leitungswasser - SHK

Transcription

leitungswasser - SHK
1 | 2011
Zeitschrift für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer
np
www.schade
risma.de
Leitungswasser
Leitungswasserschäden –
verursacht durch Waschmaschinen
Leitungswasser
3. IFS-Video zur
Schadenverhütung
Im Fokus: Leitungswasserschäden
Nachruf
Wir nehmen Abschied von unserem langjährigen Redaktionskollegen und Freund
Dipl.-Ing. Wolfgang Raab, der am 09. Dezember 2010 im Alter von 53 Jahren verstorben ist.
Wolfgang Raab kam 1997 in unsere Redaktion und prägte durch sein Engagement sowie
durch sein persönliches Naturell entscheidend die neuen Entwicklungen im schadenprisma.
Ideenreichtum, Überzeugungskraft bzw. seine verbindliche Art und Weise machten ihn zu
einem unersetzlichen Redaktionskollegen.
Wir trauern um einen lieben Kollegen, den wir in guter Erinnerung behalten werden.
Berlin, im Dezember 2010
Die Redaktion
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1 2011
INHALT
6 | Leitungswasser
Automatische Absperreinrichtungen
in Trinkwasserleitungen öffentlicher Gebäude
Stephan Wolff
10 | Leitungswasser
Leitungswasserschäden –
verursacht durch Waschmaschinen
Martin Lütke Lanfer
14 | Leitungswasser
3. IFS-Video zur Schadenverhütung
Dr. Rolf Voigtländer
16 | Aktuelles Schadengeschehen
Flüssiggas – eine unterschätzte Gefahr
Alfons Moors
19 | Information
Unersetzbare Kunst und Kulturgüter angemessen
schützen
Lena Maßmeyer, Ralf Tornau
21 | Information
IF Star 2010: Schadensarmer Einsatz bei einem
Wohnungsbrand
Georg Würth
26 | IFS Schadenbeispiel
Tauwetter bringt Schaden zum Vorschein
IFS Kiel
EDITORIAL
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Leitungswasserschäden – Thema Nr. 1
Das Thema der Leitungswasserschäden und einer sinnvoll vorgeschalteten Prävention beschäftigt die Versicherungswirtschaft
sowie alle Betreiber und Nutzer von Immobilien der unterschiedlichsten Eigentumsverhältnisse. Privatpersonen, öffentliche Einrichtungen, Wohnungsunternehmen, Gewerbe bis hin zur Industrie: Sie alle stehen immer wieder vor der Entscheidung, das
Leitungswasserschadenrisiko wirtschaftlich vertretbar abzusichern und in den Griff zu bekommen.
Über die Jahre hat sich dabei folgende Mentalität entwickelt: Die
Betroffenen haben sich aus der Eigenverantwortung zurückgezogen und das Risiko allein dem Versicherer überlassen. Getreu
dem Motto: „Ich habe ja eine Leitungswasserversicherung.“
Ganz so einfach ist es aber nun doch nicht. Ob es die normgerechte Errichtung einer Wasserinstallation oder die sachgerechte
Nutzung derselben ist, die Verantwortung dafür bleibt bei der
Hartmut Heyde
betroffenen Person. Genau vor diesem Hintergrund gibt es mitt-
Redaktionsleiter
lerweile ein verantwortliches Umdenken und gemeinsam mit der
Versicherungswirtschaft werden Lösungen gesucht bzw. auch
gefunden.
So finden Sie im vorliegenden Heft wieder einen Beitrag über
automatische Absperrventile und deren wirkungsvollen Einsatz –
dieses Mal in öffentlichen Gebäuden. Das Thema wird durch
einen Untersuchungsbericht von gehäuft auftretenden Leitungswasserschäden, verursacht durch Waschmaschinen, ergänzt.
In einem dritten Artikel stellen wir den aktuellen IFS-Videoclip vor.
Er behandelt die Prävention der Leitungswasserschäden mit noch
nie gesehenen Aufnahmen von der Entstehung bis zu den Auswirkungen von Leitungswasserschäden.
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LEITUNGSWASSER
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›› Automatische Absperreinrichtungen
in Trinkwasserleitungen öffentlicher Gebäude
Automatische Absperreinrichtungen verringern bei Leitungswasserschäden die Schadenfolgen und die Wahrscheinlichkeit von
Großschäden. Dieser Beitrag schildert die Umsetzung von automatischen Absperreinrichtungen in Trinkwasserleitungen öffentlicher Gebäude. Absperrarmaturen und die notwendigen planerischen Überlegungen werden anhand von Praxisbeispielen
beschrieben.
Einbau einer Absperreinrichtung
spielsweise bewusst überlaufende Wasch-
Der Einbau einer Absperreinrichtung ist
Für den Einbau von automatischen Ab-
becken nach Einbrüchen in öffentliche
jedoch keine Maßnahme gegen die eigent-
sperreinrichtungen
Gebäude verursachen.
liche Schadenursache. Durch die Ab-
gibt
es
zahlreiche
sperreinrichtung werden die Schaden-
Gründe. Schäden an Trinkwasserleitungen
folgen nach Eintritt eines Schadens ver-
Allgemeinen immer noch die häufigste
Funktionsweise einer automatischen Absperreinrichtung
Schadenursache in der Leitungswasser-
Eine
oder die Schadenhäufigkeit.
versicherung.
schließt die Kaltwasserzufuhr in Gebäu-
(Kalt- und Warmwasserleitungen) sind im
automatische
Absperreinrichtung
ringert, nicht jedoch die Schadenursache
Großschäden treten häufig bei Abwesen-
zentralen Absperreinrichtung im Haus-
Überlegungen bei schadenauffälligen Objekten
heit der Gebäudenutzer auf. Lange Zeit
anschluss kann bei einem Schaden an
Um die Leitungswasser-Schadenhäufigkeit
strömt unbemerkt immer wieder nach-
den Trinkwasserleitungen (Kaltwasser und
bei einem schadenauffälligen Objekt zu
laufendes Frischwasser aus der Schaden-
Warmwasser) nur das Wasser austreten,
verbessern, ist zunächst die dafür über-
stelle. Über das Wochenende oder die be-
das sich in den Leitungen bzw. den Kom-
wiegend verantwortliche Schadenursache
triebsfreie Zeit können so Kellerbereiche
ponenten der jeweiligen Installation be-
zu ermitteln. Die Installationen und die
überflutet oder aus oberen Etagen darunter
findet. Frischwasser strömt nicht nach.
Asservate werden begutachtet und darauf
den bei Abwesenheit der Nutzer. Mit einer
liegende Gebäudeteile durchnässt werden.
aufbauend
Absperreinrichtungen
Eine
automatische
bieten
Maßnahmen
zur
Schaden-
zahlreiche
verhütung und Schadenminderung aus-
Absperreinrichtung
Hersteller an. Zu einer automatischen Ab-
gesprochen. Eine sinnvolle Maßnahme
schaltet die Frischwasserzufuhr ab und
sperreinrichtung gehört ein Absperrventil,
zur Schadenminderung kann der Einbau
verringert dadurch die Schadenfolgen und
das durch eine Steuerungseinheit ausge-
einer automatischen Absperreinrichtung in
die Wahrscheinlichkeit für Großschäden.
löst wird. Die Steuerungseinheit wird häu-
die Kaltwasserleitungen sein.
Aus versicherungstechnischer Sicht ergibt
fig durch einen Wasserfühler, einen Strö-
sich ein positiver Einfluss auf den Scha-
mungsmesser, eine Zeitschaltuhr, eine Ein-
denverlauf und den zukünftigen Versiche-
bruchmeldeanlage, ein Zutrittskontrollsys-
Projektierung einer Absperreinrichtung
rungsbeitrag. Außerdem verringert eine
tem oder manuell in Betrieb gesetzt. Einen
Der Einbau einer automatischen Absperr-
Absperreinrichtung den Aufwand, den je-
Überblick über automatische Absperrein-
einrichtung in öffentliche Gebäude ist sorg-
der Gebäudebetreiber nach einem Scha-
richtungen liefert der Beitrag „Ein neuer
fältig zu planen. Hier sind neben der Aus-
den durch Leitungswasser hat.
