kasimir Malewitsch:
Paragraph 3
Susanne Troesser filmt mit einer Handykamera eine Aktion von Anne Sievert, in
der jene den Absatz 3 des Paragraphen 3
des Grundgesetzes für die Bundesrepublik
Deutschland vom 23. Mai 1949 mit Kreide
auf den Fahrradweg an der Werdener Strasse
vor das Landgericht in Düsseldorf schreibt:
„Niemand darf wegen seines Geschlechtes,
seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner
Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines
Glaubens, seiner religiösen oder politischen
Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt
werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“
Die in Schreibschrift wie auf eine Schultafel
geschriebenen Buchstaben sind metergroß.
Die Kamera folgt langsam den Buchstaben, erst am Ende sieht man die Künstlerin
Anne Sievert, schreibend. Begleitet ist das
Handyvideo von einem klaren und deutlichen Tongefüge aus metallen schwingenden Schlaggeräuschen, die (ich habe mich
bei Axel Ganz, der den Sound gemacht hat,
erkundigt), durch ein Klopfen auf vorstehend
angebrachte Steinplatten des o.g. Gebäudes
entstanden sind.
Der mahnende musikalische Ton untermalt
einzelne Stimmen, die den Text nacheinander einzeln aufsagen. Kein Geräusch der
Strasse.
„... Das ist dann möglich, wenn wir alle
unsere Künste vom Sujet befreien, dieser
spießbürgerlichen Vorstellung und das Bewusstsein lehren, alle Naturdinge nicht als
reale Gegenstände und Formen, sondern
als Material zu betrachten, aus dessen Massen Formen zu bilden sind, die mit der Natur
nichts zu tun haben.
Dann wird die Angewohnheit verschwinden,
in Bildern Madonnen und Venusgestalten
mit herumspielenden verfetteten Cupidos zu
sehen.
Die Formen des Suprematismus, des neuen
Realismus in der Malerei, bilden bereits den
Beweis für den Aufbau von Formen aus dem
Nichts, die von der Intuitiven Vernunft gefunden wurden.
Ich habe die Knoten der Weisheit gelöst und
das Farbbewußtsein befreit! Entledigt euch
ganz schnell eurer verhärteten Haut der
Jahrhunderte, damit ihr uns leichter einholen
könnt.
Ich habe das Unmögliche bezwungen und
mit meinem Atem Abgründe geschaffen. Ihr
hängt wie Fische in den Netzen des Horizonts.
Wir, die Suprematisten, machen euch den
Weg frei,
Beeilt euch!
Denn schon morgen werdet ihr uns nicht
mehr erkennen.“ [7]
Du in meinem Leben oder irgendwo in ...
In diesem videografischen Poem von Thyra
Schmidt folgt die Künstlerin einer Spur der
beziehungsvollen und gleichzeitig fragenden,
suchenden Hinwendung an einen Anderen,
einem Du. Mit dem Blick auf ihre fotografischen Stativaufnahmen von Hausfassaden
hört man eine Sprecherin, Thyra Schmidt
selbst, deren Sätze wie „Steht still da und
schaut dich an“, „Nebel auf der anderen Seite
der Straße“, „Was ist, wenn ich irgendwo
hingehen muss, und du es nicht verstehen
wirst“ einen gedanklichen Lebensraum öffnen, den man hinter die fremden geschlossenen, gardinenbehangenen Fenster des
Wohnens lokalisiert. Sie schafft mit diesem
nachdenklichen Video und ihrer sinnenden
Stimme und Sprechweise, die natürlich das
Um und Auf des Gelingens dieses Videos
ist, eine Atmosphäre der Bindung an einen
Anderen, der erholsamerweise das stete wiedergekäute ironisch-stilisierte ewige Scheitern von Beziehungen fehlt, ohne irgendetwas Gegenteiliges zu beschwören. Das Video
ist so schön, weil es Wert legt auf etwas und
dem uns allen vertrauten steten drängenden
und leidhaften Sich-Beziehen mit Wunsch
und Wollen eine Stimmung der Nachgiebigkeit und Milde verleiht. Etwas, das sich
Wer kann sich wie und in welcher Form auf
dieses Recht berufen? Denn es geht um ein
Gesetz, das Menschen betrifft, die im Allgemeinen keine soziale Macht haben und dementsprechend keine Macht, sich Gehör zu
verschaffen.
Auf die unterste Ebene der Erdoberfläche,
auf die Platten des Strassenbodens in Kreideschrift ein Grundrecht zu ermahnen, das
beim nächsten Regen zerfließen wird, zeigt
sich mir angesichts der Realität einzelner
Schicksale, für die eine Ausführung des Verbotes von Benachteiligung lebenserhaltend
sein könnte, als eine gelungene Verbildlichung der Machtlosigkeit derjenigen, für die
das Recht immer gelten sollte. Es finden Abschiebungen von Heimatlosen und in ihren
Ländern Verfolgten in solch grauenhafter
Durchführung auch in diesem Lande statt,
dem man sich gesondert widmen muss, um
es zu erfahren, dass das Sprechen vom Grundrecht ebenso leer erscheint wie das Sprechen des Grundrechtes durch die Legislative
geschweige denn Exekutive.
Was sagt uns dieser Film nun zur Sprache? In
meiner Lesart verbildlicht er und schafft eine
hierarchische Sprachsituation. Er weist darauf hin, dass die Macht der Sprache immer
abhängig ist von der Macht und Institution
des Sprechers. Solange ein solches Grundgesetz nicht von der Justiz selbst eingefordert
wird, ist es auch nicht von irgend jemandem
einforderbar.
„Eine Institution ist nicht unbedingt eine
bestimmte Institution - diese oder jene Familie oder Fabrik zum Beispiel -, sondern jedes
einigermaßen dauerhafte Ensemble von sozialen Beziehungen, das Individuen Macht,
Status und Ressourcen verschiedenster Art
verleiht. Somit ist es die - so verstandene Institution, die dem Sprecher die Autorität
verleiht, den Akt auszuführen, den seine
Äußerung performativ zu vollziehen behauptet. Nicht jeder kann sich vor ein neues
Schiff stellen, eine Flasche an dessen Bug
schleudern, die Worte aussprechen: „Ich
taufe dieses Schiff auf den Namen ‚Queen
Elisabeth‘“ [zitiert im Zusammenhang mit
der Sprechakttheorie von John Longshaw
Austin] und das Schiff damit taufen: Die Person muss hierzu befugt sein, bekleidet mit
der zur Ausführung dieses Aktes erforderlichen Autorität. Daher setzt die Wirksamkeit
der performativen Äußerung bestimmte soziale Verhältnisse voraus, eine Institution, die
bewirkt, dass ein bestimmtes Individuum,
das zum Sprechen befugt ist, und von anderen als solches anerkannt wird.“ [8]
Indem im Film die Aktion mit dem wiederholten Sprechen des Satzes von unbekannt
bleibenden Stimmen zusammengebracht
wird, erkenne ich in dem Video zwar die
moralische Einforderung einer Gleichbehandlung und zugleich eine bewußt als
„sinnlos“ im Sinne ihrer Umsetzung dargestellte Artikulation.
Zur Sprache gehört auch das Vernehmen,
das Hören und die Gültigkeit des Gesprochenen, wobei ein Gesetz nicht einfach ein
Gesprochenes ist, vielmehr ein ehern und
weihevoll festgeschriebener Satz, dessen Gültigkeit eigentlich in seiner Existenz als Gesetz
verankert ist. Es gibt also einen Unterschied
in der Mitteilung des Satzes des Paragraphen
selbst, und der Mitteilung, die die sich hier in
der Exekutive mitteilt.
What is democracy
Der Film von Oliver Ressler befasst sich
mit dem Begriff der Demokratie, die Beschreibung des Films selbst ist auf S. 15 zu
finden. Das Beeindruckende dieses Films ist
die Informationsfülle, die durch die vielen
global verstreuten SprecherInnen vermittelt wird. Es ist aber auch das Zuhören den
SprecherInnen selbst, die jeweils an einem
für die Demokratie in dem jeweiligen Land
symbolträchtigen Ort oder repräsentativen
Gebäude stehen. Der Art, in der sie sprechen, ihrem Artikulieren komplexer Sachverhalte nicht nur zuzuhören, sondern auch
zuzusehen, vermittelt das Gesagte auf so
natürliche Weise, dass die Inhalte als klare
und überlegene Analyse auftreten. Überlegen
gegenüber dem Gebrauch des Begriffes im
Sinne seiner politischen Praxis. Der Begriff
wird in diesem Film ausführlich von jener
gelöst, so dass der Film eine überzeugende
und intelligente Dekonstruktion der Praxis
dieses Begriffes ist.
Lin Chalozin Dovrat aus Jaffa sei hier (in der
Übersetzung) zitiert: „Demokratie beruht
auf der Voraussetzung, dass es eine Regierungsform gibt, die für ein faires Spiel sorgen
kann. Sie verspricht, dass am Anfang oder
am Ausgangspunkt des politischen Spiels
alle Teilnehmer gleich sind. Diese Gleichheit
beruht auf Identität. („Allgemein verliert ein
Mensch dann seine Identität, wenn er sich so
verändert bzw. von außen beeinflusst wird,
dass wesentliche Kriterien entfallen, anhand
derer er identifiziert wird und sich identifiziert, oder wenn wesentliche Instanzen,
welche die Identifizierung vornehmen, entfallen oder wesentliche Kriterien der Identifizierung geändert werden (z.B. Verlust einer
Staatszugehörigkeit), Quelle Wikipedia).
Und das bedeutet, dass jeder, der (von seiner Identität her, Anm. SF) nicht hineinpasst,
keinen gleichen Ausgangspunkt zugebilligt
bekommt. Die Idee, die für soziale Mobilität
steht, geht nicht auf. Wie ein System schaffen,
das Gleichheit zwischen dem Ungleichen
erreicht. Denn es geht um die tatsächliche
effektive Bewegungsgfreiheit aller TeilnehmerInnen.“
Our School
Von Reza Abeyat. Dies ist einer der längeren Filme zur Sprache, die im Appendix
angesehen werden können. Der aus Teheran
stammende Filmemacher Reza Abeyat zeigt
in seinem Dokumentarfilm den Alltag in
einer Schule eines Dorfes in einem arabischsprechenden Gebiet im Iran. Obwohl 70%
der Bevölkerung, wie er sagt, ursprünglich
nicht Farsi sprechen, werden alle Kinder in
Farsi unterrichtet. Er zeigt in seinem sensiblen Film die Schwierigkeiten der Kinder,
einfache Inhalte auf Farsi zu lernen.
Eine schöne Beschreibung aus Italien über
die Veränderung von Sprachverhalten durch
die Vorschrift einer Hochsprache, die nicht
als auf diesen Film angewendet verstanden
sein soll, sondern als Zugabe zum Thema der
Sprache in diesem Kontext, fand ich in den
„Freibeuterschriften“ von Pier Paolo Pasolini:
„Alle mittel- und süditalienischen Städte
und Regionen hatten früher einmal eigene
Sprachtraditionen, lebendige Sprachen, Dialekte, die sich durch Sprachschöpfungen
ständig erneuerten. Innerhalb dieser Dialekte gab es dann noch lokale Sondersprachen, die überreich an oft geradezu
poetischen Wortbildungen waren und zu
denen jeder, Tag für Tag, neues beitrug: Jeden
Abend eine neue Redewendung, ein Bonmot,
ein frisch erfundenes Schlagwort - überall
herrschte eine wunderbare Sprachvitalität.
Das Sprachverhalten dagegen, das heute von
der herrschenden Klasse vorgegeben wird,
hat die Menschen mundtot gemacht. In Rom
z.B. sind die Leute nicht mehr imstande, etwas zu erfinden, sie sind entweder von einer
neurotischen Sprachhemmung oder sie sprechen eine völlig artifizielle Sprache, ohne
Schwierigkeiten und Widerstände, so als ob
alles leichthin sagbar wäre - sie sprechen „wie
gedruckt“ - oder sie landen schlichtweg in
der Sprachunfähigkeit im klinischen Sinn;
die Menschen können keine lebendigen
Bilder und Rhythmen mehr finden, sie jaulen
mehr als sie sprechen und geben sich entweder Kniffe oder grinsen höhnisch, weil sie
weiter nichts zu sagen haben“.[9]
Fortsetzung auf Seite 66
13
Ausstellung im
Appendix: Übersetzen
und Besprechen
Die Falten des Königs
Matthias van Baaren
2011 30:00 min
What Is Democracy?
Oliver Ressler
2009 118 min
„Die Falten des Königs” ist ein Dokumentarfilm über Simultandolmetscher. Zwei Dolmetscherinnen sitzen in einer Kabine. Über
Kopfhörer werden ihnen vorab aufgenommene, englischsprachige Interview-Passagen
(für den Zuseher sind diese „Originale” nicht
hörbar) zugespielt, die sie simultan ins Deutsche übertragen. Bei den ursprünglichen Interviews handelt es sich um Gespräche mit
Übersetzern, Translatologen, Dolmetschern,
Politikern, Sprachphilosophen, Neurolinguisten usw. Aus den unterschiedlichsten
Blickwinkeln erfährt der Betrachter so vom
Prozeß des Dolmetschens und ist gleichzeitig Teil dessen. Als ich mit den Recherchen
für "Die Falten des Königs" begann, war ich
fasziniert, mich einerseits an ein unendlich
komplexes und letztlich nicht begreifbares
Thema wie das der Sprache heranzuwagen
und andererseits einen Film zu machen, der
im kleinstmöglichen Rahmen spielt. Zwei
Personen in einer Kabine, nicht viel größer
als eine Telefonzelle, in einem leeren Studio.
Keine Musik, keine Erklärungen, kein Fragesteller. Ein Film über und vom Verstehen.
„What
is
democracy?“
(„Was
ist
Demokratie?“) ist nicht eine Frage, sondern
sind eigentlich zwei Fragen. Es ist zum
einen die Frage nach der dominierenden
Form der Demokratie, der parlamentarisch
repräsentativen Demokratie, die im Film
kritisch diskutiert wird. Zum anderen ist es
die Frage, wie ein demokratischeres System
aussehen könnte und welche organisatorische
Form es annehmen könnte. Im Rahmen
des Projekts wurde die Frage „Was ist
Demokratie?“ zahlreichen AktivistInnen
und politischen AnalystInnen in 15 Städten
in der Welt gestellt; in Amsterdam, Berkeley,
Berlin, Bern, Budapest, Kopenhagen,
Moskau, New York, Rostock, San Francisco,
Sydney, Taipeh, Tel Aviv, Thessaloniki und
Warschau. Die Interviews wurden seit
dem Januar 2007 auf Video aufgenommen.
Obwohl
allen
GesprächspartnerInnen
dieselbe Frage gestellt wurde, ist das
Resultat eine Vielfalt unterschiedlicher
Perspektiven und Ansichten von Menschen,
die in Staaten leben, die üblicherweise als
„Demokratien“ bezeichnet werden. Dieser
Pool an Interviews bildet die Basis für
einen Film in acht Abschnitten, der eine
Art globale Analyse über die tiefe politische
Krise des westlichen Demokratiemodells
(re)präsentiert. In einem der Videos
erläutert Adam Ostolski (Warschau), dass
„der moderne Demokratiebegriff von
Anfang an mit dem Fortschrittsgedanken
verbunden“ war und parlamentarische
Staaten „eine Tendenz [zeigten] immer
demokratischer zu werden, indem immer
neue Typen politischer Akteure, neue
Gruppen wie Arbeiterschaft und Frauen
usw. usf. miteinbezogen wurden. […] Doch
seit den 1980ern, seit dem Aufkommen
des neoliberalen Trends in Politik und
Wirtschaft, bildet sich die Demokratie
zurück.“ Für Lize Mogel (New York) hat
sich die Situation so geändert, dass, wenn
man heute „an repräsentative Demokratie”
denkt, man nicht zwangsläufig an Individuen
[denkt], die repräsentiert werden, sondern
eher an Kapital, das repräsentiert wird.“
Nikos Panagos (Thessaloniki) argumentiert
sogar, „dass Repräsentation und Demokratie
zwei miteinander unvereinbare Begriffe sind.
Daher kann man das gegenwärtige System
unter keinen Umständen eine Demokratie
nennen. Es ist bloß eine raffinierte Form
der Oligarchie.“ Während in den Videos
Ideen von direkter Demokratie oder die
Entscheidungsfindungsprozesse in indigenen
Gesellschaften ausgeführt werden, wirft
David McNeill (Sydney) die Frage auf, ob
es denn überhaupt Sinn mache, „weiterhin
um das Recht [zu kämpfen], den Begriff
(Matthias van Baaren) Studium an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Seit
2007 Freier Filmemacher. Festivalteilnahmen von "Die Falten des Königs": Diagonale
2011 - Festival des Österreichischen Films,
Graz (A) Visions du Réel - Festival International de cinéma, Nyon (CH) Uppsala International Short Film Festival, Uppsala (SWE)
Kasseler Dokumentarfilm- und Videofest,
Kassel (D)Leeds International Film Festival,
Leeds (UK) *Wien
14
Demokratie für sich zu beanspruchen
und definieren zu dürfen“, oder ob er
„von den Konservativen, die ihn für sich
beansprucht haben, schon so korrumpiert
und beschmutzt worden [ist], dass es besser
sei, sich geschlagen zu geben und sich auf
die Suche nach geeigneteren Formen der
Beschreibung dessen zu machen, wie wir uns
unsere Zukunft vorstellen.“
Der Film diskutiert den umkämpften Begriff
der „Demokratie“, der von den Machthabern
für die Aufrechterhaltung der Ordnung
missbraucht wird, während „Demokratie“
zugleich jenes Ideal repräsentiert, das
hunderte Millionen Menschen im globalen
Süden verzweifelt zu erreichen versuchen.
Heute scheint es daher fast unmöglich zu
sein, gegen „Demokratie“ zu sein, obgleich
sie immer leerer wird. Eine mögliche
Strategie könnte es daher sein, den Begriff
„Demokratie“ mit neuer Bedeutung zu füllen.
In diesem Sinne präsentiert der Film einen
vielschichtigen Diskurs über Demokratie,
der ein breites Spektrum von Meinungen
zum Ausdruck bringt, die über die Grenzen
von Nationalstaaten oder Kontinenten
hinausgehen.
Bauer, Zanny Begg, Karen Bennett, Christine
Boehler, Paul Chatterton, Amy Cheng,
Eyal Danon, Hilla Dayan, Miklos Erhardt,
Takis Fotopoulos, Frédérique Gautier, Peter
Grabher, Hou Hanru, Laila Huber, Manray
Hsu, Jens Kastner, Caroline Lensing-Hebben,
Geert Lovink, Margarethe Makovec, Davor
Miskovic, Nikos Panagos, Ted Purves,
Gerald Raunig, Natalia Romik, Walter Seidl,
Katharina Schlieben, Gregory Sholette, Kuba
Szreder, Nora Theiss, Dmitry Vilensky, Tom
Waibel
Übersetzung für englische Untertitel: Harold
Otto
Übersetzung für deutsche Untertitel: Otmar
Lichtenwörther
Übersetzung für französische Untertitel:
Lucile Gourraud-Beyron
Förderungen: ERSTE Stiftung, Kulturamt
der Steiermärkischen Landesregierung,
Kulturamt Stadt Graz, Otto-Mauer-Fonds,
Biennale de Lyon, 2009 *Wien
Der Film ist in acht Abschnitte gegliedert:
„Repräsentation
überdenken“,
„Ausschließungspolitiken“, „Geheimhaltung anstelle von demokratischer Transparenz“,
„Neue Demokratien?“, „Ist die repräsentative
Demokratie überhaupt eine Demokratie?“,
„Direkte Demokratie“, „Indigene Politiken
wiedergewinnen“
und
„Sollten
wir
das westliche Demokratiemodell dem
Müllhaufen der Geschichte überantworten?“.
Konzept,
Interviews,
Kamera
und
Tonaufnahme: Oliver Ressler
GesprächspartnerInnen: Kuan-Hsing Chen,
Noortje Marres, Lin Chalozin Dovrat,
Thanasis Triaridis, Tone Olaf Nielsen, Jo
van der Spek, Cheikh Papa Sakho, Wolf
Dieter Narr, Tiny a.k.a. Lisa Gray-Garcia,
Joanna Erbel, Yvonne Riano, Trevor Paglen,
Tadeusz Kowalik, Adam Ostolski, Boris
Kagarlitsky, Michal Kozlowski, Lize Mogel,
Rick Ayers, Nikos Panagos, Macha Kurzina,
Gabor Csillag, Zachary Running Wolf, Jenny
Munroe, David McNeill
Schnitt und Produktion: Oliver Ressler
Bildbearbeitung und Untertitel: David Grohe
Animation: Zanny Begg
Komposition und Tonbearbeitung: Rudi
Gottsberger
Footage: Sierpien 80 (© Telewizja Polska
S.A.)
Besonderer Dank gilt Louisa Avgita, Kai
15
Cellular Performance
Verena Friedrich
2012 09:00 min
“Cellular Performance” untersucht die
wechselseitigen Beziehungen von Sprache und Materialität im Zeitalter der
Biowissenschaften.
Zur Vermarktung von auf den Körper
abzielenden Konsumgütern kommt heutzutage oft eine pseudo-wissenschaftliche Sprache zum Einsatz, die an biotechnologische
Machbarkeitsphantasien anknüpft. Die
zellulären und subzellulären Dimensionen
des Körpers in den Blick nehmend,
beschwört sie dessen Leistungsfähigkeit,
Manipulation und Verbesserung. “Cellular
Performance” schließt diese Sprache kurz
mit dem biologischen “Material”, auf das sie
sich bezieht. Hautzellen wurden im Labor
manipuliert, so dass sie lesbare Texte formen
und so die Bestrebungen der Fortschritts- und
Leistungsgesellschaft visuell “reinkarnieren”.
Seit einigen Jahrzehnten ist ein gewisser Trend
im Hinblick auf Körper- und Pflegeprodukte
zu beobachten. Waren diese einst vor allem
darauf ausgerichtet, den Körper zu schützen,
zu pflegen und instand zu halten, werden sie
heute oft in der Nähe von pharmazeutischen
Produkten positioniert.
In Marketing und Werbung ist die
Rede von »Cosmeceuticals« mit »bioaktiven« Inhaltsstoffen – Hybridprodukte
zwischen Kosmetik und Arznei, welche die
potentielle Manipulation, Verjüngung und
Verbesserung des Körpers in Aussicht stellen.
Beworben werden diese Produkte mit einer
Sprache, die sich pseudo-wissenschaftlicher
und -fachsprachlicher Formulierungen bedient. Die Kontrolle biologischer Prozesse
beschwörend, zielen diese Produkte nicht
auf den Körper als Ganzes, sondern viel
mehr auf seine zellulären und molekularen
Dimensionen.
Aktuelle biowissenschaftliche und -medizinische Entwicklungen haben zur Entstehung
eines neuen Körperbilds beigetragen. Der
Körper erscheint nicht mehr als »individuell«
(lat.: unteilbar), sondern als »Dividuum« – er
kann in seine kleinsten Bestandteile zerlegt
werden. Neben Körperteilen, Organen und
Blut können Zellen vom Körper isoliert
werden und zwischen Körpern zirkulieren.
Im Zuge der Verschaltung von Ökonomie
und Biowissenschaften werden sie zur
Ware – zum tradierbaren »Wertstoff« –
und im weiteren gesellschaftlichen Kontext
auch zum Träger von Hoffnung auf
Gesundheit, Heilung und mehr Lebenszeit;
vielleicht sogar auf einen todlosen Körper.
Sprache beschreibt nicht nur, sondern hat
16
A field (of interconnected realities)
Paula Roush / Maria Lusitano
2012 34:45 min
Handlungscharakter und kann gewisse
Transformationen in der materiellen Welt
bewirken (wie den Konsumenten zum
Kauf anzuregen, oder eine erfassbare und
machbare Zukunft ins Leben zu rufen).
Die Tatsache, dass Sprache eine Form von
Handlung ist, bedeutet allerdings nicht, dass
sie auch tut, was sie sagt. Sprache ist ständig
»im Werden«. Sie verändert ihre Bedeutung
im Akt des Sprechens, ist abhängig vom
situativen Kontext und Trägerin von
Geschichte. So trägt sie immer bereits
Bedeutungen in sich, die aus vergangenen
Semantisierungsprozessen stammen und die
im Akt des Sprechens aufgerufen werden.
Ihre Effekte lassen sich daher nie vollständig
antizipieren und kontrollieren.
Ähnlich der Sprache changiert auch
das »Zellmaterial« zwischen seiner instrumentellen Nutzung einerseits und seinen
performativen Qualitäten andererseits.
Im Kontext der Biowissenschaften wird
versucht, das zelluläre »Material« unter
Kontrolle zu bringen, um an und mit ihm
zu arbeiten. Als Objekt der Forschung wird
»die Zelle« verdinglicht und so zum Träger
von Kodierungen und Bedeutungen. Nur
durch bestimmte Stabilisierungsprozesse
im Labor kann sie überhaupt als Werkzeug
verwendet werden. Auch Zellen sind
ständig »im Werden« – sie verändern sich
dauernd in ihrer aktuellen Daseinsweise.
Im Grenzbereich zwischen Leben und Tod,
zwischen Autonomie und Abhängigkeit,
zwischen Stabilität und Fragilität, hat das
Zellmaterial etwas Unvorhersehbares an sich,
das sich der vollständigen Kontrolle entzieht.
»Cellular Performance« will der instrumentellen Anwendung von Sprache und
Zellmaterial ein künstlerisch-poetisches
Modell entgegenstellen.
Durch Verfahren der Aneignung und
Überhöhung von Technik sowie der ReKontextualisierung und Re-Kombination des
Materials entsteht ein kritischer Moment,
der festgefahrene Strukturen aufsprengen
kann, indem er performative Spielräume
sichtbar macht und neue Handlungsräume
eröffnet. Doch sowohl die Sprache als auch
das zelluläre Material behaupten eine gewisse
Eigenständigkeit, deren poetische und
transformatorische Effekte über eine rein
instrumentelle Anwendung hinausgehen. In
Zusammenarbeit mit: SymbioticA - Centre
of Excellence in Biological Arts, University
of Western Australia, Perth, Australien /
Laboratory of Stem Cell Bioengineering, EPF
Lausanne, Schweiz / Hackteria
Förderungen: Nachwuchsförderung der
Kunststiftung NRW / Förderpreis der
Kunstministerin des Sächsisches Staatsministeriums
für
Wissenschaft
und
Kunst 2010 / Goethe-Institut Australien /
Kunsthochschule für Medien Köln
Verena Friedrich, geboren in Hanau, studierte
Kunst und Medien an der Hochschule für
Gestaltung Offenbach, der Akademie der
Bildenden Künste Wien sowie seit 2009 an
der Kunsthochschule für Medien Köln. Seit
2004 Teilnahme an Medienkunstfestivals,
Ausstellungen und Konferenzen im Inund Ausland. 2005 Auszeichnung mit
dem Internationalen Medienpreis für
Wissenschaft und Kunst des ZKM Karlsruhe;
2008 Nominierung für den Transmediale
Award. 2009 Lehrauftrag an der Hochschule
für Gestaltung Offenbach. 2010 Förderpreis
der Kunstministerin des Sächsischen
Staatsministeriums für Wissenschaft und
Kunst; 2011 lobende Erwähnung bei den
VIDA 13.2 Art & Artificial Life Awards.
Verena Friedrich lebt zurzeit in Köln. *Köln
A field (of interconnected realities) or The
week of mash-up goodness | Romanpaula
Roush and Maria Lusitano 5 newsprint
volumes, colour, digital print, 29cm x 38 cm,
in a grey-board folio with DVD, HD, 3445”
colour, sound | The project started in 2010
as the re-enactment of the artists book “Une
Semaine de Bonté” (A Week of Goodness,
1934) by Max Ernst. This was the first collagenovel to explore the unconscious as a series
of traumatic tableaux in the book format,
and a pioneering work in the ontology of
the artists book. The new publication and
accompanying video piece (2012) extend
our ongoing research onto the study of the
modernist collage-novel. The main subject
of the work is now Valentine Penrose and
her book “Dons des Féminines” (1951).
This pioneering collage-poem is both a reenactment of “Une Semaine de Bonté” and
a critique of “patriarchal hegemony” evoked
in Ernsts work. Its poetic depiction of female
friendship, combining elements of neo-gothic
and surrealist verse and collage make it into
an early precedent of the écriture feminine
with its claim for a language of female
desire and transgression. Valentine Penroses
relationship to Max Ernst, Anthony Penrose
and particularly to Alice Rahon - to whom it is
speculated that “Dons des Féminines” refers
to - have all been scrutinised by art historians
and literary critics alike, with the rigor of
detectives when dealing with the scene of
a crime. Whilst this attention has made
“Dons des Féminines” into one of the most
intriguing feminist and queer publishing
case studies, there are still many gaps that we
found the most stimulating and decided to
look closer into. The resulting work combines
historical archive and speculative fiction,
intertextuality and collage. The newsprint
publication uses Max Ernsts feuilleton
“Une Semaine de Bonté” as a structuring
device to serialise the 5 volumes following
the days of the week. The video essay that is
part of this project is a 36-minute narrative
collaged with fragments of film, painting,
illustration and literature relating to the
female gothic. Its departure point is “Dons
des Féminines” and the backdrop story is
Valentines travels in India in the company
of Alice Rahon. The visual essay narrates
the way through which the apparitional
female monster has been depicted in visual
and literary representations, and how
these have influenced and contributed to
current discourses regarding gender and the
construction of queer identity.
Paula Roush and Maria Lusitano are
Portuguese London-based visual artists
interested in the historiographies of genders
and sexualities. A field (of interconnected
realities) is an extended visual essay that
integrates publications and projections. The
work was shown at BOOKLIVE! London
June 2012 and Kaleid 2012 European Artists
book event, London July 2012. It will be
presented as a solo show in the Museum of
Electricidade, Lisbon, April 2013. *Lisbon/
London
17
Die siderische Nacht
Marion Kellmann
2012 18:07 min
Our School
Reza Abeyat
2012 30:00 min
Deutsch als Fremdsprache
Sinead Aldridge
2012 15:30 min
“Wenn jemand spricht wird es hell” (Freud, um
1905). Ein Photocollagenfilm über Sprache
und Licht, montiert aus Bildern der frühen
Photographie. Die Geschichte beginnt, als
die Erde aufhörte sich zu drehen. Photos aus
dem 19. Jahrhundert bilden die Grundlage
der Geschichte “Die siderische Nacht”. Als
konstruierte Collagen sind sie Beweisstücke,
Zeugen des fiktionalen Ereignisses, welches
in dem Film rekonstruiert wird. Eine Seite
der Erde liegt in dauerhaftem Schatten. Die
Bewohner dieses Erdteils haben einen Weg
gefunden, die Sonne zu ersetzen. Durch
laut ausgesprochene Worte entsteht Licht.
Fortwährend kreieren die Bürger immer
neue Wortkombinationen um die Lichtquelle
zu erhalten, bis eines Tages eine Fremde, der
Sonne vergleichbar, in die Stadt kommt.
The vast country of Iran contains people with
various languages. The official language of
this country is Persian (Farsi). All the people
in Iran have to study and learn at school in
Persian. 70 percent of the people in Iran
speak another language than Persian. This
film is made in the South-West of Iran, in a
district where Arabs live. The village is called
Hor. The native language of this village is
Arabic.
Among living beings, only man has language.
The voice is the sign of pain and pleasure, and
this is why it belongs to other living beings
(since their nature has developed to the point
of having the sensations of pain and pleasure
and of signifying the two). But language is
for manifesting the fitting and the unfitting
and the just and the unjust. To have the
sensation of the good and the bad and of the
just and the unjust is what is proper to men
as opposed to other living beings, and the
community of these things makes dwelling
and the city. (1253a, 10-18) Aristotle Politics
“Any interpretation of the political meaning
of the term people ought to start from the
peculiar fact that in modern European
languages this term always indicates also the
poor, the underprivileged, and the excluded.”
IndieLisboa 9th International Independent
Film Festival - Portugal 14 Festival Internacional de Curtas de Belo Horizonte Brasilien *Köln
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Born in 1982. I studied at Cinematography
University. In 2001 I started to work in
documentary cinematography. *Tehran
what is a people
Man without content.
Giorgo Agamben
“Language skills are an essential prerequisite
for successful integration”, so that “.. people
can participate in social life.” The federal
Ministry for Migration and Refugees.The
‘Deutsch als Fremdsprache / German as
a foreign language’ project has evolved
from my own experience of studying the
german language over the past year at
the Volkshochschule in Berlin. It involves
researching and interviewing individuals
who have moved recently to Berlin from
neighbouring european states i.e Greece,
Spain, Italy, Ireland and further afield i.e
Korea, Columbia, Cuba and Kazakhstan.
These people I have met in German
language courses at the Volkshochschule.
These are people who are attempting to
learn the german language in order to
intergrate properly into German society. I am
interested in this transitional period, what
must be forfitted and what can be retained.
The interviews were specifically conducted
in german ( I have chosen not to use subtitles), making it clear to the viewer that
these individuals are foreign and that the
German language is not their mother tongue.
I am initialy interested in the lippages, the
accented words or meaning created in what
Jean Luc Nancy describes as a place where“
‘perhaps everything happens between loss
and appropriation’.
Interview mit Robert Marcault
Veronika Peddinghaus
2012 45:00 min
The interview simply asked three questions.
Where do you come from? Why are you
studying the German language? and What
are your hopes or aspirations for the future?
For Kunstfilmtag “Die Sprache ist das Haus
in dem wir leben”, exhibition 2012, edited
versions of five interviews have been brought
together, presenting the work for single
screening. References: Giorgo Agamben:
Man Without Content. Stanford University
press 1999 english. Jean Luc Nancy: Being
Singular Plural, Stanford University Press
2000 english. Sinead Aldridge August 2012.
*Berlin
“Da ich noch lebe erzähle ich Ihnen von
meinem Leben, damit diese Geschichte nicht
vergessen wird.” Robert Marcault berichtet
als einer der wenigen Überlebenden der
Shoah, was er als 15-Jähriger erleiden musste.
Das Interview ist während eines Aufenthaltes
in Toulouse/Südfrankreich im Jahr 2009
entstanden. Es ist Teil des Projektes
“Back from Toulouse” Video, Portfolios
von künstlerischen Arbeiten, Interviews,
Recherchematerial. Das Projekt „Back from
Toulouse“ beschäftigt sich mit Verfolgung
und Widerstand während der Besetzung
durch das nationalsozialistische Deutschland
1943-45 in Südfrankreich. Ausgangspunkt
war ein Aufenthalt der Künstlerin in Toulouse
im Jahr 2009. Die umfangreiche Recherche
umfasst u.a. Interviews mit ZeitzeugInnen
und die Dokumentation historischer Orte. Im
Rahmen des Kunstfilmtages wird erstmalig
das „Interview mit Robert Marcault“ in
endgültiger Fassung zu sehen sein (45 min,
2012). Zudem werden Interviews mit Annie
Beck und Jeanne Rogalle in schriftlicher
Form ausliegen. Ergänzend sind Portfolios
mit Installationen, Zeichnungen und Fotos
sowie Recherchematerial einsehbar.
Arbeiten des Projektes wurden bisher u.a.
in den Ausstellungen „Que reste-t-il?“ in
Toulouse 2010, in der Ausstellung „Back from
Toulouse“ und im Rahmen des Onomato
Werkstipendiums gezeigt. *Düsseldorf
19
Die Falten des Königs
Sprachwege, Matthias van Baaren
Auszüge aus den Transkriptionen des gleichnamigen Films (s.Ausstellung im Appendix)
Originalinterview auf Englisch geführt
Simultaneous interpreting is probably one of
the most complex language processing tasks
imaginable. No other language task combines
the need to comprehend and produce speech
simultaneously, and to simultanously
command and control two languages.
Understanding simultaneous interpreting
may be of great interest to cognitive
psychologists and psycholinguists because
of the demanding nature of simultaneous
interpreting in terms of online processing
and control.
Simultan-Dolmetschung ins Deutsche
Simultandolmetschen gehört vermutlich
zu den komplexesten Sprachverarbeitungsaufgaben, die wir uns vorstellen können.
Keine andere Sprachaufgabe vereinigt auf
diese Art und Weise gleichzeitig Verständnis
und Sprachproduktion und gleichzeitiges
Steuern von zwei Sprachen. Unser Verstehen
in diesem Bereich ist vielleicht ... ist ...
kann sehr wichtig sein für kognitive und
psycholinguistische Forschungen auf Grund
der Anforderungen des Prozesses innerhalb
der ... des Empfangs der Sprache und der
Wiedergabe der Sprache.
Englische Untertitel
Simultaneous interpreting is probably one of
the most complex language-processing tasks
we can imagine. No other linguistic task
combines comprehension and simultaneous
linguistic production in this fashion. And
simultaneous navigation of two languages.
Our comprehension in this field is perhaps
… is … can be very important for cognitive
and psycholinguistic research on the basis
of the requirements for the process within
the … the reception of language and the
reproduction of language.
*
Originalinterview auf Englisch geführt
Sometimes it’s very pleasant. Sometimes
you have speakers who are good, that you
feel like your own quality ... you feel really
clever translating that because it’s ... well,
they have such a clear structure of thoughts
and normally you can’t speak like that ...
you know ... and when you translate them
you sound really intelligent because you ...
you sound like a book, you know, but it’s
because they are so well structured because
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... certainly they have such a carefully crafted
sentence. Mostly we just ... well we run after
speakers, you know. But sometimes we really
ride them as we say, and then ... really on
top of them and you feel like you making
the speech yourself and that’s really elating.
That can be actually ... not stressful at all.
That can be very ... very good ... you feel very
good after that. You walk out like you are the
Master of the Universe, you know.
Simultan-Dolmetschung ins Deutsche
Manchmal ist es sehr schön. Manchmal sind
die Vortragenden so gut, dann hat man den
Eindruck, dass man selber ganz gescheit
ist, wenn man das übersetzt. Wenn klar
strukturierte Gedanken zu dolmetschen
sind, dann klingt das auch intelligent. Man
klingt als ... man spricht wie ein Buch, weil
der Vortragende aber so gut strukturiert.
Und weil die Sätze so schön formuliert
sind. Meistens laufen wir ja irgendwie dem
Vortragenden nur nach, aber manchmal
funktioniert es auch wirklich gut, und man
surft irgendwie auf dieser Welle, und das ist
wirklich erhebend. Das ist manchmal dann
gar nicht mehr stressig, sondern da fühlt
man sich auch gut. Man fühlt sich wirklich
wie einer der „Masters of the Universe“.
Englische Untertitel
Sometimes it is very nice. Sometimes the
speakers are so good, then you get the
impression that you yourself are very smart
when you translate it. When there are clearly
structured ideas to be interpreted, it’ll also
sound intelligent. You sound as though …
you talk like a book, but that’s because the
speaker structures it so well. And because the
sentences are so nicely phrased. Most of the
time, after all, we just somehow try to keep
up with the speaker, but sometimes it does
really work out well, and you somehow ride
this wave, and that is really uplifting, it is then
sometimes not stressful at all anymore—to
the contrary, you feel good too. You really
feel like you’re one of the “masters of the
universe.”
