pink flower louis vuitton purse

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pink flower louis vuitton purse
ICON
Februar 2014
WHY NOT?
E r h ä l t l i c h a u s s c h l i e ß l i c h i n L o u i s V u i t t o n G e s c h ä f t e n . T e l . 0 2 11 / 8 6 4 7 0 0
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MILES ALDRIDGE
Vorhang auf!
D
ie Aufnahme stammt, man ahnt es schon, aus dem Condé-Nast-Archiv und gehört zu einer Auswahl von 150 großartigen
Modefotos, die vom 1. März bis 25. Mai im Pariser Musée de la Mode ausgestellt wird. Miles Aldridge hat die drei Füße 2002
für die italienische „Vogue“ fotografiert. Es hätte (abgesehen von der Schuhform) auch letzte Woche sein können. Stehen
die drei doch für genau jenes Lebensgefühl und jene Trends, die wir uns gerade von der Mode gern suggerieren lassen:
Die Welt ist bunt und Frechheit siegt. Also: Unbeschwertheit. Frech wird ja manchmal als unverschämt missverstanden,
aber eigentlich wohnt dem Begriff eher Dynamik inne. Wer frech ist, hinterfragt. Und wagt. (Als ich meine Haare abholzen ließ, hörte
ich öfter, anerkennend: „frecher Schnitt“.) Die Mode dieser Saison also ist bunt, von Kunst beseelt und vielfältig. Die (feiner) Stoff gewordene Aufforderung, Vorurteile abzulegen, die alten Kategorien mal wieder zu entsorgen. Parka zum Spitzenkleid zu dicken
Strümpfen. Rosa Kaschmir über Mondrian. Why not?! Mode ist ein kulturelles Spiel. Sie lässt uns ausbrechen aus der Ordnung, ohne
dass es schwerwiegende Konsequenzen hat. Es muss nicht immer sein, wie es scheint. Und ja: Es wird wieder hell da draußen!
AUF DEM COVER: Pullover, Jogginghose, Badeanzug, Kette und Lederhandschuhe sind von Chanel. Stiefel: Bally
FELICITY HAYWARD
COVER: WIEBKE BOSSE; DIESE SEITE: MARTIN U.K. LENGEMANN; GETTY IMAGES; JAMES DIGNAN
„Ich wollte schon als Kind glamourös sein, so glamourös wie meine Großmutter. Aber von einer Karriere als Model
habe ich nicht geträumt.“ Doch nun ist Felicity Hayward das angesagteste Plus-Size-Model Großbritanniens. Ihre
Laufbahn als Profi ähnelt der, ja, von Claudia Schiffer: Das deutsche Supermodel wurde in einer Disco in Düsseldorf entdeckt, Felicity beim Tanzen
in einem Pub. Die (gefärbte) Blondine mit der sinnlich üppigen Figur bekam so vor zwei Jahren den ersten Fotojob. Danach konnte sie sich vor Anfragen kaum retten. Also gab sie ihre Arbeit als Kunstlehrerin erst einmal an der Garderobe ab. Die Ähnlichkeit mit der verstorbenen Anna Nicole
Smith, deren Sexbomben-Kampagne für H&M Werbegeschichte schrieb, ist durchaus geschäftsfördernd. Aber nicht minder der Humor (kehliges
Lachen!) und die Entspanntheit, mit der Mrs Hayward um Kameras „kurvt“. Ganz im Sinne der Großmutter. Fotografin Esther Haase schwelgte mit
Felicity in London (ab Seite 64). Mehr (ziemlich sexy) Bilder finden Sie auch unter www.welt.de/icon.
JAMES DIGNAN Nicht jedes Magazin hat seine eigene Familie. Icon schon – dank James Dignan. Der gebürtige Neuseeländer illustriert
das modische Leben von Icona, fast so lange, wie es unser Magazin gibt. Dignan kann sich daran sogar noch erinnern: „Es
war im Sommer 2008. Ich war gerade in Paris angekommen, als der erste Auftrag für vier Illustrationen kam.“ Binnen einer Woche war Icona geboren. Mit roten Haaren, ziemlich groß gewachsen und reiselustig. In der Zwischenzeit ist unsere Magazin-eigene Modefamilie ganz schön gewachsen: Auch Iconas Mann Iken und die Kinder Icönchen und Ike und natürlich Icomi lassen sich regelmäßig in stilsicheren Outfits blicken. Wenn es
nach Illustrator James Dignan geht, war es das aber noch nicht mit dem Familienzuwachs – „Ich hoffe ja, dass wir bald Iconas Zwillingsschwester
kennenlernen.“ (Icon an James: Wir haben verstanden...) Seine Lust auf Modeillustration kommt nicht von ungefähr: Am renommierten Studio Berçot in Paris studierte er ursprünglich Design. Nur gefällt ihm die freiere Arbeitsweise als Illustrator deutlich besser, so kann Dignan nämlich seinen
aktuellen Wohnort mehr genießen: „Ich liebe Sydney! Es ist eine sensationelle Multikulti-Stadt mit schönen Stränden, sauberer Luft, Papageien und
fliegenden Hunden. Eine große Belohnung für mich nach 20 Jahren Paris ...“ Seite 26
IMPRESSUM ICON
Redaktionsleitung: Inga Griese (verantwortlich) Textchef: Dr. Philip Cassier Redaktion: Caroline Börger, Nicola Erdmann, Sarah Lehnert, Lisa Strunz, Mira Wiesinger. Praktikantin: Julia Hackober
Redaktionsassistenz: Ursula Vogt-Duyver
Artdirektorin: Barbara Krämer Gestaltung: Maria Christina Agerkop, Katja Schroedter, Doris Wildt Fotoredaktion: Julia Sörgel, Elias Gröb
Verlagsgeschäftsführung: Jan Bayer (Vorsitzender), Dr. Stephanie Caspar, Frank Mahlberg Gesamtanzeigenleitung: Stephan Madel; Anzeigen ICON: Roseline Nizet ([email protected])
Objektleitung: Carola Curio ([email protected]) Verlag: Axel Springer SE Repro: Druckvorstufe WELT GRUPPE Berlin Druck: Prinovis Ltd. & Co KG, Nürnberg Herstellung: Olaf Hopf
ICON ist ein Supplement der „Welt am Sonntag“, die nächste Ausgabe erscheint am 30. März 2014. Sie erreichen uns unter [email protected]
Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter www.axelspringer.de/unabhaengigkeit.
9
ICON
FEBRUAR 2014
AUSGEWÄHLT
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NEUES JA HR, NEUE MO DE
Was ist Mode, wer ist Mode und wie sollte
sie keinesfalls sein. Unsere Stilisten erzählen
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BA RBIE VERSUS KAREN BLIXEN
Während Icona sich in eine rosa Wolke hüllt,
zieht es Icomi in die große weite wilde Welt
MODE
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DAS ENDE EINER ÄRA
Tränen, Trauer, schwarzer Taft: Wir waren
auf keiner Beerdigung, aber auf der letzten
Modenschau von Marc Jacobs für Louis
Vuitton – eine Art Nachruf
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NO RDISCH BY NATURE?
Nix da minimalistisch: Dass skandinavische
Mode auch anders sein kann, zeigt die
finnische Designerin Satu Maaranen
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KO MME, WA S WO LLE?
Von wegen! Wir kennen die Trends und
verraten, was wir im Frühling tragen wollen
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NEUER KUNSTSTO FF
Hier geht’s nicht um Plastik, sondern um ein
Modephänomen: wandelnde Kunstwerke
40 PELZIG
Auf den Spuren der Magie von Fendi reisten wir nach Rom. Plus: Silvia Fendi über
Erfolg, Krise und die Lust am Andersartigen
Model Corinna im Pitztal: Top, Hose, Handschuhe, Sonnenbrille und
Fellmütze: Michael Kors. Rollkragenpullover: Bogner. Nackenwärmer:
Hermès. Tasche: Ralph Lauren
Jason Who?
Jason Wu!
Der entwirft nun für
Hugo Boss: Skizze
für die Winterkollektion 2014/15
44 STA RK UND BESTÄNDIG
WIEBKE BOSSE
Diese Eigenschaften sagt man dem Maulbeerbaum nach. Kein Wunder, dass er zum
Symbol für die britische Marke Mulberry
wurde. Lisa Strunz wollte mehr wissen
Bild 1: Mantel von Céline. Fellpullover
und Sonnenbrille: Fendi. Hose: Hugo
Boss. Rollkragenpullover: Bally. Stiefel:
Aperlai. Bild 2: Jacke mit Fellkapuze von
Burberry. Oberteil, Anzug, Skibrille und
Stiefel: Bogner. Handschuhe: Hermès.
Neben ihr ein bunter Statist. Bild 3:
Pullover, Kleid und Overknee-Stiefel:
Céline. Bild 4: Fellweste, Rock und
Sandalen von Loewe. T-Shirt: Schiesser.
Strümpfe: Falke. Kette: Chanel. Sonnenbrille: Tom Ford über Marc le Bihan
Schöner Schaukeln: Nicht
nur den Eames Plastic Chair
„RAR“ gibt’s in unserem
Onlineshop iconist.de
THERE ARE EXCEPTIONS
TO EVERY RULE.
ES GIBT AUSNAHMEN ZU JEDER REGEL.
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ROSÉGOLD MIT
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BAHNHOFSTRASSE 44/46
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ICON
FEBRUAR 2014
MODE
48 COOL C ATS
Keine Lust mehr auf Schnee? Vielleicht
können wir Sie umstimmen: Wir fotografierten schönste Outfits für eisiges Wetter
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Model Felicity Hayward trägt beim Shooting in London ein Leo-Oberteil von Marina Rinaldi, Rock: Anna Scholz. Die
Schuhe gehören Felicity und Hund Joe der Fotografin Esther Haase
ZU HAUSE IM KLI SCHEE
Inès de la Fressange gilt als Stilvorbild ihrer
Generation und ist Inbegriff von französischer Eleganz. Wir trafen sie, klar, in Paris
GESCHICHTEN
62
VIE L HALL UN D RAUCH
Frauen wie Jerry Hall gibt es heute kaum
noch. Umso besser, dass wir das Exmodel in
Berlin treffen konnten. Ein Interview
80 KUNSTVO LLE LUST AM ESSEN
64
RUNDE SAC HE
Felicity Hayward ist Plus-Size-Model. Wir
haben sie in London fotografiert und nutzen den Anlass für ein Gespräch
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MANN VO N WELT
Für seine Weltreise packte Giovanni Zaccagnini nicht nur seine Kamera in den Koffer, sondern auch jede Menge schönster
Kleider. Für ein etwas anderes Shooting
BEAUTY
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GLO BAL DIARY
Diesmal geht’s nach Shanghai und nach
Ofterschwang im Allgäu
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F RÜHLING, FRÜHLING!
Unsere Beautyexperten blühen auf: OudParfums und Naturkosmetik helfen dabei
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MANN, O MA NN
Wasser und (Kern)seife tun’s längst nicht
mehr. Auch Männer lieben edle Pflege.
Sieben neue Kosmetika
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DIE SHAMPO O-N ASEN
Für einen neuen, feineren Shampooduft
wendete sich La Biosthétique-Chef JeanMarc Weiser an den Parfümeur Geza
Schön. Wir haben ihnen zugehört
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WANN IST E IN MAN N EI N
MANN?
Braucht er dafür die typischen Duftakkorde
aus frischen Noten? Oder darf er auch mal
süßlich-opulent duften? Bei Valentino
glaubt man Letzteres. Auf Schnupperkurs
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MUFTI E LEGANTI? QUATSCH!
Kristen Stewart ist längst nicht mehr nur das
kleine Vampirmädchen, sondern eine moderne Frau. Und damit das perfekte Testimonial für Balenciagas Duft „Rosabotanica“. Ein Gespräch über Blumen, Rückzugsorte und Schwämme
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DAS (MIR) T E UERS TE PARF UM
Susanne Opalka gerät ins Schwärmen.
Grund ist ein legendäres Parfum: Joy. Eine
Ode an das Haus Jean Patou
Und natürlich digital
bei ICON in DIE WELT
auf dem iPad und unter
www.welt.de/icon
ICON
Das neue Kochbuch „Paulas Juwelen“ von
Charlotte Birnbaum ist eine Rezeptsammlung? Ach was. Eine Kulturgeschichte.
90 DER BAUPLA N
Art im Quadrat:
Seidencarré „Claude
Viallat” von Hermès
Wir durften bei Prada dabei zusehen, wie
die Double Bag entsteht
FIJI: Kindertanzgruppe auf Qamea
Island. Die Socken sind von Falke
GIOVANNI ZACCAGNINI; BERNHARD WERKMEISTER
Kein Tippfehler. Solomeo ist das Zuhause
der italienischen Luxusmarke Brunello
Cucinelli. Und was für eines! Ein Besuch
ESTHER HAASE
46 ’O SOLOMEO
STILISTEN
UNSERE LIFESTYLEWEISEN TEILEN IHRE FASHIONGEDANKEN MIT UNS
Jung & schön
LÉA NIELSEN; „LEONIE 1 FROM THE SERIES NOVIZINNEN, 2012“
Ursprünglich ist die Porträtserie
„Novizinnen“, von der Fotografin Léa Nielsen
und dem Stylisten Daniel G. Sartore inszeniert,
als Modestrecke in dem österreichischen Magazin „Material Girl“ erschienen. Nun bekommt
sie noch einmal eine eigene Ausstellung. Zu
Recht! Bis zum 26. April in der Galerie des Departmentstores im Berliner Quartier 206.
I KILLED A HIPSTER
Ihr Lieblingstag ist
Sonntag? Dann gibt’s
nun den passenden
Duft. „Lazy Sunday
Morning“ von Maison
Martin Margiela.
Inspiration: Der Duft
frischer Wäsche,
weicher Haut,
zerknitterter
Leintücher...
16
Vor Kurzem habe ich einen Hipster umgebracht. Und ich
muss zugeben: Es hat sich gut angefühlt. Aber warten Sie, ich
bin nicht wirklich gewalttätig geworden. Ich bevorzuge friedlichen Protest, bin eher Buddha als Tupac. Sensibel eben.
Und darum hat mich der Hipster auch so genervt. Er trug einen schwarzen Hut, Hornbrille, Schnurrbart, Skinny Jeans,
lehnte mit seinen 15 Kilo an seinem Fahrrad – und stand mir
im Weg. Ich habe ihn höflich gefragt, ob ich vorbeikönne.
Doch anstatt einen Schritt zur Seite zu machen, hörte er nur
für einen Moment auf, „Candy Crush“ auf seinem Smartphone zu spielen, und grinste mich an. Dann zog er eine kleine
Flasche Evian Gesichtsspray aus seinem Rucksack hervor,
spritze es mir ins Gesicht und nannte mich etwas, das mit „Fashion“ begann und mit „Victim“ endete. Den Rest habe ich
verdrängt. Während ich mein Gesicht trocknete, überlegte
ich mir, wie genau jede Sekunde seines unbedeutenden Hipster-Daseins durchgeplant war. Seine Wohnung in Kreuzberg,
sein Lover in Shoreditch, sein veganes Pop-up-StreetartHartz-IV-Vintage-Indierock-T-Shirt-Projekt. Er war ungefähr
so kreativ wie ein Stapel Post-its. Was ich getragen habe? Ich
dachte schon, Sie fragen nie ... schwarzen Rollkragenpullover,
dunkelblaue Hose, schwarze Lederboots. Ich habe mir Mühe gegeben, nicht wie alle anderen auszusehen. Doch genau das hat
den Hipster anscheinend gestört. Hipster leben ja von der Idee,
möglichst alternativ zu sein, und am Ende sind sie doch alle
gleich. Sie gehen in die gleichen Bars, tragen die gleichen Mützen, haben die gleichen Laptops und Notizbücher, posten die
gleichen Posts, leben die gleichen Leben. Tatsächlich war ich
der Alternative, weil ich anders aussah. Als ich
wieder bei mir war, lag der Hipster auf dem Boden, seine Skinny Jeans war um seinen Hals geschnürt, die schwarze Mütze in den Mund gestopft. Ich stand still daneben und wartete auf die
Polizei. Als sie kam und mich fragte, warum ich
das getan hatte, spritzte ich mir das Evian Spray
ins Gesicht, knöpfte meine Jacke zu, zuckte mit Chris Glass
den Schultern und sagte, dass ich nur eins von European Membership
Director vom Soho House
diesen Fashion Victims war ...
Die Metamorphose eine Geschichte von Hermès
Kleid aus
Crêpe de Chine
Informationen unter:
Tel. 089/55 21 53-0
Hermes.com
Nordic Walking
RAMMATIK
Wie sieht eigentlich Mode aus, die
junge Designer aus Grönland und von
den Färöern entworfen haben? Wir
finden: ziemlich gut! Und empfehlen
die Ausstellung „The Weather Diaries“, die ab dem 22. März im Rahmen
der dritten Nordic Fashion Biennale
im Museum für Angewandte Kunst in
Frankfurt am Main gezeigt wird.
UND SONST NOCH
HAPPY NEW YEAR: Am 31. Januar 2014 wurde in China das Jahr des Pferdes eingeläutet. Wer also 1942, 1954, 1966, 1978 ... geboren ist,
soll in diesem Jahr besonders viel Glück haben. Wer weiß, vielleicht trägt ja dieser Füllfederhalter aus der limitierten Edition
„Year of the Horse“ von Caran d’Ache dazu bei?
MODE IM JETZT
Herbert Seckler
Kultwirt vom
Sylter „Sansibar“
JOHN WATERS COURTESY THE ARTIST / SPRÜTH MAGERS BERLIN LONDON / MARIANNE BOESKY GALLERY,NEW YORK
Tommy Hilfiger hat mal gesagt: „Ich entwerfe nicht Mode. Ich entwerfe Lifestyle.“
Das könnte auch von mir stammen. Mode verschwindet nämlich meist so schnell,
wie sie gekommen ist. Ein Lebensgefühl jedoch bleibt. Deswegen schaue ich mir
den ganzen Zirkus lieber aus der Ferne an und genieße derweil ein Glas Wein –
schließlich haben er und Mode vieles gemein. Beide sind einem ständigen Wandel
unterworfen, stehen für Individualität, Vielfalt, Charakter und nicht zuletzt Vergnügen. Und beide werden von Künstlern geschaffen. Einer davon ist Daniel
Jiménez-Landi – ein spanischer Jungwinzer, der das Zeug hat, ein ganz Großer zu
werden. Wie sein 2012er Crianza „Las Uvas de la Ira“ beweist. Mit dermaßen einzigartigem Stil, dass Mode glatt zur Nebensache wird.
SHOWTIME!
Mode ist tot – so heißt es häufiger, seit Alexander McQueen starb, John Galliano geschasst
wurde und Marc Jacobs abtrat. Was sie vermissen lassen, ist die große Inszenierung, Kostüme
inklusive. Ihre Nachfolger stehen eher für subtile
Effekte denn für Tamtam. Doch der Pionier der
ganz großen Show, Thierry Mugler, sorgt nun
mit dem Bühnenspektakel „Mugler Follies“ für
Abhilfe und bietet in rasantem Tempo Mode,
Menschen, Sensationen vor atemberaubender
Multimedia-Kulisse auf. Höhepunkt ist eine Fashion-Show, wie man sie seit
Saisons nicht mehr in Paris erlebt hat, voll zickiger Extravaganz, erotischem Knistern und
Best-of-Zitaten Muglers. Dazu
servieren knackige Kellner ein
anständiges Fouquets-Menü
Johnny Talbot &
und eiskalten Champagner.
Adrian Runhof
Bevor man dann angeheitert
Designer-Duo des
und aufgesext in die Pariser
Münchner Modelabels
Nacht abtaucht, sollte man
Talbot Runhof
ums Eck des „Théâtre
Comédia“ im „Plomb du Cantal“ noch ein paar
Drinks nehmen. Wenn man Glück hat, kommen
gegen Mitternacht die abgeschminkten Follies,
und dann geht die Party richtig los …
18
Marionettenspiel
John Waters ist in Hollywood durch Trashfilme wie „Pink Flamingos“ bekannt geworden.
Nun offenbart der amerikanische Regisseur
über Bilder, Filme und Skulpturen seinen
Blick auf die Branche. „Bad Director’s Chair“
heißt seine Ausstellung, sie ist bis zum
5. März in der Berliner Galerie Sprüth Magers
zu sehen. Herrlich ehrlich!
Mode ist mehr denn je Ausdrucksmittel von Individualität. Und sie spricht in gewissen Codes, die es
zu entziffern gilt. Hochtrabend ausgedrückt: Wirkliche Mode (wir sprechen hier nicht von Bekleidung
oder Textilien) unterliegt einem Paradigmenwechsel. In der NOW!-Sprache gesagt, lautet der neue
Code schlicht: cool!
Begriffe wie „gut angezogen sein“ und Unterscheidungen zwischen Sportswear, Businesslook, Cocktail und ähnlicher Kategorisierung haben ihre Bedeutung verloren und somit die Wahrnehmungskriterien verändert. Die Grenze zwischen Day- und
Eveningwear, zwischen Couture und Streetwear,
zwischen sportlich und elegant verschwimmen. Die
maßgeblichen Designer lassen sich von allem inspirieren – Kunst, Technik, Sport, Ethnien, sonniger
Tag und schattenvolle Nacht – und generieren daraus ihre eigene Sprache. Das meint kein „anything
goes“, sondern eine eigene, moderne Logik des jeweiligen Designers, die in diesem Sommer in ein
freudvolles (!), experimentelles, begehrenswertes
Fashion-Feuerwerk mündet. Der Parka über dem
Cocktailkleid, Brogues zum Mini, Midiröcke und
Plissee zum übergroßen Sweat-Pullover mit Tiermotiv. Allen gemeinsam
ist die Lässigkeit.
Zu kompliziert? Nein. Wir entziffern:
Die Mode (Motive, Intarsien,
weiterhin viel Farbe) und ihre
Trägerinnen sind sehr ausdrucksstark. Unsere Wahl für
die besten Kollektionen der
kommenden Saison fällt auf:
Céline, Saint Laurent,
Christopher Kane, Isabel
Marant, Anthony Vaccarello, Kenzo. Und hören Sie Daft
Punk dazu!
Emmanuel de Bayser
Mitbesitzer von
The Corner Berlin
METALLIC-LOOK VON MAX MARA
WAS FÜR EIN ZIRKUS
TEL. +49.89.2080770
Alice Basani (Negri Firman) und
Maddalena Petrucciano von Agnona
Designerin Angela Missoni
Aufsichtsrat Giuseppe Vita und
Michele Malenotti (Matchless)
Giuseppe Sperandio (Fendi) und
Maria Paola Traldi (Bulgari)
Tatiana Tonizzo (Cappellini), Sonia Scuri
und Ludovica Falcone (Valextra)
Karin De Rigo (Tod’s) und Julia Nijs
von Aquilano Rimondi
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in Mailand eröffnete erst kürzIna Nico von Hogan
Veronica Valentini (Woolrich)
und Sabine Altmann (Tod’s)
Matteo Perego di Cremnago (Cambiaghi),
Anoushka Borghesi (Armani) u. Domenico
Galluccio (Moncler)
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Oscar Napolitano (Tod’s) und
Sarah Monti von Moncler
Patrizia Migliorini von Tod’s
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Stefano Cantino (Prada), Elena Rad
(D & G), Verde Visconti (Prada)
Alberto Zacchini und
Ilaria Scaglia von Gucci
Francesca Zocchi und Francesca
Vallania (Bottega Veneta) und Lorenza
Weyland (Stefanel)
Anna Di Paola (Herno)
Daniela Bollino und Elisa Galli
von Michael Kors
Carlo Mengucci (Aeffe Group)
Vor einigen Wochen sah ich den französischen Klassiker „La Boum – die Fete“ und bewunderte wie damals als Teenager Sophie Marceaus Schmollmund. Flashback in eine wilde Zeit. Als Kluft genügten eine „Pedal Pusher“,
Mundhenk-Sweatshirt und Cowboyboots, um sich in der Hormon-Achterbahn siegessicher zu fühlen. Es war der Beginn einer ewigen Liebe zu: Denim! Kein anderer Stoff impliziert so viel Gefühl, Geschichte und Leben.
Sag mir, welche Jeans du trägst, und ich sage dir, wer du sein möchtest.
Trägst du Jeans mit dicken, auffälligen Nähten und
großen Taschen auf dem Po, sympathisierst du mit
Spielerfrauen. Trägst du stark gewaschene Stonewashed-Modelle, verehrst du den Holiday Move von
Madonna. Schätzt du ein ausgestelltes Bein, träumst
du on Woodstock. Bevorzugst du es dark, raw und gekrempelt, wärst du lieber als Elvis-Inkarnation auf die Welt gekommen. Sophie Marceau zementiert in der knallengen Latzhose ihr Image als ewige Lolita.