Ansatz zur Schadenverhütung bei Lei-
wahl einer geeigneten Absperreinrichtung
tungswasserschäden“ (siehe auch scha-
auch das Nutzerverhalten und gebäude-
denprisma 2 / 2010, Seite 4 ff.).
technische Anforderungen an das Trink-
Absperreinrichtungen können auch schadenunabhängig zum gesicherten Schutz
wasser zu berücksichtigen.
von Archivalien oder von zu schützender
Typenähnliche Absperreinrichtungen kön-
Gebäudesubstanz gegen Schäden durch
nen zudem außerhalb von Trinkwasser-
Beim Einbau einer automatischen Absperr-
Leitungswasser beitragen.
leitungen, z. B. in automatische Nachfüll-
einrichtung in die zentrale Kaltwasserlei-
vorrichtungen von Heizungskreisläufen, in-
tung sollten u. a. folgende gebäudetechni-
stalliert werden.
sche Anforderungen abgestimmt werden:
Ein anderer Einbaugrund wäre der Schutz
vor
Vandalismusschäden,
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welche
bei-
LEITUNGSWASSER
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• Welche Einrichtungen werden von der
Wasserzufuhr versorgt?
• Lässt sich zentral oder in Teilbereichen
die Wasserzufuhr absperren?
• Wann ist eine Wasserzufuhr für
Teilbereiche der Installation notwendig?
• Existieren in dem Gebäude brandschutztechnische Einrichtungen wie
etwa Wandhydranten oder Sprinkleranlagen, die von der Wasserversorgung
versorgt werden?
• Erfolgt aus hygienischen oder betrieblichen Gründen in gewissen Abständen
eine automatische Spülung der Wasserleitungen, z. B. bei Schwimmbecken?
Neben diesen gebäudetechnischen Anforderungen ist das Nutzerverhalten zu betrachten. Es wäre äußerst unangenehm,
wenn die Duschen z. B. bei einer außerschulischen Sportveranstaltung kein Trinkwasser mehr liefern würden. Daher ist das
Nutzerverhalten über sämtliche Wochentage und Sonderveranstaltungen bei der
Planung einer Absperreinrichtung genauestens aufzunehmen.
Als letzter Schritt ist dann festzulegen,
welche automatische Absperreinrichtung
in die Kaltwasserinstallation eingebracht
werden soll. Für den Massenmarkt (den
privaten Bereich) entwickelt, sind viele
Absperrventile zurzeit auf Nennweiten bis
DN 32 bzw. 1 ½ Zoll begrenzt.
In öffentlichen Gebäuden sind die Kaltwasserleitungen im Hausanschluss teilweise
erheblich größer. Nennweiten von DN 50
oder mehr sind für größere Schulen üblich.
Dadurch sind einzelne Absperrventile auf
schmalere Kaltwasserleitungen hinter der
Kaltwasserverteilung einzubauen oder Industriearmaturen in den zentralen Hausanschluss zu installieren. www.schadenprisma.de
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LEITUNGSWASSER
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›› P r o je k t 1
›› P r o je k t 2
Verbandsgemeindeverwaltung Kirn-Land / Rheinland-Pfalz
Rathaus Stadt Kirn / Rheinland-Pfalz
Das Gebäude der Verbandsgemeindeverwaltung beinhaltet sowohl öffent-
Das barocke Rathaus ist der Sitz der
liche Bereiche wie das Bürgerbüro als auch die Räumlichkeiten der jeweiligen
Verwaltung. Das Gebäude wird von zwei
Fachbereiche. Die Wohnung des Hausmeisters ist ebenfalls über den zen-
Hausanschlüssen versorgt. Außerhalb
tralen Hausanschluss versorgt. Abends sind teilweise Vereine im Objekt an-
der Öffnungszeiten nutzen Vereine das
wesend. Frischwasser wird infolgedessen in einigen Bereichen des Objektes
Objekt selten. Brandschutztechnische
ständig und in anderen Bereichen in eingeschränkten Zeitfenstern genutzt.
oder gebäudetechnische Einrichtungen,
Daher ist hier eine zentrale Absperrung nicht zweckmäßig.
die unabhängig Frischwasser erfordern,
befinden sich nicht hinter den zentralen
Die Kaltwasserverteilung befindet sich im Hausanschlussraum. In drei Leitun-
Hausanschlussleitungen. Im Innenhof ist
gen hinter der Kaltwasserverteilung wurden Absperrventile der Firma Kemper
ein öffentliches Sanitärhäuschen, für das
eingebaut. Dadurch besteht die Möglichkeit, diese Bereiche des Verwal-
ständig Frischwasserbedarf besteht. Mit
tungsgebäudes separat abzusperren. Die Leitung der Hausmeisterwohnung
Ausnahme des Sanitärhäuschens exis-
wurde dagegen nicht mit einem Absperrventil versehen.
tieren somit Zeitfenster, an denen kein
Frischwasser benötigt wird.
Die Steuerung der Absperrventile erfolgt momentan über Handtaster im jeweiligen Bereich. Organisatorisch ist abgestimmt, wer und wann die Hand-
Beide Hausanschlussräume sind öffent-
taster bei Betreten und Verlassen des Gebäudebereiches betätigt. Ein Ta-
lich nicht zugänglich. In beide Kaltwas-
bleau im jeweiligen Bereich zeigt die Stellung des Absperrventils an.
serleitungen wurde im Hausanschluss
ein Absperrventil der Firma Kemper eingebaut. Das Absperrventil ist über eine
Zeitschaltuhr gesteuert. Zudem ist in
jedem Hausanschlussraum ein Wasserfühler über dem Kellerboden eingebaut
worden. Bei dessen Auslösung schaltet
das Absperrventil ebenfalls ab.
Neben der Zeitschaltuhr ist ein Handtaster eingerichtet, über den die Wasserzufuhr vorrangig zu schalten ist. Dadurch können Berechtigte jederzeit eine
manuelle Bedienung vornehmen.
Durch einen baulichen Abzweig am Anfang der Kaltwasserverteilung ließ sich
die Kaltwasserleitung des öffentlichen
Sanitärhäuschens von der Kaltwasserverteilung trennen. Dadurch konnte das
öffentliche Sanitärhäuschen ständig mit
Kaltwasser versorgt und nur ein zentrales Absperrventil zum Absperren der
Kaltwasserverteilung eingebaut werden.
Drei Absperrventile der Firma Kemper wurden in einzelne Leitungen der Kaltwasserverteilung
eingebracht. Dadurch können diese Bereiche separat abgesperrt werden.
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LEITUNGSWASSER
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Einbau eines Absperrventils in die zentrale Kaltwasserleitung DN 20. Weiterhin ist die
Zeitschaltuhr, der Handauslöser und der Wasserfühler im Bodenbereich zu erkennen.
Fazit
Einsatzmöglichkeiten von automatischen
Absperreinrichtungen in öffentlichen Gebäuden sind hier vorgestellt. Für nahezu
jedes Objekt ist die Anwendung von Absperreinrichtungen möglich. Damit es nicht
zu unerwünschten Wasserabsperrungen
kommt, sind das Nutzerverhalten und die
vorliegenden gebäudetechnischen Anforderungen an Frischwasser genauestens
aufzunehmen und auszuwerten. Anschließend kann die Auswahl der abzusperrenden Bereiche und einer geeigneten Absperreinrichtung erfolgen.
Der Einbau von automatischen Absperreinrichtungen ist ein sinnvoller Schutz zur
Verringerung von Gebäude- und Inhaltsschäden durch Leitungswasser. Stephan Wolff
Abteilung Schadenverhütung / Risikoberatung
Provinzial Rheinland Versicherung AG
Einbau eines Absperrventils in die zentrale Kaltwasserleitung DN 32. Durch die bauliche Veränderung der ersten Kaltwasserleitung in der Verteilung wird diese Leitung
nicht vom Absperrventil abgesperrt.
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LEITUNGSWASSER
Leitungswasserschäden –
verursacht durch Waschmaschinen
Die IFS-Schadendatenbank lässt eine
Schaden 1
Der Wassereinlass mit dem Magnetventil
Häufung von Leitungswasserschäden
Durch eine Undichtigkeit innerhalb einer
und der oberen Bruchfläche ließ sich frei
durch Toplader-Waschmaschinen bau-
Waschmaschine war es in einem Einfami-
und mit ausreichend Spiel an seine ur-
ähnlicher Typen erkennen.
lienhaus in Norddeutschland zu einem
sprüngliche Position bewegen. Eine Bewe-
erheblichen Leitungswasserschaden ge-
gung des äußeren flexiblen Anschluss-
Immer wieder kommt es beim Betrieb von
kommen. Die Waschmaschine wurde dem
schlauchs führte zu keiner Bewegung an
Waschmaschinen zu Leitungswasserschä-
IFS in Kiel zugesandt. Im Rahmen einer
der Bruchfläche des Flansches im Inneren
den. Sind Waschmaschinen mit einer so-
technischen Laboruntersuchung wurde die
der Maschine.
genannten Wasserstopp-Funktion ausge-
Schadenursache für den Wasseraustritt
stattet, wiegen sich die Verbraucher meist
ermittelt.