*
Originalinterview auf Deutsch geführt
Aber ich glaube, dass Sprache – und oft
auch gerade die Übersetzung – den Inhalt
klärt, klarer macht. Weil man sich genauer
überlegen muss: was sag ich jetzt. Weil ich
denke mir, bei einem Satz, den ich in meiner
Muttersprache sagen möchte, und der
übersetzt werden soll, muss ich möglichst
klar zum Ausdruck bringen, was ich sagen
möchte. Das hängt jetzt nicht mit Grammatik
zusammen. sondern mit der Sinngebung; das
ist das Entscheidende. [...] Also ich muss da
wirklich versuchen sehr präzise zu sein, in
der Hoffnung, dass das dann eben so präzise
rüberkommt. Und ein guter Übersetzer,
ein guter Dolmetscher merkt das auch.
Allein schon von der Artikulation, von der
Konzentration, vom Gestus usw.; dieses „OK,
dass ist jetzt sehr wichtig“, das mit schwingt.
Ich glaube, dass es unbewusst vielleicht dann
den Dolmetscher noch stärker motiviert, das
präzise zu machen.
Übersetzung ins Englische
But I believe that language, and often
translation in particular, clarifies the
substance. Makes it clearer because you have
to think more precisely, now what am I going
to say. Because I think that with a sentence
I want to say, in my native language, and it
is intended for translation, I have to express
as clearly as possible what I want to say.
Now this has nothing to do with grammar
and everything with the communication
of meaning, that is what is decisive. […] So
there I really have to try to be very precise,
hoping that it will then get across just as
precisely. And a good translator, a good
interpreter also notices that. Even simply
on the basis of my articulation, my focus,
my demeanor, etc. This undertone of “OK,
now this is really important” that, I think,
perhaps then unconsciously also motivates
the interpreter even more to make it precise.
Simultan-Dolmetschung ins Deutsche
Ich glaube aber, dass Sprache und insbesondere Übersetzung oft auch die Inhalte
klären kann. Denn man muss präzise denken:
„Was möchte ich wirklich sagen?“, wenn ich
etwas in meiner Muttersprache sagen möchte
und ... aber weiß, das ist intendiert für die
Übersetzung. Dann muss ich mich so klar wie
möglich, so präzise wie möglich ausdrücken.
Das hat nichts mit Grammatik zu tun, aber
alles mit der Vermittlung der Bedeutung
des Sinns – das ist das Entscheidende! Hier
muss ich mich wirklich bemühen extrem
präzise zu sein und muss darauf hoffen, dass
es genauso präzise übertragen wird. Und ein
guter Übersetzter, ein guter Dolmetscher
bemerkt das auch ... nur durch die Art und
21
Weise wie ich spreche, meinen Sprechgestus,
mein Verhalten, dieser Unterton der sagt:
„Das ist jetzt wirklich wichtig.“ Das motiviert
unbewusst vielleicht sogar die Dolmetscher
selbst, auch extrem präzise zu sprechen.
Englische Untertitel
But I believe that language, and translation
in particular, can often also clarify the
substance. Because you have to think with
precision: “What is it really I want to say?”
when I want to say something in my mother
tongue and … but know that this is intended
for translation, then I have to express myself
as clearly as possible, as precisely as possible.
That has nothing to do with grammar but
everything with communication, of the
meaning, of the import - that is what is
decisive! Here I really have to strive to be
extremely precise, and have to hope that it
will be conveyed with the same precision.
And a good translator, a good interpreter will
notice that as well … merely by virtue of the
manner in which I speak, my demeanor in
speaking, my behavior, this undertone that
says, “Now this is really important.” That may
perhaps even unconsciously motivate the
translators to speak with the same extreme
precision as well.
*
Originalinterview auf Englisch geführt
I mean, you get in this message that’s maybe
not ideally formulated or ideally worded
or whatever and what you do in your brain
before you put it out again is, you have
to analyze it anyway and once you have
analyzed it you can’t do anything but maybe
reproduce it in a slightly better or more ... I
don’t know ... regular way. So I think it’s not
an additional effort necessarily because you
yourself already, before you say something,
are trying to understand it ... and while you
trying to understand it you are analyzing it
in your head and then it’s already there ... and
these, you know, nicely ... put phrases ideally
... and that’s what you tell your audience. But
I think it’s also ... I think ... it’s also a bit tricky
because in theory you are betraying your
audience a bit. Because in that way not telling
them that the speaker is crap. Because maybe
that’s important information they would like
to have, that he can’t form a proper phrase or
whatever. But I think it’s just not ... it wouldn’t
be possible to ... you know ... to start to ...
completely mimic the speaker because it ...
it’s not feasible, I think.
Simultan-Dolmetschung ins Deutsche
Man bekommt dies Botschaft herein, die
vielleicht nicht ideal formuliert ist, und
was man macht, bevor man sie wieder
rausschickt, ist sie ohnedies zu analysieren.
Und sobald man sie analysiert hat, kann man
ja nichts anderes tun als sie quasi, vielleicht
etwas besser oder regelkonformer zu
reproduzieren. Das ist also nicht unbedingt
eine zusätzliche Anstrengung, sondern bevor
man etwas sagt, versucht man ja schon es
zu verstehen und während man versucht
zu verstehen, analysiert man’s im Kopf, und
dann liegt das schon schön in Sätze verpackt
vor. Und das ist dann das, was man den
Zuhörern mitteilt. Aber ich halte das auch
22
für relativ trickreich, denn in gewisser Weise,
in der Theorie könnte man auch sagen man
betrügt die Zuhörer. Denn man sagt ihnen
nicht „Dieser Vortragende ist mies“, und
das ist vielleicht eine wichtige Information,
die die Teilnehmer gerne hätten, dass der
Vortragende da oben keinen geraden Satz
formulieren kann. Aber das ist nicht möglich,
also man kann nicht den Vortragenden Wort
für Wort nachahmen.
Englische Untertitel
You have this message coming in that may
not be ideally phrased, and what you do
before you send it back out is you analyze
it anyway, and once you have analyzed it
there is nothing you can do other than, as it
were, reproduce it, perhaps a little better or
more conforming to the rules. So that does
not necessarily require additional exertion;
to the contrary, before you say something
you already try to understand it, and while
trying to understand you analyze it in your
mind and then it is already present to you
nicely packaged into sentences. And that is
then what you communicate to the listeners.
But I also think that it is a fairly tricky issue,
because in a certain way, in theory you
might also say that you deceive the listeners,
because you don’t tell them, “This is a rotten
speaker,” and that may be an important piece
of information the participants might want
to have, that the speaker up there cannot
put a straightforward sentence together. But
that is impossible. So you cannot imitate the
speaker word for word.
*
Originalinterview auf Englisch geführt
There is such a thing called „professional
distance“ of course that works for therapists
and doctors probably, and if you do this on
a regular bases you probably have developed
some sense of professional distance so that
you are not immediately affected by all the
stories and illnesses and the narrations you
hear ... but even though or ... and this is the
big ongoing controversy in interpretingstudies, even though you read in all codes of
ethics that you are bound by the principal of
impartiality or even neutrality, that you are
sort of not affected, you are just a channel
– you are not! You are a human being in
there and you are affected by emotions and
situations. Yes, you are affected and in some
cases it may show up in what interpreters do
or say. If they feel that there is great imbalance
and one side is not getting the message, you
might ask back or paraphrase or make sure
that you can establish communication if
you sense that is going right. But it’s a very
tricky thing in terms of the interpreter role
because not every ... each side might want
the interpreter to help one side if there is a
case of miscomprehension, and that always
depends what the role expectations and
the license granted to the interpreter is in
a certain environment. So here you have to
study every setting from police interviewing
to asylum-hearings, court room-lawyerclient-conferences ... the expectations and the
dynamics are maybe different in every case.
And it’s probably the whole mark of a true
professional if you work in all these settings
that you can access what the rules of the
game are here, what the expectations are and
then make your decisions accordingly, but
ultimately ... and this is what the discourse
on interpreting has come to in recent
years – ultimately there is no neutrality,
no impartiality because human being ...
interpreters are involved in this situation as
human beings.
Simultan-Dolmetschung ins Deutsche
Es gibt so etwas wie eine professionelle Distanz,
das brauchen auch Ärzte, Therapeuten... Und
man muss irgendeine Art von beruflicher
Distanz entwickeln, damit man nicht sofort
von allem so betroffen ist, das man hört – als
Arzt nicht von den Krankheiten betroffen ist,
von den Schicksalen, über die man erfährt.
Es gibt hier eine gewisse Kontroverse in der
Dolmetschwissenschaft, auch wenn man
überall liest, in allen Regelwerken, dass
man an das Prinzip der Unparteilichkeit
gebunden ist, dass man neutral sein muss,
dass man einfach nur Kanal sein soll – das ist
man einfach nicht. Man ist ein menschliches
Wesen und man ist ... man hat Emotionen in
gewissen Situationen ... ja natürlich ist man
betroffen. Und in einigen Fällen, zeigt sich das
vielleicht auch in der Arbeit der Dolmetscher,
wenn sie das Gefühl haben, dass es sehr
ungerecht zugeht, dass einer Seite nicht Recht
geschieht, dann wird ... werden die Dinge
vielleicht umformuliert damit man bessere
Kommunikation herstellen kann, wenn
man das Gefühl hat, die Dinge gehen nicht
in die richtige Richtung. Aber das ist sehr
kompliziert und sehr komplex. Denn auch
wenn der Dolmetscher der einen Seite helfen
möchte, wenn er das Gefühl hat, es gibt hier
Missverständnisse, da gibt es doch gewisse
vorgeschriebene Erwartungen an die Rolle
des Dolmetschers. Hier müssen wir sehr die
verschiedenen Kontexte ansehen: Polizeiliche
Vernehmungen, Gerichtsprozesse, ... Anwalt
und Klienten Gespräche, ... hier ist die
Dynamik oft eine ganz unterschiedliche
und es ist wahrscheinlich das Zeichen eines
wirklichen Profis, dass der in allen Kontexten
genau weiß was, worum es hier geht, welche
Erwartungen an den Dolmetscher gestellt
werden und dann die Entscheidungen
demgemäß trifft. Und darum geht es auch bei
unserem Dolmetschstudium. In den letzten
Jahren hat es sich dahin entwickelt, dass man
anerkennt, es gibt keine wahre Neutralität,
keine wahre Unparteilichkeit, denn es geht
hier um Menschen, und Dolmetscher sind
auch Menschen.
Englische Untertitel
There is a professional distance of sorts,
something doctors need as well, therapists …
you have to develop some kind of specialist’s
distance so that you’re not too directly
affected by everything you hear—as a doctor,
not affected by the illnesses, by the difficult
lives you learn about. There is a certain
controversy over this point in interpreting
studies, even though you read everywhere, in
all books of rules and standards, that you’re
bound by the principle of impartiality, that
you have to beneutral, that you’re supposed
to be simply a mere channel—you simply
aren’t. You are a human being, and you are
… you have emotions in certain situations …
yes, of course you’re affected. And in some
cases that may also be apparent in the work
of interpreters, when they have the feeling
that the way the situation is going is very
unfair, that one side is being treated in a
way that’s not right, then things … things
may be rephrased in a way that enables you
to establish better communication, when
you have the feeling that things are not
moving in the right direction. But that is
very complicated and very complex. Because
even when the interpreter wants to help one
side, when he has the feeling that there are
misunderstandings happening, there are still
certain prescribed expectations regarding the
translator’s role. Here we have to look at the
very different contexts: police interrogations,
law proceedings … conversations between
lawyer and client … the dynamic is here often
very different, and it is probably the mark of
a true professional that he knows exactly in
any context what … what is at issue, which
expectations people harbor toward the
interpreter, and then makes his decisions
accordingly. And that is also what our training
as interpreters is about. In the past few years
it has developed in the direction where it is
generally acknowledged that there is no true
neutrality, no true impartiality, because it
is human beings we are talking about, and
interpreters are also human beings.
*
Originalinterview auf Englisch geführt
I think it’s harder to say something you
completely disagree with. It might get quite
difficult to actually say really horrible things.
That hasn’t happened to me so far so I’m quite
happy, but I’ve heard from colleagues who ...
who worked at the European Parliament that
they sometimes had to say things that they
totally disagreed with. And I think that’s
quite hard ... and I think some people then
say: „The speaker says“. I mean they even
switched to this mode of ... of ... you know,
emphasizing that it’s not yourself ... I don’t
know ... it’s a kind of self-protection I guess to
say:“ It’s not me who is saying...“ ... you know
... I don’t know.
Simultan-Dolmetschung ins Deutsche
Ich glaube es ist schwerer, wenn man etwas zu
sagen hat, dem man absolut nicht zustimmen
kann. Das ist vielleicht wirklich sehr schwer
etwas ganz Schreckliches sagen zu müssen.
Mir ist das bisher noch nicht untergekommen,
aber ich habe schon von Kollegen gehört
zum Beispiel im europäischen Parlament,
die manchmal Dinge sagen müssen, die
ihnen absolut widerstreben. Das ist sicher
schwierig. Und ich glaube manche sagen
dann solche Dinge wie „der Vortragende
sagt“. Das heißt sie betonen, dass sie da nicht
selbst reden. Sie distanzieren sich in einer Art
von Selbstschutz und sagen „das bin gar nicht
ich, wer da spricht“.
Englische Untertitel
I think it is harder when you have to say
something that you absolutely cannot agree
with. That is perhaps really very difficult,
having to say something completely horrible.
It hasn’t happened to me yet, but I have
heard about colleagues, for example at the
European Parliament, who sometimes have
23
to say things that are absolutely repugnant
to them, that is certainly difficult. And I
think some of them then say things like
“the speaker is saying”. In other words, they
emphasize that it is not they themselves who
are speaking. They distance themselves, as a
sort of self-protection, saying, “It isn’t I who
is speaking here”.
*
Originalinterview auf Deutsch geführt
Also es findet – auch das vielleicht ein
absurder Gedanke – genau in dem Moment
ein Enteignungsprozess statt. Also gerade
dieses Phantasma, ich könnte über Sprache
verfügen und „ich“ spreche hier, kippt
scheinbar in der Situation ins Gegenteil. Dass
das aber die eigentliche, originär sprachliche
Situation wäre, nämlich, dass die Sprache
dieses Subjekt entwirft. Und in dem Moment
wo man sich radikal mit ihr identifiziert, das
Subjekt als solches verloren geht und quasi
von der Sprache, die es spricht, absorbiert
wird.
Übersetzung ins Englische
So - and this, too, is perhaps an absurd
notion - a process of expropriation is taking
place at precisely this moment. That is, this
very phantasm that I have language at my
command, that “I” am speaking here, seems
to revert in this situation into its opposite,
which would be the true, the originary
linguistic situation: that language conceives
this subject. And at the moment where
we radically identify with it, the subject as
such is lost and absorbed, as it were, by the
language it speaks.
Simultan-Dolmetschung ins Deutsche
Und auch das ist vielleicht ein etwas absurder
Gedanke, ein Prozess der Enteignung findet
hier statt, genau zu diesem Moment... Dieses
Phantasma, dass ich die Sprache beherrsche,
dass ich hier spreche. Und das scheint sich
ins Gegenteil zu verkehren, das Gegenteil
dieser sprachlichen Situation. Die Sprache
entwirft das Subjekt, und sobald wir uns
damit identifizieren, ist das Subjekt verloren,
wird es absorbiert.
Englische Untertitel
And that, too, is perhaps a slightly absurd
idea, a process of expropriation is taking
place here, at this exact moment. This … this
phantasm that I control the language, that it
is me who is speaking here. And that seems
to turn into its opposite, the opposite of this
linguistic situation. Language conceives the
subject, and once we identify with that the
subject is lost, it is absorbed.
*
Originalinterview auf Deutsch geführt
Martin Heidegger versucht aufzuzeigen,
dass es eben nicht um das Übersetzen als
solches geht, sondern er betont die Vorsilbe
„ÜBER-setzen“ also „HINÜBER-setzen“.
Und dieses „Hinübersetzen“ ist immer
ein gewagtes Unterfangen, welches auch
Schiffbruch erleiden kann, und dass dieses
„Hinübersetzen“ das Entscheidende sei. Es
24
handelt sich dabei also um keinen sicheren
Transfer ins „Eigene“, sondern eben um
einen Aufbruch ins „Andere“ ohne auf ein
sicheres Fundament zurückzugreifen.
maybe and less benign. Even if we don’t find
them, I think the effect is there. You take
a stance, but you try not to let this come
through in your output.
Übersetzung ins Englische
Martin Heidegger attempts to demonstrate
that what is at issue is precisely not translation
as such; instead he emphasizes the prefix
“ÜBER-setzen”, that is to say, “HINÜBERsetzen.” And this “hinübersetzen” is always
a hazardous undertaking that can also
founder; and that this “hinübersetzen” is the
decisive issue. This is then no safe transfer
into “one’s own” but precisely a departure
toward the “other,” without drawing on a safe
foundation.
Simultan-Dolmetschung ins Deutsche
Ich denke eine emotionale Einstellung dem
gegenüber, was man hört, hat man immer.
Wir sind nicht Maschinen und einfache
Informationskanäle. Wir sind denkende,
fühlende, menschliche Wesen, und wir
verstehen auch mit unserem ganzen Körper.
Dieses Element gibt es. Es ist noch nicht
studiert worden, und es ist auch sehr schwer
zu messen in welchem Maß diese emotionale
Involvierung eine Rolle spielt. Aber es gibt es
sicher. Zum Beispiel Dolmetscher, die für das
internationale Strafgericht für das ehemalige
Jugoslawien arbeiten. Der Dolmetscher …
die Dolmetscherin, die für Herrn Karadzic
gearbeitet hat, hat sicherlich eine gewisse
emotionale Einstellung. Und es gab sogar
bereits eine Studie um herauszufinden, ob es
hier subtile, wahrnehmbare Anzeichen dafür
gibt, dass die Dolmetschung anders ist wenn
die Geschichte eines Opfers gedolmetscht
wird oder wenn der Täter gedolmetscht
wird. Das ist zwar schwer herauszufinden,
wir haben keine linguistischen Merkmale
gefunden, aber es gab doch ganz subtile
Änderungen bei den Konnotationen, die
den Täter vielleicht ein bisschen skrupelloser
erscheinen ließen. Auch wenn es schwer zu
messen ist, diesen Effekt gibt es. Man hat eine
Haltung, aber man versucht diese Haltung
nicht ganz durchkommen zu lassen in dem,
was man sagt.
Simultan-Dolmetschung ins Deutsche
Martin Heidegger versucht uns zu
zeigen, dass das, worum es geht, nicht die
Übersetzung als solche ist. Er betont das ...
die Vorsilbe „ÜBER“ im „ÜBER-setzen“. Und
spricht vom „Hinübersetzen“, und dieses
„Hinübersetzen“ ist immer eine risikoreiche
Unternehmung, die auch scheitern kann.
Und das „Hinübersetzen“ ist das, worum es
geht. Es ist nicht eine sichtbare Übertragung
in etwas Eigenes, sondern ein Aufbruch zu
etwas Anderem, ohne dass man auf festem
Grund stehen könnte.
Englische Untertitel
Martin Heidegger tries to show us that
the issue is not the translation as such. He
emphasizes the … the prefix “über” [across] in
“über-setzen” [“to set over,” to translate]. And
speaks of “hinübersetzen” [“to set across,”
to ferry across], and this “hinübersetzen” is
always a risky endeavor, one in which we can
fail as well. And this “hinübersetzen” is the
issue. This is not a visible transposition into
something that is our own, but a departure
toward some other, without firm ground on
which we could stand.
*
Originalinterview auf Englisch geführt
No ... I think an immediate, emotional,
affective attitude towards what is heard is
there right away ... is not displaced ... we are
not conduits, we are not machines, we are
really comprehending human beings. And
you do comprehend with your whole body ...
so you ... it’s there ... certainly there ... it hasn’t
be studied, it’s very difficult to measure to
what extent these emotional states or taking a
stance on what the speaker is saying is there ...
but it’s certainly there ... think of interpreters
working for The International Criminal
Tribunal for the former Yugoslavia ... I
would think that the conference-interpreters
interpreting for Mr. Karadzic when he
stands trial will have a certain attitude, an
emotional attitude ... and there was even a
study trying to gauche subtle manifestations
of these attitudes in the output. Whether it
would make a difference if one and the same
interpreter interprets the story of a victim or
... the story as told by the perpetrator. Very
difficult to study. But even if we did not find
any linguistic manifestations, settle changes
and shifts in meaning and connotation to
make the perpetrator appear more ruthless
Englische Untertitel
I think you will always have an emotional
attitude toward what you hear. We are
not machines and simple channels of
information. We are thinking, feeling human
beings, and we also understand with our
entire bodies. This element exists. It has
not yet been studied, and it is indeed very
difficult to measure the degree to which this
emotional involvement plays a role. But it
certainly exists. Simultaneous translators,
for example, who work for the International
Criminal Tribunal for the former Yugoslavia.
The translator who worked for Mr. Karadzic
will certainly have a certain emotional
attitude. And there has even already been a
study aiming to find out whether there are at
this point subtle perceptible indications that
the interpreting is different when the story
of a victim is being interpreted or when it
is the perpetrator who is being interpreted.
That may be difficult to find out, we have not
found linguistic markers, but there were very
subtle modifications in the connotations,
which maybe made the perpetrator look
a little more ruthless. Even if it is difficult
to measure, this effect exists. You have an
attitude, but you try not to let this attitude
show through entirely in what you say.
deutschen Wort „Teilung“ steckt ja auch so
schön dieses Moment der Partizipation, also
dieses einander Mitteilen, einander an einem
Geschehnis teilnehmen lassen. Aber auch das
Moment der Division, dieses Trennende. Ich
glaube, dass genau diese beiden Momente
unauflösbar zusammen gehören, und dass
man die Spannung eben nicht auseinander
reißen darf. Sobald das passiert, verkennt
man das Phänomen. Genau deswegen ist ja
die Übersetzung so interessant.
Übersetzung ins Englische
Language is always open for others. If it
weren’t, if I were capable of reserving words
exclusively for myself, this would mean the
loss precisely of this aspect of “Mitteilung.”
The German word “Teilung” very nicely
contains this aspect of participation, that is,
of communication or communion, of letting
each other participate in something that
takes place. But also the aspect of division,
of separation. I think that exactly these two
aspects are inseparable, and that we must not
tear this tension apart. Once that happens, we
misapprehend the phenomenon. And that is
precisely why translation is so interesting.
Simultan-Dolmetschung ins Deutsche
Sprache ist immer offen für Andere. Wenn das
nicht so wäre, wenn ich mir Worte exklusiv
reservieren könnte, dann wäre das der Verlust
dieses Aspekts der Mitteilung. Das deutsche
Wort „Teilung“ hat ja sehr schön diese
beiden Aspekte – einerseits der Teilhabe,
der Kommunikation, der Kommunion, dass
man einander erlaubt an etwas Teil zu haben
das geschieht – aber auch den Aspekt des
Teilens im Sinne einer Trennung, einer ...
eines Auseinanderdividierens. Und ich halte
diese beiden Aspekte für zueinander gehörig.
Ich glaube wir dürfen diese Spannung nicht
versuchen auseinanderzureißen. Weil dann
missverstehen wir das Phänomen. Und genau
deshalb ist Übersetzung so ein interessantes
Phänomen.
Englische Untertitel
Language is always open to others. If that
weren’t the case, if I could reserve words
exclusively for myself, that would amount
to losing this aspect of communication. The
German word “Teilung” [partition] very
nicely has these two aspects - on the one hand
that of participation, of communication, of
communion, that you allow one another to
take part in something that is happening
- but also the aspect of parting in the sense
of a separation, of an … of a dividing-apart.
And I think these two aspects belong to
each other. I believe we must not attempt
to tear this tension apart. Because then
we misunderstand the phenomenon. And
that is precisely why translation is such an
interesting phenomenon.
*
Originalinterview auf Deutsch geführt
Sprache ist immer offen für Andere. Ansonsten, wenn ich in der Lage wäre Worte nur
für mich zu reklamieren, dann wäre genau
dieses „Mitteilende“ verloren gegangen. Im
25
Haus Moritz Wegwerth, 2011, VG Bildkunst
26
27
Denken an Sätze
12:00
Spokane USA 2011/3rd annual West Virginia
Mountaineer Short Film Festival 2012 *Paris
ABOVE III
Nesha Nikolic
2006 04:21 min
Future Anterior / Instants d’après
Muriel Montini
2006 06:00 min
A woman emerges from the shadows in slow
motion. While approaching, we hear echoes
of a story. It might seem insignificant, but it
is the sort of story that haunts your thoughts
for the rest of your life.
Festival OUSFF Lausanne 2007 / Instants
Vidéo Marseille 2007 / Traverse Vidéo
Toulouse 2008 Streaming festival La
Haye 2008 / PSilo Festival Images Contre
Nature Marseille 2009 / Video Art Festival
Miden Kalamata2009 / Flexiff 2002-2022
Australia 2009 / namaTRE.ba project,
Independent platform for contemporary
art, Trebinje, Bosnia & Herzegovina, 2009
/ V.I.P. Art Gallery (SKC) Belgrade 2010 /
Videolab Coimbra Portugal 2010 / Dresdner
Schmalfilmtage Dresden 2010 / Back-up
festival Weimar 2010 / Moving Frames
festival Mytilène Grèce 2010 / One Take Film
Festival Zagreb 2010/ Exploding Cinema
Londres 2011 / Eye AM: Another Experiment
by Women Anthology Film Archives New
York 2011 / Flicker Spokane Film Festival
28
Ich lehre euch
Alexander Lorenz
2008 07:00 min
Medusa
Magdalena von Rudy
2004 03:50 min
“It was fairly shit in my opinion. Although
people who can’t get real jobs do stuff like this
and call it modern art, when in reality they
just can’t deal with society. And anyone who
calls their stuff shit is either a philostine or not
‘’chic’’ enough. Bunch of losers. Try full time
employment and see if your “modern art” has
any real value!”
“Ich lehre euch” greift aus dem Meer
alltäglicher TV-Massenproduktionen einzelne Worte und Impressionen heraus, so dass
diese in völlig neuer Zusammensetzung den
Text der Vorrede zu Friedrich Nietzsches
“Also sprach Zarathustra” bilden. Die
Arbeit ist ein Kommentar zum aktuellen
Mediengeschehen und reduziert es auf Form,
Oberfläche und Funktion im eigenen Sinne.
Eine Frau, glamourös gekleidet und frisiert
wie David Lynchs Dorothy aus Blue Velvet,
erscheint vor schwarzem Hintergrund in einem runden Rahmen und spricht mit expressiver, theatralischer Mimik lippensynchron
Jack Nicholsons Part aus der atavistischen
Ansprache über Ehre und Verantwortung aus
„Eine Frage der Ehre“ (A Few Good Men)
von Rob Reiner. *Wuppertal
Anna-Lena Meisenberg, geboren am 02.08.1989
in Berlin, Studentin der Video/Filmklasse an
der Kunstakademie Düsseldorf bei Marcel
Odenbach *Düsseldorf
Dokumentation der Performance “Above III”
2006, Internationales Performance Festival
”Art Action” in Reillanne, Frankreich
2011 - The Postcard, Rosenberg Gallery,
New York, “The Hades Trilogy”, Nacht der
Museen, Düsseldorf, “Digital Jesus”, Foyer
Düsseldorf *Köln
ohne titel
Anna-Lena Meisenberg
2012 01:46 min
Der Film wurde international auf Filmfestivals
und in Ausstellungen präsentiert. U.a. bei
EMAF in Osnabrück, SIART in Bolivien und
bei PACT Zollverein in Essen. *Düsseldorf
AXIOM
Sally Grizzell Larson
2010 01:00 min
Manufactured forms
are geometric
and we respond to geometry
because geometry
communicates to us
a feeling
that some higher dispensation
is being subserved
which thus becomes
a pleasure of the mind
and a feeling
that we are satisfying
the laws that govern our being
The rhythm of clapping hands, the repetition of
images in equally timed segments: We are lulled
and seduced. Like any other high-functioning
receptor, the human brain is indiscriminate
about what it picks up. How then do we resist
the seemingly benign when we’re mesmerized
by it in spite of our better judgment?
Sally Grizzell Larson is an independent visual
artist. Screenings of her video works include
11° FILE (Electronic Language International
Festival), São Paulo; Berlin International
Directors Lounge; Rencontres Internationales
Paris/Berlin/Madrid;
Alternative
Film/
Video Festival, Belgrade; Big Screen Project,
New York; Smack Mellon Gallery, Brooklyn;
NewFilmmakers NY, Anthology Film Archives;
and the National Museum of Women in the
Arts Festival of Film and Media Arts. Her
video CERTAIN WOMEN was awarded “Best
of FestivalExperimental” at the Berkeley Video
and Film Festival in 2006. AXIOM was awarded
“Best in Category: The Medium is the Message”
and Third Place overall at the Toronto Urban
Film Festival in 2010. *Philadelphia
Du in meinem Leben oder irgendwo in ...
Thyra Schmidt
2012 03:06 min
Suspension
Marcantonio Lunardi
2012 02:24 min
“Suspension” expresses the authors mood
squeezed between the social condition and the
political situation around him. This work is
based on a waiting condition: For a long time
the Italian citizens are expecting a change.
Today each home, each family has one or,
many times, more TVs. But TV, since the late
80, has become a sounding-board of a culture
full of superficiality, degrade, destruction
of ethic form. At the beginning the voice
of the leader is clear but quickly becomes
distorted, chaotic, incomprehensible and
changes in a continuous background noise
that accompanies the daily life of all Italian
families. The meaning of his words become
unimportant because citizens experience his
speech like a disharmonic interference with
their lives. Each protagonist observes the
viewer with an attitude of expectation and an
underlying question: “Will anything change?”
But change seems impossible because TV
gets the upper hand. The final epiphany of the
leader, dominates the viewer, transforming
him to a player of the drama on the screen.
Director, cameraman, documentarist, Marcantonio Lunardi has practiced, since the
beginning of his experience, a contamination
of visual techniques, which is the most
significant feature of his work. *Bagni di
Lucca
Paragraph 3
Susanne Troesser
2012 04:10 min
Aktion von Anne Sievert am 29.07.2011,
Oberbilker Markt Düsseldorf; spontanes Video mit Sony Ericsson C901 mit 2 Tonspuren
nachbearbeitet im Onomato e.V. 2012.
www.mitohne.de *Düsseldorf
Erzähl mir Lügen. / Ich versuche, dir zu
glauben. / da da dadadadada ... [Melodie]
/ Steht still da und schaut dich an. / Nebel
auf der anderen Seite der Straße. / Was ist,
wenn ich irgendwo hingehen muss, und du
es nicht verstehen wirst. / [Zugrauschen] /
Wollen wir das Gleiche? / da da dadadadada
... dadadadadadada [Melodie] / Überrasche
mich. / Regnet es auch in deinen Träumen?
/ Hör nicht auf, mir zu folgen. / Kann man
zu sehr lieben? / Kann man zu lange lieben?
/ Wann? / Warum? / Ich spüre deinen Blick.
/ Eigentlich weiß ich nicht, wer du bist. / Der
Unterschied zwischen uns. / dadadadada
[Melodie] / Darin unterscheiden wir uns.
Thyra Schmidt, Künstlerin *Düsseldorf
29
Fön
von Ursula Ströbele
Das was als feuchter Dreck an einem hängenbleibt – das hat man. Mehr kriegt man nicht
von dieser Welt. Sobald der Dreck trocknet, bröselt er ab.
Wenn feuchter Dreck an jemandem hängenbleibt, geht das die anderen Leute nichts an.
Denn das ist SEIN Dreck. Der gehört einfach ihm.
So ist es wirklich. Der Uwe kann ein Lied davon singen. Der steht manchmal da – völlig
überrascht von einer Situation mit Rita.
Rita hat sich ihm anvertraut. Ohne Hintergedanke womöglich. Aber der Hintergedanke
entsteht wie eine Wolke am Himmel. Es entsteht ein Gewitter und die Außenstehenden
erahnen es schon.
Am Uwe haftet die Sache wie feuchter Dreck. Jetzt muß er mit seiner Frau erstmal alleine
sein. Seine Frau wird ihn anfönen – um den feuchten Dreck runterblättern zu lassen.
Anblasen mit dem Fön.
30
31
Reden als Handlung
um sie benutzen zu können. Beobachte nicht
um zu intrigieren oder zu verführen. Mache
dir immer deine Motive klar und halte
dich ruhig. Denn du bist auch kein Engel!
Als Teil der Installation “Quengelterror”
zeigt dieses Video einen haarlosen Kopf in
Nahaufnahme der in motorischer Stereotypie
zügig vor und zurück schaukelt. Seine Augen
fixieren die Kamera während eine verzerrt
atemlose Stimme aus dem Off anklagend und
empört die Schieflagen des Alltags beklagt.
Ausstellung der siebenteiligen Videoinstallation 2011 *Düsseldorf
13:20
Die wandernden Bananen des Tim Eiag
Max Hoffs
2007 08:30 min
Parrot Peeter Aurelius
Anti und Ando Naulainen
2011 01:32 min
Im Jahr 2005 schenkte Tim Eiag den
Oberbürgermeistern der Städte Köln und
Düsseldorf in 2 identischen Kisten zwei junge
Bananen desselben Ursprungs. Im Jahr 2007
besuchten wir die Bürgermeisterbüros der
beiden Städte, um zu sehen, wie es denn den
Bananen ergangen sei. Die Ergebnisse waren
überraschend. Der Film errang nach einem
spannendem Kopf-an-Kopf-Rennen den
zweiten Preis bei dem online Filmfestival der
goldenen Melone 2007. *Düsseldorf / Köln
To get your point across it is probably the best
to listen to those you are trying to reach first.
Baltic Film & Media School of Tallinn
University *Estonia
Das Badezimmer
Bjørn Melhus
2011 05:15 min
Fliege
Renée Del Missier
2010 00:05 min
Im 5 Sekunden langen Film ‘Fliege’ bringt
scheinbar eine Fliege einen Haufen von
Zitronen aus dem Gleichgewicht. Der Film
ist 100% original und nicht manipuliert.
Seit dem Jahr 2010 produziert Renée Del
Missier immer neue Wortspielvideos. ‘Fliege’
erreichte den 3. Platz beim Filmfestival 5-1020 von 2011 Kategorie 5 Sekunden. Bisher
veröffentlicht: infoscreens Österreich für das
5-10-20 Filmfestival *Wien
32
In Referenz an die von Alfred Hitchcock
selbst deutsch eingesprochene Fassung des
Trailers zu Psycho (USA 1960), führt uns ein
Gärtner mit Kettensäge 51 Jahre später durch
das Anwesen der Herbert-Gerisch-Stiftung
in Schleswig-Holstein. Der Besuch endet,
wie auch schon im Original-Trailer, in einem
Badezimmer.
Filme, Videos und Installationen seit 1986.
Seitdem zahlreiche Ausstellungen und
Festivalbeteiligungen weltweit. Seit 2003
Professur an der Kunsthochschule Kassel,
lebt und arbeitet in Berlin *Berlin
Ausganspunkt sind Nietzsches „Unzeitgemäße Betrachtungen“ Kapitel: „Vom
Nutzen und Nachteil der Materie“. In
einem hingebungsvollen, fast naiven, wie
auch freiem Betrachten und Durchdringen
bezwingt Herbert Willems die Schriften
Nietzsches mit Wort, Zeichnung, Natur
und seiner Körperlichkeit. Er verschafft
sich auf diese Weise Zugang in die Welt des
geschriebenen Wortes.
Quengelterror 1 aus Quengelterror 1-7
Anja Wiese
2011 03:17 min
Vom Umgang mit den Worten zu mir selbst.
Wenn die Anderen etwas nicht richtig
machen und trotzdem Erfolg haben – sei
nicht neidisch, kümmere dich um dich und
dein Leben, deine Aufgaben. Sieh nicht so
viel auf die Anderen. Achte auf dich! Pass
auf, dass du dich nicht in Aufruhr versetzt
oder versetzen lässt. Dein innerer Zustand
der Ausgeglichenheit ist wichtig! Lass dich
nicht davon abbringen, lass dich nicht
manipulieren. Du weißt wie es ist im inneren
Krieg zu leben. Es ist nicht schön. Kämpfe
nicht gegen Windmühlen. Betätige und
sieh dich nicht als Retterin oder Rächerin
der Gerechten. Du hast auch dann einen
Wert, wenn du nicht diese Rolle spielst.
Sei nicht traurig und verzweifle nicht, hab´
keine Angst. Ich weiß, du hast Angst allein
und das ist der Grund, warum du dich
auflehnst. Du willst dich selber schützen –
aber wer will dir wirklich was? Der Kampf
ist nicht mehr der richtige Weg für dich. Im
Gegenteil sollst du die Waffen niederlegen
und jetzt aufhören zu kämpfen. Denn du
treibst dich selbst in Verzweiflung, wenn du
allein gegen alle kämpfst. Auch gutwillige
Menschen werden zu Gegnern, wenn du
sie beständig angreifst. Versuche dich nicht
mehr als einsame Kämpferin. Du bist klug
und gewahr, natürlich siehst du, wenn etwas
falsch läuft. Aber die Anderen wollen das
nicht von dir wissen! Sie wollen nicht belehrt
und bevormundet werden, vor allem wollen
sie nicht auf ihre Fehler hingewiesen werden,
erst recht nicht öffentlich – das ist allzu
menschlich. Und außerdem erreichst du
wahrscheinlich mehr, wenn du ruhig bleibst,
wenn du deine Argumente vorbringst. Lass
dich nicht von den äußeren Umständen
und von deinen jeweiligen Gefühlen der
Empörung werfen! Mache dir klar, warum du
etwas willst oder - in diesem Fall wo es um
die Empörung geht oder die Rebellion, dem
Kampf gegen „das System“ - warum du etwas
nicht willst. Sind es persönliche Motive, ist
es Konkurrenz, Neid, ein Schmerz? Warum
lässt du die Anderen nicht das machen was
sie wollen, wenn sie dich nicht dabei stören
das zu tun, was du gerne tust. Achte auf die
Anderen, höre ihnen zu und beobachte sie,
um sie kennen zu lernen. Beobachte sie nicht,
„Mir ist verhasst , was mich bloß belehrt ..“
Julia van Koolwijk / Herbert Willems
2012 09:00 min
Stronger
Susanna Flock
2011 01:43 min
Ausgehend von der Annahme, dass beim Hören
von Popmusik nicht auf den semantischen
Teil der Sprache, sondern vordergründig
auf die Stimme geachtet wird, versucht diese
Arbeit das Verhältnis von Text und Musik
im Mainstream-Pop auszuloten. Der häufig
fehlenden Denotation bestimmter MainstreamPophits wird entgegengearbeitet, indem die
Texte ohne ihre musikalische Untermalung
gesprochen werden. Die Texte werden somit
in den Vordergrund der Rezeption gestellt.
Die Rolle der Sprecherin nimmt eine wichtige
Komponente der Arbeit ein, denn jegliche
Artikulation steht immer in einem bestimmten
Kontext. Das heißt, dass die Position, von der
aus eine Person spricht, ausschlaggebend ist
für die Rezeption des formulierten Inhaltes.
In der Arbeit “Stronger“ ist die Sprecherin
Teilnehmerin eines Englischkurses. Sie spricht
den Text des gleichnamigen Songs von Britney
Spears. Das Gesprochene betont die Rhythmik,
die Abfolge von Strophe und Refrain und die
permanenten, “unüblichen” Wiederholungen
des Textes. Inhaltlich findet sich jener in einem
emanzipatorischen Feld:
“There is the leaves all in place doing what
leaves do, collecting sun energy and they’re
connected to the tree - here the trunk of the
tree. If you go down to the bottom of the
trunk of the tree, there is a lot of leaves down
there - some of them are in the wrong place.
