Spekulation mit Historischen Wertpapieren - Hans

Transcription

Spekulation mit Historischen Wertpapieren - Hans
Spekulation
mit
Historischen Wertpapieren
22.04.2013
1
Spekulation
mit
Historischen Wertpapieren
von Hans-Georg Glasemann
Erweiterter und aktualisierter
Vortrag erstmals referiert
anlässlich des EDHAC-Tages in
Würzburg am 21. April 2013
22.04.2013
2
Historische Wertpapiere sind …
• begehrte Sammelobjekte,
• originelle Geschenke und dekorativer Wandschmuck,
• interessante Zeitdokumente, die oft zu geschichtlichen Nachforschungen anregen,
• nur sehr eingeschränkt zur Kapitalanlage geeignet,
• manchmal auch Spekulationsobjekte!
Von gültigen Wertpapieren unterscheiden sich historische Wertpapiere grundsätzlich
dadurch, dass der Anspruch auf die verbrieften Rechte erloschen und der Wert, den
sie einst besaßen, untergegangen ist.
Wertpapiere haben in ihrem zweiten Leben als „Historisches Wertpapier“ einen
neuen Wert: den Sammlerwert, oder einen gewissen Spekulationswert.
Welche Spekulationen mit Historischen Wertpapieren die Welt in den letzten 20
Jahren erlebt hat, soll in der Folge in beispielhaften Spekulationsszenarien dargestellt
werden.
22.04.2013
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Spekulationsszenarien
Amerikanische Goldbonds 1831-1903: Historical Bond Fraud
Morgenthau-Bonds: Mythos und Realität
Eine Aktie der Palmer Union Oil von 1922: 130 Mio. Dollar wert?
Banque d`Orient – innovative Griechen lösen Spekulationswelle aus
Paraguay: Alianza-Bonds von 1880
7% Gold Bonds - Certificates of Indebtedness of Peru von 1875
Notleidende China-Bonds: Reos & Petchilis in Spekulantenhand
Alte brasilianische Auslandsanleihen
Brasilien: Petrobras und Eletrobras – Vorsicht geboten!
Alte mexikanische Bankaktien und Bonds
Die napoleonischen Zwangsanleihen von 1808-1812
Die Zwangsanleihen des Deutschen Reichs von 1922
Deutsche Gold-Dollar-Bonds 1924-1930 mit umstrittenem Wert
City-of-Leipzig 1926 – Rückzahlung in Gold?
St. Trinitatis - eine spekulative Kirchenanleihe von 1930
Fazit
22.04.2013
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Amerikanische Goldbonds 1831-1903: Historical Bond Fraud
Spekulationsobjekte: Rund 45 verschiedene Goldbonds
amerikanischer Eisenbahngesellschaften und
Bundesstaaten, emittiert 1831-1903, nicht entwertet.
Zeitraum: 1990-2000
Ausbruch: In den 1990er Jahren wurden in den Vereinigten
Staaten uralte Goldbonds amerikanischer
Eisenbahngesellschaften und Bundesstaaten plötzlich stark
nachgefragt. Hohe Preise wurden Händlern für diese Bonds
bezahlt. Eine Hausse brach auf dem Sammlermarkt aus.
Sammler lösten zu anziehenden Preisen ihre Sammlungen
auf, warfen ihre Doubletten auf den Markt.
Ganz bestimmte amerikanische Goldbonds wurden
allerseits gesucht und angeboten. Die Spekulation griff um
sich, ein grauer Markt entstand. Schon wurden angeblich
$10.000 für einzelne Goldbonds bezahlt.
Die Preisexplosion kam für alle Beteiligten überraschend
und die Ursachen der Hausse blieben zunächst unbekannt.
Kleinere amerikanische Stockbroker und plötzlich im
Internet entstandene Kapitalanlage-Anbieter boten
zunehmend solche Alt-Wertpapiere an.
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5% State of Mississippi 1838
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Amerikanische Goldbonds 1831-1903: Historical Bond Fraud
Im Internet wurden diese Titel als in Gold zahlbar, abgesichert
durch Investment-Programme erstklassiger Kreditinstitute, als
hochrentable und risikolose Kapitalanlage angepriesen, zu völlig
irrealen Preisen.
Weltweit betätigten sich im Internet auf anonymen Plattformen in
diesem Geschäft nun einige hundert „Anlageberater“ und
Dutzende von vernetzten „off-shore-Gesellschaften“ mit illustren
Namen wie beispielsweise Fidelity Secured Deposit Corporation
(Gerald A. Dobbins), Sterling International Deposit Corporation,
First Union and The Wentworth Foundation in Nassau/ Bahamas,
NBG Corporation in British Virgin Islands, Bond Exam & Deposit
Corporation in Neuhausen, Schweiz (Bill Kuhlmann), etc.
Hintergründe: Ab 1995 wurden die Hintergründe dieser
Spekulation klar. Amerikanische Behörden deckten erste
Betrügereien mit alten Eisenbahn-Goldbonds der 7% Chicago,
Saginaw & Canada Railroad Company von 1873, der 8% East
Alabama and Cincinnati Railroad Company 1870, der 7% Mad River
and Lake Erie Railroad Company von 1859, der 6% Galveston,
Houston & Henderson Railroad Company von 1853 und der 8%
Richmond and York River Railroad Company von 1866 und weiterer
ähnlicher Bonds auf.
Die als „Historische Wertpapiere“ gesammelten, alten Goldbonds
waren zum Spielball von Betrügern geworden.
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7% Chicago, Saginaw and Canada RR 1873
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Amerikanische Goldbonds 1831-1903: Historical Bond Fraud
Betrügereien: Die Betrugsversuche mit diesen Bonds nahmen kurz darauf
derartig beängstigend zu, dass das amerikanische FBI ein eigenes Dezernat unter
der Bezeichnung „Historical Bond Fraud“ zur Bekämpfung der Betrügereien
einrichtete.
Betrüger versuchten die alten Goldbonds an unerfahrene Kapitalanleger zu völlig
irrationalen Preisen zu verkaufen. Die verlangten Preise waren weit entfernt von
einem halbwegs realistischen Sammlerwert der Papiere. In der Regel nutzten
Betrüger dabei Gefälligkeitsgutachten Dritter, die bestätigten, dass die
Goldbonds Millionen von Dollar wert seien.
Diese mit Echtheitsbestätigungen verbundenen Gutachten, die zur Erreichung
eines hohen Wertes von hypothetischen Annahmen ausgingen, waren
Schwindelprodukte.
Ein typisches Gefälligkeitsgutachten überbewertete diese Goldbonds, indem es
fälschlicherweise davon ausging, dass ungeachtet der Ungültigkeit der
Goldklausel der Bonds sowie des erloschenen Status des Wertpapierausstellers,
irgendeine natürliche oder juristische Person verpflichtet sei, die Bonds in Form
von Goldbarren zurückzuzahlen.
Diese Schwindelgutachten hatten in einigen Fällen tatsächlich dazu geführt,
gutgläubige Kapitalanleger zu überreden, $150.000 in einen alten Bond zu
investieren, der normalerweise als Sammlerstück für $25 erworben werden
konnte.
In Folge der Betrugsversuche kam es in den Vereinigten Staaten zu ersten
Festnahmen und ab 1998 zu ersten Gerichtsprozessen und Verurteilungen.
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Gerald A. Dobbins
beurkundet den Wert
eines 7%igen 1873
ausgestellten Goldbonds
der Chicago, Saginaw and
Canada RR Company mit
rund 110 Mio. $
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Amerikanische Goldbonds 1831-1903: Historical Bond Fraud
Die Spekulationsblase platzt: Mehrere dieser kriminellen Machenschaften
wurden von den Behörden verfolgt und geahndet, vieles blieb aber
unentdeckt. Einige gutgläubige und unwissende Investoren, aber auch
Spekulanten, verloren bei diesen Betrügereien bis zum Ende der 1990er
Jahre erhebliche Summen an Geld.
Der breiten Öffentlichkeit bekannt wurde der von der amerikanischen
Börsenaufsicht SEC 1998 initiierte Prozess gegen Gerald A. Dobbins und die
Fidelity Secured Deposit Corporation. Es ging unter anderem um
betrügerische Bewertungen der Goldbonds der Chicago, Saginaw and
Canada Railroad Co. von 1873 und um die Tatsache, dass solche Bonds ab
1995 zu Stückpreisen von bis zu $40.000 Kapitalanlegern angeboten
wurden. In Gefälligkeitsgutachten hatte Dobbins diese Bonds tatsächlich
auf 100 bis 400 Mio. $ je Stück hochbewertet.
Nachdem einige solcher Gerichtsprozesse gegen Goldbond-Betrüger durch
die Presse gingen, platzte auch die Spekulationsblase. Endlich fielen die
Preise solcher historischer Bonds bis 2010 wieder auf ein für Sammler
zumutbares Niveau. Noch immer aber sitzen Spekulanten auf ihren
seinerzeit teuer erworbenen Goldbonds und suchen Käufer, die ihnen dafür
zumindest ihre hohen Einstandspreise bezahlen.
8% Richmond & York River RR 1866
Teilweise sind solche Goldbonds im Rahmen der verschiedenen
Gerichtsprozesse von den Behörden beschlagnahmt worden. Insofern kann
es sein, dass solche Bonds in einigen Jahren wieder auf den Sammlermarkt
zurückkehren.
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Morgenthau-Bonds: Mythos und Realität
Spekulationsobjekte: „Morgenthau-Bonds“ steht als Sammelbegriff für
eine ganze Reihe von fiktiven amerikanischen Schatzanweisungen, die
seit 1998 um die Welt gehen. Benannt wurden die Bonds nach dem
von 1934 bis 1945 amtierenden US-Finanzminister Henry Morgenthau.
Synonyme sind: Morgenthau-Gold-Bonds, Federal Reserve Notes,
Federal Reserve Bonds oder 1934 Morgenthau-Treasury-Bonds.