Zur weiteren Untersuchung wurden die
Bruchflächen freigelegt. Es handelte sich
in Sicherheit vor einem Leitungswasserschaden. Ein Trugschluss, wie die Scha-
Bei der Waschmaschine handelte es sich
um einen weißen Polymerwerkstoff aus
denerfahrungen des IFS zeigen. Für den
um einen sogenannten Toplader des Typs
Polyoxymethylen (POM). Der Bruch verlief
sicheren Betrieb von Waschmaschinen ist
342 S mit dem Markennamen „Privileg“
im letzten Gewindegang. Bis auf den
es daher erforderlich, diese nur bei Anwe-
(Handelsmarke der Quelle GmbH). Herge-
Bruchbereich durch einen Gewindegrat
senheit zu betreiben und nach dem Wa-
stellt wurde die Waschmaschine im Jahr
zeigte der Bruch eine relativ ebene Fläche
schen die Wasserzufuhr abzusperren. Das
2002.
ohne weitere Versätze.
Am frühen Morgen des Schadentages
Bei der rasterelektronenmikroskopischen
wurde die Waschmaschine in Betrieb ge-
Untersuchung der Bruchstruktur traten die
Hat das IFS schadenursächliche Ge-
nommen. Bei einer späteren Kontrolle
typischen Merkmale eines Gewaltbruches
räte zu untersuchen, wird routinemäßig in
wurde eine Überflutung des Kellers fest-
zutage (Bild 3).
der IFS-Schadendatenbank recherchiert,
gestellt. Das Wasser mit einem Höchst-
ob bereits ähnliche Fälle geprüft wurden.
wasserstand von etwa 20 cm musste von
Der Bruch war im letzten Gewindegang
Die inzwischen mehr als 12.000 Schaden-
der Feuerwehr ausgepumpt werden. Ins-
entstanden (Bild 4). Hier war ein Rissfort-
fälle enthaltende Datenbank ermöglicht
besondere wurde ein ungefähr 50 m gro-
schritt von innen nach außen erkennbar.
es, Schadenhäufungen und Serienschäden
ßer, voll ausgebauter Arbeits- und Hobby-
aufzuzeigen.
keller durch die Feuchtigkeit beschädigt.
wird auch in den Bedienungsanleitungen
gefordert.
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Der weitere Bruchfortschritt bis zum Abriss erfolgte als duktiler Gewaltbruch mit
So wurden Mitarbeiter des IFS auch auf
Für die Untersuchung wurde die linke Sei-
den entsprechenden Merkmalen von Zip-
eine Schadenhäufung von Leitungswas-
tenverkleidung des Geräts entfernt (Bild 1).
felbildungen
serschäden aufmerksam, die bestimmte
Im unteren Bereich an der Rückwand be-
Bruchfläche.
Waschmaschinen verursachten.
fand sich ein Winkelflansch aus Kunststoff.
auf
einer
relativ
ebenen
Dieser Winkelflansch war durch die Rück-
Dadurch kam es zum Abriss der Flansch-
Vorgestellt werden im Folgenden insge-
wand hindurchgeführt. Außen war der Zu-
verbindung zwischen dem äußeren Zulauf-
samt fünf Schadenfälle, die eine iden-
laufschlauch mittels einer Überwurfmutter
schlauch und dem Wassereinlass am Mag-
tische Schadenursache aufweisen. Die
befestigt. Am inneren Teil des Flansches
netventil im Inneren der Waschmaschine.
schadenursächlichen Toplader-Waschma-
war das Wassereinlass-Magnetventil an-
Das wird auch aus Bild 5 deutlich. Die
schinen wurden in den Jahren 2001 bis
gebracht. Der Winkelflansch war über den
Bruchfläche lag in dem Bereich, in dem der
2003 vom Hersteller „Electrolux“ produ-
vollen Umfang gebrochen (Bild 2).
Werkstoff bei der Verschraubung den maximalen Belastungen ausgesetzt war.
ziert und unter den Markennamen „Privileg“ und „AEG“ verkauft.
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Im Bereich der Schadenstelle waren weder
außen an der rückwärtigen Gehäusewand,
Eine starke Zugbeanspruchung des scha-
am unteren tragenden Kunststoffrahmen,
denursächlichen Bauteils durch umge-
noch am Zulaufschlauch Merkmale einer
bende Komponenten war aus der Einbau-
äußeren Beeinträchtigung festzustellen.
position nicht abzuleiten.
LEITUNGSWASSER
Über die Wasserseite sind Druckstöße
des Magnetventils bei Öffnungs- und
Schließvorgängen zu erwarten. Diese Be-
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Bild 1 | Schadenursächliche, geöffnete
Waschmaschine.
lastungen, die während der normalen Betriebsbedingungen entstehen, müsste das
Bauteil aber schadlos aushalten. Das war
hier nicht der Fall.
Schadenauslösend war hierbei die relativ stramm festgezogene Verbindung, die
das Dichtelement stellenweise scharf einschnürte. Somit konnten Spannungen auf
die
Überwurfverschraubung
des
Flan-
sches einwirken. Möglicherweise begünstigt durch Druckstöße seitens des angrenzenden
Magnetventils
führten
sie
erst nach längerer Zeit während des be-
Bild 2 | Die Winkelflanschverbindung
zwischen dem äußeren
Zulaufschlauch und
dem Wassereinlass
am Magnetventil ist
gebrochen (Pfeil).
stimmungsgemäßen Betriebes der Maschine zu einem Versagen des Polymerwerkstoffes.
Äußere Einwirkungen auf das schadenursächliche Bauteil waren aufgrund fehlender Merkmale und der Position im Inneren
der Maschine auszuschließen. Der Schaden war also auf die Bedingungen an der
Verschraubung der Verbindung zurückzuführen. Diese Verschraubung wird bei der
Fertigung des Produktes durch den Her-
Bild 3 | Die Bruchfläche weist die
typischen Strukturen
eines Gewaltbruches
auf.
steller erstellt. Daher war von einem Produktmangel auszugehen. Bild 4 | Oben links
ist die Struktur eines
anfänglichen Gewaltbruches zu sehen, der
sich von innen nach
außen entwickelt hat.
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LEITUNGSWASSER
2.
1.
Bild 5 | Das schadenursächliche Bauteil in zusammengesteckter Form: Rechts oben ist das
Gewinde für den Wasserschlauch erkennbar.
Pfeil 1 zeigt auf die Bruchstelle, Pfeil 2 auf das
Magnetventil.
Schaden 2
sich im Badezimmer der Wohnung und
nummer ergab, dass das Gerät in der
Der zweite Schaden ereignete sich im
wurde von der Bewohnerin am Schaden-
15. KW 2002 hergestellt wurde.
Rheinland. In einem Mehrfamilienhaus kam
tag gegen 14.00 Uhr eingeschaltet. Kurz
es im Sommer 2008 zu einem Leitungs-
vor 15.30 Uhr ging die Bewohnerin mit
Schaden 4
wasserschaden durch eine Waschmaschi-
ihrem Hund spazieren und stellte in der
Der vierte Schaden spielte sich in Bay-
ne.
Wohnung
Wasseraustritt
ern ab. Eine Undichtigkeit innerhalb einer
fest. Der Eigentümer eines Büros im Erd-
Waschmaschine hatte in einem Wohn-
Im IFS wurde die vor Ort asservierte
geschoss bemerkte dann gegen 16.00 Uhr
objekt zu einem erheblichen Leitungswas-
Waschmaschine des Typs „Privileg Pro
aus der Decke bzw. entlang eines Ab-
serschaden geführt. Die Waschmaschine
Comfort 853 S“ untersucht. Nach der De-
wasserrohres austretendes Wasser. Er ver-
wurde dem IFS zugesandt. Im Rahmen ei-
montage der linken Seitenwand wurde im
ständigte die darüber wohnenden Mieter.
ner Laboruntersuchung sollte die Scha-
noch
keinen
unteren Bereich zur Rückwand erneut ein
denursache für den Wasseraustritt ermit-
gebrochener Winkelflansch vorgefunden.
Das IFS in Düsseldorf wurde beauftragt,
Nach Auskunft des Quelle-Kundendienstes
die Waschmaschine des Typs „Privileg
wurde der vorliegende Gerätetyp seit dem
Sensation 75“ abzuholen und zu untersu-
Bei
Jahr 2001 hergestellt.
chen.
