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BERENBERG
DAS MAGAZI N FÜR WIRTSCHAFT, GESELLSC H AFT & LE B E N SART
N 15
16
O
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Foto: Berenberg
EDITORIAL
Liebe Kunden,
verehrte Freunde unseres Hauses,
der Begriff Kulturwandel ist derzeit in aller Munde. Insbesondere die Finanzbranche beschäftigt sich mit dem Thema. Man engagiert Berater, stellt Verhaltensregeln auf, dreht Werbefilme.
Dabei ist es eigentlich ganz einfach: Die Banken müssen einen Nutzen bringen. Und zwar nicht
in erster Linie für sich selbst, sondern für ihre Kunden. Wenn die Kunden verdienen, dann kann
auch die Bank verdienen. Und wenn man diesen Verhaltensmaßstab anlegt, dann ist es auch
gerechtfertigt, dass Banken ertragsstark sind. Eine starke Bank als Partner zu haben ist besser,
als auf einen schwachen Partner angewiesen zu sein.
Die Banken sind gefordert, ihre Geschäftsmodelle und ihre Geschäftstätigkeit laufend auf
den Prüfstand zu stellen und zu sehen, wo sie für ihre Kunden Mehrwerte erbringen können.
Wir sehen für uns die analytische Kompetenz als wichtigen Wettbewerbsfaktor. Die fundierte
Analyse und das Abwägen verschiedener Handlungsoptionen stehen immer am Anfang von
Investitionsentscheidungen. Das ist beim Privatanleger nicht anders als bei großen institutionellen Investoren und bei Unternehmen. Dabei unterstützen wir unsere Kunden.
Das Geschäftsjahr 2013 haben wir mit einem Rekordgewinn von 66 Mio. Euro abgeschlossen, die Bruttoerträge als Maß unseres Geschäftsvolumens stiegen auf einen Höchststand
von 309 Mio. Euro, und das verwaltete Vermögen beträgt nun über 30 Mrd. Euro. Über
1150 kompetente Mitarbeiter stehen unseren Kunden heute an 17 Standorten in Deutschland,
Europa und den USA mit unabhängiger Beratung zur Seite. Wir freuen uns, wenn Sie diese
Kompetenz nutzen!
T O U R B I L LO N M I T D R E G O L D B R Ü C K E N
Viel Vergnügen bei der Lektüre von Berenberg N° 16!
Ihre
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5
Inhalt
I N H A LT
Thomas Strobl, stellvertre­
tender CDU­Parteichef und
Fraktions­Vize im Bundestag,
hat dezidierte Meinungen
über die Große Koalition
und die Sollbruchstellen des
Kabinetts Merkel. Für die
eigene Karriere hat er ehr­
geizige Ziele: Er will Baden­
Württemberg für die Union
zurückgewinnen.
Ärzte ohne Grenzen
Es ist wohl die bemerkenswerteste
Ideenschmiede der Welt­Auto­
industrie: Das Porsche­Entwick­
lungszentrum in Weissach bei
Stuttgart forscht und entwickelt
Kaum eine andere internationale
nicht nur für das eigene Unter­
Organisation hat einen so untade­
nehmen, sondern auch für
ligen Ruf. Die Médecins Sans
namhafte Konkurrenten. Daneben
Frontières, aus privaten Spenden
bauen die Weissacher eines der
finanziert und mit dem Friedens­
komplexesten Rennautos dieser Zeit
nobelpreis ausgezeichnet, leisten
für das prestigeträchtige 24­Stun­
Erste Hilfe in mehr als 60 Ländern,
den­Rennen von Le Mans – und
kämpfen gegen Seuchen, Hunger
sie sind mit Sicherheit die größten
und Folgen der Gewalt und entsen­
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Geheimniskrämer der Branche.
Unwiderstehliche
Penélope
REISEN
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56
Die Geheimniskrämer
von Weissach
MENSCHEN
Hoffnungsträger
aus Südwest
W O H LT Ä T I G K E I T
POLITIK
10
PORSCHE
38
Nach Paris –
der Lebensart zuliebe
Kaum jemand kennt sich in
Paris besser aus als der frühere
Stern-Reporter Claus Lutterbeck, der immerhin zwölf Jahre
Ihre Ausstrahlung ist unbe-
an der Seine lebte. Im Beren-
schreiblich, ihre Schönheit:
berg Magazin gibt er seine
atemberaubend. Penélope
Hotspots preis: bemerkens-
Cruz hat in ihrem ersten Film
werte Restaurants, empfehlens-
die Hüllen fallen lassen und
werte Hotels und unverwechsel-
danach eine beispiellose Karri-
bare Märkte. Sein Fazit: Paris ist
ere mit etlichen Meisterwerken
mehr als eine Messe wert.
den jedes Jahr rund 3000 Ärzte,
der Filmgeschichte hingelegt.
Pfleger, Hebammen und Logistiker
Nur mit Hollywood wurde sie
in die Krisengebiete der Welt.
nicht warm. Und vice versa.
EDITION
Inge Morath – Fotografin der Stars
8
POLITIK
CDU-Vize Thomas Strobl über
die Sollbruchstellen der Großen Koalition
MUSIK
Deutschlands Star-Geigerinnen
sind auch international gefragt
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W O H LT Ä T I G K E I T
Die Médicins Sans Frontières – die
angesehenste Hilfsorganisation der Welt
KUNST
Megastar Gursky,
der teuerste Fotograf der Welt
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36
PORSCHE
Die unvergleichlichen Tüftler von Weissach
WELLNESS
Die besten Spas Deutschlands
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MENSCHEN
Penélope Cruz – ein europäischer Star
REISEN
Paris – mon amour
BERENBERG NEWS
Meldungen
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IMPRESSUM
Herausgeber: Berenberg
Neuer Jungfernstieg 20, 20354 Hamburg
Projektleitung: Karsten Wehmeier
Redaktion: Dr. Werner Funk (v. i. S. d. P.); Emanuel Eckardt,
Constanze Lemke, Farimah Justus
Adresse: Dr. Werner Funk, Mittelweg 157, 20148 Hamburg
Lektorat: www.lektornet.de
Anzeigen: Armin Roth, Telefon (040) 3 61 31-425,
[email protected]
Druck: NEEF + STUMME premium printing GmbH & Co. KG,
Schillerstraße 2, 29378 Wittingen
Repro: Allzeit Media Consult, 22767 Hamburg
Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung
der Redaktion. Keine Gewähr für unverlangt eingesandte
Manuskripte oder Fotomaterialien.
Titelfoto: Inge Morath, „A Llama in Times Square” (1957)
Fotos Inhalt: Steffen Roth, P.K. Lee/MSF, Rainer Kwiotek/Zeitenspiegel, Andrea Renault/Polaris/Studio X
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BERENBERG EDITION
Misfits Erst nahm sie Bilder von Marilyn Monroe
und wurde damit berühmt, dann nahm sie ihren
Mann. Inge Morath mit Arthur Miller (unten)
Musik im Bild
Szenenwechsel
Pamplona: Stierkampf (oben).
Reno: Clark Gable am Set.
London: Verlegerin
Eveleigh Nash mit Chauffeur.
Irak: Gypsies bei Ktesiphon.
Manhattan: Fensterputzer
Iran, Musikanten
in Isfahan. Córdoba
Schulmädchen vor
der Alhambra (unten)
Inge Morath wird am 27. Mai 1923 in Graz als Ingeborg
Mörath geboren. Ihre Eltern, beide Naturwissenschaftler,
ziehen mit ihr nach Berlin. Sie absolviert ein soziales Jahr
im Kindergarten eines Arbeiterbezirks, um Romanistik und
Sprachwissenschaften studieren zu können, macht gerade
noch ihr Staatsexamen und flieht aus dem brennenden Berlin
nach Österreich. Nach einigen Jobs als Journalistin in Salz­
burg und Wien zieht sie mit dem Fotografen Ernst Haas nach
Paris und arbeitet als Textredakteurin für die Fotografen­
agentur Magnum. Fasziniert von der Sprache der Bilder lässt
sie sich bei Simon Guttmann in London zur Fotografin aus­
bilden und wird 1955 Magnum­Fotografin.
Ihre erste Reportage widmet sie
französischen Arbeiterpriestern. Sie
reist in den Nahen Osten, nach Afri­
ka, Südasien, Russland und China,
damals für Berufsfotografen noch
schwer zugängliche Ziele, fotogra­
fiert alltägliche Situationen, macht
Reisereportagen und Künstlerpor­
träts von Henry Moore oder Jean Cocteau. Ihre Bilder er­
scheinen in der „Vogue“ und „Paris Match“. Sie macht sich
selbstständig, wird von Museen und Galerien entdeckt.
Befragt nach den „Tricks“ beim Fotografieren antwortet
sie: „Restlose Aufmerksamkeit. Rastlose Aufnahmebereit­
schaft. Und so unauffällig wie möglich, gewissermaßen
8
unsichtbar zu sein.“ Vor allem aber
brauche sie „Disziplin und Klarheit.
Die Komposition, der innere Rhyth­
mus des Bildes ist für mich von größ­
ter Wichtigkeit.“ So hatte sie es bei
ihrem Lehrmeister, dem Magnum­
Gründer Henri Cartier­Bresson ge­
lernt. „Ich fotografiere, was ich sehe.
Ich habe ein Auge aufs Motiv gerich­
tet, das andere auf die eigene Seele.“
„A Llama in Times Square“, Titel­
motiv der Berenberg Edition, wurde
1957 in „Life“ publiziert, eine Auf­
tragsarbeit für eine Story über Tier­
darsteller im Fernsehen. Linda das
Lama hat inzwischen ein Eigenleben
als eines der beliebtesten Bilder Inge
Moraths entwickelt. Was wie ein Zufall aussieht, als sei die Fo­
tografin gerade im richtigen Moment am richtigen Ort gewe­
sen, war lange vorbereitet und umsichtig geplant. Inge Morath
erzählt ihre Geschichten, indem sie ihre Bilder komponiert.
Berühmt wird sie mit ihren Fotografien von Dreharbeiten
zu „Misfits“, Marilyn Monroes letztem Film. Das Drehbuch
hatte deren Mann, der Dramatiker Arthur Miller, geschrie­
ben. Die Ehe zerbrach während der Dreharbeiten. Im Jahr
darauf heiratet Miller die Fotografin Inge Morath. Sie haben
Porträtfoto: Alfred Eisenstaedt/Time & Life Pictures/Getty Images
Eine Frau zwischen Magnum und Arthur Miller
zwei Kinder, den Sohn Daniel, der am Down-Syndrom
leidet, geben sie in ein Heim. Die Mutter besucht den Sohn
regelmäßig, der Vater nicht. Das Paar lebt mit der kleinen
Tochter in Suite 614 des legendären „Chelsea Hotel“ in New
York, das auch Norman Mailer, Lou Reed und Bob Dylan
bewohnen. 1976 zieht die Familie in ein weißes Holzhaus
in den Hügeln von Connecticut. Inge Morath führt Arthur
Miller 40 Jahre lang das Haus. „Meine Mutter kümmerte sich
um alles Gesellschaftliche, kochte und machte das Leben
schön“, erinnert sich ihre Tochter Rebecca, heute Malerin,
Drehbuchautorin und Filmregisseurin.
Gemeinsam arbeiten Inge Morath und Arthur Miller an
Büchern über Neuengland, Russland oder die chinesische
Erstaufführung des „Tod eines Handlungsreisenden“ in
Peking. Inge Morath beherrscht sechs Sprachen, für dieses
Projekt lernt sie Chinesisch. Österreich ehrt sie mit dem
Staatspreis für Fotografie und der Ehrenmedaille der Stadt
Wien in Gold, ihre Wahlheimat mit dem Ehrendoktor der
Universität Connecticut.
Ihr letztes Projekt widmet die Fotografin den Opfern des
Terroranschlags auf New York vom 11. September 2001. Sie
plant ein Buch über die privaten Gedenkstätten, die Menschen am Ort des Geschehens aufstellten. Doch dazu kommt
es nicht mehr. Sie stirbt am 30. Januar 2002 im Alter von
78 Jahren in einem New Yorker Krankenhaus. Arthur Miller
überlebt sie um drei Jahre. Er stirbt am 10. Februar 2005.
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POLITIK
„Optimismus ist Pflicht“
Das Ziel ist klar: Wenn in zwei Jahren, im März 2016,
in Baden-Württemberg wieder gewählt wird, dann soll
aus der ersten grün-roten Landesregierung der Bundesrepublik „eine Fußnote in der Geschichte gemacht
werden“. Thomas Strobl (54) heißt der Mann, der das
packen soll im „Ländle“. Noch hat der Bundestagsabgeordnete, der auch einer der Vertreter von Parteichefin Angela Merkel und einer der stellvertretenden
Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist,
keinen amtlichen Auftrag. Denn ihren Spitzenkandidaten für die Landtagswahl muss die CDU erst noch in
einer Mitgliederbefragung küren. Strobl ist eindeutig
Favorit. Seit fast drei Jahren amtiert er als CDU-Landesvorsitzender, unter seiner Führung hat die Partei bei
der letzten Bundestagswahl 45,7 Prozent und wieder
einmal alle 38 Wahlkreise für die CDU geholt. Einen ähnlichen Durchmarsch will er auch bei den Kommunalwahlen und der Europawahl am 25. Mai abliefern. Das
kann gelingen. Denn Strobl hat die nach dem Machtverlust 2011 zerstrittene Landes-CDU wieder geeint. Nach
der Bundestagswahl galt er auch als ministrabel im
Bund. Er ist familiär zudem bestens vernetzt: Denn seine Frau Christine ist die älteste Tochter des CDU-Granden und Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble.
Herr Strobl, stimmen Sie mit uns überein, wenn wir
feststellen, dass die Große Koalition von CDU/CSU
und SPD sich schwertut, endlich in Gang zu kommen
und die Bundesrepublik so souverän zu regieren, wie
es bei ihrer satten Mehrheit im Bundestag angemessen
wäre?
Der Start war – verursacht durch die Affäre Edathy und
das nicht immer angemessene Verhalten einiger SPDPolitiker – zugegebenermaßen nicht einfach. Wir haben
jetzt eine zielorientierte Zusammenarbeit und fassen
ganz gut Tritt. Hinzu kommt, dass die Bundeskanzlerin
nicht nur in so schwierigen Fragen wie der Krim-Krise
hervorragend arbeitet, sondern sehr klug, sehr umsichtig, sehr weitblickend und auch sehr souverän Politik für
Deutschland macht.
Da Sie dies sagen, müssen wir Sie mit einem Spottwort über die Kanzlerin konfrontieren, das zurzeit
in der Polit-Szene kursiert und heftig belacht wird. Danach
beherzigt die Kanzlerin die bewährte Führungsphilosophie:
„Mir nach, ich folge!“
Mir sind in der Politik vor allem diejenigen verdächtig, die immer
von Anfang an wissen, wie es geht. Meine Sympathie gilt denen,
die prüfen, ein Thema hinterfragen, Sachverhalte gründlich
aufarbeiten. Ich finde es sehr gut, dass unsere Kanzlerin Angela
Merkel sich zunächst sachlich und fachlich eine Basis für ihre
Entscheidung bildet. Das braucht in der Regel Zeit, hat aber den
Vorteil, dass die Entscheidungen besser sind.
Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer hat ungeschminkt
gesagt, die Große Koalition habe „einen Fehlstart hingelegt“.
Dieses Urteil teilen Sie offenbar nicht.
So formuliere ich es nicht, auch wenn es am Anfang geholpert hat. Die Affäre Edathy hat uns gleich nach dem Start eine
Krise beschert, da gibt es nichts zu beschönigen. Das war
aber keine „Staatskrise“, wie Der Spiegel es bezeichnet hat.
Aber ich sage auch offen: Viel hätte nicht hinzukommen dürfen an Irritationen, sonst hätte ich mir ernsthafte Sorgen um
die Koalition gemacht. Aber, wie gesagt, wir haben jetzt Tritt
gefasst, und es läuft gut an.
Aber wir sehen das nicht auf zwei der wichtigsten Felder der
Politik, bei der Energiepolitik und bei der Rente mit 63. Der
frühere Bundesminister Ramsauer sagt, die Koalition spiele
bei der Energiepolitik mit dem Feuer, weil hier völlig falsche
Weichenstellungen stattfänden. Und die Rente mit 63 wird von
der gesamten Fachwelt einmütig als unsinnig abgelehnt, nahezu
alle Forschungsinstitute und wissenschaftlichen Beiräte halten
die Rente mit 63 für einen Schritt in die falsche Richtung. Und
Sie wollen ihn weitergehen?
Die Rente nach 45 Beitragsjahren ist nicht meine Erfindung,
auch nicht die der CDU. Sie war eine Bedingung der SPD
für den Koalitionsvertrag. Wenn wir darauf nicht eingegangen wären, hätten wir diese Koalition nicht bekommen. Dann
wäre ein weitgehend handlungsunfähiges Bündnis aus SPD,
Grünen und Linkspartei nicht ganz fernliegend gewesen, in
dem es wahrscheinlich um die Rente mit 58 gehen würde. Ich
bin sehr froh, dass es nicht bei dem frühen Eintrittsalter von
63 bleibt, sondern dass das in den nächsten Jahren wieder auf
65 Jahre steigt, insgesamt ja auf 67 Jahre. Das konnten wir
durchsetzen.
CDU-Vize Strobl
in seinem Bundestagsbüro mit Blick auf den Reichstag
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11
POLITIK
„Ich
Ich setze auf die Findigkeit deutscher Ingenieure,
T
Techniker, Tüftler in meiner Heimat“
Wie viele Jahre Arbeitslosigkeit sollen denn nun eingerech­
net werden, um mit 63 Jahren in Rente gehen zu können?
hat einen so radikalen Schwenk vollzogen. Inzwischen
müssen viele über die rasch steigenden Strompreise …
Bayern will Horst Seehofer ganz persönlich verhindern – wo
sollen da vernünftige Lösungen herkommen?
Das kann nicht unbegrenzt gehen: Maximal fünf Jahre –
mehr geht nicht. Es darf auch keine neue Frühverrentungs­
welle geben, das lehne ich entschieden ab.
Ich glaube, eine sehr große Mehrheit der deutschen Be­
völkerung ist der Meinung, dass der Ausstieg so richtig ist.
Meine Überzeugung ist: Wir werden das auch packen. Ich
setzte dabei auf die Findigkeit deutscher Ingenieure, Tech­
niker, Tüftler – besonders in meiner Heimat.
Ich glaube an die Kraft der Argumente. Auch in den Ländern
wird erkannt werden, dass dieses Thema für den Föderalismus eine Bewährungsprobe ist. Wir können in Deutschland
nicht 16-mal die Energiewende machen. Nicht jedes Land
kann seine eigene Energiepolitik verfolgen. Die Windenergie
muss aus dem Norden in den Süden gebracht werden. Hier
können nicht die Länderinteressen dominieren, hier muss
sich der Föderalismus bewähren.
Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie
hat diese Koalition nicht unbedingt gefördert. „Wir setzen
die falschen Schwerpunkte“, sagt beispielsweise der frü­
here Bundesminister Ramsauer. Oder auch: „Wir spielen
mit dem Feuer.“
Zu Beginn der Koalition hatte ich eine Befürchtung: dass
die SPD gleichzeitig regieren und Opposition machen will.
Da muss sich die SPD entscheiden. Es geht nicht, über
die Länder das zu torpedieren, was man im Bund mit dem
Koalitionspartner ausgehandelt hat – wie es beispielsweise
die Regierung von Baden­Württemberg versucht hat. In der
Energiepolitik brauchen wir dringend eine neue Aufstellung
für Deutschland. Nicht irgendwann, sondern jetzt. Das
ist die erste Herausforderung, die wir auch zeitnah lösen
müssen. Vizekanzler Gabriel geht dieses Thema entschlos­
sen an, aber die Energiepreise werden weiter steigen. Das
können wir nur dämpfen. Und wir müssen dafür sorgen,
dass Industrie und Mittelstand auch künftig wettbewerbs­
fähig produzieren können. Deswegen muss es Ausnahmen
für entsprechende Betriebe geben.
Nach der panikartigen Aufgabe – Stichwort
Fukushima – der „alten“ Energiepolitik setzt
das Kabinett Merkel auf ein hoch komplizier­
tes Modell, dessen Folgen für die Umwelt, nach
übereinstimmender Ansicht aller namhaften
Experten, überaus bescheiden sind, das aber
die deutsche Wirtschaft und vor allem die Ver­
braucher hart trifft.