Emittent dieser Bonds sind generell die USA. Allen mit vier Prozent
verzinslichen Bonds gemeinsam ist ein aufgedrucktes
Ausstellungsdatum aus den 1930er Jahren, meistens 1934, und ein
auffällig hoher Nennwert je Bond über 100, 500 Mio. oder über eine
Milliarde $. In der Regel werden die Bonds verpackt in metallenen,
verschlossenen Transportbehältern angeboten (z.B. Treaty of Versailles
(TOV)-Boxen). Eine Box enthält dann Bonds in hohen
Gesamtnominalwerten von Billionen Dollar. Es existieren rund 60
verschiedene Varianten von Bonds bzw. Boxen.
Zeitraum: 1998 bis heute
Hintergründe: Bis heute werden die Bonds in einem bestimmten,
ähnlichen Betrugsschema verwendet. Die Behälter und Bonds werden
überwiegend aus Asien, aber auch aus Nigeria, England, Kanada in
betrügerischer Absicht Privatpersonen und Finanzinstitutionen zur
Kapitalanlage oder als Kreditsicherheit angeboten. Auffällig ist, dass die
Bonds selten direkt durch einen Verkäufer angeboten werden, sondern
meist unverbindlich über Dritte.
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4% Federal Reserve Note über 100
Mio. $ von 1934 - reines
Phantasieprodukt?
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Morgenthau-Bonds: Mythos und Realität
Betrugsschema: Ein bekanntes Schema ist beispielsweise die folgende
Verschwörungstheorie: Die Betrüger behaupten, dass die Bonds
während der japanischen Besetzung in Malaysia im Zeitraum 1941-1945
bei einem Flugzeugabsturz verloren gingen und seitdem als verschollen
galten. Nun sind sie zufällig, gut geschützt verstaut in
Transportbehältern, aufgefunden worden.
Die Finder haben angeblich Kontakt zur Federal Reserve Bank
aufgenommen. Die Bank hat schriftlich bestätigt, dass die Bonds echt
sind, entsprechende Echtheitsdokumente liegen vor. Damit die
Dollarauszahlung in Milliardenhöhe freigegeben wird, müssen noch
einige Aktionen und fehlende Dokumente vorfinanziert werden.
Für die Vorfinanzierung sucht man nun mutige Investoren. Die ganze
Aktion sei streng geheim. Offiziell wird die amerikanische Regierung aus
Geheimhaltungsgründen die Werthaltigkeit solcher Bonds in der
Öffentlichkeit natürlich anzweifeln, behaupten die Betrüger. Nur sie
kennen den richtigen Weg, um diese Bonds einzulösen oder als
Kreditsicherheit zu nutzen. Die Geschichten um die Morgenthau-Bonds
ziehen weltweit viele Menschen an. Diese Stories sind faszinierend,
nähren sie doch den Traum vom großen Geld. Doch was sind hier
Verschwörungstheorien, was ist die Wahrheit, oder besser die Realität?
Ich bin heute davon überzeugt, dass an den Morgenthau-Bonds
irgendetwas Wahres dran ist.
FRN-Boxen enthalten tausende von
Morgenthau-Bonds
Deshalb haben mich diese Bonds immer stark interessiert.
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Morgenthau-Bonds: Mythos und Realität
In der Realität bin ich bei diesen Bonds bisher nur auf simple
Gaunereien gestoßen. Ich habe in den letzten Jahren mitbekommen,
wie hunderte Menschen beim Versuch, mit diesen Bonds zu
spekulieren, ihre eigene Zeit und die von Dritten verschwendet haben.
Und manchmal haben sich solche Spekulanten in heikle rechtliche
Situationen gebracht.
US-Behörden geben Kapitalanlegern folgende Warnhinweise: Die
Morgenthau-Bonds sind weder Geld, noch Obligationen, es sind
fiktive Wertpapiere, vermutlich ab 2001 auf den Philippinnen
hergestellt, später in Malaysia. Die USA und die Federal Reserve
Banken bedienen diese Bonds nicht. Ein Anbieten solcher Bonds zum
Kauf oder als Kreditsicherheit ist Betrug und führt in der Regel zu
strafrechtlichen Konsequenzen.
Viele Menschen, die sich mit den Morgenthau-Bonds befassen,
möchten aber solche Warnungen nicht hören. Sie werden regelrecht
wütend, wenn man ihnen die Fakten darlegt, da man damit ihre
Hoffnungen und Träume vom schnellen Reichtum zerstört.
Einer sachlichen Argumentation können allerdings „Spekulanten mit
gesundem Menschenverstand“ folgen: Selbst wenn die MorgenthauBonds echt wären, sind sie noch lange nicht werthaltig. Einen Wert
hätten sie erst, wenn der Emittent, das heißt die Vereinigten Staaten
von Amerika oder die Federal Reserve Banken, bereit sind, die Bonds
zurückzuzahlen. Das tun sie aber definitiv nicht, wie die amerikanische
Staatsschuldenverwaltung erklärt.
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Henry Goldgierd berichtet 2012 über die
Morgenthau-Bonds
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Eine Aktie der Palmer Union Oil von 1922: 130 Mio. Dollar wert?
Diese Aktie der Palmer Union Oil von 1928 ist entwertet – hat daher kein Spekulationspotential!
Spekulationsobjekt: Aktien der amerikanischen Palmer Union Oil Company, ausgestellt 1917-1928
Zeitraum: 2008-2012
Ausbruch: Der Kalifornier Tony Marohn erwarb im Jahr 2008 auf einem Garagenflohmarkt für fünf Dollar die
dekorative Aktie Nummer B 6860 von 1922 über 1.625 Anteile der „Palmer Union Oil Company“. Die Aktie war nicht
entwertet. Nach einem von ihm bestellten Gutachten über diese Ölaktie, stellte er fest, dass die heute nicht mehr
bestehende Palmer Union Oil Company eine direkte Vorgängergesellschaft von Coca Cola war.
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Eine Aktie der Palmer Union Oil von 1922: 130 Mio. Dollar wert?
Hintergründe: Marohn berechnete, dass seine Aktie, bedingt
durch jahrelange Kapitalerhöhungen, rund 1,8 Mio. Anteile des
heutigen Grundkapitals der Coca Cola Company ausmachten.
Seine neu erworbene Aktie war nicht entwertet. Flugs setzte er
seinen Namen auf das leere Übertragungsfeld der Rückseite ein,
was ihn nach seiner Meinung nun als rechtmäßigen
Aktienbesitzer auswies. Dann forderte er für die aus seiner Aktie
resultierenden Anteile von dem Getränkegiganten einen Betrag
in Höhe von rund 130 Mio. $.
Coca Cola „was not amused“. Zwei Jahre lang versuchte der
Amerikaner vom Coca Cola Konzern das viele Geld gerichtlich
einzuklagen. Der Konzern antwortete 2009 mit einer Gegenklage
und erklärte dem Gericht, dass Marohns Aktie wertlos sei. Tony
Marohn verstarb ein Jahr später. Nun setzen die Hinterbliebenen
seinen Kampf fort.
Sie wollen, wie zuvor ihr Tony, mit der Aktie zum größten
Aktionär des Getränkeherstellers werden und setzten im April
2012 vor Gericht eine Pressekampagne in Szene. Ein Gericht
muss jetzt über die Forderung entscheiden. Der zuständige
Richter Stine in Delaware erwies sich allerdings als skeptischer
Zeitgenosse.
Gutachten von Bob Kerstein von
OldCompany.com über die Verschmelzung
der Palmer Union Oli Company in den
Coca Cola-Konzern
Die Coca Cola Company erklärte in Atlanta: „Die Forderung durch
das Zertifikat, das sich auf eine längst untergegangene Firma
bezieht, ist wertlos und zudem unfair gegenüber den Millionen
legitimen Anteilseignern“.
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Eine Aktie der Palmer Union Oil von 1922: 130 Mio. Dollar wert?
Marohn-Anwalt Murgules sah das naturgemäß anders: Seit Tony sich
selbst als Inhaber auf der Palmer Union Oil Aktie eingetragen habe, sei
er rechtmäßiger Eigentümer von 1,8 Millionen Anteilen an Coca Cola.
Der Richter solle darüber entscheiden, ob die Erben Marohns zukünftig
Millionäre werden.
Der Richter forderte, dass die Marohns ihre Palmer Union
Aktionärsrechte in allen Einzelheiten beweisen müssten. Nach
genauerer Durchsicht des Kerstein-Gutachten stellte sich heraus, dass
man bei der Kalkulation der 1,8 Mio. Anteile wichtige Punkte des
Berichts übersehen hatte.
Letztlich musste der Wert der Aktie auf ​15.000$ reduziert werden,
woraufhin die Familie Marohn anbot, ihre Ansprüche zurückzuziehen ...
und man vermutlich einen Kompromiss erzielte.
Eine spekulative Aktie der Palmer Union
Oil am 18.4.2012 bei ebay zu $172,50
zugeschlagen
Die Aktien der „Palmer Union Oil Company“ sind auf dem
Sammlermarkt häufig zu finden. Nachdem die Marohn-Story 2012
durch die Presse ging, wurden diese bisher eher im Preissegment von
5-10 $ zu findenden Papiere auf ebay-USA von Spekulanten zu $150 bis
$400 je Stück angeboten, und manchmal sogar zugeschlagen.
Die Sammler durchsuchten ihre Sammlungen nach den Aktien der
Palmer Union Oil Company, um Kasse zu machen.
Der Erfolg war wohl eher durchwachsen! Die Spekulation mit diesen
Stücken brach Mitte 2012 zusammen.
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Banque d`Orient – innovative Griechen lösen Spekulationswelle aus
Spekulationsobjekt: Die Aktien der griechischen Banque d`Orient von
1904, 1906, 1910, 1925 und 1927 über französische 125 Goldfranken.
1932 wurde die Bank bei einem Kapitalstand von 35 Mio. Goldfranken (=
280.000 Anteile) auf die Griechische Nationalbank verschmolzen
(Anteilscheine über 1 Aktie oder 10 Aktien).
Zeitraum: 2010 bis heute
Hintergründe: Im Herbst 2011 stand es in der Zeitung: Es ist viel Geld zu
verdienen mit den alten Aktien der Banque d'Orient. Die Bank – 1904
von der Griechischen Nationalbank gegründet – wurde bislang als
untergegangen angesehen, die Aktien als wertlos. Das wollte die Familie
Sorra aus Patras nicht akzeptieren. Sie besaßen solche Aktien und hatten
über deren Wert eine ganz andere Vorstellung.