Waschmaschine des Typs „AEG Lavamat
telt werden.
der
Untersuchung
der
Toplader-
41280“ im Labor des IFS war die Schaden-
Schaden 3
Im Labor des IFS wurden die Seitenwände
ursache sehr schnell und eindeutig zu
Ebenfalls im Rheinland trat im Frühjahr
der Waschmaschine demontiert. In der ge-
ermitteln. Nach Öffnung der Seitenwand
2009 in einer Wohnung in einem Mehrfa-
öffneten Maschine zeigte sich das gleiche
offenbarte sich erneut ein gebrochener
milienhaus ein weiterer Leitungswasser-
Schadenbild wie im Schaden 1. Der Win-
Winkelflansch des Wassereinlassventils.
schaden durch eine Waschmaschine auf.
kelflansch, der die Verbindung zwischen
Anhand der Seriennummer war erkennbar,
dem außen befindlichen Zulaufschlauch
dass das Gerät in der 36. KW 2001 herge-
Der Schaden war im dritten Obergeschoss
und dem innen liegenden Wassereinlass-
stellt wurde.
entstanden. Die Waschmaschine befand
ventil herstellt, war gebrochen. Die Serien-
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LEITUNGSWASSER
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Schutz vor Leitungswasserschäden
Moderne Waschmaschinen sind mit Systemen ausgestattet, die Leitungswasserschäden
verhüten sollen. Grundprinzip: Bei Wasseraustritt sperrt ein Magnetventil den Wasserzufluss ab. Der Schutz vor Leitungswasserschäden umfasst aber in manchen Fällen nur
den Zulaufschlauch, in anderen die gesamte Maschine.
Zum Beispiel bietet eine mechanische Wasserstoppfunktion nur eingeschränkten Schutz.
Diese funktioniert wie folgt:
Erleidet der Wasserzulaufschlauch einen Defekt, etwa infolge Platzens oder einer Haarrissbildung, wird das dabei austretende Wasser durch den Umhüllungsschlauch aufgefangen. Erreicht das Wasser im Umhüllungsschlauch die an dem wasserhahnseitigen
Ende des Schlauches befindliche Auslösemechanik, wird ein Sicherheitsventil geschlossen, welches die Wasserzufuhr unterbricht.
Aufwändigere Systeme bieten erhöhte Sicherheit, weil nicht nur der Schlauch überwacht
wird. Ein solches System besteht beispielsweise aus einem Magnetventil am Wasserzulauf, einem Doppelzulaufschlauch sowie einer geschlossenen Bodenwanne mit FeuchteSensor oder Schwimmerschalter.
Schaden 5
Fazit
Er war jedoch schon durch eigene Markt-
In einem Haushaltsgeräte-Forum im Inter-
Die Schilderung der Schadenfälle zeigt:
beobachtungen auf diese Schadenursache
net wurde ebenfalls ein Wasserschaden
Defekte sind auch bei relativ neuen Wasch-
aufmerksam geworden. Das schaden-
durch eine Undichtigkeit innerhalb einer
maschinen nicht auszuschließen. Daher ist
trächtige Bauteil wird heute nicht mehr ver-
Waschmaschine beschrieben. Auf dem ge-
eine regelmäßige Überprüfung der ord-
wendet. Von der Herstellung bis zum Ver-
zeigten Bild im Internet war der Winkel-
nungsgemäßen Funktion der Maschine
sagen des Bauteils waren jeweils mehrere
flansch an derselben Stelle gebrochen wie
durch den Betreiber notwendig. Der Be-
Jahre vergangen. Eine Materialermüdung
bei den von den Gutachtern des IFS unter-
trieb von Waschmaschinen sollte grund-
spielt also auch eine Rolle.
suchten Geräten.
sätzlich nur bei Anwesenheit stattfinden.
Nach Beendigung des Waschganges ist
Die schadenträchtigen Teile werden heute
Nach den Angaben des Eigentümers han-
die Wasserzufuhr zu schließen, um als Nut-
nicht mehr verbaut. Dennoch befinden
delte es sich um eine Waschmaschine des
zer keine unangenehmen Überraschungen
sich sehr viele Waschmaschinen in den
Typs „AEG Lavamat 412780“. Hergestellt
zu erleben. Darauf weisen auch die Bedie-
Haushalten, die einen solchen Schaden
wurde der Toplader laut Fertigungsnum-
nungsanleitungen der Geräte hin. Das IFS
verursachen können. Ein Grund mehr, die
mer des Typenschildes in der 27. KW 2002.
empfiehlt darüber hinaus, bei Abwesenheit
Schadenverhütungsregeln einzuhalten. die gesamte Wasserinstallation von Haus
oder Wohnung abzusperren.
Unterstützt durch die Recherchemöglichkeiten in der IFS-Schadendatenbank, hat
das IFS bei diesem Waschmaschinentyp
eine Schadenhäufung festgestellt. Der anschließend kontaktierte Hersteller wurde
auf das Problem hingewiesen.
Dipl.-Ing. (FH) Martin Lütke Lanfer
Institut für Schadenverhütung und
Schadenforschung der
öffentlichen Versicherer e.V.
Standort München
www.schadenprisma.de
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LEITUNGSWASSER
Leitungswasserschaden,
Video auf www.ifs-ev.org
3. IFS-Video zur Scha
Leitungswasserschäden im
Bereits zum dritten Mal verwandelte sich das Brandversuchshaus des Instituts für
Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer in Kiel zu
einer Filmkulisse. Bei den ersten beiden Videos ging es um Feuerschäden. Brände,
verursacht durch einen Wäschetrockner bzw. durch überhitztes Fett, wurden nachgestellt. Aber nicht nur Brände und deren Verhütung bewegen die Gebäudeversicherer. Vielmehr bereiten Leitungswasserschäden immer mehr Probleme.
Überalterte Installationen und der Trend, immer mehr wasserführende Leitungen in Häusern zu verlegen, führen zu einem ständig steigenden Schadenaufkommen. Die Ursachen
für die eigentlichen Schäden sind vielfältig. Sie lassen sich in die Kategorien Planungsfehler, Installationsfehler, Produktmangel und falsche Betriebsbedingungen einordnen.
Abhilfe durch steuerbare Ventile
Die unmittelbaren Defekte an Bauteilen von Installationen sind bei den Leitungswasserschäden das kleinere Problem. Die Schadenhöhe wird ganz wesentlich durch die Menge
des austretenden Wassers bestimmt. Hierdurch ergibt sich eine Reihe von Folgeschäden, die für die Gebäudeeigentümer höchst ärgerlich und für den Versicherer teuer sind.
Man stelle sich beispielsweise folgende Situation vor:
Ein Keller wurde voll ausgebaut. Ein Arbeitszimmer mit Akten und Bibliothek befindet
sich darin. Wenn infolge des Schadens der Keller vollläuft, werden Bücher, Akten und
Möbel unter Umständen unbrauchbar. Möbel lassen sich neu kaufen, das Familienfotoalbum ist jedoch unwiederbringlich verloren. Wegen der notwendigen Trocknungsarbeiten ist das Haus unter Umständen wochenlang nur eingeschränkt zu nutzen.
Um solchen Situationen vorzubeugen, schlägt das IFS den Einbau von elektrisch steuerbaren Ventilen in die Hauswasserinstallationen vor, die bei Wasseraustritt automatisch
schließen. Für den Einbau solcher Ventile wird in diesem neuen Video geworben. Verschiedene Beiträge im schadenprisma, Hefte 2 bis 4 / 2010, berichteten bereits über
Funktion, Nutzen und Anwendung solcher Ventile.
www.schadenprisma.de
LEITUNGSWASSER
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denverhütung
IFS-Brandversuchshaus
Neuer Film
Im Video wird eingangs ein von einem Leitungswasserschaden betroffenes Haus gezeigt,
das über drei Etagen durchfeuchtet wurde. So wird ein Eindruck vermittelt, wie die Folgen
eines solchen Schadens für die Bewohner aussehen. Weiter sind typische Schadenursachen von Leitungswasserschäden ins Bild gesetzt. Ein flexibler Anschlussschlauch platzt
nach einer Vorschädigung. Eine sich lösende Quetschverbindung wird ebenfalls gezeigt.
Das sind Aufnahmen, die man selten sieht. Natürlich wird auch das Thema Frost aufgegriffen. Denn durch Frost entstehen jährlich viele Tausend Leitungswasserschäden.
Wie sich ein Kupferrohr durch den bei Frosteinwirkung entstehenden Druck aufbläht und
schließlich platzt, geben eindrucksvolle Bilder wieder.