Diese „übereinstimmende Ansicht“ aus der Wis­
senschaft sehe ich nicht. Beispielsweise Claudia
Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr
und Umwelt am Deutschen Institut für Wirt­
schaftsforschung, sieht das nicht ganz so. Sie
gibt zur Energiepolitik immer wieder kluge Rat­
schläge und betont auch die Chancen, die sich
aus unserer Energiewende ergeben.
Wir unternehmen mit unserer Wende einen
energiepolitischen Alleingang, kein anderes Land
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Viele Betriebe erhalten großzügige Rabatte beim Strom­
preis, die Endverbraucher zahlen die Zeche …
Das ist schon wahr. Je mehr Unternehmen wir von der
Umlage befreien, desto höher wird der Strompreis für die
anderen. Dennoch bin ich der Auffassung, dass diese Aus­
nahmen für die Industrie zwingend sind. Ich bin glasklar
der Meinung: Deutschland muss ein Industrieland sein und
bleiben, und deshalb müssen wir diesen Betrieben beim
Strompreis entsprechend entgegenkommen. Wenn dieser
produzierende Sektor abwandert, dann haben wir Arbeits­
losigkeit in Deutschland. Und wenn uns diese Unternehmen
mit ihren Steuern und Beiträgen in die Sozialversicherungs­
systeme nicht erhalten bleiben, dann wird die Rechnung
unterm Strich für alle viel, viel teurer.
Woher haben Sie den Optimismus, dass diese Energie­
politik doch noch zum Erfolg führt? Die Subventionen für
die Windkraft werden nach unten gefahren, die Trassen in
Und Sie glauben, das klappt?
Der von mir sehr geschätzte Philosoph Karl Popper hat mal
gesagt: Optimismus ist Pflicht.
Lassen Sie uns zu einem anderen Thema kommen. Das
Bundesverfassungsgericht hat unlängst die Drei-ProzentKlausel bei der Wahl zum Europaparlament gekippt. Sie
haben laut darüber nachgedacht, die Fünf-Prozent-Klausel
des Bundestagswahlrechts im Grundgesetz zu verankern,
um zu verhindern, dass sie abgeschafft wird. Warum?
Der ehemalige Präsident der Bundesverfassungsgerichts,
Hans-Jürgen Papier, hat diesen Vorschlag gemacht, und ich
habe dafür Sympathie. Der Gedanke beschäftigt mich seit
Längerem. Die Fünf-Prozent-Klausel ist ein wesentlicher
Teil der Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik – übrigens
auch ein Teil der ökonomischen Erfolgsgeschichte.
Für die Wirtschaft sind in
der Politik vor allem auch
Planbarkeit, Berechenbarkeit und Verlässlichkeit bedeutsam. Das haben wir
in fast sieben Jahrzehnten
immer gehabt, egal, wer regiert hat. Das hatten wir, weil
der Bundestag immer stabil
und berechenbar gewesen
ist, ohne eine Zersplitterung
in eine Unzahl kleiner Parteien. Diese Zersplitterung
hätten wir beim Wegfall
der
Fünf-Prozent-Klausel
sofort. Dann ist die Große
Koalition die einzige Regierungsform, die überhaupt
noch funktioniert. Auf Dauer halte ich eine Große Koalition
aber aus demokratischen Überlegungen heraus für keine
gute Lösung. Die besten Leistungen in der Politik kommen
zustande, wenn man eine starke Regierung hat und gleichzeitig eine starke Opposition.
Die Fünf-Prozent-Klausel bewirkt, dass bei jeder Bundestagswahl sieben Millionen Stimmen untern Tisch fallen.
Das stört Sie nicht?
Das ist ein Abwägungsprozess, in diesem Fall mit dem Ziel,
dass das Parlament funktionieren kann. Auf der anderen
Seite steht die Nichtberücksichtigung von Stimmen. Das ist
auch der Preis des Mehrheitswahlrechts bei der Wahl der
Wahlkreisabgeordneten. Auch dort fallen im Zweifel 70 Prozent der Stimmen unter den Tisch.
Jetzt wollen wir zu Ihnen kommen …
... jetzt bin ich aber gespannt ...
… und Ihren Karriereaussichten. Sie beteiligen sich an
einer Neuauflage des schwarz-grünen Gesprächskreises
„Pizza Connection“. Bereitet man dort die Chancen einer
schwarz-grünen Koalition nach der Großen Koalition vor?
Zunächst will ich festhalten: Ich esse keine Pizza.
Dort gibt es auch gar keine!
Stimmt, beim letzten Mal gab es Nudeln, und die waren
sehr lecker.
Und warum gehen Sie dann zu den Grünen?
Warum sollten wir denn mit den Grünen nicht genauso sprechen, wie wir es beispielsweise mit den Sozialdemokraten
tun? Warum sollten wir als Union uns künftige Optionen
zum Regieren von vornherein verbauen? Damit haben wir in
Baden-Württemberg keine guten Erfahrungen gemacht. Es
geht mir aber nicht nur um die strategischen Optionen für
die Union: Es ist für mich eine inhaltliche Überzeugung, dass
die Grünen für uns ein genauso interessanter Gesprächspartner sind wie die SPD. Ich glaube beispielsweise nicht,
dass wir in einer Koalition mit den Grünen dieselben Zugeständnisse in der Rentenpolitik hätten machen müssen wie
mit den Sozialdemokraten.
2011 waren Sie persönlich noch strikt dagegen, mit den
Grünen über eine Koalition zu sprechen.
Die Situation am Abend der Landtagswahl 2011 war so,
13
hgschmitz.de
POLITIK
„Angela Merkel kann sich auf uns verlassen “
In Hessen übt die CDU ja
gerade den Umgang mit den Grünen.
Es freut mich, dass Ministerpräsident Volker Bouffier in
einem Bündnis mit den Grünen regiert. Es nötigt mir gro­
ßen Respekt ab, wie er das in Hessen gemacht hat. Volker
Bouffier traue ich zu, dass er die schwarz­grüne Koalition in
Hessen zu einem Erfolgsmodell macht. Und das wird über
die Grenzen Hessens hinaus Wirkung entwickeln.
Rechnen Sie denn nicht mehr mit einer parlamentarischen
Rückkehr der FDP in den Bundestag?
Die Frage kann ich Ihnen derzeit nicht beantworten. Aber
an dem Spruch „Totgesagte leben länger“ ist schon etwas
dran. Die FDP hat jedenfalls eine Chance, dass es wieder
klappt. Und ich will auch ganz offen sagen, dass ich das dem
FDP­Bundesvorsitzenden Lindner durchaus zutraue. Er ist
ein kluger Kollege, der strategisch denkt. Ja, ich traue es
Herrn Lindner zu, die FDP wieder aufzurichten.
Und wie sehen Sie die FDP in Baden-Württemberg?
Baden­Württemberg ist ein Stammland für die Liberalen
mit einer weit zurückreichenden Tradition. Wir hatten ein­
mal einen FDP­Ministerpräsidenten, nicht nur einen grünen
wie heute. Auch in Baden­Württemberg hat sich die FDP
neu aufgestellt. Der FDP­Kollege Michael Theurer und der
Fraktionsvorsitzende Hans­Ulrich Rülke haben die Chance,
dass sich die Südwest­FDP wieder berappelt.
Sie wollen doch die CDU in den nächsten Wahlkampf im
Jahr 2016 führen?
Ich bin der Parteivorsitzende, und damit habe ich vermut­
lich schon etwas mit dem Wahlkampf zu tun.
Die SPD im Ländle findet doch
gar nicht statt.
Der grüne Ministerpräsidente Winfried Kretschmann
hat sehr gute persönliche Umfragewerte.
Das stimmt. Sie sind fast so
gut, wie sie es in Niedersach­
sen für den Ministerpräsi­
denten McAllister waren,
bevor er leider abgewählt
wurde. Sehen wir es mal so:
Der Trainer ist ganz nett, aber die Regierungsmannschaft
spielt so, dass unser Land absteigt und dass Baden­Würt­
temberg von der Substanz lebt. Das ist nicht die Vision,
die ich für eine der wirtschaftsstärksten Regionen in ganz
Europa habe. Ich möchte nicht, dass Baden­Württemberg
nur Durchschnitt ist. Ich möchte nicht, dass man, wie
SPD und Grüne es nach drei Jahren tun, sagt: Wir sind ja
nicht auf dem letzten Platz, Nordrhein­Westfalen ist noch
schlechter als wir. Der deutsche Südwesten gehört auf
Platz eins. Wir sind für die Spitze gemacht.
Aber wenn Sie die Spitzenkandidatur übertragen bekommen, wird der Skandal Mappus wie ein Damoklesschwert über
Ihnen hängen. Sie waren lange Zeit sein Generalsekretär.
Ich kann nachvollziehen, dass SPD und Grüne dieses The­
ma in einer gewissen Einfallslosigkeit wie einen Kaugummi
bis 2016 ziehen wollen. Aber das wird keinen großen Erfolg
haben. Stefan Mappus wird bei der nächsten Landtagswahl
nicht der Kandidat der CDU in Baden­Württemberg sein,
sondern es wird eine andere Person zur Wahl stehen. Die
CDU Baden­Württemberg ist 2016 eine andere Partei, als
sie es im Jahr 2011 war.
Die CDU hat bei der Bundestagswahl mit 45,7 Prozent ja
gut abgeschnitten.
Richtig, und wir waren damit dort, wo wir hingehören,
nämlich an der Spitze. Kein anderer CDU­Landesverband
hat so gut abgeschnitten. Und niemand sollte unsere
Geschlossenheit und unseren Kampfeswillen unterschät­
zen. Das Ergebnis bei der Bundestagswahl zeigt: Die
Südwest­CDU ist wieder da, und Angela Merkel kann sich
voll auf uns verlassen.
Weshalb vermeiden Sie alle Bemerkungen über die SPD
in Baden-Württemberg?
DAS GESPRÄCH FÜHRTEN HANS PETER SCHÜTZ
UND WERNER FUNK | FOTOS: STEFFEN ROTH
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Foto: Patrick Seeger/dpa Picture­Alliance
dass eine Koalition von CDU
und Grünen keine ernsthafte
Option gewesen ist. SPD und
Grüne hatten im Wahlkampf
ein gemeinsames Ziel, die CDU
abzulösen, sie hatten sogar ge­
meinsame Wahlkampfveran­
staltungen. Es war klar: Haben
Grüne und SPD eine Mehrheit,
regieren sie miteinander.
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gehört die
Einsamkeit
des Übens
dazu, die
Konzentration“
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Fotos: Marco Borggreve, Dieter Blum, culture-images/Lebrecht Music & Arts/S.Lauterwasser, Peter Miller/Deutsche Grammophon
T E X T: E M A N U E L E C K A R DT
T
okio im Zwielicht. Im
„Hotel Okura“ gehen
die Lichter an. Ich erin­
nere mich so genau an
diesen unfassbar glück­
lichen Moment im Oktober 1981, weil
wir allein in meinem Hotelzimmer
waren: die 18­jährige Geigerin Anne­
Sophie Mutter und ich. Sie stand am
Fenster, spielte sich warm auf ihrer
Stradivari, die zu den fünf besten Gei­
gen der Welt zählen soll, spielte Läufe,
Figuren, Fugen, die in eine Solopartita
von Johann Sebastian Bach münden,
einfach so. Die Konzentration ver­
änderte ihr Gesicht, das nicht mehr
mädchenhaft aussah, sondern die Mu­
sik abzubilden schien, wie abwesend
in einer anderen Welt, in der die fili­
grane Architektur der Töne das Hotel­
zimmer in einen Saal, in ein Kirchenschiff und dann in einen
Himmel voller funkelnder Sterne verwandelte. Meine Posi­
tion war von Andacht nicht weit entfernt. Ich kauerte ihr zu
Füßen, hinter dem halb offenen Vor­
hang, unsichtbar von dem Hochhaus
auf der anderen Straßenseite. Dort
hatte der Fotograf Dieter Blum seine
Kamera aufgestellt, um die Hotel­
fassade in der Abenddämmerung zu
fotografieren, hinter deren erleuchte­
ten Fenstern sich die Berliner Philhar­
moniker übend auf den Konzertabend
vorbereiteten. Und in meinem Zim­
mer übte – nur fürs Foto – die Solistin.
Das Orchester war mit Herbert
von Karajan auf Japan­Tournee.
Anne­Sophie Mutter, die er schon
als 13­Jährige unter seine Fittiche ge­
nommen hatte, reiste mit, um Beet­
hovens Violinkonzert zu spielen. Ein
Wunderkind wollte sie nie sein. Aber
natürlich schmeichelte es ihr, dass der
Maestro in ihr „ein Wunder“ sah.
Als Anne­Sophie Mutter wie ein Komet in die interna­
tionale Laufbahn schoss, war virtuoses Geigenspiel von
Männern geprägt, allen voran Yehudi Menuhin, Jahrgang
1916, der einst, am 12. April 1929, als Zwölfjähriger in
kurzen Hosen drei große Violinkonzerte von Bach, Beet­
hoven und Brahms hintereinander gespielt hatte. Am Pult
„Jetzt sind die
jungen Frauen
dran“
Vor dem Spiel Tanja Becker-Bender (linke Seite)
und Hilary Hahn (oben). Für Herbert von Karajan
war Anne-Sophie Mutter „ein Wunder“. 1981 übt
die 18-Jährige im Hotel mit den Berliner Philharmonikern (zweite Fensterreihe von unten, Mitte)
19
MUSIK
Geigen-Gipfel Lisa Batiashvili, Alina Pogostkina und
Baiba Skride (von links) nach gemeinsamem Spiel in
Baden-Baden. Janine Jansen eröffnet die Londoner
Proms (rechts). Julia Fischer mit Stradivari (unten)
geborene Violinistin Viviane Hagner, „da haben Eltern und
Lehrer sehr viel Verantwortung.“ Wer mutet seinen Kindern
zu, zehn Jahre lang an die 10.000 Stunden einem Instrument
zu widmen, bei dem sich Erfolgserlebnisse erst nach und
nach einstellen. Irgendwann kommt die Lust am Musizieren, entwickeln sie Neugier und Ehrgeiz und machen wie
Hagner nebenher noch ein Abitur mit dem Notendurchschnitt 1,0. „Natürlich gehört die Einsamkeit des Übens
dazu, die Konzentration“, weiß die Hamburger Geigenprofessorin Tanja Becker-Bender, „ich habe immer gern geübt.“
n Musikerfamilien haben Kinder oft keine Wahl. Der Geiger Tamas Batiashvili konnte es kaum abwarten, das Genie
seines Kindes zu entdecken. Die kleine Lisa war gerade mal
zwei Jahre alt, als er ihr eine Violine in die Patschhändchen
legte. Mit vier stand Lisa Batiashvili zum ersten Mal auf der
Bühne, der Vater unterrichtete sie bis zum elften Lebensjahr.
Mit zwölf übersiedelte die Familie nach Deutschland, damit
Lisa an der Hamburger Musikhochschule studieren konnte.
Heute zählt sie zu den gefragtesten Solistinnen, sammelt Preise
und Ehrentitel wie „Teufelsweib“ („Die Welt“). Die Nippon
Music Foundation hat ihr die Stradivari „ex Joachim“ als
Leihgabe anvertraut. Mit diesem Instrument soll der legendäre Geiger Joseph Joachim einst das Violinkonzert gespielt
haben, das sein Freund Johannes Brahms für ihn komponiert hatte. Als Lisa dieses Konzert einstudierte, hatte sie das
der Berliner Philharmoniker stand Bruno Walter, und im
Publikum saß Albert Einstein. „Jetzt weiß ich, dass es einen
Gott gibt“, soll er ausgerufen haben.
Die großen Virtuosen blieben unter sich. Zu ihnen zählten der Russe Dawid Oistrach (Jahrgang 1908) und sein
Sohn Igor (1931), der Ukrainer Isaac Stern (1920) und der
Lette Gidon Kremer (1947), laut Herbert von Karajan „der
beste Geiger, den wir haben“. In der Generation von AnneSophie Mutter sind Frank Peter Zimmermann (1965) und
Christian Tetzlaff (1966) als gefeierte Interpreten unterwegs,
aber natürlich niemals schulterfrei und ohne jeden inszenierten Glamour.
eute hat eine ganze Generation begnadeter und bemerkenswert attraktiver Solistinnen die Podien erobert,
meist Frauen um 30, Weltreisende im Höhenflug, mit wertvollen Instrumenten im Handgepäck, die ihnen millionenschwere Stiftungen anvertraut haben. Ihre Namen sind
regelmäßig auf den Plakaten zu lesen: Carolin Widmann,
Viviane Hagner, Tanja Becker-Bender und Julia Fischer,
zugleich Professorinnen in Leipzig, Berlin, Hamburg und
München, Isabelle Faust, Sarah Chang, Baiba Skride, Alina Pogostkina, Lisa Batiashvili, Janine Jansen und Hilary
Hahn.
H
20
Warum erobern junge Frauen die großen Konzertsäle?
„Das ist einfach nur eine Welle“, glaubt Hilary Hahn. „Es
gab eine Phase, in der die Männer sehr präsent waren. Jetzt
ist es eben umgekehrt. Jetzt sind die jungen Frauen dran.“
Alle haben sie klein angefangen, die meisten mit vier, fünf
oder sechs Jahren. Die japanische Geigerin Midori, 42, im
zweiten Bildungsweg auch Master of Arts in Psychologie,
erzählt in ihrer Autobiografie von ihrem Leidensweg als
dressiertes Wunderkind. Sie litt an Magersucht, Selbsthass
und Depressionen. Die künstlerische Laufbahn der Russin
Alina Pogostkina, Jahrgang 1983, begann buchstäblich auf
der Straße. Die Eltern, beide Musiker, waren 1992 mit einem
Touristenvisum aus Russland ausgereist, weil sie sich von
einem Leben im Westen eine bessere Zukunft erhofften.
Anfangs haben sie sich in Heidelberg als Straßenmusiker
durchgeschlagen. Sie traten als Geigentrio auf, die achtjährige Alina in der Mitte. „Für meine Eltern war es eine
schwere Zeit, aber ich habe es wie ein Spiel gesehen“, erzählt sie in einem Interview mit dem Berenberg Magazin
(N° 11/2011).
„Die technischen Grundlagen fürs Instrumentalspiel
müssen in einem Alter gelegt werden, in denen ein Kind
noch nicht selbst einschätzen kann, ob sein Talent für eine
professionelle Musikerlaufbahn ausreicht“, sagt die 1976
Fotos: Michael Latz/ddp images, culture-images/Lebrecht Music & Arts, Uwe Arens/Decca
I
„Mich hat niemand
dressiert“
Suche nach neuen
Erfahrungen
Gefühl, „dass die Musik zum Instrument passt. Die Geige ist
sehr klar, hat keinen bombastischen Klang, ist eher zierlich,
von warmem, durchdringendem Ton, aber nicht zu voluminös. Eine eher weibliche Geige für ein männliches Werk.“
K
ann man junge Geigerinnen, die sich mindestens ein
Vierteljahrhundert mit ihrem Instrument und der hohen
Kunst des Violinspiels beschäftigt haben, überhaupt noch
frühreif nennen? Die Anforderungen an die Künstlerinnen
sind entsprechend hoch, das Selbstbewusstsein auch. „Mich
hat niemand dressiert“, betont Julia Fischer, Jahrgang 1983,
„ich habe schon mit drei Jahren verkündet, dass ich Musikerin werden will.“ Mit vier Jahren nahm sie ihre Puppe aus
dem Puppenbett und legte die Geige hinein. Das Instrument
wird ihr Lieblingsspielzeug. Außerdem bekommt sie von
ihrer Mutter, der Pianistin Viera Fischer, Klavierstunden.
Mit acht Jahren konzertiert Julia mit Orchesterbegleitung,
mit neun studiert sie an der Musikhochschule München bei
der legendären Ana Chumanenco, spielt aber auch weiter
Klavier. An ihrem zwölften Geburtstag hat sie bereits zehn
Beethoven-Klaviersonaten im Repertoire und als Pianistin
drei Preise bei „Jugend musiziert“ entgegengenommen.