Selbstredend besitze ich ein Jeansarchiv der Erinnerungen: Der erste Kuss
am Strand von Korsika in einer Ball-Jeans. Die helle Lee-Jeans, in der ich die
Nächte im „Voilà“ durchtanzte. Die heiß geliebte, schon tausendmal geflickte Pedal Pusher, in der ich einen unvergesslichen Italientrip erlebte. Und natürlich die unmögliche Nolita Jeans mit Amerikaflagge auf dem Po, in der
mich mein Mann kennenlernte und sich trotzdem verliebte. Jede Falte, jeder Flicken erzählt eine Geschichte. Heute lassen sich Freiheitsträume in
„Vintage“ fertig kaufen. Aber schöner sind natürlich die Selbstgezimmerten:
Ich sehe mich noch am Strand von Sylt die Jeans mit Sand schmirgeln. Mit
Domestos habe ich sie misshandelt, mit Nieten durchlöchert, mit Lederflicken beklebt. Jeanslandschaft als Seelenlandschaft. Als ich auf einer Farm in
„Walla Walla“-Washington ein Austauschjahr erlebte, bekam die Jeans sogar
Funktion: Ich wusch darin Stiere und verkaufte Melonen auf Rodeos. Nur in
der Kirche durfte ich sie nicht tragen, meine Gasteltern waren Mormonen,
und Nylonstrümpfe zum Rock waren Pflichtritual an jedem verdammten
Sonntag. Später in der Pre-Grunge-Zeit in Seattle trug ich Denims rebellisch zerschlissen, machte in ihnen im Regen die
ersten Surfversuche und zog in langen Nächten
auf Hausbooten am Puget Sound an meinem ersten Joint (ich habe nicht inhaliert!). Noch viel später in New York trug ich sie ungewaschen, „clean“
oder schwarz und auf dem Kopf eine silberne Warhol-Perücke. „Cool“ war
das Gebot der Stunde. Gefühlte Lichtjahre später war es nur konsequent,
den Chef der Pedal Pusher – meiner ersten Jeansliebe – zu heiraten. Dann
eine Wäscheleine mit Denims im „Chateau Marmont“ in L.A. aufzuhängen,
als Showroom. „Stay Blue“ unterliegt keinem Fashiondiktat, sondern der
ewigen Sehnsucht nach Authentizität. Vielleicht war es eine Spur kitschig,
bei der Namensgebung unserer Tochter Josephine noch ein Blu anzuhängen, doch sie belohnt uns täglich mit ihrem Temperament. Sie erinnert mich
schon jetzt an die Sophie in „La Boum“, wie sie so aufmüpfig dasteht in ihrer
Latzhose, in der sie nur Party machen will. Die Frage ist: Werde ich die coole
und weise Großmutter sein, die ihre Enkelin, sprich Tochter liebevoll ihrer
Wege ziehen lässt? Stay Blue – keep cool.
BLEIB BLUE!
Sue Giers
PR-Chefin
von Closed
20
ALFREDO BOSCO
Giorgio Guidotti (Max Mara) u.
Jan Bayer (Vorstand Axel Springer)
BAYSWATER BAG
KURFÜRSTENDAMM 184 KADEWE BERLIN TEL 030 2325 7450
OBERPOLLINGER MUNICH
MULBERRY.COM
Gemischtes Doppel
2013 KARL LAGERFELD
2014 KARL LAGERFELD
Den deutschen Maler Anselm Feuerbach
(1829–1880) und Karl Lagerfeld trennt zwar ein
ganzes Jahrhundert, eines aber haben beide
gemeinsam: die Faszination für zeitlos schöne
Frauen. In der Ausstellung „Feuerbachs Musen
– Lagerfelds Models“ werden nun die Werke
beider Herren gegenübergestellt. Bis zum
15. Juni in der Hamburger Kunsthalle.
Mir wird oft vorgeworfen: „… die ist nie zufrieden – geht nicht, akzeptiert sie nicht, es geht ihr alles nicht schnell genug …“ Nachdem der intellektuelle Mensch auch an seiner Selbstreflexion gemessen wird, und
niemand gern immer wieder aneckt, habe ich mich damit auseinandergesetzt. Bin ich größenwahnsinnig und/oder kann ich mich nicht mehr
über kleine Dinge freuen? Währenddessen habe ich beim Befühlen
meiner Garne plötzlich das Bild einer kleinen Kaschmirziege vor Augen gehabt – ich musste lachen, denn ich habe einige Analogien
entdeckt: Ziegen sind aufmerksame, vorsichtige und beobachtende,
flinke Tiere. Generell eher sanftmütig, solange sie nicht aus dem
Gleichgewicht gebracht werden oder sie etwas stört. Dann aber können sie gar nicht mehr aufhören zu meckern.
Dem Sternzeichen Ziege sagt man sogar einen
ausgeprägten Hang zum Pessimismus nach.
Und dass sie sorgfältig und eifrig ist, man es ihr
aber auch nicht einfach recht machen kann.
Dem Bericht eines Zirkus-Ziegendompteurs
entnahm ich, dass man Ziegen immer wieder
Mut zusprechen und auch kleinste Erfolge
belohnen muss – wie menschlich!
Nun, wer kreativ und ehrgeizig ist,
der wird nie stillstehen, und der
Andrea Karg
wird nur kurz innehalten, sich nie
Creative Director
Allude in München
auf seinen Lorbeeren ausruhen,
sondern immer weiter gehen und
sammeln, antreiben, ansprechen, nach Verbesserung
und Innovation suchen. Diese Menschen sind Motoren
für Veränderungen und Fortschritt. Ich möchte damit all
jenen zusprechen, denen es ähnlich geht wie mir: bloß
nicht irritieren lassen, auf keinen Fall ändern oder sich
verbiegen. Mich haben diese Überlegungen bestärkt,
dass Meckern am Ende doch zum besten Ergebnis führt.
Und ich kann nun gar nicht mehr verstehen, dass ausgerechnet die genügsame Ziege sogar als Schimpfwort
herhalten muss – meistens für Frauen; meckern können
übrigens auch Männer, auch wenn sich die Bezeichnung
„Ziegenbock“ bisher nicht durchgesetzt hat.
MUSEUM OSKAR REINHART,WINTERTHUR PHOTO: SIK-ISEA (PHILIPP HITZ)/
D I E G O D E L L A VA L L E ,
C E O v o n To d ’s , ü b e r s e i n e
Kreativdirektorin
A l e s s a n d ra Fa c c h i n e t t i ,
die für diese
Sommersaison die
allererste
Da m e n ko l l e k t i o n d e s
L a b e l s e n t w o r fe n h a t
DIE ZIEGE IN MIR
LOOK AUS DER AKTUELLEN KOLLEKTION; GETTY IMAGES
„Alessandra ist
eine sehr
talentierte
Italienerin. Sie
ist modern, chic brillant.“
Kalle Kamäleon
Ob dem Mann wohl jemals die Ideen
ausgehen? Mode, Bücher, Filme,
Spielzeug, Musikinstrumente, ja sogar unsere Sonntagszeitung hat Karl
Lagerfeld schon gestaltet. Das ganze
Universum des gebürtigen Hamburgers ist bis zum 11. Mai im Essener
Museum Folkwang unter dem Titel
„Parallele Gegensätze“ zu sehen.
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UND SONST NOCH
KOOPERATION: Zum Reinsetzen: Das Berliner Modelabel Vonschwanenflügelpupke hat gemeinsam mit der Freifrau Sitzmöbelmanufaktur einen Stuhl entworfen. Leya heißt der und ist
mit hübschem Porzellanmuster bedruckt. ——— TURNIER: Vom
14. bis 16. März treffen in Paris zum fünften Mal die weltbesten Reiter beim SAUT Hermès Springwettbewerb im Grand
Palais Paris aufeinander. Karten gibt’s an Vorverkaufsstellen und über sauthermes.com ——— AUSSTELLUNG: Von Andy
Warhol bis Kate Moss: Bis zum 1. Juni wird in der National
Portrait Gallery in London eine große Ausstellung des britischen Fotografen David Bailey gezeigt.
WAS ZIEHEN
WIR BLOSS AN?
Traumstoffe
VALLI
Sein eigenes Label gründete Giambattista Valli erst 2005 in Paris – und wird
seither von den internationalen It-Girls geherzt und getragen. Denn seine Kleider und Haute- Couture-Roben sind moderne, große Schneiderkunst. Glamourös, verträumt, federleicht. In Mailand eröffnete der Römer just den ersten Flagship-Store, bei Rizzoli erschien nun der große Prachtband „Giambattista Valli“.
MACHT MODE
GLÜCKLICH?
Ganz so einfach, wie der sogenannte Volksmund es sich macht mit
der Empfehlung, jeder solle nach seiner Fasson glücklich werden, ist
es gerade mit der Mode nicht. Englisch ‚Fashion‘ meint auch Vornehmheit und gepflegten Lebensstil und leitet sich aus dem französischen Façon ab. Die Form und Machart der Kleidung hat deren eigentliche Funktion, den Körper zu verhüllen, ihm Schutz und Wärme
zu geben, weitgehend verdrängt. Sie ist heute Kommunikationsmittel und Statussymbol. Die Wahl der Bekleidung signalisiert Individualität und gesellschaftliche Zugehörigkeit und wirkt so identitätsstiftend. Aber macht das schon glücklich? Der Werbeslogan „Schrei vor
Glück“ eines Moderversandhandels will uns glauben machen, dass es
dazu nur der richtigen Kleidung bedarf. Die Literatur weiß um die
Zauberkraft schöner Kleidung, wenn in Gottfried Kellers „Kleider
machen Leute“ ein Schneider für einen Grafen gehalten und auch so
behandelt wird. Dem „Hauptmann von Köpenick“ gelingt es, seine
Mitmenschen durch sein Erscheinungsbild zu manipulieren. Mehr
Schein als Sein – das Ende der Geschichte ist so bekannt, wie das des
Märchens von Hans Christian Andersen „Des Kaisers neue Kleider“:
Der Schwindel fliegt auf, und der Kaiser ist eben doch nackt. An diesen Grenzen der Selbstinszenierung angekommen, bleibt die Erkenntnis, dass die äußere Form durchschaut werden kann und die dahinter liegende Persönlichkeit erkennen lässt. Um ebendiese zu unterstreichen, brauchen wir sie dann doch, die schützenden Hüllen.
Wie die derzeit beschaffen sind, können wir auf den Laufstegen beobachten: Dufflecoat, oversized, Caban-Mäntel, Capes, kurze Lederjacken, weite Hosen, ausgestellte 7/8-Hosen mit Blazermantel,
sehr bunt als Mustermix oder komplett in Weiß, Schwarz, Grau, Glockenröcke, hoch angesetzte Taillen, Wadenstrümpfe mit Ballerinas dazu Korsagenkleider.
Dr. Maria
Wenn es gelingt, in dieser verwirrenden VielSchneider
falt die richtige Entscheidung zu treffen und
Kreativdirektorin
sich wirklich schön zu fühlen, dann macht
der Autostadt
Mode ganz sicher auch glücklich.
in Wolfsburg
Saison für Saison sucht die Mode Antwort auf die
immer wieder neue Frage, was zieht Frau an? Auf
der Suche nach den wirklichen Key-Looks der Saison fällt ein Modell ganz besonders ins Auge: ein
Pelzmantel in Op-Art-Patch aus der Kollektion
von Miuccia Prada. Ein Pelzmantel im Frühling?
Kann das sein? Ja, es kann! Und es zeigt genau
das, was Mode forciert: dem Zeitgeist voraus zu
sein und sich mit Stilbrüchen zu behaupten. Ein
weiteres Key-Piece ist ein Kleid von Raf Simons
für Dior, im 50er-Jahre-Stil aus Jacquard Metallisé.
Bei Louis Vuitton sollte man auf die finale Kollektion von Marc Jacobs achten. Diese Teile gibt es
nur noch diese Saison zu kaufen. Bei Céline wird
die Luggage-Tasche in Tricolor eines der begehrtesten Modelle der Saison sein. In der Kollektion
von Saint Laurent liegt das Augenmerk auf den
High Heels in Bicolor. Brunello Cucinelli überzeugt mit seiner luxuriösen Kaschmir-Kollektion.
Aber, so muss man sagen, die Jagd auf diese wichtigen Attribute der Schönheit wird schwieriger.
Mode hat heute einen so großen Verbreitungsgrad und Begehrlichkeitsfaktor, dass eine große
Zahl der Frauen ihrer habhaft werden möchte.
Deshalb ist das richtige Timing wichtig. Ikonen sind
schnell vergriffen. Stichwort
Ikonen: Ein absoluter Geheimtipp ist die Internetseite
1stdibs.com; Mode aus allen Stefan AsbrandEpochen, Accessoires, Möbel Eickhoff
und Fine-Art – die Selektion Eickhoff Königsallee
in Düsseldorf
der Selektion.
Manchmal muss man sich verkleinern, um
sich auf’s Wesentliche zu konzentrieren. So
zumindest war das bei René Storck, um den
es ja im vergangenen Jahr recht still
geworden war. 2012 hatte er sich von seinen
Investoren getrennt, da ihm alles zu schnell
zu groß geworden sei. Die Konzentration
seiner Kollektion von rund 130 auf circa 60
Teile tat dem Design für die kommende
Saison sichtbar gut. Das Ergebnis ist eine
Essenz seines bisherigen Schaffens: reiner,
frischer, stärker. Alle Kleider werden in
Deutschland gefertigt und präsentieren sich
komplett in weiß. „Ein Neuanfang ist
schließlich wie ein weißes Blatt Papier“ so
Storck. Auch der Labelname schrumpfte von
René Storck auf schlicht: René. Denn in
Paris, von wo aus er arbeitet, würden ihn
ohnehin alle nur beim Vornamen nennen.
AFP/GIUSEPPE CACACE; GIAMBATTISTA VALLI; WWW.RENESTORCK.COM
One man show
Kleidchen,
wickel dich
GETTY IMAGES
Als Diane von Fürstenberg im Fernsehen sah,
dass die Tochter von Richard Nixon Wickelbluse
zu Rock kombinierte, dachte sie sich: Warum aus
zwei Teilen nicht eines machen? 1974 entstand so
ihr legendäres Wickelkleid, das 40 Jahre später
immer noch ein Bestseller ist. In der Ausstellung
„Journey of a Dress“ wird bis zum 1. April im
Wilshire May Company Building in Los Angeles
die ganze Geschichte des Kleides erzählt.
Kunst und Mode werden zwangsvereint.
Den Miró oder Pollock trägt man als
Shirt oder Dress bei Céline und Prada.
Doch Kunst ist ein flüchtiges Zitat und
die flatterhafte Mode dreht sich noch so
lange im Kreis, bis sie ganz zum Stillstand kommt. Wie seriös ist sie geworden? Wollten wir sie so praktisch und
versöhnlich sehen?
Schuh(aute) Couture: Im
Rahmen der Hogan AtelierKollektion wird der Klassiker
des italienischen Schuhlabels,
der „Interactive“, Saison für
Saison neu verziert. Ab März
unter hogan.com
UND SONST NOCH
24
MÄNNER I: Valentino hat seinen
ersten „Uomo“ Flagship-Store in
Paris eröffnet: 273 Rue Saint-Honoré. ——— MÄNNER II: Brioni ist
mit einem Laden in die Alte Rothofstraße 9 in Frankfurt gezogen. Über den „Su Misura“-Service kann Mann hier auch maßgeschneiderte Bekleidung bestellen. ——— MÄNNER
III: Mode, Kosmetik, Wohnaccessoires: Der neue
Apropos Store am Promenadeplatz 12 in München führt
ein reines Herrensortiment und als Einziger in
Deutschland die Kollektion von Haider Ackermann.
——— MÄNNER IV: Das Schuhinnenfutter des neuen „Bologna“-Schuhs von Navyboot ist mit einer weiche Ledersohle vernäht und dadurch besonders bequem.
Mehr Infos über navyboot.ch. ——— MÄNNER UND FRAUEN: Wirken auf Motten wie Knoblauch auf Vampire:
Duftanhänger aus Zedernholz, über esteban.fr
Trendbarometer von
Wolfgang Joop
Herr Haka
Kunst und Mode waren einst
feindliche Schwestern. Die
eine galt als eitel, rastlos,
frivol und oberflächlich.
Die andere als leidensfähig, tiefsinnig. Im Wert
steigend, während die andere einmal getragen oder
angesehen, schon gleich
an Wert verlor. Die neueste globale Entwicklung
verschiebt auch diese
Grenzen. Kunst als
Privatbesitz ist uncool,
weil sie von allen angeschaut werden
will. Ohne Vorbildung! Doch wo?
Moderne Kunst ist plakativ, wiedererkennbar – auch für den Laien. Und,
wie ordinär, ein Spekulationsobjekt.
Aber dafür braucht es einen langen
Atem, nur: Wer hat den, in einer
Zeit, in der Geschwindigkeit alles ist,
vor allem „jung“?! Kommunikation
hat Priorität, und also zeigt sich der
Mensch als „missing link“, als Übersetzer des einst Unmöglichen.
Wir haben 2014 in unserem neuen
Penthäuschen am Checkpoint Charly
gefeiert – Family ganz alleine ganz oben
im hypermodernen Neubau. Nix funktioniert, aber wir umarmen unbekümmert das
unschuldige Jahr! Also:
1. Wir sind alle gesund!
2. Ich werde leider 60 – aber Liam Neeson,
62, tröstete mich: „60 are the new 40!“
3. Ich trage jetzt Stetson-Mini-Hut
(Xmas-Geschenk). Gefühl Gentleman,
Gangster oder Jäger (mein Papa).
4. Ich flirte mit dem Elektro-Genie BMW
i3 – oder mit Oldtimer Buckel-Volvo
(mein Jahrgang: 1954).
5. Meine neue Lieblings-App auf dem
iPad mini : „Dreamdays“! Sie zählt die
wichtigsten Tage deines Lebens.
6. Ich versuche, nichts mehr zu kaufen –
Reparatur Hermès-Geldbeutel: 173 Euro.
7. Mein Haus- & Schutz-Engel
verschenkt meinen Schrank-Überfluss
an Obdachlose!
8. Lastlosigkeit ist der neue Sex. Ich
schleppe nie mehr einen RimowaKoffer von Hamburg nach Berlin!
9. Ich umarme jeden neuen Tag als
Geschenk – und lebe ihn als vielleicht
letzten. Neue Lieblingsbücher: „Ich
war doch nicht blöd.“! „Der Mönch,
der seinen Ferrari verkaufte“.
Und: „Unlived Life“.
10. Freunde machen den Jagd-, Flug-,
Tauchschein – oder schenken sich den Mercedes S 600 (165.000 € mit Kühlbox) oder
einen Rolls (265.251 € mit Schirm in der Tür).
Wir gucken zu, wie unsere Kinder groß und
glücklich werden – und vielleicht bellt noch
ein letzter Hund mit mir in den Sonnenuntergang. Meine Frau wird’s schon richten.
David Blieswood, Connaisseur aus Hamburg
DDP IMAGES
Frau Dob
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Gabbana über mytheresa.com
Flower-Power:
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Auf leisen Pfoten zur Jagd:
Schuhe von Unützer
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Alles im Blick: Sonnenbrille von Burberry
Frisch erlegt: Die Tasche von
Marc Jacobs hat Icomi auf
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Tierisch gut:
Das „Bracelet
Zebra“ ist von
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Katzenaugen: Mascara
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Blutrote Lippen: „Lip Twist“ von Sisley
„Abwesende Tiere“ von
Martin Kluger (Dumont)
26
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Auf Trebe:
Icomi liebt ihre
Zebra-Brosche
von Tiffany
+
Safari auf dem
Zebrastreifen:
Das Wendekleid
ist von Iris von
Arnim
+
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ABSCHIED
A
dieu Showgirl
Die Schauen von Marc Jacobs für Louis Vuitton waren Kult.
Immer spektakulär. Im vergangenen Oktober fiel die letzte
Klappe. Das Ende einer Ära. Oliver C. Schilling verneigt sich
GETTY IMAGES
Meister der
Inszenierung: Marc
Jacobs beim
großen Finale.
Sammlerstücke:
Taschen und
Schuhe aus
seiner letzten
Kollektion, die
nun erhältlich ist
28
Eigentlich, so gibt man gern vor in der Modeszene, hat man schon
alles gesehen, erlebt, mitgemacht. Doch dieser Mittwochmorgen
im Oktober vergangenen Jahres war speziell. Kurz nach zehn Uhr
kullerte so manche Träne über gerade erst geschminkte Gesichter.
Denn in dem Zelt, das wie immer im Innenhof des Louvre aufgebaut war, trugen nicht nur Raum und Dekoration Trauer. Jedem
Gast wurde plötzlich bewusst, dass sich gerade nicht nur Marc Jacobs als Artistic Director von Louis Vuitton verabschiedete. Hier
ging gerade eine Ära zu Ende, die Ära der großen Mode-Shows.
„Wir sind doch alle hier, um zu unterhalten“, erklärte Marc Jacobs
sein Finale. „Und natürlich wollen wir die Aufmerksamkeit unseres Publikums!“ Mit diesem Spirit regierte er 16 Jahre bei Louis
Vuitton. Jacobs sprach in erster Linie das Herz der Zuschauer an,
nicht den Kopf. Ob sich die Show-Kollektionen verkaufen werden
– überhaupt jemals im Laden landen? Das war scheinbar völlig
egal. Die großen Umsätze werden bei LV ohnehin mit den
Logo-Taschen gemacht. Doch der Amerikaner wusste, dass es ein verdammt heißes Image braucht,
um erfolgreich zu werden. Unter seiner Ägide
mauserte sich Vuitton zur „Cash Cow“ des
LVMH-Konzerns. Nun wird er diese Kraft
voll und ganz in sein eigenes Label stecken.
Es sind die magischen Momente, die
für immer in Erinnerung bleiben werden: das weiße Karussell, das sich hinter einem Vorhang verbarg und auf
dem die schönsten Frauen zu KirmesMusik kreisten. Kate Moss, die dem eigens am Catwalk aufgebauten Hotellift
mit Peitsche und Zigarette entstieg. Die
Graffiti-Bags von Stephen Sprouse. Mura-
kamis fröhliche Cherry-Blossom-Designs.
Naomi Campbell und all die anderen Topmodels als Krankenschwestern verkleidet.
Und dann: die spektakulärste Fashionshow aller Zeiten. Unvergessen der Moment, als man
morgens im Zelt saß und den Gong einer
Bahnhofsuhr hörte. „Da kommt doch jetzt
kein Zug“, wurde noch gescherzt. „Er hat doch
niemals hier Schienen verlegen lassen, damit
hier die Eisenbahn hineinfährt?“ Oh doch! Genau das hat Marc Jacobs getan: einfach mal einen echten Zug mit Waggon, LV-Logos inklusive, bauen lassen und für eine Zehn-Minuten-Show angeblich elf Millionen Euro verpulvert. Mehr. Geht. Nicht.
Und mehr wird, außer vielleicht bei Chanel,
auch nie mehr gehen. Jacobs’ Vuitton-Jahre
waren die Champagner-Duschen, DekadenzTalent Teil der Stellenbeschreibung. Ganz
nach Karl Lagerfelds Motto: „Man muss das
Geld zum Fenster hinauswerfen, damit es
durch die Tür wieder hineinkommt.“ Vor allem aber hat Marc Jacobs unseren Träumen
mit seinen Ideen den roten Teppich ausgelegt.
Luxusmode braucht genau diese Art der Inszenierung, um sich von den Anziehsachen
des Mainstreams zu unterscheiden.
Seine letzte, komplett schwarze Kollektion jedenfalls hat der Designer den „Showgirls in
uns allen“ gewidmet. Gedankt wurde es ihm
mit Standing Ovations und Tränen in den Augen vieler heimlicher Showgirls …
LABEL TO WATCH
Dramatische Drapierungen, eigenwillige Ärmel- und Taschenlösungen:
Mit skandinavischem Understatement
haben Satu Maaranens
Entwürfe nicht viel zu tun
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30
Privat liebt sie das
Unauffällige: die Finnin
Satu Maaranen
kandinavisches Design ist üblicherweise zurückhaltend in
Form und Farbe, orientiert
sich an der Natur, die in den
dünn besiedelten und im
Winter lichtarmen Nordländern eine große Rolle in der
Seelenlandschaft der Bewohner spielt. In Finnland ist der
traurig-schleppende Tango der größtmögliche Ausdruck von Leidenschaft, wie wir seit
den Filmen von Aki Kaurismäki wissen. So
viel zum Klischee. Denn jetzt kommt Satu
Maaranen.
Die 28-jährige Newcomerin aus Helsinki lässt
in ihren Entwürfen die Farben Samba tanzen,
ausladende Formen und skulpturale Schleifen, Drapierungen und Hüte erinnern eher an
den Karneval in Rio als an schüchtern glimmende Nordlichter. Dennoch liegt ihren verzauberten Silhouetten und abstrakten Prints,
die sie als Unikate auf Baumwolle oder beschichtete Seide mit der Hand malt, eine gewisse Mystik, die zwar opernhaft-pompös,
aber doch sehr meditativ und konzentriert daherkommt. Es ist wahrscheinlich genau dieser
Kontrast, der ihr im wohl wichtigsten Internationalen Mode- und Fotografie-Festival im
südfranzösischen Hyères Ende April den
„Grand Prix du Jury Première Vision“ einbrachte. Keine zwei Monate später zeigte sie
ihre Diplom-Kollektion um sieben Teile erweitert auf der Mercedes-Benz Fashion Week
in Berlin. Seitdem ist bei dem Jungtalent, das
gerade erst im letzten Dezember seinen Abschluss an der Alvar-Aalto-Universität in Helsinki machte, die Hölle los. Renommierte italienische Modehäuser bieten ihr Verträge an,
ständig klingelt ihr Telefon, und sie musste
erst einmal bei ihrem E-Mail-Provider ein
größeres Postfachvolumen ordern, um all den
Anfragen Platz zu geben.