Ein weiterer Schadenklassiker wird im Video dargestellt: falsch angeschlossene, drucklose Wasserspeicher. Häufig werden diese Speicher falsch installiert und stehen deshalb
ständig unter Druck. Bei der Erwärmung steigt der Druck weiter. Nach relativ kurzer Betriebsdauer platzen diese Speicher dann zwangsläufig und führen zu einem größeren
Wasseraustritt. Schließlich werden die empfohlenen elektrisch steuerbaren Ventile in
speziellen Einbausituationen vorgeführt und deren Nutzung dargestellt. Ziel ist es, die
Verbreitung solcher Ventile weiter zu fördern. Das IFS und seine Mitgliedsunternehmen,
die öffentlichen Versicherer, haben eine Reihe von Aktivitäten geplant, die diesem Ziel
dienen. Dr. Rolf Voigtländer
Geschäftsführer des Instituts
für Schadenverhütung und
Schadenforschung der
öffentlichen Versicherer e. V., Kiel
Wichtige Hinweise
Auf der IFS-Internetseite www.ifs-ev.org kann man sich das Video anschauen. Videos mit
höherer Auflösung können Interessierte unter der Postadresse des IFS kostenfrei bestellen. Nur für größere Mengen der zum Versand bereitstehenden DVDs wird ein Kostenbeitrag erhoben. Das Video ist auch bei www.youtube.com eingestellt.
www.schadenprisma.de
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AKTUELLES SCHADENGESCHEHEN
Flüssiggas –
eine unterschätzte Gefahr
Der hier besprochene Schadenfall verdeutlicht, dass im Umgang mit dem fossilen
Energieträger Flüssiggas aufgrund dessen Gefahrenpotenzials alle vorgegebenen
Sicherheitsvorkehrungen unbedingt einzuhalten sind.
Wegen seines hohen Heizwertes und der
Betroffen war eine Speisegaststätte mit
vergleichsweise sauberen Verbrennung gilt
angeschlossenem Hotel. Die Küche des
Flüssiggas als hochwertiger und umwelt-
Hauses lag im Keller. Während der Win-
freundlicher Brennstoff. Leicht zu transpor-
termonate ruhte der Betrieb und die mit
tieren, lässt es sich auch abseits eines
Flüssiggas betriebenen Küchengeräte wa-
Gasversorgungsnetzes nutzen. Doch der
ren „eingemottet“.
Einsatz von Flüssiggas birgt Gefahren.
Strömt Flüssiggas aus, sammelt es sich
Schadenfall
am Boden und kann mit der Luft ein explosionsfähiges Gemisch bilden. Die dabei
Der Schaden ereignete sich an einem Tag
zum Teil auch von erfahrenen Installateu-
im Frühjahr. An diesem sollte ein Installa-
ren unterschätzte Gefahr zeigt das nachfol-
teur im Auftrag des Eigentümers die Gas-
gende Schadenbeispiel:
Küchengeräte für die kommende Saison
wieder in Betrieb nehmen. Das Lager mit
Bild 1 | Gasflaschenlager abseits der Küche.
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Bild 2 | Gas-Küchengeräte, die der Installateur in Betrieb nehmen
sollte.
1 2011
260
Schema 1 | Volumenverhältnis flüssiges /
gasförmiges Propan (Quelle: BGI 645).
1
flüssig
gasförmig
den Flüssiggasflaschen befand sich oberir-
Schadenursachenermittlung
gert sein Volumen auf etwa ein 260stel.
Somit genügen schon kleinste Mengen
disch etwa 30 m von der Küche entfernt.
Bei der Inbetriebnahme öffnete der Instal-
Mit der Ermittlung der Schadenursache
flüssig ausströmenden Gases, um bei
lateur die Absperrhähne im Flaschenlager
wurde das Institut für Schadenverhütung
dem sich ergebenden rund 260-fachen
(Bild 1). Das Gas floss über fest installierte
und Schadenforschung (IFS) beauftragt.
Volumen der Gaswolke in Verbindung mit
Leitungen zur Küche im Keller (Bild 2). Um
Hinweise auf eine Leckage gasführender
Luft ein zündfähiges Gemisch zu erzeugen
die Gasleitungen und Gasgeräte zu ent-
Anlagenteile ergaben sich bei der Untersu-
(Schema 1).
lüften sowie weitere Einstellarbeiten vorzu-
chung des Schadenfalles nicht. Sowohl die
nehmen, ließ der Installateur das Gas in die
Vorratsflaschen als auch die Leitungen so-
Ein Propan-Luft-Gemisch mit nur 2,1 Vol.-%
Küche entweichen, ohne es in einer Nutz-
wie die Gas-Küchengeräte waren dicht.
Propan ist bereits explosionsfähig. Ein Liter
flamme zu verbrennen. Dieser Vorgang
Das Gas konnte somit nur beim Entlüften
flüssiges Propan verdampft zu 260 Liter
dauerte nach seinen Angaben etwa zwei
der Leitungen und den nachfolgenden Ein-
Propangas, welches demnach in Mischung
bis drei Minuten. Kurze Zeit später gab es
stellarbeiten in den Raum ausgetreten sein.
mit Luft 12.400 Liter explosionsfähige At-
eine massive Explosion. Die Druckwelle
mosphäre ergeben kann. Bereits zehn Liter
der Explosion entlastete sich durch das
Flüssiggas besteht im Wesentlichen aus
einer explosionsfähigen Atmosphäre sind
Zerbersten von Fensterscheiben (Bild 3).
Propan oder Butan beziehungsweise aus
laut BGI 645 als gefährlich anzusehen.
Auch die Tür zur Küche wurde aus der
einem Gemisch dieser Gase. Als Begleit-
Verankerung gerissen und stark deformiert
gas bei der Förderung von Erdöl und Erd-
Extrem riskant ist es, wenn Flüssiggas im
(Bild 4). Der Installateur erlitt schwere Ver-
gas oder bei der Erdölraffination fällt es
flüssigen Aggregatzustand frei wird. Dem
letzungen. Er wurde mit einem Rettungs-
als Nebenprodukt an. Es wird unter Druck
IFS sind weitere Fälle bekannt, bei denen
hubschrauber ins Krankenhaus eingeliefert
transportiert und gelagert. Ab einem Druck
es auf diese Weise zu Schäden gekommen
und überlebte glücklicherweise.
von etwa 8 bar wird es flüssig und verrin-
ist. So löste beispielsweise ein in Betrieb
befindlicher, umgekippter Campingkocher
einen großflächigen Brand in einem Carport aus. Das Gas war bei der liegenden Flüssiggaskartusche in flüssiger Form
ausgetreten und hatte
sich sogleich an der
Nutzflamme entzündet.
Bild 3 | Zerborstene Fensterscheiben.
Bild 4 | Durch die Druckwelle der Explosion
deformierte Tür.
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AKTUELLES SCHADENGESCHEHEN
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20 m2 großer Raum
11-kg-Flasche
30 cm
Schema 2 | Austretendes Flüssiggas verteilt sich zunächst überwiegend bodennah (Quelle: BGI 645).
Vorschriftswidriges Verhalten
Von besonderer Bedeutung für die Arbeits-
drängt es und breitet sich fließend wie
sicherheit sind die relativ hohen spezifi-
Wasser aus. Dabei werden alle vertieften
schen Dichten von Flüssiggasen im gasför-
Stellen ohne Abflussmöglichkeiten völlig
Das Entlüften der Leitungen in den Raum
migen Aggregatzustand. Vergleicht man
ausgefüllt und verbleiben so über längere
widersprach den berufsgenossenschaft-
die spezifische Dichte von Luft, Propan
Zeiträume. Genau das wurde dem In-
lichen Vorschriften. Zur Verwendung von
und Butan bei 0 °C und Atmosphärendruck,
stallateur im geschilderten Schadenfall
Flüssiggas heißt es hierzu in der BGV D34:
ergeben sich gemäß BGI 645 folgende
zum Verhängnis. Die Küche im Keller war
„Das beim Entlüften von Rohrleitungen
Werte:
unter Erdgleiche angelegt und das Gas
austretende Gas-Luft-Gemisch oder Gas
konnte nicht abfließen. Es sammelte sich
ist gefahrlos abzuführen.“
• Luft
1,29 kg / m3
am Boden wie in einer Wanne an. Mit dem
• Propangas
1,97 kg / m3
Luftsauerstoff bildete sich ein explosions-
Konkretisiert wird diese Vorschrift in der
• Butangas
2,59 kg / m3
fähiges Gemisch. Als Zündfunke kann z. B.
zugehörigen Durchführungsanweisung. Hier
der Schaltfunke eines Kühlschrankes ge-
heißt es: „Gefahrlos bedeutet, dass das
wirkt haben.