Die Sorras beauftragten kurzum den Professor Theodore Kariotis von der
Universität von Maryland, ihr 40-Stück Aktienpaket auf der Grundlage
von 125 Goldfrancs je Aktie zu bewerten.
Der Bericht war überraschend, das Ergebnis atemberaubend: Die FinanzExperten kalkulierten je Aktie einen heutigen Wert von 670 Milliarden €,
das Gesamtpaket der Familie hatte demnach einen Wert von 30 Billionen
€.
Ergraute Sammler alter Wertpapiere kannten aus der Vergangenheit
zwar diverse Goldbond-Spekulationen, aber eine Spekulation auf
Goldaktien, zumal in dieser gigantischen Höhe, das hatte es noch nie
gegeben.
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Banque d`Orient – innovative Griechen lösen Spekulationswelle aus
Vor diesem wissenschaftlichen Gutachten muss die Griechische
Nationalbank wohl mehr Furcht gehabt haben als vor der
deutschen Bundeskanzlerin, denn eine Zeitung berichtet: Im
April 2010 hatte die Familie Sorra die Griechische Nationalbank
kontaktiert. Die Gouverneurin der Nationalbank erklärte, dass
sie sich der Problematik dieser Sache voll bewusst sei. Nach
Gesprächen schlug die Zentralbank von sich aus einen
Kompromiss zur Zahlung von 1,5 Milliarden € für 10 Aktien der
Banque d'Orient vor.
Bald aber sollte sich das Klima in der Nationalbank wandeln.
Kühl erklärte man Anfang 2011, dass die Aktien nach einem
Gesetz von 1944 wertlos seien. Mittlerweile hatten die Sorras
aber vier ihrer Aktien einer von ihnen gegründeten,
gemeinnützigen Organisation gespendet. Diese Spende reichten
sie in ihrer Steuererklärung beim Finanzamt in Patras ein.
Das Ziel war klar. Der griechische Staat ist in diesem Fall
verpflichtet, dem Spender 0,5% der Steuern zu erstatten, das
sind 13,5 Mrd. €. Das Finanzamt verwies die Sache an das
Finanzministerium. So weit, so gut! Die Sache liegt derzeit bei
Gericht.
Wie diese Sache weitergeht im undurchsichtigen, antiquierten
griechischen Steuersystem, wagt niemand zu prophezeien.
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Das Gutachten von Professor Kariotis
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Banque d`Orient – innovative Griechen lösen Spekulationswelle aus
Ausbruch: Ab Herbst 2011 gab es eine Mini-Hause mit den
Aktien der Banque d'Orient. Früher kosteten diese Aktien
bei eBay maximal 10 € pro Zertifikat, wenn sie überhaupt
verkäuflich waren.
Durch Spekulanten getrieben erbrachten die Aktien dort
anfangs mehrfach 1.000 bis 2.000 € je 125 Francs-Aktie.
Unklar ist, ob es echte Verkäufe oder spekulative
Scheingefechte waren. Einige Sammler berichten von
bezahlten Verkäufen, andere blieben auf ihren verkauften
Aktien sitzen.
Dann brachen die Kurse ein, erst auf rund 400 €. Anfang
2013 erhielt man mit viel Glück gerade noch 60-80 €, heute
scheint die Spekulationsblase geplatzt zu sein.
Die spekulativen Geschäfte mit diesen Aktien sind eine
reine Luftnummer, da der anstehende Gerichtsprozess im
griechischen Chaos versinken wird.
Die Spekulation mit diesen Aktien hält derzeit auf niedrigem
Niveau an.
Aktie der Banque d`Orient über 125
Goldfranken aus der Kapitalerhöhung
1910
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Paraguay: Alianza-Bonds von 1880
Spekulationsobjekt: Alianza-Bonds sind Auslandsanleihen der
Republik Paraguay , ausgegeben um 1880 in Asunción (Republica
del Paraguay, Deuda Externa).
Es handelt sich bei den Alianza Bonds um Reparationsanleihen
aus dem Krieg der dreifachen Allianz (Guerra de la triple Alianza)
auf der Basis des Friedensvertrages von 1876, hier beruhend auf
Abmachungen zwischen Argentinien und Paraguay vom 3.2.1876.
Sie dienten zum Ausgleich von Kriegsschäden, insbesondere bei
argentinischen Landbesitzern. Der Tripel-Allianz-Krieg, auch als
Paraguayscher Krieg bezeichnet, zwischen Paraguay auf der einen
und Brasilien, Argentinien und Uruguay auf der anderen Seite,
war der blutigste Konflikt in der lateinamerikanischen
Geschichte. Während dieses Krieges (1864-1870) wurde
Asunción von Brasilien besetzt. Die Besatzung dauerte bis 1876.
Zeitraum: seit 1995 bis heute
Hintergründe: Die unentwerteten Inhaberanleihen sind mit 5%
Zinsen ausgestattet, es sind „ewige Renten“ , d.h. ihre Laufzeit ist
zeitlich unbeschränkt. Die Währung lautet auf Gold gedeckte
„Peso Fuerte“. Ein „Peso Fuerte“ wird von 1,66 Gramm Gold
gedeckt. Aufgrund des derzeit hohen Goldpreises ergeben sich
bei der Umrechnung des Goldwertes leicht Milliardensummen.
Alianza-Bond 1880
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Paraguay: Alianza-Bonds von 1880
Interessierte Kreise kalkulieren für diese Bonds bei Nominalwert und
rückständigen Zinsen sehr hohe Rückzahlungswerte. 1997 wurde der Wert
eines Alianza-Bonds in einem Gutachten von Gerald A. Dobbins mit 985,75
Mio. $ kalkuliert.
Die Alianza-Bonds von 1880 wurden bisher von Paraguay nicht bedient, sie
werden vermutlich nie zurückgezahlt werden. Einige Hundert betroffene
Inhaber dieser Bonds warten seit 1880 auf die ihnen zustehende
Entschädigung. Die Bonds sind echt und gehören in der Regel den
Nachkommen der ursprünglichen Besitzer, die ihre Besitzrechte notariell
nachweisen können.
Einige Bondholder und Spekulanten versuchen seit vielen Jahrzehnten ihre
Bonds zu versilbern und würden sich bei 10% (oder weniger) des
Goldwertes gern von den Papieren trennen. Es gab um 1997 sogar ein
betrügerisches Investment- Trading-Programm für die Alianza-Bonds bei
der später aufgrund gerichtlicher Urteile geschlossenen kalifornischen
Firma Fidelity Secured Deposit Corporation (siehe rechts).
Das letzte Mal hörte man 2008 von den Alianza-Bonds. Fredy Ramon
Gonzalez zog mit seinem Anwalt als Vertreter einer kolumbianischen
Gesellschaft unter großen Medienrummel in Paraguay vor Gericht. Er
forderte von Paraguay die Rückzahlung von 13 Alianza-Bonds aus dem
Besitz seiner Gesellschaft. Seine Geldforderung belief sich auf 9,136
Milliarden €. Das Verfahren endete für Gonzales unsanft – die
Staatsanwaltschaft begann gegen ihn wegen Betrugs mit den Anleihen zu
ermitteln. Man hörte von der Sache danach nichts mehr.
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7% Gold Bonds - Certificates of Indebtedness of Peru von 1875
Spekulationsobjekt: Die Certificates of Indebtedness, kurz 7% Peruvian
Gold Bonds von 1875 wurden am 1. Mai 1875 von Peru ausgegeben. Die
Anleihen sind zu 1.000 US-Golddollar gestückelt, Emissionsvolumen: 3,6
Millionen US-Golddollar, eingeteilt in 3.600 Schuldverschreibungen.
Anleihezweck war die Begleichung von Schulden der peruanischen
Regierung gegenüber der amerikanischen Gesellschaft Guano
Consignment Company. Die Anleihen wurden bereits im Emissionsjahr
Not leidend.
Zeitraum: Seit 1993 bis heute
Hintergrund: Die Peruvian Gold Bonds von 1875 werden seit Beginn der
1990er Jahre in den USA und auch in Deutschland betrügerisch zur
Kapitalanlage angeboten.
Ein Certificate of Indebtedness of Peru
von 1875 – 6,5 Billionen $ wert?
Die Angebote erfolgen meist über das Internet (ebay, bradynet,
eagletraders, dhrcproperties, etc.).
Durch meist notariell beglaubigte Gutachten werden die Bonds
hochbewertet (AEGIS e-journal auf 100 Mio. $, Wilhelm Kuhlmann auf
rund 54 Mio. $).
Angeblich sind die Bonds eine Verbindlichkeit der USA, in Gold zahlbar
und Bestandteil mehrerer Investment-Trading-Programme weltweit.
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7% Gold Bonds - Certificates of Indebtedness of Peru von 1875
Bei ebay ständig im Angebot: ein 1875 Peru
Certificate of Indebtedness über $1.000 im
Ausruf für $20.000
Als ein weiteres Phänomen rund um die Peruvian Gold Bonds muss das ominöse Finanzkonstrukt „Peruvian
Bearer Bond Bonus 3392-181“ erwähnt werden. Bei diesem betrügerischen Konstrukt soll es sich um eine 1989
neu verbriefte Forderung gegen die USA handeln, die einer Holding gehört und finanziell abgesichert ist durch
einen Peruvian Gold Bond von 1875 mit der Nummer 181. Der Wert des als „one-time only Commodity
Contract“ bezeichneten Finanzkonstrukts wird mit sagenhaften 6,5 Billionen $ beziffert.
Das peruanische Finanzministerium hat 1995 in einer diplomatischen Note an die amerikanische
Börsenaufsicht SEC im Rahmen von zwei in den USA anhängigen Betrugsverfahren, bei denen derartige Bonds
genutzt wurden, festgestellt, dass die Peruvian Gold Bonds von 1875 in einer abschließenden staatlichen
Schuldenregelung im Jahr 1952 bzw. 1953 abgewickelt wurden. Die Regierung von Peru bestätigte gegenüber
der SEC auch, dass vermeintliche Abkommen der Regierung mit einigen internationalen Banken zum Rückkauf
der Peruvian Gold Bonds von 1875 niemals bestanden haben.