„Zuerst wollte ich Kunstlehrerin werden“,
sagt Maaranen in ihrem Showroom in Paris.
Und so wie die 1,59 Meter kleine, zarte Finnin frühmorgens –
Termine! Termine! – dasitzt,
passt das durchaus ins Bild: ein
korallenfarbener Strickpullover, dazu passender Lippenstift
im ansonsten ungeschminkten
Gesicht, schwarze Hose und
flache Budapester, die hell-
blonden Haare zum Pferdeschwanz gebunden. „Für mich persönlich mag ich Mode eher
unauffällig und praktisch“, sagt sie. „Ich selbst
könnte bei meiner Größe diese Silhouetten
auch kaum tragen.“ Es war eher Zufall, dass sie
während ihres Studiums die Liebe zum Modedesign entdeckte – sie malt gern, aber sie arbeitet auch gern dreidimensional. Was liegt da
also näher, als Bilder in Kleider-Unikate zu
verwandeln?
Ihre expressiven Farbverläufe, die sie selbst
auf die Stoffe malt, erinnern an Farbfeldmalerei eines Mark Rothko. Azurblau und Neongelb, Grasgrün und leuchtendes Pink – sie wäre nicht Finnin, würde die Natur nicht auch
eine große Rolle in den Entwürfen ihrer Kollektion „Garment in Landscape“ spielen. „Meine Inspiration waren die Sommerhütten meiner Kindheit, barfuß laufen und Baumhäuser
bauen“, erklärt sie. Also presste sie in einer eigenentwickelten Bügeltechnik Sand und Gras
auf Stoffe, denn die Haptik ist ihr genauso
wichtig wie die Optik. „Die Idee war es, einerseits mit der Natur zu verschmelzen, andererseits durch die Neonfarben aus ihr herauszutreten.“ Neue Materialien, expressive Farben
und Silhouetten, die an die Haute Couture der
50er- und 60er-Jahre erinnern, an den frühen
Givenchy oder Balenciaga – Maaranens Mission ist gelungen.
Während früher alle ernst zu nehmenden Talente entweder von der St. Martins School aus
London oder von der Königlich-Belgischen
Modeakademie aus Antwerpen kamen,
scheint sich mit der Alvar-Aalto-Universität in
Helsinki eine neue Talentschmiede aufzutun.
„Ich bin ja nun schon die dritte Siegerin in
Hyères aus Helsinki“, relativiert Maaranen ihren Erfolg und schwärmt von dem kreativ
brummenden Bienenstock, in den sich das
Modedepartment spätestens mit dem jungen
Dozenten Tuomas Laitinen, selbst Hyères-Gewinner 2006 und heute erfolgreicher Designer, verwandelt hat.
Wie es für Satu Maaranen weitergeht, weiß
sie selbst noch nicht so genau: „Erst einmal
brauche ich einen kleinen Urlaub“, sagt sie.
Ob sie danach mit ihrem eigenen Label in die
Haute Couture geht oder ihre Unikate Prêt-àporter-tauglich macht – alles noch offen. Ihr
Talent für Stoffdesign stellt sie bereits als
Freelancerin beim bekannten, finnischen
Stoff- und Accessoire-Label Marimekko seit
über zwei Jahren unter Beweis, für das französische Modehaus Petit Bateau entwarf sie
eine Damen- und Kinderkollektion, die im
Frühjahr in die Läden kommt. „Vielleicht fange ich doch erst besser so an“, sagt sie bescheiden. „Denn um richtig kreativ zu sein, brauche ich einen vorgegebenen Rahmen.“ Eines
steht schon fest: Mit den Finnen ist in Zukunft
modisch zu rechnen.
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DÜSSELDORF
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MÜNCHEN
SALZBURG
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Schumacher
Von wegen A Rose is a
Rose is a Rose! Dass
Gertrude Stein vielleicht
Talbot Runhof
doch unrecht hatte,
beweisen im Sommer
vielfältige Blütenmuster.
Hermès
Diese eignen sich für junge
und – pardon, es bietet sich
an – „welkere“ Damen und
Etro
ja, viel hilft viel: gern von
Emporio Armani
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Mary Katrantzou
Oscar De La Renta
Mulberry
32
Marc Cain
FLO
WER
PO
WER
Miu Miu
Antonio Marras
Carven
Kopf bis Fuß tragen.
MAXMARA.COM
Donna Karan New York
GETTY IMAGES; ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER
Diane von Furstenberg
Valentino
Rebellisch, animalisch, exotisch:
Der Ethno-Look weckt Fernweh und
besticht durch Facettenreichtum,
Vielschichtigkeit und Mustervielfalt
Alexander McQueen
Missoni
Céline
Saint Laurent
Emilio Pucci
Proenza Schouler
Bottega Veneta
DOWN
TO
EARTH
Dawid Tomaszewski
34
Dries Van Noten
Givenchy
Akris
Gucci
TREND ETHNO
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TREND TRANSPARENZ
Leises Rascheln,
Schattenspiele,
Elie Saab
Jahrhunderten ist nichts
Chloé
durchblitzende Haut: Seit
edler (weiß), nichts
Nina Ricci
verführerischer
(schwarz) und nichts
Roberto Cavalli
romantischer
(pastell) als ein
Ensemble aus
GETTY IMAGES; ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER
Giambattista Valli
Chanel
36
Valentino
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Dolce & Gabbana
Isabel Marant
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Balmain
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FOLLOW YOUR NATURE
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Prada
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Aquilano Rimondi
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Miu Miu
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the Art
Warum Kunstschätze in Museen
hüten, wenn man sie auch
tragen kann? Eben. Anne Waak
erklärt das aktuelle Phänomen
GETTY IMAGES (6); CHANEL; JIL SANDER; GIO STAIANO/NOWFASHION; PRADA; MIU MIU; VERSACE; LOUIS VUITTON, MONTAGE: ICON
38
State of
Antonio Marras
Jean-Charles De Castelbajac
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Louis
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o viel Kunst war selten: Wohl
noch nie zuvor haben sich Designer von Armani bis Versace so
sehr von Kunst inspirieren lassen. Chanel zeigte eine Kollektion, die mit 150 Farben aus dem
Vollen der Malerpalette schöpfte. Folgerichtig inszenierte Karl
Lagerfeld seine Kollektion für den kommenden Sommer wie eine Vernissage und ließ seine Models im Grand Palais durch eine Galerie
mit überdimensionalen Chanel-Exponaten
laufen. Miuccia Prada, die bereits in der Vergangenheit als Kunstmäzenin in Erscheinung
trat, engagierte ein halbes Dutzend Straßenkünstler und Illustratoren, damit sie den
Raum für das Defilee als ihr Atelier nutzten
und in der Tradition der Muralisten der 1930er
die Frau von heute visualisierten. Die jungen,
ernst dreinschauenden Gesichter zieren fast
jedes Stück der Kollektion. Selbst bei Céline
lebte Phoebe Philo, sonst nicht eben für ihre
Liebe zu Mustern bekannt, mit breiten Pinselstrichen und Graffiti-Referenzen ihre neu
entdeckte Farbenlust aus. Dass sich Designer
an Kunstwerken orientieren, ist dabei kein
neues Phänomen. Man erinnere sich nur an
Yves Saint Laurents Mondrian-Kleider oder
den surrealistischen Schuh-Hut von Elsa
Schiaparelli und Salvador Dalí. Aber es geht
auch andersherum: Designende Künstler
gibt es spätestens, seit der Mitbegründer des Deutschen
Werkbunds, Henry
van de Velde,
künstlerisch inspirierte Modelle des
Reformkleides mitentwickelte, mithilfe
derer sich Frauen aus
den einschränkenden Korsetts befreien sollten. Die Künstlerin und Musikerin Kim Gordon gründete bereits in den 90er-Jahren eine
Modelinie namens X-Girl. Takeshi Murakami
designte Taschen für Louis Vuitton, und DiorDesigner Raf Simons hat für sein eigenes
Menswear-Label gerade eine gleichberechtigte Kooperation mit dem Künstler Sterling Ruby gezeigt. Neu ist nur, wie eng die Mode die
Kunst derzeit umarmt. Denn die war nie verführerischer. In den letzten zwanzig Jahren ist
die Zahl der Galerien, Sammler und Messen
exponentiell gestiegen und mit ihnen der Glamour, den die dazugehörigen Partys, Deals
und Karrieren versprühen. „Es handelt sich
um eine Industrie inmitten ihres Goldenen
Zeitalters“, sagt David Zwirner, einer der
mächtigsten Galeristen der Welt. „Ein supercooler Club.“ Und alle wollen Mitglied sein:
Rapper, Superreiche und eben auch Designer.
Am Beginn des 21. Jahrhunderts gilt Kunstinteresse als der größte Ausdruck von Kultiviertheit. Es gibt schlechtere Statussymbole.
Genauso lange, wie die beiden Disziplinen
sich schon gegenseitig inspirieren, genauso
lange wird die Frage diskutiert, ob Mode
nicht eigentlich auch Kunst sei. Meist werden dann Designer wie Alexander McQueen
und Martin Margiela angeführt, die ihre Kollektionen als Performances,
Statements und fantastische
Events inszenierten. Doch sie
bleiben Ausnahmen.
Jeder von uns muss sich kleiden – und trifft damit unvermeidlich eine modische Aussage. Kunst dagegen braucht
im Grunde niemand. Wie
schön es ist, dass es sie
trotzdem gibt.
PORTRÄT
Für alle Felle Fendi
Bis heute stehen Pelze und Lederwaren im Zentrum des Geschäfts.
Wörtlich. In den Schaufenstern des Palazzo Fendi werden Handtaschen
wie Juwelen präsentiert. Und weil ohnehin alle Wege nach Rom führen,
machte Mira Wiesinger sich auf den Weg dorthin
40
Silvia Fendi ist im Stress. Es sind noch wenige
Wochen bis zum Defilee in Mailand, die Kollektion ist in den letzten Zügen. Und überhaupt: Dass sie sich die Zeit für ein Gespräch
während dieser hektischen Tage nehme – „45
Minuten, nicht länger!“, warnt die Pressefrau
– sei die absolute Ausnahme. Auch der Fotograf wird ermahnt: „Nur ein Motiv!“ Signora
Fendi habe schließlich wenig Geduld.
Man ist angespannt, erwartet – ja, was eigentlich, eine Art Drachen? Doch dann steht sie
plötzlich da, im Atrium des Palazzo Fendi: mit
klugen braunen Augen, recht klein, ganz in
Schwarz. Silvia Fendi, das einstige Partygirl,
Exmodel und die Designerin der Fendi-Accessoires, hat ein ganz eigenes Format. Das merkt
man schon am energischen Händedruck. Auf
der prunkvollen Treppe, die Boutique und
Ateliers verbindet, schmiegt sie sich jedoch
geschmeidig ans Geländer und schaut freundlich in die Kamera. Dann lässt sie sich auf ein
flaches Sofa nieder und beginnt zu erzählen.
In aller Ruhe. Man kommt einfach nicht umhin, sich zu fragen: Wieso nur die ganze Hektik? Silvia Fendi ist eine unkomplizierte Frau.
So zumindest scheint es. Und sie ist eine Frau,
die eine sehr lange Tradition pflegt.
1925: Das kleine Geschäft in der Via del Plebiscito sorgt in Rom schnell für Aufmerksamkeit. Gegründet von Adele und Edoardo Fendi
gilt es als gute Adresse für Pelze und Lederwaren. Die Entwürfe des Ehepaars sind klassisch,
„denn damals war die Mode in Italien noch
nicht besonders groß. Frankreich war tonangebend“, erklärt Silvia Fendi. Ihre Großmutter
beginnt, erste Handtaschen zu entwerfen. „Eine davon, die Adele Bag, haben wir bis heute
im Programm unserer Selleria-Linie.“
Die Selleria, Italienisch für Sattlerei, ist eine
Erfindung der Großmutter. Das Geschäft liegt
in einer Gegend, die von den prächtigen Kutschen der Adeligen auf dem Weg zum Meer
passiert wird. Adele beobachtet die noble Gesellschaft mit ihren Koffern und Taschen, den
Sätteln und Trensen der Pferde. Es bringt sie
auf die Idee, die Sattler in ihrer Nachbarschaft
um Hilfe für die Umsetzung ihrer Entwürfe zu
bitten. Die Taschen werden schnell bekannt
für ihre Qualität. Heute trägt jedes Modell aus
der Selleria-Reihe eine Nummer – „es ist die
Anzahl ihrer Stiche“, verrät die Enkelin.
Mittlerweile sind wir, unkompliziert auch das,
in Silvia Fendis unprätentiöses Büro umgezogen – eine Art Durchgangszimmer. Es ist aufgeräumt, wie die Frau, die es bewohnt. Sie
nimmt an einem tresenhaften Tisch Platz und
fordert auf, es ihr gleichzutun. Auf dem Weg
hierher durchqueren wir mehrere Etagen
des verwinkelten Palazzos, der seit 2005 das
Unternehmen beherbergt und nur 300 Meter von der Wiege des Labels zu finden ist, in
der Via del Leoncino. Doch längst ist man
über die Mauern dieses Hauses hinausgewachsen. Noch in diesem Jahr wird man
umziehen. In den Palazzo della Civiltà Italiana, ein Gebäude aus den 40er-Jahren, aus jener Zeit, als Fendi auch über die Stadtgrenzen Roms hinaus bekannt wird.
Zehn Jahre später steigt die zweite Generation ins Geschäft ein. Die fünf Schwestern,
Paola, Anna, Franca, Carla und Alda, sorgen
dafür, dass Fendi sich auch international
etabliert. Sie ändern alles, allem voran die
Pelze. Mit dem wertvollen Material wird nun
experimentiert. Man ist sich einig: Die Menge an Fell muss reduziert, die Mäntel müssen
leichter werden. „Die Pelze waren mit bis zu
fünf Schichten Futter eingefasst, um das Material zu schützen“, weiß Silvia Fendi. Die
Schwestern aber, die mittlerweile jeweils 20
Prozent des Unternehmens geerbt haben,
wollen sich frei bewegen. Die Kundinnen
danken es ihnen: „Ihre erste Modenschau
während der Alta-Moda-Woche in Rom war
ein großer Erfolg“, sagt die 53-Jährige.
Doch es kommt noch besser.
1965: Die geschäftstüchtigen Frauen stellen
einen jungen Designer an, dessen Name in
der Branche noch recht unbekannt ist – Karl
Lagerfeld. Er ist fortan für die Pelze zuständig, die er nun weicher, leichter, moderner,
modischer gestaltet. In der High Society
lässt man sich ohne einen Fendi-Pelz kaum
mehr blicken.
Auch die Filmbranche ist begeistert. Die glamourösen Entwürfe tauchen jetzt in zahlreichen italienischen Filmen auf, verhelfen ihnen zu jenem Glanz, der bis heute zum Träumen anregt. Auch neuere Produktionen, etwa „The Royal Tenenbaums“, „Io Sono
L’Amore“ oder „Evita“ leben vom Esprit der
Fendi-Pelze. Bis heute engagiert sich das
Haus für den Film, mehr als 20 Streifen hat
man ausgestattet. Und im vergangenen Jahr
drehte Fendi sogar einen eigenen Kurzfilm.
Mit Cara Delevingne in der Nebenrolle. Die
Hauptrollen waren bereits vergeben: an Taschen, Schuhe und, klar, Pelze.
1977 folgt die Einführung einer Prêt-à-porter-Kollektion, die ebenfalls Lagerfeld verantwortet. „Er brachte neue Energie ins Unternehmen, eine Energie, die bis heute
F
Die spinnen, die Römerinnen! Die Schwestern,
Paola, Anna, Franca,
Carla und Alda Fendi
stellen in den 50erJahren die Pelzbranche
auf den Kopf
herrscht“, so Silvia Fendi. Mit 18 Jahren tritt
auch sie in die Firma ein und wird nicht
nur Zeuge vom großen Erfolg, sondern
auch von der schweren Krise. In den 90erJahren verleidet die Political Correctness
das Pelzgeschäft. Silvia Fendi engagiert
sich für die Familie, ruft die günstigere
Zweitlinie „Fendissime“ ins Leben, belebt
die Selleria wieder. Zu neuem Glanz verhilft dem Haus aber erst ihr Entwurf einer
kleinen flachen Tasche. Von Sarah Jessica
Parker über Madonna bis Sophia Loren ist
man ganz wild auf das Accessoire, das wie
eine Stange Weißbrot unter den Arm geklemmt wird – eben die „Baguette“. Mehr
als 1000 Varianten gibt es von ihr heute.
Auf den Geschmack kommt dann auch der
französische Luxuskonzern LVMH – er erwirbt im Jahr 2000 gemeinsam mit Prada
eine Mehrheit der Firma. Kurz danach verkauft Prada seinen Teil an LVMH, die in
den folgenden Jahren auch die verbleibenden Anteile des Fendi-Clans übernehmen,
zuletzt die von Carla.
Nach dem Verkauf steigt die Anzahl von Fendi-Geschäften weltweit von sechs auf 130. Die
erste deutsche Boutique wird im März in
München eröffnen. Aktuell zählt das Haus zu
den innovativsten italienischen Unternehmen, seine Entwürfe zu den brillantesten
der Zunft. Wie das kommt? „Vielleicht liegt
es daran, dass wir von Beginn an mit Pelz arbeiteten, dem ältesten Material der Menschheit. Es ist eine Herausforderung, es immer
neu zu gestalten, es so zu behandeln, als sei
es ein gewöhnliches Material.“
FENDI (8); MARIO TURSI; KARL LAGERFELD; CINETEXT
Der Weg der Marke Fendi war ein langer. Und doch auch wieder nicht:
Was sich hier in den 90er-Jahren um
Catherine Deneuves Schultern
schmiegt, ist eine Pelzstola von Fendi.
Unten: Pietro Beccari ist seit 2012 CEO
und Motor des Unternehmens
F
Monica Vitti (1969) in
einem Pelzensemble von
Fendi. Links: Pelzige
Finger: Fendi-Schmuck für
den Sommer 2014
Skizze von Karl
Lagerfeld des
Brunnens „Fontana
della Dea Roma“
für die Ausstellung
„Glory of Water“,
ein Fendi-Projekt,
das Roms Brunnen
zugutekommt.
Darunter: Lagerfeld-Skizze von
1979 und ein
aktueller
Entwurf der
„Baguette“
Von links nach rechts: Paola, Franca, Anna, Carla
und Alda in den 80er-Jahren in Rom. Oben: Filmstill aus „Gruppo di famiglia in un interno“ (1974).
Rechts: Auch Gwyneth Paltrow trägt Fendi in
Wes Andersons „The Royal Tenenbaums“ (2001)
Man fürchtete, sie könnten das Geschäft ruinieren. Bald aber eiferte man ihnen nach.
Und dann kam auch noch Karl Lagerfeld. Was
hat er verändert?
Die fünf Schwestern hatten jeweils eine unterschiedliche Rolle im Unternehmen, aber
kreativ waren sie alle, besonders meine Mutter. Karl jedoch, das wissen wir, ist ein echtes
Genie. Er brachte eine neue Perspektive in die
Firma. Das haben meine Mutter und ihre
Schwestern sofort verstanden.
Lagerfeld war damals noch kaum bekannt,
ging man mit seiner Wahl ein Risiko ein?
Nein, er war nicht berühmt, die Schwestern
ahnten aber, dass er etwas verändern, eine Revolution in der Mode herbeiführen könnte.
THOMAS MEYER/OSTKREUZ
Hat sich das Verhältnis zu ihm über die Jahre
verändert? Er ist heute schließlich ein viel beschäftigter Mann.
Nein, die energiegeladene Atmosphäre während der gemeinsamen Arbeit ist immer die
gleiche geblieben.
La Primadonna: Silvia Fendi im Palazzo Fendi in Rom
Wir sind
clevere
Mädchen
F
Paola, Anna, Franca, Carla und Adele: In
den 60- und 70er-Jahren revolutionierten
die fünf Fendi-Schwestern mit Pelzen die
Modewelt. Heute sorgt Annas Tochter
Silvia mit ihren Accessoires für Aufsehen
Silvia Fendi, was kann
Ihre Familie besser als
andere? Fendi war in
den 20er-Jahren schon
erfolgreicher als andere
Geschäfte.
Seit 1925, als meine
Großeltern das Unternehmen gründeten, hat
sich eine Menge verändert. Aber einige Dinge
sind immer gleich geblieben, allem voran die
Liebe für Qualität. Wir Fendis teilen aber
auch den Hang zur Innovation und die Lust an
der Herausforderung.
Auch die nächste Generation, die fünf Schwestern, liebten Innovationen. Ihnen ging es aber
nicht allein um optische Neuerungen.
Richtig, es ging ihnen um die Befreiung der
Frau. Sie konnten nicht verstehen, weshalb sie
sich buchstäblich eine Last aufbürden sollten.
Die Pelze waren damals sehr viel schwerer als
heute, man konnte sich kaum darin bewegen.
Pelze waren stets mit Reichtum verbunden,
fast immer ein Geschenk eines Mannes – je
üppiger der Pelz, desto dicker die Brieftasche.
Wie kamen diese neuen Entwürfe an?
Sie sorgten für viel Aufmerksamkeit. Die Leute redeten über diese fünf verrückten Frauen
aus Italien, die mit ihren Kreationen Gewohntes auf den Kopf stellten. Speziell in den USA
waren sie ein Dorn im Auge der Pelzproduzenten, von denen es dort ja jede Menge gab.
Ihre Mutter und Ihre Tanten bezeichneten Lagerfeld als ihren Bruder. War er für Sie dann so
etwas wie ein Onkel?
Nein, ich hatte viel zu viel Respekt vor ihm.
Am Anfang wusste ich noch gar nicht, was er
überhaupt bei uns zu schaffen hatte, aber ich
begriff instinktiv, dass er sehr wichtig für meine Mutter war. Denn wenn er zu uns kam, war
sie unglaublich aufgeregt. Ich habe schnell gemerkt, dass diese Verbindung eine ganz besondere war. Nach und nach verstand ich auch
seine Rolle im Unternehmen.
Begannen Sie sich zu dieser Zeit für Mode zu
interessieren?
Ich fand es damals hochinteressant, das Heranwachsen einer Kollektion zu beobachten.
Erst waren da die Skizzen, dann Prototypen,
zuletzt die Show. Ich erkannte, wie viel Arbeit
dahintersteckte. Und wie viel Macht von der
Mode ausging.
Was haben Sie noch von Lagerfeld gelernt?
Die wichtigste Lektion bestand darin, dass
man jede neue Kollektion mit einem weißen
Blatt Papier beginnt. Wenn man zu Karl sagt:
„Wir hatten doch diesen Mantel,
MÜN
CHE
Kleines Monster: Den Taschenanhänger „Funich“
gibt es exklusiv zur Eröffnung der ersten deutschen Fendi-Boutique in München. In der
Maximilanstraße 12 wird es neben Mode auch
Kunst zu bewundern geben
N
der auf Anhieb ein Bestseller wurde. Lass uns
was Ähnliches machen“, dann liegen Sie total
daneben. Fangen Sie erst gar nicht so an mit
Karl. Er interessiert sich nicht dafür, was er bereits gemacht hat. Er interessiert sich allein
dafür, was er noch nicht gemacht hat. Diese
Einstellung hat meine Denkweise sehr geformt.
eigentlich, was Frauen wollen?
Manchmal kann ich die Dinge fühlen, früher
sehen als andere Menschen. Ich denke, es ist
eine starke Sensibilität, die jeder gute Designer haben sollte, die aber auch nicht immer
guttut. Denn man leidet ja auch mehr als andere Menschen. Schließlich spürt man nicht
nur die positiven Entwicklungen.
Warum ist Karl Lagerfeld wohl so viele Jahre
dem Haus treu geblieben?
Er gibt uns zwar viel, bekommt aber auch eine
Menge zurück. Wir überraschen ihn immer
wieder mit den Übersetzungen seiner Ideen.
Denn jede Linie seiner Skizzen hat eine Bedeutung, man muss sie aber herauslesen, interpretieren können. Und darin haben wir
mittlerweile viel Übung.
In den 90er-Jahren hatten Sie das Bedürfnis
nach Authentizität, machten sich für die „Selleria“ stark, die einst Ihre Großmutter ersann.
Weil sie Teil unseres Erbes ist. Ich habe eine
Tasche meiner Großmutter aus dieser Linie.
Sie ist noch gut in Schuss. Das Leder hat über
die Jahre Patina bekommen. Am Griff ist sogar ihr Handabdruck zu sehen. Diese Tasche
war so anders als alles, was es in den 90er-Jahren zu kaufen gab, alles war so standardisiert.
Sie haben also keinerlei Ehrfurcht vor dem
doch sehr teuren Material?