21
MUSIK
Mit 19 macht sie Abitur und debütiert als Geigerin in der
New Yorker Carnegie Hall. Es gibt kaum ein bedeutendes
Orchester, kaum einen Dirigenten von Rang, mit dem sie
nicht aufgetreten wäre. Sie spielte beim G8-Gipfel in Heiligendamm, ihre Aufnahme mit Bachs Violinkonzerten ist
das meistverkaufte Klassik-Debüt bei iTunes, und die Kritiken jubeln in höchsten Tönen. Harald Eggebrecht, Autor
des Standardwerks „Große Geiger“, lobt ihre „entwaffnende Überzeugungskraft, den kraftvollen wie biegsamen Ton,
die rhythmisch elektrisierende Pointierung und eine solche
Klarheit des Blicks über das musikalische Geschehen, dass
es zuerst Staunen, dann Rührung, schließlich helle Begeisterung auslöst“.
rstaunlich genug: Allen Unkenrufen zum Trotz ist klassische Musik keine Randerscheinung und Enthusiasmus
fürs schöne Geigenspiel kein Nischenthema. Die niederländische Geigerin Janine Jansen zum Beispiel, die bewusst
jeden Starkult vermeidet, ist mit 1,5 Millionen Nennungen
bei Google eine Person öffentlichen Interesses. Sie wurde
in eine Musikerfamilie geboren: Der Großvater leitete einen
Kirchenchor, die Mutter sang, der Vater und ein Bruder
spielten Cembalo, ein anderer Bruder Cello. Sie stand mit
zehn Jahren zum ersten Mal vor Publikum auf der Bühne,
studierte am Conservatorium Utrecht und begann, die Entwicklungslinien virtuosen Violinspiels zurückzuverfolgen,
indem sie bei praktizierenden Zeitzeugen vorstellig wurde.
Sie belegte Meisterkurse bei bedeutenden Musikern wie dem
Pianisten Menahem Pressler (*1923), Gründer des Beaux
Arts Trios, den Geigern Isaac Stern (1920–2001) und Josef
E
22
High Fidelity – Hörerlebnisse auf CD
Zusammenspiel
Viviane Hagner mit dem
Dirigenten Pablo González
Gingold (1909–1995) sowie dem Cellisten Mstislaw Rostropowitsch (1927–2007), Treuhänder eines Klangs, den sie
über die Jahrhunderte weiterreichen, damit er immer wieder
neu zum Leben erweckt wird. Bei Geigerinnen wie Janine
ist das Erbe in guten Händen, sie kultiviert es, mischt es
auf und sucht darin nach neuen Erfahrungen. Abseits vom
Pflichtprogramm des Konzertbetriebs stellte sie mit musizierenden Freunden ein Kammermusikensemble in der Stärke einer Fußballmannschaft zusammen, um sich Bachs frühen Violinwerken zu widmen. Viel mehr Musiker standen
dem jungen Bach zu seiner Zeit auch nicht zur Verfügung.
Wie aus einer anderen Zeit zugewandert erscheint auch
die 1979 geborene Amerikanerin Hilary Hahn. Auf manchen Bildern wirkt sie, als sei sie einem Renaissance-Gemälde entstiegen. Ihre Familie lebt in Baltimore, die Vorfahren
kamen aus Bad Dürkheim; sie ist die Einzige in ihrer Familie,
die perfekt Deutsch spricht. Mit drei hat sie angefangen, mit
sechs ihren ersten öffentlichen Auftritt, mit zehn ging sie ans
renommierte Curtis Institute in Philadelphia und hatte das
Glück, dem 83-jährigen Jascha Brodsky zu begegnen – eine
lebende Legende. Brodsky hatte in den 1920er-Jahren noch
bei Eugène Ysaÿe (1858–1931) studiert, dem Großmeister
der französisch-belgischen Schule eleganten Streicherstils,
die den langen Bogenstrich kultiviert. „Ich fühle, dass dieses
Erbe wichtig für mich ist“, sagte sie in einem Interview. „Ich
identifiziere mich in gewisser Weise mit dieser Epoche.“
Brodsky starb 1997. Sein Schützling Hilary Hahn wurde
zum Weltstar und gab mehr als 800 Konzerte in 27 Ländern.
Sie hat mit 150 Dirigenten zusammengearbeitet, so ziemlich
jeden Meisterschaftstitel ihrer Liga gewonnen und doch nie
die Bodenhaftung verloren. „Hilary Hahn ist keine Exzentrikerin auf der Geige“, schrieb Claus Spahn in der „Zeit“,
„sie versteht sich wie kaum eine andere auf die Kunst der
unspektakulären Nuance. Ihr Spiel ist kontrolliert und
empfindsam gleichermaßen, dezent und trotzdem einleuchtend klar im Ausdruck.“ Eine Ausnahmeerscheinung, ohne
Zweifel.
Und Anne-Sophie Mutter? Sie hat die 50 überschritten,
aber ihr Stern leuchtet unverändert am Geigenhimmel. Einmal noch bin ich ihr so nah gewesen wie damals im „Hotel
Okura“ in Tokio. Sie gab Autogramme nach einem Konzert
in der Carnegie Hall. Ich hatte mich eingereiht in die Warteschlange. Sie hat gelächelt, bezaubernd, wie es ihre Art ist.
Erkannt hat sie mich nicht, aber virtuos signiert.
Foto: Tim Koelln
„Eltern und Lehrer haben sehr
viel Verantwortung“
Julia Fischer
Selten schöne Kombination
romantischer Bravour­
stücke: Die großen Violin­
konzerte von Max Bruch und
Antonin Dvorák, eingespielt
mit dem Tonhalle Orchester
Zürich unter David Zinman
Isabelle Faust
Schon jetzt eine Rarität: Das
Violinkonzert von Beethoven
op. 61, und das Violinkon­
zert von Alban Berg „Dem
Andenken eines Engels“ mit
dem Orchestra Mozart unter
Claudio Abbado
Alina Pogostkina
Sphärenmusik zum Verlieben
Vox Amoris – Werke für Geige
und Streichorchester des
lettischen Komponisten
Peteris Vasks, eingespielt
von der Sinfonietta Riga unter
Juha Kangas
Hilary Hahn
Die Aufnahme ist schon
15 Jahre alt, hat aber Stan­
dards gesetzt: Hilary Hahn
mit Beethoven und Bern­
stein, eingespielt vom Balti­
more Symphony Orchestra
unter David Zinman
Anne Sophie Mutter
Best of ASM mit Werken von
Vivaldi, J. S. Bach, Mozart,
Beethoven, Brahms, Bruch,
Mendelssohn, Tschaikowsky,
Sibelius, Debussy, Massenet,
Sarasate, Gershwin und
Previn, 2 CDs
Baiba Skride
Lyrisch und delikat: Violin­
konzerte und Rondos für
Violine und Orchester von
Mozart, Michael Haydn und
Schubert mit dem Kam­
merorchester C. Ph. E. Bach
unter Hartmut Haenchen
Janine Jansen
Erfrischend intensiv.
Die Violinkonzerte des
jungen Johann Sebastian
Bach aus Köthener Zeit.
Janine Jansen hat sie mit elf
guten Freunden eingespielt.
Perfekte Teamleistung
Tanja Becker Bender
Einsame Spitze. Die 24
Capricen Op.1 von Niccolo
Paganini, Das Soloalbum der
jungen Hamburger Profes­
sorin setzt Maßstäbe in der
Klasse mit den höchsten
Schwierigkeitsgraden
23
W O H LT Ä T I G K E I T
2 42 4
Foto: David di Lorenzo/MSF
Ärzte
Ärzte ohne
ohne Grenzen
Grenzen
Die erfolgreichste private Hilfsorganisation der Welt
sammelt mehr als 600 Millionen Euro Spenden und sendet
Ärzte, Pfleger und Logistiker in die Krisenregionen der Erde
2 52 5
R UOBHRL ITKÄ T I G K E I T
W
50
35
7
37
36
34
38
39
49
fett: von der deutschen Sektion 2012 mitfinanzierte Projekte)
51
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17
Ärzte ohne Grenzen – Länder und Projekte
(in Klammern: Jahr der ersten Hilfeleistung;
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62
Ihr Operationsgebiet
ist die Welt. Die Médecins
Foto: P.K.Lee/MSF
Sans Frontières (Ärzte ohne
Grenzen) sind in mehr als
60 Ländern aktiv. Ein MSFTeam nimmt im Dera Murad
Jamali Civil Hospital in der
pakistanischen Provinz
Belutschistan einen Kaiserschnitt vor.
Vorangegangene
Doppelseite: Junge Mütter
vor dem National Hospital
von Zinder (Niger). Der
Innenhof ist wegen großer
Hitze zugleich Behandlungszimmer
26
28 27
5
30
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6
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32
„ Humanitäre Hilfe ist mehr als pure Großzügigkeitt
Unser Handeln verstehen wir auch als einen Akt derr
James Orbinski, internationaler Präsident von MSF, zur Verleihung des Friedensnobelpreises 1999
ooder Nächstenliebe.
E
Entrüstung“
1
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Mexiko (1985)
Honduras (1974)
Haiti (1991)
Kolumbien (1985)
Bolivien (1986)
Paraguay (2010)
Italien (1999)
Guinea (1984)
Sierra Leone (1986)
Elfenbeinküste (1990)
Burkina Faso (1995)
Niger (1985)
Nigeria (1971)
Kamerun (1984)
Mauretanien (1994)
Mali (1992)
Libyen (2011)
Ägypten (2010)
Tschad (1981)
Zentralafrikanische Republik (1996)
Sudan (1979)
Südsudan (1983)
Republik Kongo (1997)
Demokratische Republik Kongo (1981)
Uganda (1986)
Burundi (1992)
Mosambik (1984)
Malawi (1986)
Madagaskar (1987)
Simbabwe (2000)
Swasiland (2007)
Lesotho (2006)
Südafrika (1999)
Bulgarien
Ukraine (1999)
Armenien (1988)
Georgien (1993)
Griechenland (1991)
Türkei (1999)
Iran (1990)
Syrien (2009)
Libanon (1976)
Irak (2003)
Palästinensische Gebiete (1989)
Jordanien (2006)
Jemen (1994)
Äthiopien (1984)
Kenia (1987)
Usbekistan (1997)
Russische Föderation (1992)
Kirgistan (2005)
Tadschikistan (1997)
Afghanistan (1981)
Pakistan (1986)
Indien (1999)
Bangladesch (1985)
Myanmar (1992)
China (1986)
Laos
Kambodscha (1979)
Philippinen (1987)
Papua-Neuguinea (1992)
27
W O H LT Ä T I G K E I T
Babyboom im MSF-Hospital von Bangui (Zentralafrikanische Republik). Schulung für ein Chirurgenteam in Jordanien. Im
Logistikzentrum von MSF bei Brüssel lagern medizinisches Equipment und Medikamente abrufbereit für den Soforteinsatz
28
Einsatz in Haiti. Ärzte und Schwestern im St. Joseph’s Hospital von Port-au-Prince. Fast die Hälfte der Patienten ist Opfer
von Gewalt, Frauen, Kinder inklusive. Zum Alltag der Helfer gehört unwegsames Gelände (Foto unten rechts)
29
W O H LT Ä T I G K E I T
Ärzte ohne Grenzen (Deutschland)
Einnahmen 2012 in %
Private Spenden
Gesamt 71,0 Mio. Euro
Ärzte ohne Grenzen (Deutschland)
Ausgaben 2012 in %
Gesamt 69,0 Mio. Euro
77,8
Projekte
83
T E X T: E M A N U E L E C K A R DT
D
30
5,2
11,1
3,4
Sonstige Erträge
Öffentliche
Fördermittel
Bußgelder,
Erbschaften,
Mitgliedsbeiträge
Spendenverwaltung
und -werbung
Gegründet wurde Médecins Sans Frontières (MSF) 1971
infolge des Biafra-Krieges, als die Bilder hungernder Kinder
die Welt erschütterten. Unter ihrer Leitfigur, dem französischen Arzt Bernard Kouchner, wuchs die Hilfsorganisation
rasch mit ihren Aufgaben. Ärzte ohne Grenzen halfen nach
dem Erdbeben von Managua 1972, richteten in Thailand das
erste Flüchtlingslager ein, als Millionen Kambodschaner vor
den Roten Khmer ins Nachbarland flohen, versorgten Verletzte im Bürgerkrieg im Libanon.
Im Streit um die Frage, ob es richtig sei, boat people vor
der vietnamesischen Küste medienwirksam von einem Schiff
aus medizinisch zu versorgen, kam es 1979 zur Spaltung der
MSF. Die Mehrheit sprach sich dagegen aus, um nicht noch
mehr Menschen zur gefährlichen Flucht über das Meer zu
verleiten. Kouchner, der sich vehement für das Lazarettschiff
eingesetzt hatte, verließ MSF und gründete eine eigene Organisation: Médecins du Monde („Ärzte der Welt“).
Ein Thema, mit dem die Ärzte sehr vorsichtig umgehen,
ist die témoignage, die „Zeugenschaft“. Nur zu oft registrieren die Ärzte Folgen von Verbrechen und sträflich unterlassener Hilfeleistung. Wenn sie davon erfahren, stößt ärztliche
Schweigepflicht an ihre Grenzen. Heute ist „Zeugenschaft“
Teil der Satzung von MSF.
er Mut der Ärzte ist bewundernswert. In Afghanistan
versorgen sie verwundete Kämpfer der Mudschaheddin,
nachdem die Sowjetarmee dort 1979 einmarschiert war, in
Äthiopien organisieren sie groß angelegte Ernährungsprogramme gegen die Hungersnot. Als sie den Missbrauch internationaler Hilfssendungen durch das Mengistu-Regime
anprangern, werden sie des Landes verwiesen. Erst als die
Geberländer drohen, Hilfsgelder zu sperren, lenkt der
Diktator ein.
1999 werden die Ärzte ohne Grenzen mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet, „in Anerkennung der bahnbrechenden humanitären Arbeit dieser Organisation auf
mehreren Kontinenten.“ In seiner Dankesrede sagt James
Orbinski, damals internationaler Präsident von MSF: „Un-
11,1
2,5
Allgemeine Verwaltung
Allgemeine Öffentlichkeitsarbeit
D
Fotos S. 28-29: Siegfried Modola/reuters, Eduard Munoz/reuters, Ton Koene/dpa ,Picture-Alliance, Mauro Bottaro/Anzenberger Agency,MSF, Diego Martin Ureta Moran/MSF
Tankred Stöbe
5,9
Foto: Rainer Jensen/dpa Picture-Alliance
as Bild wird er nie vergessen. „Ich stand auf
einer Anhöhe im Niemandsland im Norden
des Irak und sah weit in die Ebene, eine große
Leere. Und darin, wie ein schmales Band, ein
Zug von Menschen. Er schien endlos zu sein.
Menschen auf der Flucht, Familien mit Kindern und dem
Besitz, den sie tragen konnten, auf dem Weg zur Grenze.
Es war ein archaisches Bild, beklemmend.“ Tankred Stöbe,
Doktor der Medizin, erzählt, wie die Flüchtlinge später vor
ihm standen. „In unserem Zelt bekamen sie seit langer Zeit
zum ersten Mal medizinische Versorgung. Die meisten hatten Furchtbares erlebt. Ich fragte eine Familie aus Aleppo,
junge Eltern mit Kindern zwischen ein und fünf Jahren, wie
oft sie in den letzten Wochen umgezogen seien. Die Frau
sagte: sechsmal. Beim letzten Mal waren sie fünf Tage lang
gefangen. Da gab es für sie nur noch die Flucht.“
Tankred Stöbe, 45, hat viele solcher Gespräche geführt.
Derzeit arbeitet er als Notarzt an einer Berliner Klinik.
Seinen Urlaub verbringt er am Köllnischen Park in BerlinMitte, in den Büros der deutschen Sektion von Ärzte ohne
Grenzen. Seit 2007 ist er deren Präsident. Unruhig tigert er
durch den langen Flur. Hinter den Glastüren arbeiten Teams
an Einsatzplänen, an den Wänden hängen Landkarten und
Flipcharts. „Was wir hier mitkriegen, ist unscharf, die Realität ist immer anders. Was wirklich los ist, erfahren wir nur,
wenn wir draußen sind. Was nützt es zu wissen, dass im
Nordirak ein Camp für 1000 Flüchtlinge eingerichtet wurde? Jetzt leben im Camp Domiz 60.000 Menschen in Zelten!
Im Sommer ist es viel zu heiß, im Winter viel zu kalt. Und
wie sieht es im Libanon aus, wo es überhaupt keine Lager
gibt, aber so viele Flüchtlinge wie noch nie: 40 Prozent der
Bevölkerung sind Flüchtlinge! Es ist erschütternd.“
Témoignage
sere medizinische Hilfe für Menschen in Not ist ein Versuch,
sie gegen die Aggression, der sie ausgesetzt sind, zu verteidigen. Humanitäre Hilfe ist mehr als pure Großzügigkeit oder
Nächstenliebe. Unser Handeln und unser Reden verstehen
wir als einen Akt der Entrüstung, der Weigerung, Angriffe
auf die Würde anderer zu akzeptieren.“
Das Preisgeld investierte die Organisation in eine Kampagne für den Zugang zu Arzneimitteln, die dort, wo sie am
dringendsten gebraucht werden, unerschwinglich sind. Es
gelang, den Patentschutz auf antiretrovirale Medikamente
zur Behandlung von Aids aufzuheben und den legalen Verkauf erschwinglicher Generika in Afrika zu ermöglichen.
MSF setzte durch, dass nicht nur Ärzte, sondern auch Krankenschwestern und Hebammen diese Medikamente ausgeben dürfen – mit Erfolg: Die Patienten leben länger, können
arbeiten und ihre Kinder aufziehen. In manchen Ländern
Afrikas gibt es schon Distrikte, in denen nahezu alle HIVPatienten Zugang zu lebensrettenden Medikamenten haben.
Dass die armen Länder der Welt von Krankheiten heimgesucht werden, die in reichen Ländern mit gut funktionierendem Gesundheitssystem kaum noch auftreten, führt zu
Versorgungsengpässen in der Verteilung. Medikamente gegen Chagas, Cholera und Ebola, Meningitis und Leishmaniose, Tuberkulose und Malaria sind entweder teuer oder
wegen geringer Nachfrage in den Industrieländern oft gar
nicht mehr im Handel. Und nicht alles, was teuer verkauft
Einnahmen-Entwicklung 2006–2012
Mio. Euro
90
80
70
Spenden für
medienwirksame
Katastrophen
60
50
Private Spenden
und Zuwendungen
40
30
Öffentliche
Fördermittel
20
10
Sonstige Erträge
0
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
wird, ist noch auf der Höhe der Zeit. MSF wies in mehreren
klinischen Studien nach, dass gebräuchliche Malariamittel
kaum noch Wirkung zeigen, und sorgte dafür, dass heute in
vielen afrikanischen Ländern die wirksameren ArtemisininKombinationstherapien nationaler Standard sind.
Ärzte ohne Grenzen sind Partisanen der Heilkunst. Sie
kämpfen gegen blutsaugende Raubwanzen, Anopheles-Mücken und Tsetse-Fliegen. Ihr größtes Einsatzgebiet ist Afrika. Der Kontinent braucht ärztliche Hilfe: Impfkampagnen
gegen Meningitis, Tetanus und Gelbfieber, gegen Krankheiten wie Diphtherie, Masern, Kinderlähmung und Cholera in
Zonen des Hungers oder überfüllten Flüchtlingslagern. Hier
hilft nur schnelles Handeln auf breiter Front. „2009 haben
wir acht Millionen Menschen im Niger gegen Meningitis geimpft“, berichtet Myriam Henkens, Koordinatorin der Medizinischen Weiterentwicklung der MSF.
Zur Therapie gehört oft mühsame Überzeugungsarbeit.
In Swasiland glauben die Menschen, dass Tuberkulose durch
den Wind verbreitet wird. Heiler entscheiden, wie verhexte
Patienten zu behandeln sind. „Wenn es gelingt, die Heiler
einzubinden, haben wir eine Chance“, berichtet die Ethnologin und MSF-Mitarbeiterin Doris Burtscher. „Wenn sie
den Erfolg einer Impfung auch als den ihrer Heilkunst ansehen und die Dorfgemeinschaft ihnen dafür dankt, soll es uns
recht sein. Heiler sind oft die Einzigen, die sich um Kranke
kümmern.“
ie Teams von MSF gehen weite Wege, meist sind es zwei
bis vier Ärzte oder Krankenpfleger und ein Logistiker,
die mit Jeeps, Booten oder Eseln in Regionen vorstoßen, in
die sich nie ein Tourist verirrt, um dort mobile Kliniken zu
errichten. Oft sind es aber auch durchaus entwickelte Länder, in denen ihre Hilfe gebraucht wird.
Die Notärzte der Welt kommen ohne Blaulicht. „Manchmal reisen wir als Touristen ein, in seltenen Fällen überschreiten wir auch illegal eine Grenze“, berichtet Tankred Stöbe.