In Deutschland kam es 2008 zu einem Gerichtsverfahren, da ein Luxemburger Vermögensberater seinem
Kunden einen Peruvian Gold Bond für $500.000 verkauft hatte.
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Notleidende China-Bonds: Reos & Petchilis in Spekulantenhand
Spekulationsobjekt: Die chinesischen 5%igen Reorganisationsanleihen von
1913 und die 5½%igen Anleihen der chinesischen Provinz Petchili von 1913.
Hintergrund: Die meist sehr dekorativen chinesischen Auslandsbonds sind
seit vielen Jahrzehnten die hochspekulativen Klassiker unter den „Historischen
Wertpapieren“. Die heute noch ausstehenden Auslandsschulden China `s aus
115 Auslandsanleihen, begeben im Zeitraum von 1898 bis 1937, umfasst
Anleihen im Wert von 574 Mio. $, zu ergänzen um 1.345 Mio. $ aus 20
Kriegsanleihen begeben 1938-1944. All diese Auslandsbonds sind seit 1939
notleidend. Immer wieder gab es in den letzten Jahrzehnten Spekulationen
zur Rückzahlung der chinesischen Altschulden, was sich an der Pariser und
Londoner Börse an den Kursausschlägen der dort notierten chinesischen
Altanleihen sofort ablesen ließ. Auch betrugsähnliche Manöver mit diesen
Bonds konnten 1998 beobachtet werden.
Nachdem die französische Regierung 2001 die Ablösung der notleidenden
Zarenbonds erreicht hatte, begannen in Paris und London die Börsenkurse der
chinesischen Anleihen zu steigen. Man spekulierte darauf, dass auch China
eine ähnliche Rückzahlungsaktion wie Russland anstreben würde.
Seit 2011 stehen im Fokus der Spekulanten: Die 5% Reorganisations-Anleihe
von 1913. Das Volumen der Staatsanleihe belief sich auf 25 Millionen Pfund
Sterling. Die Anleihe hatte eine Laufzeit von 47 Jahren, es war seinerzeit die
größte Auslandsanleihe Chinas. Sie wurde platziert durch einige der
weltgrößten Banken (u.a. durch die Hong Kong and Shanghai Banking
Corporation) und in verschiedenen Währungen begeben.
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5% Reorganisationsanleihe von
1913 über 100 £
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Notleidende China-Bonds: Reos & Petchilis in Spekulantenhand
Ab 1939 wurde die Anleihe notleidend. Der ausstehende Betrag
beläuft sich heute auf rund 20 Mio. Pfund Sterling.
Seit 2012 stehen im Fokus der Spekulanten: Die 5½%igen Anleihen der
chinesischen Provinz Petchili von 1913. Die Provinz Petchili begab
25.000 Bonds über je 20 £. Die gesamte Emission über 500.000 £ ist
seit 1939 notleidend.
Die Spekulation mit den Reos und Petchilis läuft auf drei Ebenen:
•
Einzelstück-Vermarktung: Die 20£-Anleihestücke werden einzeln
zu Preisen zwischen $200 und $500 von Sammlern und
Spekulanten bei ebay gekauft und verkauft.
•
Händler und Sammelstellen: Bestimmte Händler (z.B. George
Labarre Galleries) horten Bestände und bieten die Reo-Anleihen
über 20 £ zu beispielsweise zu $2.200 an.
•
Trading Plattformen mit Traumpreisen: Auf bestimmten
Plattformen im Internet (z.B. Topix, Tradeholding, Tradekey)
werden die Reos zu Beträgen von $150 Mio. (je Stück über 20 £ )
und Petchilis zu Stückpreisen zwischen $20.000 und $1 Mio.
gesucht und angeboten.
George Labarre Galleries bietet Mitte März
2013 ein Riesenlot Reorganisationsanleihen
an: 3.900 Stück über 20 £ zu je $2.200 und
635 Stück über 100 £ zu je $10.200.
Alle Anbieter betonen, dass sie lediglich historische Dokumente
verkaufen und dass sie weder Banker, Wertpapierhändler noch
Anlageberater sind. Diese und weitere Einschränkungen sollen eine
eventuelle Strafverfolgung oder Schadensersatzansprüche im Vorfeld
verhindern.
22.04.2013
23
Notleidende China-Bonds: Reos & Petchilis in Spekulantenhand
George Labarre Galleries bietet Mitte März 2013 ein Lot
Petchili-Anleihen zu Mondpreisen an: 45 Stück über 20 £
zu je $20.200
Petchili-Bond von 1913
22.04.2013
24
Alte brasilianische Auslandsanleihen
Spekulationsobjekt: Auslandsanleihen Brasiliens, von
brasilianischen Bundesstaaten, brasilianischen Städten und
anderen staatlichen Körperschaften in US-Dollar, Pfund Sterling
und französischen Franken, ausgegeben zur Finanzierung
öffentlicher Ausgaben zwischen 1902 und 1955.
Zeitraum: 2000 bis heute
Hintergrund: Die Spekulation mit alten brasilianischen
Auslandsanleihen begann um 2000. Für einzelne Bonds über 20
Pfund Sterling wurden Preise von einigen $1.000 gezahlt.
Hauptumschlagsplätze waren ebay, HWP-Auktionen und
französische HWP-Händler. Die Käufer waren meist brasilianische
Rechtsanwälte.
Die Spekulation mit Brasilienanleihen hat eine fundierte Basis, da
noch heute eine Anzahl von rund 40 brasilianischen
Auslandsanleihen, die zwischen 1883 und 1931 begeben wurden
laufend bedient werden. Die Bedienungskonditionen richten sich
nach der Gesetzesverordnung Nr. 6.019/43 der brasilianischen
Regierung. Tilgungen erfolgen ausschließlich über ausländische
Zahlungsstellen zu gestreckten Fälligkeitsterminen zum Nennwert
(teilweise zu 12% vom Nennwert), Zinsen werden teilweise
verbilligt gezahlt.
Alle US-Dollar-Bonds wurden zwischenzeitlich zur Rückzahlung
aufgerufen. Es befinden sich nur noch wenige Pfund Sterling –
Anleihen im Umlauf.
22.04.2013
Eisenbahnanleihe des Bundesstaates Sao-Paulo
über 20 Pfund Sterling von 1911
25
Alte brasilianische Auslandsanleihen
Im Jahr 2011 berichtet das brasilianische Schatzamt (National Treasury)
unter der Überschrift „Öffentliche Schulden – Betrug mit alten
Schuldverschreibungen“:
•
Betrug: Einige Anwaltskanzleien haben in speziellen Programmen
angeblich hoch werthaltige Anleihestücke, begleitet von gefälschten
Beweispapieren und unrealistischen Wertkalkulationen ihren Kunden
zur steuerlichen Optimierung angeboten. Den Kunden sind dabei
Vermögensschäden entstanden. Keines dieser Programme ist juristisch
durchführbar. Im Folgenden zeigen wir, warum diese Programme
unwirksam sind.
•
Brasilianische Anleihen: Im Jahr 1957 hatte die brasilianische
Regierung ihre öffentliche Schuldenverwaltung konsolidiert. Im Verlauf
dieser Reorganisation wurden alle notleidenden zwischen 1902 und
1955 ausgegebenen Staatsanleihen unifiziert und in neue
Schuldverschreibungen umgetauscht. Die neuen 1957 im Umtausch
ausgegebenen Anleihen wurden nach fünf Jahren zur Rückzahlung
fällig. Das bedeutet, dass 1962 alle bis 1955 emittierten und nicht
umgetauschten brasilianischen Staatsschuldverschreibungen heute
ihren Wert verloren haben.
•
Emissionen in französischen Franken: Während der 1940er und 1950er
Jahre wurden Schuldenregelungen zwischen der brasilianischen und
der französischen Regierung über die in Frankreich aufgelegten
brasilianischen Staatsanleihen getroffen. Diese Anleihen sind
inzwischen wertlos.
22.04.2013
Anleihe des Bundesstaates Bahia über
20 Pfund Sterling von 1911
26
Alte brasilianische Auslandsanleihen
Der brasilianische Staat warnt vor dem Betrug
mit alten Anleihetiteln mit dieser 30-seitigen
Aufklärungsbroschüre
22.04.2013
5% Etats-Unis du Brésil von 1931 über 500
französische Franken … seit vielen Jahrzehnten
spekulativ
27
Brasilien: Petrobras und Eletrobras – Vorsicht geboten!
Spekulationsobjekte: Obligationen der Petroleo
Brasileiro S.A. (Petrobras) emittiert von 1956 bis
1959 und der Eletrobras Centrais Eletricas
Brasileiras S.A. (Eletrobras) von 1965 bis 1967.
Zeitraum: 1963 bis heute
Hintergründe: Die besagten Obligationen sind
nicht börsennotiert. Sie werden auf vielen
Internetplattformen zusammen mit notariellen
Gefälligkeitsgutachten, die die Echtheit und
einen hohen Wert attestieren, in betrügerischer
Weise (gesucht und) angeboten (zum Beispiel
mindestens 3000 von 1957 bis 1959 emittierte
Petrobras Bonds über je CR$ 1'000,00 Nennwert
zu einem Stückpreis von $22.000).
Offiziell nachzuweisen sind diese Obligationen
lediglich bei den beiden heute noch
existierenden früheren Emittenten. Beide
Emittenten schreiben auf Anfrage, dass die
Obligationen verjährt und nicht werthaltig sind.
Im Internet warnt der brasilianische Monitor das
Fraudes (www.fraudes.org) vor dem Betrug mit
den Obligationen von Petrobras und Eletrobras.
22.04.2013
28
Alte mexikanische Bankaktien und Bonds
Spekulationsobjekt: Einige Hundert verschiedene
mexikanische Bankaktien und Fremdwährungsanleihen (USDollar, Pfund Sterling, französische Franken, Reichsmark),
überwiegend ausgegeben zur Finanzierung öffentlicher
Ausgaben zwischen 1850 und 1951.
Zeitraum: 2008 bis heute
Hintergrund: Nachdem es in der Vergangenheit kaum
Nachfrage zu mexikanischen Wertpapieren gab, begannen um
2008 plötzlich die Preise für diese Wertpapiere zu steigen.