So, we have here our leaf-replacement-stick,
here it is. You can see here: This is the leaf,
that’s out of place - and you get a hold of it
and once you got a hold of it, you bring it up
and you shake it at the sky first and you say:
This leaf is out of place. You don’t have to say
that - you can say anything you want. You can
say: Go to downtown Seattle and shake your
booties. You don’t have to. You can also say:
This leaf is out of place. And when leaves are
out of place, they get put back in the place.
See you later leaf. Bye-bye. Bye leaf, that is
brown - bye leaf that is brown - its going to
town in Seattle to shake its booty - the leaf,
that is brown. See you later leaf - see you
later mouse. Here we go. Okay. It’s time for
another commercial. *Düsseldorf
Julia van Koolwijk beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema Protrait in Foto und
Video, wie auch mit Skulptur. Austellungen
und Lehrtätigkeiten an verschiedenen Orten
und Kontinenten und unterschiedlichsten
Kontexten.
Herbert Willems, freier Künstler, Lehrtätigkeit Kunstakademie Düsseldorf *Düsseldorf
Undine
Annebarbe Kau
1986 09:00 min
Ansprache
Ursula Ströbele
2009 02:20 min
*Düsseldorf
Die Figur der Undine ist ambivalent: mal
Nähe suchend, und mal Nähe meidend,
zieht sie sich immer wieder in ihr eigenstes
nicht fassbares Medium, das Wasser, zurück.
Aufnahmen der Figur wechseln sich ab
und werden überblendet mit denen einer
Saxophonspielerin. Immer wieder der Blick
auf fliessendes Wasser aus einem alten
Wasserhahn. Jene ambivalente Gefühlsund Gedankenwelten der Undine werden
optisch wie akustisch mit schwimmenden
Bewegungen - ohne Anfang, ohne Ende assoziiert und verschränkt mit Zitaten von
Ingeborg Bachmann.
Einzelausstellungen (seit 1998) letzte
Ausstellungen: 2012 Zum Greifen nah,
Kunstverein Tiergarten Berlin (mit F.
Wilken), (K) 2011 Gegen den Strich,
Künstlerhaus Saarbrücken, (K) Rose,
Fieldinstitut, Raketenstation, Kulturraum
Hombroich *Köln
Stronger than yesterday
Now it’s nothing but my way
My lonelyness ain’t killing me no more
Im stronger
Studiert experimentelle Gestaltung und Videoinstallation in Linz und Wien. Arbeitet
in unterschiedlichen Medien an den
Themenschwerpunkten
Sprache
und
Kommunikation *Linz / Wien
Leaf out of Space
John William Dunn/Ursula Ströbele
2009 02:39 min
33
Man kann ein Buch wie einen Bach in die Hände nehmen
von Gundi Feyrer
Man kann ein Buch wie einen Bach in die
Hände nehmen,
dessen Strömen nie aufhört und kein Ende,
aber einen Anfang hat:
eine Richtung geschoben werden, gemacht.
Jedes Buch macht ein Geräusch,
um seine eigene Achse drehen und mit
Pfeilen aus Licht ganz umfassen, während
alles, Blatt für Blatt, über die eigene Haut und
durch die Finger rinnt:
Diesen Anfang schlage ich mit den Augen
in das Buch, indem ich einen Stein in einen
Bach schlage:
wenn ich es öffne wie eine Tür und seine
vom Wind vorangetriebenen Wellen mit den
Händen durcheinanderbringe, als schlage ich
einen Bach mit den Augen an einer Stelle auf,
sodass es spritzt.
Ich stecke meine Hand in einen Bach,
in strömende Haut leuchtender Oberfläche,
während sich die Drehung meiner Hand,
trudelnd und gefleckt, zu einer Stelle
ausdehnt, in die ich sie, meine Hand stecke,
dann, wenn ich sie in einen Bach stecke,
ich meine Hand zwischen Pfeile flüssigen
Lichts schieben kann, sie zwischen eilende
Tafeln flüssiger Richtungen schieben kann,
um meine Hand in einen Bach eintreten zu
lassen, um ihn ganz zu umfassen und all
seine Achsen hin- und herzudrehen.
Meine Hand, zum gefleckten Lauf eines
Bachs geworden, zum Strom eines Buchs
selbst geworden, den ich fest in der Hand
halte, während er mir zwischen allen Häuten
und Fingern zerrinnt.
Blatt für Blatt, trage ich ein Buch mit dem
Strömen eines Bachs ab, durch ganze Wälder
und Pflanzen hindurch, während er stetig an
mir vorbeiläuft, ja, vor mir davonläuft, indem
er sich immer weiter durch die Erde, auf der
ich stehe, gräbt, indem er sich immer weiter
von mir entfernt.
Ich nehme ein Buch in die Hand
so wie ein Bach meine Hand in die Hand
nimmt, um sie mit sich fortzuführen, Auge
für Auge und Blatt für Blatt, fliesst er immer
weiter an mir vorbei, Achse für Achse
schiebt er meine Haut immer weiter an mir
vorbei, Himmel, sind meine Gedanken zum
Eigentum eines Bachs geworden:
sie lösen sich auf, während ich von dem
Tisch, an dem ich sitze, festgehalten werde,
während ich von aufgelöster Hand und
eigener Achsen von dem Ufer festgehalten
werde, durch das er sich gräbt und sich seine
eigene Form unerlässlich schafft.
Er, der Bach, und es, das Buch, sind immer
vollgefüllt bis an den Rand und
sie werden immer voller.
Beide haben sie mir ihr Ziel voraus, beiden
laufe ich beständig nach, während ich doch
still und stumm am Ufer ihrer Wege stehe.
Vor mir auf dem Tisch liegt ein Buch, voll
und bis an den Rand eines Bachs gefüllt,
Hemd Julia van Koolwijk
34
Ich schlage ein Buch mit den Händen und den
Augen auf,
sodass es knirscht.
Ich schlage Pfeile leuchtender und
summender Oberfläche mit einem Stein
auf, ich klappe einen gewichtigen Fächer
aus Haut, Pflanzen und Lumpen mit meinen
Händen auf, sodass er sich verbiegt und vor
mir ein- und ausfaltet, bis er mit einem Mal
ganz aufspringt wie eine Tür, die sich vor mir
öffnet und ich, mitgerissen vom rauschenden
Strom eines Bachs, mitten durch sie, die
offene Tür, hindurchgehen kann.
Ein Buch ist ein Körper, an dem Gewicht
hängt,
eine Stange federnden und nassen Tons, der
knirscht, rauscht und singt, wenn ich ihn
aufschlage.
Ein Bach rauscht, wenn ein Buch rauscht,
wenn ich einen Fächer aus gefleckter Haut
knirschend auf- und einfalte wie Pflanzen,
Haut und Lumpen, die mir über die Finger
rinnen und singen, wenn ich meine Hand in
sie stecke.
Endlose Achsen loser Tropfen rinnen mir
über die Augen, wenn ich einen Stein in einen
Bach schlage, sodass ein Loch aus seinem
Strömen herausspringt und mir direkt ins
Gesicht und in die Augen.
Dann sinkt der Stein in den Bach und das
springende Loch, das er geschlagen hat,
sinkt ihm nach und nimmt meine Augen
mit, sodass auch sie dem Loch nach, auf
eine bestimmte Stelle in einem Buch auf den
Grund des Bachs sinken:
ich bohre meine Hände und Augen,
zusammen mit einem Stein in den Grund
von Licht, Ton, Stein und Pflanzen, um mich
zu verankern:
das Loch zieht Kreise, und die Ränder, die
ich mit dem Stein geschlagen habe, machen
meinen Augen Platz.
Ein Bach rauscht,
wenn ich ihn mit den Händen und den
Augen aufschlage, ein Buch rauscht, wenn ich
seinen Fächer aus Haut auf- und einfalte, als
sei er aus wässrigen Wellen, die vom Wind in
Sein Deckel, der der Himmel eines Bachs ist,
dreht sich um seine eigene Achse und seinen
eigenen Rücken herum und kommt auf dem
Kopf zum Liegen, mit dem er auf dem Tisch
aufschlägt, sodass sein Inhalt, sein Inneres
anfängt zu rauschen, als knirsche strömendes
Wasser über Steine auf dem Grund eines
Bachs hinweg, getrieben von dem einzigen
Ziel, an ihnen, den Steinen, haften zu bleiben.
Dann werfen sich mir Wände aus laut
spritzendem und sich verbiegendem Ton
entgegen:
Häutiges und lautes Rufen,
gestriges Singen und immerwährendes
Tönemachen, ein lappiger Laut an endlosen
Rufen aufgehängt und zu Wänden aus
Pflanzen und Lumpen aufgehäuft, hängen
Tropfen aus Buchstaben, einer am andern
und immer im Begriff herunterzufallen,
während sie es doch nie tun.
Das, an was sie hängend aufgehängt sind,
sind Ideen und Bilder, ganz mit Buchstaben,
Tropfen und feuchten Wänden verschmolzen,
sodass sie nichts tun als hängen und nie auf
die Erde fallen.
Schreiende Tropfen, knirschend an Blatt und
Bäumen haftend, singender Strom aus Stein,
Mühlsteine abwetzend:
mir rauscht das Innere eines Bachs in alle
Richtungen und entgegen, eingebunden in
einen auf dem Kopf stehenden Himmel, der
ein Deckel aus Pflanzen und Lumpen ist und
wegen seines Gewichts und der Anziehung
der Erde vor mir auf dem Tisch liegen bleibt,
weil all meine Augen und Hände ein Buch
festhalten, damit es mir nur nicht davonfliege.
Sein Inneres, sein Inhalt gleitet immer
weiter in sein Vorne hinein und kreist doch
immer weiter auf ein- und derselben Stelle
weite Felder meiner Gedanken ein und aus
und schlägt sich auf noch jedem an mir
vorbeitreibenden Blatt wie reifes Wasser
nieder:
rohe Enden verwischter und nass gewordener
Buchstaben, in der Mitte von Wäldern
hängend und seit Ewigkeiten von Wasser
gezeichnet.
Einer hängt am andern und kreist meine
35
Gedanken mit
Windstößen ein.
immer
wiederholten
So liegt vor mir ein tönender Kasten,
ein Buch, offen und dabei geschlossen wie
ein Bach von einem Stein geöffnet wird
und sich immer wieder von selber schliesst,
während sein Inneres in alle Richtungen
wie Regen springender Tusche strömt, und
dessen Himmel, der Deckel eines Buchs, mit
dem Kopf auf einem Tisch liegt. Sein Inneres,
flüssig, feiernd und gewichtig, schlägt sich
auf jedem an mir vorbeitreibenden Blatt wie
Gedanken nieder – unzählige Buchstaben
hängen aneinander, während sie von losen
Seilen auf einer Linie am Schweben gehalten
werden:
verschmolzen mit dem, was sie trägt und was
ihr Grund ist.
Ich blicke der Länge eines Bachs nach und
solange ich kann, bis zum Ende seines Laufs,
bis zum Ende des Rahmens meiner Augen,
der mal links, mal rechts aufscheint.
Ich reite auf den Stromschnellen eines Bachs,
indem ich losen Seilen aus Linien folge und
kehre doch immer wieder zu ihrem Anfang
zurück. Der Besen meiner Wimpern blinkt
und setzt mir Schranken:
immer wieder muss ich von vorne beginnen,
um auf seinem Lauf weiterreiten zu können.
In manchen Gegenden läuft er von rechts
nach links, in anderen kommt er mir von
selbst entgegen.
Blätter, die meine in den Bach gefallenen
Gedanken zu ganz neuen und kreiselnden
Sätzen ausziehen.
Vielleicht sind das alles auch nur
die Umrisse und Schatten meiner eigenen
Gedanken, all diese Fische, Insekten und
kreisförmigen Sätze, die ich aber nur sehe, weil
sie mir das Strömen des Bachs eingibt, mich
der Bach selbst mit seinem Vorwärtsreiten
durch Papier und geschmeidige Erde anregt,
dem Lauf eines Schimmels aus Buchstaben zu
folgen, um über meine Haut eine Brücke zur
Haut der Oberfläche eines Bachs zu schlagen.
wieder zu dem wird, was es eigentlich ist: ein
Haufen Pflanzen, Wasser, steinige Buchstaben
und Fische aus Sonne und Lumpen gemacht.
jeder Bach voll ist bis an den Rand.
Ich blättere in einem Buch und
Die Blätter eines Buchs bauen das Bett, in
dem sich die Buchstaben dauernd ein- und
vorwärtsdrücken.
ein Bach strömt mir entgegen, als kühlte
ich meine Haut mit einem Fächer federnder
Töne: er läuft mir mit all seinen Inhalten und
reitenden Schimmeln über die Finger und
zwischen ihnen hindurch und davon.
Ich kann in einem Bach nach hinten und
nach vorne blättern und sein strömendes
Wasser mit meiner Hand, aus Buchstaben
gemacht, aufschlagen:
Ich fische ein Blatt aus dem Fliessen eines Bach
heraus,
der Bach läuft unermüdlich und ohne jemals
müde zu werden; immer bietet er mir etwas.
ich halte das Papier der am Ufer stehenden
Bäume in der Hand und rolle es zwischen
meinen Fingern zu einer Zigarette aus
Papier und Blättern; ich halte das Rauschen
eines Bachs fest, während seine Regen- und
Wassertropfen Buchstaben in ein Buch
schlagen, indem sie es nassmachen, sodass
ich das Blatt, das von einem Baum in den
Bach gefallen ist, schnell zwischen meinen
Fingern hin- und herrolle, um es in den
Mund zu stecken, um ein- und ausatmend
seine Vertiefungen, Gewölbe und Narben zu
spüren:
Der Bach strömt an meinen Augen vorbei,
während meine Augen über die scheinbar
unbewegten Buchstaben eines Buchs
strömen und sie in Bewegung versetzen,
sodass meine Gedanken anfangen zu laufen
und zu strömen.
es hat einen Geschmack und es riecht.
Das Blatt, das ich im Mund habe, hat seinen
ganz eigenen Geschmack und seinen ganz
eigenen Geruch und verbindet mein Leben
mit dem seinen.
Ich, der Bach, ein Buch: ein einziges Strömen,
das sich ausbreitet, springend, und im Graben
des Laufs eines Bachs:
Fahre ich mit dem Finger über den Purpur
des Steins einer Pyramide, fahre ich über
sein Leben und das der Menschen, die ihn
bearbeitet und begriffen haben, hinweg.
um ihn an die Wand eines alten Walds zu
hängen, ich kann ihn von der Sonne trocknen
lassen, während er meine Hand nässt, indem
er sie putzt und ich zum ersten Mal sehe, dass
meine Hände jetzt keine Arbeit verrichten,
sondern sinnlos über die Oberfläche eines
Bachs streichen, geradeso, als wolle ich ihn
bemalen.
am Ufer eines Bachs und folge seinem
Vorwärtstreiben:
mal rechts, mal links werde ich von seinen
wechselnden Geschwindigkeiten zu immer
neuen Gedanken angetrieben:
sie sehen aus wie Fische, die aus einem Bach
herausspringen und Bögen zu Strahlen aus
Sonne in die Luft schlagen;
Insekten, die die Oberfläche eines Bachs
rennend und zu Fuss überqueren und von
einem Wort zum andern unsichtbare Fäden
ziehen;
36
ein neues Buch in der Hand, halte ich ein
kurzes Leben fest und gefangen in der Höhle
meiner Augen, meiner Hände und meines
Munds:
von jetzt an wird es sich mit meinem ganz
eigenen Leben zu einem ganz neuen Bach
verbinden.
Alle Bücher nützen sich ab; je älter sie
werden, umso wertvoller sind sie: als handle
es sich um einen altgewordenen Wald.
Die Leben der Bücher
sind lang wie ein Bach und immer in Gefahr:
fällt mir ein Buch in den Bach, muss ich es
herausfischen wie einen Fisch, da es sonst
wie die Erde den Bach und schiebt sich
blätternd weiter, indem es das Buch zu einem
ganzen Fächer aufschiebt.
nichts weiter als mein Bild eines Bachs, an
dessen Ufer ich stehe, um nichts weiter zu
tun als einen Bach zu sehen.
ist ganze Leben im Mund haben: unzählige
Leben von Buchstaben, deren Form vor
Tausenden von Jahren erfunden wurde
und die vor Tausenden von Jahren wie
ein Stein in alte Sonne und weichen Lehm
gefallen sind. Sprudelnde Räusche, rufende
Menschen, Brocken aus Lautmacherei und
leinengewebter Tonnen, gefüllt mit Weizen
wie Säcke und Töpfen aus Bier: mit einem
Mal und unzähligen Handbewegungen sind
sie selbst zu Stein und Sonne geworden.
Ich stehe in der Mitte der Sonne,
Das Papier trägt die Buchstaben
Jeder Buchstabe und jede Narbe eines Blatts
ist aus Haut gemacht, die ein Gewicht hat,
das ich essen kann.
an anderen wird er gebremst von Steinen,
Lumpen und sich übereinander schiebenden
Blättern; seine Oberfläche besteht aus den
sich übereinander schiebenden Schichten
eines auf- und zuklappbaren Fächers, dessen
Inneres immer auch sein Äusseres ist.
Halte ich ein junges und frisches Blatt,
Kein Buch ohne Tropfen, kein Bach ohne
treibende Blätter, kein Buchstabe ohne
Papier.
Gekrönt mit Himmeln, Innen- Aussen,
Unter- und Oberflächen, die sich ständig um
sich selbst wie die Sonne drehen:
Ich kann ihn in die Hand nehmen,
immer hat er mir seine unendlichen Innenund Aussenflächen voraus, die, eine um die
andere gedreht, immer der Spiegel sind, in
dem ich mich hin- und herdrehe, selbst.
ihre Anhäufung spuckt den Inhalt eines
Buchs aus und in meine Augen, mitten in den
Kopf und die Füsse, die alles tragen.
ich sehe einen Bach.
Ein Blatt eines Bachs im Mund haben,
wie ich einen Bach hin- und herdrehe:
Das Innere der Buchstaben ist in ihrem Lauf
selbst enthalten:
Das Papier eines Buchs in der Hand halten,
ist sein ganzes Leben in der Hand halten. Mit
all seinen Unebenheiten, Vertiefungen und
Erhöhungen, die narbengleich in den Samt
seiner Haut eingeritzt sind.
An manchen Stellen fliesst er schneller,
Gleichgültig,
Und darüber hinaus:
Hände verrichten immer Arbeit, ausser,
wenn sie über die Fläche eines Bachs, der
einem Buch über die Blätter läuft, streichen.
Stecke ich meine Hände in einen Bach,
werden sie von seinem Fliessen umspült,
geputzt und gewaschen, damit ich sie besser
sehen kann, das heisst:
ich sehe sie so gut wie ich sie vorher niemals
gesehen habe.
Schütte ich einen Bach auf einem Tisch aus,
bleibt er dennoch in seinen Grenzen und rinnt
nicht über seine Ufer und überschwemmt
auch den Tisch nicht.
Und sogar seine Bäume, die seine Ufer
mit Linien und Pinselstrichen versäumen,
bleiben stehen, während sich ihre Blätter im
Wind bewegen.
Jedes Buch ist voll bis an den Rand so wie
Fahre ich über das lose Seil, an dem die auf
dem Papier dahinströmenden Buchstaben
an den Wänden eines Bachs aufgehängt sind,
fahre ich über die Geschichte der Buchstaben
hinweg. Sie sehen anders aus als die der
Phönizier, Hebräer oder Griechen, aber der
lange Weg, den sie in der Zeit zurückgelegt
haben, schwimmt in ihnen wie das Alter
jedes Wassertropfens im Gewebe meines
Blicks: bestimmt ist es um vieles höher als
das jedweden Buchstabens, den wir in einem
Bach auch nur auftreiben können.
Ein Buch: Kopf, Baum, Mund und Linie:
Jeder Bach schiebt sich unaufhörlich und zu
jeder Zeit durch tönende Erde, Lehm und
Sonne hindurch, indem er sich seine Form
und sein Bett zurechtgräbt, selbst.
Rauschend, bewegt und von seiner Quelle
getrieben.
Die Quelle entspringt dem Mittelpunkt der
Erde: das ist mein Kopf, der einen Baum im
Mund hat.
Die Tropfen eines Buchs
und sein Wasser, aus Buchstaben gemacht,
schieben sich unaufhörlich und zu jeder
Zeit durch die vom Wind der Gedanken
vorwärtsgetriebenen Wellen aus Pflanzen,
Lumpen und Bäumen aus Papier hindurch,
indem sie sich ihre Form, das, was sie
trägt und ausmacht, auf langem Weg
zurechtgegraben haben, selbst.
Das Treiben der Menschen springt aus dem
Mittelpunkt der Erde heraus: durch meinen
Mund, der mit meiner Zunge Linien in die
Luft zieht.
Die Buchstaben, die meinen Mund sprengen
und meine Zunge reiten, verändern sich
dauernd, während sie die Luft mit meinen
Rufen, meinem Stottern, Zählen und Denken
ein und ausdrücken wie das Licht.
Das Papier eines Buches ist das Bett,
in dem die Buchstaben laufen, um sich
unaufhörlich weiter- und vorwärtszuschieben
wie das Wasser eines Bachs durch Lumpen
und ganze Himmel aus Blättern hindurch,
um sich und mich zu verankern und
festzumachen.
Jeder Buchstabe ist aus etwas gemacht und
hat seinen ganz eigenen Körper.
Dick, gelb wie ein Blatt, dünn wie der Wind
oder nach Wein riechend.
gefüllt mit einer Unendlichkeit aus Zeit, durch
lehmige Erde dauernd vorwärtsgeschoben.
Ein Buch ist die Höhle meiner Gedanken,
gefüllt mit einer Unendlichkeit aus
Augenblicken, durch meine Augen und
meinen Kopf geschoben.
Ich kann in Augenblicke treten wie ich in ein
Buch treten kann.
Die Höhle eines Buchs ist mit Augenblicken,
in der Form von Buchstaben angefüllt und
umspült meine Füsse, leistet mir Widerstand
und dreht meinen Kopf im Kreis. Der Bach,
der in einem Buch fliesst, dreht meine Hände
und Gedanken im Kreis, dann, wenn ich
über seine Buchstaben fahre, dann, wenn ich
sie greife und ein Buch in der Höhle meiner
Hände im Kreis drehe. Ich habe sie in der
Hand, wenn ich mich im Kreis drehe, dann,
wenn ich Pflanzen, Papier und Bäume in
meiner Hand im Kreis drehe und sie umfasse,
dann, wenn ich meine eigenen Gedanken im
Kreis drehe und umfasse, dann, wenn ich
aus einem Bach herausspringe und ein Buch
zuschlage.
Sagen hängt ab von dem was es trägt:
es ist nicht gleich, ob ein Bach grün wie Lava
oder rot wie die Sonne ist. Das Papier trägt
die Gedanken wie das Bett, die Erde, den
Bach. Jeder Gedanke besteht aus Buchstaben
und ist sie selbst. Kein Gedanke ohne
Buchstaben.
Die Bewegung eines Bachs,
sein Gerichtetsein und sein Vorwärts, in
denen er geborgen ist, erzeugt die Gedanken
und Bilder, die sich an etwas festmachen
müssen, um zu existieren. Meist laufen sie
an den Augen und zwischen den Fingern
entlang.
Denken ist eine Bewegung,
die in sich selber läuft wie Wasser und
Buchstaben und Wörter: im Bett eines Bachs,
im Bach aller Wasser, die ich in die Hand
nehmen kann und sie aber nie besitze.
Später lief mir das Buch wie ein Bach durch
ganze Wälder und Felder davon, während es
sich vor mir ausbreitete und ich versuchte,
ihm und meiner Erinnerung zu folgen, als
hätte ich nichts anderes zu tun.
Aber: da ein Bach nichts anderes tut als
fliessen, bin ich immer wieder die erste,
die ein Buch und einen Bach in der Hand
und zwischen den Fingern hält, um als
erste über seine immerneue Oberfläche zu
fahren, um meine Hand und meine Sonne
zu waschen, um das Innere von Wasser mit
den Fingerkuppen einzudrücken, um Inhalte
und Aussagen zu greifen und zu essen, damit
sie über meine Haut Eingang finden, um auf
meine Gedanken durch eine Tür hindurch
zuzugehen.
Wellen aus Buchstaben, Papier und Lumpen
Das Denken muss treiben und laufen wie es
ihm gefällt.
bauen die Brücke mit meiner Haut, um mich
auf die Seite des Denkens hinüberzusetzen:
In einem Bach liegt es da, in der Mitte sich
aufbäumender Blätter und Papier und dreht
sich unaufhörlich um sich selbst:
auf dieser Brücke bewege ich mich, fischend
und blätternd, während ich ein Auge vor das
andere setze.
die Sonne und meine Arme.
Ich brauche diesen Halt, eine Stelle aus Papier
und Lumpen, um mich zu verankern, um
Bilder und Gedanken schwimmen zu lassen,
um mit meiner Haut immerneue Gedanken
bauen zu können.
Ich nehme die Bewegung eines Bachs, der
die Bewegung meiner Gedanken ist, in die
Hand, durch die mir all seine Oberflächen,
schaukelnd wie das Bett eines Bachs, rinnen;
ich lege mich mit den Augen und den Händen
mitten in ein Buch wie in einen Bach hinein.
Beides findet in der Höhle meiner Gedanken
Platz.
Ein Bach ist ein Augenblick,
Veröffentlicht in:
“Seitenweise-was das
Buch ist”; Bundespressedienst der Republik
Österreich/Edition Atelier, Wien; hrgg.v.Th.
Eder, S,Kobenter, P.Plener;, 2010
37
Dichten zum Ort
14:15
Mein Marktplatz
Anna-Lena Gremme
2009 06:30 min
Brooklyn
Gudrun Kemsa
2012 06:50 min
O
Maxilian Schmötzer
2012 03:43 min
A dynamic camera ride in two temporally
displaced projections shows the route of
the N-Train between Astoria Boulevard
and Broadway. The viewers look at distant
buildings, then they reach the platform with
people which are imaged apparitional in fast
motion. At several points both projections
merge to one image. Static architectural
elements are set in motion, time and space
are changed.
O steht für offen und ehrlich, ohne Gewähr,
ohne den geringsten Zweifel, ohnehin, ohne
zu
2007: Folkwang university of arts Essen,
2011: Kunstakademie Düsseldorf and Folkwang university of arts since 2012: University
of arts Berlin and Folkwang university of arts
*Berlin
2012 Urban Stage, Kunstmuseum Ahlen
2012 Quartier/Stadt/Erfahrung, Stadtgalerie
Salzburg *Düsseldorf
Transfiguration: A Telematic Triptych
Roderick Steel
2012 03:00 min
Kleine Reise
Claire Walka
2003 01:30 min
Beim Einkaufen im Supermarkt tut sich eine
neue Welt auf. Ein Gedicht aus Markennamen
zusammengesetzt. *Hamburg
Passanten werden gebeten, den Ort zu
beschreiben, an dem sie sich befinden, indem
sie in Worte fassen, was sie unmittelbar sehen.
Der Bildausschnitt ist dabei so gewählt, dass
der Betrachter nur die Personen, nicht aber
den Ort sehen kann. Also kann er sich nur
durch die Beschreibung der verschiedenen
Personen ein Bild von diesem machen.
Obwohl alle den gleichen Ort beschreiben,
ist jede Beschreibung einzigartig. Jeder
Gefragte nimmt den Ort anders wahr, hat
andere Bezugspunkte, andere Wichtigkeiten.
Es ergibt sich so eine Reihe von 6 Portraits,
in denen Aussehen, Gestik, Mimik und vor
allem die Wahrnehmung jedes Einzelnen im
Vergleich zu den Anderen zu beobachten ist.
Passersby are asked to describe the locality
around them by putting into words what they
spot instantaneously.The image detail of the
video is thereby chosen so that the viewer isn’t
able to watch the described situation. Thus he
can only picture it by the description of the
different persons. Even though all of them
describe the same place, every description
is unique. Everybody perceives the place
differently, has different points of reference,
different interests. Altogether a serial of
portraits has resulted in which appearance,
gesture, mimic and personal perception
can be observed - also in comparison to the
others.
Festivalbeteiligungen des Films: 4th Festival
for Young Art, Beijing, 2011 Traverse Video
“Faut Voir”, Goethe Institut, Toulouse, 2012
*Mainz
Triptych of a telematic intervention in a
Cathedral in Brazil. Documentary and
theatrical documentations blur the border
between actual and virtual worlds in fluid
frames-within-frames. The cellphone’s itinerant gaze maps the cathedral-body within
another body, in communion with mobile
modes of communication.
Roderick’s work is concerned with the
journey of images within other images, and
how images behave in different media and
technologies, using photography and cinema
as references. *São Paulo
Reside
Tanja Goethe
2011 02:00 min
Die “4D-Ebene“ als der Dreh- und Angelpunkt in einer Videoperformance. In einem
leeren Schwimmbecken wird dem Modell
eine transparente Außenhaut angelegt.
Im Anschluss wird das Modell für und
38
vor der Videokamera bewohnt, und wird
so temporär ein Rückzugsort. Es geht
auch um die Frage nach den minimalen
Bedingungen, um in einem entstandenen
Vakuum einen individuellen Schutzraum
zu erzeugen: sei es ein leeres Schwimmbad,
ein Notlager für Flüchtlinge, die nach
politischen Unruhen, Naturkatastrophen
und atomaren Reaktorunfällen Schutz
suchen. In dem Splitscreen-Video kann
der Betrachter die verschiedenen Stadien
im Prozess des Wandels vom offenen zum
geschlossenen Raum, der durch Folie
eine transparente, farbige Hülle erhält,
nachvollziehen.*Düsseldorf
El Quilpo Sueña Catartas
Pablo Mazzolo
2012 08:50 min
According to the Comechingones natives,
Quilpo river dreams of big falls at least once a
year. Whoever is near the river at the time will
be part of its dreams forever. “This is a diary
of my days at the Quilpo River. I shot with my
Super 8 camera in an area of the Quilpo river
in Cordoba, considered to be sacred by the
Comechingones aborigins. The Quilpo doesnt
have waterfalls, so these were shot quite more to
the south, near Mallín Ahogado in Rio Negro.
Then I intervened the undeveloped celluloid
with light through different kinds of glass and
masks. When I developed the film, I reprinted
with light different positive frames over a new
virgin celluloid. Material creating material.
The river feeding itself. The film implodes.
I try generating extreme conditions for the
unexpected to appear.
Pablo Mazzolo studied Image and Sound
Design at the University of Buenos Aires.
He has made several short films exploring
different film formats like Diego la Silla (2001),
Hoy (2006), Fábrica de Pizzas (2010), Oaxaca
Tohoku (2012) that have participated in festivals
such as Rotterdam film festival, London Film
Festival, Hamburg Kurzfilmfestival, BAFICI
(Buenos Aires). He was also invited to attend
in various film performances in museums like
MOCANOMI, MAMBA. In the year 2011 his
feature film script AM1019 has participated
in the Oaxaca Screenwriter Lab (SundanceToscano). Nowadays he works actively in
A.R.C.A. wich is dedicated to the preservation
of amateur films and home movies. *Buenos
Aires, Argentina
Metro
Cross Culture Project Group “NOCOMA”
2010 03:34 min
Die Bilder und Töne, die von 5 Künstlern
aus 5 Ländern in ihrer eigenen Heimatstadt
aufgenommen worden sind, wurden ohne Reihenfolge unabhängig von der Zeit und dem
Raum, gemischt und zusammengeschnitten.
Die Künstler zeigen alltägliche Lebensbilder
von U-Bahnstationen aus verschieden Städten
von 5 Ländern, in denen die Zeiten aufgrund
der Zeitverschiebung unterschiedlich sind.
Den Zeitunterschied verdeutlichen diese 5
Bilder mit Hilfe von Video-Diagrammen und
Video-Panoramen, die aus 5 verschiedenen
Bildern ein Ganzes ergeben. Das Kunstwerk
zeigt Menschen ohne festen Wohnsitz, die in
diverse Länder ein- und ausreisen. Die Künstler
reflektieren mit dem Kunstwerk ihre eigene
Lebensweise. Evaporation 1’ - Cross Culture
Group NOCOMA, alternative Space VASELINE,
Düsseldorf, Germany. Evaporation 2’ - Cross
Culture Group NOCOMA Bongsan Artcenter,
Daegu, Korea (Member of NOCOMA: Atit
Sornsongkram, Johannes Benzulla, Hyojin
Jeong, Wonsik Ha, Miryeon Kim, Youngdeuk
Son) *Daegu, South Korea
Seseke classic
Rainer Komers
2010 05:06 min
Ein Trichter aus Gras, Beton und Wasser,
einst von Menschen und Maschinen
geformt. Aus diesem Abwasser-Kanal soll
ein «Naturwasserlauf für die Naherholung»
werden. Planierraupen formen naturnahe
Uferböschungen, eine Bronzebüste wartet
im Gras, Wind kommt auf. «Naturalisierte»
Industriegeschichte: «Wir leben jetzt in
einer Zeit, in der wir unseren Abfall liebevoll bedenken müssen, um uns selbst vor
der Vernichtung durch Abstraktion zu
bewahren», so Mark Elijah Rosenberg im
Abspanntext.
Rainer Komers - Filmstudium an der
Kunstakademie Düsseldorf. Film-projekte
in Indien, Japan, Jemen, Lettland und USA.
Deutscher Kurzfilmpreis für »Nome Road
System«. Ferner: Texte, Word Art und
Filmseminare. *Mülheim an der Ruhr
39
Ausklang
Sie haben nicht geklingelt. Sie sind durch die Straßen geschlichen wie
Katzen und haben sich die Finger geleckt. Sie haben Karten auseinander und
zusammengefaltet, wieder auseinander und zusammen, auseinander. Sie
haben ihre Arme in die Luft gestreckt und unsere Stadt in Rechtecke und
Kreise zerlegt.
Dann haben sie gesprochen. Zuerst leise wie ein Knurren. Überall krochen
die Wörter hervor. Wir näherten uns vorsichtig. Sie sprachen immer über
dieselben Dinge, drehten und kneteten sie.
Am nächsten Morgen haben sie ein Loch gegraben. Sie haben gegraben, bis
es dunkel war. Drei Tage lang haben sie den großen Platz gesperrt und einen
Zaun gebaut, hinter dem sie Geräusche machten. Unsere Knie wurden
weich, sobald die Finger über das glatte Holz strichen.
Wir feierten ein Fest. Wir suchten einen Namen für das Ding hinter dem
Zaun. Wir wussten es, wir wagten ein Spiel, als wir durch unsere Straßen
taumelten, über unsere Plätze, vorbei an unseren Häusern. Die Melodie
raste. Wir konnten schließlich nur noch auf der Stelle treten und mit dem
Kopf nicken.
Dann, als nichts mehr schneller aufeinander folgen konnte, erstarrten wir.
Eine seltsame Dichte lag auf der Stadt, in der wir die Stimmen nur noch als
dumpfes Echo hörten. Als hätte jemand unsere Straßen und Plätze mit Watte
gefüttert.
Wir wussten nicht, wann sie gegangen waren. Der Gesang wurde leiser,
versickerte im Boden. Wir bemerkten das kaum. Es war kein Platz für Stille.
Auch nicht für das, was hinter dem Zaun stehen würde. Wir haben nicht
gesehen, was es war. Wir überquerten den Platz, als wäre nichts gewesen.
Birgit Borsutzky
fight Frauke Berg
40
41
Can you tell me a story
15:10
“Some things I have lerned about you”
Evanna Ratner
2011 01:49 min
Can you tell me a Story
"Dialogue Trough Cinema"
Düsseldorf, summer 2011
A Digital Project of artists in Düsseldorf,
simply asked "Can you tell me a story"? A
video clip project initiated and produced by
Evanna Ratner, Ein Hod, Israel, during her
stay in Düsseldorf as guest artist, Ein Hod Düsseldorf artists exchange, summer 2011.
Artists were invited to produce short clips
introducing important issues of their choice.
The clips are composed from still photographes and text read by the artists.
Filmmaking and Cinema bring people together. this common goal – to create and
produce a film that will be screened for the
Düsseldorf community was my secondary
motivation. My first goal was: to get to know
people. In order to achieve this goal, I spent
time meeting amazing artists from Düsseldorf in "Onomato" as part of the exchange of
artists from Ein Hod – Israel and DüsseldorfGermany. They told me their story, they created their story. An open window to a world of
recognition and welcoming is the first step
to breaking down the wall of alienation. It
is intended that this project will become a
model for other groups as for the exchange
of stories from Ein Hod to Düsseldorf. Activities are broken down into sections: narration telling, conflict resolution workshops for
participants; and coming together to create a
movie. The film as a coexistence tool, can be
used, as a role model for artists and educators in their communities. The project is an
initiative for a mutual creation. Through media, communication education and cinema,
compassionate listening, critical thinking
and empathic communication is the output
of this project. Workshop participants gained
experience in dialogue and story telling. They
address issues of identity, stereotypes, mutual
respect, equality in a democratic society, as
well as cultural similarities and differences.
Producing, filming, and writing together are
among the numerous tools used to facilitate
learning by doing. The project wishes to use
cinema to establish the basis for dialogue.
Cinema as a way of investigating the other's
society. Its people, their fears, needs, troubles,
feelings, hopes, etc. thereby laying the basis
for mutual understanding and the belief that
talking and knowing the other is a reasonable option. The project can be a model for
exchange of students with Israel's education
system, particularly in the communication
and cinema departments were i come from. I
want to thank my host from Düsseldorf Mrs.
Karin Rauers – Head of team fine arts Katharina Mayer & Friedrich Bonnmann from
Onamato and Margol Gutman - Director artists exchange Ein Hod - Düsseldorf
Evanna Ratner
Cinema and communication coordinator
Haifa University, Research Center for Peace
Education *Ein Hod - Israel
Raw Cut
Elisabeth Luchesi
2011 02:00 min
Europa-Ring
Susanne Troesser
2011 02:00 Min
Face in the crowd
Wilfred H.G. Neuse
2011/2012 03:30 min
Der kommentierte Bilderbogen besteht aus
einer Kombination von digital bearbeiteten
Fotos und gemalten Bildern. In diesem
biografischen Kurzabriss einer Malerexistenz
geht es um das subjektive Verhältnis von
Bild, Klang und Wort. „Ich bin 1954 in
Deutschland geboren. Das war die Ära
der Nieren: Nierenmuster überall- auf
Tapeten und Vorhängen, Nierentische und
Nieren in der Pfanne.“ Eines von vielen
atmosphärischen Grundmustern, die durch
die Alphabetisierung durchkreuzt wurden.
Schreibbare Namen, Begriffe und Grammatik
führten nicht nur zur Beherrschung der
schriftlosen Materie, sondern auch zu neuen
Echoverhältnissen in der Wahrnehmung.
Die Vorgabe von Evanna war: Gib 20 Fotos
in eine Reihenfolge und erzähle innerhalb
von 2 Minuten eine Geschichte in englischer
Sprache; wurde im Onomato e.V. produziert
und gezeigt *Düsseldorf
Wo kommen wir her, wo gehen wir hin? Sind
wir nicht alle nur ein Sandkorn im Lauf der
Zeit? Anhand von privaten, historischen
Bildern aus dem alten Familienalbum der
verstorbenen Mutter und neu erstellten
Fotografien wird in groben Zügen das
eigene Leben des Autors rückblickend
durchschritten. Nichts bleibt zurück, bis auf
die Spuren, die ein jeder von sich zurücklässt.