Gas-Luft-Gemisch bzw. Gas mit einer
Ausströmendes Flüssiggas ist schwerer
Schlauchleitung ins Freie abgeleitet wird.“
als Luft und sinkt demnach zu Boden
(Schema 2). Die dort vorhandene Luft ver-
Einschätzung
Literatur
Berufsgenossenschaftliche Vorschriften:
BGV D34 „Verwendung von Flüssiggas“ und
zugehörige Durchführungsanweisung
Berufsgenossenschaftliche Informationen für
Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit:
BGI 645 „Sichere Verwendung von Flüssiggas
in Metallbetrieben“
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Den geschilderten Schadenfall verursachte letztendlich der Leichtsinn des Installateurs. Bei
Beachtung der entsprechenden Vorschriften hätte sich der Schaden verhindern lassen. Alfons Moors
Institut für Schadenverhütung und
Schadenforschung der
öffentlichen Versicherer (IFS), Düsseldorf
INFORMATION
1 2011
er
Unersetzbare Kunst und Kulturgüt
angemessen schützen
Bei einer Veranstaltung der Westfälischen Provinzial Versicherung drehte sich alles um die Sicherung von Museen, Ausstellungen und Archiven. Anhand der im Kloster Bentlage im westfälischen Rheine angesprochenen Sicherheitsaspekte zeigten
Experten Lösungswege auf.
Blick für Gefahren schärfen
Die Sicherung und Versicherung von Kunst- sowie Kulturgütern
steht immer wieder im Mittelpunkt des Interesses. Spektakuläre
Kunstdiebstähle, verheerende Brände oder unfassbare Katastrophen sind es, die für einige Tage oder Wochen die öffentliche
Aufmerksamkeit auf sich ziehen. An den Einsturz des Kölner
Stadtarchivs am 3. März 2009 sei hier beispielhaft erinnert.
Schnell werden Fragen laut, wie sich diese Ereignisse hätten verhindern lassen und ob die präventiven Maßnahmen im Vorfeld
wirklich ausreichend waren.
Für Annette Bockhorst, Hauptabteilung Schadenverhütung Firmenkunden der Westfälischen Provinzial, gehören die Beratung zu
Bild 1 | Ein kleiner Beitrag zum Umweltschutz: Im Rahmen des Symposiums überreichte Annette Bockhorst dem Museumsamt des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) eine Wärmebildkamera. „Unser Ziel ist es, die Museen so ressourcenschonend wie möglich zu betreiben. Wir freuen uns, dass uns die Provinzial
hierbei und somit beim Umweltschutz durch die Wärmebildkamera unterstützt“,
betonte Stephan Brunnert, LWL-Museumsamt, der die Kamera entgegennahm. Mit
dieser Kamera lassen sich beispielsweise Aussagen zum energetischen Zustand
des Gebäudes direkt ablesen.
technischen Präventionsmaßnahmen und durchgespielte Schadenszenarien zu ihrem täglichen Aufgabenfeld (Bild 1). Hand in
Hand arbeitet sie mit ihren Kollegen aus dem Bereich Technische
Versicherungen, um Risiken zu minimieren und eine Tarifierung
sowie Versicherbarkeit zu ermöglichen. Gemeinsam mit dem
Fachbereich hatte sie auch die Idee, ein Symposium auszurichten.
Die Wahl des Veranstaltungsortes fiel auf das Kloster Bentlage.
Das Kloster ist ein Paradebeispiel für ein umgesetztes Sicherungskonzept. Hier verdeutlichen eingebaute technische Präventionsmaßnahmen zum Einbruchdiebstahl- und Brandschutz, dass
Klostermauern und moderne Technik sich nicht ausschließen
müssen (Bild 2 und 3).
Große inhaltliche Bandbreite
Bild 2 | Das 1437
gegründete ehemalige
Kreuzherrenkloster
Bentlage hat sich als ein
wichtiges Zentrum für
zeitgenössische Kunst
im Münsterland etabliert.
Das Provinzial-Symposium widmete sich
u. a. folgenden Fragen:
• Wie sind Museen, Ausstellungen und
Archive vor Brand, Einbruch, Raub und
Naturgewalten zu sichern?
Bild 3 | Klostermauern
und moderne Sicherheitstechnik müssen
sich nicht ausschließen.
Architektonisch gut
gelöst sind beispielsweise spezielle Nischen
für Feuerlöscher, die das
Gesamterscheinungsbild des ursprünglichen
Schlafsaales nicht
beeinträchtigen.
• Wie sollte ein optimal zugeschnittener
Versicherungsschutz aussehen und
• warum macht der Aufbau eines ArchivNotfallverbundes Sinn?
Als größter Kommunalversicherer der Region unterstützt die Westfälische Provinzial die bei ihr versicherten Kommunen bei
der Beantwortung dieser Fragen. www.schadenprisma.de
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1 2011
INFORMATION
Kommunalarchive im Blick
Bild 4 | Zusammen mit dem LWL- Archivamt
für Westfalen hat die Westfälische Provinzial
Versicherung eine Broschüre entwickelt, die
die wirksame Vorbeugung gegen Schäden an
Archivalien thematisiert.
Viele kommunale Archive bewahren das historische und kulturelle
Gedächtnis von Städten und Gemeinden. Oft werden Unikate verwahrt, die bei Verlust oder Zerstörung unersetzbar sind. Dies trifft
auf Museen in kommunaler Trägerschaft sowie private Sammlungen ebenso zu. Prävention benötigt daher ein klares Konzept, das
Christian Buschkotte, Leiter der Abteilung Technische Versiche-
in den drei Grundelementen aus baulichen und organisatorischen
rungen / Transport, stellte Versicherungskonzepte für Kunst- und
Maßnahmen sowie elektronischen Sicherungen besteht. Eine vor-
Kulturgüter vor. Einen Schwerpunkt seines Vortrages legte er
ab durchgeführte Risikoanalyse, eine permanente Überprüfung
auf die Absicherung von Kommunalarchiven. Denn die hier übli-
und ggf. Anpassung des individuellen Sicherungskonzeptes gehö-
che Inventarversicherung reicht zum Schutz wertvoller Unikate
ren selbstverständlich dazu, damit sich Schadenverhütung auch
nicht aus. Das Konzept der Provinzial zielt darauf ab, die mögli-
langfristig auszahlt (Bild 4).
chen Wiederherstellungskosten zu versichern (Bild 5).
Kunstgenuss und Versicherbarkeit
Dr. Mechthild Beilmann-Schöner, Leiterin der städtischen Museen
Rheine, ging in ihrem Grußwort auf das Sicherheitskonzept des
Klosters ein. Letzteres wurde in enger Zusammenarbeit mit der
Provinzial erstellt. Ralf Mertens, Schadenverhütungsexperte bei
der Provinzial, betonte, dass die kontinuierliche Beratung der Museen von hoher Priorität sei. Aus Sicht eines Sachversicherers
wies er zudem auf das Spannungsfeld zwischen einem Höchstmaß an Sicherheit und akzeptablen Kosten hin. „Mit den richtigen
Konzepten ist eine Symbiose zwischen Kunstgenuss und notwendiger, exzellenter Sicherung möglich“, unterstrich der Referent.
Sicherungen ließen sich installieren, ohne den Betrachter der
Kunst zu stören.
Die Vorträge erläuterten, dass Kunst- und Kulturgüter vielfältigen
Risiken ausgesetzt sind. Neben Naturgewalten, Feuer und Ein-
Bild 5 | Durch einen Brand stark beschädigte Archivalien sind ein Horrorszenario
für jeden Archivar.
bruch ist Vandalismus eine große Gefahr, die es im Sicherungskonzept zu berücksichtigen gilt. Ein Highlight setzte Michael John,
Technischer Leiter der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden,
Teilnehmer waren begeistert
der anschaulich erklärte, wie Risikomanagement in Museen aus-
Bei einem abschließenden Rundgang durch die Klosteranlagen
sieht. „Es muss nicht immer ein Jahrhunderthochwasser sein oder
konnten sich die Gäste ein Bild von dem Sicherheitskonzept des
ein großer Brand. Auch kleine Schäden können Sie im Alltag im
Klosters machen. Nebenbei blieb viel Raum für einen intensiven
Museum überraschen“, hob John hervor und machte deutlich, wie
Erfahrungsaustausch: „Die sehr positive Resonanz und die an-
solchen Überraschungen vorgebeugt werden kann: Neben einer
regenden Diskussionen zeigen uns, dass wir unseren Gästen die
angemessenen Risikoanalyse seien detaillierte Checklisten und
unterschiedlichen Facetten der Schadenverhütung nahe bringen
Handlungsempfehlungen zu erarbeiten. Bei der gesamten Notfall-
konnten“, freute sich Annette Bockhorst, Initiatorin des Symposi-
planung sei es zudem unerlässlich, sich kontinuierlich von Spezia-
ums.
listen, wie der örtlichen Feuerwehr, beraten zu lassen.
