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Älterwerden
in Kirchheim unter Teck
Die Zukunft...
... hat viele Namen.
Für die Schwachen ist sie das Unerreichbare.
Für die Furchtsamen ist sie das Unbekannte.
Für die Mutigen ist sie die Chance.
Victor Hugo (1802-1885)
Im vorliegenden Altenhilfeplan wird, der besseren Lesbarkeit wegen, in vielen Fällen die maskuline
Schreibweise angewendet.
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Inhaltsverzeichnis
EINLEITUNG
5
VORGEHEN UND PLANUNGSSTANDARDS........................................................................... 6
ÄLTERE MENSCHEN IN DER GESELLSCHAFT – LEBENSLAGEN UND LEBENSSITUATIONEN .................. 9
KAPITEL 1
DEMOGRAFISCHE ENTWICKLUNG
14
BEVÖLKERUNGSSTRUKTUR ......................................................................................... 14
BEVÖLKERUNGSENTWICKLUNG .................................................................................... 18
Demografische Entwicklungen und Prognosen für die Zukunft .................................. 18
Bevölkerungsentwicklung Kirchheim unter Teck ..................................................... 19
Jugend- und Altenquotient .................................................................................. 23
Weitere Aspekte der Entwicklung......................................................................... 23
Anstieg der Lebenserwartung ........................................................................... 23
Zunahme der Hochaltrigkeit.............................................................................. 24
Rückläufige Geburtenrate................................................................................. 24
KONSEQUENZEN FÜR DIE KOMMUNE .............................................................................. 25
Herausforderungen ............................................................................................ 26
Handlungsempfehlungen..................................................................................... 27
KAPITEL 2
AKTIVES ALTERN
29
GESUNDHEIT UND PRÄVENTION ................................................................................... 30
Präventionsangebote in Kirchheim unter Teck ........................................................ 31
Sport und Bewegung.......................................................................................... 33
Bewegungsräume für Senioren ............................................................................ 38
GESELLSCHAFTLICHE TEILHABE UND BÜRGERSCHAFTLICHES ENGAGEMENT ............................... 41
Soziale Integration/Teilhabe an der Gesellschaft ..................................................... 42
Lebenslanges Lernen - Bildungsangebote in Kirchheim unter Teck .......................... 42
Ältere Menschen und neue Medien.................................................................... 46
Möglichkeiten der Begegnung – Treffs ............................................................... 49
Stadtteilnetzwerke/Nachbarschaftsnetzwerke ..................................................... 52
Bürgerschaftliches Engagement und politische Partizipation...................................... 55
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Inhaltsverzeichnis
KAPITEL 3
BERATUNG UND INFORMATION
65
BERATUNG ............................................................................................................ 65
INFORMATIONSZUGÄNGE ........................................................................................... 69
KAPITEL 4
LEBEN UND WOHNEN IN DER STADT
72
STANDARDS FÜR EIN SENIORENGERECHTES WOHNEN UND WOHNUMFELD ................................ 73
Wohnstandard................................................................................................... 73
Hinweise zum Wohnumfeld ................................................................................. 75
Quartiersansätze ............................................................................................... 76
WOHNANLAGEN IN KIRCHHEIM UNTER TECK .................................................................... 87
INFRASTRUKTUR UND DIENSTLEISTUNGEN ....................................................................... 91
Gesundheitliche Versorgung ................................................................................ 91
Ärztliche Versorgung....................................................................................... 91
Apotheken..................................................................................................... 93
Angebote im Bereich der Dienstleistung ................................................................ 94
Besuchsdienste ................................................................................................. 96
KAPITEL 5
AMBULANTE UND STATIONÄRE PFLEGE
99
AKTUELLE SITUATION ............................................................................................... 99
ANGEBOTE ZUR UNTERSTÜTZUNG DER HÄUSLICHEN PFLEGESITUATION IN KIRCHHEIM UNTER TECK .104
Hauswirtschaftliche Unterstützung ......................................................................104
Allgemeine hauswirtschaftliche Dienste.............................................................104
Mittagstisch und Essen auf Rädern/Mahlzeitendienste .........................................105
Unterstützung für pflegende Angehörige ..............................................................107
Ambulante Dienste ...........................................................................................110
24-Stunden-Pflege / 24-Stunden-Betreuung ..........................................................114
TEILSTATIONÄRE UND STATIONÄRE VERSORGUNGSANGEBOTE .............................................116
Tagespflege .....................................................................................................117
Kurzzeitpflege ..................................................................................................120
Pflegeheime .....................................................................................................121
PALLIATIVVERSORGUNG IN KIRCHHEIM UNTER TECK .........................................................127
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
KAPITEL 6
GERONTOPSYCHIATRISCHE BETREUUNGS- UND VERSORGUNGSANGEBOTE
129
DEPRESSION .........................................................................................................129
SUCHT ................................................................................................................130
DEMENZ ..............................................................................................................131
Situation in Kirchheim unter Teck........................................................................133
Versorgungssystem in Kirchheim unter Teck .........................................................134
Angebote ........................................................................................................135
Sozialpsychiatrischer Dienst für alte Menschen (SOFA)........................................135
Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz – Gemeinsam statt einsam e.V........135
Betreuungsangebote zur Unterstützung häuslicher Pflege .....................................136
Demenzkampagne Miteinander leben – Mit Demenz dazu gehören – ......................138
KAPITEL 7
ÄLTERE MENSCHEN MIT MIGRATIONSHINTERGRUND
145
KULTURSENSIBLE PFLEGE ..........................................................................................147
ÄLTERE MIGRANTEN IN KIRCHHEIM UNTER TECK ..............................................................148
KAPITEL 8
GEMEINDETEILPROFILE KIRCHHEIM UNTER TECK
151
GEMEINDETEILPROFIL NABERN ....................................................................................151
Allgemeine Zahlen ............................................................................................151
Differenzierte Zahlen nach Altersgruppen .............................................................152
Ergebnisse der Stadterkundung...........................................................................153
GEMEINDETEILPROFIL JESINGEN ..................................................................................157
Allgemeine Zahlen ............................................................................................157
Differenzierte Zahlen nach Altersgruppen .............................................................158
Ergebnisse der Stadterkundung...........................................................................159
GEMEINDETEILPROFIL ÖTLINGEN..................................................................................163
Allgemeine Zahlen ............................................................................................163
Differenzierte Zahlen nach Altersgruppen .............................................................164
Ergebnisse der Stadterkundung...........................................................................165
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GEMEINDETEILPROFIL KIRCHHEIM UNTER TECK ................................................................169
Allgemeine Zahlen ............................................................................................169
Differenzierte Zahlen nach Altersgruppen .............................................................170
Ergebnisse der Stadterkundung Innenstadt ...........................................................171
GEMEINDETEILPROFIL LINDORF ...................................................................................175
Allgemeine Zahlen ............................................................................................175
Differenzierte Zahlen nach Altersgruppen .............................................................176
Ergebnisse der Stadterkundung...........................................................................177
KAPITEL 9
ALTENHILFE-STRUKTUREN IN KIRCHHEIM UNTER TECK
181
ALTENHILFE NETZWERK KIRCHHEIM UNTER TECK .............................................................181
GREMIEN .............................................................................................................182
AG Pflegedienstleitungen (AG PDL) .....................................................................182
Altenhilfekonferenz ...........................................................................................183
AG Demenz/ Netzwerk Demenz ..........................................................................184
Forum Älterwerden ...........................................................................................184
EMPFEHLUNGEN/MAßNAHMEN IM ÜBERBLICK
185
ANHANG
216
LEISTUNGEN DER PFLEGEVERSICHERUNG .......................................................................216
BETEILIGTE AM PLANUNGSPROZESS .............................................................................221
LITERATURAUSWAHL
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Einleitung
Die demografische Entwicklung führt zu einschneidenden Strukturveränderungen, die sich auf
den Einzelnen und die Gesellschaft auswirken und Wohlfahrtsstaat, die Politik und damit auch
jede Kommune vor große Herausforderungen stellen. Das Instrument der Sozialplanung ermöglicht ein gezieltes Vorgehen, das in seinen Anforderungen präventiv, lebensraum- und
lebensweltorientiert sowie zielgruppen- und ressourcenbezogen ist und somit eine fundierte
Grundlage für sozialpolitische Entscheidungen darstellt.