Nein, wir haben Pelz immer so behandelt, als
sei es ein ganz normaler Stoff. Ohne je an den
Wert zu denken. Klingt vielleicht ein wenig
anmaßend.
Vielleicht braucht es eine gewisse Hochnäsigkeit, um anders zu sein?
Wir nehmen uns nicht allzu ernst. Als Karl damals unser Doppel-F-Logo entwarf, sagte er, es
stünde für „Fun Fur“, also Pelz, der Spaß
macht. Wir haben tatsächlich viel Spaß mit
den Pelzen, darum geht es bei Fendi.
Sind Sie heute die letzte Fendi bei Fendi?
Nein, meine Tante Carla ist noch immer Ehrenpräsidentin der Firma. Und ich kann Ihnen
versichern, dass alle Fendis weiterhin ihr Herz
im Unternehmen haben.
Man fragt sich: Wieso dann der Verkauf?
Es war bereits zu fünft eine Herausforderung,
zumal die Schwestern alle sehr eigenwillig
sind. Sie haben stets für die eigenen Ideen gekämpft, sich aber nie bekämpft. In meiner Generation waren wir dann aber schon elf. Das
wurde wirklich zum Problem, eines, vor dem
jedes Familienunternehmen eines Tages steht.
Hatte der Verkauf auch mit der Pelzkrise in den
80er- und 90er-Jahren zu tun?
Nein, wir haben zu einem sehr günstigen Zeitpunkt verkauft, direkt nach Einführung der
Baguette, quasi an der Spitze unseres Erfolgs.
Wir sind doch clevere Mädchen.
Lassen Sie sich häufig von Reisen inspirieren?
Ich glaube nicht, dass man allein vom Unterwegssein inspiriert wird. Inspiration ist etwas,
das von überall kommt. Manchmal kann ich
nach Fertigstellung einer Kollektion nicht sagen, was mich dazu angeregt hat. Ich stelle lieber die Gegenfrage: Was sehen Sie denn in der
Kollektion? Da bin ich wie ein Psychologe.
Auch den Designernachwuchs haben Sie im
Blick, sind die Präsidentin der Alta-Roma-Modewoche. Wen sollte man im Auge behalten?
Marco de Vincenzo, nicht nur, weil er meine
linke und rechte Hand ist, sondern weil seine
Kollektionen fantastisch sind. Der junge Österreicher Arthur Arbesser ist ebenfalls
sehr talentiert.
Die Peekaboo war nicht Ihr einziger Hit. Da
gab es die Spy Bag, die B Fendi, die Silvana, natürlich die Baguette ...
Jede Fendi-Tasche beherbergt eine Überraschung, einen Trick. Die Spy Bag hat etwa eine
Geheimtasche unter der Klappe. Manchmal ist
das wichtigste Detail im Inneren verborgen, so
ist das auch mit unseren Pelzen. Sie sind oft
beidseitig tragbar, es fällt schwer zu entscheiden, welches nun die hübschere Seite ist.
Und was macht Silvia Fendi, wenn Sie
mal nicht arbeitet?
Was alle normalen Menschen tun:
Freunde und Familie treffen, kochen und, klar, ins Kino gehen.
So eine hohe „It-Bag-Dichte“ können nicht gerade viele Häuser vorweisen. Woher wissen Sie
RO
M
Was hat Sie zu der Monster Bag inspiriert?
Ich besuchte eine Freundin in Brasilien. Sie
sammelt tropische Vögel, die mich anstarrten
wie kleine Monster.
Auch die Zusammenarbeit zwischen Fendi und
dem Film war immer erfolgreich.
Unser Standort ist schuld daran. Die Filmindustrie war in Rom früher sehr groß. Meine
Mutter und meine Tanten waren mit vielen
Regisseuren befreundet. Damals, in den 60erJahren, ging es weniger um Product-Placement als um den Spaß an der Sache. Es war eine Ehre, seine Kleider in einem Film von Visconti, Fellini oder Bolognini zu sehen. Wenn
uns ein Projekt gefällt, unterstützen wir es
noch immer gern.
Apropos Spaß: Wenn man Ihre „Peekaboo“-Tasche mit den gelben Schlitzaugen oder Ihre „Fur
Monster“-Taschen betrachtet, nimmt man an,
Sie hätten eine Menge Humor.
Das stimmt auch. Ich bin ein humorvoller
Mensch, was im Leben sehr hilfreich ist.
AP/ANTONIO CALANNI; FENDI (8)
Wie schaffen Sie beide es, Pelze immer wieder
zeitgemäß aussehen zu lassen?
Interessant wird es doch erst, wenn Fell für etwas verwendet wird, das kein Kleidungsstück
ist. Denken Sie nur an unsere Rucksäcke mit
Pelzbesatz, mit denen wir so erfolgreich waren. Auch Sonnenbrillen mit Fellapplikationen haben wir schon gemacht.
Längst gibt es nicht nur
Taschen und Pelze von Fendi.
Die Sandale stammt aus der
aktuellen Kollektion für den
Sommer 2014, genau wie die
farbenfrohe Kollektion unten
Im Pelz, so wie Ihre Mutter
es zu tun pflegte?
Nein, ich bevorzuge
Hemd und Hose –
meine Uniform.
Mira Wiesinger
Selbst der Designklassiker „Baguette“ verwandelte sich aktuell in ein kleines Monster. Oben:
Silvia Fendi und Karl Lagerfeld während ihrer
Show für die Frühjahr-/Sommersai son 2014
43
I
n Chilcompton, einem kleinen
Ort in Somerset, sieht England
genau so aus, wie man es sich vorstellt: Am Horizont tun sich weiche Hügel auf, am Wegesrand stehen Steinhäuser mit spitzen Dächern, auf den Feldern grasen
friedlich ein paar Schafe. Würde
nun auch noch Harry Potter auf seinem Besen
vorbeifliegen oder Miss Marple hinter einer
Laterne hervorspähen – es wäre keinesfalls
verwunderlich. Irgendwann und, wie man
hier gern zugibt: „in the middle of nowhere“,
taucht schließlich eine Art große grüne
Scheune auf.
Ian Scott wartet schon. Der Engländer ist seit
neun Jahren der „Group Supply Director“ des
britischen Labels Mulberry und beginnt nach
einem fröhlichen „Hey there!“ sofort zu erzählen. Das hier ist „The Rookery“ (engl. für Krähenhorst), erklärt er. Die Manufaktur, die es
bereits seit 1989 gibt und 420 Mitarbeiter beschäftigt. Später am Tag werde er aber auch
noch „The Willows“ (Die Weiden) zeigen. Die
zweite Manufaktur, die im vergangenen Sommer im benachbarten Ort Bridgwater eröffnet
hat und der ganze Stolz der „Mulbs“ (so nennt
man sich hier untereinander) ist. Durch sie
sollen nämlich bald schon fünfzig Prozent der
feinen Ledertaschen mit Namen wie Alexa, Lily und Primrose in England produziert und
Mulberry seinem Ziel näher gebracht werden:
„Wir wollen eine globale Erfolgsgeschichte
werden und dabei gleichzeitig ‚made in Britain‘ bleiben“, schreibt Bruno Guillon per EMail. Der 48-jährige Franzose übernahm 2012
den Chefposten bei Mulberry, vorher war er
elf Jahre bei Hermès.
Bevor es zur neuen Manufaktur geht, führt Ian
Scott erst einmal durch die alte, die er liebevoll „Old Lady“ nennt. Im oberen Stock sitzt
die Produktentwicklung, wo die Entwürfe, die
aus dem Atelier in London ankommen, in
Testmodelle umgesetzt werden. Danach geht
es eine Etage tiefer in eine große Halle. Es
riecht nach Leder und Farbe, Nähmaschinen
rattern, Schleifmaschinen summen. In sechs
Produktionslinien arbeiten je 30 Leute, die in
Handarbeit und vielen einzelnen Schritten
gemeinsam ein Taschenmodell herstellen.
Über ihnen hängt ein Zettel mit dem Verkaufspreis der jeweiligen Tasche. „Bayswater
£ 1300“ steht zum Beispiel auf einem. „Damit
alle im Kopf behalten, wie viel Geld jemand
MANUFAKTUR
mal dafür ausgeben wird“, ruft Ian Scott zwischen den Nähmaschinen hervor.
Gegründet wurde Mulberry 1971 von Roger
Saul, der in der Grafschaft Somerset im Südwesten Englands aufwuchs. Der damalige Betriebswirtschaftsstudent hatte von seinen Eltern zum 21. Geburtstag 500 Pfund bekommen und investierte das Geld in Leder, aus
dem er am Küchentisch Gürtel herstellte. Als
die sich schnell und gut in Londoner Boutiquen verkauften, erweiterte er sein Sortiment um Kleidung, Handtaschen, Taschenkalender, später sogar um Armbanduhren und
eine „Home Collection“ mit
Wohnaccessoires. Schon in den
Achtzigern war Mulberry durch
In England ist man nach den Taschen von
den romantisch-rustikalen Jagdstil zum Synonym für englischen
Mulberry ganz verrückt. Nun möchte das Label
Stil geworden und setzte mehrere
Millionen britische Pfund um.
auch das Ausland erobern. Lisa Strunz schaute
Das von Sauls Schwester entwormal vorbei – in der Heimat Somerset
fene Logo wird bis heute verwendet: ein kleiner Maulbeerbaum.
Als Symbol für Natur, Stärke und
Beständigkeit.
das um die Produkte kreiert wurde. „Doch daDer Erfolg hielt jedoch nicht ewig an. Ende rauf dürfen wir uns nicht ausruhen“, sagt Ian
der Neunziger hatte Mulberry an Glanz verlo- Scott. „Die Leute entwickeln ein immer grören und galt unter den Briten als „dusty fusty“, ßeres Interesse daran, wo und vor allem wie
was so viel wie verstaubt und muffig bedeutet. ein Produkt hergestellt wurde.“ Das Herz der
Als Roger Saul die Marke 2003 an Challice Li- Marke sind für ihn daher die beiden Manufakmited verkaufte, eine Beteiligungsgesell- turen in Somerset und ihre Handwerksmeisschaft der Familie Ong aus Singapur, und neu- ter. Das spürt man, wenn er durch die Gänge
es Geld in die Marke investiert wurde, ging es führt: Die Stimmung ist erstaunlich herzlich,
wieder aufwärts: Man konzentrierte sich stär- man grüßt sich, lächelt, hält einander Türen
ker auf die Produktion der Taschen, und mit auf. Manche der Mitarbeiter sind schon seit
Emma Hill als Kreativdirektorin gewann Mul- 1989 dabei. Aber es gibt auch viele coole Jungs
berry 2008 seinen alten Charme zurück. Der mit Tattoos und Kopfhörern in den Ohren, die
Britin, die sich im vergangenen Jahr aus dem hier arbeiten, alle um die 20. Das ist auf das
Unternehmen wieder zurückzog, um sich Ausbildungsprogramm zurückzuführen, das
neuen Aufgaben zu widmen, gelang es, jedem Ian Scott 2006 einführte. Um Nachwuchs in
Entwurf eine Prise englischen Humor hinzu- die Manufaktur zu bringen – und zu halten.
zufügen: Sie ließ die Models für eine der Kam- Von 70 Teilnehmern bisher sind 45 immer
pagnen in idyllischen Wäldern mit Monstern noch im Unternehmen. So wie der 23-jährige
aus dem Kinderbuch „Wo die wilden Kerle Tommy, der für das Veredeln der Lederkanten
wohnen“ kuscheln, entwarf Prêt-à-porter-Kol- zuständig ist. Hier zu arbeiten mache
lektionen im schönsten Sommer-Tea-Party- ihm so viel Spaß, dass er sich zwischen
Look, benannte eine Tasche nach dem briti- Daumen und Zeigefinger, da, wo auf
schen It-Girl Alexa Chung.
seinem tätowierten Arm noch ein QuaIn England ist Mulberry längst wieder Kult. dratzentimeter Platz ist, bald einen
Läuft man durch die Straßen Londons, sieht Maulbeerbaum stechen lassen möchte.
man jedenfalls erstaunlich viele Frauen mit 2010 entstand der Plan, eine zweite Maeiner Alexa oder Bayswater in der Hand, und nufaktur zu eröffnen: „The Willows“,
auch im Flagship-Store in der feinen New etwa eine Stunde von Chilcompton
Bond Street ist an einem gewöhnlichen Don- entfernt. Die ist auf den ersten Blick
nerstagmorgen schon mehr los als in jeder an- eher unspektakulär. Ein längliches Gederen Boutique. Nun möchte man auch im bäude mit Glasfront eben. Doch pro
Ausland bekannter werden: 66 eigene Ge- Woche, erzählt Ian Scott stolz, würden
schäfte führt Mulberry bisher weltweit. Allein hier bald bis zu 1600 Taschen hergeim vergangenen Jahr haben acht neue eröff- stellt. 7,5 Millionen Pfund hat man in
net, zuletzt in Berlin, Toronto und Wien. Für die Manufaktur investiert und fast 90
2014 sind vier weitere geplant, darunter auch Prozent der Mitarbeiter aus der direkeines in Hamburg am Neuen Wall und in Paris ten Umgebung gewonnen. Ein Großteil von
in der Rue Saint-Honoré.
ihnen war vorher arbeitslos, weil viele UnterWas Mulberry gerade im Ausland spannend nehmen, die ihre Produktionsstätten früher
macht, ist sicher das britische Lebensgefühl, ebenfalls in Somerset hatten, lieber in Billigländer abwanderten.
Bei Mulberry denkt man bereits über eine
dritte Manufaktur nach. Auch die soll natürDie Heimat von Mulberry: Das idyllische
lich irgendwo im Südwesten Englands liegen.
Somerset im Südwesten von England
Zwischen weichen Hügeln, spitzen Steinhäusern, friedlich grasenden Schafen.
Willkommen
bei den Mulbs!
MULBERRY (7); CRAIG JOINER/LOOP IMAGES/LAIF
Oben: Bilder von der neuen Kollektion.
Rechts: Der Klassiker, die „Bayswater“Tasche, in neuer Streifenoptik.
Daneben: Eine Aufnahme von einer
Show aus den 70er-Jahren
ZU BESUCH
ie Würde als eine Form
des Geistes.“ Was das
mit sündteuren Wirkwaren zu tun hat? Na, es
ist der Titel der Vorlesung, die Brunello Cucinelli an der Universität
in Perugia gehalten hat.
Er, der King of Kaschmir, spricht gern über
Philosophie. Darum fängt diese Geschichte
auch nicht gleich in seinem schönen Haus an,
obwohl die Einladung uns genau dorthin führen wird, sondern bei dem, was ihn beflügelt,
bewegt und antreibt. Wir beginnen in Perugia, vor gut drei Jahren, exakt am 11. November
2010 um elf Uhr im Palazzo Murena in der Aula Magna. Es ist der Sitz der Università degli
Studi di Perugia, einer der ältesten Italiens.
Brunello Cucinelli ist ein Wirtschaftsfaktor
der Region Umbrien. Rund 800 Mitarbeiter
leben allein hier von der Produktion seiner
Luxuswirkwaren, weltweit sind es bald zweitausend. Einem so wichtigen Bürger dürfte
man getrost eine Ehrendoktorwürde in Wirtschaftswissenschaften verleihen. Doch Bru-
D
nello Cucinelli bekommt die Doktorwürde in
Philosophie. Schon auch als Zuckerl, doch
nicht geschenkt. Er erhält den Titel für eine
Arbeit über das Thema, über das er oft und
gern spricht: „Die Würde als eine Form des
Geistes.“ In seiner Dankesrede sagte er: „Einer
der wichtigsten Aspekte meines damaligen
Lebens (als Student, Anm. d. Red.) war die
Kultur der Bars: der italienische Caffè. (...) Industrielle, Arbeiter und Faulenzer – ich muss
zugeben, ich war einer davon – konnten stundenlang ohne Unterbrechung diskutieren.
Was ich daraus mitnahm, ist die Einsicht, dass
jedes intensive, nachhaltige Ergebnis aus einer intensiven Debatte resultiert.“
Man sollte das im Kopf haben, wenn man Cucinellis Haus betritt. Es ist mehr als eine Villa.
Es ist ein ganzes Dorf. Unweit von Perugia
thront auf einem Hügel eine dieser niedlichen
Ortschaften, die so bilderbuchhaft geschniegelt eigentlich nur in Kitschkalendern auftauchen. Solomeo ist aber keine Fantasiewolke
für wintermüde Ruhrpottler. Es ist lustvolle
Wirklichkeit mit einem Patron, der sich etwas
gönnt. Am liebsten, sagt er, dass es seinem
Umfeld gut geht. Weil er selbst kein Elend sehen kann und er es darum aus seinem Blickfeld verbannt? Getreu dem Motto: Eure Armut
kotzt mich an? Er lacht. Etwas in die Jahre ist
er gekommen, aber im Gegensatz zu einigen
seiner italienischen Kollegen aus der Modebranche ist bei Brunello Cucinelli alles en nature. Die Fältchen sind am besten erkennbar,
wenn er schmunzelt. Das tut er häufig, beispielsweise wenn er über seine Angestellten
spricht: „In erster Linie geht es um Würde.
Wenn ein Mitarbeiter tagaus, tagein sehr ähnliche Arbeitsabläufe verrichtet, ist ein angemessen attraktives Umfeld eine
notwendige Kompensation zur
Monotonie und vom Arbeitergeber nur ein Zeichen von Respekt
gegenüber dem Mitarbeiter.“
Das sitzt. Ist der King of Kaschmir
am Ende der Letzte der Aufrechten im Kampf für eine Welt, in der
alle gleich (langweilig) sind? „Ich
glaube an den Kapitalismus“, gibt
er zur Antwort. „Ein Geschäft muss
Gewinn machen, das ist der Grund,
warum es existiert. Gleichzeitig
darf Profit nicht Humanität zerstören. Aristoteles erachtet Ethik als
höchste Instanz der Philosophie. Das ist eine
Straße, die ich gehen will.“ Er hat damit Erfolg. Wie mit anderen eher ungewöhnlichen
Entscheidungen. Zum Beispiel, wenn, wie im
vergangenen Jahr, viel über Krisen gestöhnt
wird, er mal eben die Preise ordentlich erhöht. Die Kunden zahlen es. Und sie werden
immer mehr.
Cucinelli führt in eines seiner drei Büros, es
liegt im neu geschaffenen Areal am Fuße des
Berges. Hier finden sich auf zwei Stockwerken ein Großraumbüro, der Versand, ein
Showroom und eben sein Office. In der mittelalterlichen Altstadt in einem Türmchen
über den Produktionsstätten thront der zweite Arbeitsplatz. Unten, in verwinkelten Gässchen, verbergen sich
hinter frisch gestrichenen, sonnengelben
Fassaden die Ateliers,
wo auch die Kollektionen auf Qualität geprüft
werden. Außerdem hat der Designer ein
Theater gebaut, ganz aktuell eine Schule für
Handwerksberufe eröffnet und aus den Oliven, die bis in den Ort wachsen, raffiniert er
sein eigenes Öl. Das dritte Arbeitszimmer ist
zu Hause, ein paar Minuten von den anderen
entfernt, mit Blick auf den Pool, der von außen hinter einer hohen Mauer versteckt liegt.
Angst vor Neidern? „Gar nicht“, behauptet der
Gastgeber. „Es gehörte einfach zu dem Hof,
der ursprünglich aus dem 14. Jahrhundert
stammt.“ Und den er auch liebevoll restauriert
hat, bis hin in den weitläufigen Garten. Allerdings konnte er das erst, nachdem er selbst
acht Jahre auf die schon erwähnte Mauer gestarrt hatte. Denn sein erster Wohnsitz im Ort
war auf der anderen Straßenseite, Hanglage
mit Blick über das Tal zur einen und eben dem
zur Mauer auf der anderen Seite. Er hat sich
seine Träume sukzessiv erarbeitet.
Zunächst vom Faulpelz – das sagt er selbst –
während des nicht beendeten Ingenieurstudiums zum Partner im Modeladen seiner Frau
Frederica. Damals bildete sich durch intensive
Lektüre seine Vorstellung eines Unternehmens: „Der Weg, die Produktion waren und
sind mir genauso wichtig wie der Markt und
das Produkt.“ Aus dem Laden wurde über die
Jahrzehnte ebenjenes Eine-Milliarde-DollarBusiness, das 2012 zum Auftakt an der Börse
sämtliche Erwartungen übertraft – 17-fach
war die Aktie überzeichnet.
Dem Besucher bietet sich nun folgendes Bild:
ein 60-jähriger Mann strahlend hinter einem
antiken Schreibtisch, in einem Büro, das vielleicht 25 Quadratmeter hat, mehrfacher Millionär, lehnt sich entspannt zurück. Was fehlt?
Der Computer. Der fehlt übrigens in allen drei
Büros des Brunello Cucinelli. Und wenn er
ans Handy geht, wundert sich der Gast, dass
das Modell überhaupt noch funktionstüchtig
ist. „Ich schreibe alles auf. Mache Notizzettel
und gebe die meinen Mitarbeitern“, sagt er.
Während des Gesprächs illustriert er alles.
Bleistiftskizzen, wie sich die Welt dreht, wo er
sich verortet und welcher Philosoph welchen
Einfluss auf welche Theorien hat.
Auch in diesem Büro gibt es eine Wand mit
den gerahmten Fotos seiner Helden: Kennedy,
Gandhi, Jobs, Kafka, Obama und Solschenizyn. Kein Platon? „Den trage ich in meinem
Herzen.“ Überhaupt: Die Klassiker haben es
ihm angetan. Vordenker der Neuzeit von Descartes bis Susan Sonntag sind ihm suspekt,
weil „die größten Denker es immer geschafft
haben, komplexe Zusammenhänge präzise zu
formulieren, sodass es keine Verständigungsprobleme gab.“
Lässiger Umgang zählt – sei es in seiner Mode,
bei Gedankenspielen, aber auch beim eigenen
Lifestyle. Neben dem Büro eine Halle von circa 90 Quadratmetern mit Säulen, Kamin und
Polstermöbeln unbekannter Herkunft. Ein
Stockwerk darüber das Wohnzimmer mit Flügel und Kinderfotos, mit Bücherregal und Essecke. Nichts zu entdecken, was überflüssig
wäre, aber auch eine für einen Modemacher
merkwürdige Abwesenheit von Design. „Hier
ist Lebensraum“, sagt Cucinelli. Und alle Räume verbindet, dass sich Bücher in ihnen stapeln, die aufgetürmt auf dem Boden liegen,
einfach so. Der Mann liest einfach gern.
So lebt es sich in Umbrien: Brunello Cucinellis Familiensinn und seine Leidenschaft für Philosophie spiegeln sich im ganzen Anwesen wider, überall sind Fotos
und Bücher zu finden. Und wenn es selbst im schönen Italien einmal regnet,
beschirmt der 60-Jährige gern seine ganze Familie: Ehefrau Frederica, die Töchter Carolina und Camilla und das erste Enkelkind
So lebt der
K aschmir-K apitalist
Zu Hause bei
Brunello Cuc
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47
SNOW
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Schnee, Sonne und frische Luft – man kann es
entschieden schlechter haben als im österreichischen
Pitztal. Und unsere Kleidung wärmt nicht nur in dieser
Traumkulisse. Auch auf anderen Gipfeln und Pisten
gäben Sie damit wohl keine ganz schlechte Figur ab
48
Foto: Wiebke Bosse. Assistenz: Ruth Kobbe
Styling: June Nakamoto c/o Shotview. Assistenz: Naoko Soeya
Haare & Make-up: Nathalie Nobs. Mit Produkten von Une, Less is more und Uslu Airlines
Model: Corinna Ingenleuf c/o M4models
Mit Dank an Marcus Herovitsch und Bernd Matsching (tirolgletscher.com),
Sepp Eiter (Café 3.440) und Familie Walser vom „Hotel Vier Jahreszeiten“ in St. Leonhard
LINKE SEITE: DAUNENMANTEL MIT FEDERN
UND STRASSAPPLIKATIONEN SOWIE
HANDSCHUHE: MONCLER. STIEFEL: BOGNER.
OHRENSCHÜTZER AUS FELL:
YVES SALOMON. STRUMPFHOSE: FALKE.
DIESE SEITE: FELLJACKE, ROLLKRAGENPULLOVER, HOSE UND GÜRTEL:
RALPH LAUREN. KASCHMIRTUCH: HERMÈS.
LEDERHANDSCHUHE: BOGNER.
SKIAUSRÜSTUNG VON INDIGO
49
50
STRICKOBERTEIL MIT FEDERN, HOSE UND STULPEN VON SACAI. SCHUHE: FENDI. FÄUSTLINGE UND
KASCHMIRTUCH: HERMÈS. ROLLKRAGENPULLOVER: BOGNER. SKI: „PROJECT C“ VON INDIGO. SKIBRILLE: LOUBSOL
51
52
BLOUSON, TUCH MIT PUNKTEN, FALTENROCK, STRUMPFHOSE:
ALLES VON MIU MIU. PELZWESTE MIT KAPUZE: YVES SALOMON.
SKIBRILLE: EMMANUELLE KHANH ÜBER MARC LE BIHAN
STRICKPULLOVER MIT FELL, LEDERROCK, STULPEN: ALLES VON ALEXANDER WANG.