Das in den Fachvorträgen dargebotene Themenspektrum begeisDr. Marcus Stumpf, Leiter des Archivamts vom Landschaftsver-
terte mehr als 100 Mitarbeiter von Museen und Archiven, dem
band Westfalen-Lippe, stellte die Überlegungen zum Aufbau eines
kommunalen Gebäudemanagement sowie private Sammler. Notfallverbundes von Archiven und Bibliotheken am Beispiel
Münster dar. Die Mitglieder solch eines Verbundes bündeln im
Notfall ihre personellen sowie sachlichen Ressourcen und unterstützen sich beim Schutz des Kulturgutes.
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Lena Maßmeyer
Ralf Tornau
Westfälische Provinzial Versicherung,
Münster
INFORMATION
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IF Star 2010:
Schadensarmer Einsatz bei einem Wohnungsbrand
Seit 2008 ist die „Schadensarme Einsatztaktik“ bekannt. Eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der AGBF, des DFV, des GDV und des
WFV-D hat gemeinsam die Vermeidung von Schäden bei Feuerwehreinsätzen vorangetrieben. Auch die Feuerwehr der Stadt
Kierspe (Nordrhein-Westfalen) hat sich durch Aus- und Fortbildungen der Schadensminimierung verschrieben. Mit der besonderen Vorgehensweise bei einem Wohnungsbrand hat sie sich am letztjährigen IF Star beteiligt und gewann den zweiten Preis.
Bild 1 | Aufgrund der
Wetterlage (Schnee)
wurde der nächstliegende
Überflurhydrant für die
Wasserversorgung in die
Planung mit einbezogen.
Entfernung zwischen
Hydrant und Einsatzstellen-Pumpe ca. 560 m,
der Hydrant musste nicht
eingesetzt werden.
Einsatzgeschehen
Nach tagelangen, teils heftigen Schnee-
Bei dem Objekt handelte es sich um ein
leistet. Wegen der Schneefälle und Tem-
fällen herrschte zum Zeitpunkt der Alar-
1977 errichtetes, massiv ausgeführtes Ein-
peraturen
mierung ein Ostwind in der Stärke 3 – 4
familienhaus mit ausgebautem Dachge-
ortsnahen Hydranten allerdings nicht ver-
mit Temperaturen von –12 °C. Im gesamten
schoss. Durch die Hanglage wurde dort
fügbar. Der nächste Überflurhydrant (DN
Stadtgebiet waren die Straßen mit einer
der Kellerbereich als Einliegerwohnung
300) befand sich 600 m entfernt im Zu-
dichten Schneedecke überzogen. Die Ein-
ohne eigenen Zugang genutzt.
fahrtsbereich eines Einkaufszentrums (Bil-
waren
die
entsprechenden
der 1 und 2). satzstelle lag innerhalb eines Wohngebietes am Stadtrand und war nur über eine
Die Wasserversorgung war im Normalfall
Sackgasse erreichbar.
durch eine DN-100-Stichleitung gewähr-
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INFORMATION
Bild 2 | Wegen falscher
Anschrift war der RTW
an der Einsatzstelle im
Lerchenweg (Sackgasse)
vorbeigefahren. LF 16 / 12
und LF 20 / 20 wählten ihre
Aufstellung so, dass für ein
Hubrettungsfahrzeug genügend Platz vorhanden war.
Der Bereitstellungsplatz
war auf dem Gelände einer
Firma direkt an der Durchgangsstraße im Bereich der
Zufahrt zur Einsatzstelle.
bAlarmierung
ne massive Brandbeaufschlagung zu se-
Die Betreuung der aus dem Einsatzobjekt
Während die Notrufabfrage eines ersten
hen, die sich innerhalb der Wohnung
geretteten sechs Personen im Alter von
Anrufers in der Kreisleitstelle des Märki-
auszubreiten schien. Bei der weiteren
zwei bis 46 Jahren erfolgte in den Mann-
schen Kreises in Lüdenscheid ablief, mel-
Erkundung innerhalb des Gebäudes traf
schaftstransportwagen der Feuerwehr. Die
dete sich auch der Eigentümer. Er wies
der Einsatzleiter den Eigentümer und sei-
anwesenden Notärzte behandelten zu-
konkret auf einen Wohnungsbrand hin und
nen 17-jährigen Sohn beim Verlassen der
nächst Vater und Sohn, ehe das DRK sie
teilte mit, dass sich noch sechs Personen
Brandwohnung an. Nach dem Schlie-
dem Klinikum Lüdenscheid zuführte. Nach
im Gebäude befanden.
ßen der Wohnungstür brachte er sie nach
einem Tag der Beobachtung konnten sie
draußen.
dieses jedoch wieder verlassen. Die übri-
Aufgrund der „Menschenleben in Gefahr“
gen Familienmitglieder verbrachten die
alarmierte die Leitstelle daraufhin die
bMenschenrettung
Löschzüge I und II der Feuerwehr Kierspe.
Die Einsatzkräfte des eingetroffenen LF
Den bei einer Fortbildung weilenden B-
16/12 sollten die Menschenrettung im Ge-
bBrandbekämpfung
Dienst ersetzte der zuständige A-Dienst.
bäude durchführen. Freie Kräfte hatten
Den Einsatzauftrag für die Brandbekämp-
Die Bereitstellung der Rettungsmittel über-
mobile Rauchverschlüsse in der Tür zur
fung durch ein gewaltsam zu öffnendes
nahmen die Rettungswache Meinerzha-
Brandwohnung sowie im oberen Bereich
Fenster im Kellerwohnungsbereich erhielt
gen, das DRK Kierspe sowie die Notärzte
der Treppe zu setzen und einen Lüfterein-
der Löschzug II mit dem C2-Dienst. Durch
aus Kierspe und Lüdenscheid.
satz vorzubereiten. Im Erd- und Ober-
die in Kierspe mit einem Löschmittel-
geschoss war die Evakuierung aufgrund
behälter von 2.000 Liter vorgehaltenen
von Rauchfreiheit ohne Atemschutz vorzu-
Löschgruppenfahrzeuge stand ihm in der
Der die Einsatzstelle erreichende A-Dienst
nehmen. Zugleich sollte die zunehmende
Anfangsphase eine ausreichende Lösch-
führte eine erste Erkundung außerhalb
Verrauchung des Kellerflur- und des Wohn-
wassermenge zur Verfügung.
des Gebäudes durch. Hinter einem ver-
bereiches im Erdgeschoss unterbunden
schlossenen Fenster war in einem Wohn- /
werden.
bErkundung
Schlafraum der Kellereinliegerwohnung ei-
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Nacht bei Verwandten.
Nach Öffnen des Fensters stieg ein erster
verstärkter Angriffstrupp ( 1 : 2 ) – ausgerüs-
INFORMATION
1 2011
Bild 3 | Grundriss des
Untergeschosses.
tet mit Hohlstrahlrohr und Wärmebildkamera – in die Wohnung ein. Bedingt
durch die unzureichende Luftzufuhr war
mittlerweile die Brandintensität deutlich
einer verstärkten dunklen Rauchentwicklung gewichen. Dem Angriffstrupp war die
Orientierung innerhalb der Wohnung erschwert bzw. fast unmöglich. Gleichzeitig
wirkte ein Lüfter einem eventuellen Ausbreiten der Rauchgase durch Erzeugen
eines leichten Überdruckes in Richtung
Keller und Brandraum entgegen.
Mithilfe der Wärmebildkamera konnte der
Angriffstrupp gezielt die Glutnester im
Brandraum ablöschen. Durch das Öffnen
eines weiteren Fensters besserten sich
die Sichtverhältnisse in kurzer Zeit. Noch
brennende, auf die Terrasse beförderte
Gegenstände ließen sich dort mit einem
weiteren Hohlstrahlrohr ablöschen. Innerhalb der Brandwohnung blieb der Löschmitteleinsatz auf ein Minimum begrenzt
(Bilder 3 und 4). Bild 4 | Der
Standort des
Lüfters befand
sich am Eingang
des Erdgeschosses. Das
Gelände zur
Einsatzstelle
(in Rot dargestellt) hat einen
Höhenunterschied von ca.
2,50 m.