Nachdem alte mexikanische Staatsanleihen, zum Beispiel eine
Anleihe der Republica Mexicana von 1913, im Jahr 2009 auf
ebay $60.000 erbrachte, zogen die Preise für solche Papiere in
der Spitze mehrfach auf 5-stellige Werte an. Im September
2011 erbrachte ein Stück 6% Mexican Empire 1864 in London
$200.000. Kurz darauf folgte eine Hausse bei mexikanischen
Bankaktien. Eine Aktie der Banco de Mexico von 1906 über 100
Pesos wurde im Juli 2012 beispielsweise bei ebay mit $36.000
zugeschlagen.
Die Wertpapiere wurden überwiegend auf ebay, auf deutschen
HWP-Auktionen, über George Labarre und TOPIX angeboten
und verkauft. Nachfrage gab es insbesondere in den USA und in
Mexiko. Die Spekulanten verpassten den Wertpapieren
Spitznamen, um sie einfacher anbieten zu können.
22.04.2013
Maximilian Bond 1864
29
Alte mexikanische Bankaktien und Bonds
Einige Beispiele: 6% Mexican Empire 1864 „Maximilian“, 6%
Tesoreria General 1843 „Black Eagle“, 5% Estados Unidos
Mexicanos Deuda Interior Amortizable „Pink Lady Type“, Aktie
Banco de Guanajuato 1904/ 1906 „Winston Churchill”, Aktie
Banco Central de Mexico 1903/ 1905/1908 „Blueberry“ und
Aktie Banco Peninsular Mexicano 1908 „Twin Ladies”.
Im Rahmen dieser Spekulation stiegen die Preise für sämtliche
mexikanischen Wertpapiere an. Stücke die früher für $5 kaum zu
verkaufen waren, wurden nun zu $100 angeboten, und teilweise
sogar verkauft.
Natürlich wurde vermutet, dass die mexikanische Regierung die
alten Bankaktien und Bonds zurückzahlen will.
Aber mitnichten!
Wenn man im mexikanischen Finanzministerium bezügliche der
Werthaltigkeit der alten Papiere anfragt, erhält man von der
Banco de Mexiko eine Kurzinformation mit Anhang, der 34
Anleiheemissionen enthält.
Aktie Banco Central Mexicano
„Blueberry“
Die Regierung gibt in diesen Schreiben ein Statement ab, dass sie
keine alten Anleiheforderungen begleichen wird.
Das beindruckt die Spekulanten aber keineswegs, die Nachfrage
nach mexikanischen Goldanleihen bleibt bis auf weiteres
ungebrochen.
22.04.2013
30
Alte mexikanische Bankaktien und Bonds
Die mexikanische Regierung teilt mit, dass sie alte
Anleiheschulden nicht begleichen wird
22.04.2013
George LaBarre bietet an: 23 Blueberries zum
Stückpreis von $225.000
31
Alte mexikanische Bankaktien und Bonds
collect-a-thon bietet auf ebay zum Sonderpreis von $199.996 an: ein 1843 Black Eagle Bond. Solche Angebote sollen einen
hohen Wert der mexikanischen Goldbonds suggerieren. Man sucht damit „dumme“ und vermögende Kapitalanleger.
22.04.2013
32
Alte mexikanische Bankaktien und Bonds
Hier ein weiteres Beispiel: collect-a-thon bietet auf ebay zum Mondpreis von $800.000 (statt $1.000.000) an: The Holy Grail of
Mexico Gold Bonds! 1899er Serie A mit 1.000 Pfund Sterling Nennwert. Unbedarfte Kapitalanleger sollen angelockt werden.
22.04.2013
33
Alte mexikanische Bankaktien und Bonds
Im Hintergrund undurchsichtige Goldwertkalkulationen, zum Beispiel für Nominalwert und rückständige Zinsen per 2006 für die
mexikanischen 5% Bonds von 1837: 100 Pfund Sterling = $ 17.161.900/ abgebildeter Bond: 500 Pfund Sterling = Wert von $85.809.501
22.04.2013
34
Die napoleonischen Zwangsanleihen von 1808-1812
Spekulationsobjekt: Die von 1808-1812 herausgegebenen
Zwangsanleihen des Königreichs Westfalens.
Zeitraum: 2012 bis heute
Hintergrund: Napoléon Bonaparte (1769-1821) schuf 1807,
nachdem er halb Europa unter seine Herrschaft gebracht hatte,
mit dem Königreich Westfalen einen neuen Staat auf deutschem
Boden, der politisch und militärisch vollständig unter
französischer Kontrolle stand. Geschaffen wurde das neue
Königreich von Napoléon für seinen jüngeren Bruder Jérôme
(Hieronymus) Bonaparte (1784-1860), im Volksmund hieß er
„König Lustigk“. Die finanzielle Lage des jungen Königreichs war
schon bei der Gründung so desolat, dass nur noch eine Lösung
blieb – eine Zwangsanleihe.
Drei „Classen“ gewaltsame Obligationsserien wurden begeben
und zwangsweise eingetrieben: 1808 die erste Anleihe mit
geplanten 20 Millionen Franken, 1810 die zweite Anleihe über
geplante 10 Millionen Franken und 1812 schließlich die dritte
Anleihe über 5 Millionen Franken.
Gewaltsam eintreiben ließen sich mit diesen Anleihen nur 19,9
Millionen Franken. Als sich der Niedergang Napoleons 1813 nach
den Niederlagen in Russland und der Völkerschlacht bei Leipzig
abzeichnete, war der Traum vom Königreich nach sechs Jahren
beendet. Jérôme ging ins Exil. Das Königreich Westphalen löste
sich auf.
22.04.2013
Zwangsanleihe der Königreichs Westfalen
von 1808 – von Spekulanten genannt:
Napoleon-Bond
35
Die napoleonischen Zwangsanleihen von 1808-1812
Der größte Teil der Obligationen, das heißt die, die bis 1813 nicht
eingelöst wurden, blieben bis heute notleidend. Die schwebende
Restschuld Jérômes wurde 1842 mit rund 16,4 Millionen Franken
festgestellt.
Die Nachfolgestaaten legten daraufhin in einem Abkommen fest,
„dass keine der Regierungen sich den aufgenommenen
Verpflichtungen aus den Zwangsanleihen Jérômes verpflichtet
fühlt“. Mit diesem offiziellen Schlussstrich war jede Hoffnung auf
irgendeine Entschädigung der Obligationen geschwunden.
Wie in allen Geldsachen sind auch hier in der Folgezeit immer
wieder Spekulationen aufgetaucht, diese Stücke noch einmal zu
Geld zu machen. So hat das Hessische Staatsarchiv Marburg 1975
eine Anfrage erhalten, ob Jérômes Obligationen irgendwo
Anerkennung finden.
Das Staatsarchiv verwies auf die Verordnung des Kurfürsten von
1814 und die Beschlüsse der Berliner Konferenz von 1842 und
erklärte Erstaunliches: Die Bewertung der Obligationen der
Zwangsanleihen Jérômes sei heute wohl eine Angelegenheit des
Antiquitätenhandels.
Rund 200 Jahre nach dem Königreich Westphalen ist die
Einschätzung des Staatsarchivs tatsächlich eingetreten: Ab Anfang
2012 erzielten Jérômes Napoleon-Bonds auf den
Antiquariatsseiten von ebay und auf Auktionen mit Historischen
Wertpapieren plötzlich Preise zwischen $9.000 und $60.000!
22.04.2013
Zwangsanleihe des Königreichs Westfalen
von 1812
36
Die napoleonischen Zwangsanleihen von 1808-1812
Die Verkäufe der Napoleon-Bonds erfolgten überwiegend von Deutschland aus nach den USA. Oft wurden die bei
ebay zugeschlagenen Bonds nicht bezahlt. Die Bieter sind zumeist ebay-User mit wenig Bewertungspunkten, die
ganz offensichtlich die Preise ordentlich nach oben treiben. Verkäufer berichten, dass oft auch hohe Preise
problemlos bezahlt wurden. Zu Beginn 2013 fielen die Preise für diese Bonds rapide ab. Im März 2013 konnten die
Bonds schon zwischen $300 und $600 erworben werden. Die Ursache und Hintergründe dieser Spekulation sind bis
heute unbekannt, man spricht von einer „Gaga-Spekulation“ .
22.04.2013
37
Die Zwangsanleihen des Deutschen Reichs von 1922
Spekulationsobjekt: Die 4-5%ige Zwangsanleihe des Deutschen Reichs von
1922 wurde mit einem Emissionsvolumen von 70 Milliarden Mark in Form
von Inhaberschuldverschreibungen im Nennwert von 1.000, 2.000, 5.000,
10.000, 20.000, 50.000 und 100.000 Mark begeben. Die Anleihe diente als
Reparationsanleihe. Geplante Tilgung ab November 1925.
Zeitraum: 2011 bis heute
Hintergrund: Zur Rückzahlung der Zwangsanleihe kam es nicht, da der
Geldwert im Deutschen Reich bis Ende 1923 durch die Hyperinflation
vollständig vernichtet wurde. Da diese Anleihen nie bedient wurden, laufen
90 Jahre nach ihrer Ausgabe immer noch viele Stücke in Deutschland und –
erstaunlicherweise – in den Vereinigten Staaten von Amerika umher. Der
Umlauf der Zwangsanleihestücke in den Vereinigten Staaten hat folgende
Ursachen: Amerikanische Spekulanten erwarben in der Zeit der deutschen
Hochinflation (bis Ende 1923) gern deutsche Staatsanleihen,
Industrieobligationen, Aktien etc. zu „Pfennigpreisen“, in der Hoffnung auf
eine später für „Sie“ profitable Währungssanierung in Deutschland.
Bei den Zwangsanleihen ging diese Spekulationsblase seinerzeit nicht auf, da
bei der staatlichen Ablösung der Reichsanleihen im Jahr 1925 die
Schuldverschreibungen der Zwangsanleihe aufgrund der Geringfügigkeit
ihres Wertes gesetzlich ausgeschlossen wurden.