STRICKKAPUZE: MAISON MARTIN MARGIELA. HANDSCHUHE: MARNI. FELLSTIEFEL: BALLY.
SONNENBRILLE: TOM FORD ÜBER MARC LE BIHAN. STRUMPFHOSE: FALKE
53
SKIANZUG MIT LEDERDETAILS VON
HERMÈS. ROLLKRAGENPULLOVER, SKI
UND FELLSTIEFEL: BOGNER. OHRENSCHÜTZER: YVES SALOMON
STRICKMANTEL UND BODY
VON BLUMARINE.
54
OHRSCHÜTZER:
PIPOCAKI
55
ÜBER DEN BERGEN:
DAUNENJACKE VON
CANADA GOOSE.
BANDEAU TOP UND
HOSE: AMERICAN
APPAREL. KETTE UND
ARMREIFEN: CHANEL.
SKIBRILLE: LOUBSOL.
WIEBKE BOSSE
STIEFEL: BOGNER
Du lieber
Himmel
Der Pitztaler Gletscher war die
Kulisse unseres Winter-Fotoshootings.
Das Café 3.440 ist ein erhebender Ort,
an dem sich nicht nur die
Aggregatzustände von Wasser
verschieben – erkannte Silke Bender
Z
u Schnee und Eis fällt
mir nicht besonders
viel ein, was macht man
da? Man googelt Wikipedia und findet folgende Definition: „Als Eis
wird im Allgemeinen
gefrorenes Wasser bezeichnet, welches – neben flüssigem Wasser
und Wasserdampf – dessen dritten möglichen
Aggregatzustand darstellt. Es kristallisiert bei
Null Grad Celsius im hexagonalen Kristallsystem und tritt in der Natur in den verschiedensten Erscheinungsformen auf, vom Hagelkorn über den Eiswürfel bis zum Gletscher.“
Wenn man mich fragt, bevorzuge ich eigentlich die flüssige Form von Wasser, am besten
29 Grad warm, türkisfarben und palmenumwedelt. Skifahren lag mir daher wohl noch nie
in den Knochen: Diese Materialschlacht aus
Brettern, Stöcken und klobigen Skischuhen,
die vielen Schichten warmer Kleidung und
dazu noch meine Höhenangst. Es musste erst
das Pitztal kommen, um mein Herz auch für
Minusgrade zu erwärmen.
Schon gleich bei der Anreise zeigen die Tiroler Alpen, was sie können. Glänzend weißer
Neuschnee, blauer Himmel und strahlender
Sonnenschein empfangen bereits im Tal. Obwohl von Tal zu sprechen etwas untertrieben
ist: Unser Basislager, das Skidorf Mandarfen
und das überaus sympathische Familienhotel
Vier Jahreszeiten liegen bereits auf 1640 Höhenmetern. Von hier geht es mit dem Gletscherexpress, einer unterirdischen Schrägstollenbahn, durch den Berg hoch auf 2840
Meter. Wer will, kann hier bereits die Ski oder
das Snowboard unterschnallen und ins Tal
sausen oder bei einem Tee oder Glühwein an
der Bar ein Sonnenbad nehmen.
Doch wir wollen noch höher hinauf – mit der
Wildspitzbahn zum Café 3.440, das genau so
hoch liegt, wie es heißt. Die letzten 600 Meter
bis zum Gipfel des Gletschers haben es in sich:
Als die vollverglaste Achtergondel gerade die
höchste der zwölf Stahlstützen, jede 37 Meter
hoch, passiert, habe ich das Gefühl, mein Herz
rutscht eine Etage tiefer. Das Schlimmste sind
aber nicht die 37 Meter, sondern der hunderte
Meter tiefe Steilhang, den die Gondel nun bis
zur nächsten Stütze überqueren muss. Ich atme dreimal tief durch und schließe die Augen. Es ist wahrscheinlich die dünne und prickelnd kühle Luft, die mein Hirn kurz darauf
so angenehm vernebelt wie sonst nur Champagner, dass ich die letzte Etappe der sechsminütigen Fahrt eher in einer adrenalingesteuerten Euphorie statt in kalter Angst auf beheizten Sitzen verbringe.
Wie eine natürliche Schneeverwehung balanciert der futuristische, organisch geschwungene Bau des Vorarlberger Architekturbüros
Baumschlager Hutter Partners auf dem Gipfel.
Kaum ein Jahr ist er alt. Was aussieht, wie
leicht dahin geweht, wurde in nur fünf Monaten technischer und organisatorischer
Schwerstarbeit errichtet. Das Piz Gloria auf
dem Schweizer Schilthorn, verewigt im
James-Bond-Streifen „Im Geheimdienst Ihrer
Majestät“, war vorgestern. Die 25 Meter lange
vollverglaste Terrasse, die über dem hunderte
von Metern tiefen Abgrund schwebt, ist eine
kinoreife Panoramawand ins ewige Weiß. Eine Stahltreppe führt noch ein paar Meter höher zu einer 360 Grad Aussichtsplattform, die
einen Blick auf über 50 Dreitausender-Gipfel
erlaubt. Ein Fernrohr mit Gipfelanzeiger und
Höhenmesser hilft bei der Orientierung.
„Bei gutem Wetter wie heute kann man sogar
90 km weit schauen – bis auf die Zugspitze in
Deutschland, die Dolomiten in Italien und die
Gipfel von St. Moritz in der Schweiz“, sagt
Sepp Eiter, ein geselliger Ur-Pitztaler und die
Seele des Cafés 3.440. Als eines von sieben
Bergbauern-Kindern hat er den Aufschwung
seiner Heimat zu einer Wintersport-Hochburg in den 80er Jahren miterlebt – er selbst
wurde quasi mit Skiern an Füßen geboren.
„Nirgends fahre ich so gern Ski wie hier, am
liebsten auf dem Brunnenkogel“, erzählt er,
während er eine Prise Tabak schnupft.
Als Gastwirt hat er den höchsten Arbeitsplatz
Österreichs. Die fast 3500 Höhenmeter und
der niedrigere Luftdruck bergen ihren Tücken, was die Küche angeht. Die Torten, Strudel, Sandwiches und Suppen werden auf der
tiefer gelegenen Mittelstation von der hauseigenen Konditorei hergestellt – die frischen
Käse- und Speckknödel, die die herzhaften
Suppen veredeln, waren die größte Herausforderung. „Auf dieser Höhe kann man nicht
richtig kochen“, weiß er. „Das Wasser siedet
hier bei 82 bis 87 Grad. Unmöglich also, wegen der Eigerinnung einen Knödel im Wasser
gar zu kochen – ein Heißluftofen musste her.“
Am meisten freut sich der Weinliebhaber jedoch, seinen Gästen bei den immer wieder
stattfindenden Weinverkostungen zu demonstrieren, wie anders seine guten, österreichischen Tropfen in der Höhe und im Tal
schmecken. „Aufgrund des niedrigeren Luftdrucks hier schmecken die Weine viel duftiger und milder.“
Auf der Mittelstation jedoch wird der Höhenrausch jäh auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Es geht auf die drei Uhr zu, die
Après-Ski-Zeit beginnt. Aus den Boxen an der
Bar draußen donnert schlimmste Ballermann-Musik, die erst unter den geübten Händen des Masseurs im Hotel-Spa endlich verblasst. Doch kaum sitze ich beim Abendessen
und genieße die erstklassige Küche im Hotel
Vier Jahreszeiten, dringt wieder – nur leiser –
deutsches Schlager-Ungemach in mein Ohr.
Liebe Österreicher, Ihr habt doch so wunderbar atmosphärische, einheimische Musikerjungs wie Kruder & Dorfmeister, warum tut
ihr euch in dieser majestätischen Bergwelt
nur diese akustische Luftverschmutzung an?
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INTERVIEW
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Sie empfängt in ihrem Büro beim Pariser
Edelschuh-Designer Roger Vivier, für den sie
seit elf Jahren als stilistische Beraterin arbeitet. Büro? Nein, eher privater Salon. Sie hat
die Wände rosa streichen lassen und mit vielen Familienfotos, persönlichen Erinnerungen, Nippes und Kunst geschmückt. „Willkommen in meinem Trödelladen“, lacht Inès
de la Fressange und lässt sich mit ihrer E-Zigarette auf das Kuschelsofa plumpsen, ganz wie
zu Hause. In der schwarzen Samt-Jogginghose, dem schlichten grauen Strickpullover, veredelt mit dezentem Modeschmuck, wird sie
ihrem Ruf sofort gerecht: très chic, dabei nahbar und wahnsinnig nett. Da konnten die
Franzosen sie noch so sehr als „Marianne“Büste auf den Sockel heben. Von 1989 bis
2000 lieh die (bis dahin) Muse von Karl Lagerfeld der Nationalfigur in fast allen französischen Rathäusern
Was heißt das?
Ich kann es nicht lassen, in Modeboutiquen
Stilkritiken und Designtipps abzugeben. Die
armen Verkäuferinnen! Einmal habe ich in
das Gästebuch von A.P.C. geschrieben, dass
ich die Jeans gut finde, dass sie aber mit tiefer
Taille viel schöner wäre. Ein Jahr später bekam ich vom Chef persönlich einen Dankesbrief mit zwei nach meinen Tipps umdesignten Jeans – die so tatsächlich zum Verkaufsschlager wurden.
Mit Ihrer Marke Inès de la Fressange haben Sie
nun ehrgeizige Pläne: Sie wollen in Zukunft
Kleidung, Taschen, Schuhe, Schreibwaren, Accessoires im Mode- und Wohnbereich auf den
Markt bringen. Dabei könnten Sie doch einfach
die Beine hochlegen?
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Sie war lange seine Muse: Inès de la Fressange stilecht als
Karl-Lagerfeld-Kopie in Smokingjacke von Armani, KarlLagerfeld-Hemd, Acne-Jeans und Vivier-Roger-Boots
58
ihr Gesicht. 1991 gründete sie
sehr erfolgreich ihre eigene Modemarke Inès
de la Fressange und sah sich 1999 von den Investoren gefeuert. Nun sind die fort und Inès
ist immer noch da, die neuen Manager holten
die Pariser Stilikone, die immer wieder mal
bei Chanel-Schauen läuft und für Szenenapplaus sorgt, zurück an Bord. Ihr erster Streich
ist eine Sommerkollektion für den japanischen Textil-Multi Uniqlo (der im April auch
in Berlin den ersten deutschen Store eröffnet), es folgen Schuhe, Schreibwaren und
Sonnenbrillen. Doch das ist nur der Anfang.
Madame de la Fressange, wie ist es für Sie, wieder Inhaberin Ihres eigenen Namens zu sein?
Puuh, es waren mühsame 14 Jahre. Vor allem
tat es mir weh, Produkte zu sehen, die meinen
Namen trugen, aber mir nicht gefielen. Die
meisten Kunden waren natürlich nicht über
die juristischen Verwicklungen informiert
und wussten nicht, dass ich gar nicht mehr an
Bord war. In Geschäftsfragen habe ich
mir nun eine Art buddhistische Haltung angewöhnt, einen inneren
Abstand. Jedoch nicht in ästhetischen Belangen.
Inspiriert von Amélie Poulain,
Hauptfigur in „Die fabelhafte
Welt der Amélie“: Eine Bluse aus
der Kollektion für Uniqlo
Es ist eine Neurose! Jedes Jahr
nehme ich mir vor, weniger zu arbeiten, weil
ich natürlich weiß, dass es nicht das Leben erfüllt, immer mehr zu tun und Geld anzuhäufen. Doch wenn mir interessante Aufgaben
angeboten werden, ist es schwer, Nein zu sagen. Vor allem, wenn es darum geht, schöne
Dinge noch schöner zu machen. Ich bin ein
Shopaholic und immer stört mich ein kleines
Detail. Zurzeit gibt es zum Beispiel diese Bettwäsche aus verwaschenem Leinen – aber
nicht in den Farben, die ich gut finde. Also
möchte ich diese entwerfen. Das ist purer
Egoismus. Die Dinge zu produzieren, die ich
selbst gern hätte. Und meistens treffe ich damit den Geschmack vieler anderer Frauen.
Sie wurden einmal zitiert mit dem Satz, Sie seien eine ganz normale Frau. Mit Verlaub ...
Den Satz verwechseln Sie wohl mit unserem
Präsidenten François Hollande (lacht). Ich bin
ganz und gar nicht normal. Mir ist sehr bewusst, dass ich ein sehr privilegiertes Leben
habe. Wer in einem Haus mit 24 Zimmern und
Hausangestellten aufwächst und eine Köchin beschäftigen kann, weil er nicht
gern kocht, ist nicht normal. Mein
Geschmack und meine Wünsche
hingegen sind denen der 3
3 Mehrheit der Frauen sehr ähnlich. Ich bin
jetzt 56, ich fühle mich nicht als alte Dame
und möchte mich nicht so kleiden wie meine
Großmutter in dem Alter. Allerdings weiß ich
auch, dass es nicht mehr passend ist, abends
mit Shorts und Overknee-Stiefeln auszugehen. Alle Frauen meiner Generation haben die
Rolling Stones oder Jim Morrison gehört, dieselben Freiheiten gelebt. Das prägt: Irgendwie
bleiben wir ewige Teenager, Mädchenfrauen –
und gleichzeitig haben wir Familie und einen
Beruf, Lebenserfahrung. Den Nerv genau dieser Frauen treffe ich. Es fällt mir sogar leichter, anderen Frauen gute Styling-Tipps zu geben, als mich selbst anzuziehen.
Coolness in den Shops und auf den Schauen
geht mir auf den Wecker, ich wünsche mir
mehr Fröhlichkeit und Leichtigkeit in der Modewelt – so wie in Pharrell Williams’ Videoclip „Happy“. Das ist jung, frisch!
Was würden Sie denn unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel raten?
Ich würde mit ihr zu Jil Sander gehen: Dieser
Mix aus Nüchternheit und Eleganz würde gut
zu ihr passen. Und dann würde ich ihr sagen,
dass sie ihre Fröhlichkeit nicht durch wechselnd bunte Blazer ausdrücken sollte. Blusen
von Céline ständen ihr gut. Oder auch mal ein
Pullover oder ein Dreiviertel-Mantel aus
Crêpe – nur nicht immer diese bunten kurzen
Blazer. Bringen Sie mir eine Doppelgängerin
und wir gehen in Paris shoppen. Ich hätte eine
Menge Ideen.
Und finden Ihre Töchter Ihren Look manchmal
peinlich?
Ständig. Einmal habe ich mir eine schwarze
Biker-Jacke bei Balenciaga gekauft – da haben
die beiden die Augen verdreht: Mama, willst
du etwa einen auf jung machen? Die Jacke
hängt heute noch ungetragen mit Etikett im
Schrank. Das hindert die Mädchen natürlich
nicht daran, sich selbst an meinem Kleiderschrank zu bedienen.
Was ist denn für Sie überteuert?
Ich würde mir nie eine Jeans für 500 Euro
kaufen. 130 Euro bei einer Markenjeans finde
ich okay.
Möchten Sie wieder eine eigene Boutique in
Paris eröffnen?
Das würde mir gefallen, ja. Doch nicht nur mit
meiner Marke. Diese Tendenz zu Mono-Marken-Stores finde ich grässlich. Ich würde dann
auch andere Kreative mit ihren Produkten zu
mir einladen. Das ist die neue Moderne, dieses
Ich-mache-alles ist veraltet, 90er-Jahre. Diese
60
Sie haben zwei Töchter im Teenager-Alter.
Schütteln Sie manchmal den Kopf über deren
Modespleens?
Nie, ich habe selbst so viele Modesünden begangen. Ich lasse sie alles ausprobieren, was
sie wollen. Nur bei Tätowierungen und
Piercings habe ich sie gewarnt: Macht ihr das,
steche ich mir dasselbe! Es war zwar nur ein
Scherz, aber wirkungsvoll.
Wie oft gibt es schreiende Teenager bei Ihnen
zu Hause, weil sie nicht die Klamotten bekommen, die sie haben wollen?
Selten. Meine Jüngste, Violette, wollte letztens eine Balenciaga-Handtasche haben. Außer Frage, dass ich ihr keine kaufe. Sie hat
dann nach einer längeren Diskussion selbst
eingesehen, dass es lächerlich ist, als 14-Jährige damit herumzulaufen. Allerdings nimmt
sie die Mode sehr ernst: Sie hat schon ein
Praktikum bei Chanel gemacht –
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und ist nun mit Karl Lagerfeld befreundet,
mehr als ich. Sie lief sogar als Mannequin für
Chanel bei den letzten Haute-Couture-Schauen mit.
Wie haben Sie sich eigentlich wieder mit Karl
Lagerfeld versöhnt, nach dem Streit um die
Marianne-Büste?
Durch Intelligenz (lacht). Kurz nach seiner
ersten Diät haben wir uns irgendwo gesehen
und ich sprach ihn auf seine neue Figur an. Er
fragte mich nach meiner Jeansgröße und war
ganz stolz, dass er mich mit 24 unterbieten
konnte. Da war das Eis gebrochen.
GETTY IMAGES
Mit Ihrer ersten Kollektion für Uniqlo starten
Sie im Niedrigpreissegment. Welche Strategie
steckt dahinter?
Ich möchte authentische, ehrliche Mode machen, wo Preis und Qualität stimmen – als ich
Uniqlo in New York entdeckte, war ich sofort
ein Fan der Marke. Es hat mir Spaß gemacht,
der japanischen Nüchternheit eine Prise Pariser Frivolität einzuhauchen. Ich liebe es, mit
französischen Klischees zu spielen: Das Blumenkleidchen à la Amélie Poulain, das Moulin Rouge, die Baskenmütze, das Baguette –
ich fühle mich wirklich in den Pariser Klischees zu Hause. Außerdem habe ich die Nase
voll von dieser überteuerten Mode im Luxussegment. Ich finde es schade, dass sich fast nur
noch reiche Ausländerinnen die großen französischen Marken leisten können. Die Lücke
möchte ich füllen. Wir möchten so weit wie
möglich in Frankreich produzieren, das kostet
natürlich, aber die Preise sollen fair bleiben.
Lieblingsschuhe: Für Roger Vivier
arbeitet Inès de la Fressange als Beraterin
Inès de la Fressange von Kopf bis Fuß in Chanel
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INTERVIEW
Ich bin eine ganz normale Frau
Model, Muse, Modeikone: Im Rahmen der Berliner Fashion Week war Jerry Hall als
Stargast einer Modenschau von Peek & Cloppenburg geladen. Mira Wiesinger traf sie
DAVID BAILEY
abseits des Roten Teppichs auf ein Gespräch über Schönheit, das Altern und, klar, Mode
Wow! Jerry Hall und Helmut Newton 1983 in Cannes: Das Foto stammt aus dem Katalog der Retrospektive „Bailey’s Stardust“ (Prestel)
62
S
Schwarzes Minikleid, schwarze Lackpumps,
schwarzer Lammfellmantel: Jerry Hall sieht
exakt so aus, wie man sie sich vorstellt. Nur
besser. Denn ihr Gesicht – und das ist als Kompliment zu verstehen – sieht tatsächlich aus
wie das einer Frau Ende fünfzig. Auf die Minute pünktlich kommt sie mit wehender Mähne, der Mähne, hineingerauscht in die Suite
im 30. Stock des Berliner „Waldorf Astoria“Hotels. Ihr Parfum mischt sich mit einem Anflug von Zigarettenrauch, der rote Mund, ihr
Markenzeichen, lacht und sagt, nein er
haucht: „Hi, I’m Jerry.“ Überhaupt, Jerry Hall,
das Supermodel, Mick Jaggers Muse und ExFrau, spricht nicht einfach nur, sie raunt, zieht
Wörter in die Länge, wie nur eine Amerikanerin es kann. Während sie das tut, wirft sie mit
nonchalanter Geste die unfassbare Haarpracht
über die Schulter – genau wie die Drei-WetterTaft-Lady es seit den 80ern tut. Dass es so etwas überhaupt in Wirklichkeit gibt!
Jerry Hall, Fluch oder Segen, gut auszusehen?
Ich denke, es ist ein wahrer Segen. Es ist doch
Zufall, was für Gene wir von unseren Eltern
erben – gutes Aussehen ist etwas, das wir uns
nicht selbst erarbeiten müssen. Ich hatte eine
Menge Glück, wenn man bedenkt, dass ich aus
einer texanischen Kleinstadt komme und die
ganze Welt bereist habe – allein wegen meines Äußeren.
Wann realisierten Sie zum ersten Mal, dass Sie
das Zeug zum Modeln hatten? Stimmt es, dass
es während eines LSD-Trips passierte?
Ich war etwa 14 Jahre alt. Auf einer Party gab
mir jemand etwas, von dem ich nicht wirklich
wusste, was es war. Dann schloss ich mich dort
im Badezimmer ein, schaute in den Spiegel
und dachte plötzlich: Oh mein Gott, ich bin
wunderschön! Sie müssen wissen, ich war in
der Pubertät eher ein hässliches Entlein. Und
ziemlich schüchtern.
denschauen pro Saison, all die Reisen und
dann noch das Nachtleben.
Damals war ich noch jung und voller Energie.
Genau wie meine Tochter Georgia May, die
sich momentan vor Aufträgen kaum retten
kann. Sie arbeitet nonstop, das erinnert mich
daran, wie ich früher lebte – immer aus dem
Koffer heraus.
Ihr Leben in der amerikanischen Provinz, das
haben Sie immer wieder betont, war alles andere als glamourös. Was hat Ihr Interesse an
Mode geweckt?
Eine meiner älteren Schwestern hatte bereits
gemodelt. Einmal habe ich sie auf einen Job
begleitet und dort fragte man mich, ob ich es
nicht auch mal versuchen wolle.
Sorgt es Sie, dass Ihre Töchter, Georgia May
und Elizabeth, in Ihre Fußstapfen treten? Die
Modebranche kann ja ziemlich grausam sein.
Das stimmt. Aber beide haben etwas, auf das
sie zurückgreifen können. Georgia May hat
Fotografie studiert und ist wirklich gut darin.
Von den Modeljobs lernt sie also auch immer
etwas dazu. Und Elizabeth engagiert sich für
Menschenrechte. Momentan arbeitet sie an
der Kampagne „Free the Nipple“, die sich für
das Stillen in der Öffentlichkeit einsetzt. Das
ist ja in einigen Staaten der USA noch immer
verboten. Ist das nicht verrückt?
Ihre Modelkarriere hat also gar nicht in Paris
begonnen?
Ich hab in den Staaten schon ein wenig gearbeitet, bevor ich nach dem Schulabschluss
nach Paris reiste. Dort ging es dann richtig los.
Ich wollte nur für ein paar Wochen bleiben, es
wurden schließlich zwei Jahre daraus. Dann
ging es weiter nach New York.
Was für berufliche Ratschläge haben Sie den
beiden mit auf den Weg gegeben?
Sei nett und, vor allem, sei pünktlich! Das ist
doch der beste Ratschlag, den Eltern ihren
Kindern geben können – egal wofür. Modeln
ist etwas, das man nicht lehren kann. Es gibt
so viele hübsche Mädchen, die vor der Kamera
jedoch nichts taugen.
Und bald kannte man Ihr Gesicht in der ganzen Welt. Ein Mann in Marokko soll Ihrem
Ex-Mann Mick Jagger einmal 50 Kamele für
Sie geboten haben, und der ehemalige USPräsident Jimmy Carter sagte Ihnen, dass er
Ihre Schönheit bewundere. Wie bleibt man bei
so viel Anbetung auf dem Teppich?
Wissen Sie, die Modebranche ist voll von
Schmeicheleien. Das geht mittlerweile zum
einen Ohr rein und zum anderen wieder raus.
Ich bin immer im engen Kontakt mit meiner
Familie in Texas geblieben, liebe es zu gärtnern, bereite drei Malzeiten pro Tag zu, kaufe
Lebensmittel selbst ein und pflege Freundschaften. Ich bin eine ziemlich normale Frau.
Und dann gibt es Mädchen, die eigentlich
nicht perfekt sind. Georgia May ist mit ihren
1,70 Metern zu klein für den Laufsteg, Sie mit
Ihren 1,80 Metern waren eigentlich zu groß.
Und trotzdem hat es bei uns geklappt. Vielleicht, weil wir beide verrückt nach Klamotten sind.
Das kann man sich kaum vorstellen.
Oh doch, ich war sehr burschikos, ein richtiger Tomboy.
Was macht Schönheit für Sie persönlich aus?
Schönheit liegt im Auge des Betrachters.
Wenn man jemanden liebt, dann findet man
ihn automatisch schön.
In den Augen der Mutter ist der Affe Gazelle,
sagt ein afrikanisches Sprichwort.
Richtig, Mütter finden ihre Kinder immer
wunderschön. Natürlich gibt es aber auch die
allgemein anerkannten Merkmale, die Schönheit definieren. Bestimmte Gesichterformen
etwa, Proportionen, Symmetrien. Aber ich
denke, vor allem kommt es darauf an, wie man
altert. Das zeigt dann, wer man wirklich ist.
Einen Großteil Ihrer Garderobe aus der Ehe
mit Mick Jagger haben Sie dennoch 2008 im
Auktionshaus Sotheby’s versteigert.
