Der Davoser Marc Forster dreht den neuen Bond-Film

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Der Davoser Marc Forster dreht den neuen Bond-Film
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DIE SÜDOSTSCHWEIZ | DONNERSTAG, 21. JUNI 2007
17
INLAND
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WIRTSCHAFT
KULTUR
SPORT
Der Ständerat spricht
sich für eine Abgabe
der Taschenmunition
aus.
SEITE 18
Carla Del Ponte fordert
die Aufschiebung einer
Lösung in der KosovoStatusfrage.
SEITE 21
Die Schweizer
Wirtschaft befindet
sich laut UBS in
blendender Form. SEITE 21
Marianne Faithfull
glänzt in «Irina Palm»
in der Rolle einer
Grossmutter.
SEITE 24
Die Alpenüberquerung
in der Tour de Suisse
endet mit einem
Massenspurt.
SEITE 28
People
War es doch kein Wodka? Fast
zwei Wochen nach seiner bizarren
Pressekonferenz beim G-8-Gipfel
hat der französische Präsident
Nicolas Sarkozy den Verdacht
von sich gewiesen, er sei damals
beschwipst gewesen. «Ich trinke
keinen Tropfen Alkohol. Das ist
kein Lob wert: Ich mag es einfach
nicht», zitierte ihn gestern die
Zeitung «Le Parisien». Er sei spät
dran gewesen und habe deshalb
die Treppen im Laufschritt genommen, erklärte Sarkozy seine
seltsame Gestik und Mimik in
Heiligendamm. (sda)
Benedikt XVI. hat die internationale Gemeinschaft aufgerufen,
sich um Flüchtlinge zu kümmern
und sie aufzunehmen. Dies sei
eine Geste menschlicher Solidarität, sagte der Papst anlässlich
des gestrigen Weltflüchtlingstages.
«Ich hoffe von ganzem Herzen,
dass denen – die so leiderprobt
sind – Asyl gewährt wird», betonte Benedikt vor 7000 Gläubigen
und Touristen im Vatikan. Für
Christen sei die Aufnahme von
Flüchtlingen eine konkrete Möglichkeit, ihre Liebe zu zeigen,
sagte der Papst. (ap)
Papst Benedikt XVI.
Der Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Uwe Benneter
übt scharfe Kritik an Tom Cruise.
Scientologen wie Cruise seien
nicht gesellschaftsfähig und
hätten es nicht verdient, als Helden und «Superstars» bezeichnet
zu werden, sagte Benneter gestern in Berlin. Dass Cruise den
deutschen Widerstandskämpfer
Graf von Stauffenberg in einem
Film spielen solle, sei «ein Schlag
ins Gesicht aller aufrechten Demokraten, aller Widerstandskämpfer im Dritten Reich, aller Opfer
der Scientology-Sekte». (ap)
Hollywoodstar Richard Gere wird
von seiner Heimatstadt Philadelphia für sein Engagement für die
Unabhängigkeit Tibets und eine
bessere Versorgung von HIVInfizierten ausgezeichnet. Die
Erfolge des 57-Jährigen als Schauspieler würden von seinen humanitären Leistungen noch übertroffen, erklärte Bürgermeister John
Street am Dienstag. Philadelphia
ehrt jedes Jahr einen Künstler für
dessen humanitären Einsatz. (ap)
Richard Gere
TAGESTHEMA: JAMES BOND IN SCHWEIZER HAND
Der Davoser Marc Forster
dreht den neuen Bond-Film
Der nächste James-Bond-Film
kommt im November 2008 in
die Kinos. Die Hauptrolle spielt
dabei erneut der Brite Daniel
Craig – als Regisseur wurde
überraschenderweise der aus
Davos stammende Marc Forster
engagiert.
Von Franco Brunner
Los Angeles. – DerAgent James Bond
ist seit Anfang der Sechzigerjahre regelmässig in geheimer Mission unterwegs. Seit dem ersten Abenteuer des
britischen Geheimagenten mit dem
Titel «James Bond jagt Dr. No» aus
dem Jahr 1962 rettete der smarte
Frauenschwarm bereits 21-mal die
Welt vor den bösesten Schurken. Sein
bisher letztesAbenteuer erlebte Bond
im letzten Jahr in «Casino Royale».
Bei der Umsetzung der Geschichten von Ian Flemmings fiktivemAgent
waren in den vergangenen Jahren
auch hin und wieder Schweizer mit
am Werk. So konnte sich der Westschweizer Schauspieler und Sänger
Carlos Leal in «Casino Royale» eine
kleine Rolle in der wohl bekanntesten
Agenten-Saga überhaupt sichern. Unvergessen bleibt natürlich auch der
(Bikini-)Auftritt von Ursula Andress
bei der Bond-Premiere 1962. Immerhin war sie der Ursprung aller folgenden Bond-Girls und wird noch heute
von vielen Fans als das beste überhaupt gepriesen. Mit dem Davoser
Mark Forster hält nun bei der 22.
Bond-Verfilmung – deren Kinostart
für November 2008 geplant ist –
also zum ersten Mal ein Schweizer die
Fäden in der Hand.