Auch heute werden mir als Sachverständigen für „Historische Wertpapiere“
immer wieder die 1922er-Zwangsanleihen des Deutschen Reichs vorgelegt,
mit der Frage: Was sind diese Papiere heute wert und wo bzw. wie kann ich
solche Wertpapiere verkaufen?
22.04.2013
Zwangsanleihe von 1922
38
Die Zwangsanleihen des Deutschen Reichs von 1922
Meine Antwort dazu lautet:
•
Von der staatlichen Ablösung öffentlicher Anleihen im Jahr 1925 wurden die Schuldverschreibungen der
Zwangsanleihe von 1922 aufgrund der Geringfügigkeit ihres Wertes gesetzlich ausgeschlossen.
•
Ansprüche aus vor 1924 ausgegebenen Mark-Schuldverschreibungen des ehemaligen Deutschen Reiches
sind darüber hinaus aufgrund des Anleiheablösegesetzes (von 1925) seit 1926 verjährt.
All diese Anleihen sind heute kraftlos, das heißt, sie verbriefen heute keine Forderungsrechte mehr gegen das
frühere Deutsche Reich. Die Hoffnung auf Rückzahlung für diese Anleihen ist auf Basis der obigen Fakten gleich
Null. Den Liebhaber- bzw. Sammlerwert der Zwangsanleihe-Zertifikate habe ich in den letzten Jahren als sehr
gering eingestuft, da diese Papiere heute noch sehr häufig vorkommen und wenig dekorativ sind. Viele Jahre lang
waren diese Titel quasi unverkäuflich Eine vernünftige Plattform zum Verkauf dieser Papiere bietet derzeit einzig
die Internetplattform ebay.
Ich rieb mir verwundert die Augen, als ich im Sommer 2012 diese Anleihen auf ebay-USA beobachtete und
Angebote bzw. Zuschläge im zwei- und dreistelligen Bereich sah. Die Käufer, meist US-Amerikaner, sind
undurchsichtig, ihr Kaufverhalten ist irrational, fast alle sind erst seit kurzer Zeit bei ebay aktiv. Einige verkaufte
Papiere wurden bezahlt, andere nicht, so der Bericht deutscher Verkäufer. Manche Verkäufer stellen diese Papiere
zu hohen Sofort-Kauf-Preisen ein und beenden dann ihr Angebot, um einen Verkauf vorzutäuschen. Bewertungen
von hochpreisigen Verkäufen dieser Wertpapiere finden teilweise nicht statt.
•
All das riecht sehr nach Spekulation. Mir ist nun klar, die Zwangsanleihen erleben nach 1923/24 heute ihre
Renaissance – eine zweite Spekulationsblase.
•
Werde ich heute zum Sammlerwert der 1922er-Zwangsanleihen befragt, empfehle ich einerseits, diese
Stücke so schnell wie möglich über ebay-USA meistbietend zu verkaufen. Andererseits rate ich Sammlern
davon ab, solche Stücke zu Spekulationszwecken zu höheren Preisen zu erwerben. Denn nach Abwägung aller
mir zu diesem Thema bekannten Informationen prophezeie ich, dass die hier aufgebaute Spekulationsblase
schwach ist und sehr bald platzen wird.
22.04.2013
39
Deutsche Gold-Dollar-Bonds 1924-1930 mit umstrittenem Wert
Spekulationsobjekte: Nicht entwertete, von 1924 bis 1930ausgegebene deutsche GoldDollar-Anleihen (rund 100 verschiedene Emissionen)
Zeitraum: 1953 bis heute
Vorbemerkung: Im Londoner Schuldenabkommen von 1953 wurden die zu Zeiten der
Weimarer Republik ausgegebenen deutschen Auslandsanleihen einer Umtauschregelung
zugeführt. Beteiligt am Abkommen waren lediglich die westlichen Signatarmächte (USA,
GB, F, NL, etc.). Voll bedient wurden lediglich Bonds westdeutscher Aussteller. Bei den
Bonds östlicher Aussteller erfolgte in der Regel keine Bedienung, manchmal jedoch
quotale Abfindungen, wenn Westvermögen liquidierbar war. Da die deutschen
Auslandsbonds nach dem deutschen Transfermoratorium von 1933 und den ab 1945
folgenden Kriegswirren in Unordnung geraten waren, wurde die Regelung der
Auslandsbonds mit einer Bereinigung nach dem Auslandsbond-Bereinigungsgesetz
verbunden. In den Jahren nach 1953 kam es immer wieder zu Versuchen unbereinigte
deutsche Gold-Dollar-Bonds betrügerisch in den Umlauf zu bringen. Drei Beispiele:
•
In Jahr 1970 warnte der Bundesverband deutscher Banken vor „unlauteren
Machenschaften mit Deutschen Auslandsbonds, welche bei Kriegsende in unrechte
Hände geraten sind“. Als Verursacher dieser Umtriebe hatte man „Ost-Berlin“ in
Verdacht. 1979 eskalierte die Betrugswelle, als eine Gruppe Kanadier in Brantford,
Ontario vor Gericht wegen betrügerischer Verkaufsversuche mit deutschen
Dollarbonds verurteilt wurde. Die Gruppe war mit Koffern voller deutscher GoldDollar-Bonds über Land gezogen und hatte Banken die Bonds zum Ankauf oder als
Kreditsicherheit angeboten. Das Bundeskriminalamt schaltete sich ein und
behauptete, dass die Bonds 1945 geplündert wurden und wertlos seien.
Nachzulesen ist die gesamte Story bei Scott Stockdale in seinem 2002 erschienenen
Buch „History`s Greatest Fraud“.
22.04.2013
Young-Anleihe von 1930 über
$1.000
40
Deutsche Gold-Dollar-Bonds 1924-1930 mit umstrittenem Wert
•
1995 hatte ein Geschäftsmann aus Las Vegas bei einem Notar 1.000 Stück unentwertete Gold-Dollar-Bonds
des Deutschen Reichs (350 Dawes-Anleihestücke und 650 Young-Anleihestücke) über je $1.000 Nennwert
hinterlegt. Der Notar sollte mit einer Gruppe Vertragsverhandlungen zur Sicherheiten-Hinterlegung der
Bonds als Dotationskapital für eine in Nauru ansässige Bank führen. Die Verhandlungen zogen sich chaotisch
über Tage hin. Schließlich kamen dem Notar in der Hitze des Gefechts die Bonds abhanden. Der
Geschäftsmann forderte nun vom Notar, besser von der Versicherung des Notars, seine Bonds zurück, oder
einen Schadenersatz in Höhe von 27,5 Mio. $ für seine in Golddollar kalkulierten Bonds. Die Versicherung
behauptete nun die Bonds seien wertlos, hätten allenfalls einen geringen Sammlerwert. Ein
Geschworenenprozess mit vielen Gutachtern und teuren Anwälten begann in Los Angeles – und artete
kostenmäßig schnell aus. Im August 1995 endete das Verfahren mit einem Vergleich.
•
Im Jahr 2002 standen drei Manager der in St. Johns auf der Insel Antigua (Bahamas) seit 1984 registrierten
Versicherungsgesellschaft American International Sureties (AIS) in London wegen Betrugs und absichtlichem
Konkurs vor dem königlichen Spezialgericht „The Companies Court“. 1993 hatte die AIS 178 unentwertete
deutsche Golddollar-Bonds über je $1.000 Nennwert (u.a. die Dawes-Anleihe von 1924, Bonds der Rheinelbe
Union von 1926, etc. – insgesamt neun verschiedene Emissionen) für $37.000 erworben. Die Bonds wurden
von dem texanischen Anwalt Jim K. Choate begutachtet und zum Goldwert hochbewertet. Der
Wirtschaftsprüfer der Gesellschaft stellte auf Basis des Gutachtens die Bonds auf der Aktivseite der
Gesellschaftsbilanz mit einem Wert von rund 84 Mio. $ ein (= 90% der Aktivseite). Die von der Gesellschaft
überwiegend im amerikanischen Staat Colorado ausgegeben Flugzeug-Versicherungspolicen in Höhe von 500
Mio. $ sollten durch die hochbewerteten, in Wirklichkeit jedoch fast wertlosen Bonds abgesichert werden.
Nachdem es erste Schadensfälle gab, konnte die Versicherung die Risiken nicht mehr abdecken und war
bereits 1998 pleite. Viel Geld war verschwunden – und auch die Bonds waren nicht mehr auffindbar.
22.04.2013
41
Deutsche Gold-Dollar-Bonds 1924-1930 mit umstrittenem Wert
Hintergründe: Soviel einerseits zu den Betrügereien mit den deutschen Gold-Dollar-Bonds. Andererseits gibt es
bei den Rückzahlungsansprüchen von unentwerteten Dawes- und Younganleihen der Gold-Dollar-Emissionen bis
heute einige juristische Unsicherheiten, und dadurch bedingt Spekulationen.
Schätzungsweise 10-20 Tausend von solchen unentwerteten Anleihestücken sind heute in der Hand von einigen
hundert Besitzern, die seit einigen Jahrzehnten erfolglos versuchen, ihre Anleihen irgendwie zu Geld zu machen.
Manche der Anleihestücke gehören seit 1930-1939 den ursprünglichen Besitzern bzw. deren Erben. Andere
Anleihestücke gehören Sammlern oder Spekulanten.
Im Jahr 2004 verklagte ein amerikanischer Bürger vor dem Gericht in Tampa/Florida die Bundesrepublik
Deutschland auf Rückzahlung einer bestimmten Anzahl, auf Gold-Dollar ausgestellter Dawes- und Younganleihen.
Auf Basis der ursprünglichen Anleihekonditionen, amerikanischer Usancen im Falle des Zahlungsverzugs und des
hohen Goldpreises erreichten die Forderungsbeträge spektakuläre Milliardenhöhe. Einem amerikanischen Anwalt
gelang es, die Medien für diese Klage zu interessieren. So titelte die Presse über „Deutschlands GoldbondProblematik“ und 2006 lautete es „Streit um deutsche Goldanleihen geht weiter“.