Der Teilsozialplan Älterwerden 2011/2012 (abgekürzt: Altenhilfeplan) der Großen Kreisstadt
Kirchheim unter Teck orientiert sich an den Prämissen und Zielen des fünften Berichtes zur
Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland (5. Bundesaltenbericht) und
bezieht die aktuellen Empfehlungen des 6. Bundesaltenberichts mit ein.
Die Förderung der Selbständigkeit und der gesellschaftlichen Beteiligung älterer Menschen
„Die Menschen leben nicht nur erheblich länger als früher, sondern die überwiegende Zahl
bleibt heute auch bis in ein viel höheres Lebensalter als früher geistig rege und körperlich aktiv. Das Erreichen eines hohen Alters ist nicht notwendig mit dem Abbau und Verlust von Fähigkeiten verbunden. Die Mehrheit der älteren Menschen in der Bundesrepublik Deutschland
ist auf fremde Hilfe nicht angewiesen; ihnen die selbständige Lebensweise zu erhalten, ist von
zentraler Bedeutung“ (s. 5. Bundesaltenbericht).
Die Unterstützung hilfs- und pflegebedürftiger älterer Menschen im Hinblick auf ihre Selbständigkeit
„Von gleicher Bedeutung sind die Hilfen für diejenigen älteren Menschen, die bei der Gestaltung ihres Lebens auf fremde Hilfe angewiesen sind. Sie sollen bei ihrer selbstbestimmten
Lebensführung unterstützt werden. Hilfs- und pflegebedürftigen älteren Menschen sollen deshalb die notwendigen offenen, ambulanten, teilstationären und stationären Hilfen zur Verfügung stehen. Auch die Situation der Helfer in der Familie, der ehrenamtlichen Helfer sowie des
Personals in den Diensten und Einrichtungen muss verbessert werden.“
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Inhaltsverzeichnis
Vorgehen und Planungsstandards
Als Grundlage der Planung wird die demografische Situation im Hinblick auf die Zielgruppe der
älteren Menschen analysiert. Die soziale Infrastruktur, die Angebote für ältere Menschen werden mittels Befragung (schriftlich und persönlich) erfasst und beschrieben; daraus wird der
entsprechende Bedarf ermittelt.
Der Sozialplan ist somit eine Handlungsgrundlage für die zukünftige Planung im Bereich der
Altenhilfe und für Bereiche und Ressorts, die die Lebenswelt von älteren Menschen tangieren.
Die formulierten Maßnahmen sind „allgemein, oft übergreifend“, z.B. auf Herangehensweisen,
Qualität oder Strukturen ausgerichtet, aber auch sehr konkret beispielsweise auf aktuelle Angebotslücken bezogen. Die Zeitperspektive ist dabei kurzfristig, mittelfristig und ggf. langfristig.
So ist die weitere Zielsetzung des Altenhilfeplans
-
eine transparentere Darstellung der Kirchheimer (Hilfe-)Angebote für ältere Menschen
-
die Aufdeckung von Defiziten (Bedarfe) und die Weiterentwicklung notwendiger Maßnahmen
-
Die Verbesserung der kommunalen Steuerung innerhalb des Systems
Prämissen und Standards
Kleinräumigkeit
Durch die Kleinräumigkeit der Analyse und Planung ist gewährleistet, dass auf die unterschiedlichen Bedarfssituationen der Stadt bzw. Stadtteile eingegangen wird. Entsprechend
passgenaue Maßnahmen wurden bei Bedarf formuliert.
Vernetzung
Bereits bei der Ausarbeitung des Sozialplans wurden die vorhandenen Strukturen und Netzwerke der Altenhilfe in der Stadt Kirchheim genutzt und die Akteure einbezogen. Im Planungsprozess wurden bestehende Netzwerke modifiziert und neue Netzwerke initiiert.
Nachhaltigkeit
Eine nachhaltig wirkende Altenhilfeplanung lebt davon, dass zum einen die Maßnahmen umgesetzt werden, die im Altenhilfeplan vorgeschlagen werden, zum anderen dieser Sozial-
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
plan kontinuierlich fortgeschrieben wird. Eine zukünftige Fortschreibung muss sich daher nicht
auf den gesamten Planungsbereich beziehen, sondern kann auf aktuell relevante Themen, die
bisher noch nicht ausreichend oder noch gar nicht berücksichtigt wurden, eingehen. Dies war
bereits bisher die Praxis. Die kontinuierlich weiterentwickelte Altenhilfeplanung und die aktuelle Umsetzung von Maßnahmen ist wesentliche Basis für die bestehende, tragfähige Struktur.
Partizipation
Träger, Arbeitskreise, Vertreter der gemeinderätlichen Gremien und Bevölkerung wurden auf
breiter Basis in den Planungsprozess einbezogen. Dabei konnte auf die bestehende Beteiligungskultur aufgebaut werden.
Inhalte
Inhalte und Gliederung des Sozialplans orientieren sich an den Maßgaben und inhaltlichen
Schwerpunkten der klassischen Altenhilfeplanung, die von der wissenschaftlichen Seite, der
Gerontologie und der Sozialplanung, vom Bund sowie den Wohlfahrtsverbänden vorgeschlagen werden; sie wurden zudem genau auf den Untersuchungs- und Planungsbedarf der Stadt
Kirchheim unter Teck abgestimmt.
Folgende Hauptthemenfelder wurden in die Planung einbezogen:
-
Demografische Entwicklung,
-
Gesundheit, Begegnungsmöglichkeiten und offene Angebote (Angebote zur Lebensgestaltung), bürgerschaftliches Engagement und Partizipation,
-
Beratung und Information,
-
Leben und Wohnen in der Stadt,
-
Häusliche, teilstationäre und stationäre Pflegesituation,
-
Gerontopsychiatrie,
-
Ältere Migranten.