WHG Neuse - photography & more photographische-künstlerische
Arbeit
u. Reflexion m. d. Begriff Realität,
Künstlerporträts & experimentelles Crossover zur Malerei *Düsseldorf
Studium der Ethnologie, FU Berlin, Studium
Freie Malerei, HdK Berlin *Düsseldorf
Normannic Experience
Hubert Schober
2011 03:27 min
Maus Fotografien
Charly Müller
2011 02:57 min
*Düsseldorf
*Düsseldorf
Blue Trousers
Anne Schülke
2011 02:14 min
pictures left behind
Jürgen Staack
2011 02:15 min
Anne Schülke ist Autorin und beschäftigt sich
mit Auto/Fiktion und der Form des Essays in
Literatur und Bildender Kunst. *Düsseldorf
*Düsseldorf
42
43
NUN
- gelände ohne Rand
nun
geht
diese einzelne person
spaziert von buchstabe zu buchstabe zu
dem rasch näher kommenden rand des
von all den verschiedenen buchstaben verdeckten
und balanciert auf seinen lippen
gerade nur soviel von dem was er auszusprechen zögert dass es
unvernommen bleibt
das ist es was hier nun geschieht
auf der frage liegt unschwer
das wenige das zu antworten wäre
wenn nicht schon längst unten am boden
das was davon noch übrig ist
hast du diese tätigkeit vor augen?
und wer sollte sie ausüben?
dass diese person von da oben
dass er es ist der
von all dem nichts weiss oder
nichts zu wissen nur vorgibt
das wäre typisch für diese stunde vor dunkelnden fenstern
aber innen oder aussen das lässt sich nicht sagen
kalt ist nichts ungewöhnliches denn klar ist es
und so hell diese sterne
nacht gestirnübersät da hängen die vielen
aus der dunkelheit herab
ohne worte
auch ganz kleine rinnsale sind hier nirgends zu erkennen
schon gar nicht auszumachen
da sie nirgendwo anfangen
die schlauen
am boden entlang dessen vertiefungen
nutzend
bleiben sie unbemerkt
während unten im lichtlosen grab
lustig die mäuse spielen
(klarinettentöne)
gelände ohne rand
(1956)
Jens Stittgen
Stiller Natascha Engelmann
44
45
hinzuweisen – und dies am Anfang des 21.
Jahrhunderts – ist kalter Kaffee. Dennoch:
Wie bewusst sind wir uns eigentlich über
das Potenzial dieses fantastischen Instrumentes? Unser alltäglicher, meist intuitiver
und unreflektierter Gebrauch der Sprache
grenzt an Fahrlässigkeit, im besten Fall an
Dilettantismus. Wir haben einen genialen
Multigenerator an der Hand und nutzen ihn
als Dosenöffner und Schubladenabsperrung.
Wir könnten Schlösser und gigantische Türme errichten, wir könnten Städte über den
Wolken gründen. Stattdessen reden wir alle
vom Wetter. Das Trauma von Babel haben
wir immer noch nicht verarbeitet.
Quelle: Wikimedia Commons
Weg nach Babel
Ungeordnete Gedanken zur Sprache für den Kunstfilmtag 2012 von Emmanuel Mir
„Sich ein Bild von etwas machen“. Der Ausdruck ist weit verbreitet und bei den meisten
Menschen sofort verständlich. Er fungiert als
Synonym von „begreifen“ und „erfassen“ und
macht aus dem Bild ein primäres Erkenntnismittel. Als ob die Konstruktion eines visuellen Zeichensystems zur geeigneten Methode
der Weltaneignung erklärt werden könnte.
Als ob Sehen schon Wissen wäre. Müsste es
eigentlich nicht „Sich ein Wort von etwas
machen“ heißen? Ist das Wort doch nicht
die vorrangige Instanz der Welterfassung
und -gestaltung? Das Bild ist zwar in der
Lage, komplexe Zusammenhänge in geraffter
Form zu vermitteln oder Heterogenes und
Vielschichtiges zu fixieren. Aber die Dinge,
die das Bild meint, diese Dinge, die das Bild
zitiert, ausführt, reduziert, verwandelt, verknüpft und sinnstiftend neu montiert, sind
zunächst getauft worden. Bevor man sich ein
Bild davon gemacht hat, haben diese Dinge
einen Namen bekommen.
Der Akt der Namensgebung ist ein (relativ)
seltenes Privileg. Es ist das Privileg des Erzeugers. Eltern, Künstler und Erfinder haben
die Namenswahl. Sie koppeln ihre Schöpfung
an ein Wort an und produzieren damit eine
künstliche Korrespondenz zwischen Lebewesen / Ding und Wort. Auch wenn diese
Korrespondenz eine willkürliche, konstruiert-normative Angelegenheit ist, bestimmt
sie fortan die grundsätzliche Beziehung des
Lebewesens / Dings zu seiner Umwelt und
wird nie wieder infrage gestellt. Der Signifikant ist einfach da und verschmilzt mit dem
Signifikat. Wir, die Namensverbraucher, nehmen diese Tatsache einfach hin. Die Legitimität des einen oder anderen Namens interessiert uns nicht. Denn der Name gibt uns
Halt und Sicherheit im Alltag. Er ermöglicht
den zwischenmenschlichen Austausch, sorgt
für ein Mindestmaß an störungsfreier Übereinkunft und trägt somit zur Stabilität unserer Existenz bei. In dieser Hinsicht gleicht die
Hinterfragung des Namens einem Akt der
Selbstzerstörung.
Das muss der Hauptprotagonist des Films
von David Fonjallaz am eigenen Leib erfahren. Wie wir alle, ist er in eine Welt hinein
geboren worden, die bereits durch und durch
getauft ist. Jedem Ding seinen Namen, und
46
das Universum ist in Ordnung. Urplötzlich
aber wird der Mann von einem furchtbaren
Zweifel ergriffen: Wer sagt denn, dass die
alltäglichen Begriffe, die wir im großen sozialen Konsens teilen, die richtigen sind? Ist
ein Tisch wirklich ein Tisch – könnte er auch
ein Teich sein? Wer bestimmt es, wer ist Herr
der Namen? Diese Fragen sind der Ausgangspunkt eines Reflexionsprozesses, in dem jede
gemütliche Selbstverständlichkeit zerstört
wird und die bisher zuverlässige Welt ins
Wanken kommt. Fonjallaz‘ Protagonist hält
sich an der Korrespondenz zwischen Wort
und Lebewesen / Ding fest wie ein Schiffbrüchiger an einer Boje. Das Wort ist sein
letzter Halt, um an die Konstruktion namens
„Realität“ noch ein wenig zu glauben. Denn,
schließlich, ist doch alles eine Frage des Glaubens, nicht wahr? Die Realität nimmt Gestalt
an durch unseren Glauben an sie – und unser
Glaube manifestiert sich in erster Linie durch
die Sprache. Vorstellung und Wort sind weltkonstituierend. Die Vorstellung produziert
Phänomene, das Wort fixiert sie. Man sagt:
„An etwas fest glauben“. Und man kann es
so fest glauben, bis das Geglaubte eine feste
Form erhält.
Wie die Weiße Frau, jenes rätselhafte Wesen,
das Durchfahrenden in einem Schweizer
Autobahntunnel erscheint. Philipp Künzli
konnte keinen Beweis für die Existenz dieses
Geistes, der plötzlich auf der Rückbank sitzt
und sich mit dem Fahrer unterhält, erbringen. Aber auf seiner Spurensuche stellt er fest:
„Im Prinzip ist alles klar. Die Geschichte wird
durch das Erzählen am Leben erhalten. Und
wenn du in den Tunnel fährst und ganz fest
an sie denkst, sitzt sie schon im Auto hinter
dir“. Während wir weiter fahren, den Blick
fixiert auf die Straße, sitzt die Geschichte –
der Geist – auf der Rückbank und wird durch
das Erzählen am Leben erhalten. Gibt es eine
schönere Metapher für unseren Umgang mit
der Vergangenheit? Die Erzählung des Vergangenen, wie romantisiert, verfremdet und
lückenhaft sie auch sei, bildet ein wichtiges
Puzzleteil in der Erzählung des Gegenwärtigen. Die Sprache verbindet Gestern und
Heute, sie webt einen vitalen Strang zwischen
Zeiten, die sich ignorieren wollen. Und, so
pathetisch es auch klingen mag, ist dies unser
Heil. So lange, wie die Zeugen historischer
Katastrophen ihre Stimme nicht verlieren, so
lange, wie ihre Worte eingefangen und weiter
gegeben werden, können wir hoffen, lernfähig zu bleiben. Dennis Stein-Schomburg hat
eine solche Stimme eingefangen. Die Protagonistin seines Filmes hat nichts vergessen
und ihre Lehre aus damaligen Erlebnissen
gezogen. Das Wort (sowie die Bilder des Regisseurs) bringt diese Lehre ins Zirkulieren,
macht daraus ein Allgemeingut. Gleiches gilt
übrigens für das im Appendix präsentierte
Interview mit Robert Marcault von Veronika
Peddinghaus: Auch da wirkt das gesprochene und eingefangene Wort der oral history
– das Wort als Auslese – als entscheidender
Träger des Gedächtnisses und als mahnendes Instrument. Als Medium der Erinnerung
ist die Sprache sogar in der Lage, gestrige
Wunden, die sich im Laufe der Jahre tief in
Körper und Seele eingebrannt haben, zu heilen. Jede Therapie hat ihren Ursprung in der
Artikulierung des Namens der Krankheit.
Das verstörte Mantra, das den Beitrag von
Muriel Montini („Instants d’après“) rhythmisiert, ist ein Versuch, dem Teufelskreis einer
vergangenen, fatalen Kränkung zu brechen.
Die barsche Zurückweisung des Vaters wird
dank des Wortes, das immer und immer wieder wiederholt wird, fassbar, manipulierbar
– und dadurch überwindbar – gemacht. Die
Sprache transportiert eine alte Verletzung bis
in die Jetzt-Zeit und macht aus einem vagen,
unausgesprochenen Gefühl eine Handlungsoberfläche, die in eine neue Realität überführt werden kann.
Die Sprache ist also das Medium der Transformation des Subjekts. Darüber hinaus ist
die Sprache das Medium, wodurch das Unvorstellbare (oder noch nicht Vorgestellte)
erfahrbar gemacht wird. Die Sprache ist das
Medium, das das Ungeborene ans Licht holt.
Gott erschuf die Welt, indem er ihren Namen
aussprach; eine vergleichbare Leistung bringen übrigens alle Atheisten dieser Welt jeden
Tag fertig. Kabbalisten versuchen ihrerseits,
das Geheimnis der göttlichen Kreation zu
lüften, indem sie die Heiligen Schriften in
ihren kleinsten Details entziffern. Sprechen
ist (wie schreiben) eine Übung der Weltschöpfung und Weltaneignung. Das ist die
große Macht der Sprache. Zugegeben: Auf
diese konstitutive Funktion der Sprache
Man kann leicht, unbekümmert und mit einer vorgetäuschten Naivität an dieses Trauma herangehen. Man kann so tun, als ob es
ein Spiel wäre. Die simple, unspektakuläre
Arbeit von Kohyo Hong sagt nichts und
bringt alles auf dem Punkt. Auch wenn die
Körpersprache der zwei jungen Frauen, die
sich in ihrer jeweiligen Muttersprache unterhalten, eine Nähe, ja gar eine gewisse
Intimität vorgibt, reden da zwei Menschen
freundlich und beharrlich aneinander vorbei.
Keine versteht die Andere. Hier wieder: Babel und die endlosen Konsequenzen. Wobei
der Schein eines harmonischen Austauschs
gewahrt bleibt. Die Zwei setzen sich einfach
über die Katastrophe der Entfremdung und
der Isolierung, die Sprache bewirken kann,
hinweg und plappern weiter. Wenn man sich
auf ihre rein verbale Form konzentriert, ist
uns das Scheitern der Sprache übrigens allgegenwärtig. Gerade ihr Gebrauch in der
Tagespolitik, wo sie nur noch als schlecht
geschmierte Schraube einer rhetorischen Nebelmaschine eingesetzt wird, erinnert daran,
dass die Sprache sich selbst neutralisieren
und annullieren kann – oder weniger dramatisch: zum verhängnisvollen Hilfsmittel der
Mittelmäßigkeit und der Korruption werden
kann. In diesem Sinne sind die zwei Beiträge
von Marcantonio Lunardi – der Kalauer sei
erlaubt – vielsagend. Silvio Berlusconi war
während seiner Amtszeit als italienischer Ministerpräsident ein Spezialist der Falschaussage und des Wortbruchs. Er missbrauchte
(und missbraucht immer noch) die Sprache
grob, entleerte das Wort von seiner weltkonstituierenden Funktion und verwandelte es
in eine operative Hülse. Mit Berlusconi mutierte die politische Rede zur autoimmunen
Krankheit der Sprache und infizierte diese
langfristig. Vielleicht ist Schweigen der einzig effiziente Impfstoff gegen diese Plage. Die
beharrliche Ablehnung des Verbs, die Lunardis Protagonisten in Suspension dem Wortschwall von Berlusconi entgegenhalten, ist
vielleicht die einzig würdige Antwort und die
adäquate Form des Widerstandes gegen eine
Abwertung der Sprache.
In einem völlig anderen Register und aus
einer nicht vergleichbaren Perspektive inszeniert Anja Wiese einen konfusen, hysterischen und nervenzermürbenden Missbrauch
der Sprache. Ihr „Quengelkopf “ behandelt
das gesprochene Wort wie ein Überschussmaterial, das sinnlos und ohne Bewusstsein
für Ökonomie oder Ökologie in den Raum
geworfen wird. Der unerträgliche verbale
Erguss von Wieses Kreatur kommt uns dabei
irgendwie nicht unbekannt vor; Umweltver-
schmutzungen dieser Art erfahren wir – wir,
Stadtneurotiker und Kommunikationsextremisten – allzu oft. Unsere Generation ist
ja gekennzeichnet von diesem eigenartigen,
zwanghaften Mitteilungsdrang, der paradoxerweise in eine Neutralisierung der Kommunikation führt. Die Diagnose heißt Communication overload. Und das Übel beweist,
dass das Wort zwar heilen, aber auch krank
machen kann. Gelangt er in die Kanäle der
Massenmedien, potenziert sich der erwähnte
Mitteilungsdrang zu monströsen Ausmaßen.
Ein Blick in die Nachmittagsprogramme von
privaten Fernsehsendern gibt reichlich Auskunft darüber. Diese Programme sind übrigens Ausgangspunkt für die postmoderne
Collage von Alexander Lorenz, die ich als
verzweifelten und zynischen Kommentar
zur Tragfähigkeit der Sprache interpretieren
möchte. „Ich lehre euch“ ist insofern eine
Feststellung des Scheiterns aller Kommunikationsutopien, als sie eine indirekte Verbindung zu den Träumen einer offenen, bürgerverbindenden Weltsprache herstellt. Zur
Erinnerung: Vor vierzig Jahren formulierten
Fluxus-Künstler das Programm eines partizipativen Fernsehens, das das einseitige Broadcast-System und seiner linearen Machtstruktur ersetzen sollte. In der hypersaturierten
Mediengesellschaft, in der wir heute leben,
hat diese hehre Idee der Partizipation die
Form von Talk-Shows, Doku-Soaps und
Gerichtstheatern bekommen. Was dort artikuliert wird, ist das Gegenteil einer Emanzipation. Das Instrument der Partizipation
entfremdet mehr denn je. Ob man diesen
Menschen die Vulgarität der Boulevardblätter oder die Bekundungen des Nietzsche in
den Mund legt, ist einerlei: Sie bleiben sich
fremd und finden keine eigene Sprache.
Interessanterweise gehen zahlreiche Filmbeiträge des Kunstfilmtages auf das Scheitern
der Sprache ein – oder thematisieren zumindest die inhärenten Probleme von manchen
kommunikativen Situationen. Die Grade
dieses Scheiterns sind höchst unterschiedlich; die Gründe dafür ebenso mannigfaltig;
aber die Menge an Künstlern, die besonders
auf Funktionsstörungen der Sprache blickt,
ist auffällig groß. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit, können wir zu den höher erwähnten Filmemachern noch Anna-Lena
Gremme hinzufügen. Auch wenn ihr Film
eigentlich mehr mit der Heterogenität der
subjektiven Wahrnehmungsmodi zu tun hat
als mit irgendwelchen sprachbedingten Defiziten, werden die Diskrepanz zwischen einer
(einzigen?) Realität und ihren unendlichen,
z.T. widersprüchlichen sprachlichen Erfassungen deutlich. Trotz der hypothetischen
Überwindung von Babel, würde die Sprache
genug Anlässe finden, um Menschen weiterhin voneinander zu trennen. Die Unfähigkeit
der Sprache, überkomplexe Phänomen adäquat zu übersetzen (wie z.B. die Doppelfrage: „Was ist eigentlich Kunst und was macht
das Leben eines Künstlers aus?“), behandelt
Petter Napstad in einem ironischen und intelligenten Beitrag, der die Bedingungen einer Fragestellung hinterfragt und in einen
selbstreflexiven kleinen Tour de Force eine
universelle Antwort auf seine persönliche
Frage findet – Fazit: In der Kunst bleibt das
Fragen immer die richtige Antwort auf eine
Frage. In der Galerie der entlarvenden „Fil-
me zur Sprache“ müsste hier noch Markus
Herse Erwähnung finden. Herse greift auf die
Mittel der Satire zurück und lässt seine einsilbigen Protagonisten (Karikaturen des archetypischen Intellektuellen) auf groteske Weise
in verschiedenen Umgebungen diskutieren
und gestikulieren. Die sicherlich erbaulichen
Inhalte ihrer Aussagen erschöpfen sich allerdings in einem repetitiven Stottern und Lallen, das die Nichtigkeit mancher vergeistigt
daher kommenden Kommentare aufs Korn
nimmt. Angesichts der Bissigkeit von Herses
Ansatz fühlt sich der Verfasser der vorliegenden Linie ein wenig auf den Schlips getreten
und muss über seine Rolle als Kritiker und
Vermittler, der Sprache verpflichtet aber
möglicherweise nur heiße Luft produzierend,
zwei Mal nachdenken.
Der Weg nach Babel – von hierhin bis dorthin. Von der Fähigkeit des Wortes, Welten
zu konstituieren und zu erfassen, bis zum
Zustand der sprachlichen Desorientierung
und Verwirrung. Von der Errichtung eines
Traumes bis zu seinem Platzen. Dies ist die
Struktur, die wir für diesen / kurzen Kommentar zum Kunstfilmtag 2012 gewählt haben. Es ist ein subjektiver Blick auf diese Veranstaltung und wir hätten andere Perspektive
wählen, andere Wege beschreiten können.
Evolutionstheoretisch konform, hätten wir
uns beispielsweise vom brachialen Urschrei
des wilden Menschen in der Natur (s. „Above“ von Nesha Nikolic) zum selbstreflexiven,
raffinierten und gewundenen Sprechakt eines Melancholikers in einem nie endenden
Fin de Siècle (s. „Thank You Mr. Oldenburg“
von Holger Lang) bewegen können. Als
Zwischenstationen auf dieser linearen Entwicklung hätten wir die primären Artikulationen eines Eberhard Kranemann platziert,
der das A und O der Sprache sucht, oder,
deutlich weiter in der Skala der Ausdrucksdifferenziertheit, die informative und sachliche Erzählung von Julia Charlotte Richter,
die einen stilistischen Balanceakt zwischen
Fiktion und Dokumentation sucht und dabei ein unfassbares Gleichgewicht zwischen
Eros und Thanatos findet. Oder aber hätten
wir die unzähligen Brücken, die Wortsprache
und Bildsprache verbinden, vertieft behandeln können. Und zum Beispiel anhand der
Beiträge von Sally Grizzel Larson oder Maximilian Schmötzer Strategien aufgezeigt, in
denen verschiedene Sprachen verschmelzen.
Wir hätten, wir hätten… Genug der Konditionalform!
Um das bisherige Ungeordnete irgendwie
doch rund zu machen, eine kleine Anmerkung zum Schluss: „Sich ein Bild von etwas
machen“ heißt auf Englisch „to get an idea
of “, auf Französisch „se faire une idée de“
und auf Spanisch „hacerse una idea“. Während ein Teil unserer europäischen Nachbarn
also eine Idee bekommt oder sich eine Idee
von etwas „macht“, benötigen oder wollen
die Deutschen ein Bild. Der persönliche Bezug zur Ergreifung und zum Begreifen eines
Phänomens läuft nicht über eine nicht weiter
bestimmte, möglicherweise abstrakte Vorstellung, sondern über ein Bild. Handelt es
sich hier nur um ein beliebiges Sprachspiel
oder ist diese Unterscheidung doch bedeutungsschwanger? Ich gebe zu, nicht wirklich
im Bilde zu sein.
47
Zeichnungen zu Friedrich Nietsches “Unzeitgemäße Betrachtungen Herbert Willems
48
49
Aus Sicht der Frage
1980-90 Studium an der Kunstakademie
Düsseldorf bei Prof. Kricke und Prof.
Rabinowtich. 1985 Ernennung zum Meisterschüler. Lebt und arbeitet in Düsseldorf
*Düsseldorf
ein Schild auffällt, auf dem «Park» steht. Ein
Film über einen Mann, der Missverständnisse
vermeiden will und erst dadurch welche
schafft. Frei adaptiert nach der gleichnamigen
Kurzgeschichte von Arthur Schnitzler.
15:45
Festivalteilnahmen (Auswahl): 51. Krakow
Film Festival, 26. Odense International Film
Festival, 16. International Short Film Festival
2ANNAS [Jury Special Mention] *Bern
Löffel
Renée Del Missier
2010 00:28 min
The Field of Fine Arts
Petter Napstad
2011 09:45 min
Ich bin’s
Stefanie Pürschler
2012 01:45 min
In 2010 the Oslo National Academy of
Fine Art was moved to a bigger institution,
with other art disciplines, such as theatre
and opera. A student decided to make a
documentary about the situation. The result
shows the lack of direction in the life of an
art student. The film has been shown in the
director’s bachelor show at the Oslo National
Academy of Fine Art. *Oslo
Ich
Ich bin’s
Ich bin ein Anderer
Ich spreche mit der Stimme eines Anderen
Eine fremde Stimme spricht durch mich
Ich werde überstimmt
Ich
Ich bin’s
Bestimmt bin ich’s
Ich gebe euch meine Stimme
Ihr gebt mir eure
In mir
Ich bin’s und ihr seid in mir
Die Vielzahl von euch in mir
Ich
Wo bin ich?
Eines stimmt:
Ich bin’s.
Thank You Mr. Oldenburg
Holger Lang
2012 04:00 min
Studium Bildende Kunst an der Kunstakademie Düsseldorf bei Prof. Kneidl und Prof.
Ruff. 2004 Gründung und Organisation
von Atelier Interim Arbeits- und Präsentationsort junger Kulturschaffender. 2006
Ernennung zur Meisterschülerin von Prof.
Ruff, Akademiebrief; 2009 Stipendium
an der school of photographie in Moskau
*Düsseldorf
A juxtaposition of images of a Claes
Oldenburg exhibition and of the world
outside. Written and recorded on March 1st
2012. The personal world and the world of
memories are mixed in a reflection about the
question of doing the things that we do.
Lebt und arbeitet in Wien. Künstlerische
Arbeiten seit über 30 Jahren in verschieden
Medien mit dem Schwerpunkt experimentelle Filme und Animationen. Präsentationen
in Ausstellungen, Screenings, Vorträgen etc.
Seit 1995 unterrichtet er im Art Department
der Webster Universität in Missouri, seit 2003
auch am Campus dieser Institution in Wien.
MA in “Studio Art” und MA in “Film & TV
Produktion”, seit 2007 Assistenzprofessor mit
Forschungsschwerpunkt in experimentellen
medialen Arbeiten *Wien
50
Ich
David Fonjallaz/Kathrin Yvonne Bigler
2011 12:00 min
Der Mann lebt ein schlichtes, zufriedenes
Leben. Bis zu dem Sonntag, als ihm im Park
Words from Twentieth Century
(Le) parole del Novecento
Angelo Ricciardi
2007 02:36 min
The film is made like a graphik intervention,
published in L’origine è la meta / curator
Vincenzo Cuomo. - Firenze : Morgana Edizioni, 2006.
Man sieht eine Frau, vielleicht ist sie eine
Sekretärin oder Kassierin. Um sie herum
hängen und liegen jede Menge Löffel
unterschiedlichster Art. Sie füllt gelangweilt
Rätsel aus bis sich ein Mann nähert. Dieser
greift in seine Jackentasche, zieht einen großen,
silbernen Löffel hervor und legt ihn mit einem
leichten Bedauern auf den Tisch. Die Frau hängt
ihn routiniert zu den anderen vielen Löffeln
hinter ihr an die Wand und widmet sich wieder
ihrem Rätsel. Der Mann öffnet eine Türe und
verlässt den Raum ins Dunkle.
‘Löffel’ ist Teil einer wachsenden Reihe von
Wortspielfilmen. Seit dem Jahr 2010 produziert
Renée Del Missier Wortspielvideos. Löffel blieb
bisher unveröffentlicht. *Wien
(Le) parole del Novecento tries to narrate
the past century - in form of the alphabet
- a word for each letter. The soundtrack, a
centrifuge movement of a washing machine,
shows the difficulty of elaboration of speech.
And at same time the ability to digest the
given information. Each word is extremely
evocative for immediate associations.
Angelo Ricciardi lives and works in Napoli
where he was born. His study is based
on the relation between writing and the
configuration of contemporary society, with
particular interest in the exchange between
verbal and visual communication. His
most recent projects are often realized in
collaboration with other artists and placed in
various cities around the world. Leafletting
(2002), The New Little Red Book (2003), Art
Line Do Not Cross (2004), Happy Birthday,
Mister Johns! (2005), Desktops (2006),
walkabout (2006), Achtung Bitte Kunst
Kann Eine Falle Sein (2009). He is author
of numerous artist’s books, many present
in important public and private collections
(MoMA Library, Printed Matter, Liliana
Dematteis Collection, Archivio del ‘900
Mart of Trento and Rovereto, MU.SP.A.C.,
Alessandro Gori Collection, CLA Centre
de Livres d’Artistes Bruxelles, etc.). Angelo
Ricciardi is co-founder of CODICE EAN,
an independent laboratory focusing on the
contemporary. In 2011 Riccardi published
the book “1999-2010” for Martano Editore,
Torino, Italy, a tale in which, through images
and words, the artist tries to bring the reader
into a context of his artistic activity.*Napoli,
Italy
Heute bin ich dein Freund
Maximilian Erbacher
2010 02:00 min
„Heute bin ich dein Freund“ ist eine
international ausgerichtete intermediale Performance im öffentlich urbanen Raum, mit
der ich seit 2009 in Kontakt mit Menschen
trete. Die verheißungsvoll kryptische Nachricht eines Freundschaftsangebots, ohne
erklärende Verweise, auf Aushängen in
der Stadt, plus einer Telefonnummer zum
Abreißen bilden den Ausgangspunkt für
den Kommunikationsprozess. 2009-2010
München, Pècs / Ungarn, Shanghai *Köln
Strangers on a Train Part 1
Jörg Steinmann
2011 06:26 min
Datum: Sonntag, 21. November 2010, 14.00
bis 17.00 Uhr Ort: Regional-Express zwischen
Düsseldorf Hbf und Duisburg Hbf ‘Strangers
on a Train’ ist eine zweiteilige Performance.
Teil 1 beinhaltet eine Recherche, bei der
Bahnreisende interviewt werden. Teil 2 findet
zu einem späteren Datum statt und verarbeitet
die Interviews zu einer klingenden Collage.
Strangers on a Train (Part 1)’ wurde inspiriert
durch den gleichnamigen Hitchcock-Film
nach einem Roman von Patricia Highsmith:
Zwei einander unbekannte Personen lernen
sich in einem Zug kennen und vereinbaren
einen grotesken Handel: Jeder der beiden
Fremden soll im Auftrag des anderen einen
Mord begehen. Da die Opfer den Mördern
jeweils völlig fremd seien, gäbe es für die
Polizei keinerlei nachvollziehbare, logische
Motive. In der Performance werden Reisende
in Nahverkehrszügen zwischen Düsseldorf und
Duisburg nach ihren Vorstellungen von einem
perfekten Mord befragt. Die mitgeschnittenen
Kommentare wurden im zweiten Teil der
Performance in einer Klangcollage öffentlich
aufgeführt.
no where now here
Robert Brümmerhoff
2007 02:49 min
Einige persönliche Fragen, die zwischen
zwei Reisen in das Geburtsland aufkamen.
Kunstakademie Düsseldorf *Düsseldorf
51
(Pause)
Fragen Sie jetzt? Oder soll ich gleich antworten?
Heinz Hausmann:
Jeder gute Journalist würde jetzt damit
beginnen, das Buch, um das es in diesem
Interview geht, durch Fragen nach dem Titel
usw. vorzustellen...
Thorsten Ebeling:
Moment, Heinz... lass ihn... also, Ihre Frage...
Journalist:
Ja, schon...
Thorsten Ebeling:
Na dann los!
Journalist:
Äh... jetzt hat es mir aber ein bisschen die
Sprache verschlagen...
Heinz Hausmann:
Damit wären Sie beim Thema!
Thorsten Ebeling:
Kommen Sie uns jetzt aber nicht damit, dass
sich unser Buch „wer nichts wird, wird virtuell“ zu sehr auf sprachliche Formalismen
beschränkt. Viel interessanter wäre es doch,
herauszubekommen, ob für dieses komplexe
Bauwerk, das zur Zeit von uns beiden errichtet wird, eine bestimmte Stilrichtung maßgeblich ist.
(Pause)
Journalist:
Haben Sie mal ein Glas Wasser?
Heinz Hausmann:
52
Journalist:
Herr Hausmann, würden Sie zustimmen,
wenn ich den von Ihnen verfassten Part dieses
Buches als „Beat-Literatur“ bezeichne?
Heinz Hausmann:
Ich bin mir nicht sicher, ob man sich so weit
aus dem Fenster lehnen sollte, dieses Etikett auf diese Schublade zu kleben. Aber ich
weiss, was Sie meinen. Es ist nicht verboten,
in diese Richtung zu denken.
Journalist:
Herr Ebeling, in welchem Verhältnis steht
die von Ihnen gewählte Form des Poetischen
zum Ganzen dieses Buches: ist es Rahmen
oder Bild?
Thorsten Ebeling:
Sie sind keine Pfeife...
Heinz Hausmann:
Wissen Sie... die ganze Zeit denke ich darüber
nach, ob es nicht eine spannende Frage wäre, in
welcher Abteilung einer Bibliothek man unser Buch wohl suchen würde.
(Pause)
53
Sprache und Film
von Frauke Tomczak
Die Sprache als Haus
„Die Sprache ist das Haus, in dem wir leben.“so ist der Kunstfilmtag 2012 überschrieben
– ein mehrdeutiges Motto. Die Metapher
des Hauses suggeriert vorderhand Schutz
und Geborgenheit gegen Bedrohungen
von „Außen“. Nicht von irgendeinem Haus
ist die Rede, sondern von dem, „in dem
wir leben“. Das Haus, „in dem wir leben“,
ist unser Zuhause und ruft damit zugleich
Bilder liebgewonnener Gewohnheiten,
einer alltäglichen Normalität, einer wohlgeordneten Vertrautheit auf den Plan
der Vorstellung. Als wäre die Sprache ein
Schutzort, eine Umhüllung, die Sorge für
uns trägt, ein Ort der Verlässlichkeit, ja der
Gemütlichkeit.
In welchem Haus leben wir denn? Leben
wir in Hütten oder Palästen? Im Keller,
auf dem Dachboden oder in der Belle
Etage? Und wenn das Haus, in dem wir
leben, eine Kaserne mit Befehlston, ein
Erziehungsheim mit drastischen, nicht zu
übertretenden Regeln oder ein Gefängnis ist:
lebenslänglich hinter Gittern, in der immer
gleichen Tretmühle desselben Reglements?
Womöglich ein starres, undurchlässiges
„stählernes Gehäuse“ oder zeitgemäßer:
ein riesiges Flimmerfeld mit zahlreichen,
permanent bespielten Bildschirmen, ohne
wirklichen Außenblick oder Außenblick
ins Wirkliche, ohne spürbare sinnliche
Kontakte und Erfahrungen – das Haus,
ob aus Stahl oder dem Glas der Monitore,
ein undurchdringlicher Panzer, eine
spektralfarbige Umhüllung in Bewegung?
„Die Sprache ist kein Gefän gnis.“1 (Maurice
Merleau-Ponty)
In welchen Wortbildern wir uns auch immer
die Sprache (in Sprache) imaginieren, fest
steht:
1. Sprache stellt ein von Menschen gemachtes,
geschichtlich gewordenes Regelwerk dar, auf
das wir alle beim Sprechen zurückgreifen
und zurückgreifen müssen, um uns mitteilen
zu können. 2. Sprache ist veränderbar und
insofern prinzipiell unabschließbar, als
sie je nach der individuellen Form ihres
Gebrauchs erweitert und verändert werden
kann. Das sind die beiden Fundamente
des Sprachhauses, die elementar gelten.
Mindestens diese beiden Basisbestimmungen
bilden das Doppelfundament für die Sprache
als Haus, in dem wir alle leben. Doch wenn
dieses Gebäude beweglich ist, wo kommt
die Bewegung her? Kann sie zum Stillstand
kommen, erstarren?
Schicht der Erfahrung, welche die Worte zu
denen der Menschen machte, ist abgegraben
und in der prompten Aneignung nimmt
die Sprache die Kälte an, die ihr bislang nur
an Litfaßsäulen und im Annoncenteil der
Zeitungen eigen war.“2 Indem sie von der
konkreten sinnlichen Erfahrung abgekoppelt
ist, kann Sprache kein Ausdruck mehr
sein und tendiert als Schlagwort dazu,
genau das Vermögen zu besetzen, was als
„individueller Gebrauch“ der Sprache die
Anstrengung erfordert, ein sprachliches
Äquivalent für die eigenen Beobachtungen,
Empfindungen und Gedanken zu finden.
Doch genau diese Anstrengung trägt zur
Beweglichkeit des allgemeinen Hauses der
Sprache bei. Möglicherweise hatte auch
Merleau-Ponty diese Bedrohung im Blick,
wenn er schreibt: „Wir leben in einer Welt,
in der die Sprache instituiert ist.“3. Adorno
/ Horkheimer meinen allerdings an dieser
Stelle nicht das bekannte Theorem, dass
die konventionalisierte Alltagssprache die
kreativen Potenzen, die die Sprache bietet,
nicht ausschöpft, dass diese Potentiale erst
durch das sprachliche Kunstwerk zum
Tragen und zu Bewusstsein kommen. Sie
meinen eine neue Qualität der allgemeinen
sprachlichen,
verhaltenssteuernden,
ja
psychischen Zurichtung. Technik werde
zur „Psychotechnik, zum Verfahren der
Menschenbehandlung“4.
Die flächendeckende Wirksamkeit dieser
Zurichtung ist nicht nur aber auch den
technischen Bedingungen der Massenkultur
und der Kulturindustrie geschuldet: ihrer
Schnelligkeit, ihrer Allgegenwart, ihrer
Standardisierung und der vermeintlichen
Griffigkeit einer Sprache, die alles, was
fremd, seltsam oder verstörend erscheint,
nicht zulässt, weil sie sich gar nicht erst die
Mühe macht, es zur Sprache zu bringen.
Die
Phänomenologie
Merleau-Pontys
und die Kritische Theorie von Adorno
und Horkheimer treffen sich in ihrem
Beharren auf der Individualität der
sinnlich-konkreten Erfahrung und einer
Sprachauffassung, die Sprache nicht nur als
Welt- und Wirklichkeitserschließung oder
aber Verstellung begreift, sondern auch als
Möglichkeit, den anderen Menschen in seiner
Individualität zu verstehen und bestehen
zu lassen. Und sie wissen darum, dass die
Sprachen der Kunst Bewegungsspielräume
eröffnen. Aus beiden Gründen stärken
sie in ihren Theorien das Vermögen des
sprachlichen Ausdrucks.
Das bedrohte Haus der Sprache
Adorno / Horkheimer haben im „Kulturindustrie“ - Kapitel ihrer „Dialektik der Aufklärung“ darauf hingewiesen, dass die Massenkultur auch die Sprache verändert. Das
Wort bringt den Gegenstand nicht mehr zur
Erfahrung, sondern erstarrt zur „Formel“,
zum abstrakten „Pattern“, das sich anbietet,
fraglos übernommen zu werden. “Die
Der Film als Sprache
Mit dem Motto „Die Sprache ist das Haus,
in dem wir leben“ ist der Kunstfilmtag 2012
überschrieben. Ist der Film eine Sprache?
Funktioniert er wie eine Sprache?
Bis zu Beginn der 20iger Jahre war es
üblich, den Film analog des Dramas in Akte
einzuteilen und die Akte über Schrifttafeln
einzublenden. Das gilt noch für Eisensteins
54
„Panzerkreuzer Potemkin“, SU 1925.
Diese demonstrative Analogie zum Drama
und also zum Theater, dem privilegierten und
etablierten Ort bürgerlichen Kunstgenusses,
ist filmgeschichtlich der frühen Phase
des Films und seiner Durchsetzung zur
Kunst geschuldet. Darüber hinaus gilt
eine Dramaturgie besonders für den
narrativen und den fiktionalen Film nicht
nur historisch, sondern systematisch. Für
den Film werden wie für das Drama eben
dramaturgische Gesetzmäßigkeiten für seine
Handlungsverläufe, für seine Erzählung
geltend gemacht: Er beginnt mit der Eröffnung,
der Eingangssequenz, dann die Introduktion,
die Vorstellung oder Ankündigung, worum
es geht im sogenannten „plot“, gefolgt von
der Entwicklung der unterschiedlichen
Handlungsfäden und ihrer Ausführung
bis zur Peripetie oder der Klimax, dem
dramaturgischen Höhepunkt der Handlung.
Der kann zugleich ihr Umschlagspunkt sein
und die Handlungsfäden glücklich, tragisch
oder dramatisch in einem plötzlichen und
unerwarteten Schluss abkappen (offenes
Ende), in einem lapidaren sang- und
klanglos fallen lassen, in einem elegischen
lang auslaufen lassen oder in einem knapp
bündigen Ende schlicht verknoten.
Die Gesetzmäßigkeiten der Dramaturgie
beziehen sich auf die Filmerzählung, seine
Narration. Sie hat wie die gesprochene
(geschriebene Sprache) – die Begriffe
variieren: „natürliche Sprache“, Verbalsprache, meinen aber das gleiche - eine
Syntax und eine Semantik. Syntax meint
in der Sprache: die Reihung der Worte
zu Sätzen. Übertragen auf die Filmsyntax
heißt das: so wie die Worte zu Sätzen, die
Sätze zu dem Abschnitt einer Erzählung
oder zu einer Szene in einem Roman oder
Drama gereiht werden, reihen sich die
Filmbilder zu Sequenzen, die Sequenzen
zu Szenen und Handlungseinheiten in der
Filmerzählung. Die Mittel, mit denen der
Film das Voranschreiten auf der Zeitachse,
die temporale Kontinuität gestaltet, sind
die Formen der Montage: Parallelschnitt,
Plansequenz, Ellipse (Auslassung), matchcut (Schnitt in der Bewegung, der zwei
völlig verschiedene Zeiträume verbindet),
jump-cut. Für die Semantik, die Bedeutungsgenerierung des bewegten Bildes stellt sich
die Analogie Sprache-Film etwas schwieriger
dar. Denn die „natürlichen Sprachen“ sind so
alt wie die Menschheit. Über Jahrtausende
hat sich in ihnen ein Sprachreservoir an
Ausdrucksmöglichkeiten und Regelwerk
gesammelt. In dem 2-Achsen-Modell der
Sprache (Roman Jakobson) – einem Koordinatenkreuz – wird diese Kumulation des
gesamten Sprachbestandes der vertikalen,
der paradigmatischen Achse zugeordnet.