„Aber wenn wir angekommen sind, machen wir – soweit es
die Sicherheitslage zulässt – sichtbar, was wir tun. Wir haben
illegal in der Türkei gearbeitet und wurden geduldet. Wir
unterhalten Kliniken häufig ohne staatlichen Schutz. Auch
die Regierung im Sudan hat uns keine Erlaubnis erteilt, dort
zu arbeiten, aber sie weiß genau, was wir tun.“
Sie errichten Fachkliniken, stellen Ausrüstung und Medikamente und schulen die lokalen Kräfte. Sie sorgen für
D
31
W O H LT Ä T I G K E I T
Trinkwasser und Trockenmilch, bauen Brunnen und Klär­
anlagen und verbessern den Hygienestandard. Sie sammeln
Informationen über Epidemien und Hungersnöte, aber auch
über Migrantenströme und Massaker.
Beim Völkermord in Ruanda, dem die internationale
Gemeinschaft vor laufenden Kameras tatenlos zusah, muss­
ten die Ärzte ohne Grenzen unter dem Schirm des Interna­
tionalen Roten Kreuzes arbeiten; die Gewaltexzesse des
beginnenden Völkermordes hätten sie kaum überlebt. Ge­
meinsam sorgten sie dafür, dass zumindest ein Krankenhaus
in Kigali weiterarbeiten konnte. Der Einsatz war auch für
die Hilfsorganisationen eine Katastrophe. MSF verlor fast
100 seiner lokalen Mitarbeiter und verlangte ein Eingreifen
der französischen Streitkräfte: „Ärzte können keinen Völ­
kermord verhindern.“
o die Freiwilligen von MSF praktizieren, ist Sicherheit
schwer zu organisieren. 1990 verlassen sie Afghanis­
tan, als ein MSF­Logistiker ermordet wurde, kehren aber
zwei Jahre später zurück. In Kolumbien, Tschetschenien
und Dagestan werden MSF­Mitarbeiter entführt, einer
kommt erst nach 20 Monaten frei. In Afghanistan töten
Taliban 2004 fünf Mitarbeiter. Wieder verlässt MSF das
Land. Aber sie geben nicht auf, gehen 2009 zum dritten Mal
nach Afghanistan. Ulrike von Pilar, seit 23 Jahren bei MSF
und 1993 erste Präsidentin der deutschen Sektion, betont:
„Wir halten Distanz zu den alliierten Truppen, haben aber
Kontakte zu allen Konfliktparteien. Wir reden mit allen
Oppositionsgruppen, auch mit den Taliban. Sie geben uns
eine Sicherheitsgarantie. sodass wir dort arbeiten können.
Im Gegenzug garantieren wir, dass jeder, der krank oder
verletzt in unser Krankenhaus in Helmand kommt, dort
auch behandelt wird.“ In Afghanistan ziehen sich die Alli­
ierten zurück. Die Ärzte bleiben.
„Im ersten Irakkrieg trat die militärische Macht als
Schutzmacht der Helfer auf. Das brachte uns in lebens­
gefährliche Nähe zu den Invasionstruppen“, erinnert sich
Ulrike von Pilar. „Und als Vertreter der Bundeswehr An­
fang der 90er­Jahre auch noch sagten, die deutsche Armee
sei die größte humanitäre Organisation in Deutschland, ent­
stand für uns ein großes Problem. Seit Armeen dazu überge­
hen, ihren Einsatz als ,umanitäre Aktionen‘ zu bezeichnen,
wird für uns alles nur schlimmer. Wer respektiert die Neu­
tralität humanitärer Organisationen, die mit Schützenpan­
Die Gründer
Bernard Kouchner rief MSF ins Leben,
Rony Brauman (1982–1994) verzehnfachte
das Budget, Ulrike von Pilar, Gründungspräsidentin in
Deutschland (von oben)
Südsudan (r. o.)
Zehntausende Flüchtlinge aus dem Sudan brauchen
dringend medizinische Versorgung
32
Fotos: EPA AFP/ dpa Picture-Alliance, Getty Images, Peer Grim/dpa Picture- Alliance, Shannon Jensen/MSF
W
zern anrücken? Unsere Unabhängigkeit schützt uns! Wir
bekommen so gut wie keine
Regierungsgelder. Wir leisten unsere Arbeit fast nur aus
Spendengeldern. Wir dienen
keinem Land, keiner Kirche,
keiner Macht.“
Das Engagement ist ungebrochen. Spenden machen
Mut. Jedes Jahr wirbt MSF
etwa 3000 Ärzte, Psychologen,
Krankenschwestern, Hebammen und Logistiker für seine
Hilfsprojekte an. Bei den meisten Einsätzen setzt sich das
Team aus lokalen und internationalen Mitarbeitern zusammen. „Für Ärzte ist MSF oft der Einstieg in die humanitäre
Arbeit“, erklärt von Pilar. „Sie haben meist Berufserfahrung
in klinischer Arbeit. Wir verlangen Kenntnisse in Tropenmedizin und bereiten sie in speziellen Programmen auf die
Arbeit vor.“
Etwa 40 Prozent der Mitarbeiter sind Nichtmediziner,
Techniker oder Logistiker. „Niemals ohne meinen Log!“
lautet die ungeschriebene Grundregel. Die Ärztin Maria
Overbeck zählt die Probleme auf, die ein Logistiker lösen
muss: „Eine Leitung leckt; der Kühlschrank für die Kühlkette ist zu warm; ein Mitarbeiter hat Flöhe in seiner Matratze;
ein Schrankschlüssel fehlt; die Bestellung des Kerosins für
den nächsten Monat muss raus; ein Wächter ist zu spät zum
Dienst angetreten; die Kasse stimmt nicht.“ Müsste sie sich
darum kümmern, hätte sie keine Zeit für ihre Patienten.
„Die Logistik, die notwendig ist, um mobile Krankenhäuser, Ärzteteams und Medikamente in Krisengebiete zu schaffen, ist aufwendig und kostet viel Geld“, sagt Ulrike von Pilar.
„Organisationen, die behaupten, dass Spendengelder direkt
zu den Betroffenen gelangen und praktisch keine Verwaltungskosten anfallen, sagen in aller Regel nicht die Wahrheit.“
„Wenn Sie MSF mit einem Konzern vergleichen, der 3000
internationale Mitarbeiter an 70 Schauplätzen beschäftigt,
dann geht das nicht ohne gut funktionierende Personalabteilungen in den Sektionen, die Mitarbeiter entsenden. Ärzte
und Helfer arbeiten ‚im Field‘ meist sechs Tage die Woche
– bis zu zwölf Stunden am Stück unter schwer erträglichen
Bedingungen, in Lärm und Hitze, manchmal ohne Strom,
wenn die Dieselgeneratoren ausfallen oder gar nicht erst ankommen. Der Einsatz ist nicht nur physisch belastend. Die
jungen Ärzte und Mitarbeiter sind konfrontiert mit den Folgen von Grausamkeit und Gewalt, auch gegen Kinder. Das
ist schwer zu ertragen. Nicht wenige Kollegen brauchen
nach ihrer Rückkehr psychologische Betreuung, weil sie die
traumatischen Erfahrungen nur schwer verarbeiten.“
Da die Anforderungen immer vielfältiger werden, sucht
MSF auch Apotheker, Architekten, Epidemiologen oder
Psychologen. Den größten Teil der Arbeit aber leisten die
rund 25.000 nationalen Helfer, als Ärzte und Koordinatoren, beim Dolmetschen, beim Umgang mit lokalen Behörden oder beim Sicherheitsmanagement. Manche Helfer sind
Operierte, die bleiben.
S
ind sie Helden? Was treibt sie an? Wie arbeitet ein Arzt im
Chaos von Anarchie und Gewalt? Hat er angesichts der
Katastrophen dieser Welt nie das Gefühl, dass all die Mühen,
Hilfe zu leisten, am Ende kaum mehr sind als der berühmte
Tropfen auf den heißen Stein?
„Global betrachtet mag es so sein“, sagt Dr. Stöbe. „Aber
als Arzt stehe ich nicht der ganzen Welt gegenüber, sondern
einem Menschen, der meine Hilfe braucht. Das Verhältnis Arzt–Patient ist immer eins zu eins. Wir versuchen, für
diesen einen Menschen mit unseren Mitteln das Maximale zu erreichen. Wenn wir in einem Flüchtlingslager in vier
Wochen 60.000 Patienten behandeln und versorgen, ist das
eine Sisyphos-Arbeit, schon klar. Aber vielleicht lag Camus
gar nicht so falsch, als er sagte: ,Man muss sich Sisyphos als
glücklichen Menschen vorstellen.‘“
33
ABENTEUER
Erste Klasse.
Fünf Sterne.
Siebter Himmel.
Was Sie wünschen,
steht an erster Stelle:
die Lufthansa
First Class
Erleben Sie die First Class unter den
ersten Klassen: Entspannen Sie im
exklusiven Ambiente unserer Lounge,
lassen Sie sich in der Limousine
zum Flieger bringen, genießen Sie
Sterneküche über den Wolken – und
Sie werden verstehen, warum die
Lufthansa First Class im PassagierRating von Skytrax die Bestnote von
Fünf Sternen erhalten hat.
34
35
KUNST
F
Foto der Welt
Fotos: Andreas Heddergott/dpa Picture Alliance, Emanuel Dunand/2011 AFP/Getty Images, Daniel Rosenthal/laif
Gursky am Rhein - Das teuerste
Kapitalfluss hinterm Deich. Ein Großfoto hinter Acryl.
Ein unbekannter Sammler hat es für 4,3 Millionen Dollar erworben
Andreas Gursky ist einer der erfolgreichsten Fotografen der
Welt. Der Professor an der Kunstakademie in Düsseldorf
fotografiert gern Landschaften und Architektur, Innen­
räume und Massenszenen, immer mit der Großbildkamera,
farbig und gestochen scharf. Der 1955 in Leipzig geborene
Sohn eines Werbefotografen wuchs am Rhein auf, studierte
36
an der Folkwang Hochschule Essen und an der Kunstaka­
demie Düsseldorf und zählt als Meisterschüler von Bernd
Becher zu den Leitfiguren der Düsseldorfer Photoschule.
Auf dem internationalen Kunstmarkt erreichen seine
Bilder Spitzenpreise. Die Fotografie „99 Cent“ zeigt vollge­
stellte Supermarktregale (2001) und brachte 2006 bei
Sotheby’s 2,26 Millionen Dollar; das „99 Cent II“-Diptychon, eine Verdichtung des Motivs, brachte in New York
2,48 Millionen, drei Monate später kostete es bereits 3,3
Millionen. Für Einsteiger gibt es aber auch – überraschend
preiswert – Gursky mit Musik. Ein freches Frühwerk ist bei
Amazon schon für 7,99 Euro zu haben: das Best-of-Album
„Reich & Sexy II“ der Toten Hosen, für das Gursky mit der
Fotografin Nina Pohl das Cover gestaltete.
Das Landschaftsbild Rhein II ging am 8. November 2011
bei Christie’s New York für 4,3 Millionen Dollar (umge-
Alles fließt. Der Düsseldorfer Fotograf Professor
Andreas Gursky (links) und zwei Bewunderer
vor dem Großfoto „Rhein II“ aus dem Jahre 1999
rechnet rund 3,19 Millionen Euro) an einen unbekannten
Bieter als bislang teuerste Fotografie der Geschichte.
„Rhein II“ entstand als zweites und größtes (Format 185,4 × 363,5 cm) einer Serie von sechs Bildern. Der
Künstler hatte seine Großbildkamera auf dem Deich an der
Rheinallee in Düsseldorf-Oberkassel aufgebaut. Auf dem
Originalfoto war im Hintergrund das Kraftwerk Lausward
zu erkennen, im Vordergrund führte eine Person ihren
Hund spazieren. Beides störte irgendwie und wurde von
Gursky digital entfernt.
37
PORSCHE
Hinter Gittern Porsche-Wiegenlieder werden fern aller Öffentlichkeit in Weissach
gesungen: Über 6000 Mitarbeiter entwickeln und testen dort neue Fahrzeuge. Die
Investitionen für Erweiterungs- und Modernisierungsmaßnahmen des FEZ belaufen
sich jährlich auf rund 100 Millionen Euro
„Projekt
geheim!“
Beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans will Porsche
mit seinem Projekt LMP-1 die Rekordbilanz von 2013
vergolden: Den Grundstein zum Unternehmenserfolg
legen Ingenieure und Techniker im Entwicklungszentrum Weissach. Die Denkfabrik ist ein deutscher
Mythos und gesichert wie Fort Knox
38
39
PORSCHE
„Hier
Hier ist unendlich viel Geld vergraben“
ländes und auf dem Weg zur Kantine. Zum
eigenen Erstaunen beginnt dort die avisierte Führung, und zwar ohne Fotograf. Man
müsse sonst, so Geisel, „Prototypenstopp
verhängen, und das stört den Betrieb“. Allzumal jetzt, wo das Prestigeprojekt LMP 1,
Gebläse des
mit dem Porsche beim 24-Stunden-Rennen
neuen Windkanals
von Le Mans an große Motorsportzeiten anknüpfen möchte, für Gäste nur eine Ampelfarbe diktiert – Rot für No-Go.
Also die Kantine. Rätsel gibt es dort nicht zu lösen, das
T E X T: H A N S B O R C H E R T
liegt auf der Hand. Ist schließlich kein Windkanal, keine
öchste Alarmstimmung allenthalben. Und Klimakältekammer, kein Akustiklabor. Nur unterschätze
geschärfte Wachsamkeit. Gerichtet gegen niemand diese Örtlichkeit. Nicht in Weissach, wo jede einjeden und auf alles. So geht es zu im Porsche zelne Abteilung ihre ganz eigene Zugangsbeschränkung beForschungs- und Entwicklungszentrum sitzt und auf Geheimnis macht. Einfach mal reinschneien
Weissach: geheimer noch als streng geheim.
und gucken, woran die Kollegen gerade arbeiten, das geht
Nennen wir es ruhig das Fort Knox der Automobilindus- nach Auskunft Uwe Geisel im Normalfall nicht. Bedarf
trie und nehmen Witterung auf. Aus der Ferne ist sattes stattdessen vorheriger Anmeldung und eines wirklich guten
Motorendröhnen zu vernehmen, es klingt nach einer Renn- Grundes.
maschine, aber einsehbar ist der hauseigene 3,2 Kilometer
Insofern dient die Kantine als Kommunikationsdrehlange Rundkurs nicht. Dafür lassen riesige Parkflächen ihre scheibe, auf der über alle Hierarchieebenen hinweg jeder
Muskeln spielen. Die Porsche-Dichte dort abgestellter Fahr- mit jedem über alles – oder besser und im Sinne der hauszeuge ist immens, überhaupt brummt und kreist es rund um intern schriftlich vereinbarten Vertraulichkeit – über fast
Weissach ganz so, als sei die kleine schwäbische Gemeinde alles spricht. Lauter kluge Köpfe hocken da und genießen
eine Art Carrera-Bahn mit angeschlossenem Sicherheitstrakt. die Tischzeit im Arbeitsmodus. Debattieren ProblemstelEinladend sieht gewiss anders aus. Nicht so zweckmäßig lungen interdisziplinär, erkundigen sich nach Fortschritten,
nüchtern, so architektonisch uninspiriert, so infrarot- und skizzieren zuweilen spontane Einfälle auf Tischservietten,
videoüberwacht. Was ingeniöse Leidenschaft hinter nackten fachsimpeln auch ganz zwanglos mit ihren höchsten Chefs.
Industriebauwänden hervorzubringen vermag, das lässt sich „Der Bau eines Autos ist eine Gemeinschaftsleistung“, ziimmerhin von außen durch die Stahlstreben eines meter- tiert Uwe Geisel das eherne Porsche-Credo und fügt durchhohen Schutzzauns betrachten.
aus stolz hinzu: „Wir sind eine Denkfabrik.“
Stoßfänger an Stoßfänger stehen da Autos, wie frisch geIhr Leiter ist Wolfgang Hatz. Man nennt ihn allgemein
backen. Das Feinste vom aktuell Besten: 911 Targa 4 reiht Hausherr. Sein Büro liegt ein Stockwerk tiefer, mithin hat er
sich an Panamera Turbo S, an Boxster Cabrio, Cayenne sein Ohr selbst hinter dem Schreibtisch immer am aktuellen
Turbo, an 918 Spyder, Macan Turbo, an 911 Carrera 4S. Entwicklungsgeschehen. Und das entscheidet im WesentMan ist geneigt, das Fotohandy zu zücken, und lässt es dann lichen über Wohl und Wehe des ganzen Unternehmens,
doch: argwöhnisch beobachtet vom Wachschutz und obser- denn „wir in Weissach“, so heißt es noch immer und wie zu
viert von heranzoomenden Kameralinsen.
Zeiten des Dr. Ing. h. c. Ferry Porsche, „sind ein Ingenieur„Auf Besuch sind wir hier nicht eingerichtet“, sagt Fach- büro mit angeschlossener Automobilproduktion“.
referent Forschungsprojekte Uwe Geisel, 44, zur Begrüßung
Was ziemlich ambitioniert klingt, lässt sich mit Zahlen
und bittet um das erwähnte Smartphone. Es verschwindet, eindrucksvoll untermauern. Von insgesamt 18.502 Porschesamt Personalausweis, in einer Plastiktüte. Sicher ist sicher, AG-Mitarbeitern schaffen schwäbisch gesagt 6130 und damit
aber immerhin: keine Augenbinde beim Betreten des Ge- ein gutes Drittel der Gesamtbelegschaft im FEZ. 41 Prozent
H
40
von ihnen sind Ingenieure, hinzu kommen Fach­
arbeiter (37 Prozent), kaufmännische Angestellte
(18 Prozent) und ein kleiner Rest – verantwortlich
für Sauberkeit und zuvorderst Sicherheit.
Zu observieren gilt es 933.000 Quadratmeter
Betriebsgelände und damit weit, weit mehr als
Prüfstand für
zu Zeiten des Markengründers. Der machte sich
Motoren-Akustik
1962 in der schwäbischen Idylle auf die Suche
nach einem geeigneten Gelände für einen Skidpad
genannten Handling­Kurs. Man bot ihm Land
an, welches näher an Stuttgart lag. Darauf blühende Obst­ dazu abgeschotteten Entwicklungszentrums mit seinen
bäume. Doch es sprach Ferry Porsche: „Die hauet mir nicht mittlerweile elf Hauptabteilungen, unter anderem für Ge­
um.“ So fiel die Wahl auf die weniger fruchtbaren Äcker samtfahrzeug, Antrieb und Fahrwerk, für Qualität, Planung
hoch über Weissach.
und Prozesse, für Karosserie, Styling, für Motorsport.
Der Entschluss begründete nicht nur den zeitweilig sa­
In geräuschloser Boxster­E­Vorbeifahrt gibt es ein paar
genhaften Reichtum der Gemeinde (man galt aufgrund der Hinweise auf das Geschehen hinter den fest verschlossenen
Gewerbesteuereinnahmen vor der Porsche­Übernahme und mit Nummerncodes gesicherten Gebäudetüren. Sechs­
durch VW als vermögendstes Gemeinwesen der Republik), kant nennt sich im Porsche­Jargon jene Örtlichkeit, welche
sondern vor allem einen deutschen Mythos. Sagt Uwe Sitz der freigebenden Abteilungen ist und welche zugleich
Geisel: „Bei allem, was wir tun, stellen wir uns am Ende des die zentralen Werkstätten zum Prototypenbau beherbergt.
Tages die Frage: ‚Hätte das Ferry Porsche gefallen?‘ Wir stel­ Angeordnet sei dort alles nach Art eines Klosters, berichtet
len den Charakter unserer Fahrzeuge nie infrage, denn jede Geisel. Es gebe Zellen, in denen gedacht werde, und in deren
unserer fünf Baureihen ist ein echter Porsche. Deshalb sind Mitte einen Garten, „wo wir die Prototypen ernten“.
wir anders, denn niemand außer uns baut einen 911, und das
Im Gegensatz dazu sind die optischen Visionäre der
ist das Bewusstsein, mit dem wir antreten.“
Marke bisher geradezu stiefmütterlich untergebracht, denn
sie residieren im Kellergeschoss des Gebäudes 52/53. Weil
eisel ist Porsche­Urgestein. Als 17­jähriger Kfz­Lehr­ es dort weitgehend ohne natürliche Sonneneinstrahlung zu­
ling hat er den „Chef“ noch selbst kennengelernt und geht, konnte man allerneueste und damit auch allergeheimste
auf sein Wort – es lautete „Seid fleißig, Buben“ – baute er Modellentwürfe den Vorständen bislang nur auf einer, dem
seine Karriere. Machte den Meister, studierte Betriebswirt­ Styling­ und Designstudio vorgelagerten Parkfläche bei na­
schaftslehre, bildete sich fort in Personalmarketing, in Recht, türlichem Tageslicht präsentieren. Ohne Sperrung des Luft­
kümmerte sich zuletzt um Antragsverfahren und die politi­ raums ein, wie sich herausstellte, kaum haltbarer Zustand,
sche Unterstützung des Forschungsprojekts Boxster E. Drei denn „es gab“, wie sich ein Mitarbeiter erinnert, „zu solchen
dieser Fahrzeuge, die komplett ohne Verbrennungsmotor Veranstaltungen regelmäßig fotografisch motivierte Hub­
auskommen, sind in Weissach elektrisch unterwegs – zu schrauberattacken“.