Von Davos nach Hollywood
Der in Deutschland geborene und in
Davos aufgewachsene Forster erlebte
in den letzten Jahren ein wahres Hollywood-Märchen.Als er im Jahr 1990
nach New York geflogen war, um an
der renommierten Filmschule der
New York University zu studieren,
ahnte er wohl kaum, dass er 17 Jahre
später zu einem Bond-Regisseur werden sollte und damit in die illustre Liste von Regie-Grössen wie Terence
Young, Guy Hamilton, John Glen,
Martin Campbell und Lee Tamahori
aufgenommen werden würde.
Mit einem Mini-Budget von gerade
einmal 10 000 Dollar drehte Forster
1995 seinen ersten Film «Loungers»,
mit dem er beim Slamdance-Filmfestival im US-Bundesstaat Utah gleich
den Publikumspreis gewann. Nach
weiteren kleinen Projekten und persönlichen Schicksalsschlägen – sein
Vater erkrankte an Krebs, und einer
seiner Brüder beging in der Schweiz
nach jahrelanger Krankheit Suizid –
schaffte er im Jahr 2001 den Durch-
Ein Schweizer erobert Hollywood: Der Regisseur Marc Forster steht mit dem Engagement für die Verfilmung des nächsten
Bond-Films vor einem weiteren grossen Schritt seiner Karriere.
Bild Keystone/Chitose Suzuki
bruch. Mit einer Amateurkamera,
100 000 Dollar sowie Schauspielern
und Technikern, die ohne Lohn arbeiteten, drehte er das Psychodrama
«Everything Put Together». Der Erfolg dieses Films öffnete ihm Türen,
die vorher verschlossen waren. Was
aus diesen Möglichkeiten entstand,
war «Monster’s Ball» (2001). Für die
Hauptrolle wurde Halle Berry damals
mit einem Oscar ausgezeichnet. Danach folgten Filme wie «Finding Neverland» (2004) mit Johnny Depp
und Kate Winslet, «Stay» (2005) mit
Ewan McGregor und Naomi Watts,
«Stranger than Fiction» (2006) mit
Will Ferrell und EmmaThompson und
schliesslich «The Kite Runner», der
im November in den Kinos anlaufen
wird. Um diese Zeit wird der fleissige
Regisseur jedoch sehr wahrscheinlich
schon mit den Dreharbeiten zu seinem bislang grössten Coup, «seinem»
Bond-Film, begonnen haben.
Bestehendes weiterentwickeln
Dass die Bond-Verfilmung für Forster
tatsächlich ein grosser Coup sein
wird, zeigte sich bereits kurz nach der
Bekanntgabe des prestigeträchtigen
Auftrags aus Hollywood anhand seiner Reaktion. «Ich bin schon immer
ein grosser Bond-Fan gewesen», freute sich der Schweizer Regisseur ge-
mäss der Filmzeitschrift «Hollywood
Reporter».
Mit dem Oscar-Preisträger Paul
Haggis, der das Drehbuch für Clint
Eastwoods «Million Dollar Baby»
(2004) schrieb und im gleichen Jahr
auch «L.A. Crash» inszenierte, will
Forster einen bereits existierenden
Entwurf der beiden früheren BondDrehbuchschreiber Neil Purvis und
Robert Wade weiterentwickeln. Haggis hatte mit Purvis und Wade bereits
das Drehbuch für «Casino Royale»
geschrieben. Wie der 22. Bond-Film
heissen wird und welche Art von Rettungsaktion auf den charmanten
Agenten wartet, ist noch unklar. Klar
jedoch ist schon jetzt, dass es erneut
einen blonden Bond geben wird.
Denn Craig wird auch unter der Regie von Forster die Hauptrolle innehaben.
Vom Sparten- zum Actionfilm
Bei aller Freude über das zweifelsohne ehrenvolle Angebot, bei einem
James-Bond-Film Regie zu führen,
wird Forster wohl auch einige kritische Stimmen zu hören bekommen.
In der Tat scheint ein Vergleich seiner
bisherigen, eher als «Spartenfilme»
zu bezeichnendenWerke nicht gerade
kompatibel mit dem zwanghaft massentauglich zu erscheinenden Action-
Spektakel à la James Bond. Nach Studienfilmen wie «Monster’s Ball» und
«Finding Neverland» wird ihm wohl
so mancher Fan den Gang in die Kommerzschiene der grossen Kinokassenschlager – als welche die Bond-Filme
nun wahrlich bezeichnet werden dürfen – nicht so einfach verzeihen. Auf
der anderen Seite wird es mit grosser
Wahrscheinlichkeit auch Bond-Anhänger geben, die ob der wenig actiongeladenen Filmvergangenheit Forsters mit gewisser Sorge in Richtung
November 2008 und somit in Richtung Premiere des Forster-Bonds blicken werden.
Bond bleibt der Gute
Allen möglichen Unkenrufen zum
Trotz ist die Bond-Regievergabe an
Forster für den Davoser vor allem eines: eine riesige Ehre und eine grosse
Herausforderung. Und die Bond-Fans
können sich noch knapp anderthalb
Jahre das Hirn zermartern, wie sich
der Agent der Agenten unter Forsters
Führung verhalten wird. Eines steht
wohl schon fest: Es wird wieder einen
bösen Gegenspieler geben, der Bond
das Leben schwer macht, und allerVoraussicht nach wird ihn Bond bezwingen und somit einmal mehr – dann bereits zum 22. Mal – die Welt gerettet
haben.