Während meiner Karriere habe ich so viele
Kleider angesammelt, es waren einfach zu viele. Sie passten schlicht in keinen Schrank
mehr. Und ich auch nicht mehr in alle Klamotten. Einige waren winzig, ich war einmal so
unglaublich dünn. Ich hatte sie lange aufgehoben, weil sie für mich kleine Kunstwerke waren. Aber dann wollte ich Platz für Stücke
schaffen, die ich wirklich trage.
Trauern Sie schon mal einem Teil hinterher?
Manchmal werde ich wehmütig, wenn ich an
bestimmte Kleider denke. Aber sie dienten ja
einem guten Zweck, den Erlös der Auktion
habe ich für Obdachlose gespendet.
Ihre Töchter haben Ihnen das nicht übel genommen?
Sie durften sich zwar vorher etwas aussuchen,
fühlten sich aber trotzdem etwas übergangen.
Haben Sie Angst davor?
Sollte ich vielleicht, aber ehrlich gesagt: nein.
Ich sah lange gut aus, es ist beinahe ein Wunder. Heute bin ich eher stolz darauf, gesund zu
sein, vier Kinder zu haben, auf eine tolle Karriere zurückzublicken. Ich mache mir um die
Zukunft keine Sorgen.
Während Ihrer Karriere haben Sie viele Fotografen kennengelernt. Hatten Sie Lieblinge?
Auch hier hatte ich viel Glück, ich habe von
Anfang an mit tollen Fotografen gearbeitet.
Einer der ersten war Helmut Newton, er war
einfach wundervoll ...
Sie sehen immer noch blendend aus. Dabei
war Ihr Leben ziemlich rastlos: um die 60 Mo-
Er hat Sie auf das Cover der „Vogue“ gebracht.
Das war großartig. Aber auch David Bailey
verehre ich, erst letzte Woche haben wir zusammen für die britische „Vogue“ gearbeitet.
Ich werde tatsächlich noch immer angefragt
zu modeln, was mich wirklich freut, denn ich
finde, auch ältere Frauen sollten in der Mode
repräsentiert werden.
Zumal es diejenigen sind, die sich Designerkleidung überhaupt leisten können.
Das ist genau das, was ich meine.
Viele Designer kennen Sie persönlich. Welchen bewundern Sie am meisten?
Ich liebte Yves Saint Laurent, wir haben viele
Jahre zusammengearbeitet, sind Freunde geworden. Auch Vivienne Westwood finde ich
brillant, von ihren Kleidern habe ich nur ganz
wenige weggegeben.
Sie haben von 1988 bis 1991 selbst Mode entworfen: die Hall Collection.
Ja, ich habe Badebekleidung, Unterwäsche
und Strümpfe designt. Das hat viel Spaß gemacht, war aber auch eine Menge Arbeit und
ich bekam noch zwei weitere Kinder. Ich
fürchte, ich war einfach zu schwanger, um die
Teile richtig zu bewerben.
Wird es in der Zukunft denn noch einmal Design by Jerry Hall geben?
Eher nicht. Ich bevorzuge es, die Arbeit anderer Leute zu bewundern. Und sie zu kaufen.
Zum Beispiel Manolo-Blahnik-Schuhe. Sie
sollen 350 Paar besitzen.
Ein Mädchen braucht nun mal viele Schuhe,
oder etwa nicht? Ein paar davon hab ich sogar
schon aussortiert, was mir wirklich nicht
leichtfiel. Manolos sind einfach so fantastisch
gearbeitet, so bequem! Die meisten davon trage ich tatsächlich, einige sind mir aber zu
hoch, die habe ich nur aus einem Grund gekauft: weil ich einfach nicht anders konnte.
Dann dürfte Ihnen ja das Konzept „Shop the
Runway“ von Peek & Cloppenburg gefallen.
Die bei der Fashion Week in Berlin gezeigten
Looks waren sofort im Geschäft und online bei
Fashion ID zu haben.
Die Idee, dass man die gezeigten Kleider am
nächsten Tag schon kaufen kann, gefällt mir
sehr. Normalerweise muss man Monate auf
die Stücke vom Laufsteg warten. Wenn man
sich aber erst mal in ein Kleid verguckt hat,
will man es doch schnurstracks haben.
Oft, sehr oft sogar, wird Mode als oberflächlich
abgetan. Gerade in Deutschland. Was setzen
Sie dem entgegen?
Ich finde, Mode ist etwas Sinnliches. Sie spielt
eine wichtige Rolle in der Wahl unserer Partner, ja sogar in der Fortpflanzung. Kleidung ist
essenziell, es wäre schlicht zu kalt, auf sie zu
verzichten.
Mit anderen Worten: Mode verrät etwas über
die Persönlichkeit des Menschen, der sie trägt?
Ich denke schon. Man kann sie als Gestaltungsmittel nutzen, mit ihr zeigen, wer man
ist oder gern sein würde. Besonders wenn
man jung ist, kann man mit Kleidung experimentieren. Sich immer wieder neu erfinden.
Mode macht so viel Spaß!
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CARDIGAN AUS KASCHMIR VON BODEN. KETTE: GABRIELE FRANZEN.
HUND JOE TRÄGT EBENFALLS EINE KETTE VON GABRIELE FRANZEN
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AND
BEAUTIFUL
Felicity Hayward beweist, dass Mode auch in
großen Größen bezaubernd aussehen kann.
In Großbritannien ist das Model längst ein
Star. Und wir sind nun auch ganz verliebt
Foto: Esther Haase
Styling: Hendrik Schaulin
Produktion: Susanne Gundlach c/o Susieknows.eu
Make-up: Carol Brown c/o DW Management
Haare: Piero Bigoni c/o DW Management
Model: Felicity Hayward c/o Milk Management
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DIESE SEITE: TRENCHCOAT
VON ANNA SCHOLZ.
OHRRINGE: EVANS.
RECHTE SEITE:
COCKTAILKLEID UND
BROSCHE
VON MARINA RINALDI.
STRASSARMBAND: EVANS
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KLEID AUS CRÊPE-JERSEY VON ANNA SCHOLZ. LAMMFELLSTOLA: ROSENBAUM
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Felicity Hayward, war es Ihr Traum, Model zu werden?
Nein, es ist der totale Zufall, dass ich Model geworden
bin. Ich habe eine Ausbildung als Fotografin gemacht
und dann Kunstunterricht gegeben für benachteiligte
Kinder. Vor zwei Jahren ging ich eines Abends mit
Freunden in den Pub und dort habe ich zu Diana Ross
getanzt. Plötzlich hat mich jemand angesprochen, der
ein Model brauchte, das Anna Nicole Smith ähnelte.
Als die Fotos erschienen, sprachen mich mehrere
Agenturen an. So kam ein Job nach dem anderen. Inzwischen kann ich vom Modeln leben und habe meine
Stellung als Kunstlehrerin aufgegeben.
Hatten Sie schon immer eine üppige Figur?
Ich hatte immer einen großen Hintern (lacht schallend). Irgendwie sind im Laufe der Jahre meine Kurven gewachsen. Das ist einfach passiert. Ich fühle
mich glücklich und wohl in meiner Haut und spüre
keinerlei Druck, dünner zu werden. Wenn ich dünner
wäre, wäre ich außerdem nicht mehr ich, wäre nicht
mehr dieselbe Person. Dann hätte ich eine andere Persönlichkeit, und das möchte ich auf keinen Fall.
Ihr Markenzeichen sind Ihre platinblonden Haare. Wie
kamen Sie zu dem Marilyn-Look?
Eigentlich habe ich hellbraune Haare. Ich färbe sie
platinblond, seit ich 15 Jahre alt bin. Meine Großmutter war immer sehr chic, sie war mein Vorbild. Außerdem gefallen mir Mode und Look der 50er-Jahre sehr,
deshalb habe ich mich schon als Teenager für den auffälligen Marilyn-Look entschieden. Ich wollte so glamourös sein wie meine Großmutter.
Wie finden Sie es, als Plus-Size-Models bezeichnet zu
werden?
Der Hauptfehler ist doch, dass wir Frauen überhaupt
in Schubladen gesteckt werden, dick oder dünn, SizeZero oder Plus-Size. Das ist furchtbar. Solche Bezeichnungen sollte es für Frauen nicht geben. Bei Männern
sprechen wir ja auch nicht von einem Size-ZeroMann, wenn einer schlank ist. Und hat irgendjemand
schon mal den Ausdruck „Plus-Size-Mann“ gehört?
Nein! Also warum werden wir Frauen in Kleidergrößen eingeteilt?
Unterscheidet sich der Job von Size-Zero- und PlusSize-Models?
Wir sind alle Models und machen den gleichen Job.
Der einzige Unterschied ist, dass Plus-Size-Models
selten auf dem Catwalk zu sehen sind. Aber das ändert
sich. TK Maxx hatte mich jetzt für eine Kampagne gebucht. Das hätte es früher nicht gegeben. Wir werden
mehr akzeptiert als vor ein paar Jahren. Die Situation
ist noch nicht perfekt, aber es wird besser. Deshalb
kann ich jungen Mädchen, die Model werden wollen,
auch wenn sie nicht gertenschlank sind, nur raten:
Traut euch! Lasst schöne Fotos von euch machen und
stellt euch bei Agenturen vor. Das neue Jahr bietet
auch neue Chancen. Wer nichts riskiert, gewinnt auch
Barbara Warning
nichts.
69
STILISTEN
OUDENDLICH
Britische Fr
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Rosenblüten (aus Papier).
tails und zum Finale regnete es
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„The Burberry Beauty Box“ in Co
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in London nun
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Oud ist kein Geheimtipp mehr,
aber begehrt wie nie. Einst
wertvoller als Gold gehandelt,
ist er der traditionelle Duftstoff
der arabischen Parfümerie. Vor
zwölf Jahren tauchte er in Europa auf, doch die wenigsten
wissen, dass er aus dem Harz
des von einem Schimmelpilz
befallenen Adlerholzbaumes
gewonnen wird. Klingt nach
Roquefort, polarisiert ähnlich,
riecht aber gänzlich anders.
Rauchig, markant und geheimnisvoll. Großartige Düfte wie
„Royal Oud“ von Creed oder
Byredos „Oud Immortel“, aber
auch ganze Parfümlinien wie
etwa „soOud“ von Stéphane
Humbert Lucas huldigen der
Kostbarkeit. Arabischen Parfümeuren muss man nicht zeigen,
wie man das Beste aus dem
„Wunderstoff“ herausholt:
„Shahzada“ und „Misqaal“ von
Tola erreichen höchste Qualität.
Wer sich erst einmal heranschnuppern möchte, könnte
Versaces „Oud Noir“ versuchen.
HIER KOMMEN UNSERE
KOSMETIKEXPERTEN ZU WORT
David Albrecht
Junior-Chef der
Parfümerie Albrecht
in Frankfurt
Fashion in Beauty:
Wir lieben handliche
Kosmetikprodukte
mit großem Nutzwert. Praktischerweise gibt es nun
den 3-in-1-Concealer
von CK One. Er soll
Concealer, Primer
(eine Grundierung,
die das Make-up
haltbarer machen
soll) und Highlighter
in einem Stift verbinden. Gibt’s in vier
Schattierungen,
etwa bei Breuninger.
Rosige Zeiten: Vor gut
250 Jahren galt Marie
Antoinette, Ehefrau
von Ludwig XVI., als
Trendsetterin. Sie
zählte zu den Ersten,
die, anstatt vornehme
Blässe zu wahren
(damals ein Standesmerkmal der Adligen), sich die Wangen schminkten, um
so Frische ins Gesicht
zu zaubern. Heute
hätte sie sich bestimmt für die hübsche „Diorblush
Trianon Édition“ von
Dior entschieden. In
„Corail Bagatelle“
oder „Pink Rêverie“ ...
Kiss, Kiss, Kiss: Frau
oder Freundin freuen sich (unabhängig
vom Valentinstag)
auch einfach mal so
über eine kleine
Aufmerksamkeit,
liebe Männer. Etwa
über das brandneue
und glänzende
„Gloss Volupté“ von
Yves Saint Laurent –
mit einem Applikator in Kussmund-Form. Gibt’s
in 24 Farben und
schmeckt köstlich
nach Mango.
Keinen blassen
Schimmer? Nix da.
Wir wissen, wo er
steckt. Nämlich in
der roséfarbenen
Schachtel von Bottega Veneta. Das
Körperpuder aus der
„Bath Line“ mit
winzigen GoldMikropartikeln lässt
sich mit der dazugehörigen Quaste
prima nach einem
Bad auf der Haut
verteilen und soll sie
so zum Strahlen
bringen. Und sie
duftet dann ganz
zart nach Eau de
Parfum.
NATURSCHÖN
Schon seit einiger Zeit suchen
immer mehr Kunden nach 100
Prozent natürlichen, oftmals
veganen Produkten. Dabei geht
es nicht bloß um eine Lebenseinstellung, immer häufiger
spielen Unverträglichkeiten eine
Rolle. Nun gibt es schon reichlich Naturkosmetik auf dem
Markt, eine Vielzahl an Zertifikaten will Vertrauen wecken.
Julius Eulberg verzichtet auf
solche Etiketten und verwendet
einfach ausschließlich biodynamische Heilpflanzenextrakte.
Alle Präparate seiner Marke
Julisis basieren auf alchimistischem Wissen und folgen dem
feinstofflichen Schwingungsprinzip homöopathischer Essenzen. Und das seit mehr als
zehn Jahren. Unsere Haut ist
unser größtes Organ. Warum
also nicht Produkte verwenden,
die ganzheitlich wirken?
Tanja Bublitz
72
Geschäftsführerin
der Parfümerie
Brückner in
München
Unwiderstehlich.
NEU
im Han
del
Der Weltstar unter den Fashionmagazinen.
Jetzt monatlich.
HARPERSBAZAAR.DE
PSS
D i e SS t !
Neu Männ
ling ere
Der Barbier
aus Parma
Der alten Rasierkunst verpflichtet fühlt sich das italienische Traditionshaus „Acqua
di Parma“. Nicht nur in ihrer
Boutique mitten in Mailand, in
der die Italiener in einem
schicken Separee noch einen
Barbier beschäftigen. Für alle
Männer, die es nicht in die Via
Gesù 1 schaffen: Es gibt nun
eine komplette Rasur- und
Pflegelinie, zum Beispiel bei
Ludwig Beck in München.
Besonders empfehlenswert:
das Rasieröl. Wenige Tropfen
genügen, um die Haut schon
während der Rasur zu pflegen.
Bart Murdock
Der Prophet ist noch nicht erreicht. Seit knapp
zwei Jahren tragen Männer mehr und mehr Bart.
Okay. Doch bitte: Er sollte gepflegt werden.
Darauf hat sich „Murdock London“ spezialisiert.
2006 als klassischer Barbershop in London gegründet, werden mittlerweile auch eigene Produkte in England angefertigt. Wie der „Beard
Moisturizer“, der das Haar mit Aloe vera und
Menthol erfrischt. Über murdocklondon.com
Stil am Stiel
Warum nicht Hightech mit Tradition verbinden? Dachte
sich auch die Familien-Manufaktur Mühle aus dem
Erzgebirge und schuf den „Mühle Edition No. 1“. Die
Silberspitz-Borsten (übrigens: je heller die Spitzen,
desto besser die Qualität) stammen vom Dachs, der
Griff ist aus Karbon. Das „echt“ gute Stücke wird nur auf
Bestellung angefertigt.
Schaumschläger
Gleichberechtigung
Ja, Frauen mögen gepflegte Männerhaut. Und da
auch die sich von der weiblichen unterscheidet (sie
ist dicker, öliger, enthält mehr Schweißdrüsen),
braucht sie eine andere Pflege. Klar. Clinique hat
seiner bereits bewährten Männerlinie „Clinique for
men“ weitergearbeitet, sie um drei Produkte erweitert und nun für jeden Hauttyp etwas im Programm. So wie Frauen es kennen.
Männer, die sich den Rasierschaum selbst anrühren? Oh
ja, das hat Stil (einstimmige Meinung der weiblichen
Redaktionsmitglieder). Probieren Sie doch mal die „Windsor Shaving Cream“ (duftet nach Zitrus, Vetiver, schwarzem Pfeffer) von D. R. Harris aus. Der Hoflieferant, 200
Jahre alt und mit Stammhaus in der Londoner St. James’s
Street, weiß, wie es geht. Über muehle-shaving.com
Zum Knutschen
Schon Ernest Hemingway konnte einem guten Mojito nicht
widerstehen. Sein Credo: „Done by noon, drunk by three“.
Aber warum den Cocktail aus Rum, Minze und Limette nur
trinken? Bei Malin+Goetz, einer kleinen, 2004 in New York
gegründeten Kosmetikmarke mit eigenem Shop in Chelsea,
gibt’s einen (farblosen) pflegenden Lipbalm, der nach dem
Cocktail schmeckt ... auch für Frauen (malinandgoetz.com)
74
Unterwegs mal schnell mit
dem Lieblingsduft einsprühen? Doch worin sollte Mann
einen Flakon mit sich herumschleppen? Chanel schafft
Abhilfe mit dem praktischen
Taschenzerstäuber. Nicht nur
die metallische Hülle des
Mini-Flakons (20 ml) überzeugt, sondern auch der
Inhalt von „Allure Homme
Sport Eau Extrême“ .
ZUSAMMENGESTELLT VON CAROLINE BÖRGER
Für die
Hosentasche
Es ist warm in der Hauptstadt. Ungewöhnlich
für einen Januartag. Ebenso ungewöhnlich ist
auch das Loft-ähnliche Apartment in Kreuzberg, in dem Geza Schön lebt und arbeitet. Ein
Glaskubus, aufgesetzt auf einen schlichten
60er-Jahre Bau. Der Rundum-Blick über Berlin ist beeindruckend. Aber noch interessanter ist die Wirkungsstätte des Alchimisten: das
Labor. Wenige Quadratmeter groß, im hinteren Teil des Lofts gelegen, beherbergt es einen winzigen Schreibtisch, auf dem Präzisionswaage, Bechergläser, Pipetten stehen. Auf
dem ISO E Super. Für den Steidl Verlag entwickelte er 2012 mit „Paper Passion“ ein Parfüm,
das den Duft von Büchern nachempfinden
soll. Ein Luxus, den sich der 44-Jährige mittlerweile herausnehmen kann, denn seit mehr
als zehn Jahren arbeitet er als freier Parfümeur. Nach dem Abitur in Kassel hatte er das
Handwerk zunächst bei Haarmann & Reimer
in Holzminden (heute Symrise) erlernt und
blieb dort zwölf Jahre fest angestellt. Was die
Norm ist in der Branche, in der es weltweit
nur knapp 400 professionell ausgebildete Par-
Biosthétique-Duft entwickelt. Und da gibt es
natürlich nicht viele, die in der Liga von Geza
Schön spielen.“ Ob beide Seiten, der kreative
Freigeist Schön, im T-Shirt und mit lässigem
Dreitagebart, und der visionäre Geschäftsmann im korrekten Anzug Weiser, überhaupt
zusammenpassen würden, fanden sie schnell
heraus: Zum „Beschnuppern“ organisierte der
Alchimist einen Riech-Workshop. Die Chemie
stimmte offenbar, denn beide sitzen nun am
großen Tisch im Loft und halten knapp zwölf
Monate nach ihrem ersten Treffen das Resultat in der Hand: die überarbeitete Haarpflegeserie
HAARE
„Cheveux Longs“, bestehend aus acht Produkten,
die nun „Schön“ duftet.
Alles in allem eine ungewöhnlich Herangehensweise. Denn welcher StarParfümeur verleiht schon
Ein Shampoo riecht, nun, wie Shampoo? Zu langweilig, befand
einem Shampoo eine eigene Note? In Großkonder Kosmetikhersteller La Biosthétique und wandte sich an den
zernen geht es eher wie in
Parfümeur Geza Schön. Caroline Börger traf den Alchimisten
einer Legebatterie zu: Ein
Parfümeur
„beduftet“
und seinen Auftraggeber Jean-Marc Weiser im Atelier
zehn Shampoos gleichzeitig – für unterschiedliche
Firmen. Zeit und Muße?
Fehlanzeige. Freiheit in
der Wahl kostbarer Duftstoffe? Unmöglich, man
muss auf die Kosten achten. Geza Schön musste
keine Kompromisse eingehen. „Natürlich kann
ich einen Shampoo-Duft
für ein Fünftel des Geldes
finden, aber das ist anstrengend. Ich müsste
tricksen und am Schluss
riecht es wie alle anderen.“ Es seien nämlich immer dieselben Akkorde,
die Sauberkeit assoziieren, meist starke Grünoder Fruchtnoten. Schön
wählte einen
holzigen Moschus-Fond,
eine Zutat aus
Das passt: Zum Relaunch der Pflegeserie „Cheveaux
der FeinparfüLongs“ spendierte La Biosthétique einen neuen
merie.
Er
Duft. Parfumeur Geza Schön durfte ihn kreieren,
nimmt
die
seine Auftraggeber Jean-Marc Weiser und Bruder
Shampoo-FlaFelix sind zufrieden (ganz rechts)
sche, schnuppert
und
an der Wand verschraubten Holzleisten reischwelgt in
hen sich knapp tausend weiße Fläschchen, in
der Komposidenen sich seine Arbeitsmaterialien verbertion: „Da ist
gen. Die Rohstoffe. Schätze wie ein Rosenein bisschen
oder Iris-Absolue stehen neben den alltägliJasmin- und Osmanthus-Absolue drin. Etchen Ingredienzen und weniger kostbaren.
was Magnolienblütenöl in der Kopfnote,
„Platz brauche ich bloß für möglichst viele
das gemeinsam mit den frischen, fruchtiStoffe. Nicht zum Mischen. Im Nachhinein fümeure gibt. Doch Schön wollte
gen Aspekten eine sehr eingenständige
würde ich das Labor sogar noch kleiner ma- irgendwann nur seiner eigenen
Note ergibt.“ Weiser ist mit dem feinen
chen“, quittiert Schön den erstaunten Blick Nase folgen. Und genau nach so eiund modernen Duft mehr als zufrieden.
auf den kleinen Arbeitstisch. Und nein, er ver- nem suchte Jean-Marc Weiser,
„Er wird uns die nächsten Jahre tragen.“
bringt nicht alle Tage dort. „Dafür stinkt es CEO im familiengeführten KosDas nun ausgerechnet die gerade erst techhier drinnen viel zu sehr“, erklärt er lachend. metikunternehmen La Biosthétnisch überarbeitete „Cheveux Longs“-PfleAls einzige Tageslichtquelle und natürlich ique, das sein Vater Siegfried 2006
geserie für langes Haar (oder für jene Haazum Lüften dient ihm eine Dachluke. Will er von den Erben des Gründers Marre, die schneller wachsen sollen) mit dem
an seinen Rezepturen schnuppern, geht er auf cel Contier gekauft hatte, nachdem
neuen Signature-Duft ausgestattet wurde,
er in den Jahrzehnten davor schon
den Flur. Ganz unprätentiös.
ist kein Zufall. Denn, klar, „gerade langes
Überhaupt: Geza Schön ist bekannt für seine der Lizenzinhaber für den deutschen Markt Haar trägt den Duft eines Produktes viel inexzentrischen Parfüms, die nichts mit dem war. „Wir suchten einen freien Parfümeur, der tensiver und lang anhaltender als kurzes“, erMassenmarkt gemein haben. Seine erfolg- einerseits unsere Produktpalette mit einem klärt Weiser. Gemeinsam haben die Männer
reichste Eigenkreation „Molecule 01“ etwa be- einheitlichen Duft veredelt und andererseits noch eine ganze Menge vor. Bei knapp 350 unsteht nur aus einem einzigen Duftmolekül, mit uns gemeinsam eine DNA für einen La- terschiedlichen Produkten ...
B
FREDERIC FARRE/FIGAROPHOTO/LAIF; SANDRA LUDEWIG
Durch die Nase ...
75
From Rome with love: Luis Garrel, das Gesicht der
Valentino-Uomo-Kampagne. Unten: Olivier Polge
ist der Parfümeur des neuen Valentino Duftes
MÄNNER
gibt es den Auftraggeber Valentino und die
Kreateure von IFF, der International Fragrance Foundation, meinem Arbeitgeber. Dazwischen vermittelt die Firma Puig, also die
Distributeure. Das hat nichts Träumerisches, sondern ist sehr sachlich und
real. Mein Briefing kam von allen
dreien: Man zeigte mir zunächst
Bilder italienischer Schauspieler aus den 50er-Jahren,
Filmausschnitte mit Marcello
Mastroianni, Typen wie aus „La
dolce vita“. Es ging um das Flair jener Männer, die stets exzellent gekleidet waren und beste Manieren hatten.
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Mitglieder der Glitterati-Szene Venedigs –
Künstler, amerikanische
Expatriats, Filmschaffende –
hätten sich entleibt, wären sie
nicht zum glamourösesten und
wichtigsten Ball des Jahres, dem „Ballo
Volpi“, eingeladen worden. Tempi passati.