Demonstrationszwecken. Statt gewohntem Porsche­Sound
In Zeiten heraufziehender Drohnenangriffe ist damit
gibt es für Beifahrer nichts zu hören, aber „das Nichts“, be­ zum Glück bald Schluss. Mit Fertigstellung des neuen
hauptet Geisel, „hört sich für uns unglaublich emotional an, Windkanals (er löst eine 30 Jahre alte Anlage ab) erhält 2014
denn es klingt nach Porsche“.
endlich auch die formgebende Abteilung ihr standesgemä­
Eine Geheimmelodie, sozusagen. Zu finden auch im ßes Studio­Domizil: mit deckenhoher Panoramaverglasung,
Panamera S Plug­in­Hybrid, mit dem man des Nachts flüs­ den allerfeinsten Computer­ und Entwicklungstools aus
terleise nach Hause stromern kann, ohne dass es Nachbarn dem Reich der automobilen Virtual Reality (die notwendige
oder selbst die eigene Gattin merken. Das passt ganz hübsch Rechnerleistung für alle im FEZ laufenden Anwendungen
ins Bild des über die Jahre immer weiter ausgebauten und liefert das Hochleistungsrechenzentrum der Uni Stuttgart,
Fotos S. 40-41: Fotos: Porsche AG
Fotos S. 38-39: Dieter Landenberger, Rainer Kwiotek/Zeitenspiegel (3)
G
41
PORSCHE
„Wir
ir sind ein Ingenieur
an dem man beteiligt ist) sowie einem Tunnel, der es erlaubt,
angefertigte, knapp 2,6 Tonnen schwere Tonmodelle unge­
sehen den notwendigen Aerodynamik­Tests zuzuführen.
„Was unsere Designer tun“, sagt Geisel, der selbst noch
nie in dem neuen Gebäude war, „das ist echt Kunscht.“ Ein
schönes Stichwort für den nun fälligen Fahrzeugwechsel.
Weiter geht es ab sofort in einem nagelneuen Macan S, des­
sen übergreifende und erst oberhalb der Radkästen endende
Motorhaube jüngster Styling­Geniestreich unter Wahrung
der eigenen Marken­DNA ist.
Sagt Chefdesigner Michael Mauer: „Es ist ein Porsche
bis ins letzte Detail. Wie er aussieht, innen und außen. Wie
er sich fährt, anfühlt. Wie er um die Ecken geht. Wie er
klingt. Wir haben uns viel Zeit genommen, um diese Pro­
portionen zu erarbeiten und darüber hinaus neue Maßstäbe
zu setzen.“ Ein Balanceakt, und er scheint, wie die ersten
Verkaufszahlen eindrucksvoll belegen, gelungen. „Leipzig’s
next Topmodel“ titelte bereits die „Frankfurter Allgemeine
Zeitung“ und folgerte in Anspielung auf Produktionsstätte
und Verkaufserfolg des SUV Cayenne (85.000 von insge­
samt 162.000 verkauften Fahrzeugen 2013): „Porsche – ein
Geländewagenhersteller aus Leipzig.“
Aber da sei Weissach vor. „Wir beim Porsche“, sagt Uwe
Geisel, „machen alles selbst. Und was wir machen, das ma­
chen wir hier im FEZ.“ Selbstredend die ganze Elektronik.
Auch dafür gibt es einen Neubau – das sogenannte Elek­
tronik­Integrations­Zentrum. Dort endlich zusammen­
gefasst, was bei Entwicklung sowie Konstruktion hoch­
komplexer Systeme zusammengehört. Und ebenfalls neu ist
Bau 60: Darin geht es um das Thema „alternative Antriebe“.
Das Ambiente ist übrigens überall gleich. Luftige, große
Bürofluchten, darin Arbeitsplätze mit überdimensionalen
Bildschirmen, davor Porsche­Ingenieure einer neuen Ge­
neration. Nicht mehr so handfest wie Geisel, die Ameri­
kaner würden wohl sagen „Typ Nerd“. Ziemlich jung und
ganz sicher technische Zauberer auf rein virtueller Bühne.
42
Man sucht mittels hochsensibler Mikrofone bei laufendem
Aggregat nach Schallquellen, identifiziert mechanische Motorgeräusche, ermittelt die Dezibelhöhe einer innerstädtischen Vorbeifahrt.
„Arbeiten am Optimum“, nennt das Tim Zimmermann, 24,
Student Wirtschaftsingenieurwesen mit Richtung Maschi­
nenbau aus Braunschweig. Er absolviert gerade eines der
begehrten Werkspraktika bei Porsche, und schon dafür, so
Uwe Geisel, „brennen die jungen Leute hier Löcher in den
Boden“.
Wie sehr sich die Anforderungen im Automobilbau über
die letzten Jahrzehnte verändert haben, mag die Porsche­
eigene hochmoderne Crashanlage dokumentieren. Waren es
zwischen 1960 und 1980 noch vier, so gilt es heutzutage 26
Crashszenarien abzuprüfen. Und damit wären nicht einmal
die Vorschriften von China und Indien zur Gänze erfüllt.
„Was menschenmöglich ist, das machen wir“, sagt Geisel
und erinnert erneut an Ferry Porsche: „Der war ein Sicher­
heitsfanatiker. Er ließ bei ersten Crashtests die Autos von
einem Kran hochziehen und dann auf den Asphalt knallen.“
wei 918 Spyder, die sich gerade mit bösem Motorgrollen
gen Teststrecke aufmachen, erinnern an den Kern der
Marke: Leistung, Performance und Sound. Motoren sind
neben Getriebe (Stichwort PDK) oder Bremsen (Stichwort
Karbon) Weissacher Kernkompetenz. Und Hosianna, nun
öffnet sich tatsächlich eine Tür, und man steht unvermittelt
im Herzstück der Motorenentwicklung, bestückt mit nicht
weniger als 34 Prüfständen.
„Es liegt hier unendlich viel Geld vergraben“, sagt Frank
Breidenstein, 52, und zeigt lässig auf die Messtechnik einer
„dynamisch“ genannten Erprobungszelle. „Allein nur das
sind 300.000 Euro.“ Breidenstein ist Prüfstandbetreuer
V­Motoren, einer von insgesamt 160 Mitarbeitern.
Ein wenig erinnert das Szenario an die Intensivstation einer
Universitätsklinik. Vielleicht nicht so geweißt, so freundlich
hell, aber dennoch: Hinter zuweilen tonnenschweren Türen
und zentimeterdicken Sicherheitsglasscheiben fällt der Blick
auf lauter leistungs­ und lebenshungrige Patienten. Es gibt
darunter Dauerläufer, also Aggregate die vollautomatisch
rund 1000 Stunden (entspricht 1.000.000 Kilometern) ab­
spulen, und zwar unter ständig wechselnder Beanspruchung
– mal Stadtverkehr, dann wieder Nordschleife Nürburgring.
Simuliert und abgeprüft wird abhängig von Lastenheft­
vorgaben so gut wie alles. An einer Stelle geht es um Abgas­
emissionen, an anderer Stelle um Leistungsentfaltung. Mit
Getriebe, ohne Getriebe. Eine Prüfstandkonfiguration dient
nur dem Allradantrieb, eine andere gleicht einem Tonstudio.
Z
Vermutlich ärgert es Sales Manager Jonas Krauss jetzt,
dass man als Besucher so wenig interessiert ist an seinen
Ausführungen. Aber ist das nicht ganz normal, so nah und
zugleich so fern von Walhalla. Sagt er ja selbst: „Das LMP-1Projekt beherrscht natürlich auch unsere Gedanken.“
Unerreichbar aber bleiben die Technik-Gurus Enzinger
und Hitzinger, die maßgeblich für Porsches Angriff auf die
24-Stunden-Krone verantwortlich sind und die noch etwas
detaillierter über Energie- oder Abgasrückgewinnungssysteme (ERS und AER) hätten berichten können. All diese neuen, zu Teilen revolutionären Systeme, die dieser Denkfabrik
entstammen. Nichts überlässt man hier dem Zufall, nicht einmal beim Funkverkehr zwischen Fahrer und Box. Der wird,
so ist zu hören, ablaufen wie unter Jet-Piloten im Kampfeinsatz. Dort heißt es zur Bestätigung eines Kommandos zum
Beispiel nicht „Yes“, sondern „Copy“, und generell gilt es,
Informationen in knappste Worte zu fassen. „Gesagt wird,
was der Pilot tun soll, und nicht, was er nicht tun soll.“
Ein schönes Abschiedswort, verbunden mit einem
Rat. Wer mehr wissen möchte über den Erfindergeist und
Mythos Weissach, der mache sich auf den Weg ins Porsche
Museum Zuffenhausen. Dort gibt es beginnend im Herbst
eine Sonderausstellung mit Titel: „Projekt: Geheim!“
m die gesamte Peripherie an Schläuchen, Anschlüssen,
an notwendigen Betriebs- und Messwerkzeugen zu
installieren, bedarf es zuweilen bis zu drei Tage. „Machbar ist dann fast alles, Heißland, Kaltland, ganz egal“, sagt
Breidenstein und öffnet die Tresortür zur absoluten Folterkammer. Eigentlich gebaut und entworfen für Flugzeugmotoren dient dieser Prüfstand besonderen Torturen:
etwa einem Kaltstart bei minus 30 Grad in einer Höhe von
4500 Metern. Und zwar mit Vollgas. Dann gleicht Schmiermittel Öl zähem Honig, und natürlich macht das kein
Mensch – wie denn auch! – aber egal: „Das müssen unsere
Motoren abkönnen, und möglich wären sogar 8000 Meter.“
So viel zum Thema Gipfelsturm. Allerdings werden
ganz Neugierige jetzt enttäuscht sein: Einen Zwei-LiterVierzylinder-Motor, kompakt gebaut mit weit geöffneter
V-Zylinderbank und versehen mit einem Mono-Turbolader
sucht man bei Breidenstein vergebens. „Der läuft drüben
bei den Jungs in Flacht, die haben ihren eigenen Prüfstand.“
Und nicht nur das: Sie haben sogar ihre eigene Kantine.
Also Flacht. Eine Gemarkung am entferntesten Ende des
Betriebsgeländes, dort residiert die
mittlerweile 400 Köpfe zählende
Truppe Motorsport, und dort entstand in den letzten Monaten der
Porsche-Renner für Le Mans. Projekt LMP 1. Es ist gewiss einfacher,
aus Alcatraz zu fliehen, als dort
Zutritt zu erlangen, aber immerhin: Man schafft es in die Abteilung
Vertrieb Cup-Fahrzeuge.
Da stehen überdacht (Achtung,
Hubschrauber) und hübsch aufgereiht eine Reihe Kundenfahrzeuge
Typ 911 GT3 R und warten auf Abholung. 2014 sieht die Produktion
von 283 solcher Boliden vor, die in
der Manufaktur Flacht sowohl endausgerüstet als auch ein paar RunGetarnter LMP-1-Rennwagen
den getestet werden.
U
Fotos: Porsche AG
Styling-Modelleur
am Porsche 918 Spyder
büro mit angeschlossener A
Automobilproduktion“
43
WELLNESS
WELLNESS
TOTAL
Die besten Spas
Deutschlands
T E X T: D O R I A N I V E N
44
Foto: Schloss Elmau
W
o Wannen sprudeln, wo warmes Wasser
wonnig wallt, waltet Wellness, Supertrend
in Deutschlands Oasen-Business. LuxusHotels investieren in den Wertewandel
zum Wohlfühlbusiness und inszenieren
Saunalandschaften. Spa muss sein, die Massageliege wird zur
Beraterbank für stressfreie Entspannung, und immer mehr
Gäste treten nur noch massiert auf. Erste Lektion: Wellness
kostet mehr Euro als Pfunde, Beauty geht unter die Haut
und ins Geld. Doch an der richtigen Adresse ist Wellness das
reine Vergnügen.
Diese Stille! Nebelschwaden liegen über dem tropisch warmen Rooftop-Pool vor dem Badehaus von Schloss Elmau.
Weiß-blau leuchtet der Himmel über Bayerns hochalpiner Intimzone, einer Bilderbuchlandschaft, eingefasst vom
kühnen Faltenwurf geologischer High-End-Produkte wie
Karwendel und Wetterstein – ein zauberhafter Herrgottswinkel.
Hier wurde Dietmar Müller-Elmau in Zimmer 54 geboren. Der Enkel des Gründers und ersten Schlossherrn,
des Dichters Johannes Müller (1864–1949), zog in die weite
Welt, wurde ein sehr erfolgreicher Software-Unternehmer
und kam zurück. 2005, nach einem Brand, der zwei Drittel aller Zimmer zerstörte, übernahm er die Mehrheit der
Anteile der Eigentümergesellschaft und begann die Immobilie in ein richtiges Hotel zu verwandeln. So wurde Schloss
Elmau, einst Gesinnungstempel kultivierter Weltferne, zum
„Luxury Spa & Cultural Hideaway“ im beschaulichen
Alpental zwischen Garmisch und Mittenwald, ein FünfSterne-plus-Hotel mit internationalem Renommee. Mit vier
Restaurants sowie 128 Zimmern und Suiten gehört es zu
den Leading Hotels of the World. Kinder unter zehn Jahren
wohnen gratis und langweilen sich selten. Das Schloss bietet
Kinderprogramme mit über 100 Betreuern und vor allem
Spaß im Family Spa mit Hallenbad, 25 mal 7 Meter groß.
Schloss Elmau
Kulissenzauber. Wellness im wohltemperierten
Rooftop-Pool im Einklang mit dem Naturerlebnis
Wetterstein. Zum exklusiven Badehaus gehört
das prächtige Alpenpanorama
45
WELLNESS
titut zur Weltelite“, betont Spa Director Johannes Mikenda.
Weil die Wellness-Welle boomt, sind hoch qualifizierte Therapeuten schwer zu finden. „Wir suchen lange, und weil wir
eine sehr kritische Auswahl treffen, haben wir nicht einen
einzigen mittelmäßigen Therapeuten. Hierher kommen ja
auch nur die besten Musiker.“
eit 1951 bietet das Schloss ein hochklassiges Kulturprogramm. Hier waren die Pianistin Elly Ney, der Geiger
Yehudi Menuhin und der Komponist Benjamin Britten zu
Gast. Ausnahme-Pianisten wie Martha Argerich, Grigory
Sokolov oder zuletzt Daniil Trifonov gaben Konzerte im
Tanzsaal, ohne Gage. Aber im Anspruch, so sieht es der
Hotelier, auf Augenhöhe mit der Carnegie Hall. „Sicher gibt
es kein Hotel, in dem auf so hohem Niveau musiziert oder
politisch diskutiert wird, und keins, das um die 200 überwiegend kulturelle Veranstaltungen pro Jahr auf eigene
Rechnung organisiert“, sagt Gastgeber Müller-Elmau. „Ich
will, dass Elmau weltoffen ist, nicht weltentrückt.“
Offenbar denkt die Bundesregierung genauso. Sie hat
Schloss Elmau zum Schauplatz des nächsten G8-Gipfels
ausgewählt (auch wenn der voraussichtlich wegen Foulspiels eines Teilnehmers nur ein G7-Gipfel sein wird). Für
die Zeit vom 4. bis 5. Juni 2015 ist das Haus komplett für
die Staatsgäste aus den führenden Industrienationen reserviert. Weil dann das Schloss über ein weiteres Spa-Hotel mit
42 Suiten verfügen wird, können die Staatschefs unter zehn
baugleichen Suiten wählen. „Ich kann sie so unterbringen,
dass sich keiner benachteiligt fühlen muss“, sagt der Gastgeber. Schon heute ist es zu beobachten: Selbst wenn Schloss
Elmau ausgebucht ist, gibt es nie Streit um die Liegen.
S
Weil es dort sehr lebendig zugeht, hat der Hausherr
für Gäste, die Ruhe suchen, ein Badehaus bauen lassen,
3000 Quadratmeter Wellness pur, drei Pools, eine Etage mit
16 Behandlungsräumen und eine Etage als Lady Spa mit
Sole-Dampfbad und finnischer Sauna. Im Gewölbekeller,
einem 500 Quadratmeter großen Hamam mit drei Kuppelräumen und 180 Säulen, einem Serail hochgestimmter
Werdenfelser Wellness, fühlt sich der Gast auf dem Nabelstein schnell in der Rolle des Pascha Selig.
Das „beste Spa der Welt“ (Andrew Harper’s Hideaway
Report, USA) bietet 135 Bäder-Rituale vom Molkebad bis
zur Schröpfkopfmassage gegen Cellulite, Programme für
Hand und Fuß, Massagen und Klangschalen-Behandlung,
Pilates und Tai-Chi, Tuina und Shiatsu, Ayurveda und
Jivamukti Yoga (2nd Level). Thai-Therapeuten, Sportwissenschaftler und Yoga-Meister stehen bereit. „Wir sind nicht
ein Hotel mit Yoga-Angebot, sondern zählen als Yoga-Ins-
46
SCHLOSS ELMAU
L U X U R Y S PA & C U LT U R A L H I D E A W AY
82493 Elmau/Oberbayern
128 Zimmer und Suiten, vier Restaurants,
Family Spa (1500qm mit großem Indoor-Pool),
Badehaus (3000 qm),
Tel.: 08823 180
www.schloss-elmau.de
Fotos: Schloss Elmau, Michael Schinharl/Jahreszeiten Verlag, Christian Kerber/laif, Mauritius Images, Ulrike Myrzik, Klaus Lorke/Nolimit-Fotodesign, Allthoff Seehotel Überfahrt, Christian Volbracht/dpa Picture-Alliance
Am Gipfel der Genüsse Schloss Elmau,
Ort für die äußere und innere Balance mit Blick
aufs Wettersteinmassiv und illuminiertem
Badehaus. Gastgeber Dietmar Müller-Elmau
sorgt für 200 Kulturveranstaltungen im Jahr mit
Klassikgrößen, Jazz und politischer Debatte
Entspannung am Tegernsee Ruheraum im Wellnessbereich des Althoff Seehotels Überfahrt.
Hauseigener Seeblick von der Terrasse und drei-Sterne-Koch Christian Jürgens in Aktion
uch am Tegernsee ist
es noch ruhig. Die Balkons des Althoff Seehotels
Überfahrt liegen in der
Frühlingssonne. Das im
Frühjahr 2001 von der Familie Hurler anstelle des abgerissenen Traditionshotels
für 200 Millionen Mark ans
Seeufer gesetzte Luxushotel
der Kategorie Fünf Sterne
plus kam nach mehreren
Betreiberwechseln (Dorint, Accor und Sofitel) zur Althoff
Hotel Collection. Nun wurde das Juwel schrittweise renoviert und modernisiert. Nur die im kostbaren Marmor getäfelten Bäder mit goldenen Armaturen und Sternenhimmel
aus Swarovski-Kristallen blieben unangetastet. Diese Luxusbäder zu bauen war schon lustvolle Verschwendung, sie
herauszureißen erst recht.
Was das Haus zur ersten Adresse macht, ist das Küchenpersonal. Soeben hat der Meisterkoch Christian Jürgens, 45,
im Seehotel Überfahrt den dritten Michelin-Stern erhalten.
Damit ist er der elfte Koch in Deutschland, der diese Auszeichnung im Schilde führt, ein Meister aller Klassen. „Seine
Kombinationen sind konzentriert, minimalistisch, immer
mit großem Geschmack und ausgewogenem aromatisch-
A
texturellem Spektrum“, urteilte die FAZ, die in solchen Fragen selten danebenliegt.