Die Hintergründe zu dieser Klage können wie folgt dargestellt werden:
•
Die amerikanischen Teilausgaben von Dawes- und Younganleihen unterliegen nach den Anleihekonditionen
dem amerikanischen Recht des Staates New York. Die Anleihen wurden 1924 bzw. 1930 in den Vereinigten
Staaten von Amerika platziert mit Zahlungsort „New York“ für Kapital und Zinsen, zahlbar in Goldmünzen der
Vereinigten Staaten. Gerichtsstand bei Streitigkeiten bezüglich dieser Anleihen sind deshalb die USA.
•
Die Anleihen sind Inhaberschuldverschreibungen, das heißt, der Besitzer des Anleihezertifikats besitzt das
aus dem Papier resultierende Forderungsrecht. Die Forderungen unterliegen nach den Anleihebedingungen
quasi keiner Verjährung.
•
Im Londoner Schuldenabkommen von 1953 hat die Bundesrepublik Deutschland die Auslandsschulden des
Deutschen Reichs übernommen. Die Regelungen des Abkommens sahen für alle Inhaber von Dawes- und
Younganleihen ein freiwilliges Umtauschangebot bei neuen, verschlechterten Bedingungen vor, ohne
rechtliche Verpflichtung das Angebot zu akzeptieren.
22.04.2013
42
Deutsche Gold-Dollar-Bonds 1924-1930 mit umstrittenem Wert
•
Wer das Umtauschangebot der Bundesrepublik nicht annahm, behielt seine im
Anleihevertrag fixierten, ursprünglichen Rechte. Personen, die vom Angebot
keinen Gebrauch machten, werden im Londoner Abkommen als „Non-Assenting
Bondholder“ bezeichnet.
•
Nach den internationalen Regelungen des Londoner Schuldenabkommens
konnten „Non-Assenting Bondholder“ ihre unbedienten Anleihen bis 1994 nicht
vor amerikanischen Gerichten zur Rückzahlung nach den ursprünglichen
Anleihebedingungen einklagen.
•
Die Kraftloserklärung der Dawes- und Younganleihen nach dem
Auslandsbondsbereinigungsgesetz ist eine einseitige Handlung unter deutscher
Jurisdiktive, welche durch die Anleiheverträge nicht gedeckt wird und damit z.B.
für amerikanische Inhaber von Dawes- und Younganleihen unwirksam ist.
•
Auf dieser Basis sollte die Klage seitens verschiedener „Non-Assenting
Bondholder“ erfolgen; sie wurde jedoch im Jahr 2006 zur Überarbeitung
zurückgezogen und danach weiterverfolgt.
•
Eine andere amerikanische Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland auf
Rückzahlung von Gold-Dollarbonds der Deutschen Landesbankenzentrale (6_1/2%
German Provincial and Communal Banks Consolidated Agricultural Loan of 1928),
genannt „Agro-Bonds“, wurde im September 2007 von einem New Yorker Gericht
abgewiesen, ging dann in Revision.
Die weitere Entwicklung bei den derzeit sieben Klagen aus deutschen Goldbonds bleibt
abzuwarten (aktuelle Infos unter www.germangoldbonds.com).
Rechts abgebildet: Die Dawes-Anleihe von 1924 über $1.000 und darunter der AgroBond von 1928 über $1.000
22.04.2013
43
City-of-Leipzig 1926 – Rückzahlung in Gold?
Spekulationsobjekt: City of Leipzig, 7% Sinking Fund Gold Bond External
Loan of 1926- Due February 1, 1947
Zeitraum: 1990 bis heute
Hintergründe: Die Anleihe liegt unter dem Recht des Staates New York.
Ort der Zahlung (Zahlstelle) ist New York, zahlbar ist Gold oder
Golddollar „in gold coin of the United States of America of or equal to
the standard of weight and fineness existing February first 1926 …”
Ausgabebetrag 1926: 5 Millionen Gold-$. Verwendungszweck: Ausbau
und Verbesserung der städtischen Elektrizitäts- und Gaswerke.
Tilgungsbedingungen: Gesamtfällig am 1. Februar 1947. Tilgung der
Bonds ab 1931 nicht mehr vertragsgemäß. Umlauf der City of LeipzigBonds 1945 nach deutschen Quellenangaben: $1.232.000 (nach
englischen Quellenangaben von 1973: $3.061.500 ).
Nach der Teilung Deutschlands 1945 bzw. ab 1949 wurden diese Bonds bis heute - nicht mehr bedient bzw. nicht zurückgezahlt. In den
westlichen Besatzungszonen bzw. der BRD wurden im Londoner
Schuldenabkommen von 1953 die Verhandlungen über derartige,
ostdeutsche Bonds bis zu einer deutschen Wiedervereinigung
zurückgestellt (Artikel 25 b LSA).
In der SBZ wurde der SMAD-Befehl Nummer 1 erlassen, der eine
Auszahlung aller Anleihen verbot. Dieses Auszahlungsverbot wurde in
der DDR nie aufgehoben. Demnach konnten die Ansprüche aus den City
of Leipzig-Bonds bis zur Wiedervereinigung nicht eingeklagt werden
(dadurch bedingt: Verjährungshemmung).
22.04.2013
44
City-of-Leipzig 1926 – Rückzahlung in Gold?
Entschädigungs- oder Ausgleichszahlungen für diese
Bonds nach dem Vermögensgesetz wurde im
Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz von
1994 explizit ausgeschlossen.
Die Klage eines Bondholders über die Rückzahlung
eines ähnlich gelagerten City of Dresden-Bonds von
1927 beim OLG Dresden und BGH scheiterte 2005 in
der letzten Konsequenz.
Um eine Rückzahlung der Bonds zu erreichen, bleibt
den Inhabern solcher Bonds heute nur noch der Weg
über amerikanische Gerichte.
Die Verjährungsfrist für den Zinsendienst der Anleihe
beträgt 6 Jahre, für das rückzuzahlende Kapital 30
Jahre (siehe § 4 des amerikanischen
Anleihevertrages).
Da sich die Stadt Leipzig seit 1990 beharrlich weigert,
ihre Bonds von 1926 zurückzuzahlen, versucht seit
2010 ein international besetzter „City of Leipzig
Bondholder Protective Council” die Rückzahlung der
Anleihen vor einem amerikanischen Gericht zu
erzwingen.
Der weitere Verlauf dieser Vorgehensweise bleibt
abzuwarten.
22.04.2013
45
St. Trinitatis - eine spekulative Kirchenanleihe von 1930
Spekulationsobjekt: Im Jahr 1930 begab die katholische Kirchengemeinde „St.
Trinitatis“ in Leipzig eine 8%ige Auslandsanleihe über insgesamt 780.000
Gulden. Die Anleihen waren zu 500 und 1.000 Gulden gestückelt und über eine
Hypothek des Leipziger St. Elisabeth-Krankenhauses gesichert.
Zeitraum: seit 1987 bis heute
Hintergründe: Die deutschen Auslandsanleihen von Emittenten auf dem
Gebiet der früheren DDR wurden im Londoner Schuldenabkommen von 1953,
soweit sie nicht über Westvermögen verfügten, grundsätzlich nicht bedient.
Eine Ausnahme waren jedoch die Anleihen der Leipziger St. Trinitatis Kirche, für
die seit 1987 ein Rückzahlungsangebot seitens der holländischen „Hollandsche
Garantie & Trust Compagnie“ in Leusden bestand. Übersandte man die
Anleihestücke an diese Stelle, so wurden sie mit rund 1.000 DM für 1.000
Gulden Nennwert entschädigt. Der Einreicher erhielt sein vorgelegtes Stück
entwertet zurück.
Nur ganz wenige Sammler wussten anfangs von diesem Abfindungsangebot.
Wurden die wenig dekorativen Trinitatis-Anleihen auf Auktionen oder HWPBasaren angeboten, so konnte man sie oft zu Preisen zwischen 10 und 40 DM
erwerben und mit einem schönen Profit einlösen.
Nachdem in meinem 1998 erschienen Buch „Deutsche Wertpapiere aus der
Reichsmarkzeit – Ablösung der Ostwerte nach der Wiedervereinigung“ auf die
Einlösungsmöglichkeit für diese Anleihen hingewiesen wurde, kam die
Spekulation mit diesen Wertpapieren zum Erliegen. Eine Abfindung dieser
Anleihestücke sollte auch heute noch möglich sein.
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Fazit
Spekulationen mit „Historischen Wertpapieren“ gibt es in Deutschland seit den Anfangszeiten des
Sammelgebietes (um 1975). Spekulation heißt: Jemand kauft ein Wertpapier, weil er annimmt, dass dieses in
absehbarer Zeit im Wert steigt, mit dem Ziel, es nach der Wertsteigerung gewinnbringend zu verkaufen.
Zu den spekulativen Werten gehören insbesondere unentwertete Staatsanleihen, die bis heute nicht
zurückgezahlt wurden. Solche Wertpapiere finden sich rund um den Globus. Um nur einige zu nennen:
Russische Anleihen wurden nach der Oktoberrevolution 1917 für ungültig erklärt, chinesische Anleihen nach der
chinesischen Revolution ab 1925 nicht mehr bedient, die deutschen Städte Dresden und Leipzig haben bis heute
ihre zwischen 1925 und 1929 begebenen Pfund- und Dollar-Anleihen nicht zurückgezahlt und auch die zur Zeit
der Weimarer Republik begebenen Dawes- und Young-Anleihen (Reparationsanleihen) wurden bis heute nicht
vollständig bedient.
Massive Spekulationswellen mit den alten Wertpapieren, teilweise verbunden mit kriminellen Machenschaften,
kamen erst ab 1990 auf. Eine ungewöhnliche Spekulationsblase, wie man sie von der Börse her kennt, erlebt
der Markt für historische Wertpapiere seit 2005 mit brasilianischen, chinesischen und mexikanischen
Wertpapieren, aber auch mit völlig verrückten Werten wie den deutschen Zwangsanleihen von 1922 und den
Napoleon-Bonds.
Im Mittelpunkt des Interesses stehen unentwertete Staatspapiere mit einem Nennwert in einer früheren
Goldwährung. Spekulanten und Sammler hoffen, dass die Papiere noch gültig sind und irgendwann einmal –
möglichst zu hohen Werten in Gold – eingelöst werden. Einen Auslöser sowie detaillierte Hintergründe für diese
Spekulationen kennt bis heute keiner der Experten für Historische Wertpapiere.