Wenn wir sprechen, wenn wir Sätze bilden,
bewegen wir uns auf der horizontalen,
der syntagmatischen Achse (Syntax) im
Zeitraum voran, indem wir nach bestimmten grammatischen Regeln aus der
paradigmatischen, der vertikalen Achse, der
Achse der Wortarten, Zeitarten, Modalarten,
Wortfamilien und Wortgruppen eine Auswahl treffen.
Diese paradigmatische Achse gibt es für
den Film nicht. Es existiert kein Lexikon für
Bewegtbilder beispielsweise zu Verliebtheit
und Liebe.
„Der Film ist eine visuelle (Stummfilm) bzw.
eine audiovisuelle (Tonfilm) Reproduktion
der Realität. (...) Was der Film reproduziert,
ist schon eine `Zeichenwelt`; der Film
reproduziert und `spricht` die `Sprachen der
Realität`“5. Mit dem Pasolini-Zitat „Sprachen
der Realität“ springt diese erste Bestimmung
von Möller-Naß mitten hinein in die Semiotik6. Die zweite, erweiternde Bestimmung
gibt den entscheidenden Aufschluss zur
Filmsemantik: „Der Film ist mehr als nur
Reproduktion: die Apparatur greift aktiv in
das, was sie reproduziert ein. Sie ermöglicht
die Konstruktion neuer Bedeutungen (...).“7
Der „Eingriff der Apparatur“ umfasst das
gesamte Arsenal filmischer, aber auch
filmtechnischer
Gestaltungsmittel,
die
speziell die Bedeutungsgenerierungen im
und durch das Medium Film ausmachen:
angefangen beim Bildausschnitt, der Kadrierung: was ist im / was außerhalb des
Bildes? dann die Positionierung und
Bewegung der Kamera: Annäherung,
Schwenk, Parallelfahrt, Kranfahrt – Augenhöhe, Untersicht, Aufsicht, schließlich
die Raumgestaltung: Innen/Außenraum,
Kultur/Naturraum, urbaner Raum – Vorder/
Mittel/Hintergrund – Tiefenschärfe vs.
Flächigkeit – Perspektivierungen, die Personen:
ihre
Positionierung/Bewegung
im Raum, das Raumdekor, Bildvertikale,
-horizontale, -diagonale, die Lichtgestaltung,
die Farbsymbolik, das Bild – Ton –
Verhältnis usw., usf. Diese dem Medium
Film zur Verfügung stehenden Mittel der
Bedeutungsgenerierung, also der Semantik,
bilden zwar keine paradigmatische Achse
wie in der Sprache, aber sie sind ihr insofern
vergleichbar, als sie vielfältige Auswahlund
Gestaltungsmöglichkeiten
bieten,
auf der syntagmatischen Achse der Zeit
und der Entwicklung der Filmerzählung
voranzuschreiten. Wie in der Sprache gilt
auch hier die „Kontextabhängigkeit“(3.
Bestimmung von Möller-Nass), d.h. eine
Einstellung wird nicht nur durch das
bestimmt, was sie zeigt, sondern auch durch
die vorausgehende und die nachfolgende
Einstellung: „Das bedeutet, dass die Semantik
der Einstellung nicht unabhängig ist von der
syntaktischen Struktur der Sequenz.“
Filmsprache
Nun wäre der abstrakte Schluss, Sprache
und Filmsprache verfahren beide nach den
Prinzipien der Selektion und Kombination,
banal und viel zu dürr, um aussagekräftig
zu sein. Denn, dass der Film eine Syntax
und eine Semantik hat, dass er darin
ähnlich wie die Sprache funktioniert, dürfte
inzwischen deutlich geworden sein. Was sie
jeweils und mit welchen Mitteln auswählen
– für die Sprache müsste es heißen: nach
welchen Gesichtspunkten die Worte gewählt
werden, - wie sie sowohl die Auswahl, als
auch die Kombination gestalten und welche
Ausdrucksvaleurs dabei ins Spiel kommen,
macht einen Vergleich erst spannend und
sinnvoll.
Denn was wird hier verhandelt, wenn von
Film die Rede ist? Wir sprechen weder über
einen Filmbeitrag zu den Tagesthemen,
noch über eine Fußballübertragung oder
eine Telenovela. Alle diese Filmformen sind
audiovisuelle Reproduktionen der Realität, in
die die „Apparatur“ eingreift. D.h. natürlich
haben sie eine Syntax und eine Semantik.
Fußballfans wissen das genau, denn es macht
einen Unterschied, ob sie die Übertragung des
Senders der eigenen oder der „gegnerischen“
Mannschaft sehen (welche Sequenzen, Fouls
z.B., werden wiederholt, welche Spieler
in Nahaufnahme eingeblendet, welche
Prominenz aus dem Publikum, von welcher
Kameraposition aus das Tor beobachtet,
vom Bild/Ton-Verhältnis, sprich vom SpielKommentar ganz zu schweigen).
„Die Sprache ist das Haus, in dem wir leben“
– mit diesem Motto ist ein Kunstfilmtag
überschrieben. Es geht um den Film, um
die Sprache als Kunstwerk. Wie erzeugt die
Sprache, wie erzeugt der Film Ausdruck
und Atmosphären, wie vermitteln beide
eine sinnliche Form der Erkenntnis über
die Wirklichkeit? Wie kommt ihre Poesie
zustande? Filmsprache in diesem Sinne verstanden, meint die Analyse und Benennung
des ästhetischen Filmstils. Erst wenn dieser
ästhetische Gehalt im Sinne einer Taxonomie
der filmischen Mittel herausgearbeitet ist,
kann „Filmsprache“ zu einer Kategorie
werden, die die Spezifik eines individuellen
Gesamtwerkes oder ganzer Filmschulen oder
Filmrichtungen kennzeichnet. Lotte Eisner
ist das in hervorragender Weise mit „Die
dämonische Leinwand“ für den deutschen
expressionistischen Film gelungen.
Die Textur des Filmbildes
Eisensteins „Panzerkreuzer Potemkin“, SU
1925
An einigen Filmsequenzen aus Eisensteins
„Potemkin“ werde ich im Folgenden zeigen,
was konkret mit dieser filmsprachlichen
Konstruktion (Produktion) und Lesart
(Rezeption) des Films gemeint ist. Mit dem
Bespiel wird das „Theoriemotiv“ Filmsprache
an dem Ort exponiert, an dem es entstanden
ist, in der Russischen Filmavantgarde, die
sich ihre Filmpraxis in ständiger begleitender
Reflexion bewusst machte: das sind Vertov,
Pudowkin und Eisenstein, um nur die drei
größten Namen zu nennen, gefolgt von den
sogenannten „Formalisten“ Eichenbaum,
Tynjanov, Sklovskij. Alle Genannten
haben das Verhältnis des Films zu anderen
Künsten, besonders zur Sprache grundlegend
reflektiert und darüber geschrieben.
An
bekannten
Filmsequenzen
aus
„Potemkin“ wird verdeutlicht, dass die
Konstruktion und Lesart des Films als
Sprache bis zu rhetorischen Figuren, also
Figuren aus der Sprachkunst reicht. Von den
aufmarschierenden Offizieren und Soldaten
nach den ersten Matrosenprotesten sehen
wir ihre Soldatenstiefel in Großaufnahme, so
wie später in der berühmten Treppenszene
die Stiefel der im Gleichschritt gegen das
diffus in Panik auf- und abstürzende Volk
marschierenden zaristischen Soldateska.
Beide Bildsequenzen (Schiff und Treppe) sind
eine Synekdoche, in der ein Teil – die Stiefel
– für das Ganze der Herrschaft steht (ähnlich
in der sprachlichen Formulierung: Die Krone
hat verfügt). Das vom Schiffspriester, der
sich auf die Seite der Offiziere schlägt, als
Waffe geschleuderte Kruzifix, das federnd
in den Schiffsplanken stecken bleibt, ist als
travestiertes religiöses Symbol lesbar, das
Monokel des Arztes, mit dem zuvor die
Maden im Fleisch gar vergrößert wurden, die
er sieht und zugleich leugnet, sinkt auf den
Meeresgrund (Großaufnahme), ebenfalls
eine Metonymie oder Synekdoche (ein Teil
steht fürs Ganze). Der in der Schiffstagelage
sterbende Anführer des Matrosenaufstandes
Wakulin - auf der syntagmatischen Achse
(Filmsyntax) ein versetztes Echo auf das
travestierte religiöse Symbol des Kruzifix wird als Opfersymbol und als säkularisierte
„imitatio christi“ (ähnlich dem Schlussbild
in Pasolinis „Accatone“, I 1961) lesbar.
Zugleich ist er durch seine hängende
tote Gestalt als „Pietà“ dargestellt. Ihr
sprachliches Echo findet diese Filmsequenz
in der eingeblendeten Schrifttafel: „Einer
für alle. Alle für einen“. Die drei steinernen
Löwen – der schlafende, der erwachende,
der brüllende Löwe – an der Stelle der
Filmes platziert, an der die Schiffsrebellion
auf die Bevölkerung von Odessa übergreift,
gilt als eine der berühmtesten Metaphern
der Filmgeschichte. In der Metapher findet
im Gegensatz zur Metonymie und der
Synekdoche, die als Teilverhältnis von einem
Ganzen funktionieren, eine Ersetzung statt:
anstelle der erwachenden und rebellierenden
Massen tritt der Löwe.
Nun könnte man fragen: was ist über den
Nachweis, dass Filmsequenzen äußerst
bewusst und mittels eines expressiven
Gestaltungsvermögens wie sprachliche Figuren gebaut seien können, der Nutzen
dieser Analyse? Wir haben erkannt, wie sie
funktionieren. Wir sind nicht nur schlicht
von der Filmsequenz eingenommen, sondern
wissen warum. Darüber hinaus transportiert
dieses Verstehen eine Ahnung der Erkenntnis, dass in der Sprache selbst, in der
Art wie sie organisiert ist, Hierarchien, Überund Unterordnungsverhältnisse bestehen
(Synekdoche). Auch diese Entdeckung gibt
zu denken.
Mit Textur ist aber noch mehr gemeint. In
seinem Filmessay „`E!` Zur Reinheit der
Kinosprache“ (1934) formuliert Eisenstein
mit dem Selbstanspruch „dass die Qualität
von Montage, Kinosyntax und Kinosprache
der Qualität früherer Arbeiten nicht
nachstehe, sondern dass sie jene übertreffe
und überhole“8 nochmals eindeutig das
Theoriemotiv Filmsprache. Im selben
Essay findet sich eine lange, Einstellung für
Einstellung durchgehende Beschreibung der
sog. „Jollensequenz“, also der Filmsequenz
aus dem „Potemkin“, in der von der
Solidarität der Bevölkerung von Odessa nach
der Schiffsrebellion und vor dem Ausbruch
der Revolution erzählt wird: auf unzähligen
kleinen Jollen, kleinen Segelschiffen, wird
den Matrosen auf dem Panzerkreuzer
Essen gebracht. In dieser nachträglichen
Beschreibung Eisensteins wird deutlich,
wie präzise er die Sequenz Kader für Kader
angelegt hat. Entscheidend für ihn dabei ist
der Wechsel von Horizontale und Vertikale
Fortsetzung auf Seite 69
55
Die Rose der Interaktion
16:40
Ich Du
Programmed Typographical Film
Ute Reeh
2004 05:00 min
Programmierter typografischer Film. 30
Worte ziehen vorüber, immer wieder anders gemischt, manche schneller, manche
langsamer, eines verliert sich und seine
Buchstaben vermischen sich mit denen
eines anderen. Der Film ist nie gleich,
ein Zufallsgenerator, der die Worte dieses
Gedichts mischt.
Produziert für “Liebesraumbar” 2004, Ute
Reeh studierte Biologie an der GHK in Kassel;
Kunst mit den Schwerpunkten Performance,
Skulptur und Video an der HbK Kassel
bei Harry Kramer und Alf Schuler sowie
an der Kunstakademie in Düsseldorf bei
David Rabinowitch und Nam June Paik. Sie
ist Meisterschülerin von Nam June Paik.
2010 Stadtbeziehung, Stadtraum und Abtei,
Meschede, 2011 Dezentral, Passagen, Köln
2012, therapeutical sculptures, Wewerkapavillon, Münster, 2012/13 Kritische Masse,
Labor Münsterland, Galerie Münsterland
Emsdetten und Kloster Gravenhorst
*Düsseldorf
Kommunizieren
Kohyo Hong
2011 04:11 min
Es gibt zahlreiche Sprachen in der Welt
und die meisten Länder haben ihre eigene
Sprache. Englisch dient weit verbreitet als
Verkehrssprache in der heutigen Gesellschaft.
Dennoch kommt es auch hierbei zu
Verständigungsschwierigkeiten. Ich frage
56
mich, ob Verständigungsschwierigkeiten
nur auftreten, wenn nicht die gleiche
Sprache gesprochen wird. Oder wie könnte
man beweisen, dass eine Verständigung
schwierig ist, selbst wenn man die gleiche
Sprache spricht? Meiner Ansicht nach
sind die Faktoren, die zu mangelnder Verständigung führen, nicht nur in der Verschiedenheit der Sprachen, Kulturen, im
Aussehen und unserer Hautfarbe zu suchen.
Eine Entfremdung des Menschen, seelische
Einsamkeit, das unbefriedigte Bedürfnis,
in Kontakt zu anderen Personen zu stehen
und Existenzängste in der menschlichen
Gesellschaft wären höchstwahrscheinlich
die Folgen eines Mangels an Verständigung.
Die Bibel erzählt in der Genesis von der
Babylonischen
Sprachverwirrung.
Vor
diesem Ereignis hatte es für alle Menschen
der Welt nur eine Sprache gegeben. Wäre
dies so geblieben, hätten wir heute weniger
Konflikte zu lösen, die auf Probleme in
der Verständigung basieren? Das Video
beantwortet diese Frage nicht unbedingt,
vielmehr versucht es eine mögliche Situation
nachzustellen, in der die Menschen nach
dem Turmbau zu Babel anfingen, in
unterschiedlichen Sprachen zueinander
zu sprechen, so wie es sich nach einer
Überlieferung im Alten Testament ereignet
haben soll. Die Arbeit experimentiert damit,
ob eine Verständigung zwischen Menschen
rein von der Sprache abhängt bzw., wenn
Verständigung nicht funktioniert, dies
lediglich auf mangelnde Sprachkenntnis
zurückzuführen ist. Im Video unterhalten
sich zwei Akteure von unterschiedlicher
Sprache, Kultur und Aussehen über dasselbe
Thema. Um die dargestellte Situation so
wenig wie möglich zu manipulieren, hatten
beide vor Beginn der Aufnahme nur eine
Minute, um sich über den Gegenstand der
Unterhaltung zu verständigen. Während der
Aufzeichnung sollte frei improvisiert werden.
Die Einstellung der Kamera ist neutral
gewählt, beide Akteure haben keine klare
Vorstellung vom Thema und können
nicht voraussehen, wie die Unterhaltung
verlaufen wird. Ohne Absicht bezogen
beide sich in ihrer Rede dennoch auf
Sprache. In der Unterhaltung sind die
Verständigungsprobleme zu erkennen,
obwohl die Schauspielerinnen in ihrer jeweils
eigenen Sprache kommunizieren. Da sie sich
tatsächlich nicht verstanden haben, befanden
sie sich in einem Zustand, in dem rein
sprachliche Verständigung nicht möglich
war. Das ist so, als ob man einer Wand
gegenüber seine persönliche Geschichte
im Monolog erzählte. Durch Untertitel
können die Zuschauer dann feststellen, dass
auch ohne dieselbe Sprache zu sprechen
Kommunikation im Gespräch möglich wäre.
1984 ist Kohyo Hong in Südkorea geboren. Sie
studierte an der Seoul National University of
Technology, wo sie den Bachelor-Abschluss
machte. (Bachelor of Design Art). Danach
arbeitete sie beim Rundfunk MTV Korea
als Motiongrafik- und Videodesignerin.
2008 beendete sie die Arbeit bei MTV, um
in Deutschland zu studieren. Seit 2011 ist
sie an der Hfbk bei Prof. Faust als Masterstudentin und ihr Studienschwerpunkt ist
Zeitbezogene Medien. Sie beschäftigt sich
momentan mit Videos und Installation in
Hamburg. *Hamburg
The Right Time
Hamish Steele
2012 01:19 min
“The Right Time” is an animated short
detailing a coming out story to a best friend.
However, the film is really about keeping
secrets, how they affect people and finding
the right time to tell someone. *United
Kingdom
The Beginning
Melissa Hopson
2008 01:10 min
Hinter den Rufen
Karin Hochstatter
2004/05 02:09 min
This 70 second video, made in 2008 by
visual artist Melissa Hopson, documents a
brief moment in China Town, Manhattan.
“The Beginning” recorded on the first day
Hopson moved to New York is one of several
60 second videos the artist makes of her
everyday life encounters. This recording of a
group of Chinese seniors celebrating a warm
Summer day also reveals the many layers a
moment in Manhattan can have.
Zwei Frauen treten aus dem Haus auf den
Balkon. Ungerichtet und ungelenk halten
sie Ausschau, möglicherweise, ohne zu
bemerken, dass sie von einer zaghaften
Stimme angerufen werden. Die Situation
des Unverständnisses schreitet voran. Das
Ignorieren des Hörbaren spielt mit dem Sichim-eigenen-Film-Bewegen und überträgt
sich in die Frage nach dem Ruf.
Hopson is a multi media artist and received
the OPEKTA ateliers residency in Cologne in
2012 while organizing an artist symposium
called “SUMMIT”. She exhibits in Germany
and the U.S.. She graduated from the
Kunstakademie Duesseldorf in 2008 and
currently lives and works in Indianapolis,
Indiana. *Indianapolis, Indiana, USA
Zucht und Ordnung
Jan Soldat
2012 09:00 min
A Short Film on Conformity
Matt Willis-Jones
2012 09.59 min
Carl is no longer seeing eye to eye with his
colleagues.
Matt Willis-Jones worked in post-production
for over 10 years before quitting his job to
concentrate on making his own films. This is
one of them. *Oslo
Ein kurzer Dokumentarfilm über die Natürlichkeit des Körpers und die Sexualität im
Alter. Berlinale 2012, 1984 in Karl-MarxStadt geboren *Berlin
Studium an der Kunstakademie Düsseldorf /
Skulptur, Installation, Video / Screenings u.a.
Kurzfilmtage Oberhausen / Kurzfilmfestivals
in Osnabrück, Berlin, Hamburg, Amsterdam,
Rotterdam / Kunstmuseum Düsseldorf / Wilhelm-Lehmbruck-Museum, Duisburg / Villa
Zanders, Bergisch-Gladbach *Köln
Ohne Titel
Jungwoon Kim
2011 03:36 min
Die Partitur in der Animation hat keine
Noten und kein Pausenzeichen. Sie ist für
mich wie ein Raum, in dem alle still stehen
bleiben, und in dem niemand spricht. Wenn
das Lied beginnt, fangen die Notenlinien
an, sich zu bewegen und zu tanzen. Die
Bewegung der Notenlinien orientiert sich
am Lied, so entsteht ein Dialog zwischen
dem Lied und den Linien. Die Musik wurde
durch die Choreographie der Linien neu
visualisiert.
Screening: 2012 Filmabend, Black Box in
Filmmuseum Düsseldorf, Ausstellungen 2012
“5x3 2012 Rheihe 4”, Kunstraum Düsseldorf
“Kuckucksnest”, ArToll Kunstlabor e.V.,
Bedburg-Hau 2010 “Playstation-Imaginary
stage”, Galerie Fons Welters, Amsterdam
“Wir sehen was, was du nicht siehst”
Zusammen mit Klara Paterok, KulturdrogeK
Kulturdrogerie, Wien *Düsseldorf
57
It Works Both Ways - Out of Space /
Pathway Anna Cady / Louisa Makolski
2009 05:30 min
se ma yesh
Birgitta Thaysen
2003/2011 11:54 min
Arbeiterdenkmal
Andrea Isa
2012 05:02 min
Out of Space: this short film expresses the
tension and danger associated with water
combined with the beauty of a haunting,
weightless dance embodied in the free
floating buckles and straps of Louisas chair.
The non-verbal female voice echoes Louisas
own sounds. Rhythmic. Piercing. Wordlessly
communicative. Parallel to this lies the
imagery of her body, unable to respond to her
own desire, which is to return to her chair.
She speaks to the viewer of the film as if to
reassure - I am OK - its just my body.
In der Originalfassung des 32min. Videos
sind 31 Sprichwörter zitiert und 20 Personen
zusehen. Die Aufnahmen, aus den Privatumfeld der Personen sind kombiniert mit Landschaften aus dem biblischen Karmel Gebirge.
Mit den durch sie hindurch führenden Wegen, sind sie Sinnbild für die Grenzenlosigkeit von Sprache. Dem Betrachter fallen vertraute, fremde Sprichwörter auf, humorvolle
und belehrende. Und die Personen erscheinen den Betrachter als ein Vermittler einer
Sprache und Kultur, die zum einen vertraut
und doch so fremd ist. Und die jiddische
Sprache ist keine vergangene, verlorene Sprache mehr, sondern sie wird wieder in Schulen
gelehrt.
“Arbeiterdenkmal” ist ein Kompliment an
meine Kolleginnen in der Düsseldorfer
Unimensa, sowie eine Hommage an
die emsige, tapfere und vielsprachige
Küchenfrau, die in den Großküchen dieser
Welt ihr Brot verdient. Jede Figur basiert
auf einer wirklichen Person. Ton- und
Sprachaufnahmen sind original. Der Film
ist eine Scherenschnittanimation im Stil von
Lotte Reiniger.
Pathway: Louisa held, and dropped, the
camera whilst being driven recklessly and
joyfully down a narrow path by a river to a
bridge across which her chair could not go.
This film truly gives Louisas point of view.
She told Anna, Doing this has given me an
imaginative mind.
Anna and Louisa collaborated for 2 years
making pinhole photographs and films. ‘It
Works Both Ways’ - when installed as an
exhibition - becomes a conversation. Since
Louisa’s death, Jenny and Anna continue
to bring this conversation to a wider
public. *Winchester UK
1985 -92 Studium Fotografie und Video an
der Düsseldorfer Kunstakademie bei Bernd
Becher & Nan Hoover. Meisterschülerin.Seit
1997 Fotografische Lehrtätigkeit an verschiedenen Weiterbildungseinrichtungen.
*Düsseldorf
Kunststudium 1999 bis 2002, Israel, lebt
und arbeitet seitdem in Düsseldorf, Mitglied
Produzentengalerie plan.d, Teilnehmerin der
Jahresklassen für künstlerische Fotografie
bei Katharina Mayer und Birgitta Thaysen
*Düsseldorf
Louisa and Anna in pool during filming
‘It Works Both Ways’
By Anna Cady and Louisa Makolski
(video in this programme: page 58)
Background information: Louisa Makolski
- who died in Aug 2010 aged 28 years - was
a charismatic, intelligent young woman. She
had cerebral palsy and could not control her
body movements or speak orally. Louisa used
eye movements and a wordboard to communicate.
Anna is an artist who uses film and various
forms of photography and text. It was Anna’s
daughter Sarah, who was caring for Louisa,
who introduced them.
Outline of the project: Louisa and Anna
worked together over two years to produce
pinhole photographs and films. Louisa wanted to ‘show people what I think and feel’ …..
She said ‘when I am by water I feel love, how
can we do that in film?’
Anna simply wanted to explore the extraordinary experience of what it was to work
with Louisa, and to investigate what the word
‘Conversation’ means when somebody cannot speak. She said, ‘I set out to give Louisa a
voice, but in the process I found mine.’
It Works Both Ways: The English phrase ‘it
works both ways’ refers to something which
has positive attributes when you look at it
from different points of view.
58
If we cycle from this direction the wind is
blowing behind us AND the sun won’t be in
our eyes… so it works both ways.
The title ‘It Works Both Ways’ in this case
refers to multiple aspects of the work Louisa
and Anna made together the black and white / colour images
the still image / moving image
conventional cameras / point of view camera
/ pinhole
the spoken / unspoken word
the mind / the body
More significantly ‘it works both ways’ refers
to the effect they had on one another.
There is a general expectation within society
that a person who lives inside a body which
does not fit into the category of ‘normal’ will
always be the recipient of help and support
and that an artist working with someone like
Louisa will be the ‘giver’. Whereas Anna and
Louisa discovered, and reveal to us, a relationship in which they enabled and empowered each other in totally unexpected ways.
The Films: Presenting the two films, Out of
Space and Pathway together like this draws
attention to the energy, trust and spark that
can exist between two people without recourse to verbal communication.
Out of Space: this short film expresses the
tension and danger associated with water
combined with the beauty of a haunting,
weightless dance embodied in the free floating buckles and straps of Louisa’s chair.
The non-verbal female voice echoes Louisa’s
own sounds. Rhythmic. Piercing. Wordlessly
communicative.
Parallel to this lies the imagery of her body,
unable to respond to her own desire, which is
to return to her chair. She speaks to the viewer of the film as if to reassure - ‘I am OK - it’s
just my body ….’
Pathway: Louisa held, and dropped, the
camera whilst being driven recklessly and
joyfully down a narrow path by a river to a
bridge across which her chair could not go.
This film truly gives Louisa’s point of view.
She told Anna, ‘Doing this has given me an
imaginative mind.’
The Conversation: Since Louisa died Jenny
Chamarette and Anna Cady have continued
this conversation in order to explore and unravel what ‘It Works Both Ways’ reveals about
the nature of communication in real life and
through the media of visual art, film and the
written word.
Funded by Arts Council England
59
“Art Which Speaks for Us”
Anna Cady and Louisa Makolski’s It Works Both Ways Project
By Jenny Chamarette
In my past conversations with Anna, it has
become apparent that we ‘speak’ differently through our work. What I mean by that
is that we use different modes of expression
to reflect on our participation in the world
– art is Anna’s form of expression, mine is
theory and interpretation. Louisa’s ‘speech’
is also very different again – her speech in
fact begins as eye movement, transcribed
into words that emerge in Anna and Louisa’s
collaborative films as titles and subtitles, or
into speech in everyday conversation. Even
though we all ‘speak’ differently, there are
nonetheless shared, or perhaps transcribable conversations that we can have, and it is
around the notion of conversation, of speech
and of the bodies through which we make
our speech visible, that I want to discuss
Anna and Louisa’s work in this thought piece.
As an art and film theorist, one of the ways
I try to speak about the It Works Both Ways
Project is by working to understand a different mode of speaking. I do this while also
being aware of the fact that interpretation –
this thought piece – always runs the risk of
speaking over the voices that are so apparent
in Anna and Louisa’s collaborations. Therefore, this conversation with Louisa and Anna’s
work is also about attempting to respond to
Louisa and Anna in person. I am addressing
them, while I address the works – attending
to their voices in the conversation between
artistic practice and art interpretation. This
‘thought piece’, then, runs parallel with the
films, and tries to bring ways of thinking
about them to light, but it doesn’t – and
shouldn’t – claim an overriding interpretation for them.
When I first viewed ‘Out of Space’, I was
struck by the extraordinary proximity of my
eyes to Louisa’s body on camera. I felt like
I was watching something that I shouldn’t
be, as if I was being made aware of my own
voyeurism as I watched. I felt somehow willingly compelled to watch the most intensely
intimate shots of Louisa’s body. And yet, what
I was looking at was also very beautiful – a
kind of dance with water, light, and song,
where Louisa’s body was sometimes in the
foreground, and at other times slipped into
the background when the Velcro straps and
the plastic of the chair flow toward the foreground. Initially I am caught, rather uncomfortably, between a sense of admiration at the
beauty of those images, the extraordinary
translucency of the light casting rippling patterns on Louisa’s skin underwater, and alarm
at the intimate boundaries I may have accidentally transgressed, just by watching.
I struggle to make sense of what it is I am
looking at – it is clear to me that I have over60
stepped a boundary, but whose boundary is
this? Have I set it myself? What is this body
showing me that creates such discomfort in
my own aesthetic appreciation of it? When
the titles float up slowly into the centre of the
screen – ‘I am OK, it’s just my body doesn’t
want to go back in the chair. But I do’, I become aware that I’m being reassured about
my discomfort. Later I find out that these
words are Louisa’s, carefully expressed via
eye movement, and painstakingly transcribed by Anna, who then inserts them into
the film as intertitles. There is a slippage
between the body I am confronted with on
film – the translucence of the underwater colour, the patterns of light on skin, the silky
movements of arms through water – and the
individual who is ‘speaking’ through those
titles. The film allows me to touch upon a
world collaboratively created through Anna’s
filming, Louisa’s body and Louisa’s speech –
to somehow enter into an interpretative ‘conversation’ with the space between Louisa and
Louisa’s body, between Anna’s hugely evocative, intimate portrayal of Louisa’s struggle
to get back into her chair, and my own subjective sensations as I encounter the moving
images and sound in front of me.
first see. Language is not just the house we
live in. It is our body too. We make a language
out of our bodies, and the conversations we
have are not just made with words, but with
our eyes, our ears, our touch, our senses, and
our flesh.
Of course, this doesn’t mean that I can
‘feel’ what it is to be in Louisa’s body, but it
strikes me that this is not the central question of the It Works Both Ways project. As
a viewer I marvel at the beauty and I work
hard to understand, but I also think about
the boundaries of my own intimacy, as well
as those of Anna and Louisa. The conversation between Louisa’s thoughts on texture and
on images, and Anna’s translation of those
images is enacted poignantly in ‘Pathway’,
where Louisa herself films, holding a point of
view camera as Anna pushes her fast along
a woodland path. Neither ‘Pathway’ nor ‘Out
of Space’ make us ‘feel’ Louisa’s bodily experience, nor do they fully speak for it. The films
challenge us to start up a conversation about
how we see bodies, how we think about those
bodies when we make contact with them. We
become participants in a conversation with
Louisa, and her body, which is not the sole
site of where Louisa is, and with Anna and
Louisa’s collaboration; a conversation which,
once started, takes us somewhere we do not
fully know.
In my own conversations with Anna and
Louisa’s project, I get a sense of that ongoing power of the conversation working both
ways, through the films and beyond the films.
In that conversation between collaborators,
filmmaker, film and writer, we flesh out images so that we can make sense of them, and
make contact with them, beyond what we
Louisa’s wordboard
61
Amerikan Kinetics
18:05
Identitätskonstruktion und Reflektion
der Vergangenheit
Die Zusammenstellung „Amerikan Kinetics“
zeigt eine Auswahl von Künstlerfilmen aus
verschiedenen Ländern Lateinamerikas,
verfolgt dabei jedoch nicht den Anspruch,
einen Überblick über lateinamerikanische
Videopraxis abzugeben, sondern setzt
Arbeiten in Beziehung, die sich aus
unterschiedlichen Perspektiven mit der
kulturellen und sozialen Identität in ihren
Ländern beschäftigen. Entgegen der
Erwartung, die sich aus der Tatsache der
Bezeichnung „Lateinamerika“ für einen
Großteil der Länder Amerikas südlich der
USA ergibt, ist dieses Lateinamerika ein
soziokultureller Raum, der sich bei näherer
Betrachtung als ausgesprochen heterogen
erweist. Gemeinsamkeiten lassen sich
natürlich trotzdem feststellen, insbesondere
in den ähnlichen historischen Erfahrungen,
die annähernd alle Länder der Region
teilen (Kolonialismus und Sprache z.B.).
Die kritische Betrachtung der Geschichte
ist deshalb der formale Verbindungspunkt
zwischen den ausgewählten Videos.
Mit der Geschichte als Diskurs (im Gegensatz
zu einem absoluten Wahrheitsanspruch)
beschäftigt sich Claudia Joskowicz in ihrem
Video „Round and Round and Consumed
by Fire“. Sie verweist zugleich auf ein reales
Ereignis (einen Schusswechsel zwischen
Butch Cassidy und Sundance Kid und der
bolivianischen Polizei) und die Umsetzung
dieses Ereignisses in einen dramatischen Stoff
(in der Komödie „Zwei Banditen“ von 1969).
Es wird klar, dass Geschichtsschreibung
immer mit einer Perspektive verbunden
ist und dass sich oftmals Ereignisse auf
eine Art in das öffentliche Bewusstsein
einschreiben, die wenig mit der Realität zu
tun hat. Eine andere Art von Einschreibung
beschäftigt alonso+craciun in ihrem Video
über Lateinamerika als Versuchslabor für
moderne Architektur. Wie bei Joskowicz,
handelt es sich hier um eine historisch
geprägte Betrachtung, denn schon lange
finden die großen archtitektonischen
Innovationen in anderen Weltregionen
statt. Dennoch oder gerade deshalb, so
die in dem Video enthaltene Forderung,
sollte in Amerika eine Auseinandersetzung
mit der Lösung der Probleme stattfinden,
die sich aus dem Konflikt zwischen der
Architektur des letzten Jahrhunderts
und den veränderten Realitäten unserer
Zeit ergeben. Nicht nur architektonisch,
sondern vor allen Dingen hinsichtlich der
Immigration hatte das Ausland, insbesondere
natürlich das europäische Ausland, starken
Einfluss auf Lateinamerika. Und längst
62
nicht alle Einwanderer sind freiwillig nach
Amerika gekommen. An die gewaltsame
Verschleppung unzähliger Afrikaner als
Sklaven und die sich daraus ergebenden
Verwerfungen bis in die heutige Zeit,
erinnert Nastio Mosquito mit seinem Video
„My African Mind“.
Eine der prägendsten Erfahrungen, die alle
Länder Lateinamerikas teilen ist die Zeit der
Militärdiktaturen während des zwanzigsten
Jahrhunderts. Es gilt als erwiesen, dass die
Mehrheit dieser Diktaturen direkt oder
indirekt von den USA unterstützt wurden,
die Lateinamerika als ihren „Hinterhof “
betrachteten und sich während des kalten
Krieges weltweit im Kampf gegen den
Kommunismus wähnten. Zusammen mit dem
allgemeinen weltweiten kulturellen Einfluss
der USA, findet sich darin einer der Gründe,
dass der Bezug und die Abgrenzung zu den
USA sich in vielen Arbeiten der vorliegenden
Auswahl finden lassen. So verwundert
es nicht, dass Regina Jose Galindo, die in
ihren Performances bewusst den eigenen
Körper als Medium zur Auseinandersetzung
mit Fragen internationaler poltischer und
sozialer
Machtverhältnisse
verwendet,
nach Bekanntwerden der Verwendung von
Folter (Waterboarding) in Guantanamo
durch das US-Militär, diesen Umstand in
der Performance „Confesión“ explizit auf
sich selbst bezieht und damit auch die Rolle
der USA in der Vergangenheit in Ländern
Lateinamerikas thematisiert. Die meisten
Künstler der Auswahl sind, wie Galindo auch,
nach Ende der jeweiligen Militärdiktatur
bzw. während der Übergangszeit sozialisiert
worden. In den nachfolgenden Generationen
werden die Erfahrungen der Diktatur nur
noch eine untergeordnete Rolle spielen und
es lässt sich bereits heute eine zunehmende
Abkehr von politischen Themen beobachten.
Trotzdem oder gerade deshalb scheinen
politisch und gesellschaftliche Themen für
viele junge Künstler Lateinamerikas eine
Inspirationsquelle zu sein, anhand derer sie
die eigene kulturelle Identität erforschen und
verändern können.
Reflujo Histórico / Historical reflux
Alejandra Delgado
2008 07:50
América sur South America | Labor für
Architektur unter Standardbedingungen”
Taller Danza und alonso+craciun
2009 09:20
My African Mind
Nástio Mosquito
2009 06:12
Asteroide / Asteroid
Juanjo Herrera
2012 00:20
In „Reflujo Histórico“ stellt Alejandra
Delgado einem Selbstportrait Dokumentarfilmaufnahmen aus dem Jahr 1942 gegenüber. In dem Dokumentarfilm wird die
Stadt La Paz, Hauptstadt Boliviens, als
aufstrebende Stadt dargestellt, mit geradezu
utopischen Zukunftsaussichten. Das Portrait
Delgados zeigt die Künstlerin vor einer
anonymen Großstadtkulisse mit Graffiti an
den Wänden. Der kleine Teil der Stadt, bei
der es sich ebenfalls um La Paz handelt, die
im Hintergrund zu sehen ist, scheint sich
eher im Verfall zu befinden als in einem
Zustand des hoffnungsvollen Blicks auf die
Zukunft.
“América sur” ist ein dokumentarischer Film
in vier Teilen, der am Beispiel Montevideos,
der Hauptstadt Uruguays, ein filmisches
Portrait Amerikas zeichnet. Bestandteile des
Portraits sind Beispiele architektonischer
und städtebaulicher Praxis, sowie die
dazugehörigen Konzepte, vom Beginn der
Moderne in der Architektur am Ende des 19.
Jahrhunderts bis in die Gegenwart.
“My African Mind” des angolanischen
Künstlers Nastio Mosquito ist ein Animationsfilm, der in ironischem bis sarkastischem
Ton über die Situation und Geschichte
Afrikas und der Afrikaner spricht. Die
Kolonialgeschichte und Verschleppung
unzähliger Afrikaner als Sklaven nach
Amerika spielt dabei eine entscheidende
Rolle. Auch rassistische Vorurteile, die den
Blick auf Menschen afrikanischer Herkunft
in aller Welt sowie deren Selbstbild bewusst
oder unbewusst bis heute mitprägen, werden
nicht ausgespart.
Das Video handelt von der Ambivalenz
des Subjekts. Der digital erzeugte Asteroid
kann als Symbol der Zerstörung, als Vorbote
eines Weltuntergangs gesehen werden. Seine
Herkunft aus den Weiten des Universums
öffnet aber auch neue Horizonte und spielt
auf Themen wie den Ursprung des Lebens,
die Unendlichkeit des Raumes und die
Einzigartigkeit des Menschen an.
Das damit verbundene, nicht eingelöste
Versprechen aus der Vergangenheit „löst in
mir eine Reflex aus, ein Sodbrennen (Reflujo
gastrico), ein physiologischer Zustand,
an dem ich schon seit vielen Jahren leide“
(Delgado über das Video).
Geboren 1977 in La Paz, Bolivien. Lebt
und arbeitet in Lima, Peru. Abschluss an
der Academia Nacional de Bellas Artes
“Hernando Siles”, Bolivien, Master in
Fotografie an der Escuela de Fotografía
Centro de Imagen EFTI, Madrid. Teilnahme
an Residenzprogrammen in Bolivien und
Spanien. Preis für Videokunst, Biennale
SIART, 2009, sowie den zweiten Platz beim
Kunstwettbewerb der Weltbank in Bolivien,
2008. Ausstellungen in Bolivien, Ecuador,
Spanien, USA, Uruguay, Paraguay, Chile,
Deutschland und Peru.