„Drei Sterne im Restaurant geben dem ganzen Hotel
ein unverwechselbares Image. Wenn man das kaufen müsste – es wäre nicht zu bezahlen“, sagt Hoteldirektor Vincent
Ludwig. „Dieser Koch ist ein Künstler, wir geben ihm alle
Freiheiten, die er braucht.“ Nebenan feiert das Ristorante
„Il Barcaiolo“ – ausgezeichnet mit 15 Gault-Millau-Punkten
– die „cucina casalinga“, also alles, was die regionale Küche
Italiens so zu bieten hat, mit Terrasse und Seeblick. Das
Restaurant „Egerner Bucht“, ebenfalls mit Seeblick, bietet
Alpenkulinarik und Klassiker vom Grill, die „Bayernstube“
traditionelle Schmankerl.
Auch in der Wellness strebt das Haus buchstäblich nach
oben. „Wir haben die Behandlungsräume aus dem Keller ans
Tageslicht geholt und auf zehn Zimmer verzichtet, die wir zu
Behandlungssuiten mit Balkon umgebaut haben. Das ist nicht
A LT H O F F S E E H O T E L Ü B E R FA H R T
83700 Rottach-Egern
175 Zimmer und Suiten, vier Restaurants,
Beauty & Spa (3000 qm)
Tel.: 08022 6690
www.seehotel-ueberfahrt.com
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RUBRIK
Spitzenteam im Schwarzwald Hotelier Heiner Finkbeiner ist stolz auf sein Team,
Luxus am Rhein Im prächtigen Schloss Bensberg wirkt Sterne-Koch Joachim Wissler in der
Küche des „Vendôme“. Zur Wellness gehört der nachtblaue Himmel über dem Pool
leicht gefallen, aber Wellness und Tageslicht gehören zusammen,“ weiß der
erfahrene Hotelier.
uch im Schwarzwald
schlagen die Wellen
hoch. Heiner Finkbeiner,
65, Chef des Hotel Traube Tonbach, führt das
nach Meinung der Fachkritiker beste deutsche
Ferienhotel und hat in
den vergangenen 20 Jahren mehr als 50 Millionen
Euro in sein Unternehmen gesteckt. Derzeit beschäftigt er
320 Mitarbeiter, darunter 90 Auszubildende. Rechnerisch
kommt auf jeden Gast mehr als ein Angestellter.
Der berühmteste Angestellte ist Harald Wohlfahrt, als
einziger Koch Deutschlands seit über 20 Jahren mit drei Michelin-Sternen und der bisher höchsten Wertung von 19,5
Punkten im Gault Millau ausgezeichnet. Kein Wunder, dass
die zwölf Tische seiner „Schwarzwaldstube“ (vor allem samstags) auf Monate vergeben sind. In Deutschlands hoher Schule
der Kochkunst arbeiten zwölf Köche und drei Patissiers. Bis
heute haben die Schüler von Harald Wohlfahrt insgesamt
A
48
62 Michelin-Sterne gesammelt. Von derzeit elf Drei-SterneKöchen in Deutschland haben sechs in der Traube Tonbach
gearbeitet und die philosophische Essenz aller Küchenleistungen von ihm gelernt. So viel ist sicher: Kein Fernsehkoch
hat sie gepachtet. „Die Wahrheit liegt immer auf dem Teller.“
Das Faszinosum Traube Tonbach ist aber nicht nur mit
der Zauberei für zwölf Tische zu erklären. Das Frühstücksbuffet im Restaurant „Silberberg“ bricht mit seiner Artenvielfalt von 214 Positionen vermutlich alle Rekorde – ein anschauliches Monument der Philosophie des Hauses „Alles
ist Genuss“ und der Maxime „Haben wir nicht gibt’s nicht“.
Weil Wellness nicht nur durch den Magen geht, wurde
das Traube Spa & Resort komplett umgebaut, erweitert und
bietet acht luxuriöse Behandlungsräume und eine Spa-Suite.
Die unterhalb des Hotels liegende Dependance Haus Kohlwald wurde komplett renoviert, mit einer Spa-Lounge und
HOTEL TRAUBE TONBACH
72270 Baiersbronn-Tonbach
153 Zimmer und Suiten,
drei Restaurants,
Spa (4000 qm)
Tel.: 07442 4920
www.traube-tonbach.de
Fotos: Hotel Traube Tonbach (3), Uli Deck/dpa Picture Alliance, Schlosshotel Bensberg, Klaus Lorke/Nolimit-Fotodesign, F1online
den Drei-Sterne Koch Harald Wohlfahrt, das reichhaltige Frühstück und den Außenpool
zusätzlichem Wellnessbereich mit Sprudelbecken und zwei
textilen Saunen ausgestattet. Im Hotel bietet die Pool Area
zwei Innenpools und einen Außenpool sowie eine große
Saunalandschaft.
er Spa-Bereich ist im Althoff Grandhotel Schloss
Bensberg in Bergisch Gladbach mit 1000 Quadratmetern vergleichsweise intim, bietet aber Körperanwendungen
auf Basis von Fruchtenzymen, Kaviar, mineralisiertem Seesand und reinem Gletscherwasser. Einige Produkte zeigen,
dass eine Flucht in die Sachwerte auch körperlichem Wohlbefinden dienen kann. Wer in Gold oder Platin investiert,
etwa als Creme von La Prairie, mag das als emotionalen
Bilanzgewinn verbuchen. Wellness im Bergischen Land
blickt weit über den Rhein hinaus. Ein „Caribbean Day“
beginnt mit Seesand und Kokosöl, dem Peeling folgt die
Körpermassage mit karibischen Ölen, Gesichtsbehandlung
mit karibischen Pflanzenprodukten, und er endet mit einem
leichten karibischen Imbiss.
Doch wer in dieses Hotel pilgert, hat etwas versäumt,
wenn er nicht im „Vendôme“ gegessen hat, bei Küchenchef
Joachim Wissler, Deutschlands bestem Koch 2013 (Der
Feinschmecker) und Meister der „Neuen Deutschen Schule“. Mit drei Michelin-Sternen, 19,5 Gault-Millau-Punkten
und fünf „F“ vom Feinschmecker hat das „Vendôme“ den
Gipfel aller Ranglisten erreicht, und dass die 100 besten
D
deutschen Köche ihn 2012
zum „Koch der Köche“ wählten, könnte ihn vollends abheben lassen, stünde er nicht mit
beiden Beinen immer noch auf
dem Boden. „Ich bin Handwerker“, sagt er trocken, auch
wenn die Kartoffelschale, die
als Amouse-Bouche serviert
wird, ein filigranes Kunstwerk
ist. Ein Menü im „Vendôme“
dauert gern dreieinhalb Stunden, ein Kulturereignis, das
spannender inszeniert, sorgfältiger erarbeitet und einfallsreicher ist als mancher Theaterabend gleicher Länge. Unter den vielleicht 40 Kostbarkeiten, die der Regisseur einschweben lässt, fallen multikulturelle Überraschungen auf,
A LT H O F F G R A N D H O T E L S C H L O S S B E N S B E R G
51429 Bergisch Gladbach
120 Zimmer und Suiten,
drei Restaurants,
Spa (1000 qm)
Tel.: 02204 420
www.schlossbensberg.com
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RUBRIK
Säulen des Wohlbefindens Die Seeterrasse,
Ronny Siewert, bester Koch an der Küste,
Yoga unter Anleitung eines Meisters aus dem
Himalaya, und Behandlungssuiten mit edlen
Materialien im fürstlichen Ambiente des für die
Wellness reservierten Palais Serverin
zum Beispiel Leinsamen-Zabaione als Mundschmeichler.
Was hat der Künstler damit gemeint? „Ich komme von
einem Bauernhof, und da habe ich schon als Junge erlebt, wie
Kälbern, die Probleme mit dem Magen hatten, Leinsamenöl
gegeben wurde. Leinsamen lässt sich heiß, nicht zu heiß aufschlagen, dann ist die Konsistenz wie Zabaione.“ Und die
Praline von der Gänseleberpastete? „Die habe ich eher mit
einem Augenzwinkern gemacht. Sie sieht nicht anders aus
als die Toffees, die man an der Tankstelle bekommt.“ Und
die Blutwurstscheibe als Amuse-Gueule, die auf der Zunge
zergeht wie Mousse au Chocolat? „So etwas entsteht, wenn
man Apfelsaft mit Kalbsblut und etwas Gelatine vermischt.
Das Resultat schmeckt fast wie ein Karamellbonbon.“ Genau. Dieser Koch kann zaubern, macht Kaviar aus Sojasoße,
und das nicht, um von den Rohstofflieferanten Iran oder
Russische Föderation unabhängig zu sein, sondern weil es
phantastisch schmeckt.
etzte Etappe auf der Suche nach dem vollkommenen
Wohlgefühl. In Norddeutschlands nahem Osten findet
sich der Gast staunend vor der Suite Luise mit der Wanne
fürs Avocado-Sahne-Bad und dem Wasserbett für die Ziegenbuttercreme-Packung. Er blickt in die Spa Suite Friedrich-Franz für Paare, mit Dampfbad, Meersalzwanne und
zwei Packungsliegen. Am Ende liegt er auf einem vorgeheizten Massagebett zur fernöstlichen Ganzkörpermassage Pan-
L
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tai Luar, mit heißem Wasser beträufelt, eingeölt und dann
mit geheimnisvollen Kräuterkissen beklatscht und massiert,
die der junge Physiotherapeut im Wasserbad auf 120 Grad
Celsius erhitzt hat. Nackter Wahnsinn. Der Körper schaltet
auf Verbrennungen ersten Grades, die aber offenbar nicht
stattfinden. Nach 70 Minuten ist die gesalbte Couch-Potato
ein heißer Typ, fühlt sich wie neugeboren, duftet wie ein
Teakmöbel und relaxt im Ruheraum des Palastes bei gedämpfter Südstaaten-Musik.
Wir sind am Ende einer Zeitreise. 1793 fing alles an. Die
Welt veränderte sich, man war Neuem aufgeschlossen. In
Frankreich wurde der Hosenträger erfunden und ein König
enthauptet, in Preußen zum letzten Mal eine Hexe verbrannt
und in Heiligendamm an der Ostsee das erste deutsche Seebad gegründet. Angeregt von seinem Fitness-Trainer, dem
Rostocker Arzt und Universitätsprofessor Samuel Vogel,
stieg Friedrich Franz I., Herzog von Mecklenburg-Schwerin, in die Fluten der Ostsee, was im Zeitalter der Katzenwäsche absolut unüblich war, und hatte den erfrischenden
Einfall, hier einen Badeort zu gründen. So entstand am
schmalen Strand vor Bad Doberan die weiße Stadt am Meer,
ein zauberhaftes, klassizistisches Ensemble herrschaftlicher
Villen und Logierhäuser sowie ein Kurhaus mit griechischer
Tempelfassade und großherzoglicher Spielbank.
Heiligendamm erlebte goldene Zeiten als mondänes Seebad, kam zuletzt als „Bad der Werktätigen“ ziemlich he-
Fotos: Grand Hotel Heiligendamm (3), dpa Picture-Alliance, Götz Wrage/Jahreszeiten Verlag
Die weiße Stadt am Meer Das Grand Hotel Heiligendamm, historische Wellness-Oase, Genusstempel und Schauplatz
eines Gipfeltreffens, an Mecklenburg-Vorpommerns Ostseeküste
runter, geriet in die Hände der Kölner Fundus-Gruppe, die
das architektonische Juwel unter dem strengen Blick der
Denkmalpflege erst renovierte und dann dem gastfreundlichen Weltkonzern Kempinski anvertraute, der es auch weiterreichte. Zurzeit gehört es dem Wirtschaftsprüfer Paul
Morsynski aus Hannover, der schon eine Schokoladenfabrik
vor dem Untergang bewahrte. Er kam irgendwann hierher,
wurde Stammgast und griff zu, als es zu haben war. Nun
gehören ihm 181 Zimmer und Suiten, helle, hohe Räume mit
Balkon, großen Fenstern zum Meer, schwerem Samt und raschelnder Seide; warme Grautöne nehmen die Farben des
Strandes auf. Endlich ist er Realität, der Traum vom Mittelmeer im Norden, in subtiler Balance mit asiatischer Kunst,
chinesischen Seidentapeten und böhmischem Kristall.
Inzwischen reisen mehr Deutsche nach MecklenburgVorpommern als nach Frankreich, was nicht an der Küche
liegen muss. MeckPomm ist gewiss nicht das klassische
Milieu für la Grande Cuisine. Der Landstrich hat ein gutmütiges Bratkartoffelverhältnis zu kulinarischen Themen,
ist eher bekannt für die Produktion als für den Verzehr
hochwertigen Rindfleischs, und die Senfsoße gehört zum
Dorsch wie die Kurtaxe zur Sommerfrische. Insofern ist
Ronny Siewert eine Ausnahmeerscheinung. MecklenburgVorpommerns führender Koch brachte dem GourmetRestaurant „Friedrich Franz“ einen Michelin-Stern und
18 Punkte bei Gault Millau. Und wie es ihm gelingt, Loup de
Mer und Soljanka zu einer weltumspannenden Köstlichkeit
auf einem Teller zu vereinen, ist aller Ehren wert. Das Brot
kommt auf vorgewärmten Kieselsteinen – Hommage an den
Strand, der zumindest im Sommer auch zu einem guten Teil
aus vorgewärmten Kieselsteinen besteht. Wer will, kann die
„BentoBox by Ronny Siewert“ mit an den Strand nehmen:
Gourmet-Küche to go: Gänselebervariation mit Brioche,
Canapés mit Ostseeaal, Tatar vom Weiderind und Kaviar
vom Sibirischen Stör inklusive einer Flasche Dom Pérignon
2004.
Wie die Zeit vergeht. Im Juni 2007 kam Heiligendamm gar
nicht aus den Schlagzeilen heraus. Angela Merkel hatte hier
zum 33. Gipfeltreffen der G8 geladen. Es kamen Sarkozy, Putin, Blair und Bush und Ban Ki-moon. Das Treffen kostete
120 Millionen Euro, ein zwölf Kilometer langer Zaun mit Bewegungsmeldern umschloss die Verbotszone I, in die nur
Anwohner und Lieferanten hineindurften.
Flugverbot, 16.000 Polizisten, 1100 Soldaten,
Tornado- Kampfflugzeuge sicherten den Luftraum. Mehrere Tausend
Journalisten kamen und
bis zu 80.000 Demonstranten. Es entstand Sachschaden
durch Niedertrampeln von Feldfrüchten und Freilassen
von Kühen. Elf Schlauchboote von Greenpeace wurden
abgefangen, zwei von der Polizei gerammt.
Das ist Geschichte. Alle Welt blickt nun auf Elmau, den
Gipfel im Wald. Was immer dort geschehen wird – mit
Schlauchbooten und Kampftauchern ist nicht zu rechnen.
GRAND HOTEL HEILIGENDAMM
18209 Bad Doberan-Heiligendamm
181 Zimmer, davon 61 Suiten,
3 Restaurants,
Spa (3000 qm)
Tel.: 038203 7400
www.grandhotel-heiligendamm.de
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MENSCHEN
„Es ist verdammt schwer, eine
Karriere zu machen, wenn dich
alle Welt nur für schön hält“
Jochen Siemens über die Frau seiner wüsten Träume
E
s gibt ja dieses Spiel „Wie würden Sie einem Blinden diesen Menschen beschreiben“, kennt jeder
und ist meistens langweilig, weil man sich unter
„lange Haare, schöner Mund, große Augen“
oder so ähnlich eigentlich wenig vorstellen kann.
Man kann es mal versuchen und Penélope Cruz beschreiben.
Schon klar, lange Haare, schöner Mund, immer halb offen,
große dunkle Augen und so weiter. Oder eben nicht so weiter, denn Penélope Cruz zu erzählen endet irgendwann in
der Hilflosigkeit, es nicht zu können. Oder besser: nicht das
sagen zu können, was man eigentlich sagen will. Das ist immer die Falle großer Schönheit, es geht nicht darum, wie sie
scheint, sondern darum, was sie auslöst. In einem selbst, in
uns. Niemand blickt eine Penélope Cruz an, weil sie lange Haare oder einen Körper aus der besten Laune Gottes
hat. Nein, es ist anders, ihr Anblick macht nicht glücklich,
sondern unruhig. Woody Allen, Regisseur von zwei Filmen
mit ihr, sagte es einmal so – beinahe erschöpft: „Ich kann sie
nicht direkt ansehen.“
Natürlich übertreibt Allen, aber eines stimmt: Penélope
Cruz zuzuschauen ist etwas anderes, als – sagen wir –
Gwyneth Paltrow oder Angelina Jolie anzusehen. Es gehen
einfach mehr Lichter in einem an, mehr Schalter werden
umgelegt, mehr, manchmal schon vergessene Gedanken erwachen, mehr Fragen werden gestellt, Mittelmeer, Sonne,
Frauen, Männer, die Versprechen der Nacht werden sichtbar.
„Und das nur wegen dieses einen Gesichts?“, mag man fragen. Ja, aber es ist nicht nur das Gesicht oder die Schönheit
Cruz’, es ist, ähnlich wie bei der jungen Sophia Loren, ein
so wirkliches und komplexes Leben, das Penélope Cruz mit
nur einem Augenzwinkern, nur einer Geste ausliefern kann.
Und das alles mit diesem Widerspruch einer zarten, 1,60
Meter großen Figur und einer, im Original tiefen und immer
etwas wütenden Stimme, die rasend schnell sprechen kann.
Sie ist dabei, verglichen mit den Frauen Hollywoods, so
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wollüstig spanisch und europäisch, so gleichzeitig fordernd
und verletzbar und so sehr Frau, dass man irgendwie ganz
froh ist, auf diesem Kontinent zu leben. Es macht ihn reich.
Aber woher kommt das? Wie hat eine Penélope Cruz das
gelernt? Ganz einfach: gar nicht. Sie ist so, wie so viele dort
waren, wo sie herkommt. Aus Alcobendas, einer Arbeiterstadt nördlich von Madrid. Enge Straßen, hohe und enge
Wohnblöcke, Wäscheleinen über der Straße, Kindergeschrei
und aus den offenen Fenstern das Geklapper von Geschirr.
Hier ist sie 1974, ein Jahr vor dem Ende der Franco-Diktatur, zur Welt gekommen. Es war das Jahr, in dem aus allen
Radios immer ein Schlager von Joan Manuel Serrat kam, der
„Penélope“ hieß und den sie auch in Alcobendas alle mitsangen, auch der Automechaniker und die Friseurin Cruz,
die ihre erste Tochter eben Penélope nannten, nach dem
Schlager. Und diese Penélope wuchs mehr auf der Straße als
in der Wohnung der Eltern auf, die sich oft stritten und sich
bald scheiden ließen. Die Straße war die wirkliche Lebensschule, eine laute Straße mit pfeifenden Jungs, knatternden
Mopeds und immer wieder viel Geschrei. Wer hier leise
und lieblich war, wurde schnell überhört und übersehen.
Der Regisseur Cameron Crowe sagte später einmal über
Penélope: „Sie ist drei Viertel süß und lieblich und ein Viertel hart. Und sie balanciert das ständig aus, ihre Lieblichkeit
beschützt die Härte und umgekehrt.“ Ihre schon damals so
tiefgründige Schönheit aus ovalem Gesicht, großen dunklen
Augen und einem Mund, der gleichzeitig Versprechen und
Gefahr sein konnte, fiel in Alcobendas deshalb nicht so auf,
weil hier viele Frauen so aussehen. Es sind aber eben nur
wenige, die es herausschaffen.
Penélope stolzierte heraus, sie ging zum Ballett, wo
sie, wie sie sagt, die Disziplin zum eigenen Körper lernte; sie warf mit 15 die Schule hin und wollte unbedingt
zum Schauspiel, zum Film. Es machte ihr nichts, in
ihrem ersten Auftritt in einem Bigas-Luna-Film,
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der „Jamón, jamón“ hieß, ausführlich nackt vor der Kamera
zu sein, und es machte ihr auch nichts, wie lüstern anschließend spanische Zeitungen über sie herfielen, über die „chica
desnuda“. Sie war und sie blieb stur und ergab sich ihren
Rollen, denn was sonst sollte Schauspiel sein? Und es waren
schon ganz früh genau diese Rollen, mit denen sie überraschen konnte. Es war einfach mehr Tiefe und Widerspruch
in Penélope Cruz, als es nach außen zu sehen war. Pedro
Almodóvar, der große spanische Kinoerzähler, entdeckte
genau das und ließ sie in „Alles über meine Mutter“ eine,
aufgepasst, aidskranke und schwangere Nonne spielen. Das
war eine bizarre Dreifaltigkeit, die Penélope den Durchbruch brachte und ihr die Welt öffnete.