Heute leiden Mode-Journalisten, werden
sie
nicht
zu
den
Schauen
von
Valentino eingeladen. Die Tickets gelten als
„so hot“, weil die Kollektionen der letzten Saisons das Unmögliche schafften: Sie rührten
sogar abgebrühte Fashionistas zu echten Tränen (wie uns die Valentino-Pressedame bei allen Schutzheiligen Venedigs versichert).
Der erste Ballo Volpi wurde 1932 vom Gründer
des ältesten Filmfests der Welt in Venedig,
Conte Giuseppe Volpi di Misurata, ins Leben
gerufen und tanzte in den 1980ern ins Aus.
Nun ließ ausgerechnet ein Römer das rituelle
Gesellschaftsspektakel wieder aufleben. Statt
der Lorens, Capotes und Guggenheims traten
Keira Knightley und Diane Kruger auf Einladung von Valentino ins Blitzlichtgewitter.
Der Ball war Bühne für den wohl aufwendigsten Parfüm-Launch der letzten Jahre: den
Herrenduft „Valentino Uomo“. Testimonial ist
der französische Schauspieler Louis Garrel
(„The Dreamer“), der in den Anzeigenkampagnen einen eskapistischen Aristokraten gibt,
der Rom bei Nacht erobert. La dolce vita 2014.
Die Kreativdirektoren von Valentino, Maria
Grazia Chiuri und Pierpaolo Piccioli, die die
Marke zu neuer Coolness hochgejazzt haben,
holten sich einen der besten Parfümeure, um
auch dem Duft zur Mode zum Höhenflug zu
verhelfen: Olivier Polge. Der Sohn der ChanelParfümeur-Legende Jacques Polge hat unendlich viele Best- und Longseller geschaffen, etwa für Armani, Dolce & Gabbana, Balenciaga,
Bulgari, Burberry, Yves Saint Laurent, Jimmy
Choo. Uschka Pittroff traf ihn auf der Tanzfläche beim Ballo Volpi und am Morgen danach
im Garten des schönen Hotels „Cipriani“.
76
Herr Polge, mit „Valentino Uomo“ haben Sie
ein Parfüm entwickelt, das dem gängigen Frische-Trend bei den Herrendüften komplett zuwiderläuft. Wie kommt’s?
Oh ja, das stimmt. (lächelt verschwörerisch)
Im
Rausch
der Nacht
Wenn die Valentinos zum Ball
bitten, dann darf man sich
betören lassen. Vom Ort.
Vom Tanz. Vom Duft
Es ist opulent, ein großer Auftritt. Warum?
Der Trend geht eindeutig zu diesen sportiven,
frischen Düften. Aber italienische Männer
mögen holzige Nuancen. Und ich glaube, es
gibt auf der Welt Raum für ein neues Duftpotenzial. Ich wollte ein spezifisches Statement
setzen und nicht mit der Masse gehen.
Täuschen wir uns oder hat Ihre Kreation auch
etwas durchaus Feminines, eine süße Beinote?
Sie sind nicht die erste Frau, die mir das sagt.
Und viele Frauen sind ganz wild darauf, weil
sie gerne Herrendüfte tragen. Aber warum
soll eine süße, schokoladige Note nicht zu einem handfesten Herrenduft passen?
Welchen Typ Mann hatten Sie im Sinn, als Sie
sich an die Arbeit machten?
Meine Arbeit ist bei Weitem nicht so romantisch, wie man sich das vorstellt. Ich bin kein
freischaffender Parfümkünstler, der schnüffelnd durch Paris flaniert auf der Suche nach
Inspirationen. Ich habe einen Bürojob wie ein
Buchhalter oder Architekt und bekomme
konkrete Aufträge. Man muss den Mechanismus verstehen, wie so ein Parfüm entsteht. Da
Das klingt sehr „retro“, was auch so ein zeitgenössischer Trend ist. Der Flakon aber bezieht
sich auf die letzten, sehr erfolgreichen Valentino-Kollektionen mit ikonografischem NietenDesign, eher cool als klassisch.
Ich habe das eher konzeptionell gesehen, als
eine Art Evolution, sowohl inhaltlich von der
Story her als auch visuell.
Das klingt sehr abstrakt.
Im Mittelpunkt der Valentino-Parfümstory
steht Rom, eine Stadt, die Gestern und Heute
verschmilzt. Es geht also darum, die Idee oder
ein Konzept von etwas olfaktorisch umzusetzen. Nehmen Sie meine Heimat Paris. Ich
könnte dort nie den Duft der Stadt einfangen,
weil bereits morgens eine so hohe Luftverschmutzung herrscht, dass die Stadt nicht
nach Magie riecht, sondern stinkt. Ich aber
versuche, einen magischen Geist zu schaffen,
der in eine Parfümflasche kommt. Ein Parfümeur kann Originaldüfte wie beispielsweise
die von bestimmten Blumen nicht nachmachen. Er arbeitet nicht so. Den exakten Duft
eines bestimmten Ortes nachzubauen – das
ist unmöglich. Statt zu reproduzieren, arbeite
ich mit Versatzstücken, also Duftbausteinen
wie Patschuli oder Iris, um mich der Inspiration zu nähern.
Dauert so etwas lange?
Ja, in diesem Fall zwei Jahre.
Wo liegt Ihre Herausforderung?
Darin, dass es viel zu viele Parfüms gibt. Und
dass der Mensch dazu tendiert, nur zu mögen,
was er bereits kennt. Für meinen Geschmack
gibt es viel zu wenig Innovatives.
Sie arbeiten also konzeptionell?
Aber nein, Intuition ist alles!
Keine Sache der Chemie?
Wenn wir vom technischen Aspekt ausgehen:
Man kann Duftkomponenten nicht manipulieren. Man kann die Stärke von Patschuli
nicht minimieren, wenn man sie zum Beispiel
mit zarter Iris kombinieren möchte.
Funktioniert Parfüm kreieren so wie die Liebe?
Versuch und Irrtum?
Ja. Es gibt keine Regeln. Jedes Parfüm hat seine eigene, ihm innewohnende Logik. Man
startet bei jedem neuen Duft immer wieder
bei null. Man hat, sagen wir, 200 Ingredienzen, aber wie die unterschiedlichen Elemente
miteinander reagieren, ist nicht planbar. Alles,
was man tun kann, ist zu versuchen, immer
wieder ein neues Level zu erreichen.
INTERVIEW
Nicolas Ghesquière ist nicht mehr da, er hat
das Haus Balenciaga verlassen, ist jetzt gewissermaßen Chefeinrichter im Maison Louis
Vuitton. Doch der Garten, den er angelegt hat
im Jahr bevor er ging, ist noch da. „Florabotanica“ hieß das Parfüm, das er dort wachsen
ließ. „Mit dem Duft wollte ich das Paradoxon
des Schlichten und gleichzeitig Mysteriösen
tiefer ergründen“, schrieb er. Und weiter: „Vor
einigen Jahren habe ich die ‚Floral Collection‘
geschaffen. Diese Kleider waren mit Blumen
bedruckt, aber diese Blumen waren weder
charmant noch romantisch. Sie verliehen der
Silhouette ihre Struktur. Ich wollte, dass die
Blumen in diesem Duft die
gleiche Idee verkörpern.“ Nun
blühen in seinem alten Garten
Rosenstöcke. Wieder haben
die Meisterparfümeure Olivier
Polge und Jean-Christoph
Hérault sie geerntet und ein
neues Elixier namens „Rosabotanica“ gezaubert. Geblieben
ist auch Kristen Stewart, der
Garten scheint
ihr zu gefallen.
Und vor allem
umgekehrt. Sie
ist eine magische
Person, das kann
man so sagen. Sie
hat eine erstaunliche Aura für eine
23-Jährige
und wirkt nur
auf den ersten
Blick verzickt.
Sie hat durchaus
etwas von der
Bella in der
„Twighlight“-Saga, die sie weltberühmt machte, auch wenn
sie bereits mit acht Jahren in
einem Disney-Film auftrat
oder in David Finchers „Panic Room“ das Gruseln lehrte. Sie ist schmal, zart, blass und zugleich enorm präsent und anmutig. „Ich war
sofort von ihr begeistert, als wir uns vor einigen Jahren kennenlernten“, schwärmte denn
auch Nicolas Ghesquière, der eine ähnliche
öffentliche Zurückhaltung schätzt wie die
Schauspielerin. Er habe sie nicht vergessen
können, und als es darum ging, die richtige
Werbefigur für einen Balenciaga-Duft zu finden, fiel die Wahl direkt aus: „Sie ist die perfekte Verkörperung einer ganz speziellen Idee
von Balenciaga: Schönheit ist sowohl rein als
auch unkontrollierbar.“ Ihre Kraft scheint
nach innen gekehrt. Dort gibt es etwas zu holen. Talent. Aber auch überlegte Antworten
zum Beispiel. Nun wurde es Zeit, über Rosen
zu sprechen. Selbst am Telefon ist sie mit ihrer leisen Stimme fast irritierend präsent.
eingerichtet. Ich habe es seit drei Jahren, will
es aber langsam angehen, nur die Dinge zusammentragen, die mir etwas bedeuten. Die
eine Geschichte haben für mich. Ich habe keinen exklusiven Geschmack und kann mir
schlecht vorstellen, in ein Geschäft zu gehen
mit der Überlegung: ‚Huh, ich muss mein
Wohnzimmer dekorieren.‘ Oder etwas finden
zu müssen. Ich habe gern mein Zeugs um
mich, nichts Fremdes. Wesentlich ist ein schönes Bücherregal mit meinen Büchern, das ist
toll. Wahrscheinlich sieht das Haus aus wie
ich. Wenn Sie durchgehen, erkennen Sie mich
überall.
CRAIG MCDEAN
B
Lassen Sie uns über Geheimnisse sprechen. Haben Sie einen Ort, an dem Sie sich verstecken?
Wenn ich sehr viel unterwegs war bei Dreharbeiten und in der Welt, bin ich sehr, sehr
glücklich, wenn ich in mein kleines Haus in
Los Angeles zurückkehren kann.
Haben Sie es selbst eingerichtet?
Ja. Und nein. Denn es ist noch nicht so viel
Welt. Aber zu Hause mag ich nur Kunst haben
von Menschen, die mir nahestehen. Ich habe
einige Skulpturen und Bilder von Freunden
und Verwandten, ich brauche den persönlichen Bezug. Mag alles, was Emotionen auslöst.
Rosen, die eine wichtige Rolle im neuen Duft
spielen, sind bekanntlich sehr schön, haben
aber auch Dornen. Würden Sie sich damit vergleichen?
Ich hätte nichts dagegen.
Auch mit der stacheligen Seite?
Ich will sicher nicht, dass Leute mich nicht ertragen können. Aber ich habe einen starken Sinn für Schutz, ich behalte gern die
Kontrolle darüber, was ich an mich heranlasse. Manchmal wäre es ganz hilfreich,
Dornen zu haben. Die Rose ist ein schönes
Symbol. Sie ist nicht nur lieblich, sondern
auch dunkel.
Die wilde Rose
Sie gilt als der Punk unter den jungen
Hollywoodschauspielerinnen. Man sollte
das nicht falsch verstehen. Kristen Stewart
ist nur kein Darling-Girl. Sie hat Stil, aber
umsurft die Glamour- Gesetze der
Branche klug und eigensinnig. Auch
deswegen ist sie die Werbefigur für
Balenciaga. Das ist ja auch keine
Mainstream-Marke
Das heißt, es ist jung, smart und distanziert?
Und ein Raum High Fashion, der andere ganz
Kalifornien-leger?
So ähnlich. Ich habe zwei Zimmer, die direkt
nebeneinanderliegen. Das eine ist für die
Businessfrau, das andere für, nun ja, meine
kindliche Seite.
Wie ist es mit Blumen? Wahrscheinlich bekommen Sie ständig riesige Rosen-Bouquets von
Verehrern?
(Kehliges Lachen) ...
Haben Sie gern Blumen im Haus?
Nicht wirklich, denn ich habe ganz und gar
keinen grünen Daumen. Bin damit gar nicht
aufgewachsen. Wenn Leute mir Blumen
schenken, dann denke ich: wie nett. Aber ich
verstehe nicht, was es soll. Unangenehm ist es,
wenn sie nicht meinen Geschmack treffen.
Was mache ich dann damit?
Sind Sie eher an Kunst interessiert? Sammeln
Sie etwas?
Ich gehe sehr gern in Museen überall auf der
Balenciaga mied Öffentlichkeit. Er war nicht
schüchtern, aber wollte es einfach nicht.
Oh, ich wünschte, heute würden die Leute
Künstlern erlauben, einfach nur ihr Ding zu
machen. Zu leichtfertig werden einem Etiketten aufgeklebt. Fans ruinieren sich manchmal
geradezu selbst, wenn sie keine Geheimnisse
mehr zulassen. Kann das Scheinwerferlicht zu
heiß werden, die Rose verbrennen? Man muss
die Balance finden, den Schatten. Ich bin Perfektionistin, wenn es um meine Arbeit geht,
besonders in emotionaler Hinsicht. Ich
würde nie schlafen, wenn nötig. In einem
künstlerischen Beruf geht es darum, Energie aus sich herauszudrücken, wie aus einem
Schwamm. Aber das zieht
auch die Kraft. Man muss
selbst entscheiden, wie viel
man abgeben kann. Ich
habe Glück, ich sehe
meine Arbeit nicht als
Geschäft. Ich bin
nicht so die Kapitalisiererin. IG
Bouquet im Flakon: „Rosabotanica“ duftet nach einem Akkord von Rosen, Hyazinthen und Kardamom
77
MARKENGESCHICHTE
Formvollendet: Der Modeschöpfer
Jean Patou galt als Gentleman. Daneben: ein Kostüm des Franzosen von
1961 und ein Kleid von 1963. Ganz
rechts: Der Designer mit sechs Mannequins auf einem Kreuzfahrtschiff 1924
Stern im Universum: Ein Werbeplakat für
„Joy“ aus den 30er-Jahren, damals galt es als
das kostbarste Parfüm aller Zeiten. Oben: ein
Etikett des Couturiers
Eaude an die Freude
Wer kauft schon den Duft eines Couturiers? Ätzte einst
Modeschöpfer Paul Poiret. Susanne Opalkas süffisante
Antwort darauf: Neunzig Jahre nach seiner Vorstellung ist
„Joy“ von Jean Patou noch immer die Nummer zwei weltweit!
78
J
oy“! Dieses legendäre Parfüm von
Jean Patou, das in seiner Originalformel in der Versailler Osmothèque, dem größten Archiv
der Düfte, bewahrt wird, erzählt eine der erfolgreichsten Geschichten der Parfümbranche. Wobei ein
großer Anteil an dem Hype zunächst wenig mit dem golden
schimmernden Elixier selbst zu
tun hatte. Ob Übersetzungs-„fehler“ oder gewollt eindeutige Interpretation, die provokante Werbeaussage „Das teuerste Parfüm der
Welt“ machte „Joy“ berühmt. Dabei stammte es weder von Monsieur Patou selbst, noch war „le
parfum le plus cher“ ursprünglich
so eindimensional gemeint. Im Französischen
ist es ein Wortspiel, was nicht nur „das teuerste“, sondern auch das „mir am teuersten“ bedeuten kann. Elsa Maxwell, die Urmutter der
Boulevardjournalisten, die größte Klatschtante ihrer Zeit, heute würde man wohl Marketinggenie dazufügen, prägte die Aussage. Und
so ist „Joy“ im Jahr 2014, fast ein Jahrhundert
nach seiner Entstehung, nicht nur der Urkomposition wieder ähnlicher, sondern noch immer einer der beliebtesten Düfte der Welt.
Ewige Nummer zwei in den Verkaufscharts,
nach Chanel NO 5. Eine Konkurrenz, die schon
die Modeschöpfer Jean Patou und Coco Chanel selbst zeitlebens intensiv pflegten. Der
perfekte Gentleman Patou stand dabei immer
im Schatten von Coco Chanel, obwohl er „in
der Vielfalt – von Sportmode, Tageskleidung
und glamourösen Roben – und der Mannigfaltigkeit der Schnitte kreativer war als Gabrielle
Chanel“, so Ingrid Loschek in ihrem Lexikon
„Modedesigner“. Wer weiß, wo die Mode von
Jean Patou (1987 musste das Couturehaus endgültig schließen) heute stünde, wäre er nicht
1936, im Alter von 56 Jahren einem Herzversagen erlegen. Unter Umständen oder aus Gründen, die bis heute nicht eindeutig sind.
1880 geboren, hatte Patou 1912 das Damenund Pelzmodengeschäft „Parry“ in Paris eröffnet. Er war erblich vorbelastet: Sein Vater war
Ledergerber, sein Onkel besaß ein Pelzgeschäft. Seine erste Kollektion, in der er unter
anderem ein Smoking-Kostüm vorstellte,
wurde komplett von einem New Yorker Einkäufer aufgekauft. Der Erste Weltkrieg beendete die Ambition. „Der eleganteste Mann Europas“, wie ihn die amerikanische Presse
nannte, einer der feinsinnigsten Männer seiner Zeit, wurde einberufen und diente als
Hauptmann der Zuaven, einer Eliteeinheit
fort: Er ließ 250 Proben herstellen und an die
prominentesten amerikanischen Frauen und
Kundinnen verschicken. Eine Aktion, um den
finanziell gebeutelten Freunden in schweren
Zeiten ein wenig Freude, „Joy“, zu schenken.
Kaum waren die Flakons in den USA angekommen, gingen die Nachbestellungen ein,
und Elsa Maxwell prägte 1930 den berühmten
Verkaufsslogan „the costliest perfume in the
world“. Was damals 40 Dollar für eine Unze
Parfüm bedeutete. Ein Preis, den bis dahin
niemand gewagt hatte für einen „Over-TheCounter“-Duft zu verlangen. Der Rest ist Parfümgeschichte. Und noch heute sind rund
10.000 Blüten Grandiflorum-Jasmin und 28
Dutzend der bulgarischen Damaszener Rose
nötig, um eine Unze oder 30 ml herzustellen.
Immer noch eins der kostspieligsten Konzentrate, die in der Haute Parfumerie verwendet
werden. Auch wenn es nicht mehr der teuerste Duft auf dem Markt ist, selbst nicht im Baccarat-Flakon zu etwa 1200 Euro.
87 verschiedene Düfte hat das Haus in seiner
Geschichte hervorgebracht, darunter die beiden anderen Ikonen „1000“ und „Sublime“
von Jean Kerléo, der auf Henri Almèras folgte
und von 1967 bis 1998 Haus-Parfümeur von Jean Patou war. In die Ära von P&G Prestige als
Eigner und Jean-Michel Duriez als In-HousePerfumer (2001 bis 2011) fallen zwar einige
herrliche Neuheiten wie „Sira des Indes“ und
„EnJoy“, doch die Marke Jean Patou verlor an
Aufmerksamkeit, an Glanz und Relevanz. 2011
gab es genau noch sechs Patou-Düfte auf dem
Markt. Behutsam wollen nun die Besitzer von
Designer Parfums Ltd. aus London (denen
auch Worth und Scherrer gehören) mit dem
Hausparfümeur Thomas Fontaine das legendäre Dufthaus wieder zu den Wurzeln führen.
Als erste Aufgabe rekonstruierte und reformulierte Fontaine, der ein Schüler der Legende Kerléo ist, „Joy“, „1000“ und „Sublime“.
Heute werden alle Düfte wieder in Frankreich
hergestellt. Das Konzentrat wird in Grasse
produziert, das Glas kommt von Verreries
Brosse aus der Normandie, wo auch die Flakons gefüllt werden. Danach durfte Fontaine
„Chaldée“ von 1927, „Eau de Patou“ von 76 und
„Jean Patou pour Homme“ wiederbeleben.
Für dieses Jahr sind drei weitere Lancierungen aus der schillernden Vergangenheit geplant. Noch ist geheim, welche es sein werden,
aber „Le Sien“ und „L’Heure Attendue“ von 29
und 46 müssen bitte dabei sein!
Thomas Fontaine, der sich von Geschichte,
Musik (er ist auch Baritonsänger) und „Cuisine“ inspiriert fühlt, hat im vergangenen
Herbst zudem eine neue Komposition vorgestellt: „Joy Forever“ – im ikonenhaften JeanPatou-Kristallflakon, 1930 entworfen von den
Art-déco-Designern Louis Süe und André Mare. So bezaubernd sie ist – die „Patounade“ mit
modernem Twist –, eigentlich wäre es nicht
nötig gewesen. Die Freude an diesem großartigen Werk, das trotz Jasmin, Rose, Ylang
Ylang und Tuberose niemals mit blumig zu
beschreiben ist, währt ohnehin ewig: „Joy“
riecht einfach „zutiefst wundervoll“, wie es
Parfümkritiker Luca Turin ausdrückt. Die Fragrance Foundation ehrte es 2000 als „Duft des
Jahrhunderts“. Vor Chanel NO 5. Jean Patou
hätte sicher eine Freudenträne vergossen,
ganz Gentleman, natürlich dezent.
„Joy Forever“ ist die
neueste Kreation und
duftet wie der Klassiker
„Joy“ nach der „Patiounade“
Seiner Zeit voraus:
Jean Patou beendete
Jahre vor den anderen Couturehäusern
die tiefe Taillierung
der Abendkleider
JEAN PATOU (6); GETTY IMAGES; PICTURE-ALLIANCE/UNITED ARCHIV/JEAN PATOU
der Infanterie. Doch selbst die Jahre der Gräuel konnten seine Visionen, seine Leidenschaft, nicht zerstören. Und so eröffnete er bereits 1919 sein erstes Maison de Couture unter
eigenem Namen in der Rue St Florentine. Viele Ideen, die man heute ausschließlich mit
Chanel verbindet, stammen ebenso von Patou.
Bereits 1921 stattete er die berühmte Tennisspielerin Suzanne Lenglen aus und entwarf
einen skandalösen Dress für Wimbledon: einen weißen, erstmals nur die Knie bedeckenden Faltenrock, dazu einen ärmellosen Cardigan. So sportlich seine Tageskleidung aus
Jumpern und Blusen, so raffiniert waren seine Abendroben mit kompliziertesten Stickereien. Patou war es, der die tiefe Taillierung
der Abendkleider beendete und damit den anderen Couturiers rund drei Jahre zuvorkam.
Ausgeprägt war ebenso sein Sinn für Werbung. Er war einer der Ersten, die ihre Initialen als Markenzeichen einsetzten, überall
prangte sein JP. Er ließ Abteilungen für Reise
und Sport in passendem Ambiente einrichten,
„Coin des Sports“ genannt; es gab sogar eine
Angel-Abteilung mit allem Zubehör. Mode als
Lifestyle – lange bevor ein Ralph Lauren dies
in Perfektion umsetzte.
1924 vervollständigte er sein Patou-Universum mit den ersten Düften. Er ließ drei verschiedene Essenzen komponieren, die als Ode
an drei Frauentypen, an ihren Teint und ihr
Haar zu verstehen waren: „Que Sais-Je?“ für
Blondinen, „Amour Amour“ für Brünette und
„Adieu Sagesse“ für Rothaarige. Eine Idee, die
die Vermarktung entscheidend veränderte.
Üblicherweise waren Düfte aus einem Modehaus nämlich nicht für den Verkauf gedacht,
sondern als Geschenk, wurden als Aufmerksamkeit nur den besten Kundinnen überreicht. Paul Poiret, der wohl erfolgreichste
Modeschöpfer jener Zeit, prägte 1911 den Ausspruch: „Wer kauft schon einen Duft eines
Couturiers.“ Um später dann selbst mit „Parfums de Rosine“ als Begründer der „Designerdüfte“ gehandelt zu werden. Jean Patou wollte
jedoch früh auch jene an seiner Welt teilhaben lassen, die sich keine Couture leisten
konnten. So produzierte das Haus bereits sehr
erfolgreich ein Öl, „Huile de Chaldée“, ein
Bräunungsprodukt, das an „Ferien der Schönen und Reichen“ erinnern sollte. Sein warmer Duft, der sich erst in der Sonne entfaltete,
wurde so populär, dass kurz darauf das „Eau de
Chaldée“ auf den Markt kam.
Bereits Mitte der 20er-Jahre gab es Patou-Puder, Patou-Lidschatten, -Seifen und -Lippenstifte, darunter der berühmte „Le Lift“, für
den Cartier die luxuriöse Hülle gestaltete. Und
dann, 1929 auf einer Tour in Grasse, kam Patou
beim Parfümeur Henri Almèras eine Idee.
Ausgerechnet als die Welt von der schwersten
Wirtschaftskrise erschüttert wurde, der Börsencrash in den USA den französischen Modehäusern die besten Kunden raubte und auch
das Haus Patou am Rande des Ruins stand,
ließ er sich von einer Komposition aus den
kostbarsten Rohmaterialien überhaupt begeistern. Auf Patous Ausruf „Wundervoll!“,
soll Henri Almèras geschnaubt haben: „Natürlich ist es wundervoll, aber Sie können es
nicht verkaufen, es ist zu teuer, der Preis ist
unerschwinglich.“ Doch an Verkauf dachte Jean Patou ja auch gar nicht, zumindest nicht so-
79
Köchin, Kunsthistorikerin, Autorin: Charlotte Birnbaum widmet
ihr viertes Kochbuch „Paulas
Juwelen“ kulinarischen Streifzügen durch das Jahr (Verlag der
Buchhandlung König)
Charlottes Preziosen
Wenn Charlotte Birnbaum übers Kochen schreibt und spricht, ist das jenseits von leichter, laber, Lafer.