Darüber hinaus wurden einzelne Gemeindeteile von Kirchheim unter Teck gesondert betrachtet. Die Darstellung der Gremien, der Kooperation, der kommunalen Altenhilfestruktur insgesamt gibt einen aktuellen Überblick und zeigt Entwicklungslinien auf.
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Inhaltsverzeichnis
Folgende laufende Planungen und Projekte, auch aus den angrenzenden Fachplanungen, wurden berücksichtigt:
-
Die Demenzkampagne „Miteinander Leben – Mit Demenz dazu gehören –“
-
Die Einrichtung des Pflegestützpunktes, der Ende 2010 eröffnet wurde
-
Die Veröffentlichung der Seniorenbroschüre „Gut informiert älter werden“
-
Das Engagement „Entwicklungszentrum Gut alt werden“. Es wurde eine Standortanalyse/Quartiersanalyse im Gebiet Rauner durchführt
-
Die Freiraumplanungen für den Stadtteil Ötlingen
-
Die Sportentwicklungsplanung, Grünflächenplanung und Verkehrsplanung: Ein Sportentwicklungsplan für Kirchheim liegt vor; ebenfalls Planungen im Grünflächenbereich
und im Bereich Verkehr
-
Die Stadtentwicklungsplanung STEP 2020
-
Die Ergebnisse der Zukunftswerkstatt "Wohnen in der Zukunft"
Methoden
Die Planung war als Prozess angelegt und umfasste folgende Arbeitsschritte:
-
Analyse der demografischen Entwicklung – Sekundäranalyse der vorliegenden Daten
des Einwohnermeldeamtes/ Statistischen Landesamtes
-
Erfassung des Bestands (Ist-Analyse) und Bedarfs (Soll-Analyse) mittels einer Bestands- und Bedarfserhebung (schriftliche Befragung und Experteninterview)
-
Auswertung dieser Erhebung
-
Entwicklung von Vorschlägen/Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur für ältere
Menschen in Kirchheim unter Teck
Während des gesamten Planungsverfahrens begleitete eine ehrenamtliche Planungsgruppe,
der Bürgerausschuss, das Projekt. Fachbezogene Planungsgespräche wurden geführt und der
„Planungsbeirat Älterwerden“ wurde einbezogen. Eine Übersicht der Beteiligten befindet sich
in Kapitel 9.
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Ältere Menschen in der Gesellschaft – Lebenslagen und Lebenssituationen
Die Lebenslagen und die Lebenssituationen älterer Menschen haben sich in den vergangenen
Jahren deutlich geändert und insgesamt sehr ausdifferenziert.
Die objektive Situation und die subjektive Wahrnehmung des Alters und schließlich das Bild
vom Alter sind höchst unterschiedlich. Dies wird an der Entwicklung der Lebenslagen und am
deutschen Bild vom Altern auf der Ebene der Werte und der sozialpolitischen Strategie deutlich.
Fakt 1 – Demografie
Die demografische Entwicklung in Deutschland und so auch in Kirchheim unter Teck zeichnet
sich dadurch aus, dass die Bevölkerungsanzahl zurückgeht und dass sich die Zusammensetzung der Bevölkerung (der Altersaufbau) ändert. 2030 werden etwa 17% weniger Kinder und
Jugendliche in Deutschland leben als heute, die Anzahl der Personen im erwerbsfähigen Alter
wird um ca. 15% zurückgehen und die Altersgruppe der Menschen ab 65 Jahren wird um
über ein Drittel ansteigen.
Fakt 2 – Familienstand und Haushaltsgröße
In den aktuellen Analysen wurde festgestellt, dass ältere Menschen wieder in zunehmendem
Maße in Paarhaushalten leben. Im Jahre 2008 lebten fast zwei Drittel der Bevölkerung über
65 Jahre in dieser Haushaltsform; gut ein Drittel, überwiegend Frauen, wohnte alleine, der
restliche Teil lebte in Mehrgenerationenhaushalten oder sonstigen Haushaltskonstellationen.
Ein Blick auf die Zahlen zwischen 1992 und 2009 zeigt folgende Entwicklung: Der Anteil der
älteren Menschen (ab 65 Jahre) in Einpersonenhaushalten hat sich zwischen 1992 und 2009
(unter 1% erhöht) im Unterschied zu den Paarhaushalten kaum erhöht: Der Anteil der Paarhaushalte in der Altersgruppe zwischen 65 und 74 Jahren ist mit über 4% deutlich gestiegen;
auch bei den über 75-Jährigen ist ein steigender Bevölkerungsanteil in Paarhaushalten zu verzeichnen. Dies hat nicht nur erhebliche Auswirkungen auf den finanziellen Status im Alter,
sondern auch auf die Möglichkeiten der Lebensgestaltung und auf die Unterstützungsressourcen bei Hilfebedürftigkeit und Krankheit.
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Fakt 3 - Finanzielle Situation
Das Erwerbsverhalten und die finanzielle Lage ändern sich am Übergang zum Ruhestand. Es
gibt insgesamt aufgrund der Anhebung des Rentenalters Anzeichen dafür, dass sich die Lebenserwerbsdauer verlängert. Auf der anderen Seite nehmen am Übergang vom Erwerbsleben
in den Ruhestand die sogenannten prekären finanziellen Lebenssituationen zu; es ist bereits
heute schon sichtbar, dass die Einkommensdifferenz zwischen „neuen“ und „alten“ Rentnern
wächst (vgl. Analysen des Sozioökonomischen Panels und Veröffentlichungen des Zentrums
für Altersfragen).
In einer aktuellen Analyse zur Armutssituation in Deutschland lautet ein Befund, dass die Einkommens- und Vermögenssituation Älterer vor allem von der Haushaltsgröße abhängt.
Die finanzielle Situation Alleinlebender ist weitaus schlechter, als die der Menschen, die in
Zweipersonenhaushalten leben: Das Armutsrisiko von alleinlebenden Älteren ist überdurchschnittlich, das Risiko für ältere Paarhaushalte ist auf unterdurchschnittlichem Niveau.
Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung sind bei älteren Menschen die unteren Einkommensgruppen stärker besetzt als die oberen, aber noch besitzt ein größerer Anteil älterer Menschen
Vermögen.
Fakt 4 – Wohnsituation
Ältere Menschen ziehen es vor, so lange wie möglich selbstbestimmt in ihrer eigenen Wohnung, in ihrer vertrauten Umgebung zu leben. So unterschiedlich die Lebenslagen und Lebenssituationen der Menschen gestaltet sind, so unterschiedlich sind ihre Möglichkeiten und Bedürfnisse hinsichtlich der Art des Wohnens, des Lebens etwa „alleine oder in Gemeinschaft“.