Die Bezeichnung Amerikas als „Labor
für Architektur“ ist der Geschichte des
theoretischen Architekturdiskurses entnommen. Der Begriff taucht heute als Konzept
wieder auf, das es erlaubt, den derzeitigen
Zustand der Architektur und der Städte auf
dem amerikanischen Kontinent kritisch zu
untersuchen.
Regie
und
Schnitt:
alonso+craciun
(Sebastian Alonso und Martin Craciun),
Off-Sprecher: Marcelo Danza. “América Sur
| Laboratorios de Arquitectura a presión
y temperatura normal” wurde auf der XII
Bienal Internacional de Arquitectura de
Buenos Aires präsentiert.
alonso+craciun und TALLER DANZA
(Workshop für Architektur an der
Universidad de la Republica, Uruguay) haben
es sich zur Aufgabe gemacht, innerhalb der
Institutionen, in denen sie arbeiten, den
Austausch über Fragen der Schaffung und
Veränderung ihres “Studiengegenstandes”
mit anderen Personen, Arbeiten, Bildern und
Texten anzuregen. Mehr Informationen zur
Arbeit der Gruppe: www.alonso-craciun.net
Nachdem das Video im Rahmen der Biennale
in São Paulo im Jahr 2010 präsentiert wurde,
hat es einige Aufmerksamkeit in diesem Land
erfahren, in dessen kulturellem Bewusstsein
die Kolonialgeschichte und die Geschichte
der Afrobrasilianer eine große Rolle spielen.
In diesem, wie auch in anderen Videos
Nastio Mosquitos, fallen der humorvolle
Umgang mit schwierigen Themen und der
selbstbewusste, positive Blick auf die Zukunft
ins Auge.
Auf der Tonebene fügt der Künstler dem
virtuellen Gegenstand persönliche Gedanken
und Wünsche hinzu, die er in englischer
Sprache formuliert.
Geboren 1973 in Mexiko, lebt und arbeitet
in Monterrey, Mexiko. Teilnahme an
zahlreichen Gruppenausstellungen und
Festivals in Mexiko, Amerika und Europa.
Einzelausstellungen Fototeca, Monterrey
2010, The other Gallery, Banff, Kanada
2005. Masterabschluss in Kommunikation.
Hochschuldozent für Digitale Medien und
Fotografie.
Geboren 1981 in Luanda, Angola.
Schriftsteller, Künstler und Musiker. Hat
an der American International School in
Lissabon studiert, Diplom in Film- und
Fernsehproduktion, Theater und Radio.
Ausstellungen u.a.: Bienal de São Paulo 2010,
Fundação Memorial da América Latina 2011,
Manifesta 8, 2010.
Düsseldorf / Sao Paulo, September 2012
Nicholas Petrus und Alexander Lorenz
63
Round and Round and Consumed by Fire
Claudia Joskowicz
2009 08:00
Confesión / Confession
Regina José Galindo
2007 02:22
The Fall of America
Nicholas Petrus
2012 07:22
First Man On The Moon 2
Lorena Cardona and Sebastian Pinciroli
2009 03:42
The remote possibility of love
Gustavo Galuppo
2010/11 07:00
Ten in a line
Tamara Kuselman
2009 02:54
“Round and Round and Consumed by Fire”
ist Teil einer Trilogie, die sich mit Ereignissen
der bolivianischen Geschichte und ihren
Auswirkungen auf die mythologischhistorische
Landschaft
des
Landes
beschäftigt. Das Video ist ein Reenactment
des Schusswechsels bei dem Butch Cassidy
und Sundance Kid in San Vicente in Bolivien
umgekommen sein sollen. Beide waren
bekannte US-amerikanische Gesetzlose des
19. Jahrhunderts. Den historischen Fakten
zufolge kam es in San Vicente zu einer
Schießerei, nachdem die beiden Outlaws die
Löhne der Aramayo Mining Co. gestohlen
hatten und sich auf der Flucht befanden.
Die Geschichte wurde in der Komödie
„Zwei Banditen“ von 1969 verfilmt, wobei
das Drehbuch eher lose auf den historischen
Fakten beruhte, die die Geschichte populär
gemacht hatten. Das Video besteht aus einer
langsamen Kreisfahrt, die die Hauptstraße
einer typischen bolivianischen Kleinstadt
während des gespielten Schusswechsels zeigt.
Das Video bezieht sich seinerseits lose auf
den genannten Spielfilm, die nachgestellte
Schlussszene zeigt eine eigene Version des
tatsächlichen Schusswechsels, bei dem
unklar bleibt, ob er jemals stattgefunden hat.
„Confesión“ dokumentiert eine Performance
aus dem Jahr 2007, die bei Galindos erster
Einzelaustellung in Spanien, in Palma
de Mallorca entstanden ist. Das Video
ist inspiriert von US-amerikanischen
Verhörprotokollen, die zu der Zeit
veröffentlicht wurden und bei denen unter
anderem von den Techniken berichtet wird,
die an Gefangenen angewandt wurden.
Ein Freiwilliger führt an der Künstlerin die
Foltertechnik des Waterboardings durch
und drückt dabei ihren Kopf mehrmals
hintereinander in das Wasser einer
randvollen Tonne.
Found-Footage Video aus verschiedenen
Quellen, von alten Super8-Aufnahmen
bis hin zu Internetfotos. Fortsetzung einer
Reihe von Videos des Künstlers unter
dem Titel „Liquid Essay“, die sich mit
den Auswirkungen der Globalisierung
unter besonderer Berücksichtigung der
USA als ausschlaggebendem Faktor der
selbigen beschäftigen. „The Fall of America“
verwendet Tonaufnahmen Allen Ginsbergs,
der sein Gedicht „America“ von 1956
vorträgt.
„First Man on the Moon 2“ beschäftigt sich
mit Fragen der Krise, Veränderung und des
kulturellen Abdriftens. Das Video zeigt die
Rückkehr der Menschen zum Mond. Im
Gegensatz zu früheren Mondmissionen, die
mit der Hoheitsgeste des Setzens der USFahne auf der Mondoberfläche einhergingen,
wird diese Geste nun umgedreht, indem die
Fahne aus dem Boden gehoben und in die
unendliche Weite des Weltraums geworfen
wird.
Ein unmögliches Portrait und Selbstportrait
zugleich. Beide Bestrebungen erscheinen
als diffuse Geste. Naive und unschuldige
Bilder, aufgenommen von einem jungen
Mädchen und eine Text-/Klangwelt, die die
Bilder hintergeht und ihnen neue Bedeutung
gibt. Der soziale Raum einer Wohnung wird
dargestellt in Beziehung zum eigenen Selbst
(und zu anderen). Das Video und der Film.
Und dazwischen die Übersättigung und
die unwahrscheinliche Entscheidung, den
eingeschlagenen Kurs zu ändern.
“Ten in a line” zeigt 10 Personen, die in
einem leeren Innenraum nebeneinander
aufgereiht stehen. Aus dem Off spricht eine
Stimme über die anwesenden Personen
und über ihre vermeintlichen geheimen
Wünsche und Beziehungen, die zwischen
ihnen bestehen. Die äußerst neutral und
emotionslos gehaltene Stimme steht in
Kontrast zu der emotionalen Thematik der
zugeschriebenen Gedanken sowie zu der
langsam aufkommenden Lebendigkeit der
Protagonisten.
Geboren 1971 in Rosario, Argentinien,
wo er bis heute lebt und arbeitet. Seine
experimentellen Videos werden regelmäßig
in
verschiedenen
Ausstellungen
im
Zusammenhang mit Videokunst und Film
gezeigt. Er arbeitet außerdem im Bereich
der Forschung zu Theorie und Geschichte
des Kinos und veröffentlicht Texte zu diesen
Themen in Büchern und Fachzeitschriften.
Er ist Hochschuldozent und Rockmusiker.
Geboren 1980 in Buenos Aires, Argentinien.
Lebt und arbeitet in Barcelona und
Amsterdam. Premi Miquel Casablancas, C.C.
Sant Andreu, Barcelona, 2011; Injuve. Premio
Artes Visuales, Madrid, 2010. Zahlreiche
Gruppen- und Einzelausstellungen in
Argentinien, Spanien und den Niederlanden.
Studien
an
der
Escola
Massana,
Barcelona, Universitat de Barcelona,
Kunstakademie Karlsruhe. Studiert aktuell
im Masterstudiengang MA in Fine Arts am
Sandberg Instituut in Amsterdam.
Geboren 1968 in Santa Cruz de la Sierra,
Bolivien. Lebt und arbeitet in New York
und Santa Cruz de la Sierra. Guggenheim
Fellowship in Film-Video, 2011, Artist
Residency Prize, Videobrasil, 2011, Fulbright
Stipendium 2009. Hat an der New York
University, University of Houston und am
Ecole D’Architecture-Paris Villemin studiert.
64
Galindo verwendet in ihren Arbeiten ihren
Körper als Medium um gesellschaftliche
Themen wie Ungleichheit und Gewalt zu
thematisieren.
Geboren 1974 in Guatemala, lebt und arbeitet
in Guatemala. Goldener Löwe für „Künstler
unter 30“ 2005, 51. Bienale, Venedig,
Premio Unico de Poesía, Guatemala, 1998.
Teilnahme an der Biennale in Venedig
2001 und 2011, Einzelaustellungen u.a. im
Modern Art, Oxford, Rubin Center for the
Visual Arts, Texas, Museum voor Moderne
Kunst Arnhem.
Geboren 1978 in São Paulo, Brasilien.
Künstler und Kurator. Lebt und arbeitet
in São Paulo. Gruppenausstellungen u.a.:
Biennale SIART, Bolivien 2009 und 2011,
Museu da Fotografia Cidade de Curitiba,
Brasilien 2012, Museu de Arte Moderna –
MAM, São Paulo, Brasilien 2011.
Bei der technischen Umsetzung kommen
digitales
Compositing,
Video
und
3D-Animation zum Einsatz, um ein Erlebnis
aus Sicht des Astronauten, also aus der ersten
Person zu ermöglichen (wie in einem First
Person Shooter, in dem der Zuschauer sich
im Mittelpunkt der Aktion befindet). Das
Video endet mit einem visuellen Verweis auf
Bildschirmschoner.
Gemeinschaftsprojekt von Lorena Cardona
und Sebastian Piciroli.
Lorena Cardona, geboren 1974, lebt
und arbeitet in Rosario, Argentinien.
Abgeschlossenes Kunststudium, lehrt an der
Escuela Superior de Diseño de Rosario. Seit
2004 leitet sie El Levante, einen Raum, der
als Künstlerresidenz, Labor und Werkstatt
für zeitgenössische Kunst fungiert. Sie wurde
als Künstlerin zu Videofestivals in Irland,
Argentinien, Brasilien, Chile und Paraguay
eingeladen.
Sebastian Pinciroli, geboren 1976, lebt und
arbeitet in Rosario, Argentinen. Gründer
des Studios DURDEN Digital Works,
spezialisiert
auf
Videopostproduktion.
Hat Kunst an der Universität von Rosario
studiert. Einzelausstellungen u.a. im Museo
de Arte Contemporáne in Rosario. Diverse
Videoausstellungen u.a. in Argentinien
(z.B. Monster!, Nuevo Video Argentino und
Videodrome).
65
Sprache in Arbeit
von Susannne Fasbender
Fortsetzung von Seite 13
Differenz und Behauptung
Unter diesen Titel möchte ich die Besprechung von drei Filmen stellen, von denen ich
einen der „Differenz“ und zwei der „Behauptung“ zuordnen möchte, um sie unter diesen Aspekten zu betrachten. Alle drei Filme
befinden sich in dem Block „Erinnerung zu
Bildern setzen“. Es geht dabei um „Müphem“
von Süleyman Demirel, um „Tomo“ von
Bakary Diallo und „familienvideo“ von
Günter Baumann.
Ein Denken in Differenzen ist für uns und
besonders in der Praxis für KünstlerInnen
gewissermassen zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Es liegt dem ein Wissen um
die Unmöglichkeit einer objektiven Erkenntnis zugrunde. Es zeigt sich in der Kunst als
Freiheit, Möglichkeitswelten zu schaffen,
oder Ausdruck zu schaffen durch Kombinate
von Widersinnigem. Oder auch in einem
Sinne von Zeigen ohne zu offenbaren oder
freizulegen, was in eine Art Schutzzone gehört.
familienvideo
von Günter Baumann. Ausschnitte von, so
wie es aussieht, alten VHS-Aufnahmen, in
einem Wechsel mit Bildschrift, die sich mit
schwarz und wieder Bild und dem Wort, das
sich einblendet in einem sich an den Rändern
überlappendem Ablauf auftreten, so als wolle
der Filmemacher sich an etwas herantasten,
stumm, ohne Ton, man denkt an das Erinnern der stummen Fotografie. Bilder, die zur
Erinnerung des Filmemachers gehören. Wir
sehen vor allem das Rückblicken selbst, da
ist die VHS-Oberfläche, sogar die durch Eindigitalisierung sichtbaren schwarzen Ränder
werden zum Bild, das wir wiedererkennen.
Erst nach einiger Zeit Ton, erst links dann
rechts, Rauschen, Lachen, Musiksekunde,
dabei lässt Günter Baumann „seine“ Bilder
so im persönlichen unerkannt, das sie für
das „Familienvideo“ an sich stehen können,
für unser eigenes Familienvideo, das so vieles
aufwirft, wenn man sich darauf einlässt. Es
ist ihm mit „eigenen“ Bildern gelungen, ein
Video über das Erinnern des Homevideos
zu machen, zu dem auch die Materialität
des Bandes gehört, dieses Zeithafte das allein schon in der visuellen Haptik des VHSBandes liegt. Das Erinnern der Videobilder,
in denen solche erinnerte Räumlichkeit und
Weite aufgeht, und doch das Schauen in die
gewissermaßene Statik, zu der das Vergangene, Gelebte, zu der geliebte andere werden,
was dem Vergangenen mehr einen Verlust
im Unumkehrbaren und Unberührbaren
gibt, den man im inneren Erinnern gar nicht
so hat. Es ist einfach eine verdammte Täuschung, ein erst durch das Video zu absolut
verloren Werdendem, diese sich bewegende
und sprechende Rückschau. Wie schön und
real sind dagegen die im alten Band entstandenen Bildstörungen, die einfach manches
verschwinden lassen, wieder wegnehmen aus
der Konservierung. Erst ganz am Ende des
Videos die Geschichte, seine Erinnerung an
den Vater, an eine Kommunikation mit ihm,
die etwas offen gelassen hat, etwas unerfüllt
66
gelassen, an dem sich womöglich die ganze
Liebe zum Vater oder die ganz eigene Beziehung anknüpft.
Dieses Video ist durch seinen Schnitt und den
Wechsel von Bild, Rauschbild, Ton, Schwarzbild und Bildschriften, Worten, zu einem
sensiblen und differenzierten Werk über das
Sujet des Films, und im besonderen des Zeigens und Schauens, des Machens von Lebensaufnahmen, an denen die TeilnehmerInnen mit immer einem Stück Leben beteiligt
sind. Die Differenz in diesem Film muss
nicht näher erklärt werden, liegt im Schnitt
und dem bereits erwähnten Zusammenfügen
und Auseinanderlassen der genannten Materien des Videos. In diesem Video ist kein
Zeichen bedeutungslos und bedeutet mehr
als es selbst und doch lässt es die Betrachter
ihr eigenes Familienvideo verstehen.
Müphem
von Süleyman Demirel. Müphem ist schwer,
farbenschwer, symbolhaft. Ich sehe in dem
Film ein Bemühen darum, ein Bemühen um
die Bebilderung einer Gewalt, die durch die
türkische Armee ausgeübt wurde, zu finden. Dabei wurde nicht Bezug auf konkrete
Geschehnisse hergestellt. Ein Bild für den
Tod und den Verlust eines Kindes durch den
Krieg zu finden und anderen verständlich zu
machen, was es bedeutet, sein Kind zu beerdigen. Man will ergreifen und Betroffenheit
erreichen. Der Film behauptet Schuldigkeit
und Opfer und bebildert die Behauptung
metaphorisch, symbolisch, um sie zu verstärken.
Die Hände der Eltern, die sich über dem Grab
verschränken, ein gemachtes Bild, aber es erzählt von etwas, dem wir meines Erachtens
zuhören müssen. Er gibt einen Fühlweg fast
vor, er will etwas bestimmtes sagen und ich
als Betrachterin will es wissen, will dem Weg
bereitwillig folgen, lasse mich auf die Gefühle
ein, denn es passiert ja nichts. Gefühle sind
ohnehin in gewisser Hinsicht nichts Wahres.
Vielmehr ist real und „wahr“ eine Erfahrung
von Gewalt.
Hier geht es für mich nicht allein um Geschmack und um Einschätzung der Ästhetik.
Nicht allein um die Reflexion des Mediums
Film und die Frage, ob eine direktive filmische Fährte eine Sicht „vorschreibt“. Ich
denke, es geht nicht um ein nur-in-Differenzen sprechen. Ich will einem Film folgen,
ohne sogleich im Erkennen einer bedeutungsgeladenenen Bildsprache mein Urteil zu
fällen. Erkenne ich z.B. ein Anliegen, etwas
Drängendes auszudrücken, interessiert dieses mich, so betrachte ich einen Film unter
dem Aspekt, dass nicht nur mein eigenes
ästhetisches Verständnis Gültigkeit hat. Sich
auf die dargestellte Fährte einlassen, und dabei eine Achtung vor dem Bildverständnis
eines anderen entwickeln, denn die Bilder
dieses Films sind für mich verständlich: Der
Vater, der sein Kind im Arm hält. Ein wunderschönes Bild, das von Liebe und Verlust
erzählt und man weiß, dass es Aktualität hat,
für so viele Menschen. Dies ist genug für
mich, um dieses Bild zu lieben, da ich dem
Anliegen gegenüber kein Recht zu urteilen
empfinde. Es geht eben nicht nur um den
Austausch und das Betrachten innerhalb einer Übereinkunft des Ästhetischen, sondern
auch darum, etwas zu Wort kommen zu lassen. Zumal ein Film jeweils auch vor seinem
ganz speziellen historischen Hintergrund
verstanden werden muss.
Tomo
von Bakary Diallo. Dieser Film ist die
Darstellung eines durch Gewalterfahrung
verstörten und in Panik geratenen, traumatisierten Mannes, der in seiner traumatisch
psychischen Verwirrung in einem durch
Krieg verwüstetes Gebiet in Südafrika ein
von Geistern bevölkertes ehemaliges Dorf
wahrnimmt. In Feuern lodernde Geister verrichten die eigentlich verstummten alltäglichen Tätigkeiten des verloren gegangenen
Dorflebens. Auch hier geht es darum, Gewalt und der Zerstörung von Körper und
Leben unbedingten Ausdruck zu verleihen.
Es ist in meinen Augen gerade für die Kunst
eines der schwierigsten Sujets, da die Frage
von Schuld immer erstmal beteiligt ist. Ein
Grundverständnis gegenüber bestehenden
Gewaltverhältnissen liegt zugrunde, dass ich
mich bei diesem Film wie auch bei Müphem
angesprochen fühle als eine/r der vielen BetrachterInnnen, der als EmpfängerIn der
„Botschaft“ diese Erzählung erzählt werden
soll. Man will es an die weitergeben, die davon nichts wissen. Leider habe ich bis jetzt
keine weiteren Hintergründe über Tomo
gefunden, denn der geschichtliche Hintergrund wäre hier interessant.
Mit den drei eben angesprochenen Filmen
ging es mir um einen Versuch, die Unterschiedlichkeit von „Differenz“ und „Behauptung“ als Begriffsmerkmale auf die Betrachtung der Filme anzuwenden. Wenn die
Begriffe vielleicht auch nicht ganz vollständig
greifen. Es blieb in der Beschreibung und
vielleicht sogar ein moralischer Appell, nicht
eine eigene Wahrnehmungserfahrung in den
Mittelpunkt zu stellen, sondern Filmisches
auch als Sprache zwischen Kulturen zu verstehen, in denen etwas mit Bildern ausgedrückt werden will.
Interview mit Robert Marcault
von Veronika Peddinghaus. Robert Marcault
erzählt von der Ergreifung seiner Familie im
Jahr 1944, dem Transport in ein KZ und von
dem, was er während seines Aufenthaltes in
verschiedenen Lagern erlebt hat. Er spricht
mit ruhiger Sachlichkeit. Er erzählt die Hölle.
In Beschreibung der Vorgänge ein Tatsachenbericht aus der Hölle. Eine apokalyptische
Erzählung der äußersten, Handlung für
Handlung stattgefundenen, Entmenschlichung, die sich mit jedem neuen Tag, Tag für
Tag an seinem wie er sagt „transparenten“
Körper und vor seinen Augen ereignet hat.
Es ist so eine unglaubliche Erzählung, der
man einfach zuhören muss. Es ist nicht allein die Gaskammer, die er nicht erlebt hat,
wohl aber starben seine Eltern und Geschwister. Es ist die tagtägliche Arbeit in den
unterschiedlichen Kommandos, bei denen
tatgtäglich gestorben, gemordet, Körper zerhackt, zerquetscht, erschossen, immer alles
neben der Arbeit, neben dem Fußmarsch,
verhungert und wasserlos, bei -28 Grad mit
wenig Kleidung arbeitend, sterbend, erfrierend, anderen nicht helfen dürfend, Lebende
mit Gestorbenen auf Menschenhaufen lagen.
Es ist die Erzählung von der lebenden Hölle
unter der Sonne des Tages, die sich Minuten
des Tages und der Nacht um ihn und an ihm
No. 9 from Not Drowning, Just Waving Sally Grizzell Larson
67
ereignete. Er sprach davon, dass sich viele
Überlebende danach das Leben genommen
haben, weil niemand ihnen zuhörte und
beendet seine Erzählung mit den Worten:
“Ich widme Ihnen meine Zeit, weil ich befürchte, Sie könnten das Gleiche erleben,
egal, ob Sie Jüdin sind oder nicht. So einfach
ist das. Wie ich vorhin gesagt habe: in meinen
Augen sind Sie das Licht der Welt. (zu Veronika Peddinghaus, weil sie ihm zuhört und die
Geschichte durch den Film weitergibt. Anm.
SF) In Zukunft müssen wir in Brüderlichkeit leben. Das Reden vom Frieden darf kein
Traum bleiben, sondern muss eine Wirklichkeit werden, eine greifbare Wirklichkeit für
alle Erdenbewohner. Man braucht den
Anderen und der Andere braucht einen auch.
Unterschiedlichkeit ist eine Bereicherung. Es
wurden kluge Leute ermordet. ...
Gucken Sie sich die Friedensnobelpreisträger
an. Das hätte auch ich sein können. Damit
möchte ich sagen: Den Anderen als anders
zu betrachten, ist fatal. Fremde als anders zu
betrachten, ist auch ein Verbrechen. Der Andere ist immer eine Bereicherung.” Was für
ein wunderbares Fazit!
Diesem wertvollen Film von Veronika Peddinghaus entnehme ich über Sprache nicht
nur, wie bedeutsam und unersetzbar die
mündliche Erzählung ist. Es sagt mir auch
etwas über den Gebrauch der Sprache, die
einem Vergessen dient, indem sie oft das Gegenteil beschwört. Wie unglaublich traurig
ist es, dass trotz des Nie-wieder ein Dennoch,
anders, weniger sichtbar, weniger verdichtet,
etwas weniger sichtbar industriell und logistisch, weniger massenpsychologisch, eben ein
anderes, über den Globus verbreitetes Töten
der Anderen geschehen kann. Von der Totalität des Tötens zum fragmentierten Töten
und Sterben lassen.
Wären wir doch nicht nur symbolisch,
sondern auch historisch auf die Knie gegangen, und hätten wir doch alles getan, dass nie
wieder legitim getötet werden darf.
Philosophie und Leben
Zurück zum Denken. Die Philosophie ist
eine Disziplin, wie andere auch, die Regeln
folgt, die akademisch erlernt werden. Ihre
Sujets begegnen mir als solche, die unser
aller Existenz betreffen. Sie betreffen die
Welt, die Zeithaftigkeit, die Räume, in denen
wir leben. Das Erkennen der Welt, Vernunft,
Ethik und Irrationalität, die Frage nach der
Existenz und nach Un/Sinn des Lebens, nach
der Bedeutung der Dinge, der Sprache, der
Zeichen. Die Frage nach Wahrheit in den Begriffen, den Dingen und Sachverhalten, die
Frage der Wahrnehmung, nach der Existenz
des Subjektes und ohne Vermögen und Anspruch, Vollständigkeit zu leisten, zu guter
Letzt, sehe ich in der Folge davon, die Frage
danach, ob die Welt veränderbar ist. Und
darum geht es mir.
Es wurde erkannt, das wir nichts erkennen
können. Das ist ja auch leicht zu verstehen.
Unlogisch erscheint mir, dass sich praktisch
ein Gültigkeitsanspruch vermittelt, der mit
der Nichtwahrheit der Dinge und mit dem
wertvollen und unbedingt notwendigen Dasein des Differenten und Vielgestalten eine
unbedingte „Wahrheit“ beansprucht. Ich
persönlich nehme einen Gültigkeitsanspruch
68
wahr, der der Idee der Vielheit von Wahrheit
widerspricht - in Gesprächen, Berurteilungen, Konzepten und Artikeln.
Gerade das entwickelte Bewusstsein von
Nichtwahrheit und Widersprüchlichkeit der
Dinge beinhaltet logischereise die Fähigkeit
dazu, ein anderes Denken zu verarbeiten und
mit anderem, das sich weniger vielgestalt
ausdrückt innerhalb des Differenten umzugehen. Ich wünsche mir eine sprachliche
Autonomie des Einzelnen, so dass er z.B. als
relevant zu verstehende, wertende, ethische
Ansprüche erheben kann. Mir scheint, als sei
durch die Verortung der Tatsächlichkeit in
das Systemimmanente und durch die theoretische Abschaffung der Identität des Subjektes das Sprechen in Form einer beharrlichen, eindeutigen Kritik an den bestehenden
Verhältnissen diskreditiert worden, als würde
man bei jenem Sprechen immer einem Bären
aufliegen, in dem Glauben, dieses Reden
wäre relevant gegenüber der “tatsächlichen”,
von dem großen Prozessor namens System
gesteuerten Macht.
Es wäre doch eine wunderbare Bereicherung, würden wir wieder mehr in „echte“
Aussagen und Thesen verfallen, uns ihnen
ernsthaft widmen, auch wissend, das sie sich
einem Widerspruch aussetzen, der wiederum
schöpferisch ausgetragen werden könnte. Es
bleibt mir fremd, dass das Unbestimmte,
Undefinierbare gegenüber einem Schrei der
Wut, der einer Wirklichkeit, einem Erleben
entspringt, sich so sicher wähnt und auf intellektuelle Überlegenheit pocht.
betrachten, wenn es auch schwer ist. Es wäre
ein Beitrag zur Sprache als das Haus in dem
wir leben.
Mit Blick auf prekäre Entscheidungen, wie
z.B. der Änderung des Grundgesetzes in der
Bundesrepublik Deutschland in diesem Jahr,
das den Einsatz des Militärs im Inneren erlaubt, auf das Erstarken der Bundeswehr, die
im Jugendfernsehen dauernde Präsenz erhält
und eine heile Welt propagiert, auf Rüstungsexporte, um nur einen minimalen Ausschnitt z.B. aus dem Bereich des Militärischen zu formulieren, ist doch eigentlich ein Unbehagen angebracht.
Von Seiten der Universitäten höre und lese
ich keinen Aufschrei des Widerspruchs gegen die Aufrüstung oder den politischen
Zugriff auf die Subjektivität des Einzelnen.
Man bleibt im intellektuellen Diskurs und
kreist in den Problemen, die sich jenseits
der politischen Wirklichkeit situieren. Es ist
tatsächlich entmutigend, wie wenig besorgte
Reaktion zu hören ist auch im Hinblick auf
die Gewaltverhältnisse, die in Europa stattfinden. Denn es hat sich die Philosophie
auf der eben beschriebenen Ebene, zugestandenermassen aus Laiensicht artikuliert,
doch theoretisch beteiligt. Es läge in ihrer
Verantwortung, Ergebnisse eigener Theorien
zu erkennen.
Vielleicht liegt es doch in einem bestimmten
und theoretisch untermauerten Denken, das
die Unmöglichkeit der Erkenntnis auf einer
Ebene lokalisiert, die ein Nichtteilhaben begründet. So gesehen ist die fehlende Kritik
aus Welt der DenkerInnen in Deutschland
für mich eine riesige Leerstelle.
Der Nachmittag des gleichen Tages. Leichthin bewegst du dich, und leicht bewegen sich
Sand und Meer.
Wir bewundern die Ordnung der Dinge,
die Ordnung der Steine, die Ordnung der
Helligkeiten, die Ordnung der Stunden. Aber
dieser verschwindende Schatten und dies
schmerzliche Element, das verschwindet.
Abends ist der Adel Teil dieses Himmels. Hier
duckt sich alles in ein erlöschendes Feuer.
Abends. Das Meer ist lichtlos geworden,
und wie in alten Zeiten könntest du im Meer
schlafen.
Dort wo Denkweisen über das Leben, das
ich teile, wirkmächtig sind, möchte ich deren
Potential ebenso wie das der anderen wirkenden Kräfte der Welt aus einer Verantwortung gegenüber einer Selbstbestimmung
Die Hauptstadt der Schmerzen
Eigentlich wollte ich ja am Ende des Textes
wieder auf die Rückseite des Bildes von
Heinz Hausmann zurückkommen. Mit seinen Zeichnungen von Filmstills, in denen es
um Sprache geht: Es sind „Große Vögel,
kleine Vögel“ von Pier Paolo Pasolini, „Made
in USA“ und „Alphaville“ von Jean-Luc Godard, um den es nun noch einige Sätze geht.
Um wieder zurückzukehren in das Schöne,
Hoffnungsvolle und die Aussicht auf eine
Weite: Die Dichtung als Zugang zum Außersprachlichen, zu dem, das das Leben spürt,
erahnt, sich ihm auf unsprachliche Weise
und doch durch Worte nähert: Ein Staat in
der Milchstrasse, die Hauptstadt heißt
Alphaville, die Sprache ist Wort für Wort
vorgeschrieben. Anna Karina in der Rolle
der jungen Natascha von Braun ist natürlich
ganz darin gefangen. Das Schönste an dem
Film ist die berühmte Szene, in der sie aus
dem Gedichtband „Capitale de la Douleur“
(Hauptstadt der Schmerzen) von Paul Eluard
liest und dabei „zurückkommt“.
Ist das auch ein recht großer Sprung von
Alphaville aus, so ist die „Hauptstadt der
Schmerzen“ vielleicht eine Brücke zu etwas,
das ich meine. Deshalb möchte ich diesen
Text mit einem Gedicht von Paul Eluard aus
„Capitale de la douleur“ beenden:
[1]Walther Benjamin: „Kritiken und Rezensionen“ 1912 ? 1931, Gesammelte Schriften III,
Frankfurt/M.: Suhrkamp Taschenbuch, 1991,
[2],[3]: Ferdinand de Saussure: „Cours“, in: Sybille
Krämer: „Sprache, Sprechakt, Kommunikation“,
Frankfurt/M.: Suhrkamp, 2001, S. 30, 33
[4] Walter Benjamin, “Über Sprache überhaupt
und über die Sprache des Menschen”, in
Gesammelte Schriften, Vol. II-1, Suhrkamp,
Frankfurt a.M. 1991, pp. 140-157.
[5] Hermann Kopp und Werner Seppmann,
Hrsg.:„Gescheiterte Moderne? Zur Ideologiekritik des Postmodernismus“, Essen: Neue Impulse
Verlag, 2002
[6] John B. Thompson in Pierre Bourdieu: „Was
heißt Sprechen“, Wien: Braumüller, 2005, S.8
[7] Kasimir Malewitsch: „Vom Kubismus und
Futurismus zum Suprematismus: Der neue
Realismus in der Malerei“, in: Kunsttheorie im 20.
Jahrhundert, hrsg. v. Charles Harrison und Paul
Wood, Bd I, Ostfildern-Ruit: Verlag Gerd Hatje,
1998, S. 211, 215, 220
[8] John B. Thompson in Pierre Bourdieu: „Was
heißt Sprechen“, Wien: Braumüller, 2005, S.10
[9] Pier Paolo Pasolini: „Freibeuterschriften“,
Berlin: Klaus Wagenbach Verlag, 1978
[10] Paul Eluard: Hauptstadt der Schmerzen,
Berlin: Karl H. Henssel Verlag, 1959, Titel der
Originalausgabe: Capitale de la douleur, deutsch
von Gerd Henninger
Film und Sprache
von Frauke Tomczak
Fortsetzung von S. 55
hin zum „plastischen Bogen“. Das gleiche
Motiv wiederholt sich in der Bildsequenz der
immer größer werdenden Menschenmasse,
die sich vorwärts bewegt und in ihrer
Bewegung ihrerseits einen Bogen beschreibt,
der mit Spiralbewegungen derselben
Masse (auf einer Brücke) unterschnitten
ist: der Bogen entwickelt sich zur Spirale.
Diese Bildsequenz ist eine filmsprachliche
Figuration für die dialektische Entwicklung
der Menschheitsgeschichte! Jenseits jeder
politischen Positionierung zur Einschätzung
revolutionärer Bewegungen kann diese Übersetzung einer abstrakten Idee, der Idee der
Gesetzmäßigkeit der menschlichen Geschichte als dialektische Bewegungsfigur, in
die sinnlich anschauliche Präsenz filmischer
Bilder als eine der kühnsten ästhetischen
Herausforderungen an das Me-dium Film
überhaupt gelten. Der Frage, ob sie gelungen
ist, sollte die Frage vorausgehen, ob sie
filmgeschichtlich jemals wieder in Angriff
genommen wurde.
Eisensteins Essay spricht weder diese Idee
noch seinen Versuch einer ästhetischen
Umsetzung an. Seine Beschreibung beschränkt sich auf die Jollensequenz und
verfährt dabei betont filmtechnisch. Doch
es sollte der Hintergrund der ästhetischen
Dimensionierung, vor der die Frage nach
der Textur des filmischen Bildes hier steht,
zumindest angedeutet werden.
Denn auch jenseits der Beschreibung
Eisensteins sprechen beide Bildsequenzen
von sich aus. Sie fallen eben auf durch
ihre Textur, gemeint als Evokation einer
wie sinnlich-spührbaren Atmosphäre: die
glitzernde, in kleinen Wellen bewegte See bei
Sonnenschein, die unzähligen schaukelnden
Schiffchen, die gebauschten Segel – das ist
ihre Textur, die beinah sensuelle Qualitäten
entwickelt. Ähnliches gilt für die Sequenz
der Massenbewegung. Auch ohne Voroder Hintergrundwissen fällt sie heraus aus
dem Kontinuum der Bilder. Sie evoziert
unmittelbare Aufmerksamkeit, weil sie
rätselhaft ist, weil schon im Sehen die Frage
entsteht, warum sie gezeigt wird. Das gilt
besonders für den bis an den Horizont
reichenden Bogen dicht gedrängter voranschreitender Menschen in Aufsicht.
Zuletzt die Löwenmetapher: durch ihre
Kürze springt sie den Zuschauer geradezu an.
Das eigentlich Frappierende an ihr ist aber
wiederum ihre Textur: die Löwen aus Stein.
Das zweifache Haus der Sprache:
Film und Sprache
Der Semiotiker Georg Seeßlen beschreibt
in seinem Internetblog9 am Beispiel der
Filmpraxis von Jean Luc Godard, wie
sich die „Codes“ – oder die Prozesse der
Bedeutungsgenerierung – von Bild und
Sprache / Schrift immer wieder abwechseln
oder sich gegenseitig überlagern: der eine
Code kommentiert den anderen, beleuchtet
ihn oder leuchtet ihn kritisch aus. Auf diese
Weise wird dem Zuschauer nicht nur die
Möglichkeit gegeben, eine Distanz zum
jeweiligen Medium und seiner Art der
Signifikation zu gewinnen, sondern auch
das Gesehene / Gehörte / Gelesene kritisch
zu reflektieren. Eben das ist eine sinnliche
Form der Erkenntnis: Ein Spatium des
Erkennens wird geöffnet. Der Frage warum,
ob bei Vertow, Eisenstein oder Godard,
dieses Spatium, dieser Zwischenraum
so kurz gestaltet ist, dass nur blitzartige
Erkenntnissplitter möglich sind, kann
hier nicht mehr nachgegangen werden.
Wie atemlos ist die sinnliche Form des
Erkennens? Oder sachlicher formuliert,
welche Rhythmisierungen hat die Sprache,
welche das bewegte Bild?
Sowohl ihre Analogie als auch ihre
Wechselwirkung waren Gegenstand dieses
Textes.
Der Kunstfilmtag wird, so steht zu erwarten, die gegenseitige Ausleuchtung
und Widerständigkeit, in jedem Fall aber
die Reflexion der Relation Filmsprache
– Sprache / Schrift um eine Vielfalt an
Gestaltungsvarianten bereichern.
(Endnotes)
(1) Zitierte Literatur: Maurice Merleau-Ponty,
„Phänomenologie der Wahrnehmung“, übersetzt
von Rudolf Boehm, Berlin 1966, S. 217.
(2) Max Horkheimer, Theodor W. Adorno,
„Dialektik der Aufklärung“, darin:
„Kulturindustrie. Aufklärung als Massenbetrug“,
bes. S. 189 – 196, S. 194, in: Max Horkheimer,
„Gesammelte Schriften“, Bd 5, hg G. Schmid
Noerr, Ffm 1987.
(3) M. Merleau-Ponty, a.a.O., S. 218.
(4) Max Horkheimer, Theodor W. Adorno, a.a.o.,
S. 192.
(5) Karl-Dieter Möller-Naß, „Filmsprache. Eine
kritische Theoriegeschichte“, Münster 1986, S. 5
(6) Die Semiotik entwickelte sich Mitte der 60iger
Jahre aus der Linguistik, im Besonderen aus dem
binären Zeichenbegriff Saussures, der das Zeichen
in Signifikant (Bezeichnendes) und Signifikat
(Bezeichnetes) unterteilt und damit zunächst
das Wort in der Sprache meinte, die Sprache
wiederum als System begriff. Die Semiotik
dehnte diesen Zeichenbegriff aus, indem sie die
gesamte menschliche Kultur als Kommunikation
definierte. Umberto Eco bestimmt den
Begriff Semiotik also folgendermaßen: Die
Semiotik untersucht „alle kulturellen Vorgänge
(d.h. wenn handelnde Menschen ins Spiel
kommen, die aufgrund gesellschaftlicher
Konventionen zueinander in Kontakt treten) als
Kommunikationsprozesse“. (ders. „Einführung
in die Semiotik“, 9 München 2003, S. 32). D.h.
für die Semiotik sind das Essen, die Kleidung
(Mode), die Architektur, die Reklame, ja auch
die Liebe Systeme der Kommunikation und
also Zeichensysteme, auch Codes genannt, die
sie auf ihre Bedeutungen hin befragen kann.
Herausragende Vertreter der Semiotik sind
Roland Barthes, Umberto Eco und für die
Filmsemiotik Christian Metz. Die Kurzschlüsse
seiner Filmsemiotik, die zum Klassiker der
Filmtheorie geworden ist, aufzuzeigen, darum
geht es Möller –Naß in seinem oben zitierten
Buch.
(7) K. D. Möller-Naß, ebd.