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INFORMATION
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Einsatztaktik
Schadensminimierung
• Trotz geringer Rauch- und Rußverun-
die Mitwirkung des Sachverständigen als
reinigungen im Kellerflur war solch ein
fester Bestandteil des Ausbildungspro-
Die Stadt Kierspe entwickelte im Jahr 2007
Schadenseintrag im Erd- oder Dach-
gramms der Einsatzkräfte sowie der Füh-
aufgrund eines entsprechenden Vortrages
geschoss nicht festzustellen.
rungskräfte.
ein Aus- und Fortbildungskonzept zur
Fazit
Schadensminimierung. In den folgenden
• Schäden durch Löschmaßnahmen oder
Jahren wurde es eingeführt. Mit der Um-
Löschmittel (Wasser, Schleifspuren von
Eine langfristig erfolgreiche Änderung der
setzung des Konzeptes sollten die Feuer-
Schläuchen im Erdgeschoss, sonstige
Einsatztaktik setzt eines voraus:
wehrleute routiniert die geeignete Ein-
Verunreinigungen) waren nicht vorhan-
satztaktik abwägen können. Eine Reihe
den.
von Ausbildungsmaßnahmen trug dazu bei
(z. B. Hohlstrahlrohre, Überdruckbelüftung
und Mobiler Rauchverschluss). Außerdem
bei der Laufbahnausbildung und zugleich
• Die Wasserschäden innerhalb der Brandwohnung waren sehr gering.
erfolgte die Ausstattung der Löschgruppenfahrzeuge mit Hohlstrahlrohren und
in der Führungskräfteausbildung thematisiert sein. Ein Abweichen von der derzeitigen Ausbildung zur Einsatztaktik ist
• Die Hauptwohnung war ohne Unterbrechung weiter zu nutzen.
Rauchverschluss.
Die Schadensminimierung muss bereits
möglich. Der bauliche Zugang (Wohnungs- und Haustür) zum Einsatzort muss
nämlich nicht der erste Angriffsweg sein.
Für die Kräfte des C-, B- und A-Dienstes
• Im Kellerbereich befindliche Elektroge-
wurden zusätzliche Fortbildungsmaßnah-
räte, wie beispielsweise Waschmaschi-
men (u. a. Referate Brandschadenermitt-
ne, Trockner usw., konnten weiter ver-
lung) und Workshops zum Thema Scha-
wendet werden.
densminimierung
anberaumt.
Die
hier
Vielmehr sollte er nur als einer von eventuellen Angriffswegen gelehrt werden.
Ferner ist es aus unserer Ausbildungs- und
Einsatzerfahrung heraus notwendig, zu-
erworbenen Kenntnisse sollten sie in der
• Durch die angewandte Einsatztaktik ließ
entsprechenden Funktion verwenden kön-
sich der Gesamtschaden auf eine fünf-
chenden
nen.
stellige Summe minimieren.
Wärmebildkamera, Rauchverschluss) aus-
mindest den Angriffstrupp mit entspreGerätschaften
(Hohlstrahlrohr,
zurüsten. Innerhalb der Trupps sollte eine
Bestandene Bewährungsprobe
• Bis auf das gewaltsam geöffnete Fenster
genaue Aufgabenverteilung durch ent-
In den Jahren 2007 / 2008 intensiviert, führ-
verursachte die Feuerwehr keine weite-
sprechende Übungen zur Routine werden.
te die Ausbildung zur Schadensminimie-
ren Folgeschäden (Bild 5).
Die Akzeptanz bei den Einsatzkräften erhöhen zwei Maßnahmen:
rung bei Zimmer- und Wohnungsbränden
in dem genannten Brandfall zu einem
Noch während der Abwicklung des Brand-
ersten sichtbaren Resultat. Bereits am
schadens nahm der Sachverständige Kon-
Eine erläuterte Aufbereitung des Einsatz-
Morgen nach der Wiederherstellung der
takt zur Einsatzleitung auf. Für ihn war es
ablaufes durch den Einsatzleiter gehört
Stromversorgung konnte die Familie des
wichtig, sich über die in seiner fast 20-
ebenso dazu wie die Schilderung der ers-
Hauseigentümers in ihr Haus zurück-
jährigen Berufslaufbahn erstmalig ange-
ten Einsatzlage durch den Angriffstrupp.
kehren. In der darauffolgenden Woche be-
troffene Einsatztaktik informieren zu las-
gutachtete der durch die entsprechende
sen. Anfängliche Gespräche drehten sich
Versicherung eingeschaltete Sachverstän-
um den Sinn und Zweck der vor Ort ge-
dige das Brandobjekt mit folgendem Er-
troffenen Einsatzmaßnahmen.
gebnis:
Im Hinblick auf eine fortlaufende Schulung
zur Schadensverhütung hat sich zusätzlich
Folgendes angeboten:
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Georg Würth
Leiter der Feuerwehr,
Stadt Kierspe
INFORMATION
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Bild 5 | Rauchbeaufschlagung im hinteren Bereich
des Balkons, vor dem
Fenster der Brandschutt.
Stadt und Feuerwehr Kierspe
Mit ihren etwa 18.500 Einwohnern ge-
Den Kernbereich decken die Löschzüge I
richtet (C-Dienst: Führungskraft mit Zug-
hört Kierspe zu den kleineren Städten im
und II ab, während die beiden anderen
führerqualifikation, B-Dienst: Führungs-
Märkischen Kreis. In der Kernstadt leben
Löschzüge
kraft mit Verbandsführerqualifikation, A-
mehr als 11.000 Menschen. Die übrigen
Brandschutz in den Ortsteilen sicherstel-
sind auf drei Ortsteile und eine Vielzahl
len. Im Jahresverlauf hat die Feuerwehr
von kleineren Dörfern verteilt.
ein ungefähres Einsatzaufkommen von
An Einsatzstellen agierend und Einsatz-
180 Einsätzen zu bewältigen.
kräfte führend kann lageabhängig eine
an
drei
Standorten
den
Dienst: Leitung der Feuerwehr).
Erweiterung von Kleineinsätzen bis zu ei-
Die in vier Löschzüge gegliederte Freiwillige Feuerwehr der Stadt besteht aus-
Seit 2004 hat die Feuerwehr einen drei-
schließlich aus ehrenamtlichen Kräften.
stufigen
Einsatzführungsdienst
ner stabsmäßigen Führung erfolgen. einge-
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IFS SCHADENBEISPIEL
Tauwetter bringt Schaden zum Vorschein
Die geborstene Leitung an einem Gas-
lag die Bruchstelle, aus der Wasser ge-
te Frost in diesem Gebiet ein. Als die Au-
Wärmetauscher hatte zu einem Lei-
laufen war (Bild 2). Der Gutachter unter-
ßentemperatur wieder stieg, wurde der
tungswasserschaden geführt. Im IFS-
suchte den Riss. Es gab an der Rohr-
Wasserschaden bemerkt.
Labor untersuchte ein Gutachter das
innenwand keine Hinweise auf Korrosion.
Gerät auf die Schadenursache. Er fand
Doch in diesem Abschnitt war das Mate-
zwei auffällige Verformungen:
rial nach außen gewölbt. Die Wandstärke
Die erste lag am Wasserschalter, der bei
Dieser Verlauf ist typisch:
betrug nur noch 0,1 mm anstelle des ur-
Frost wirkt auf eine Leitung ein, Eis ent-
sprünglichen Wertes von 1 mm.
steht und lässt den Druck in Bereichen, in
denen sich noch flüssiges Wasser befin-
der Wasserentnahme die Gaszufuhr freigab. Die innen liegende Membran zwi-
Die Verformungen mussten durch einen
det, extrem ansteigen. Es kommt zu Ver-
schen der gusseisernen Abdeckung und
langsamen Druckanstieg in der Leitung
formungen und schließlich zum Bruch.
dem unteren Teil war herausgequollen.
entstanden
eine
Eventuell tritt bereits etwas Wasser aus der
Beschädigung von außen gab es nicht
Bruchstelle. Doch erst, wenn das Wasser
(Bild 3).
in der Leitung wieder taut, fließen größere
Die mit drei Schrauben fixierte Abdeckung
sein.
Anzeichen
für
Mengen heraus, und der Schaden wird be-
zeigte eine leichte Verformung, sodass ein
Spalt zwischen den beiden Teilen entstan-
Frost hatte zu dem Schaden geführt.
den war (Bild 1).
Auch die Einbausituation unterstrich dies:
Die zweite auffällige Stelle befand sich im
Die Therme war in einer Ferienwohnung in-
oberen Bereich des Wärmetauschers, wo
stalliert gewesen, die zum Schadenzeit-
das zu wärmende Wasser mehrfach durch
punkt nicht genutzt wurde. Etwa zwei
Kupferrohrleitungen geführt wurde. Hier
Wochen vor der Schadenentdeckung setz-
merkt.
Eine ausreichende Beheizung hätte diesen
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Schaden verhindern können. IFS Kiel
IFS SCHADENBEISPIEL
1 2011
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Herausgeber:
Verband öffentlicher Versicherer
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und Schadenforschung der öffentlichen
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IFS (11, 12, 14, 15, 26, 27)
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Dieser Schaden ist auf der Internetseite des IFS www.ifs-ev.org unter der Rubrik Informationsangebote / Schadenfälle Feuer bzw. Schadenfälle Technik veröffentlicht. Sie finden dort jeweils
30 Schadenfälle beschrieben, die regelmäßig aktualisiert werden.
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