Und genau dann, nach über 30 spanischen Filmen, machte diese Penélope Cruz einen, wie sie heute sagt, Fehler.
Hollywood lockte, und sie dachte, die Filmhauptstadt meinte sie und nicht nur ihre langen Haare und großen Augen; sie
dachte, man wolle ihren spanischen Geist, das Sandpapier in
ihrem Wesen. Wollte Hollywood aber gar nicht. Man suchte
endlich wieder einen Latino-Star, eine schöne Spanierin, die
auch Mexikanerin oder sonst was sein könnte und die Kinokassen füllte. Penélope drehte ein paar nette und ein paar
gute Filme wie „Blow“ mit Johnny Depp, „Corellis Mandoline“ mit Nicolas Cage und dann auch noch „Vanilla Sky“,
einen verqueren Versuch von Tom Cruise, einmal Filmkunst
zu machen. In all diesen Filmen lief Cruz herum wie ihre
eigene Darstellerin, pappig, großäugig, beinahe wie in einem
Käfig. Man konnte sehen, dass die Hollywood-Regie ihr nur
vier oder fünf Gesichtsausdrücke gestattete, dabei konnte sie
383, mindestens. So wie die junge Nonne, aidsinfiziert und
schwanger. Später sagte sie einmal: „Wenn ich spiele, denke
ich nicht über die Worte nach, die ich sage, sie sind einfach
da. Aber in einer fremden Sprache muss ich sie lernen und
einzeln aufsagen, das hat mich gebremst.“
Eigenartig durcheinander wirkte sie dann auch noch einige Monate als Freundin von Tom Cruise, der sie wie immer manisch vor jede Kamera schleifte und knutschte, als
wolle er sie verhaften, was er ja auch wollte. Penélope sagt
damals den resignierten Satz: „Es ist verdammt schwer, eine
Karriere zu machen, wenn dich alle Welt nur für schön hält,
du aber eine ernsthafte Schauspielerin sein willst. Niemand
nimmt dich ernst, wenn alle denken, du bist nur eine Pretty
Woman.“ Und dann noch: „Ich kann sehr realistisch sein.
Manchmal so sehr, dass ich fast ein Pessimist werde.“ Von
Europa aus beobachtet konnte man mitansehen, wie sie im
Die Männer liegen ihr zu Füßen Ehemann Javier Bardem,
glücklicher Vater ihrer Kinder, Johnny Depp, Filmpirat mit
abgedrehtem Augen-Makeup, Hollywood-Topgun Tom Cruise
und Spaniens Kultregisseur Pedro Almodóvar
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Fotos: Fabrice Trombert /Contour by Getty Images, Patrick Demarchelier – Vogue Germany / Trunk Archive, ddp images (2), LILO/SIPA/ddp images, Juanjo Ma/ dpa Picture-Alliance
MENSCHEN
Mittelmaß langsam unterging und auch noch mit der uninteressanten Salma Hayek ein Remake des Louis-MalleKlassikers „Viva Maria!“ drehte, eine polternde Flintenmädchen-Posse, die an den Kassen auch unterging und bei
deren Dreharbeiten Penélope beinahe mit einem Flugzeug
abgestürzt wäre. Von Europa aus betrachtet tat das weh,
und es muss Pedro Almodóvar wehgetan haben. Er nahm
das Telefon, rief in Hollywood an und sagte: „Penélope,
komm nach Hause. Lass uns einen Film drehen.“
Die Geschichte der Penélope Cruz wird hier zu einem
Lehrstück darüber, was Hollywood vernichten
kann, wenn es seine Schauspieler zu einer
spiegelglatten Marke schleift. Wenn sie nur
noch in das kleine Fach passen sollen, aus
dem sich Produzenten bedienen, wenn
die Formel ihrer Filme nur noch Pinup-Mädchen braucht. Die Flucht und
die Wiedererweckung der Penélope
Cruz aus dieser Fabrik lässt den Argwohn wachsen, wem da noch alles
die Flügel gestutzt und die Kanten
geschliffen wurden. Nichts anderes
als eine Wiederentdeckung war denn
auch „Volver“, der erste Film nach
Hollywood, den Cruz drehte. Ein
Almodóvar-Film, kleine Kulisse, spanisches Licht der Nacht und Filmluft,
die man im Kino riechen konnte. Wie eine
Heimgekehrte packte Cruz all ihr Repertoire wieder aus, sie blühte in
der Doppelbödigkeit einer Rolle, in der sie eine Frau spielt, der
der Geist ihrer verstorbenen Mutter erscheint, mit aller Kraft auf.
Man konnte sehen, wie tief sie
die Heimatluft ein- und wieder
ausatmete. Das war 2006, und
Penélope war 32. Von nun an
kann man die großen Szenen
ihrer Filme wie Perlen auf eine
Schnur ziehen. In „Zerrissene
Umarmungen“ etwa, da schläft
sie noch einmal mit ihrem steinalten, eifersüchtigen Ehemann
und glaubt, am nächsten Morgen
seine Leiche neben sich zu haben.
Nackt geht sie ins Bad und malt
sich die Lippen für ihr neues Leben. Und der Mann wacht wieder auf. Das Ganze dauert nur
drei Minuten und ist ein Juwel. Oder eben „Vicky Cristina Barcelona“, ihre erste Arbeit mit Woody Allen, der in
Europa drehte. Da gibt sie nicht einfach eine Ex-Freundin,
sondern eine manisch-depressive, mit Selbstmord flirtende
Frau, die in wenigen Szenen und unzähligen Gesichtsfacetten Himmel, Hölle, Engel und Teufel zugleich vorspielt.
Zusammen mit Scarlett Johansson und dem Spanier Javier
Bardem entstehen Szenen, die in die ewige Hall of Fame des
Kinos gehören. „Sie hat keine Angst vor der Liebe“, sagte
einmal Almodóvar über die Kraft ihres Schauspiels. Anders
gesagt, Cruz kann die Liebende wie einen Boxer im
Ring spielen, austeilen, einstecken, hinfallen, wieder aufstehen.
Und so passt es, dass das Mädchen aus
Alcobendas nach einigen meist ratlosen Liebschaften vor der Kamera von
Woody Allen den Mann trifft, der ihr
Format hat. Javier Bardem, 45, Sohn einer Schauspielerfamilie, ehemaliger Rugby-Nationalspieler, Malerei-Student und
Schauspieler mit einem Felsengesicht, der abwechselnd Monster („Skyfall“) oder Verführer
(„Eat Pray Love“) darstellen kann. Sie trafen
sich schon einmal, 1992, bei ihrem ersten Film
„Jamón, jamón“, aber da waren sie noch jung
und eilten weiter. Man muss nicht kitschig sein,
um zu sagen, dass sich zwei gefunden haben.
Zwei, die sich in ihren Dickköpfigkeiten
aushalten und die Sätze und Worte nicht sprechen, sondern
wenn nötig auch schleudern, Spanier eben.
2010 heiraten sie,
heute ist Penélope
Mutter zweier Kinder. Der Nachteil:
Sie dreht weniger Filme, weil ihr eigenes Leben jetzt ihr Film ist. Mit sich als Regisseurin
und ihren Schauspielern: „Meine Kinder haben absolute Priorität, ich will die Momente
mit ihnen nicht verpassen.“
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REISEN
Paris,
aris, mon amour
Ein Streifzug durch feine Restaurants und angesagte Bistros, winzige
Käseläden, japanische Nudelküchen und Hotels mit illustrer Geschichte
T E X T: C L A U S L U T T E R B E C K
W
ir dachten, wir hören nicht richtig: „Monsieur“, sagte die bezaubernde junge Araberin am
Empfang, „vous plaisantez, Sie
scherzen! Sie wünschen einen
Tisch, heute Abend? Wir hätten vielleicht einen
in zehn Tagen …“ Wahrscheinlich ist Paris die
einzige Stadt auf der Welt, in der man einen Platz
im Bahnhofsrestaurant vorher reservieren muss.
Lange vorher. Gemeint ist nicht das ebenso opulente wie berühmte Restaurant Le Train Bleu in
dem Gare de Lyon, das unter Denkmalschutz
und in jedem Reiseführer steht. Leider ist dort
nur der Pomp an Wänden und Decken sehenswert, zum Essen aber sollte man in der Touristenfalle keinesfalls einkehren, Speisen und Service
sind äußerst mittelmäßig.
Gemeint ist das Lazare, ein neues feines Bistro
in dem quirligen Gare Saint-Lazare, das von Éric
Fréchon geführt wird. Der Drei-Sterne-Chef des
erstklassigen und eleganten Epicure im Hotel
Le Bristol (häufiger Gast: Nicolas Sarkozy) hat
ein Händchen dafür, exzellente Bistros zu eröffnen, nicht nur in seinem Mini Palais im Museum Grand Palais muss man lang warten, wenn
man einen Tisch haben will. Seit der Normanne
im vergangenen Jahr das schicke Bahnhofs-Bistro Lazare eröffnet hat, steht tout Paris Schlange und hofft darauf, vielleicht doch einen Tisch
zu bekommen. Nicht nur, weil die Preise – für
Pariser Verhältnisse – gnädig sind. Der junge
Service ganz in Schwarz könnte vielleicht etwas
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REISEN
Hotel Shangri-La
Drei-Sterne-Koch Fréchon im Lazare
Blick vom Bett
auf den Eiffelturm
ohne den Rauch und Qualm, der den Impressionisten so fas­
zinierte. Monet hatte sich extra eine kleine Wohnung nah
beim Bahnhof angemietet. Doch von den sieben Bahnhofs­
bildern, die er im Januar 1877 angefertigt hat, sind nur noch
vier erhalten, drei hängen in den USA. Zum Glück ist eines
auch noch in Paris zu sehen, im Musée d’Orsay.
er keinen Tisch im Lazare bekommt, wird ge­
genüber vom Bahnhof mehr Glück haben, in den
beiden Brasserien Garnier oder Mollard gibt es
meist einen Tisch ohne Reservierung, zumal wenn man zu
deutschen Zeiten essen geht (ein Pariser, der auf sich hält,
würde sich schämen, vor 21 Uhr auszugehen). Die tradi­
tionsreichen Häuser wurden zu einer Zeit eröffnet, als die
ersten Omnibusse vor dem Bahnhof einliefen. Das Chaos
muss gewaltig gewesen sein, denn immerhin trafen pro Tag
an die 5000 von Pferden gezogene Wagen ein, der Durst der
Kutscher und der Hunger der Reisenden ließen eine blühen­
de Restaurantszene entstehen. So auch das Café Terminus,
das traurig berühmt wurde, als am 12. Februar 1894 der
junge Anarchist Émile Henry den Laden stürmte und einen
mit Sprengstoff gefüllten Kochtopf zur Explosion brachte,
der Lüster, Spiegel und leider auch einen Gast zerfetzte. Als
der Terrorist später vom Richter beschuldigt wurde, er habe
einen „unschuldigen Bürger“ getötet, schleuderte ihm der
Bombenwerfer einen berühmten Satz entgegen, der in Paris
seit Revolutionstagen immer mal wieder in Mode ist: „Es
gibt keine unschuldigen Bourgeois!“ Heutzutage schlür­
fen die Bürger ganz friedlich in der unter Denkmalschutz
stehenden Jugendstil­Brasserie Mollard oder nebenan im
Garnier ihre Austern. Übrigens: Wer gern Meeresfrüchte
isst, sollte einmal in den feinen Vorort Neuilly hinausfah­
ren, wo Sarkozy einst Bürgermeister war. Auch er ging gern
zu Michel Rostang ins Le Jarrasse, das Plateau de mer für
128 Euro (reichlich für zwei Personen) ist den Umweg wert.
Vom Lazare­Bahnhof sind es nur ein paar Hundert Meter
zum bombastischen Palais Garnier, der Oper von Paris.
Als sich Hitler im Juni 1940, heimlich und frühmorgens,
im offenen Mercedes durch Paris fahren ließ, flippte er aus,
als ihn ein Wächter über die grandiose Treppe in den ers­
ten Stock der Oper führte: „Das ist das schönste Theater der
Welt“, schrie er. Der Pariser Prunkbau ist so etwas wie die
verschnörkelte Schwester der Hamburger Elbphilharmonie,
denn es dauerte 15 Jahre, ihn zu errichten, immer wieder
wurde der Bau wegen Finanzproblemen unterbrochen, und
als er 1875 endlich eröffnet wurde, kostete er statt der be­
willigten 15 Millionen mehr als das Doppelte: 36 Millionen
Goldfranken. Manche Abteilungen sind bis heute nicht fertig
gestellt. Um solche Geschichten zu hören, lohnt es sich, eine
Führung mitzumachen, sie finden jeden Tag zwischen 10 und
Im ehemaligen Stadtpalais der Bonapartes
befindet sich heute
ein exklusives FünfSterne-Hotel
Ex-Präsident Sarkozy im Epicure
Anarchisten-Bombe im Café Terminus
La Régalade im Hôtel de Nell
La Gare Saint-Lazare, Gemälde
von Claude Monet im Musée
d’Orsay (links); Austern in der
Brasserie Garnier (unten)
Die Freitreppe in
der Oper,
Palais Garnier
effizienter sein, aber das gleicht er durch Charme aus. Er
brachte uns Calamars sautés à l’ail et au piment d’Espelette
(15 Euro), der Knoblauch war dezent, die sanfte Schärfe
des baskischen Piments deliziös. Das sieben Stunden lang
geschmorte Lamm mit eingelegten Zitronen, Oliven und
Couscous (34 Euro) zerging auf der Zunge, und das Des­
sert – eine Eischaum­Zucker­Mehl­Milch­Kreation namens
Paris-Deauville (8 Euro) – war so göttlich, dass man end­
gültig vergaß, im zweitgrößten Bahnhof von Paris (100 Mil­
lionen Reisende pro Jahr) zu sitzen. Nur die weiß gestri­
chenen Rohre und Leitungen an der Decke erinnern daran.
Der aufwendig renovierte Gare Saint-Lazare strahlt seit
Jahresbeginn 2014 in neuem Glanz, er sieht heute wieder so
aus wie damals, als Claude Monet ihn gemalt hat, allerdings
58
Fotos: bpk/ADOC-Photos/George Dudognon (Urheber war nicht zu ermitteln), Corbis(2), dpa Picture-Alliance, Mauritius Images/Alamy,
Maurice Rougemont/laif, Rue des Archives/ SZ-Photo, Dedier Boy de la Tour, Getty Images (3) Hotel Shangri La
W
17 Uhr statt, der Eingang
dafür liegt seitlich an der
rue Scribe.
Wer in der Gegend
standesgemäß übernachten will, hat keine große
Marie-Félix
Auswahl, das 9. ArronBlanc
dissement ist quirlig,
François Bonaparte
laut und bei jungen Leuten angesagt, aber die
Hotellerie ist eher bescheiden. Bis auf das 2013 eröffnete Design-Hotel Hôtel de Nell, das zwar in einem alten Gebäude
untergebracht ist, sich mit seinem puristischen, modernen
Interieur aber angenehm abhebt von den vielen Plüschkästen, die in Paris noch immer überwiegen. Dazu gehört
das hervorragende, äußerst preiswerte Bistro La Régalade
Conservatoire, das nur kurze Zeit ein Geheimtipp war. Wer
dort für 35 Euro drei Gänge verspeisen will, muss vorbestellen. Das ist für Paris ein sensationeller Preis, wenn man
bedenkt, dass vier Stunden parken in einem engen Parkhaus
nicht viel billiger sind.
as Ritz an der nahe gelegenen Place Vendôme ist wegen Renovierung geschlossen, das Hôtel de Crillon
an der Place de la Concorde ebenfalls. Wer derzeit
wirklich fein übernachten will, muss im Shangri-La absteigen, das im Dezember 2010 im ehemaligen Stadtschloss des
Botaniker Roland Bonaparte eröffnet wurde. Wie bringt es
ein mittelloser Napoleon-Sprössling zu solch einem Palast
an einer der schönsten und teuersten Straßen von Paris?
Ganz einfach, der Mann mit dem klingenden Namen heiratete eine Frau, die zwar einen banalen Namen, dafür aber
genau das hatte, was den Bonapartes seit ihrem Machtverlust
besonders abging: Geld. Marie-Félix Blanc war so immens
reich, dass sie ihrem Gemahl eine Bleibe finanzieren konnte, wie sie sich heute nur noch russische Oligarchen oder
saudische Prinzen leisten können. Ihr Vater François hatte
nämlich herausgefunden, wie man den Leuten das Geld stilvoll und doch gnadenlos aus der Tasche zieht. Er gründete
erst das Spielkasino in Bad Homburg, später dann die Société des bains et de mer de Monaco – ihr gehört das Kasino und
der daneben liegende Belle-Époque-Palast Hôtel de Paris
D
(heute im Besitz der monegassischen Fürsten). Um sich ein
Zimmer im Shangri-La leisten zu können, muss man freilich
Glück im Spiel haben, für 800 Euro pro Nacht schaut man
nur in den Innenhof. Der Blick aus der Suite über die Seine
hinüber zum Eiffelturm ist erst ab 2700 Euro zu haben. Wie
solche Preise zustande kommen? Ganz einfach. Wer heute
ein Appartement in der gleichen Lage kaufen will, muss für
den Quadratmeter locker 25.000 Euro hinlegen.
Wer nicht ganz so viel Geld ausgeben und dennoch von
der Terrasse über die Dächer von Paris schauen will, wird
sich vielleicht im Hotel Pont Royal wohlfühlen. Es ist
ein Haus mit illustrer Geschichte: Zahllose Künstler und
Schriftsteller haben sich in der Kellerbar besoffen, darunter
Ernest Hemingway, Boris Vian oder Arthur Miller. Sartre
redigierte dort seine einflussreiche Zeitschrift „Les Temps
modernes“, und das Lästermaul Truman Capote beschrieb
die Atmosphäre so: „Damals gab es im Pont Royal eine ledrige, kleine Kellerbar, die so etwas wie die Lieblingstränke
der Haute-Bohême-Betuchten war. Der schieläugige, bleiche, pfeifennuckelnde Jean-Paul Sartre und seine altjüngferliche Amüsierdame, die Beauvoir, hockten meist in einer
Ecke wie ein verlassenes Bauchrednerpuppenpaar. Oft sah
ich dort auch Arthur Koestler, niemals nüchtern – ein aggressiver, abgebrochener Riese, der gern die Fäuste schwang.
Und Albert Camus, scharf und scheu zugleich …“ Heute ist
das Pont Royal ein Fünf-Sterne-Hotel mit Zimmern ab 260
Euro. Gleich daneben liegt das Hotel Montalembert, das
erste Fünf-Sterne-Hotel auf der Rive Gauche, ebenfalls ein
Literatentreff, denn ein Haus weiter residiert der angesehene Verlag Gallimard. Exzellent essen kann man im Restaurant zwischen den beiden Hotels. Zum Pont Royal gehört
eine Dependance der weltweit erfolgreichen Kette L’Atelier
Schielauge und Altjungfer
In der Bar des Hotels Pont
Royal trafen sich Künstler
und Literaten, darunter
Jean-Paul Sartre, Boris
Vian, Simone de Beauvoir
und Arthur Koestler
59
REISEN
de Joël Robuchon, das Menu dégustation des Drei-Sterne-Kochs
kostet 199 Euro.
Schräg gegenüber liegt einer
der kuriosesten Läden von Paris, Deyrolle. Wer seine Nase nur
in das Erdgeschoss steckt, wird
gleich wieder umdrehen. Wer geht
schon in die feine rue du Bac im
feinen 6. Arrondissement in Paris, um Gerätschaften für den
Balkongarten zu kaufen? Doch im
Obergeschoss sieht es aus wie ein
Naturkundemuseum, nur hängt
Deyrolle
an den Tieren ein Preisschild,
ein ausgestopftes Wildschwein bekommt man schon für
7200 Euro, für einen Eisbär muss man 38.000 Euro hinlegen.
Für den kleinen Geldbeutel gibt es getrocknete Skorpione
ab 20 Euro.
eil man aber nicht immer teuer und fein essen
will oder kann, braucht man ab und zu einen
kleinen, deftigen Snack. Uns hat es im winzigen
Le Tourrette in der rue de Grenelle wunderbar geschmeckt,
kleine spanische Speisen an einem langen Tisch, wir hatten
schwarzen Reis mit Calamares, mit rohem Lauch bestreut,
zum Dessert einen Manchego auf Quittenpaste, dazu drei
Gläschen Tempranillo, alles köstlich, alles für 30 Euro. Oder
man besucht die einfachen japanischen Nudelküchen rund
um die rue Sainte-Anne im 1. und 2. Arrondissement, das
Aki oder das neu eröffnete Kunitoraya, ein 15 Meter langer
Schlauch, nur drei Meter breit, nackte Ziegelwände – und
gute Suppen. Ein paar Schritte weiter liegt gut versteckt
das Kunitoraya 2, wo es mehr gibt als nur frisch gemachte
Udon-Nudeln. Das Essen ist so gut, dass man es seit Jahren
nicht nötig hat, außen mit dem Namen auf der Holzfassade
zu werben, die Eingeweihten kennen das Lokal, und sie wissen, dass es Tische selten ohne Vorbestellung gibt. Abends
wird nur das Menu Ryoma serviert, ab 70 Euro aufwärts.