Die Wünsche und Anforderungen an das Wohnumfeld und an das „Quartier“ bezüglich der
Ausstattung und Infrastruktur orientieren sich an für alle Generationen sinnvollen Standards.
Allgemein besteht ein Interesse an neuen Wohnformen, Notwendigkeit besteht aber auch an
günstigen Mietwohnungen.
Momentan geht der Trend wieder zurück in die Stadt, da sich in der Stadt oder im Zentrum
eines Ortsteils die Teilhabe am Leben, an der Gesellschaft, trotz gesundheitlicher Einschränkungen, einfacher gestaltet und die Versorgungssituation (soziale Infrastruktur, Dienstleistungen, Geschäfte etc.) oft besser ist.
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Fakt 5 – Gesundheitliche Situation
Die Lebenserwartung hat in den vergangenen Jahren deutlich zu genommen. Dies hat zur
Konsequenz, dass bestimmte Krankheitsbilder häufiger auftreten: dazu gehören vor allem die
gerontopsychiatrischen Erkrankungen, Demenz und Depression, aber auch somatische Erkrankungen. Die gesundheitliche Situation älterer Menschen hängt vom Lebensalter und vom sozialen und finanziellen Status ab. Mit wachsendem Alter nimmt die Wahrscheinlichkeit der Multimorbidität zu, allerdings ist inzwischen bereits feststellbar, dass sich der Gesundheitszustand
nachwachsender Kohorten älterer Menschen verbessert. Prävention und Rehabilitation nehmen angesichts der gestiegenen Lebenserwartung und angesichts großer Unterschiede im
gesundheitsfördernden Verhalten bei den verschiedenen Bevölkerungsgruppen einen hohen
Stellenwert ein.
Fakt 6 – Teilhabe Älterer in Familie und Gesellschaft/ Soziale Netzwerke/ Potenziale und Ressourcen
Ältere Menschen sind nach wie vor die Stützen in den Familien, Vereinen, Selbsthilfeorganisationen, etc. Auf der individuellen Ebene ist das Eingebundensein in Familie und Gesellschaft
durch Teilhabe eine zentrale Qualität, die erhebliche Auswirkungen auch auf Zufriedenheit und
Gesundheit hat. Darüber hinaus leisten viele Ältere erhebliche regelmäßige finanzielle Transferleistungen an die jüngeren Generationen. Auf sozialpolitischer Ebene, im Bereich der sozialen
Netzwerke vor Ort oder im ehrenamtlichen Engagement sind ältere Menschen unverzichtbare
Akteure. Die Möglichkeiten des Engagements und die Teilhabe auch an gesellschaftlichen oder
sozialen Belangen sind bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Hier sind die entsprechenden
Rahmenbedingungen wichtig, um das Potential der Älteren weiterhin und noch stärker zu nutzen. Inwiefern der spätere Renteneintritt Auswirkungen auf das Engagement der Älteren hat,
kann noch nicht prognostiziert werden.
Fakt 7 – Migration
Die Lebenssituationen und Lebenslagen von älteren Migranten unterscheiden sich dem Grunde
nach nicht von den Lebenssituationen der einheimischen Senioren. Auch hier können finanzieller, gesundheitlicher oder sozialer Status differieren, ebenso die familiären Rahmenbedingungen oder die Wohnsituation. Es können jedoch bei Migranten spezifische Konstellationen auftreten, die in Bezug auf die vielfältigen Aspekte des Alterns und auf die Angebote für Ältere
eine besondere Perspektive benötigen. Die Herangehensweise und das Konzept der kultursensiblen Perspektive sind deshalb für alle Bereiche der Angebote für ältere Menschen, je nach
Bedarf, opportun.
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Fakt 8 – Altersbilder und die Wahrnehmung von Alter
Die Wahrnehmung von Alter wird durch die subjektiven Erfahrungen, durch gesellschaftliche
Werte und Altersbilder bestimmt. Die Altersbilder haben Auswirkungen auf das Selbstbild, die
Nutzung von Potenzialen und Kompetenzen. Altersforscher sehen sogar einen Zusammenhang
zwischen Altersbildern und „der individuellen Lebensplanung, den Bemühungen um selbstverantwortliche Gestaltung des eigenen Älterwerdens sowie den Möglichkeiten und Gelegenheiten zur sozialen Teilhabe“. Diese Erkenntnis führt zum Resümee, dass eine Gesellschaft, die
altersfreundlich ist und die auf eine aktive soziale, kulturelle und politische Teilhabe älterer
Menschen baut, differenzierte Altersbilder benötigt.
Die Empfehlungen des sechsten Altenberichtes der Bundesregierung fordern in manchen Bereichen einen Paradigmenwechsel, einen neuen bzw. erweiterten Blick auf das Altern (vgl.
Sechster Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland - Altersbilder in der Gesellschaft. Bericht der Sachverständigenkommission an das Bundesministerium
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Berlin, im Juni 2010). Sie zeigen die notwendigen
Anknüpfungspunkte für die Diskussion und Planung, auch auf kommunaler Ebene. Schwerpunkt ist somit eine „Sensibilisierung“ für bestimmte Aspekte des Alters.
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-
Der demografische Wandel ist demnach als Gestaltungsaufgabe zu sehen, bei dem es
vor allem auf der Ebene der Medien und für jegliche Öffentlichkeitsarbeit gilt, die vielfältigen Formen des Alters anzuerkennen und auch die vielfältigen Beziehungen zwischen den Generationen dazustellen.
-
Die Entwicklung einer neuen Kultur des Alterns impliziert auch hier die Empfehlung,
dass alle Akteure der Gesellschaft sich an den Stärken und Gestaltungsspielräumen des
Alters orientieren und nicht ältere Menschen nur als „unterstützungsbedürftig“ ansehen. Ein entscheidender Schritt könnte hierbei die Änderung der Namensgebung und
somit auch der Inhalte von "Seniorenarbeit" in "Generationenarbeit" sein. Die Zielgruppenspezifik, die sich beispielsweise in ressortbezogener Planung niederschlägt, sollte
zugunsten eines generationenübergreifenden Ansatzes überarbeitet werden.
-
Ein weiterer Ansatz, der strukturelle Änderungen beinhaltet, wird in den Empfehlungen
zur Gesundheitspolitik und zum Verständnis von Pflege formuliert. Auch hier wird die
Überwindung einer Segmentierung in gesundheitliche und sozial pflegerische Versorgung und deren Abstimmung untereinander ausdrücklich vorgeschlagen. Darüber hinaus wird angemahnt, dass gesundheitsbezogene Leistungen nicht aufgrund des Lebensalters „rationiert“ werden. Grundsätzlich sind Krankheit und Alter begrifflich und
„assoziativ voneinander zu entkoppeln“. Im Bereich der Pflege sollte der verrichtungsbezogene Pflegebegriff korrigiert werden; außerdem sollte die Förderung und Teilhabe
ins Zentrum gestellt werden.