(8) Eisenstein „È!`Zur Reinheit der Kinosprache“,
in „Texte zur Theorie des Films“, hg. Hans Josef
Albersmeier, Stuttgart 1995, S. 62 und 66.
(9) vgl. www.seesslen-blog.de
69
Erinnerung in Bilder setzen
18:55
Land of Neon
Aki Nakazawa
2011 05:20 min
Wired
Eli Souaiby
2011 05:19 min
I was back in Tokyo on 8th of April, 2011 to
attend my grandmother’s funeral. While mass
media reported about the catastrophe and
radioactive contamination, there were scenes
directly in my eyes. Laughing people in the
slightly darken city, a big demonstration
and my family under cherry blossoms....The
vague weirdness and fear in the daily life are
invisible but sensible now in the land of neon.
‘Wired’ is an investigation about the power
of collective denial in one of the most
overpopulated cities in Lebanon and the
Middle-East. It questions the domination
of denial in regards to the aesthetics of life
and the connotation of living in a specific
society. The idea of looking up into the
wires connected to buildings on both sides
and striping the open space brings out the
history of the society woes and illustrates the
background of people living in this particular
space. Whether the cables are for Internet,
electricity power or satellite the question
remains: are we connected or just wired?
Yamagata International Documetary Film
Festival 2011, Aichi Art Festival (Japan), 28.
Kasseler Dokumentarfilm und Video Fest,
European Media Art Festival Osnabrück,
International Film Festival Rotterdam *Köln
2012 Festival Sceening Clermont Ferrand,
France *Beirut
Bakary Diallo began the practice of visual
arts and film at the conservatory of arts
and multimedia, Balla Kouyate Fasseke
Bamako where he directed the film ‘The
Light’ (2010) which sets itself up against the
dictatorship and staged people represented
by the lemons that is struggling to achieve
democracy. ‘The leaves of a time’ (2010) is
a tribute to the woman, filigree, around the
theme of childhood memories. In 2010,
Bakary Diallo returned to Fresnoy National
Studio of Contemporary Arts to realize the
films ‘Dankumba’ (2011) and ‘Tomo’ (2012).
Tomo: deserted territory because of the war
(in Bambara), it addresses in a symbolic
way the violence of war and psychological
problems associated with it. With both films
he earned the degree of Fresnoy with honors
unanimously. *France
andersartig
Dennis Stein-Schomburg
2011 04:30 min
Ein Kind ist anders als die anderen. Durch
ihre Verträumtheit und verspielte Art
passt das Mädchen nicht in das allgemein
gültige Muster der angepasst lebenden
Waisenkinder. Ihre Andersartigkeit macht
das Mädchen zunehmend einsam, rettet sie
jedoch letztendlich.
familienvideo
Günter Baumann
2012 06:45 min
Hello Bambi
Faiyaz Jafri
2011 06:09 min
da ist etwas, das mein vater mir zeigen will
ob er die kamera hält oder meine mutter
kann ich nicht mehr sagen
er zeigt auf einen vogel oder einen berg oder
ähnliches
er sieht etwas und will mich dazu auffordern
es auch zu sehen
aber ich scheine irgendwie nicht bei der sache
will nicht sehen
und plötzlich verändert sich etwas in seinem
tonfall
alles was ich jetzt noch erinnere ist
dass er (der tonfall)
irgendwie weicher wird, verletztlicher
jedoch auch schärfer und eindringlicher
und dann habe ich den clip längst beendet
vor seinem eigentlichen schluss
Snow White’s final dream on her way to the
emergency room.
Film: Günter Baumann, Material: Dietrich
Baumann, Gudrun Schoebert-Baumann entstanden im Rahmen des szenischen Projekts
“Wo Bilder denken und Worte sehen”,
Film-Essay, Radio-Essay, Text-Essay von
Georg Seßlen und Markus Metz am Institut
für angewandte Theaterwissenschaft 2012
*Gießen
Awards: Winner Best Animation, Big
Apple Film Festival (2011) Third Price
Animated Film, The Los Angeles New Wave
International Film Festival (2011) Best Edited
Animated Film, The Los Angeles New Wave
International Film Festival (2011) Honorable
Mention, Queens World Film Festival (2012)
Finalist, Los Angeles Animation Festival
(2012) Official Selection: The Bornshorts
Film Festival (2011) Atlanta Shortfest (2011)
Atlanta Underground Film Festival (2011)
Animest (2011) Banjaluka International
Animated Film Festival (2011) Big Apple
Film Festival (2011) The Los Angeles New
Wave International Film Festival (2011) Leeds
International Film Festival (2011) Queens
World Film Festival (2012) Los Angeles
Animation Festival (2012) Pictoplasma
(2012) AniFest (2012) Chile Monos (2012)
The Pineapple Underground Film Festival
(2012) Scratch International Animation
Film Festival (2012) The British Animation
Film Festival (2012) New Filmmakers (2012)
Fantasia (2012) Priverno (2012) Mumia
(2012) Animaldicoados (2012) Klik! (2012)
*New York
Goldener Herkules 2011, Deutscher Nachwuchsfilmpreis 2011, Short Tiger Award
2012 über 40 nationale und internationale
Festivalteilnahmen *Memmingen
Müphem
Süleyman Demirel
2012 05:31 min
In Turkey, the future is vague, but it is
determined by birth. Turkey’s militarist
history is a part of Turkish citizen’s future. In
Turkey, there is a phrase: “Every Turk is born
a soldier.”
Born in 1988, Kirikkale / Turkey. Interested
in short films since 2009. He graduated
from Middle East Technical University
Foreign Language Education Department
in 2010. He is now a graduate student at
Ankara University, studying journalism and
filmmaking. He works at Gisam (Audio
Visual Systems Research and Production
Center). He has directed two short films:
Normal (2010) and Müphem / Vague (2012)
*Ankara
70
Tomo
Bakary Diallo
2012 07:00 min
Tomo is an imaginary tale, it evokes the
literal word of Bambara: a deserted territory
because of the war. Conflict either armed or
in mind. This is the story of a psychologically
disturbed character by his experience of
violence. He leaves his room and moves
through a village ravaged, abandoned. It
is inhabited by the spirits of those who
lived there. They are represented by ghosts,
specters in flame and smoke. They perform
the everyday movements closer to reality.
Macht-Unmacht
Nesha Nikolic
2012 02:14 min
Ein Video von einer Kunst-Performance mit
eigener Poesie.
2011 The Postcard, Rosen-berg Gallery,
New York, “The Hades Trilogy”, Nacht der
Museen, Düsseldorf, “Digital Jesus”, Foyer,
Düsseldorf *Köln
71
Ä.I. - Äusseres Innen
Tobias Bieseke
2011 08:00 min
Elias hat sich in der Zwischenwelt verloren.
Er folgt Helen in die Träume und verlässt
seinen Körper. In der Virtualität ist er nun
gefangen. Obwohl er die Zeit überwunden
hat, wird er als Zeitreisender durch die
Träume irren, aber er sehnt sich nach den
Freuden der Vergänglichkeit. Eine surreale
Reise durch mehrere mediale Schichten:
Videospiel, Video, Film und Internet. Zeit,
die nach Bewußtsein sucht, während der
medialen Entkörperlichung.
Der Film entstand in einem Experimentalfilmkurs an der FH-Dortmund unter
Harald Opel. Die Kamera und das Filmmaterial wurden von der FH-Dortmund
gestellt. Ausserdem erhielt der Film
Materialunterstützung von der Firma
Bernsau und Partner (Werbedesign Büro). Das Konzept war es, Film-, Videospiel-,
Foto-, Fernsehen- und Computermaterial
zu sammeln, wobei jedes Medium auf seine
spezifischen Fehler aufmerksam macht.
Videospiele mit Fehlberechnungen, Film mit
Kratzern und Verwaschungen, Fernsehen
mit Bildstörungen bzw. Sendefehlern und
Computermaterial mit fehlerhaften Streams. Diese sollten die Basis für mediale
Verbindungen sein. Diese Materialen wurden
zusammen inszeniert mit den Schauspielern
und final auf 16mm Farbfilm gedreht und am
Schneidetisch geschnitten. So entstehen die
zahlreichen Bild-im-Bild-Welten. Dabei gab
es Frames, die so oft abgefilmt wurden, dass
sie in der Tiefe nur noch Weiss waren und
in der Summe all ihrer Informationen nichts
mehr sind. Ein Materialfetischismus, bei
dem der Filmstreifen direkt am Ende noch
behandelt wurde mit Farben, Schleifpapier
und Ätzmitteln. Ein haptischer Umgang mit
den Filmmaterialien. ihn in ein Gefängnis der Bedürfnisslosigkeit.
Äusseres Innen ist wie ein binärer Code, bei
dem 0 Aussen ist, ein abgeschlossener Kreis
ohne Anfang und Ende, und 1 ist Innen,
eine endliche Linie die sich zwischen zwei
Werten befindet. Existenz und Nichtexistenz.
Das Streben des Menschen, durch seine
Bilder der Ewigkeit zu widerstehen, um sich
mit seinen Ideen zu konservieren, um dem
Tod zu trotzen. Die Filmlichter werden zu
Geistern seiner Zeit. Tobias Bieseke ist ein junger Filmmemacher,
der seinen Platz in der Filmwelt noch sucht.
Er befasst sich intensiv mit Experimental-,
Spiel- aber auch Animationsfilm. Seine
Inhalte versuchen oft neue Sichtweisen zu
bauen, aber auch Unsichtbares sichtbar zu
machen. Zwischen Publikum und Kunst
stellt er Verbindungen her, um Zugänge
zu schaffen. Er arbeitete an zahlreichen
Projekten der Kunsthochschule Kassel mit,
drehte experimentelle Dokumentationen
bei Action Pantingactionen in Galerien und
arbeitete mit klassischen Erzählmustern in
Kurzfilmen. Seit 2009 studiert er an der FHDortmund unter Adolf Winkelmann, Fosco
Dubini und Harald Opel. *Dortmund
ein käfig ging einen vogel suchen
Ertan Erdogan
1994 09:00 min
River Clowns
Cian Donnelly
2012 02:46 min
Leere
Jisoo Kim
2011 04:36 min
Ein Junge befindet sich auf der Spurensuche
nach einem Mann, dessen Existenz
unentrinnbar mit seinem Schicksal verbunden ist... *Düsseldorf
‘River Clowns’ is a short, experimental video
I made, using my artist’s studio as a set. My
paintings, sculptures, and drawings are
absorbed as props within the fictional space
this video creates. I was interested in bringing
to life the ambiguous charge of my works on
paper; as moving image and performance
to camera. This involved the use of masks,
hand-made costume, and the consideration
of the principal character’s movement. The
digital file is graded to appear aged.
Ein Tauber, der Angst vor Leuten hat, die
sprechen können, will von der Angst befreit
werden. Eines Tages angelt er am Flüßchen,
aber er leert seine Schale, die mit Fischen
gefüllt ist. Dann schlägt er die leere Schale
und die Schale schallt. Am nächsten Tag wird
die leere Schale von ihm auf dem Flüsschen
losgelassen.
Performer: Alessandra Giacinti Score: Cian
Donnelly, Camera: Cian Donnelly; Cian
Donnelly is an artist working with drawing,
painting, sculpture, song, performance and
video. Recent exhibitions of work have been
shown at CCA, Derry, Northern Ireland,
Five Years, London, and Gallery North,
Newcastle, U.K. He has exhibited both
nationally and internationally, with work
shown at The British School at Rome, Italy,
The Katzen Centre, Washington D.C., U.S.A,
the R.H.A., Dublin, Ireland and The Ormeau
Baths Gallery, Belfast, N. Ireland *Dublin
Die Arbeit ist noch nicht außerhalb der
Akademie (Kunstakademie Düsseldorf Anm.
d. Red.) ausgestellt worden. *Düsseldorf
Der Film will die mediale Entkörperlichung
des Menschen durch die digitale Revolution
thematisieren. Sinnverlust durch Avatare
erschaffen ein gestörtes Verhältniss zur
Realität und erzeugen Bildverwechslungen
in der Wahrnehmung. Der Protagonist Elias
verliert den Bezug zu seinem Körper und
sucht in den elektronischen Bildern nach der
schönen Helene, die wie ein Phantom durch
seine Träume schleicht. Doch ist Helene
wie ein gespiegelter Gegenpol, eine Fiktion,
die Elias’ Vorstellung von etwas Perfektem
verkörpert. Umso weiter Elias in die Bilder
geht, umso realer wird Helene. Jedoch geht
er zu weit, wodurch er nicht mehr zurück
aus den Bildern kommt. So wird Elias ein
verirrter Traum, der sich von dem perfekten
Ideal seiner Vorstellung nicht frei machen
konnte. Die Suche nach dem Vollkommenem
hat ihn von der Welt abgeschnitten und sperrt
72
73
Ich habe es satt…
…den Leuten zu erklären, was ich in näherer Zukunft vorhabe
und wie ich später meinen Lebensunterhalt verdienen werde.
…mit manchen Menschen über „brotlose Kunst“ zu diskutieren
und Spekulationen über Möglichkeiten sein Geld zu verdienen.
…darüber zu sprechen welcher Weg denn der Bessere sei, der der
Vernunft oder der der Leidenschaft.
…mich gegenüber Menschen zu beugen, welche nichts von der
Kunst wissen wollen und darüber hinaus Dinge als nichtig zu erklären, welchen ich in meiner Wirklichkeit eine hohe Bedeutung
zukommen lasse. Kurzum in Lügen zu sprechen.
von Philipp Röcker
Hütchenspieler 01-08 Philipp Röcker
74
75
Wider und wieder sagen
zu dem die smax-Kuratoren Carla Donauer
und Alexandra Landré die Künstlerin Frauke
Dannert eingeladen haben.
20:35
Fama
Joachim Rüsenberg
2012 07:00 min
Italy Laboratory
Marcantonio Lunardi
2011 02:16 min
Co-Produktion mit dem Künstlerverein
Onomato; In dem HÖR-Stück beziehe ich
mich einerseits auf das gleichnamige Bild
in Ovids Metamorphosen - andererseits auf
eine Reihe von Tonaufnahmen, die ich vor
20 Jahren im KVM im Zusammenhang mit
der Bewegung “Rettet den Malkasten“ und
meinem Arte-Film INVENTUR gemacht
habe. Bindeglied ist das Motto: Sprache sei
das Haus, in dem wir leben. Bei Ovid ist
dieses Haus eher eine Ruine, in der alles
auf Durchzug (von Stimmen) gestellt ist:
“Tausend Zugänge gab sie dem Haus und
unzählige Luken, keine der Schwellen schloss
sie mit Türen; bei Nacht und bei Tage steht
es offen, ist ganz aus klingendem Erz...“
Dem KVM bin ich zunächst begegnet als
einem Haus voller ganz unterschiedlicher
Interieurs, und aus gegebenem Anlass
wurde sehr viel gesprochen in den Sälen,
Kabinetten, auf den Treppen, in Küche und
Keller. Auch Fama zog wohl nicht selten
durch das Gemäuer. “...und das Ganze tönt,
gibt wieder die Stimmen, und was es hört,
wiederholt es. Nirgends ist Ruhe darin und
nirgends Schweigen im Hause...“
A voice in control, an image in black and white.
An aseptic, scientific environment, similar
to the object on the foreground. The main
characters in this work by Marcantonio Lunardi
are three small worms which fight in order to
avoid falling down a vial placed below them.
However, they are not alone, as there is also the
strong, charismatic voice of a politician who has
been omnipresent on the parliamentary life in
Italy for the past twenty years: Silvio Berlusconi.
The artist has chosen not to show his face. His
voice, his discourse is all that remains. The delay
between what is heard and what is seen creates
a short circuit which helps us in understanding
the meaning of what the politician is saying; the
animals, thus, become a metaphor for the Italian
people. “Laboratoire Italie” is the strong image
of a Country that struggles against an economic
but mostly moral crisis where art seems to be
the only way to assert disagreement.
Director, documentarist, Marcantonio Lunardi
has practiced, since the beginning of his
experience, a contamination of visual techniques, which is the most significant feature of his
work. *Bagni di Lucca
Studium Malerei und Film an der
Kunstakademie Düsseldorf. Seit 1979
Produktion von Fernsehdokumentationen
mit LERM-FILM; verschiedene Filme
als Autor, Regisseur und Kameramann
für ZDF, WDR, NDR, arte und 3sat.
u.a.: 1993 “INVENTUR“, ein Film über
den Künstlerverein Malkasten. 1989
Adolf-Grimme-Preis für Regie. Seit 1992
Beschäftigung mit Klangkunst und Arbeit
an AKUSTISCHEN PROJEKTIONEN.
Aufführungen an öffentlichen Orten,
Galerien und Museen *Düsseldorf
Kataster
Frauke Dannert
2012 03:46 min
Es ist zumeist der alltägliche, sprichwörtlich
beiläufige Blick, der uns eine Stadt erschließt.
Treffen individuelle Wahrnehmung und
tatsächlicher urbaner Bestand aufeinander,
mag ein Bild entstehen, das die Komplexität
städtischer Systeme zu einem handhabbaren
Vorstellungsgut schrumpft. Diese Bilder
sind vielfältig kommunizierbar und dienen
gleichsam der ganz persönlichen Aneignung
von Lebenswelt.
Ausgangspunkt der künstlerischen Arbeit ist
das leerstehende Rathaus an der Meerstrasse,
dessen Zukunft ungewiss scheint. Gleichwohl
das Gebäude nach wie vor im Stadtkontext
präsent und in seiner vormaligen Funktion
für die Einwohner von Moers vertraut
ist, weist es sich gegenwärtig als faktisch
nutzloser Raumkörper aus. Aber hat sich
damit auch das Bild von dem alten Rathaus
in den Köpfen der Menschen gewandelt?
Findet das Gebäude eine neue Identität oder
bleibt es eine Hülle der Erinnerung?
Zielen die Arbeiten von Frauke Dannert auf
die Dialektik von Architektur und Raum,
die häufig aus gesampelten und collagierten
Versatzstücken der modernen und postmodernen Architektur zu abstrakten Bildkompositionen zusammengefügt werden,
begreift sie das alte Rathaus als ein StadtObjekt, in dem sich Architekturkonzepte,
Nutzungszusammenhänge und der planerische Umgang mit urbanem Raum gleichermaßen manifestieren. Diesem realen Gefüge
setzt Frauke Dannert mit dem Film Kataster
ein bewegtes Bild gegenüber, das gewonnen
wurde aus ungewöhnlichen Perspektiven
auf das Gebäude. Mit einer ferngesteuerten
Drohne konnte das gesamte Bauwerk
abgeflogen und überquert, gewissermaßen
visuell vermessen werden. Ergebnis ist
eine dreidimensionale Dokumentation des
Rathauses, die dann im künstlerischen Prozess verändert wurde, so dass die Architektur
sich letztlich transformiert in ein Modell.
Damit siedelt der Film in der spekulativen
Lücke zwischen architektonischer Idee und
realer Erfahrung des Ortes. Denn entspricht
der Bau in seinen Materialien und der
verschachtelten Geometrie weitestgehend
den Vorstellungen des Modernismus, so
erschloss er sich in seiner Betrachtung (und
Nutzung) nie als Ganzes, sondern immer
fragmentarisch. Kataster verschiebt mit der
künstlerischen Aneignung des Gebäudes die
Verhältnisse und bietet eine neue Perspektive,
die ein überraschendes Bild hervorzurufen
vermag. Ein Bild, das ganz gegenwärtig
nachdenken lässt über Geschichte, Funktion
und Bedeutung des ehemaligen Rathauses.
Frauke Dannert (Herdeke, 1979) studierte
an der Kunstakademie in Münster, der
Kunstakademie Düsseldorf und am Goldsmith College in London. In ihren Arbeiten
verwendet sie Collagetechniken, um unser
Verständnis von Raum und Bild zu verstören
und somit zu hinterfragen. Lebt und arbeitet
in London und Düsseldorf, 2001-04 Studium der Freien Kunst, Kunstakademie
Münster, 2004 -10 Studium der Freien Kunst,
Kunstakademie Düsseldorf, 2009-11 Master
of Fine Arts, Goldsmiths College, London
*Düsseldorf / London
Der Leviathan
Weisser Westen
2012 04:18 min
Der Leviathan sagt:
meine Musik sollst du hören,
ich gebiete es!
Gib mir dein Geld,
Ich gebiete es, gib mir deinen Glauben
ich gebiete es!
Sie nennen ihre Band “Weisser Westen”...
(Zitat Helga Meister). Weisser Westen, die
Mischung aus Weisser Weste, Wilden Westen
und anderen Himmelsrichtungen. Weisser
Westen sind Angela Fette und Phillip Schulze.
Kamera: Johannes Hahn Schnitt: Phillip
Schulze, Raumgestaltung: Jan Kämmerling,
Hannes Norberg, Karsten Weber, Support:
Jan Bonny, Guido Münch, Alexander Wissel
www.weisserwesten.com *Düsseldorf
he who had liberated his mind still has to
purify himself
Florian Meisenberg
2012 05:03 min
Der Film ist eine Computerbildschirmaufnahme, die mich dabei zeigt, wie ich
im Programm Photoshop das berühmte
Schwarze Quadrat von Kasimir Malewitsch
mit dem Stempelwerkzeug in einen Kreis
verändere.
Born in Berlin, Weltmeisterschüler von Peter
Doig *Brooklyn
Den Zusammenhang von Stadt und
visueller Rezeption im Prozess individueller
Bildfindung exemplarisch zu erproben, ist
Grundlage für ein Kunstprojekt in Moers,
76
77
AXIOM
Sally Grizzell Larson
2010 01:00 min
Textprobe zu Ricardas Lament
Susanne Fasbender
2012 05:01 min
Two Islands
Jan Ijäs
2012 05:15 min
Now, Listen!
Dominik Dusek
2011 03:00 min
UT
Otto Müller
2012 00:32 min
The Pharma-Industry
Kenneth Keen
2012 03:03 min
Manufactured forms
are geometric
and we respond to geometry
because geometry
communicates to us
a feeling
that some higher dispensation
is being subserved
which thus becomes
a pleasure of the mind
and a feeling
that we are satisfying
the laws that govern our being
Einige Gedanken über das Denken. Textprobe
zu dem Film: “Vom Anderen / Ricardas Lament”
(Arbeitstitel) 2012. Der Film wird realisiert im
Rahmen des Filmlaboratorium Düsseldorf
„Fresh Kills“ auf der Insel Staten Island ist
eine gigantische Mülldeponie. Auf der Insel
Hart Island befindet sich ein Armenfriedhof
(„Potter’s Field“ heißen die Armenfriedhöfe
im englischen Sprachraum)
mit mehr
als 800.000 Leichen. Beide Inseln liegen
unmittelbar vor New York.
“Compassion is sometimes the fatal capacity
for feeling what it is like to live inside
somebody else’s skin. It is the knowledge that
there can never really be any peace and joy
for me until there is peace and joy finally for
you too.” (Frederick Buechner).
Auf den Bierdosen ist als Wahrzeichen der
Canaren ein Canarischer Hund. Die meisten
Hunde liegen hier in Ketten, frisch von der
Leine *Mala ES
This is an art video combining video and
super 8 formats. With music composed
and sung by Gigi, a young musician who
styles himself much on the late Michael
Jackson and blended with film material
from the “Art From The World” archive. It
follows the journey across the whole of USA
beginning in the far west, Hawaii with scenes
of lavaflows over streets. Moving on to Los
Angeles it shows the large skyscrapers owned
by pharmaceutical research companies and
graphics appear echoing the words sung
by Gigi asking the viewer to think again
about trusting the doctors who prescribe
us all drugs. The scenes vary from ghettos
to motorways with graffitti walls and other
everyday symbols of modern life. Gigi’s
face is seen through the fast collage of these
varied scenes, singing with conviction and
also charm - he appears emotionally involved
in what he sings about and both the graphics
and background scenes complement his
words visually forcing the viewer to take this
matter seriously.
Letzte Ausstellungen: iraqimemorial.org at
Works/San José, California, USA, The Elizabeth
Foundation for the arts, NYC, Im Sucher /
Wahrnehmung III / Hochbunker, Köln, Grosse
Kunstausstellung NRW 2012, Museum Kunst
Palast Düsseldorf *Düsseldorf
The rhythm of clapping hands, the repetition
of images in equally timed segments: We
are lulled and seduced. Like any other highfunctioning receptor, the human brain is
indiscriminate about what it picks up. How
then do we resist the seemingly benign when
we’re mesmerized by it in spite of our better
judgment?
Sally Grizzell Larson is an independent visual
artist. Screenings of her video works include
11° FILE (Electronic Language International
Festival), São Paulo; Berlin International
Directors Lounge; Rencontres Internationales
Paris/Berlin/Madrid; Alternative Film/Video
Festival, Belgrade; Big Screen Project, New
York; Smack Mellon Gallery, Brooklyn;
NewFilmmakers NY, Anthology Film Archives; and the National Museum of Women in the Arts Festival of Film and Media
Arts. Her video CERTAIN WOMEN was
awarded “Best of FestivalExperimental” at
the Berkeley Video and Film Festival in 2006.
AXIOM was awarded “Best in Category: The
Medium is the Message” and Third Place
overall at the Toronto Urban Film Festival in
2010. *Philadelphia
J14
Friedemann Banz/ Giulia Bowinkel
2012 11:51 min
“J14” ist eine Collage von Interviews, die
während der sozialen Proteste 2011 auf dem
Rothschild Boulevard in Tel Aviv, Israel
aufgenommen wurden. Dort hatten zuletzt
400 000 Menschen ihrer gemeinsamen Vision
von einer sozialeren Zukunft Ausdruck
verliehen. Für einen kurzen Moment wurde
auf dem Rothschild Boulevard Gesellschaft
nicht gelebt, sondern gespielt. Die Teilnehmer
berichten.
Two Islands - (Staten Island & Hart Island,
NYC) is a film about two enormous waste
dumps in NYC, the first one is now a closed
ordinary waste dump, which at one point
was the largest in the world, the other is
a cemetery of unknowns, still in use. Two
Islands bluntly asks: what does the existence
of these two huge mountains of economic
and social waste and rejected surplus tell
about our civilization and about the ‘richest
nation in the world’, and what kind of legacy
will the archaeologists see in them when they
are studying these a few centuries from now?
Lives and works in Helsinki, Finland, Aalto
University Helsinki, School of Art and Design,
Jyväskylä University, Art education and
Creative Writing; Awards: 2012 Jury award,
Spring Exhibition 2012, Charlottenborg
Kunsthal, Denmark 2011, Risto Jarva-Prize,
Tampere International Film Festival, Finland,
2010 Best Documentary Film, AFF (Artova
Film Festival), Helsinki, Finland 2009, Grand
Prix, Kratkofil, Bosnia and Herzegovina
International Short Film Festival *Helsinki
Filmmaker, fencer, photograph... Even
if I am young, my creative potential was
demonstrated in many competitions and I
received some awards. My interest leads also
on the new mediums and technologies, in the
social environment. I am strongly interested
in film creating as well as in theatre and
cinema projects and in various artistic areas.
*Luxembourg (LU) / Hradec Králové (CZ)
Making films for British, German, American,
and Japanese markets since 1986 in all
formats from Super 8 through 16mm and
Beta etc. important is the creation - selling
can be taken care of by others. *Düsseldorf
Gruppenausstellungen (Auswahl): 2012 “Bronner
Residency - Die Stipendiaten”, KIT - Kunst
im Tunnel, Düsseldorf 2012 “BYOB”,
NRW Forum, Düsseldorf 2012 “W1111”,
Transmission, Düsseldorf *Düsseldorf
78
79
Two Islands
von Jan Ijäs
„Two Islands“ ist eine Kurzfassung des sich
noch in Arbeit befindenden Films „Three Islands“ von Jan Ijäs. Dies ist der vollständige
Text der Voice Overstimme aus dem Skript des
Films. s. S. 78
Hart Island
New York is the only major American city
to maintain a separate public burial ground
for its strangers, for those who die alone and
unclaimed or for whom nobody is willing
or able to afford a private funeral - a potter’s
field.
(Im englischen Sprachraum bezeichnet der
Begriff potter‘s field (Töpfersacker) allgemein
Armenfriedhöfe und Grabstätten, auf denen
Unbekannte, Selbstmörder und ungetauft
verstorbene Kinder beigesetzt wurden. Ein
bekannter Friedhof dieser Art befindet sich
auf Hart Island, einer zum New Yorker Stadtbezirk Bronx gehörigen Insel im Long-Island-Sund. Anm. d. Red. Quelle: Wikipedia)
Since 1869, lonely, homeless, nameless and
poor inhabitants of New York have been buried on the Potter‘s Field of Hart Island. In
the 18-hectare mass grave, approximately
one million people have been buried.
Four times a week, from Monday to Thurday,
a ferry sails here from the penintentiary island, Riker‘s Island.
The ferry transports prisoners who carry out
burials. They call themselves the Death Patrol. The pay is 50 cents per hour. The burial
is done in holes that the convicts have dug
with tractors. The holes are 6 meters wide, 20
meters long and 2 meters deep. Babies and
newly-born infants are buried in wooden bo80
xes the size of a shoe box, five on top of each
other, twenty in a row, one thousand children
in the same grave.
lization. It is more significant than the Valley
of the Kings, the Tikal Temples or the ruins
of Pompeii.
On the sides of the small boxes there are pink
tags, with names written on some of them:
Liz, Eileen, Sam...
In some, the only text is F/C – Female Child
– or M/C – Male Child.
It is claimed that the Long Wall is the only
human construct that can be seen from space
with the bare eye...
This landfill is equally visible in space.
On each small box the age is marked down –
two hours, newly born, five days...
”Baby Gonzalez, age 5 minutes.”,
”Unknown male, white, noticed floating on
the Hudson at 254th Street.”
The adults are buried in 54-dollar pine tree
boxes made of raw planks, three on top of
each other, 50 in a row, in mass graves of 150
corpses.
In the same holes, also amputated body parts
are buried. These boxes have the text: ”refuse”.
Fresh Kills
Staten Island, New York… The highest spot
of the North American East Coast, the largest
human-built monument in the United States.
And the biggest landfill in the history of humanity.
Archeologists say that Fresh Kills is the most
important archeological treasure of our civi-
The name ”Fresh Kills” comes from the Flemish language and it means ”Fresh Stream”.
The Fresh Kills landfill was founded on Staten Island in 1948. It is 890 hectares in area, 3
cubic meters in volume and weighs approximately 100 million tons.
Still at the end of the 1990‘s waste was transported on boats and trucks through the five
gates, 13,000 tons per day, 4.5 million tons
per year...
Typewriters, dolls, cigarrette stumps, lawnmowers, tampons, yoghurt cans, office chairs,
potato peels, nail clippers, dead rabbits, halfeaten hamburgers...
24 hours a day, million stories from all over
New York. Fresh Kills produces 3% of all
methane gas produced on earth and it leaks
four million liters of polluted water per day
into the New York City harbour. A major part
of the industry on Staten Island receives its
energy from Fresh Kills, for example the jail
situated nearby.
By the turn of the millennium, the landfill had grown too big. Aeroplanes could no
longer approach the international Newark
airport in New Jersey safely. Fresh Kills was
closed down in 2001.
Three months after closing down of Fresh
Kills, the gates of the landfill were opened
once more in September 2001. 1.2 million
tons of demolished ruins of the World Trade
Center were brought in. The towers were buried on a 70-hectare area.
Fresh Kills became the biggest burial monument in world history.
It is 25 times the size of the Khufu pyramid in
Giza, and forty times the size of the Teotihuaca Sun temple in Mexico.
In our times of recycling, no archeological treasure of this kind can ever be created
again. Landfills such as Fresh Kills will never
fully decompose.
It will be the last monument of this size left
of our times.
81
killing Lars Breuer
82
83
Tonfall der Differenz
21:35
4’33” The Movie
Vicki Bennett
2012 04:59 min
You Hear Something
Julia Charlotte Richter
2011 07:45 min
If something is boring after two minutes, try
it for four.
Inmitten einer Wohnsiedlung sitzt ein junges
Mädchen in einem Garten am üppigen Teich.
Immer wieder spricht sie zum Betrachter und
erzählt, was mit dem Körper passiert, wenn
ein Mensch stirbt. Zwischendurch werden
die Pflanzen- und Blumenbeete gegossen.
“you hear something” hinterfragt, wann
Erfahrungen mit dem Tod als gesellschaftlich
nachvollziehbar empfunden werden, und
wann unsere Akzeptanz vom Sterben-Sehen
irritiert wird. *Berlin
Since 1991 British artist Vicki Bennett has
been an influential figure in the field of
audio visual collage, through her innovative
sampling and appropriating of found footage
and archives. Using collage as her main form
of expression, she creates audio recordings,
A/V performances, films and radio shows
that communicate a humorous, dark and
often surreal view on life. These collages
mix, manipulate and rework original sources
from both the experimental and popular
worlds of music, film and radio. People Like
Us believe in open access to archives for
creative use. In 2006 she was the first artist
to be given unrestricted access to the entire
BBC Archive. People Like Us have previously
shown work at Tate Modern, The Barbican,
Sydney Opera House, Centre Pompidou,
Maxxi in Rome and Sonar, and performed
radio sessions for John Peel and Mixing
It. The ongoing sound art radio show ‘DO
or DIY’ on WFMU has had over a million
“listen again” downloads since 2003. The
People Like Us back catalogue is available for
free download hosted by UbuWeb. *London
Eine Passage
Mina Bellack
2012 02:30 min
That Fatal Sneeze Familionär
Stefan Lux
2012 01:02 min
Solitude in Year Zero
Jan Ijäs
2012 01:15 min
aus: “Der Spaziergang” von Robert Walser,
1917; ein Avatar spricht eine Passage
aus dem Text von Robert Walser. Der
Ich-Erzähler beobachtet, analysiert und
beschwert sich “über Prahlerei”, über die
goldene Firmeninschrift eines Bäckermeisters:
“... abscheuliche Großtuerei haben an irgend
einer Ecke, in irgend einem Winkel der Welt,
zu irgend einer Stunde angefangen ...”
“That Fatal Sneeze Familionär” ist eine kurze
Sequenz von zwei repititiv in schnellem
Wechsel in die Kamera gehaltenen Ausdrucken
und einem Stück beschädigter Wand, das
zwischendurch sichtbar wird. Auf dem
einen Ausdruck ist eine Textstelle aus der
Abhandlung “Der Witz und seine Beziehung
zum Unbewussten” von Sigmund Freud zu
sehen, in der Freud einen Wortwitz aus den
“Reisebildern” von Heinrich Heine analysiert und die Synthese der beiden Wörter
“familiär” und “Millionär” grafisch wie eine
mathematischez Gleichung umsetzt. Der
andere Druck zeigt ein Filmstill aus “That Fatal
Sneeze”, ein britischer Stummfilm von Lewin
Fitzhamon aus dem Jahr 1907. Zu sehen ist hier
der Ausschnitt aus einem Zimmer mit Fenster
und Vorhang. Die Motive der beschädigten
Wand und des Zimmers setzen das im Textbild
begonnene assoziative Spiel fort und werden
zu Elementen eines rythmischen Lichtspiels.
*Berlin / Wien
Technology is connecting us and we can
communicate via smart phones over seas, but
sometimes this same technology seems to
separate us. Solitude is an ”update” film and it is
shot in Mexico by smart phone.
1992-98 Kunstakademie Münster, Hochschule für Bildende Künste 1998 Meisterschülerin von Timm Ulrichs *Düsseldorf
Lives and works in Helsinki, Finland Aalto
University Helsinki, School of Art and Design,
Jyväskylä University, Art education and Creative
Writing Awards: 2012 Jury award, Spring
Exhibition 2012, Charlottenborg Kunsthal,
Denmark 2011 Risto Jarva-Prize, Tampere
International Film Festival, Finland 2010 Best
Documentary Film, AFF (Artova Film Festival),
Helsinki, Finland 2009 Grand Prix, Kratkofil,
Bosnia and Herzegovina International Short
Film Festival *Helsinki
Wenn und Aber - Ein Gedankendiktat
Jeannette Schnüttgen / Jessica Prentzel
2012 08:00 min
Eine kurze Vision von Einwänden, Vorbehalten und Zweifeln.
Echos
Enis Vardar /Andre Möller
2011 04:27 min
Linien und Sinustöne kreuzen, verbinden,
trennen und stoßen sich ab im offenen Raum.
Filmemacher *Düsseldorf
Die beiden Künstlerinnen finden sich seit und
nach ihrem Studium an der Kunstakademie
Düsseldorf von Zeit zu Zeit für gemeinsames
Arbeiten zusammen. *Düsseldorf
Strom
Christian Deckert
2011 07:36 min
Unter dem wir stehen. Gegen den wir
schwimmen. Den wir brauchen. Was, wenn er
fehlt?
Kaa
Marcus Herse
2011 03:00 min
HD Video mit Angela Fette und Christian
Jendreiko, 2012 Screening im Rahmen der
Ausstellung Corridor Plateau, Kunstverein
Schwerte, Schwerte, Germany 2011 Marcus
Herse - KAA, Schnaky White, Düsseldorf,
Germany *Berchtesgaden / Düsseldorf / Los
Angeles
Studierte an der Kunstakademie Düsseldorf
bei Alfonso Hüppi. Der Film wurde gefördert
durch das Filmlaboratorium der Filmwerkstatt
Düsseldorf *Düsseldorf
Abbildung Seiten 86-87: Buchstabensuppe Mechthild Hagemann
84
85
86
87
Versi / Stimmen Fragment von Stephen Reader
So little worse the old man and child. (…) Not worsen yet the rift. Save for some
after nohow somehow worser on.
((nicht gesprochen:)) (Samuel Beckett, Worstward Ho,
1983)
Andere Zeit.
Draussen durch das offene Fenster – ins Staubigblaue, immerhin Blaue, hantiert jemand an einer
Kurbel. Metall auf Metall, ts-äää ts-äää ts-äää ts-äää? nach A. verwirrenderweise wo dasselbe
Geräusch mit stimmhafterem ächzendem ts einer Vogelkehle tönen konnte. – Ts-äää ts-äää?
tsäää? pumpt es kopfnickend sein Lied heraus. Ähnlicher Widerhall. Als ich es zum ersten Mal
hörte, dachte ich es sei ein Flaschenzug, jemand an der Arbeit.
Wie war es? Viel,dicht,schön ? Schwindelerregend Und? (Was hätte Beckett wohl nicht
gegeben, um „nicht“ aufs Wort zu kommen). War immer ein Weg[wegg] – war fort, away, immer
schon gewesen. Nicht eben ein Wéeg, a way. Fort konntest Du nie. Ein da-abwesend. Man stelle
sich also vor ein Ankommen an Fort und Zurück.
Zurückkehren ist nur hin zum Zurück?
Kein Schritt voran? Kein einziger weiter? Jahrzehnt weiter.
((Gehen: eine enge Kurve als Spiralabschnitt. Ende mit dem Zuschauerraum zugewandtem Rücken. Grafiktablett:
DREAM RUN))
Rückkehr immer nur retro?
((Erneut kehren (wenden), langsam, dem Zuschauerraum zu))
Kein gleicher Ort.
Kein gleiches Ich.
Ein anderer Besuch.
Schau, Mama, Ohne Hände. (Nur noch meine). Freilaufend. Frei rückkehrend. Diesmal
hineinsegeln.
Da der Traum des Nachgehens.
Der Traumgang – Traum begangen
Stimmen
Stimmen
Take die erste.