Nicht zum Essen in das Viertel kam Dominique StraussKahn, er gab gelegentlich Gastspiele im Swingerclub Les
Chandelles, der gleich um die Ecke in einem Keller liegt.
Zum Essen ging DSK in die Restaurants rund um die
Assemblée nationale wie die anderen Politiker auch. Und
weil sie bei Tisch wie im Parlament eher Reformen scheuen,
bevorzugen französische Politiker eher die deftige, traditionelle Küche, wie sie bei Père Claude serviert wird. DSK
war dort Gast, Jacques Chirac sogar Stammgast, er schaffte
schon mittags Kalorienbomben wie Kalbskopf und Zunge
(23 Euro) oder so eine köstliche Schweinerei wie gegrillte
1
5
22
7
6
25
Arc
Arc de
de Triomphe
7
12
11 10
2 21
29
W
60
4
3
18
24
BARS & RESTAURANTS
1) Lazare
Parvis de la Gare
Saint-Lazare
75008 Paris
+33 1 44 90 80 80
2) Epicure
(im Hotel Bristol)
112 rue du Faubourg
Saint Honoré
75008 Paris
+33 1 53 43 43 40
Foto: Antoine Lorgnier/Biosphoto; Illustration: trussel.com
3) Mini Palais
(im Grand Palais)
3 Av. Winston Churchill,
75008 Paris
+33 1 42 56 42 42
4) Garnier
111, rue Saint-Lazare
75008 Paris
+33 1 43 87 50 40
5) Mollard
115, rue Saint-Lazare
75008 Paris
+33 1 43 87 50 22
6) Le Jarrasse
4 Avenue de Madrid
92200 Neuilly-sur-Seine
+33 1 46 24 07 56
8 20
9) Le Tourrette
70, rue de Grenelle
75007 Paris
+33 1 45 44 16 05
14
16
26 19
10) Aki
11 bis, rue Sainte-Anne
75001 Paris
+33 1 42 97 54 27
11) Kunitoraya
1, rue Villedo
75001 Paris
+33 1 47 03 33 65
9
23
17
27
15
15
30
28
12) Kunitoraya II
5, rue Villedo
75001 Paris
+33 1 47 03 07 74
13) Père Claude
51 Avenue de la
Motte-Picquet
75015 Paris
+33 1 47 34 03 05
14) Chez Françoise
Aérogare des Invalides
75007 Paris
+33 1 47 05 49 03
15) Café de
l’Esplanade
52 rue Fabert
75007 Paris
+33 1 47 05 38 80
7) La Régalade
im Hotel de Nell
7–9 rue du Conservatoire
16) Tante Marguerite
75009 Paris
5 rue de Bourgogne,
+33 1 44 83 83 60
75007 Paris,
+33 1 45 51 79 42
8) L’Atelier de Joël
Robuchon
17) Thoumieux
5 rue Montalembert
79, rue Saint-Dominique
75007 Paris
75007 Paris
+33 1 42 22 56 56
+33 1 47 05 79 00
13
HOTELS
18) Hotel Shangri-La
10 Avenue d'Iéna
75116 Paris
+33 1 53 67 19 98
21) Hotel Bristol
112 rue du Faubourg
Saint Honoré
75008 Paris
+33 1 53 43 43 40
KULTUR
24) Musée d’Orsay
1, rue de la Légion
d’Honneur
75007 Paris
SHOPPING
26) Deyrolle
46, rue du Bac
75007 Paris
+33 1 42 22 30 07
19) Hotel Pont Royal
7 rue de Montalembert
75007 Paris
+33 1 42 84 70 00
22) Hotel de Nell
7–9 rue du Conservatoire
75009 Paris
+33 1 44 83 83 60
27) Fromagerie
Barthelemy
51, rue de Grenelle
75007 Paris
+33 1 45 48 56 75
20) Hotel
Montalembert
3 rue Montalembert
75007 Paris
+33 1 45 49 68 68
23) Hôtel Thoumieux
79 rue Saint-Dominique,
75007 Paris
+33 1 47 05 49 75
25) Palais Garnier
(Opéra)
8 rue Scribe
75009 Paris,
+33 1 71 25 24 23
www.operadeparis.fr/visiter
28) Grand Epicerie
de Paris
38 rue de Sèvres
75007 Paris
+33 1 44 39 81 00
29) Jean-Paul Hévin
31 rue Saint-Honoré
75001 Paris
+33 1 55 35 35 96
30) Hugo & Victor
40, boulevard Raspail
75007 Paris
+33 1 44 39 97 73
NICHT VERZEICHNET
Musée
Marmottan Monet
2, rue Louis-Boilly
75016 Paris
Fromagerie
Sebastien Dubois
16, rue de Poissy
78100 SaintGermain-en-Laye
+33 1 34 51 00 66
Hotel Pavillon
Henri IV.
21 rue Thiers
78100 SaintGermain-en-Laye
+33 1 39 10 15 15
Großmarkt Rungis
www.visiterungis.com
61
REISEN
Politiker lieben es deftig
Doch die fetten Jahre sind vorbei, auch in
Paris dauert das Mittagessen nicht mehr
drei Stunden
Abendstimmung auf der Seine
„Dann lehnt man sich zurück, zu Hause in Hamburg, fühlt sich ein wenig
wie Gott in Frankreich und träumt vom nächsten Besuch in Paris.“
62
Fotos: Arcangelo Piai/Bildagentur Huber, Corbis, Mousse/abaca/dpa Picture- Alliance, alimdi.net, Getty Images
Andouillettes, pikant gewürzte Würste aus Schweinsdarm,
die man in Deutschland leider vergeblich sucht. Hervor­
ragend schmeckt das Fleisch vom Grill, unser Pièce de bœuf
(70 Euro für zwei) war saftig und perfekt gegrillt. Eine be­
gehrte Einkehr der regierenden Kaste ist auch das elegante
Brasserie Thoumieux, nicht weit vom Eiffelturm entfernt.
Etwas versteckt und für Touristen kaum zu finden ist eine
andere berühmte Politikerkantine, Chez Françoise. Sie liegt
im dunklen Untergeschoss des Air­France­Stadtbüros an
der Place des Invalides. Die Karte ist ebenfalls bodenständig
und traditionell. Man geht dorthin, wenn man nicht gese­
hen werden will, wer gesehen werden will, setzt sich oben
auf dem Trottoir in die weißen Sessel der Brasserie Café de
l’Esplanade am Invalidenplatz und schaut den schlanken
französischen Politikerinnen dabei zu, wie sie einen Salat
und eine Coke Zero trinken und dabei ständig telefonieren.
Die Wirte klagen schon lang über die neuen Esssitten, frü­
her hätten die Politiker stundenlang getafelt und den Wein
flaschenweise getrunken. Heute, sagt der Chef des Restau­
rants Tante Marguerite, dauere das déjeuner d’affairs „gra­
de mal eine Stunde, man trinkt ein Glas Wein und lässt das
Dessert weg“.
o kommen all die guten Sachen her, die man in den
Pariser Restaurants findet? Das meiste kommt
vom Großmarkt in Rungis, nahe beim Flughafen
Orly. Auch ihn kann man besuchen, man muss früh auf­
stehen, aber der Ausflug ist die Mühe wert. Der Bus fährt
um halb fünf Uhr morgens an der Place Denfert-Rochereau
ab, die Führung dauert von fünf bis acht Uhr und kostet
80 Euro, Frühstück inbegriffen. Wem das zu früh ist, der
kann noch immer durch die Fressgassen an der Seine ziehen,
dort, wo die Pariser einkaufen, in der rue Clèr (7. Arrondis­
sement), der rue Daguerre (14e) oder der rue Poncelet (17e),
und sich dort fragen, warum es so etwas bei uns nicht gibt.
Ein Umweg in die Fromagerie Barthélemy in der rue de
Grenelle lohnt sich. Eigentlich ist die Straße mit den schi­
cken Läden ein Paradies für Schuhkäufer, aber was Madame
in ihrem winzigen Laden an erlesenem Käse, Cremes oder
Butter bietet, bei bester Beratung, ist einmalig. Den schöns­
ten Käseladen, vielleicht von ganz Frankreich, findet man
außerhalb, im reichen Westen von Paris. In Saint­Germain­
en­Laye, dem Geburtsort von Ludwig XIV., hat die Fro­
magerie von Sébastien Dubois ihr Marmor­Interieur aus
der Belle Époque bewahrt. Im Geburtshaus des Sonnenkö­
nigs lässt sich auch übernachten, von der Terrasse des Vier­
W
Dominique de Villepin, Jacques Chirac
Käseladen von Madame Barthélemy
Strauss-Kahn und Ségolène Royal
Fischabteilung im Großmarkt Rungis
Sterne­Hotels Pavillon Henri IV hat man an klaren Tagen
einen wunderbar weiten Blick bis nach Paris, er geht über
die Seineschleifen, in denen einst die Impressionisten mit
ihren Geliebten im Gras oder in den Ausflugsrestaurants
saßen und die Welt mit neuen Augen sahen. Wer ihre Bilder
heute sehen will, besucht am besten das Musée Marmottan
Monet.
Kein Besuch in Paris darf aber enden, ohne nicht vorher
die grandiose Lebensmittelabteilung des Bon Marché, La
Grande Epicerie de Paris besucht zu haben. Man kann dort
sein Geld verschleudern für „bling h2o“, ein Tafelwasser aus
Tennessee, das 0,75­Liter­Fläschen für
59,90 Euro. Oder man kann es richtig gut Jean-Paul Hévin
anlegen und sich in den Glaskühlschrän­
ken der Metzgerei eine Côte de bœuf
aussuchen, die dort 15 Tage lang gereift,
schon leicht grau angelaufen und ihr Geld
allemal wert ist – das Kilo kostet 41,50
Euro. Daheim schiebt man das Zwei­
Kilo­Stück in den auf 200 Grad vorge­
heizten Ofen, lässt es auf jeder Seite acht
bis zehn Minuten braten, berieselt es nur
mit Fleur de Sel, leert eine Flasche Bor­
deaux Château La Lagune vom Jahrgang
2003 dazu und lässt zum Abschluss ein
paar Pralinen der besten Chocolatiers auf
der Zunge zergehen, sie stammen entwe­
der von Jean-Paul Hévin (vier Boutiquen) oder von Hugo
& Victor (drei Boutiquen, davon eine im Kaufhaus Printemps). Dann lehnt man sich zurück, zu Hause in Hamburg,
fühlt sich ein wenig wie Gott in Frankreich und träumt vom
nächsten Besuch in Paris.
63
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I KB E R G N E W S
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ER
Harmonisches Trio:
Berenberg-Markenbotschafter
Gary Player eröffnete Mitte
April mit den beiden anderen
großen Golflegenden Arnold
Palmer und Jack Nicklaus (v. li.)
eines der bedeutendsten
Sportereignisse weltweit,
das 78. Masters Tournament
in Augusta.
Franz Josef Pschierer, Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium, Tindaro Siragusano, Leiter Asset Management
Berenberg, Dr. Hans-Walter Peters, Partner Berenberg, Hans-Kaspar von Schönfels, Chefredakteur Elite-Report
Vier-Milliarden-Mandat
Innerhalb von drei Wochen hat das Private Banking von
Berenberg zwei bedeutende Auszeichnungen erhalten: Zum
zehnten Mal in Folge hat Berenberg im Report „Die Elite
der Vermögensverwalter“ („Handelsblatt“) das höchste
Prädikat „summa cum laude“ erhalten, davon in den letzten
fünf Jahren stets mit der höchsten vergebenen Punktzahl.
Auch zwei zur Londoner „Financial Times“ gehörende
Magazine zeichneten Berenberg im Rahmen ihrer Global
Private Banking Awards aus, nämlich als „Best Private Bank
in Germany“.
Das Asset Management von Berenberg hat im Februar das
größte Mandat in der Geschichte der Bank akquiriert. Nach
einem sechsmonatigen Ausschreibungsverfahren hat Aerion,
einer der größten Pensionsfonds in England, das gesamte
Management seines Fremdwährungsrisikos in Höhe von
4,1 Mrd. Euro an Berenberg vergeben. „Die aktive, dynamische Steuerung des Währungsexposures unserer ausländischen Anlagen ermöglicht es uns, sowohl die Risiken eines
Fremdwährungsinvestments zu minimieren als auch die
Potenziale zu maximieren“, so Aerion-CEO Paul Sharman.
Großes Interesse
an Investorenkonferenz
Nummer zwei
bei Börsengängen
Im Dezember 2013 fand zum elften Mal die Berenberg
European Conference in Pennyhill Park nahe London statt.
Auf der viertägigen Konferenz stellten sich 115 Unternehmen rund 280 institutionellen Anlegern aus aller Welt vor.
In 90 Präsentationen und fast 900 Einzelmeetings wurde
reger Informationsaustausch betrieben. Rund 50 Unternehmensvorstände nutzten zudem die Möglichkeit, in VideoInterviews aktuelle Themen einer breiten Öffentlichkeit zu
erklären. Die Videos sind auf der Website www.berenberg.de
zu sehen.
Berenberg hat im vergangenen Jahr 22 Börsengänge und
Kapitalerhöhungen in Europa mit einem Transaktionsvolumen von 8 Mrd. Euro begleitet. Im deutschsprachigen Raum
nimmt Berenberg gemessen an der Anzahl der begleiteten
Transaktionen laut Bloomberg einen beachtlichen zweiten
Platz ein und konnte sich vor den amerikanischen und europäischen Großbanken positionieren.
64
Fotos: Elite Report, Black Knight International, Bertold Fabricius
Ausgezeichnet
Golf-Ikone Gary Player wird
Berenberg-Markenbotschafter
Die in den letzten Jahren gewachsene Zusammenarbeit
zwischen Gary Player und Berenberg mündet nun in eine
intensive Partnerschaft, in der die südafrikanische Golf­
ikone als weltweiter Markenbotschafter für die Hamburger
Privatbank tätig sein wird. Player war während der vergan­
genen vier Jahre schon Botschafter der Berenberg Masters,
eines Turniers der European Senior Tour. „Gary Player steht
wie kein Zweiter für Sportsgeist, Fairness und Engagement
und ist eines der weltweit anerkanntesten Sportidole“, so
Dr. Hans­Walter Peters.
Gary Player ist seit 60 Jahren als Profi­Golfer tätig.
Er hat 165 Profi­Turniere gewonnen, darunter neun Ma­
jor Championships auf der regulären PGA Tour und neun
Majors auf der Senior bzw. Champions Tour. Als einer
von nur fünf Golfern hat er den Grand Slam geschafft. Mit
325 entworfenen Golfplätzen ist er die weltweite Nummer
eins und hat in seiner Karriere 25 Millionen Kilometer zu­
rückgelegt – so viel wie kein anderer Sportler.
„Ich bin glücklich, für eine so angesehene Bank wie
Berenberg als weltweiter Botschafter tätig sein zu dürfen.
Berenberg war ein fantastischer Partner bei der gemeinnüt­
zigen Arbeit meiner Stiftung, und ich habe die Zusammen­
arbeit und die Menschen bei Berenberg sehr schätzen ge­
lernt“, erklärt Gary Player.
Berenberg fördert junge Kunst
Der Berenberg Preis für junge Kunst ging Ende 2013 an
Katja Aufleger, die ihren Master­Abschluss an der Hoch­
schule für Bildende Künste Hamburg im Bereich Bildhau­
erei absolvierte. Über 1200 Besucher kamen in das Kunst­
haus Hamburg zur Eröffnung der Ausstellung „INDEX“
mit Werken 20 junger Künstler, die für den Preis nominiert
waren.
Kuratorin Elena Winkel und Andreas Brodtmann
übergaben den Preis an Katja Aufleger (r.)
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I KB E R G N E W S
Dr. Hans-Walter Peters und Joachim v. BerenbergConsbruch mit den Preisträgerinnen Boglárka
Pecze, Eva Boesch und Sun-Young Nam
Erleben Sie faszinierende klassische Automobile vor der prachtvollen Kulisse des Althoff Grandhotel Schloss Bensberg.
Samstag, 19. Juli: Rallye Historique
Klassische Fahrzeuge auf Kurs durch das Bergische Land.
Berenberg Bank Stiftung wurde 1990 aus Anlass des
400-jährigen Bestehens der Bank gegründet und fördert
seit dieser Zeit insbesondere den kulturellen Nachwuchs.
Über 800.000 Euro kamen bisher dem kulturellen Nachwuchs zugute.
Sonntag, 20. Juli: Concours d’Elégance
Weltweit einzigartige Automobile und traditionsreiche Legenden.
very important
cars only.
Brasilien:
Den mit 15.000 Euro dotierten Berenberg Kulturpreis 2014
erhält das in Hamburg beheimatete Trio Catch, bestehend
aus der Ungarin Boglárka Pecze (27, Klarinette), der Schweizerin Eva Boesch (29, Violoncello) und der Südkoreanerin
Sun-Young Nam (32, Klavier). Die Musikerinnen haben neben der klassischen Musik einen Schwerpunkt auf die Interpretation zeitgenössischer Kompositionen gelegt.
Stipendien erhielten der portugiesische Hornist Pedro José
da Silva Salazar (29) und der Schweizer Fagottist Levi Marek (28). Darüber hinaus fördert die Stiftung auch 2014
zusammen mit zwei anderen Hamburger Stiftungen die
Art School Alliance, einen Zusammenschluss von sieben der weltweit bedeutendsten Kunsthochschulen. Die
Lohnen Kosten
für Fußball-WM?
Die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 steht vor der Tür. Fans
auf der ganzen Welt freuen sich auf ein weiteres Fußballspektakel. Gleichzeitig kämpft das Gastgeberland Brasilien
mit wirtschaftlichen Problemen, und Teile der heimischen
Bevölkerung protestieren vehement gegen die hohen Kosten der WM. Das Geld sei aus ihrer Sicht im Bildungs- und
im Gesundheitsbereich besser investiert. Die Privatbank
Berenberg und das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut
HWWI haben die Wirtschaftsfaktoren der Fußball-WM in
Brasilien genauer untersucht. Tatsächlich sind die positiven
volkswirtschaftlichen Effekte von Weltmeisterschaften und
Olympischen Spielen meist verschwindend gering. Gerade
Schwellenländer sollten sich künftig genau überlegen, ob
das Prestigeobjekt Fußball-WM den Aufwand wert ist.
Foto: Bertold Fabricius
Trio Catch erhält
Berenberg Kulturpreis
U N S E R E STA N D O R T E
Hamburg
Neuer Jungfernstieg 20 • Telefon 040 350 60-0
Boston
255 State Street • Telefon +1 617 292-82 00
Bielefeld
Welle 15 • Telefon 0521 97 79-0
Genf
29, Quai du Mont-Blanc • Telefon +41 22 308 59-00
Braunschweig
Vor der Burg 1 • Telefon 0531 12 05 82-0
London
60 Threadneedle Street • Telefon +44 20 32 07-78 00
Bremen
Teerhof 59 • Telefon 0421 348 75-0
Luxemburg
46, Place Guillaume II • Telefon +352 46 63 80-1
Düsseldorf
Cecilienallee 4 • Telefon 0211 54 07 28-0
New York
712 Fifth Avenue • Telefon +1 646 445-72 00
Frankfurt
Bockenheimer Landstraße 25 • Telefon 069 91 30 90-0
Paris
48, avenue Victor Hugo • Telefon +33 1 58 44 95-00
München
Maximilianstraße 30 • Telefon 089 25 55 12-0
Shanghai
841, Yan'an Road (M.) • Telefon +86 21 64 18 84-11
Stuttgart
Bolzstraße 8 • Telefon 0711 490 44 90-0
Wien
Schottenring 12 • Telefon +43 1 227 57-0
Zürich
Kreuzstrasse 5 • Telefon +41 44 284 20-20
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