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-
Die Lebenslauforientierung sollte bei der Produktentwicklung, Gestaltung und Werbung
als dynamischer Faktor umgesetzt werden. Der Begriff „Alter“ sollte durch den des
„Alterns“ oder "Älterwerdens" ersetzt werden.
-
Bildung wird nicht nur als Recht sondern auch als Pflicht für alle Lebensalter verstanden. Dies fordert die Bildungsträger auf, entsprechende Angebote zu entwickeln und
vorzuhalten. Dies betrifft vor allem auch den Umgang mit den neuen Medien. Die älteren Menschen selbst sind aufgefordert sich Bildung anzueignen, die ein „eigen- und
mitverantwortliches Leben“ vermittelt. In diesem Kontext wird die „Selbst- und Mitverantwortung“ hervorgehoben, die der ältere Mensch auch gegenüber der Zivilgesellschaft und nicht nur innerhalb der Familie hat. Die Kommunen sind aufgefordert, die
Infrastruktur für das bürgerschaftliche Engagement zu schaffen. Ältere sollen stärker
als Kompetenz- und Wissensvermittler eingebunden werden.
-
Das Thema Älterwerden beginnt nicht erst beim Übergang in den Ruhestand oder kurz
davor. Diskriminierung und Ausgrenzung gibt es auch in der Arbeitswelt. An diesem
Punkt weitet sich die Perspektive hin zur Arbeitswelt und zu einer notwendigen neuen
Sicht auf das Alter in der Arbeitswelt, in den Betrieben. Die Verantwortung wird vor
dem Hintergrund der Notwendigkeit, dass Menschen heute und auch zukünftig länger
arbeiten müssen, auf vier Ebenen gesehen:
1. Bei den Unternehmen, die eine lebenslaufbezogene Personalpolitik führen müssen (dazu gehören Demografiekonzepte, Weiterbildungsangebote, gesundheitserhaltende Maßnahmen, aber auch Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Situation der Pflege)
2. Bei den Beschäftigten, die diese Angebote nutzen sollten
3. Bei den Sozialpartnern, die aufgefordert sind, die Tarifverträge so zu gestalten,
dass sie der demografischen Entwicklung Rechnung tragen
4. Beim Gesetzgeber, der entsprechende Rahmenbedingungen schaffen sollte.
Negative und positive Diskriminierung aufgrund des Alters muss vermieden werden.
-
Die Tatsache, dass es unterschiedliche Altersbilder gibt, beinhaltet auch, dass die kulturellen Besonderheiten anerkannt werden müssen. Politik wie auch Verbände und Einrichtungen, insbesondere auf kommunaler Ebene, werden darauf hingewiesen, konzeptionell die kultursensiblen Aspekte zu berücksichtigen. Die Organisationen und Vereine
der ethnischen und religiösen Gruppen (vor Ort) sollen bei der Entwicklung kultursensibler Altenpolitik gestaltend mitwirken.
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Kapitel 1
Kapitel 1
Demografische Entwicklung
Bevölkerungsstruktur
Daten über die Struktur und die Entwicklung der Bevölkerung gehören zum grundlegenden
Informationsbedarf für fast alle Bereiche von Politik und Verwaltung. Für die Entwicklung einer
Stadt benötigen die unterschiedlichen Planungsressorts exakte bevölkerungsstatistische Angaben, um auf deren Grundlage die Fachplanungen zu konzipieren. Im folgenden Teilkapitel
werden daher zunächst Strukturdaten zur Bevölkerung in Kirchheim unter Teck präsentiert.
Der Fokus des nächsten Teilkapitels liegt auf der Darstellung der Bevölkerungsentwicklung.
Allgemeine Bevölkerungsdaten
Kirchheim unter Teck ist mit 39.653 Einwohnern (Stand: Oktober 2010) die viertgrößte Stadt
im Landkreis Esslingen. Die Einwohner verteilen sich dabei auf die Kernstadt Kirchheim, sowie
auf die vier kleineren Gemeindeteile Lindorf, Ötlingen, Nabern und Jesingen.
Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, 2010
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Geschlecht
Auch in Kirchheim spiegelt sich
die allgemein bekannte Geschlechterverteilung wider. Während die 20.396 Frauen etwas
über 51% der Bevölkerung stellen, sind die 19.257 Männer mit
knapp 49% leicht in der Unterzahl.
Statistisches Landesamt Baden-Württemberg
Nationalität
Der Anteil der ausländischen
Staatsbürger an der Gesamtbevölkerung Kirchheims liegt mit
14% deutlich über dem Durchschnitt in Baden-Württemberg,
der im Jahr 2009 bei knapp 12%
lag.
Statistisches Landesamt Baden-Württemberg
Familienstand
Knapp die Hälfte der Einwohner
Kirchheims (47,83%) ist verheiratet. An zweiter Stelle steht die
Gruppe der Ledigen, die knapp
39% der Bevölkerung ausmacht.
Jeweils knapp unter 7% der Kirchheimer sind geschieden oder verwitwet.
Naturgemäß
existieren
große Unterschiede hinsichtlich des
Alters – so ist z.B. die Mehrzahl der
ledigen Einwohner Kirchheims eher
in der Gruppe der unter 50-Jährigen
zu finden.
Statistisches Landesamt Baden-Württemberg
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Demografische Entwicklung
Alter
Aus der demografischen Forschung
ist bekannt, dass der Bevölkerungsanteil der unter 50-Jährigen im
Durchschnitt
Deutschlands
bei
knapp 2/3 liegt. Kirchheim unter
Teck befindet sich in dieser Hinsicht unter dem Bundesschnitt –
hier fallen nur 60,7% der Bevölkerung in die Gruppe der unter 50jährigen.
Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg
Die Altersstruktur in den Stadtteilen von Kirchheim unter Teck
Bei einer differenzierten Betrachtung der Altersstruktur in Kirchheim
unter Teck ergibt sich für alle Gemeindeteile ein ähnliches Bild. Einzig der Gemeindeteil Lindorf fällt
dabei aus dem Schema, da hier der
Anteil der unter 50-Jährigen mit
67,7% deutlich über dem in den
anderen Gemeindeteilen liegt. Analog dazu ist hier der Anteil der 60bis 69-Jährigen geringer als in den
anderen Teilorten.
Quelle: Eigene Berechnungen auf der Basis der Einwohnerstatistik Juni 2009
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Männer und Frauen nach Altersgruppen
In den folgenden Abbildungen werden die verschiedenen Altersgruppen nochmals nach Geschlecht differenziert. Bereits hier wird an den
absoluten Zahlen sichtbar, dass die
Frauen vor allem in der älteren Bevölkerung in der Überzahl sind.
Noch deutlicher wird dieser Befund, wenn für die jeweiligen Gruppen Geschlechteranteile berechnet werden.
So sind Männer in der Gruppe der
unter 50-Jährigen sogar noch
knapp in der Mehrzahl – und in den
Gruppen der 50 - 59-Jährigen und
der 60-69-jährigen halten sich beide
Geschlechter noch in etwa die
Waage. Bereits in der Gruppe der
über 70-Jährigen sind die Frauen
aber in der Mehrheit.