((hier Würgerkrähen-/Flötenvogel-Flötschreie rufen))
So vorgefunden – Eine Vielfaltsschar der Stimmen allesamt das Rufen eines Vogels und sei´s weiterhin, Vaters geänderte Rollen (und war´s weiterhin) – nebeneinander frühe Sichten spitz und stark und im Erwachsenen Begegnung voll halbes Leben weiter, sein nahezu ganzes.
Not worsen yet the rift.“
Einzig Schillern bis auf „terra nullius“.
Neun. Einstweilen. Vater geflogen. Dann besucht – Durchtrenntes Real, dem ich gelernt hatte, keinen Glauben
einzuräumen, obdoch reale Menschen gelegentlich von dort heraus anriefen, einen Besuch abstatteten beziehungsweise man hörte ihre Herkunft heraus beiläufig. Lernt‘s, das Tote in der Hand zu fassen. Nun real ich dort unreal
vierzig und er beinahe das Doppelte. Hände über den Abgrund. Unmöglich hin wie vor Zeiten allmählich hin
unversehens nicht hin – umsoweniger abgetan. Das banale skurril. Innewohnend nirgendwo immer präsent.
***********
Take die dritte. Schau Mama Ohne Hände. Schau, Es Ist In Ordnung als ob zehrende Stase ungeschehen zu machen
und immerfort das Begrabensein wie das mit Erbse und Matraze.
((In anderer Stimme, à-la mit-allen-Wässern-gewaschen:))
Verdammt abgestandene Erbse was.
((Eigenstimme))
Schau, schaukel, geschaukelt, das hier bin ich der diesmal dahinSEGELT in eigener Sache selbständig die ganze
schale Flaute hindurch.
((Weitere Stimme… ))
Jaja gut –
((Jene Stimme des Yorkshire Komikers 1930er - 50er))
Mutter siehst Du mich?
((diese Stimme verlassen))
Nein: das nicht. „Ruh‘ Dich aus, es ist in Ordnung“, ungeachtet des ganzen innegehaltenen Atmens
bis dahin, zeitlangs bis dahin. Den Balg spielen Gott der Balg der keine Wahl sah ausser spielen,
neun, zehn, elf, zwölf unter Arrest des Atems. Nicht vorzustellen Aufhebung aufgehoben Bewährung.
Dreizehn, - um die Dreizehn. Etwas, was Sally Morgan ansprach. Terra nullius corpus nullius. Ist
dieses Ich also nun das Trauern? ((½-Atemzugs-Pause))
((Der Filmatelierruf)) Take die erste!
Ich sag‘ Dir, was das ist: der Bammel. Du kennst doch die Regeln. Kein Hingelangen.Unter Androhung von Schwindel. Vertigo.
Lesen über deinen Ort. Träumen von Vogelstimme die Du beschreibst. Wird nicht deine gewesen sein. Für deine
lese nun in zweiter Person meine. Wünschte es wahrscheinlich dorthin und hörte etwas, das nicht meins sein darf
in Gestalt des Vogels. ((in
Dozentenmanier:)) ich schweife ab.
((Überschrift, gedruckt, kann unausgesprochen bleiben:))
Du vernebeltest ganz schön freundlich. In für mich allerdings fern flau schmerzlicher Weise unbeholfen. Aus heiterem Himmel, er als wir uns zuletzt begegneten ah der Unterhalter von dem die Rede war. Bühnenfarce ahoi und
alles drum herum. Das also war das Wie ihrer Verblüffung. Könnte ich, ungewöhnlich oder umständlich wie die
Bitte ist, so nett sein sagen, ich hätte sein Buch gelesen. Du wusstest nicht, ich hatte es gelesen. Wolltest von mir, ich
spiele, in Deinem jeden Sinn, jedes Empfinden jeden Schmerz alles tilgenden Timbre. Wie ich meine, die Stimme,
die hab‘ ich.
Turm von Babel kein wilder Überfluss nur Wellen des Vagen.
(Take all.)
Sprache verloren sie gehen zu lassen
Polyglottismus
Die Glossolalie oder <<Zungenrede>> kann heissen eine Rede, trotz der eigenen. Stimmhaft
werden überhaupt.
Sagen.
At most analogous. Es bleibt analog.
Rede in Zungen oder ersticke.
Was gewonnen? – Obacht.
MIND THE GAP VORSICHT DIFFERENZ
88
i
Currawong– Würgerkrähe, Flötenvogel, verbreitung Australien bis Neuguinea, hier Strepera versicolor, Würgerkrähe bzw. Strepera graculina, Würgerkrähe.
Magpie, Elster hier: das australische Gegenpart, Australian Magpie, Gymnorhina tibicen, Flötenvogel, der gleichen Familie der Cracticidae.
ii
„Mutter, siehst Du mich?“ - eigtl. „Mutter, hörst Du mich?“ - Can You Hear Me, Mother? Schlagwort des Albert („Sandy“) Powell, brit. Music-Hall-/Bühnen-/
v. A. Rundfunk-Komiker, 1900-1982. Aus einer Radiosendung, 1930er ff. und Filmtitel, 1935. Die Phrase ist heute vermutl., zumind. auf breiter Ebene, im engl.-sprachigen
Raum – z.B. - aus Rückblick-Sendungen - geläufiger als sein Name bzw. seine Werke, so populär er bis weit in die Nachkriegszeit offenbar war. Den Generationen der beiden
Weltkriege, zu denen meine brit. Großeltern und deren Söhne gehörten, war er ein Topos.- http://en.wikipedia.org/wiki/Sandy_Powell_%28comedian%29
iii
Sally Morgan, My Place(Fremantle 1987/8), dt. v. Gabriele Yin, Ich hörte den Vogel rufen (Berlin: Orlanda Frauenverlag, & Zürich: Unionsverlag, beide 1991)
89
Die Stimme aus dem Off
22:25
«die weisse Frau...»
Philipp Künzli / Jan Mühlethaler
2011/12 06:17 min
White Horse
Stine Gonsholt
2010 02:58 min
Ich habe keine Ahnung, wie viele Male ich
durch den Belchen gefahren bin. Ob in der
Nacht oder am Tag, für mich ist die Sage
omnipräsent. Vielleicht bin ich auch geprägt
von meiner Kindheit und Jugend. Sei es
durch unseren Vater oder die Mutter eines
Kollegen, welche uns durch den Belchen
an ein „Tschutiturnier“ fuhr und wieder
später von den Kollegen selbst. Sobald es die
Belchenrampe hochging, wurde ich durch
wilde Erzählungen in den entsprechenden
Vorsichts- und Respektzustand versetzt. Es
sind wunderbare Erinnerungen gespickt von
Neugierde und Unsicherheit. Das Auto hat
etwas Faszinierendes. Es ist ein Innenraum,
welcher zu ganz eigenen Stimmungen führt.
Immer wieder fällt mir auf, wie intim Fahrten in einem Auto sind. Selten halte ich mit
Kollegen solch offene Gespräche wie in einem fahrenden Wagen. Und selten finde
ich, bin ich so ehrlich mit mir selbst. Wie
entsteht jedoch solch eine Sage? Vielleicht
ist es die Kombination, von diesem ehrlichen
und persönlichen Zustand in der Enge des
Tunnels. Ein Moment verborgen genug, um
unsere tiefsten Wünsche, Ängste und Phantasien an die Oberfläche zu bringen. Ich
finde diese Vorstellung phantastisch. Der
Unterschied zwischen einer Sage und einem
Märchen ist, dass ersteres den Anspruch auf
einen Wahrheitsteil erhebt. So gesehen die
Anerkennung des Übernatürlichen? Oder ist
doch alles viel einfacher? Wird die Legende
nicht bereits mit der Auseinandersetzung
genährt und am Leben erhalten? Und macht
uns dies wiederum nicht alle zum Teil davon?
Wo also hört die Realität auf und wo beginnt
die Sage?
In a dreamlike sequence, a white horse is
resting in harsh sunlight. “White Horse”
poses questions about the conditions,
possibilities and limits of human activity.
The work points to the ambivalence between
responsibility, indifference and resignation.
9th Festival international Signes de Nuit,
Paris / France *Skien, NO
One frying pan has a right to be as popular
as Greta Garbo - Bojan Ljubomir Jugovic
2010 05:00 min
katalepsi
Hasan Kilic
2012 04:23 min
Return of Gratitude of the Crane
Miya Ando
2010 05:28 min
In an unknown state, at an unknown place,
two uncanny afterlife beings, male and
female, fooling around and talking about
mundane things, pop culture, love etc. while
swinging nearby a foggy river. Even though
it’s filmed in Bosnia and Herzegovina the
language spoken in the film is not Serbian,
nor Croatian nor the laguage of Bosniaks.
It’s a completly imagined uncanny language.
Title of the film represents quotation by
Zivojin Pavlovic [1933-1998] well known
filmmaker and writer.
We no longer have the power of will and the
will to want. Our inability to dream and to
create ideas are fetters restraining us. Others
are thinking and deciding instead of us. We
are chasing for their ideas. This shall make
us similar to them. If there is a world where
everyone is similar to the other, all colors will
turn into black and white...
Falling pieces of silver leaf against Miya
Ando Steel work, a retelling (in Japanese
and English) of a traditional Japanese Fairy
Tale. Voice/Concept: Miya Ando, Filming,
Editing: Thomas Kruesselmann
Bojan Ljubomir studied architecture at
Faculty of Architecture and civil engineering
in Banja Luka. He composed music and
played in several alternative rock bands
and he writes, directs and produces short
films and music videos within his unformal
Studio Maht based in Banja Luka. Works as
freelance graphic designer and ocassional
writes and translates film and culture related
texts as VIP author at Blog B92 *Banja Luka
Student at Kocaeli University, studying
photography. Short films for national and
international competitions. Filmography:
Catalepsy (2012), Psychosis (2012), Integral
(2011) assistant director, Oasis (2012)
Director of Photography * Kocaeli, TR
Miya Ando is an artist who works with light
and metals. Half Japanese and half Russian,
Ando was raised in a Buddhist temple in
Japan by swords smith turned Buddhist
priests. *NYC
Nocturne
Katharina Schmitt
2012 01:48 min
*Düsseldorf
Premiere the Art foundation Award Solothurn 2012 Screened at the International
Cinematographer Film Festival, Ostrava
Czech Rep. *Olten / Solothurn
90
91
Sprich mich
­ s gibt, scheint mir, eine bleibende Spur, die
E
ausgehend von den frühkindlichen lautlichen
Entäußerungen als klanglicher Nebeneffekt
das Sprechen begleitet.
Die anfänglichen „Lallmonologe“, mit denen
wir vor dem endgültigen Spracherwerb mit
Lauten und Satzteilen akustisch jonglieren,
bilden die Ausgangserfahrungen für den
Umgang mit Worten und ihrer Wirkung im
Raum. Mit Rhythmisierungen, Wiederholungen, Nachahmungen von Geräuschen,
verschiedenen Lautstärkeregelungen und Intonationen loten wir unsere lautliche Präsenz
und unseren Echoraum aus: Wo ist wer? Wie
klingt was? Was klingt in mir wieder? Diese
Forschungsphase geht bald vorüber, aber es
bleibt im Weiteren das Gefühl für die unterschiedlichen Sprech-Melodien, die immer
dann besonders hervortreten, wenn man
nicht ausschließlich auf den grammatischen
Sinn der Aussage achtet. Spürt man diesen
LAUTMALEREIEN eine Weile nach, kann
sich auch beim Erwachsenen ein seltsames
Schwebegefühl einstellen. Dazu taucht bei
mir unversehens eine lang zurück liegende
Episode auf, wobei es allerdings kein Mensch
war, mit dem ich redete oder ein einsamer
Monolog, sondern ich sprach ein Feuer an,
das mir eigenartig zu antworten schien. Die
Szene ist folgende: Ich war circa sieben Jahre alt, und wir spielten in einer Gruppe von
Mädchen. Das Spiel hieß „Ofen anbeten“.
Dies war allerdings eine Performance, der
man sich als Verliererin in einem Ratespiel zu
unterziehen hatte, und zwar dergestalt, dass
man sich vor dem Ofen nieder kniete und
ein, zwei oder mehrmals, je nach Höhe des
Strafkontos, rezitierten musste: “Lieber Ofen,
ich bete dich an. Du brauchst Kohlen und ich
einen Mann.“ Ganz nahe beim Ofen war ich
dabei mit der Stirn, ich fühlte mich von da
aus selbst glühen, und die Flamme, die hinter einer kleinen Glasscheibe zuckte und sich
rhythmisch in verschiedene hoch aufragende
Spiralzeiger aufspaltete, schien eine stumme
Lautmalerei aufzuführen oder eine Art Gebärdensprache des Feuers. Rhythmisch las
ich etwas wie: go - s – po – di –n. Oder habe
ich das geträumt?
Von den hinteren Räumen der Wohnung
drangen jedenfalls gleichzeitig aufgebrachte
Stimmen hervor, und je lauter sie wurden,
92
umso weniger verstand ich, worum es ging.
Es war offenbar kein Deutsch, das da gesprochen bzw. geschrieen wurde. Aber was war es
dann? Es waren zwar eindeutig meine Großeltern, die da hinten tobten, - das erkannte
ich am Klang der Stimmen. Alles andere blieb
mir ein Rätsel, auch dann, als ich erfuhr, dass
sie mehrere Sprachen sprechen konnten: Ungarisch, Österreichisch, Serbokroatisch und
nicht zuletzt „Schwowisch“ bzw. Deitsch,
wie das Idiom der Donauschwaben auch genannt wird.
Dazu muss man wissen, dass die wichtigsten
so genannten „Kontaktsprachen“ des Donauschwäbischen Kroatisch/Serbisch, Rumänisch, Ungarisch, Französisch und Türkisch
waren und daher auch zahlreiche Wörter der
Alltagssprache daraus entlehnt wurden. Dieser Zusammenhang war mir unbekannt, der
Klang stellte nun aber in meinen Ohren eine
ganz eigene magische Mischung oder „Melantsch“ dar. Zudem hielt ich es – eben auch
mit höchst gemischten Gefühlen - für eine
Privatsprache oder eine Laune meiner Verwandten, da ich diese Flickensprache sonst
nirgendwo hörte. Es schien mir wie ein Gewebe aus halbwegs verständlichem Deutsch
- obwohl die Aussprache doch sehr von der
mir sonst bekannten abwich - mit willkürlichen Einsprengseln, die mir oft wie unvorhersehbare sprachliche Einschlüsse- oder
-schüsse vorkamen. Mit der Zeit habe ich
mich aber dann doch wohl da hineingehört
und verstehe bis heute einiges, das ich aber
selbst gar nicht aussprechen könnte. Warum
sich aber das Wort „gospodin“ (serbokroatisch: „Herr“) damals im Feuer beim „Ofen
anbeten“ entfacht hat, ist mir zwar buchstäblich schleierhaft, aber auch nicht weiter
verwunderlich, zumal ich bis heute solche
Effekte erlebe.
Manchmal betrachte ich die Dinge um mich
und lausche auf ihr Echo. Sind sie so, wie ich
sie sehe? Oder ist es umgekehrt? Lauschen
wir in träumerischen Momenten den Dingen
ihre Befindlichkeit ab? Versuchen wir, mit ihnen in einen Dialog zu kommen, indem wir
ihre Eigenschaften mit allen Sinnen streifen
und diesen Aromen Wortfolgen entlocken?
Elisabeth Luchesi
18.07. 2012
93
Schlusswort der Akteure
Studiert Zeitbasierte Künste an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle an
der Saale *Halle an der Saale
23:05
Düsseldorf – Du Stadt der Wunder
Chiqueria
2012 03:00 min
Suchen der Instrumente
Kohyo HONG
2011 01:11 min
Inspiriert vom Leben, interessiert an Stil,
Inszenierung, Poesie und Musik tritt Nora
Hansen mit Camillo Grewe als Chiqueria
auf. Liebe, Sehnsucht, Magie, Wahrheit,
Glamour, Passion – ein Ausschnitt des Live
Auftrittes am Ebertplatz, Köln im Rahmen
des Single Club April. „Das war euer bestes
Konzert - Ich hatte eine Gänsehaut!“ (Alex
Wissel, Single Club)
„Ein großartiges
Konzert darüber, wie wertvoll unsere Träume
sind.“ (S. Riess, Passantin) „Neben uns war
Chiqueria mit ihrer visionären, kraftvollen,
ekstatischen Inszenierung die prägende
künstlerische Kraft des Single Clubs am
Ebertplatz.“ (Riccardo Paratore und Sami
Schlichting, Künstler)
Motiv: Im Alltag habe ich Dinge gefunden,
die Instrumenten sehr ähnlich sehen, und
ich habe mir häufig vorgestellt, dass es
echte Instrumente wären und wie sie wohl
klingen würden. Aus diesem Motiv habe
ich diese Arbeit gemacht. Die Regel für gute
Kommunikation: Ich habe jedem Ding, dass
ich ausgewählt habe, einen bestimmten
Klang zugeordnet. Sie ergeben zusammen
als Gruppe eine Melodie. Ich würde gerne
experimentieren, wie bestimmte Dinge
zwischen Bildern und Musik funktionieren.
Komposition / Gesang: Nora Hansen, Klavier
/ Arrangement: Camillo Grewe, Kamera /
Schnitt: Katharina Schmitt, Ton: Alexander
Bornschein *Düseldorf
1984 ist Kohyo Hong in Südkorea geboren.
Sie studierte an der Seoul National
University of Technology. Dort machte sie
den Bachelor-Abschluss machte. (Bachelor
of Design Art).Danach arbeitete sie beim
Rundfunk MTV Korea als Motiongrafikund Videodesignerin. 2008 beendete sie
die Arbeit bei MTV, um in Deutschland
zu studieren. Seit 2011 ist sie an der Hfbk
bei Prof. Faust als Masterstudentin und
ihr Studienschwerpunkt ist Zeitbezogene
Medien. Sie beschäftigt sich momentan
mit Videos und Installation in Hamburg.
*Hamburg
Trockenshampoo
Antoinette Zwirchmayr
2011 03:00 min
Exercise
Jan Verbeek
2007 01:45 min
Trockenshampoo für zwischendurch, Trockenshampoo, die ideale Trockenwäsche
zwischen den normalen Haarwäschen. Die
Frisur bleibt dabei erhalten, ist von Grund
auf erfrischt und hat wieder Fülle. Am besten
nicht warten, bis das Haar strähnig ist.
Die Zeichensprache der Schiedsrichterin
in einem Turnier junger Kampfsportler
beeinflusst die Wahrnehmung des Geschehens. The judge’s sign language at a martial
arts tournament affects the percep-tion of the
event.
Antoinette Zwirchmayr lebt und arbeitet in
Wien und studiert an der Akademie der bildenden Künste. *Wien
Voice
Eberhard Kranemann
2011 03:00 min
Scharrenhausers auf Tour
Fabian Daub/ Claire Walka
2011 05:35 min
Peter Scharrenhauser und Katahrina Zipse
machen einen Ausflug nach Bremen. Und
da darf die Video-Kamera natürlich nicht
fehlen. Sie geben sich Mühe, den Ausflug
inklusive Zugfahrt, Snacks und Bremens
Sehenswürdigkeiten im besten Licht zu
zeigen, aber ob ihnen das wohl gelingt? Ein
Städteportrait der etwas anderen Art.
Jan Verbeek, geb. 1966. Kunstakademie
Düsseldorf u. KHM Köln. Zahlreiche
internationale Ausstellungen u. Preise. Letzte
Ausstellung in Düsseldorf: KIT - Bilder gegen
die Dunkelheit *Köln
Claire Walka studierte Film und Gestaltung
in Offenbach und Barcelona. Sie drehte
zahlreiche Kurzfilme, Clips und Musikvideos
und schreibt außerdem kurze Texte, die sie
bei performativen Lesungen präsentiert. Sie
arbeitet freiberuflich als Regisseurin und
Cutterin in Berlin und Hamburg. Fabian
Daub studierte in Hamburg und Genf
Regie und Produktion für Dokumentarfilm.
*Hamburg
Single Trailer
Alexander Wissel / Jan Bonny
2011/2012 02:00 min
Am Ende der Sprache
Trailer des Films “single” “Musik, Freundschaft und grenzenlose Inkompetenz” ( Filmplakattext) *Düsseldorf/ Köln
Meisterschüler der Kunstakademie Düsseldorf, Performance mit Joseph Beuys, Kraftwerkmitbegründer, Documentateilnehmer 2012
*Wuppertal
Senioren
Gul Ramani
1990 03:46 min
*Düsseldorf
Carrot Soup
Salome Sagaradze / Luka Chkhaidze
2012 06.00 min
Abbildung Seiten 96-97: Die Dächer brennen, Videostill Tanja Goethe
94
Carrot soup, crisis of relationship of two
under the same ceiling and expressive dance
in the kitchen. Has not yet participated in any
festival. *Tbilisi
acting
Claus Stoermer
2011 01:14 min
Visuelle Komposition zu einem Soundstück
von Johannes Krause. In diesem Musikvideo
werden Deutungen von Film und Sound
zusammengebracht und mit einer Handlung
vermischt.
bild
Stefan Ettlinger
2012 03:01 min
“also, im text geht es um bild, im bild jetzt um
text, insofern es jedenfalls daraus besteht”
geb. 1958. 1980-88 Studium an der Staatlichen
Kunstakademie Düsseldorf bei Alfonso
Hüppi (Malerei). Musik, Performance, Film
etc. u.a. auch als Mitglied der Anarchistischen
Gummizelle *Düsseldorf
95
96
97
Danksagung
Ein ganz großer Dank geht an
alle beteiligten KünstlerInnen
Emmanuel Mir
Paula Schneider
Stefanie Pürschler
Robert Hartmann
Annette Schubert
Marianne Schirge
Karin Rauers
Moritz Führmann
Giulia Bowinkel
Michael Jonas
Heinz Hausmann
Malwina Steinhoff
Alexander Lorenz
Nicholas Petrus
Evanna Rathner
Frauke Berg
Matthias Böttger
Axel Ganz
Denis Rosen
Romano Granderath
Jimmi Di Io
Patrick Moser
Saskia Zeller
Christof Wolf
Karlheinz Rummeny
Lisa Kuschmann
Krunoslav Stipesevic
Volker Schraeger-Enkirch
Christian Blaschke
Ursula Ströbele
Frauke Tomczak
Anna Mirbach
Helmut Schweizer
Nora Hansen
Simone Letto
Andreas Techler
Durstbunker
Schauspielhaus Düsseldorf
Dorothea Stiegemann
Alexandra Buchetmann
Dr. Jürgen und Petra Schmitt
Katharina Busch
Friedrich Bonnmann
Mirian Schwedt
Alexander Wissel
Nils Bleibtreu
Bettina Mayer
Ruslan Daskalov
Wanda Growe
Jana Lina Berkenbusch
Sascha Herrmann
Robert Brambora
Raphaela Simon
Paul Maciejowski
Joe Sarcic
98
99
Autorenverzeichnis
Texte und Bilder
S. 10
Sprache in Arbeit
Susanne Fasbender
1980-89 ausgebildet zur Malerei bei dem
Wiener Aktionisten Otto Muehl Video bei
Prof. Nan Hoover 1994-95 an der Kunstakademie Düsseldorf arbeitet mit Video, Installationen, Fotocollagen Gründerin des Kunstfilmtages, Autorin des Programmtitels 2012
S. 20
Die Falten des Königs
Sprachwege
Matthias van Baaren
Studium an der Universität für angewandte
Kunst in Wien. Seit 2007 Freier Filmemacher.
S. 26
Haus
2010, VG Bildkunst, Bonn 2012
Moritz Wegwerth
Geboren 1981 in Ilbeshausen,
Kunstakademie Düsseldorf, Prof. Andreas
Gursky lebt und arbeitet in Düsseldorf
S. 30
Fön
Ursula Ströbele
Studium an der Kunstakademie Düsseldorf
von 1985-1993 Meisterschülerin von Nam
June Paik.
S. 34
Hemd
Julia van Koolwijk
bildende Künstlerin, Kunstakademie Düsseldorf Meisterschülerin bei Prof. Fritz Schwegler
S. 35
Man kann ein Buch wie einen Bach in die
Hand nehmen
Gundi Feyrer
1977/78 Kunstakademie München, 1978 - 83
HfbK, Hamburg. Arbeiten mit Wort, Bild
und Ton. Seit 1990 in Rom, Paris, Graz, Berlin, Madrid, Córdoba, Köln, Wien.
S. 40
fight
Frauke Berg
Visuelle Kommunikation: Fachhochschule
Düsseldorf
Freie Kunst: Ecole régionale des Beaux Arts
de Besançon/Frankreich
100
S. 41
Ausklang
Birgit Borsutzky
Studium der Philosophie, Master of Arts,
University of Leeds, UK, Magister Artium,
Universität Bielefeld, freie Autorin, Konzeptionerin und Filmemacherin.
www.birgit-borsutzky.de
S. 44
Stiller
Natascha Engelmann
Scan eines von N.E. zum Thema des Kunstfilmtages spontan aufgeschriebenes Zitat aus
„Stiller“ von Max Frisch
Studium der Philosophie und Germanistik,
Düsseldorf und Berlin 1984-86 Meisterschülerin von Nan Hoover, Kunstakademie Düsseldorf, 19 1991-95
Berlin/NYC
S. 45
NUN- Gelände ohne Rand
Jens Stittgen
geb. 1956 in Karlsruhe, Studium Kunstakademie Düsseldorf, Meisterschüler, lebt und
arbeitet in Düsseldorf
S. 46
Weg nach Babel
Emmanuel Mir
Selbstständiger Kunstwissenschaftler, Autor
und Kurator, Dozent an der FADBK Essen,
Studium der Kunst an der Kunstakademie
Düsseldorf; Meisterschüler von D. Rabinowitch, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Literaturwissenschaft an der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Promotion 2012
S. 48
Zeichnungen zu Friedrich Nietzsches „Unzeitgemäßen Betrachtungen“
Herbert Willlems
freier Künstler, Lehrtätigkeit Kunstakademie
Düsseldorf. 100 Zeichnungen zu Friedrich
Nietzsches „Unzeitgemäßen Betrachtungen“.
Beim Lesen der „Hermeneutik des Subjekts“
von M.Foucault und dem immer wieder nicht
verstehen, tauchte Nietzsche auf und die Frage , welche Krankheit Sokrates befallen hat:
„Die Gesundheit des Verstehens“. 5 Monate
später in Wuppertal lasen wir in einem Philosophieseminar die „Unzeitgemäßen Betrachtungen“, die auch kein Sprechen in mir
auslösten, aber ein Zeichnen. Jetzt rede ich
über die Zeichnungen, weil ich das Verstehen
biegen will. Ein Zeichenfilm, der den Nutzen
und Nachteil der Historie bespricht und uns
belebt, wäre eine gute Zange.
S. 52
wer nichts wird, wird virtuell
Thorsten Ebeling & Heinz Hausmann
„wer nichts wird, wird virtuell“ („wnw,wv“)
ist der Titel eines von Thorsten Ebeling und
Heinz Hausmann gemeinsam verfassten Buches. Es wird im Dezember 2012 erscheinen.
Hier als Abbildungen zwei Seiten aus diesem Buch, in Originalgröße. Das Buch ist in
Arbeit - möglicherweise werden die Seiten
noch überarbeitet und verändert. Aber der
Eindruck hier kommt der endgültigen Form
des Buches schon recht nahe, so wird es aussehen.
www.heinzhausmann.de
www.t-ebeling.de
http://www.t-ebeling.de/mobile/wer-nichtswird-wird-virtuell.html
die Edition zum Buch:
„Tageskarte“
Subskriptionsedition
4 farbige Buchumschläge (Papier)
Tintenstrahldruck
Thorsten Ebeling & Heinz Hausmann
Auflage: 50
www.halberliterverlag.de
S.54
Film und Sprache
Frauke Tomczak
Dr. phil. 1989, freie Autorin und Dozentin,
Lehraufträge an unterschiedlichen Hochschulen und an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (1995-2006), Arbeitsschwerpunkte: literarische Moderne, historische
Avantgarden und punktuell Gegenwartsliteratur, seit 1998 erweitert um das Medium
Film (Filmseminare, Vorträge und Filmreihen), sie schreibt Lyrik, lebt in Düsseldorf.
Zahlreiche Veröffentlichungen in Fachzeitschriften, im Rundfunk und im Feuilleton.
S. 59
It Works Both Ways
Anna Cady
Anna: I often make work with people who
have different ways of communicating - or
something to communicate which is difficult to put into words. Louisa: Doing this
work with Anna has given me an imaginative
mind. I am able to tell people what I think
and feel about different things. S. 60
Art Which Speaks To Us
Jenny Chamarette
Jenny Chamarette is a Lecturer in Film Studies at Queen Mary, University of London.
She writes on theorisations of the moving
image, particularly to do with issues of embodiment. She has curated short film festivals
since 2007, including film programming at
the Cambridge Film Festival and a curatorial
project at the Bonington Gallery in Nottingham. Jenny enjoys collaborating with moving
image artists, such as Anna Cady, who is featured in this programme.
S. 66
Sprache in Arbeit / Fortsetzung
Susanne Fasbender
S. 67
No. 9 from Not Drowning, Just Waving
chromogenic print, 12 x 9 in.
Sally Grizzell Larson
lives in Philadelphia. Screenings of her video
works is described on page ... Her photographic work has been published in Monochrom
(#26-34, Vienna, 2010); ITCH Magazine
(Johannesburg, 2009); “Photography Reborn” (Abrams, 2005); “Writing the World:
On Globalization” (M.I.T., 2005); “Digital
Art Revolution” (Random House/WatsonGuptill, 2010); and Rethinking Marxism,
among others. Exhibition venues include
the National Centre of Contemporary Art,
Moscow; SIGGRAPH; Brooklyn Museum;
Yale University Art Gallery; and Kunstraum
B/2, Leipzig.
S.69
Film und Sprache / Fortsetzung
Frauke Tomczak
S. 74
Hütchenspieler 1-8
S. 75
Ich habe es satt
Philipp Röcker
*1984 in Aalen, lebt und arbeitet in Berlin,
Leipzig und Düsseldorf 2006 HS München,
experimentelle und visuelle Kommunikation mit Prof. Thomas August Günther 2010
HGB Leipzig, Klasse für Bildende Kunst bei
Prof. Astrid Klein seit 2012 Kunstakademie
Düsseldorf, Klasse für Bildhauerei bei Didier
Vermeiren
S. 80
Two Islands
Jan Ijäs
Lives and works in Helsinki, Finland
Aalto University Helsinki, School of Art and
Design Jyväskylä University, Art education
and Creative Writing
S. 83
Killing
2001
Lars Breuer
Geboren 1974 in Aachen, lebt und arbeitet
in Köln 1995-1996 Staatliche Kunstakademie
Münster 1996-2001 Staatliche Kunstakademie Düsseldorf (Freie Kunst: Malerei) 19972003 Heinrich-Heine Universität Düsseldorf
(Philosophie, Kunstgeschichte) seit 2004
Ausstellungsraum Konsortium, Düsseldorf
Permanente öffentliche Arbeiten: Tiefgarage
der Kunsthalle Düsseldorf, seit 2007 Eingang
/ Restaurant und Tiefgarage des Museum
Folkwang, Essen, seit 2010 Sammlung Ludwig Forum für Internationale Kunst, Aachen
letzte Einzelausstellungen:
2012
„Esplosione Esplosione Esplosione“ Galerie SchauOrt Christiane Büntgen, Zürich
„Revolution / Restauration“ Galleri Kant,
Kopenhagen „Ideologie“ Panatom Gallery, Berlin „Spaceinvader“ Karst, Plymouth
(Konsortium) „Gegenentwurf “ Kunstverein
Paderborn
www.larsbreuer.dez
S. 86
Buchstabensuppe, Mai 2012
Mechthild Hagemann
geb. 1960 in Münster
Meisterschülerin der Kunstakademie Düsseldorf lebt und arbeitet in Düsseldorf
S. 88
Versi / Stimmen fragment
Stephen Reader
Geboren 1950 in Zürich; B.A. (Hons) Freie
Kunst & Germanistik, University of Wales;
Kunstakademie Düsseldorf (Meisterschüler/
Prof. Rolf Sackenheim), lebt und arbeitet
in Düsseldorf, Grafisches einschl. Sprache/
Schreiben, ins Plastische/Räumliche und
Konzeptuelle, was unweigerlich wenn auch
selten, ins Performative führt. Wie auch umgekehrt: Arbeiten an den Übergängen
S. 92
Sprich mich
Elisabeth Luchesi
ab 1972 Ethnologiestudium in Mainz und
Berlin (MA)
Studienreisen nach Lateinamerika, Afrika
(Tanzania, Kenia, Benin, Togo, Nigeria),
Indien; Vorträge und Diskussionsveranstaltungen zu internationaler Kunst (u.a. evang.
Akademie Loccum, Kunsthalle Basel, Ludwig
Forum für internationale Kunst); Mitarbeit
bei den Berliner Festspielen, Publikationen
zu ikonographischen Themen 1981-85 Studium an der Hochschule d. Künste Berlin: Freie
Malerei, Prof. Marwan (Meisterschülerin
1985) 1991 Symposium „Terms of Art“. Neue
Kunst aus Afrika, Kunstsammlung NRW gefördert v. Kultusministerium NRW u. Auswärt. Amt 1998-2002 Weiterbildung an der
Kölner Schule für Kunsttherapie seit 2003
Workshops zur Thematik Gestaltung und
Wahrnehmung (u.a. an der Kunstsammlung
NRW (K20), an der Akademie Steinfeld) seit
2007 Redaktionsassistenz bei Kunst & Therapie, Claus Richter Verlag, Köln Künstlerische
Projekte, Gruppen-und Einzelausstellungen
seit 1984
S. 96
Die Dächer brennen
Videostill
Tanja Goethe
2007, Video, 6:33 min, Farbe, Ton, 4:3 PAL
geb.1981 2005-2011 Studium der Freien
Kunst an der Städelschule Frankfurt und
Kunstakademie Düsseldorf, Meisterschülerin
Prof. Rosemarie Trockel
S. 99
Behalte das Bild im Auge
Videostill aus „Lies etwas hier“
Georgie Grace s.S.
101
filmlaboratorium filmwerkstatt düsseldorf
Studio für zeitgenössische Film- und Videokunst | Projektförderung für AbsolventInnen
der Kunst- und Filmschulen / Hochschulen, FilmemacherInnen und VideokünstlerInnen |
filmlab festival 8. / 9. Dezember 2012 | Anmeldeschluss neues Semester: 15. Juli 2013 |
Bewerbungsunterlagen und Informationen unter www.filmlaboratorium.de
102
103
Index
A
Abeyat Reza
Aldridge Sinead
Alonso Sebastian
Ando Miya
13, 18
19
63
91
B
Banz Friedemann
Baumann Günter
Bellack Mina
Bennett Vicki
Benzulla Johannes
Berg Frauke
Bieseke Tobias
Bigler Kathrin Yvonne
Bowinkel Giulia
Bonny Jan
Borsutzky Birgit
Breuer Lars
Brümmerhoff Robert
78
66, 71
85
84
39
5, 40
72
50
78
95
41
83
51
C
Cady Anna
Cardona Lorena
Chkhaidze Luka
Chamarette Jenny
Chiqueria
Craciun Martin
58, 59
65
94
60
94
63
D
Dannert Frauke
Danza Taller
Daub Fabian
Deckert Christian
Del Missier Renee
Delgado Alejandra
Demirel Süleyman
Diallo Bakary
Donnelly Cian
Dunn John
Dusek Dominik
77
63
95
85
32, 51
62
66, 70
66, 70
73
33
79
E
Ebeling Thorsten
Eiag Tim
Engelmann Natascha
Erbacher Max
Erdogan Ertan
Ettlinger Stefan
F
Fasbender Susanne
Fette Angela
Feyrer Gundi
Flock Susanna
Fonjallaz David
Friedrich Verena
G
Galindo Regina Jose
Galuppo Gustavo
Ganz Axel
Goethe Tanja
Gonsholt Stine
Grace Georgie
Gremme Anna-Lena
Grewe Camillo
104
52
32
44
51
72
95
10, 66, 78
77
35
33
46, 50
16
64
65
13
39, 96
90
8, 99
39, 47
94
H
Ha Wonsik
Hansen Nora
Hagemann Mechthild
Hausmann Heinz
Herrera Juanjo
Herse Markus
Hochstatter Karin
Hoffs Max
Hong Kohyo
Hopson Melissa
39
94
86
10, 52, 69
63
47, 85
57
32
47, 56, 94
57
I
Ijäs Jan
Isa Andrea
78, 80, 85
58
J
Jafri Faiyaz
Jeong Hyojin
Joskowicz Claudia
Jugovic Bojan Ljubomir
71
39
64
91
K
Kau Annebarbe
Keen Kenneth
Kellmann Marion
Kemsa Gudrun
Kilic Hasan
Kim Jisoo
Kim Jungwoon
Kim Miryeon
Komers Rainer
Koolwijk Julia van
Kranemannn Eberhard
Künzli Philipp
Kuselman Tamara
33
79
18
38
91
73
57
39
39
33, 34
47, 95
46, 90
65
L
Lang Holger
Larson Sally Grizzell
Lorenz Alexander
Luchesi Elisabeth
Lunardi Marcantonio
Lusitano Maria
Lux Stefan
M
Makolski Louisa
Mazzolo Pablo
Meisenberg Anna-Lena
Meisenberg Florian
Melhus Bjørn
Mir Emmanuel
Möller André
Montini Muriel
Mosquito Nastio
Mühlethaler Jan
Müller Charly
Müller Otto
N
Nakazawa Aki
Napstad Petter
Naulainen Ando
Naulainen Anti
Neuse Wilfried
Nikolic Nesha
Nocoma
47, 50
28, 47, 67, 78
29, 47, 62
43, 92
29, 47, 77
17
85
58, 59
39
29
12, 77
32
46
84
28, 46
63
90
43
79
70
50
32
32
43
12, 28, 47, 71
39
P
Peddinghaus Veronika
Petrus Nicholas
Pinciroli Sebastian
Prentzel Jessica
Pürschler Stefanie
19, 46, 66
62, 64
65
85
50
R
Ramani Gul
Ratner Evanna
Reader Stephen
Reeh Ute
Ressler Oliver
Ricciardi Angelo
Richter Julia Charlotte
Röcker Philipp
Roush Paula
Rüsenberg Joachim
95
42
88
56
13, 15
51
47, 89
74
17
76
S
Sagaradze Salome
Schmidt Thyra
Schmitt Katharina
Schmötzer Maximilian
Schnüttgen Jeannette
Schober Hubert
Schülke Anne
Schulze Phillip
Sievert Anne
Soldat Jan
Son Youngdeuk
Sornsongkram Atit
Souaiby Eli
Staack Jürgen
Steel Roderick
Steele Hamish
Steinmann Jörg
Stein-Schomburg Dennis
Stittgen Jens
Stoermer Claus
Ströbele Ursula
94
12, 29
90
38, 47
85
42
43
77
29
57
39
39
70
43
38
57
51
46, 71
45
95
12, 30, 33
T
Thaysen Birgitta
Tomczak Frauke
Troesser, Susanne
58
54, 69
13, 29, 43
V
van Baaren Matthias
Vardar Enis
Verbeek Jan
von Rudy Magdalena
14, 20
84
95
29
W
Walka Claire
Wegwerth Moritz
Weisser Westen
Wiese Anja
Wilkens Lisa
Willis-Jones Matt
Willems Herbert
Wissel Alexander
38, 95
26
77
32, 47
8
57
33, 48
95
Z
Zwirchmayr Antoinette
95