In „Paulas Juwelen“ schwingen Lord Byron und Marlene Dietrich den Löffel. Und Marcel Duchamp
seine selbst kreierte Schokoladenmühle. Andreas Tölke ist begeistert. Wir baten Benno Kraehahn um
80
ein Foto und Christa Näher um Illustrationen
Liebes deutsches Fernsehen
– wir hätten da mal eine total
verrückte Idee: Macht doch
mal was mit Kochen. Live
und mit tollen, jungen Meistern am Herd ... Okay, war
nur ein Witz. Ganz anders
gedacht fragen Sie sich bestimmt, warum ausgerechnet in ICON, so ungefähr der
letzten rezeptfreien Zone in
den deutschen Medien, eine
Kochbuchautorin so viel
Raum bekommt. Vor allem,
wenn die durchschnittliche
Verweildauer in deutschen
Küchen unter 15 Minuten pro
Tag liegt. Also gerade die
Zeit, die man für das Karbonifizieren einer Tiefkühlpizza braucht. Aber Charlotte
Birnbaum, 53, kreiert nicht
einfach irgendwas zum Naschen. Ihre Bücher, besonders
„Paulas Juwelen“, das aktuell
erschienen ist,
sind kleine, unterhaltsame
Kunstwerke mit
Tiefgang, allesamt wundervollst illustriert von der
Künstlerin Christa Näher.
So ist ein Aperçu von Dame
Birnbaum wie Gerichte „erfunden“ werden: „Am 23.
September 1950 besucht
Contessa Amalia Nani Mocenigo ihr Stammlokal ,Harry’s
Bar‘ in Venedig. Giuseppe
Cipriani, Chef des Hauses,
bringt der Gräfin, die einer
strengen Diät wegen kaum
etwas essen kann, hauchdünne Scheiben rohen Rinderfilets. Der Carpaccio war
geboren“, schreibt Charlotte
Birnbaum. „Was sind letztlich wichtigere kulturelle
Erfindungen als diese, wie
viele Gedichte oder Bilder
haben der Menschheit genauso viel Freude gebracht?“, stellt sie sich und
ihren Lesern die (rhetorische) Frage.
Liebste Charlotte – solche
Statements werden das Familienleben aber arg beanspruchen! Denn
man muss wissen: Herr Birnbaum ist in der
Kunstwelt einer der wichtigsten Vor- und Mitdenker. Daniel war eine Dekade Rektor der
Staatlichen Hochschule für Bildende Künste
in Frankfurt am Main, er war 2009 Direktor
der Biennale Venedig und ist aktuell Chef im
Moderna Museet in Stockholm. Und die Gattin
erdreistet sich zu fragen, ob Bilder Menschen
so viel Freude gebracht haben wie ein simples
Carpaccio. Come on!
Essen jenseits von einfacher Nahrungsaufnahme kann durchaus überbewertet werden –
oder, Frau Birnbaum? „Es geht um die Inszenierungen, die Freude bereiten und die sich in
einem kulturellen Kontext entwickeln, aus
dem sie sich bestenfalls befreien können, weil
sie als Gericht einfach unschlagbar sind“, verteidigt sie die kunstvolle Lust am Essen. Und
was sie einfach zum Umarmen sympathisch
macht: Ihr Maßstab in den Büchern sind nicht
die Köche! Es sind die „Meisteresser“ – so betitelt die Blonde aus Schweden Gourmets wie
Peter Kubelka. Dieser Mann, Österreicher,
Künstler, Filmemacher und außerdem gesegnet mit einem Leib zum Füllen, hat sich laut
Charlotte: „... durch Speisekarten ganzer Regionen mit Neugier und großer Konsequenz
durchgegessen.“
Eine fantastische Wortwahl, keine Frage. Hört
sich an wie ein ungedopter Jan Ullrich nach
der Tour-de-was-auch-immer. Endlich jemand, der sich um die kümmert, die am Tisch
sitzen. Birnbaum zitiert Marcel Duchamp (das
L
ist der, der ein Pissoir kopfüber an die Wand
gehängt zu Kunst machte): „Der Betrachter
des Kunstwerks bringt mindestens die Hälfte
selber mit.“ Vom Kunstwerk, meint er, und
macht den Betrachter damit zum gleichwertigen Spiegel der eigenen Kreativität. Das findet
eben auch Charlotte, die Kunstgeschichte studiert hat, wenn es um das Mahl der Luxusklasse geht. Und sie erlaubt sich mit dieser Haltung einen lebendigen Widerspruch: Die Köche sind jetzt plötzlich doch die Künstler.
Doch Birnbaum löst diesen Widerspruch elegant, indem bei ihr die Köche eben Künstler
sind, die zu Köchen werden, und nicht umgekehrt Köche, die zu Künstlern werden.
Am eindrücklichsten deutlich wurde das
beim Dinner zu ihrem zweiten Buch „Pasteten Pasteten Pasteten“. Auf einem Schloss nahe Frankfurt fand sich eine kunstbeflissene
Gesellschaft ein. Die Tafel war lang, Charlotte
Birnbaum in Yves-Saint-Laurent-Vintage gehüllt; sie erklärte begeistert, dass „im 18. Jahrhundert die Speisen an den Gästen vorbeigetragen wurden“. Die Gäste applaudierten bei
den opulenten Kreationen und waren zu – excusez – vollgefressen, um zu probieren. Die
Speisen wurden einfach entsorgt. Das allerdings war dann den Abend in Frankfurt nicht
das eigentliche Thema. Es wurde gegessen,
was auf den Tisch kam. Darunter waren Kreationen von Tobias Rehberger, der im gleichen
Jahr für sein durchgeknalltes Café auf der
Biennale mit einem Goldenen Löwen ausgezeichnet wurde. Pausbäckig und fröhlich
reichte der Künstler den Abend in Frankfurt
Reh. Ein Schelm, wer Blödes dabei denkt.
Inszenierung zählt. Es gab also nach dem Dinner ein Tischfeuerwerk, das auf ein Gemälde
am Ende der Tafel übersprang. Das Bild ging
in Flammen auf, entwickelte ein Feuerwerk,
das in den Park übersprang und dort explodierte. Aber rückt das Gericht bei so viel Pipapo nicht sehr in den Hintergrund, Frau Birnbaum? „Warum? Weil es zu einem Teil einer
Inszenierung wird?“, fragt sie zurück.
Sie fragt das zwei Jahre nach dem Frankfurter
Dinner in einer Küche in Berlin. Klassischer
Altbau nahe Schloss Bellevue. Die gemeinsame Freundin präpariert das Abendessen für
alle. Hunde toben, Kinder quieken und Charlotte Birnbaum verbreitet Angst. Also bei der
Hausherrin, die sich kaum traut, in der Nähe
einer solchen Foodista ein Salatblatt in die
Hand zu nehmen. „Kochst du gerne, Charlotte?“ Eine späte, platte Frage, die aber gestellt
werden muss. „Ich bin gerne in der Bibliothek
und lese und recherchiere“, antwortet sie.
Und lacht, hat das Kind der Freundin auf dem
Schoß, das noch viel lauter lacht, weil der kleine Prinz die Lizenz zum Tatschen hat. Nämlich die Turmfrisur von Charlotte Birnbaum.
Die hohen Haare, die so nostalgisch erscheinen, sind Markenzeichen der Schwedin. Charlotte beugt ihr Haupt vor dem Wonneproppen, und beide scheinen ein großes Vergnügen bei der Haarspalterei zu haben. Derweil
die Hausherrin nach der ausweichenden Antwort deutlich entspannter kocht. Charlotte,
wie meistens in einer Kreation ihrer Lieblingsdesignerin Hanna Willer aus Frankfurt,
gesteht auf die Frage, ob sie denn alle Gerichte
im Buch auch gekostet habe: „Das Eichhörnchen nicht.“ Nicht wegen kultureller Vorbehalte, dass in Europa etwa ein Stück Schwein
auf dem Teller besser sei als eine Scheibe Golden Retriever, wie die amerikanische Psychologin Melanie Joy es formuliert. Diese Frage
ist Charlotte eher schnuppe, es hat mit dem
Eichhörnchen einfach nicht geklappt. „Bevor
ich verseuchte Hühner aus Legebatterien auf
dem Teller liegen lassen muss, würde ich eher
zu Wild greifen“, sagt sie.
Aber es geht nicht so sehr um aktuelle Ernährungsfragen, es geht um Spurensuchen und
Poesie. Um Völlen und Fasten im Verlauf des
Jahres, Sommergemüse und Winterspeck –
Charlotte Birnbaum macht Essen lesbar. Rezepturen fangen mit Anekdoten wie: „Heute
im Jahr 1908 wurde Simone de Beauvoir, die
Schokolade liebte, geboren. Diese Torte ist für
sie“, heißt es für den 9. Januar. Alfred Hitchcock bekommt gerade mal eine Leberwurst ab
und Maria Callas nicht mal die. Von der Primadonna Assoluta findet sich ihr Gewichtsprotokoll mit den zugehörigen Rollen. Gioconda: 92 Kilo; Elisabetta: 64 Kilo. Auch das eine Geschichte des Essens.
Die Mahlzeit steht nun übrigens auf dem
Tisch. Ein leichter Salat mit warmem Ziegenkäse und dann Tagliatelle mit
frisch gehobelter Trüffel.
Charlotte ist begeistert, die
Gastgeberin final tiefenentspannt. „Essen macht eben
glücklich“, meint der Ehrengast aus Stockholm. Und
nicht nur Essen, auch das Lesen von Geschichten darüber.
Charlotte Birnbaums Bücher
beweisen es.
Kunst trifft Küche:
„Paulas Juwelen“
wurde mit kleinen
Zeichnungen
von der Künstlerin
Christa Näher verziert
LONDON, England.
Katharina Flohr,
Kosmopolitin. Kleid
mit Blumenapplikation:
John Rocha. Hut mit
Spitzendetail: Philip
Treacy. Pumps: Valentino
Vintage. Kette, Ring und
Ohrstecker: Fabergé.
Tochter Sophia Flohrin
einem Blütenkleid und
Hut von John Rocha.
Kette und Ring: Fabergé.
Gummistiefel: Hunter.
Ledershopper: „Epi
Neverfull“ von
Louis Vuitton
AROUND THE WORLD
Von London bis Qamea – wir reisten in 80 Tagen um die Welt und trafen dabei auf Kosmopoliten,
Extremsportler und Schauspieler. Und baten sie bei der Gelegenheit auch gleich, sich kurz umzuziehen
Foto: Giovanni Zaccagnini / Produktion & Styling: Bernard Werkmeister, Assistenz: Juliane Kahl und
Philipp Meichsner / Haare & Make-up: Helen Anderson, Jeffrey Paul, Lisa Matson, Louise Moon,
Michaela Kireta, Renata Traupe, Tine Waldenfels / Mit Dank an gernreisen.de und hauser-exkursionen.de
DELHI, Indien. Tikka Singh, „Head Representative" für Asien von LVMH. Sakko und Hose: Raghavendra Rathore. Sakko Knöpfe: eine Anfertigung von Cartier.
Einstecktuch: Etro. Socken: Falke. Schuhe: Berluti. Unten links: Rushhour in Chandni Chowk. Unten rechts: Die Jama Masjid Moschee in Chandni Chowk
83
LOS ANGELES, Kalifornien. Robbie Rodgers, Fußballer bei
LA Galaxy. Anzug: Brioni. Uhr: Junghans Max Bill. Schuhe:
Nike. Kleines Bild oben: Paramount Studios in Hollywood.
Darunter: Skyline von Los Angeles
84
LOS ANGELES, Kalifornien. Jaimie Alexander, Schauspielerin. Abendkleid mit Glasgoldapplikationen: Escada. Clutch aus Pythonleder: Bally
KISUMU, Kenia. Auma
Obama, Aktivistin und
Halbschwester von Barack
Obama. Kleid: Marina
Rinaldi. Sonnenbrille: Prada
OMAN. Matty Wainwright (links): Hoodie
von Longo Cashmere. Badeshorts: Vilebrequin. Farrah Diba (Mitte): Shirt von DJ
Dispensary. Shorts: American Outfitters.
Brendon P. (rechts): T-Shirt von Senza
Titolo 3 by 108 über desartistes. Sakko:
Porsche Design. Badeshorts: Orlebar
Brown. Brille: Prada. Oben: Impressionen
aus dem Six Senses Zighy Bay Resort
N
86
atürlich sind wir
nicht die Ersten.
Viele andere haben
bereits vor uns auf
einer Reise die Erde umkreist. Und
doch fühlt es sich
an wie eine Premiere. Schließlich gleicht kein Around-theworld-Trip dem anderen. Bei unserem werden
weniger die Orte als vielmehr die Menschen,
die dort leben, die Hauptrolle spielen.
Unsere erste Station: London. Hier treffen wir
Katharina Flohr, Managing und Creative Director des weltberühmten Juwelierunternehmens Fabergé, und ihre Tochter Sophia, stilecht zum Tee in einer georgianischen Stadtvilla mit knarrenden Dielen. Katharina Flohr
ist gebürtige Münchnerin, in Kanada und Texas aufgewachsen, und hat lange Jahre für
Modemagazine gearbeitet. Gerne würden wir
Sie mitnehmen zu unserer nächsten Etappe.
Indien, genauer gesagt: Delhi, Heimat von
Tikka Singh. Was für eine Reizüberflutung –
Menschen, Gerüche, Geräusche. Tikka Singh
ist Head Representative für Asien von LVMH,
der französischen Aktiengesellschaft, die die
Mehrheitsrechte an über 60 verschiedenen
Luxusmarken hält, und damit eine der wichtigsten Figuren in Indiens wachsender Mode-
und Luxus-Industrie. Irgendwie passend, dass
er aus einer alten Maharadscha-Familie
stammt. „Den besten Blick über die Stadt hat
man vom Chambers Club im ‚Taj Mahal Hotel‘
in der Mansingh Road“, verrät er uns.
Nach dem Hin und Her zwischen den Zeitzonen sind wir in Oman ganz im Hier und Jetzt.
Dort bietet das „Six Senses Zighy Bay“ ein DJ
Retreat an. Von den weltberühmten DJs Matty
Wainwright, Brendon P und Stephen Day lernen die Gäste, wie man richtig auflegt. Mitten
in Afrika treffen wir eine promovierte Germanistin: Dr. Auma Obama, Halbschwester des
US-Präsidenten, wurde in Nairobi geboren,
studierte in Deutschland. Jetzt lebt sie wieder
in Kenia und kümmert sich dort mit ihrer Stiftung „Sauti Kuu“ um die Förderung benachteiligter Kinder und Jugendlicher.
Mit einem Ohrwurm landen wir in Amerika.
„L.A. International Airport“ tönt es in unserem Kopf. Hier in Los Angeles treffen wir zuerst Schauspielerin Jaimie Alexander, zuletzt
in „Thor – The Dark Kingdom“ zu sehen. Sie
lässt den Stadttrubel gern hinter sich, um im
Fryman Canyon in Studio City zu hiken. Vielleicht bleibt sie deswegen so unglaublich cool.
Unglaublich gelassen, vor allem angesichts
des Wirbels, der gerade um ihn tobt, bleibt
auch Fußballer Robbie Rodgers. Der 26-Jährige hatte kürzlich sein Coming-out als schwu-
ler Sport-Profi. Eigentlich wollte er seine Karriere beenden. Doch jetzt spielt er für LA Galaxy. Im November soll seine Autobiografie erscheinen. Sie heißt „Coming out to play“.
Spielen, das wollen auch die Mitglieder einer
Kindertanzgruppe, die wir nach elf Stunden
Flug auf Qamea Island in Fidschi treffen. Einige von ihnen ziehen für unser Foto-Shooting
zum ersten Mal in ihrem Leben Socken an.
Sind wir jetzt am Ende der Welt angekommen? Oder ist das erst bei unserem nächsten
Stopp, in Neuseeland? Hier ist die Heimat von
Kylie Bax, Model und Schauspielerin. Sie lebt
jetzt wieder da, wo sie aufgewachsen ist: auf
einer Pferdefarm nahe Cambridge – das Grün,
die Weite. Was einen Neuseeländer ausmacht,
fragen wir: „Wir sind abenteuerlustig, sportlich und gern im Freien“, sagt sie.
Ein Outdoor-Fan ist auch Ski-Profi Stian Hagen, den wir in seinem Heimatland Norwegen
treffen. „Wenn ich nicht in Norwegen bin, vermisse ich außer meiner Familie und Freunden
vor allem den frischen Fisch und Salz-Lakritze“, sagt er. Letzte Station unserer Reise: München, wo Spanierin Lucia Lacarra und Marlon
Dino, in Albanien geboren, leben. Sie sind Balletttänzer an der Bayerischen Staatsoper.
Rund 30 Nationen sind in der Kompanie vertreten. Das macht die Welt irgendwie sehr
klein und sehr groß zugleich. Ischta Lehmann
GLITTERTIND,
Norwegen. Stian Hagen,
Extremsportler. Jacke:
Belstaff. Hose und Handschuhe: Arcteryx.
Ski: Völkl. Helm, Brille und
Ski-Bindung: Marker.
Skischuhe: Dalbello.
Skistöcke: Swix
MÜNCHEN, Deutschland.
Lucia Lacarra & Marlon
Dino, Balletttänzer an der
Bayerischen Staatsoper.
Lucia: Kleid von Basler. Cuff:
Robert Lee Morris Swarovski Elements. Ohrringe:
Dublos Swarovski Elements.
Marlon: Sakko von Etro.
Hose und Schuhe: Giorgio
Armani.
Socken: Falke
CAMBRIDGE, Neuseeland. Kylie Bax, Model und Schauspielerin. Jacke, Shorts, Schmuck und Schuhe: Chanel.
Strumpfhose: Falke. Satteldecke: Hermès. Kleines Bild
oben: Karekare Beach. Darunter: der Kurort Rotorua
87
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SONNTAG, 23. FEBRUAR 2014
Global Diary
Erinnern Sie sich? An die Zeit, als man statt SMS und E-Mail noch
Karten von fremden Orten schrieb? Wir tun es noch immer
SHANGHAI
Ausgeschlafen dank Bett in der Lufthansa-Maschine, in Shanghai gelandet und dann des Atems beraubt: Der Transrapid,
hier Maglev genannt, saust mit 430 Stundenkilometern in die
Stadt. Zum Luftholen ist die Zeit kurz, denn kaum gleiten im
„Four Seasons Pudong“ auf Knopfdruck die Gardinen vorm
bodentiefen Fenster zurück, stockt mir abermals der Atem.
Wow! Das Panorama auf himmelstürmende Hochhäuser
des Wirtschaftsviertels berauscht geradezu. Mittendrin die
rotgoldene Riesenkugel des Oriental Pearl Towers, zur Linken ein Ausschnitt des World Financial Centers. Knapp dreimal so hoch wie das Luxushotel, kann man selbst vom verglasten Indoor-Pool im 50. Stock den Skywalk auf 474 Metern nicht
ausmachen. Gern hätte ich mein Schwindelgefühl auf der Glasbrücke, zweithöchstes urbanes Viadukt der Welt, herausgefordert. Leider
hüllt sie sich in Dunst. Also runter auf den Bund zum Sonnenuntergang. Zigtausend Chinesen wollen
sich auch von der Promenade aus verewigen. Doch was sind schon Handyblitze im Lichtermeer?
Prunkvoll leuchten die Kolonialbauwerke, jenseits des Huangpu glitzern die Wolkenkratzer, spiegelt
sich im Wasser des Flusses. Da passt doch ein peppered Vodka wunderbar dazu. Der scharfe Drink ist
Spezialität der trendy „Bar Rouge“ auf ihrer Aussichtsterrasse. Kampei Skyline!
Mein Aufenthalt in Shanghai ist kurz, die Entscheidung fällt schwer: wohin? Die sogenannte Oldtown
kann man vergessen – Massenrummel zwischen Nachbauten. Ich liebe die von Platanen gesäumten
Seitenstraßen im Viertel French Concession. Domizile aus den 30er-Jahren, kaum Verkehr, kleine Geschäfte. Locals sitzen dort gern vor der Tür, schlürfen Suppe. Im Fuxing Park üben sie Tango. Als Kontrastprogramm nehme ich ein Taxi zur Moganshan Lu, kurz M 50. Auf dem ehemaligen Fabrikgelände
haben sich vier Dutzend Galerien etabliert. In „ShanghArt“ treffe ich meinen Bekannten Lorenz Helbig. Der Schweizer war vor 20 Jahren in Shanghai der Erste, der es wagte, von der Regierung verpönte
chinesische Modern Art auszustellen. Jetzt gehört er hier zu den führenden Kunsthändlern. Noch
schnell ein Mitbringsel. „New Moma“ nebenan bietet eine Fülle von Keramiken. Ich erstehe einen
handbemalten Porzellanbecher, durchsichtig wie Pergamentpapier. Ein breiter Schal passt auch noch
in den Koffer. Eine Seite aus Tibet-Kaschmir, die andere aus Chinaseide. Gefunden bei „Annabelle
Lee“ im Quartier Xintiandi. Genau das richtige Souvenir aus der Stadt des Glitzer und Glamours.
Kiki Baron war schon zigmal in Shanghai. Diesmal ließ sie sich von „Windrose“ zum Kurztrip verführen
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zuerst fallen? Bis ins kleinste Detail ebenso klar wie anheimelnd ist die Designsprache der Hoteldirektorin
Anna-Maria Fäßler. Sanfte Farbgebungen, handgewebte Stoffe greifen alpines Dekor in vielfältiger Weise auf, Holz-, Stein- und Glaselemente bei gänzlicher
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Als südliches Halbrund, gleichsam in respektvoller Distanz zum 5Sterne-„Sonnenalp“-Resort, gruppieren sich die Allgäuer Hochalpen
mit Nebelhorn und Co. „Steigst Du nicht auf die Berge, so siehst Du auch nicht in die Ferne“. Das
Wandtattoo, eines von vielen zum Nachsinnen im Hotel, steht im übertragenen Sinne für die Erfolgsgeschichte des Hauses. Das einst urtümliche Moorheilhotel wird über vier Fäßler-Generationen kontinuierlich ausgebaut. Heute genügt „Europas Golf Resort des Jahres 2010“ höchsten internationalen
Ansprüchen. Exquisit das Spa-Angebot. Dampfstempel oder Samvahana, heilsame Alpenkräuter
oder Fruchtöle – bis zu zwei Stunden kann eine einzige Anwendung in Anspruch nehmen wie etwa eine Shiseido Qi-Concept Face Ceremonie. Der Ausklang ist oft liegend im heißen Sand.
Auch das Frühstücksbuffet sucht seinesgleichen. Ganz oben, nicht nur als Aussichtspunkt des weitläufigen Gebäudes, sondern auch in der gastronomischen Bewertung: Die „Silberdistel“, das Restaurant unter der Leitung von Küchenchef Kai Schneller, erhielt im November 2013 einen Michelinstern.
Die Gerichte reicht der Schotten Brian McLaren, „Oberkellner des Jahres 2012“. Und nein, für kulinarische Erlebnisse im Waldhaus- oder Seehaus-Restaurant ist es nicht zwingend, die 18- oder 9-Loch„Leading Golf Courses of Germany“ zu bespielen. Jedoch ...
Uta Petersen malt sich zu allzu gern aus, irgendwann ein eigenes Hotel zu eröffnen.
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2013 feierte Prada den 100. Geburtstag. Einstmals als „Fratelli Prada“, also „Gebrüder Prada“, gegründet, legt das italienische Label auch heute
noch Wert auf die Kernkompetenz: die Herstellung von Luxuslederwaren. Handtaschen wie die „Double Bag“, eine leichte Henkeltasche mit zwei
Fächern und Namensanhänger, gehören inzwischen zu den Klassikern. Wir schauten dabei zu, wie die Tasche entsteht, und zeigen die acht wichtigsten Schritte: 1. Die Lederstreifen für die Taschenhenkel werden mithilfe einer Schablone ausgeschnitten. In der Mitte muss das Leder verstärkt
sein, damit 2. mit einer Zange die Henkel geformt werden können. 3. Anschließend werden die Henkel auf den Seitenwänden der Tasche festgenäht. Das Besondere der Double Bag: Außen ist sie aus fein gemasertem Saffianoleder, innen mit weichem Nappaleder gefüttert. Eine Kombination, die besonders hübsch in Kontrastfarben aussieht. 4. Kleine Lederdetails verstecken den Henkelansatz. 5. Im nächsten Schritt näht der Täschner
die einzelnen Teile zusammen. Zunächst muss die Innentasche eingesetzt werden, danach können 6. die vier Seitenteile mit dem Boden verbunden und schließlich 7. aneinander befestigt werden. 8. Schließlich werden noch die lederbespannten Knöpfe sowie das Prada-Logo und der „Kofferanhänger“ angebracht – dann ist die Tasche fertig. Übrigens: Die Double Bag gibt es in 15 verschiedenen Farbvarianten.
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