Der Anteil der Männer in der Gruppe der über 80-Jährigen sinkt auf 1/3 und beträgt in der
Gruppe der über 90-Jährigen schließlich nur noch 1/5.
Übersicht über deutsche und ausländische Einwohnerinnen und Einwohner in Kirchheim unter
Teck nach Stadtteilen
Wie bereits dargestellt, liegt der Anteil der Einwohner mit ausländischem Pass an der Einwohnerschaft Kirchheims bei etwas über 14%. Ein detaillierter Blick auf die Anteile ausländischer
Mitbürger in den jeweiligen Altersgruppen zeigt allerdings, dass der Anteil vor allem unter den
älteren Einwohnern wesentlich geringer ist.
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Demografische Entwicklung
Der Anteil der Migranten an der
Gesamtbevölkerung ist in der Gruppe der unter 50-Jährigen mit knapp
16,4% am höchsten und nimmt in
den folgenden Altersgruppen beständig ab. In den Gruppen der über
50-Jährigen und über 60-Jährigen
sind jeweils noch zwischen 13 und
14% Migranten vertreten, in der
Gruppe der über 70-Jährigen sind
es dagegen nur noch knapp 7%.
Der Anteil der Migranten bei den
über 80- und 90-Jährigen liegt soQuelle: Eigene Berechnungen auf der Basis der Einwohnerstatistik Juni 2009
gar bei nur noch 2,3%, bzw. 0,4%.
Bevölkerungsentwicklung
Demografische Entwicklungen und Prognosen für die Zukunft
Methodische Vorbemerkungen zur Demografie
Die Demografie befasst sich rein statistisch mit der Entwicklung der Bevölkerung und der Bevölkerungsstruktur. Ihre Datengrundlage besteht vor allem aus der fortgeschriebenen Statistik.
Während es im ersten Teil des Kapitels um den „Ist-Zustand“ der Bevölkerungsstruktur ging,
behandelt der folgende Teil vor allem Prognosen über zukünftige Bevölkerungsentwicklungen,
die mit gewissen methodischen Schwierigkeiten verbunden sind, die an dieser Stelle nicht
unerwähnt bleiben sollen. Prognosen sind naturgemäß mit gewissen Vorannahmen, z.B. zum
künftigen Geburtenverhalten und zur Zu- und Abwanderung, verbunden. Diese Annahmen
basieren zwar auf soliden statistischen Daten, dennoch sind sie mit gewissen Unsicherheiten
verbunden.
Vorbemerkungen zu allgemeinen Entwicklungen in der Bundesrepublik Deutschland
Die Bevölkerungsentwicklung zeigt in der Bundesrepublik Deutschland – wie in vielen weiteren hochentwickelten Industrieländern – gravierende Verschiebungen. Diese Verschiebungen
betreffen dabei zum einen die Bevölkerungszahl an sich, zum anderen aber auch den Altersaufbau. Nach Prognosen des Statistischen Bundesamts werden in Deutschland im Jahre
2030 voraussichtlich nur noch rund 77 Millionen Einwohner leben - dies entspricht einem
18
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Rückgang um fast fünf Millionen Personen gegenüber der derzeitigen Einwohnerzahl (vgl. Berichte des Statistischen Bundesamtes).
Dieser Rückgang der Einwohnerzahl geht mit einer spürbaren strukturellen Veränderung einher, denn die Bevölkerungsschrumpfung zeigt sich am deutlichsten in der Gruppe der unter
20-Jährigen: „Im Jahr 2030 werden voraussichtlich 17% weniger Kinder und Jugendliche in
Deutschland leben als heute. Statt 15,6 Millionen heute werden es nur noch 12,9 Millionen
unter 20-Jährige sein. Die Personen im erwerbsfähigen Alter – heute üblicherweise zwischen
20 und 65 Jahren – werden um ca. 15% beziehungsweise 7,5 Millionen Menschen zurückgehen. Die Altersgruppe der 65-Jährigen und Älteren wird hingegen um rund ein Drittel (33%)
von 16,7 Millionen im Jahr 2008 auf 22,3 Millionen Personen im Jahr 2030 ansteigen“ (vgl.
Berichte des Statistischen Bundesamtes).
Dieser demografische Wandel wird i.d.R. auf drei Entwicklungen zurückgeführt (vgl. BörschSupan 2011):
1. auf eine steigende Lebenserwartung,
2. auf den sogenannten „Pillenknick“, der auf den Babyboom folgte sowie
3. auf eine lang anhaltend niedrige Geburtenrate.
Bevölkerungsentwicklung Kirchheim unter Teck
Die Grafik verdeutlicht, dass in den
kommenden Jahren noch mit einem
Bevölkerungswachstum zu rechnen
ist. Laut Prognose des Statistischen
Landesamtes wird die Einwohnerzahl Kirchheims ab ca. 2015 abnehmen und sich im Jahr 2030 bei
ca. 39.000 Einwohnern befinden.
Auch in Kirchheim unter Teck zeigt
sich somit der bundesweite Trend
zu sinkenden Einwohnerzahlen.
40.500
Bevölkerung insgesamt
40.000
39.500
39.000
2009
2015
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
2020
2025
2030
Quelle Statistisches Landesamt 2011
19
Demografische Entwicklung
Beim Blick auf den aktuellen Altersaufbau der Bevölkerung in Kirchheim unter Teck fallen
mehrere Besonderheiten in den Blick. Zunächst fällt der deutliche Überschuss der weiblichen
Bevölkerung in den Altersgruppen zwischen 75 und 98 auf.
Dieser Überschuss erklärt sich zum einen durch die deutlich höhere Lebenserwartung von
Frauen, aber auch durch die Tatsache, dass ein Großteil der Männer im Zweiten Weltkrieg
gefallen ist.
Der markante Knick bei den Einwohnern um 65 signalisiert das Geburtentief nach dem zweiten Weltkrieg. Die Auswirkungen des „Babybooms“, der im Jahre 1964 seinen Höhepunkt
hatte, zeigen sich am großen Anteil der Bevölkerung um 45. Auch der darauf folgende „Pillenknick“ lässt sich an der Alterspyramide ablesen. Seither fällt die Geburtenrate relativ stetig ab
und die Basis des Altersaufbaus wird zunehmend schmaler.
20
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Während im Jahr 2009 noch 60,6% der Einwohner Kirchheims unter 50 Jahren waren, wird
sich dieser Anteil bis zum Jahr 2030 stark verringern. Bereits in zwanzig Jahren wird nur
noch die Hälfte der Einwohner unter 50 Jahren sein. Dagegen wird jeder dritte Einwohner 60
Jahre und älter sein.