Nachfragen über Hintergründe bei Händlern oder Anbietern spekulativer Papiere bringen in der Regel keine
vernünftigen und nachvollziehbaren Antworten – sicherlich aus naheliegenden Gründen.
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Fazit
Tut diese Spekulation unserem Hobby gut?
Die wahren und ehrlichen Profiteure der Spekulation sind Sammler alter Wertpapiere, die in den letzten Jahrzehnten
viele der nun spekulativen Wertpapiere für wenig Geld erworben und zusammengetragen haben.
Ihre Sammlungen verkaufen sie nun mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Einige von ihnen haben ihre
Stücke rechtzeitig per Vorkasse verkauft. Auch die Auktionshäuser und Händler, die solche Papiere zu hohen Preisen
verkaufen konnten, haben daran gut verdient. Der Verkauf solcher Papiere zu hohen Preisen ist legal und auch
moralisch verantwortbar, soweit es sich um den schlichten Verkauf historischer Dokumente handelt.
Die Verkäufe brachten frisches Geld in die Kassen der Sammler, das dann wieder zu Sammelzwecken investiert wurde.
Das Sammelgebiet wurde durch die Publikation der spekulativen Verkäufe bekannter, zog neue Interessenten und
auch Sammler an. Diese Spekulationen sind ein zeitweiser Sondereinfluss auf dem Markt der Historischen
Wertpapiere, sie kommen kurzfristig auf und vergehen auch schnell wieder.
Aus Sicht des Sachverständigen für „Historische Wertpapiere“ bin ich mir sicher, dass mit 99,99 ProzentWahrscheinlichkeit mit den brasilianischen, chinesischen und mexikanischen Anleihen im Hintergrund verschiedene
Betrugsgeschichten ablaufen, da von „Rückzahlungsplänen“ der entsprechenden Emittenten offiziell nichts bekannt
ist. Alles andere macht nach meinen bisherigen Erfahrungen keinen Sinn.
Die Art der Spekulation erinnert stark an den amerikanischen „Historical Bonds Fraud“ aus den 1990er Jahren,
allerdings mit folgenden Abweichungen:
•
Gefälligkeitsgutachten, in denen mit Goldwertkalkulationen die Wertpapiere auf viele Millionen Dollar je Stück
hochbewertet werden, sind im Internet nicht erhältlich. Solche Werte werden zwar suggeriert, aber nicht
nachvollziehbar dokumentiert.
•
Es wird im Internet zwar von Trading-Programmen berichtet. Aber Behauptungen, dass diese Programme von den
Finanzgrößen der Welt, wie Weltbank, IWF, etc. garantiert werden, gibt es nicht.
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48
Fazit
•
Alle Anbieter der hochspekulativen Wertpapiere behaupten, dass sie lediglich (für Dritte) historische
Dokumente anbieten und nicht Banker oder Kapitalanlageberater sind.
Diese Abweichungen sind die Folge der umfangreichen straf- und zivilrechtlichen Verfolgungen beim Betrug mit
Historischen Wertpapieren in den USA. Das hat die Betrüger vorsichtiger werden lassen.
Wo es Spekulationsgewinner gibt, muss es auch Spekulationsverlierer geben. Es ist jetzt sicherlich nur noch eine
Frage der Zeit, bis auch die Verlierer dieser Spekulation sichtbar werden.
Verkaufsplattformen für spekulative Wertpapiere sind u.a. www.topix.com, www.forum.agriscape.com,
www.elitetrader.com, www.importer.tradekey.com, www.linkedin.com und die Internetplattform ebay.
Die meisten Verkäufe spekulativer Wertpapiere erfolgen auf ebay. Die Spekulation kann hier blühen, da ebay
insgesamt sehr intransparent und wenig nachvollziehbar ist und damit der Spekulation entgegenkommt. Hier
einige Hinweise zum spekulativen Handel auf ebay:
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Die privaten und gewerblichen Verkäufer auf Ebay sind in der Regel nicht voll identifizierbar.
•
Die bietenden Käufer oder Sofort-Käufer sind mit ihrem Ebay-User anonymisiert (User zum Beispiel
„glasemann“ = „g**n“)
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Angebote erfolgen mit nicht öffentlicher Bieter-/ Käuferliste
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Es bieten viele neu auftretende Ebay-User (erkennbar an wenigen Bewertungspunkten), aber auch
gestohlene Ebay-User, die nach Erwerb eines Artikels nicht bezahlen. Der Verkäufer hat dann unter
Umständen die Provision zu zahlen.
•
Spekulanten stellen beispielsweise Wertpapiere für ein Mindestgebot von 5.000 Euro ein. Sie kaufen diese
Papiere über einen Fake-Bieter selbst und weisen dann potenzielle Opfer auf diese vermeintlichen hohen,
gezahlten Preise hin.
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49
Fazit
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Spekulanten stellen Wertpapiere zu hohen Preisen als Sofort-Kauf ein und brechen nach ein paar Tagen die
Auktion (kostenlos) ab. Dies soll suggerieren, dass das Wertpapier verkauft wurde. Später wird das Papier
wieder eingestellt. Damit man nicht erkennen kann, dass hier immer das gleiche Papier eingestellt wird,
sind bei den abgebildeten Stücken die Nummern entfernt worden.
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Das Kaufverhalten der Spekulanten ist irrational, d.h. ein bestimmtes Papier wird beispielsweise mit $600
zugeschlagen. Ein gleiches Papier geht gleichzeitig bei $200 Sofort-Kauf zurück.
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Bewertungen von hochpreisigen Verkäufen spekulativer Wertpapiere finden im ebay-Bewertungssystem
teilweise nicht statt.
Es scheint als sei die Ursache der derzeitigen Spekulationen eine Ausgeburt der Schuldenkrise, des
Vertrauensverlustes bei den Währungen und der Null-Prozent-Verzinsungen. Dieser Spekulationsmarkt ist wenig
nachvollziehbar und teilweise verrückt, er hat mit dem „Sammeln alter Wertpapiere“ im klassischen Sinne
nichts gemein.
Ob mit oder ohne Spekulation, eines ist sicher:
Das Geschehen auf unserem vielschichtigen Markt der Historischen Wertpapiere bleibt auch in den
kommenden Jahren absolut spannend.
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Fazit
Stand der Spekulation im April 2013
Banque d`Orient: Spekulation fast am Ende, Stücke zwischen 30 und 100 Euro erhältlich, viele Angebote mit
hohen Sofort-Kauf-Preisen gehen zurück
Brasilianische Anleihen: Nur noch spezielle, bisher selten angebotene Bonds werden zu Preisen von $500 bis
$1.000 verkauft, Nachfrage bei bekannten Stücken sehr gering
Chinesische Anleihen: Bei den Reorganisationsanleihen und Petchili-Bonds weiterhin aktive Spekulation,
Preisniveau teilweise gefallen (Reo: $150-300, Petchili: $5.000-8.000), neues Spekulationsobjekt sind die Liberty
Bonds
Mexikanische Anleihen: Bei Bankaktien ist die Spekulation zusammengebrochen, bei Staatsanleihen nur noch
ein relativ geringes Preisniveau, viele hochpreisige Angebote werden nicht angenommen
Napoleon Bonds: Spekulation von fünf-und vierstelligen Beträgen auf dreistellige Beträge gefallen.
Zwangsanleihe des Deutschen Reichs von 1922: nur noch Spekulation auf niedrigem Niveau, viele getürkte
Verkäufe, viele Rückgänge bei zu hohen Sofort-Kauf-Preisen, teilweise Stücke wieder bei 2-5 Euro erhältlich
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Fazit
Weitere hier nicht abgehandelte spekulative Wertpapiere:
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Argentinien: 6% City of Santa Fe of 1889, 100 £; 4-6% City of Santa Fe of 1905, 25 £
Peru: The National Pisco to Yca Railroad Guaranteed Loan, issued 1869, 20 & 100 £.
4% Gold-Staatsanleihen der Republik 1935-1963 (Ministerio de Hacienda, Reparationsanleihe), Stücke mit
1.000 Gold-Pesos werden für $110.000 angeboten
Kubanische Staats und Unternehmensanleihen, die Dollar-Staatsanleihen von 1937 werden derzeit mit 1015% vom Nennwert verkauft
Türkische Besserungsscheine (Recepisse provisoire) des Conseil de la dette publique repartie de l'ancien
empire Ottoman von 1933, Spekulation auf niedrigem Niveau
Bonds der Vereinigten Staaten von Amerika 1866 über $500 mit Signatur von Antonio Lopez de Santa Anna
8-15%ige Schatzanweisungen des Deutschen Reichs von 1923 und 1924 (Emissionsvolumen 4,4 Billionen
Mark bzw. 818,5 Trillionen Mark): Nennwerte 200.000, 500.000, 1 Mio., 2 Mio. und 5 Mio. Mark
Deutsche Anleihen in Goldmark ausgegeben 1924-1935 (hohe Nennwerte, unentwertet, Stücke mit
Coupons). Spekulanten geben fälschlicherweise an, dass diese Goldmark eine (vor 1914 übliche)
goldgedeckte Währung gewesen sei. Der Ausdruck dieser Goldmark entstand jedoch erst nach 1914 zur
Unterscheidung gegenüber der durch Inflation entwerteten Papiermark und war namentlich auf
Notgeldscheinen mit US-Dollar-Bezug ab 1923 sowie später im amtlichen Sprachgebrauch der Weimarer
Republik gebräuchlich.
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Fazit
Abschließend zwei passende Zitate, die zur Spekulation mit historischen Wertpapieren passen:
„In demselben Maße, als die Bedürfnisse sich vermehren und das Leben kostspieliger
wird, jeder viel haben will und haben muss, um in seiner Weise zu existieren, in
demselben Maße sinkt der öffentliche Kredit, das große Vertrauen, überschlagen sich
die Spekulanten und greift Unredlichkeit und Betrug um sich.“ - Adolph Kolping (18131865), deutscher Priester
„Wer viel Geld hat, kann spekulieren; wer wenig Geld hat, darf nicht spekulieren; wer
kein Geld hat, muss spekulieren.“ - André Kostolany (1906-1999), Börsenguru
(aus Wikiquote)
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