Bevölkerung insgesamt
Unter 50Jährige
50-59Jährige
60-69Jährige
70-79Jährige
80-89Jährige
über 90Jährige
N
N
%
N
%
N
%
N
%
N
%
Insgesamt 2009
39.880
24170 60,6
5680
14,2
4205
10,5
3615
9,1
1899
4,8
311
0,8
männlich 2009
19.418
12190 30,6
2806
7,0
2050
5,1
1640
4,1
659
1,7
73
0,2
weiblich 2009
20.462
11980 30,0
2874
7,2
2155
5,4
1975
5,0
1240
3,1
238
0,6
Insgesamt 2015
40.006
22530 56,5
6364
16,0
4648
11,7
3845
9,6
2097
5,3
522
1,3
männlich 2015
19.540
11396 28,6
3162
7,9
2256
5,7
1761
4,4
826
2,1
139
0,3
weiblich 2015
20.466
11134 27,9
3202
8,0
2392
6,0
2084
5,2
1271
3,2
383
1,0
Insgesamt 2020
39.880
21301 53,4
6446
16,2
5365
13,5
3584
9,0
2540
6,4
644
1,6
männlich 2020
19.505
10828 27,2
3180
8,0
2589
6,5
1663
4,2
1036
2,6
209
0,5
weiblich 2020
20.375
10473 26,3
3266
8,2
2776
7,0
1921
4,8
1504
3,8
435
1,1
Insgesamt 2025
39.587
20608 51,7
5807
14,6
5854
14,7
4023
10,1
2563
6,4
732
1,8
männlich 2025
19.372
10465 26,2
2888
7,2
2859
7,2
1853
4,6
1046
2,6
261
0,7
weiblich 2025
20.215
10143 25,4
2919
7,3
2995
7,5
2170
5,4
1517
3,8
471
1,2
Insgesamt 2030
39.153
20011 50,2
5138
12,9
5944
14,9
4641
11,6
2466
6,2
953
2,4
männlich 2030
19.155
10168 25,5
2585
6,5
2887
7,2
2136
5,4
1028
2,6
351
0,9
weiblich 2030
19.998
9843
2553
6,4
3057
7,7
2505
6,3
1438
3,6
602
1,5
Geschlecht
%
24,7
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21
Demografische Entwicklung
22
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Jugend- und Altenquotient
Der Anteil junger Menschen an der Bevölkerung in Kirchheim unter Teck wird zukünftig immer
kleiner und der Anteil der älteren Bevölkerung im größer. Besonders anschaulich wird die Abnahme der Jugendlichen durch die Darstellung der sogenannten Jugend- und Altenquotienten.
Der Jugendquotient gibt das Verhältnis der unter 20-Jährigen bezogen auf die Zahl der 20- bis
65-Jährigen an. Der Altersquotient gibt analog dazu den Anteil der über 65-Jährigen bezogen
auf die Zahl der 20- bis 65-Jährigen an.
Im Jahr 1996 lag der Jugendquotient bei 37, das heißt, dass auf
100 Menschen zwischen 20 und
65 Jahren 37 unter 20-Jährige kamen. Der Altenquotient betrug hingegen 25 – so kamen also 100
Menschen zwischen 20 und 65 auf
25 über 65-Jährige.
Während der Jugendquotient bis zum Jahr 2007 über dem Altenquotient lag, liegen beide
Werte seit 2008 gleich auf. Im Jahre 2009 lagen beide Werte bei 34. In den letzten 15 Jahren ist also der Anteil der Jugendlichen an der Gesamtbevölkerung leicht gesunken, während
der Anteil der über 65-Jährigen relativ deutlich angestiegen ist.
In Zukunft wird der Anteil der Jüngeren weiter abnehmen: Im Jahre 2030 wird der Jugendquotient nach der Bevölkerungsvorausberechnung nur noch rund 31 betragen und der Altenquotient bereits bei 51 liegen.
Weitere Aspekte der Entwicklung
Anstieg der Lebenserwartung
Die Lebenserwartung hat sich in der Bundesrepublik Deutschland in den letzten Jahren kontinuierlich verlängert. Alleine in den letzten zwanzig Jahren hat sich die durchschnittliche Lebenserwartung um über fünf Jahre erhöht und diese Entwicklung wird sich nach allen Prognosen auch in der Zukunft fortsetzen.
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23
Demografische Entwicklung
Vor allem in Baden-Württemberg ist die Lebenserwartung dabei besonders hoch. „Lag die
durchschnittliche Lebenserwartung eines neugeborenen Mädchens Anfang der 70er-Jahre
noch bei 74,5 Jahren und die eines Jungen bei lediglich 68,5 Jahren, sind es derzeit immerhin
83,3 bei den Frauen bzw. 78,6 Jahre bei den Männern. Bundesweit hat damit die Bevölkerung im Südwesten die höchste Lebenserwartung und auch europaweit gibt es nur wenige
Staaten, in denen die Menschen länger leben“ (Brachat-Schwarz 2010: S.10).
Für den Landkreis Esslingen liegt die durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt im Jahre
2006/2007 bei 83,7 (Frauen) bzw. 79,5 (Männer) (vgl. Brachat-Schwarz 2010: S.13). Der
Landkreis liegt also nochmals über dem Durchschnitt Baden-Württembergs.
Zunahme der Hochaltrigkeit
Aufgrund der stetig sinkenden Sterblichkeit erreichen immer mehr Menschen das Hochbetagtenalter (üblicherweise werden in der Gerontologie Personen ab einem Alter von 85 Jahren als
hochbetagt bezeichnet). In Baden-Württemberg haben heute 37% der neugeborenen Männer
und 54% der neugeborenen Frauen die Chance, 85 Jahre alt zu werden. Im Jahre 1970 waren es dagegen nur 12% bzw. 23% (vgl. Brachat-Schwarz 2010:11). Gerade mit Blick auf
das höhere Pflegerisiko dieser Altersgruppe kommt der Sozialplanung für Ältere eine besondere Bedeutung zu.
Rückläufige Geburtenrate
Der stetige Anstieg an Hochbetagten ist für die Altenhilfeplanung auch vor dem Hintergrund
stetig sinkender Geburtenraten von Bedeutung. So werden viele Pflegebedürftige auch heute
noch von ihren Angehörigen – vor allem von ihren Kindern – gepflegt. Da die durchschnittliche Kinderzahl in Baden-Württemberg seit Jahren drastisch sinkt, kommt der zukünftigen Sicherung und dem Ausbau von ggf. neuen Unterstützungs- und Pflegemöglichkeiten eine
enorme Bedeutung zu.
24
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Konsequenzen für die Kommune
Eine genaue Betrachtung des demografischen Wandels ist durch das Projekt „Wegweiser
Kommune“ der Bertelsmann Stiftung möglich. Hier wurden für alle Kommunen Deutschlands
mit mehr als 5.000 Einwohnern Daten und Bevölkerungsprognosen ausgewertet und konkrete
Handlungskonzepte für die kommunale Praxis erarbeitet. Der Wegweiser Kommune ermöglicht
so einen Blick auf die mögliche Entwicklung für Kirchheim unter Teck und zeigt konkrete
Handlungsvorschläge auf.
Entsprechend der demografischen Daten wurde Kirchheim unter Teck hier als "Suburbaner
Wohnort mit rückläufigen Wachstumserwartungen" (Demografietyp 3) eingestuft. Charakteristisch für Kommunen diesen Typs ist:
-
die Gruppierung um die wirtschaftsstarken Metropolregionen (Stuttgart)
-
eine bisher positive Bevölkerungsentwicklung mit zu erwartenden stabilen Einwohnerzahlen, bzw. leicht rückläufige Wachstumserwartungen
-
ein hohes Bildungs- und Wohlstandsniveau, also eine verhältnismäßig gut situierte Bevölkerung
-
Wanderungsgewinne bei Familien
-
eine vergleichsweise niedrige Arbeitslosigkeit
-
eine niedrige Arbeitsplatzzentralität, also eine hohe Auspendlerrate und eine geringe
Bedeutung als Arbeitsort.
Wie auch aus den zuvor dargestellten Daten ersichtlich, ist in der Stadt Kirchheim unter Teck
nicht mit einem gravierenden Bevölkerungsrückgang zu rechnen. Die Einwohnerzahl wird von
Stabilität geprägt sein, allerdings wird im Gegensatz zu den vergangenen Jahren auch kein
Wachstum mehr zu verzeichnen sein. Trotz der aktuell überproportional guten demografischen
und ökonomischen Ausgangssituation muss sich Kirchheim unter Teck darauf vorbereiten, das
demografische Gleichgewicht zu stabilisieren und die Wohnqualitäten durch Innenentwicklung
und Infrastrukturanpassungen zu sichern.
Kirchheim unter Teck hat im Vergleich zu anderen Städten des Demografietyps 3 schon heute
ein höheres Durchschnittsalter und wird auch 2030 deutlich mehr ältere Einwohner haben als
die Vergleichsstädte. Hinzu kommt eine überdurchschnittliche Zunahme an Menschen über 80
Jahren. Dazu wird auch ein stark ansteigender Anteil der hochaltrigen Männer gehören.
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
25
Demografische Entwicklung
Es ist davon auszugehen, dass sich die Nachfrage nach betreutem Wohnen bzw. Wohnformen, die eine Betreuung zu Hause gewährleisten (Quartierskonzepte, Mehrgenerationenhäuser, etc.) verstärken wird. Der Alterungsprozess wird erhebliche Konsequenzen für den Wohnungsmarkt und die Infrastruktur haben. Darauf sollte sich die Stadt heute schon einstellen.
Herausforderungen
Kirchheim unter Teck hat von den Entwicklungsprozessen der letzten Jahre stark profitiert.
Diese Wachstumseffekte müssen aktiv für die Zukunft genutzt werden. Aufgrund der ungewöhnlich guten Standortbedingungen hat die Stadt die große Chance, sich mit überdurchschnittlichen Handlungsspielräumen auf die demografischen Prozesse angemessen vorzubereiten. Das Risiko besteht darin, dass Weichen für eine weiterhin positive Entwicklung zu spät
gestellt werden. Laut Aussage der Bertelsmann Stiftung stehen Städte des Demografietyps 3
vor folgenden Herausforderungen:
26
-
die demografiesensible Infrastrukturplanung muss im Auge behalten werden, um die
Attraktivität als Wohn- und Lebensort langfristig aufrechtzuerhalten
-
die Flächenentwicklung ist durch die Stärkung der Innenentwicklung gezielt zu steuern
-
die Balance zwischen Familie und Beruf ist professionell zu ermöglichen
-
frühzeitig ist die Basis für eine zukunftsorientierte Seniorenpolitik und dabei ein
Schwerpunkt im bürgerschaftlichen Engagement zu schaffen
-
die Identifikation der Einwohner mit dem Standort ist zu stärken
-
die Attraktivität als Wohn- und Lebensort ist langfristig aufrechtzuerhalten.
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Handlungsempfehlungen
Aus den ausgeführten Trends ergeben sich auf Basis des Wegweisers Kommune folgende
Handlungsempfehlungen. An dieser Stelle soll nur kurz darauf eingegangen werden.
1. Siedlungs- und Flächenmanagement sowie interkommunale Kooperation – Flächenmanagement in regionaler Verantwortung betreiben
-
Siedlungsentwicklung: Zersiedelung vermeiden
-
Innenentwicklung geht vor Außenentwicklung
2. Entwicklung der Infrastruktur frühzeitig steuern
-
Flexible und langfristig bedarfsgerechte Infrastrukturen schaffen
-
Altersgerechten Umbau der Infrastruktur frühzeitig angehen
-
Infrastrukturausstattung regional abstimmen
3. Balance zwischen Familie und Beruf schaffen
-
Flexible und moderne Betreuungsangebote anbieten
-
Ganztagsbetreuung an den Schulen ausbauen
4. Attraktivität des Standortes stärken
-
Attraktive Wohnungen für Jung und Alt anbieten
-
Bildungsangebote für die Gruppe der 18 – 24-Jährigen zur Verfügung stellen
Es ist dringend erforderlich, neben den Maßnahmen zur Stärkung der Kinder- und Familienfreundlichkeit Bausteine einer zukunftsorientierten Seniorenpolitik vor Ort in praktikable Modelle zu überführen.
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27
Demografische Entwicklung
Maßnahmen
aktive Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des demografischen Wandels – Erstellen eines Demografiekonzepts in Kooperation mit allen Fachämtern
Einrichtung einer fachbereichsübergreifenden kommunalen Expertenrunde
Institutionalisierung/
Standardisierung der Zusammenarbeit zwischen Stadtplanung und
Sozialplanung
Weiterentwicklung der Stadt Kirchheim unter Teck zur familienfreundlichen Kommune
Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleisten: Bedarfsgerechter Ausbau der
Betreuungsangebote für Kinder und Jugendliche/ Ganztagesangebote
Vereinbarkeit von Pflege und Beruf gewährleisten: Bedarfsgerechter Ausbau der
Betreuungsangebote für ältere Menschen
Städtische Veranstaltungen demografieorientiert planen und durchführen (z.B. Sitzund Anlehnmöglichkeiten beim Dämmerschoppen, Veranstaltungsorte barrierefrei
gestalten, barrierefreier Zugang zum großen Sitzungssaal im Rathaus anbauen, alle
Wahllokale auf Barrierefreiheit überprüfen)
28
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Kapitel 2
Aktives Altern
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich das Bild vom Alter und vom Älterwerden verändert.
Der Lebensabschnitt „Alter“ wird nicht mehr ausschließlich mit Hilfe- und Unterstützungsbedarf in Verbindung gebracht. Vielmehr wird der Prozess des Alterns „als ein facettenreicher
Teil lebenslanger Entwicklung gesehen“. Im 5. Altenbericht der Bundesregierung wird auf die
Potenziale des Alters hingewiesen und die veränderte Sichtweise thematisiert. „Die Vorstellung, dass das Älterwerden auch eine Chance für die persönliche Weiterentwicklung ist, kann
dazu beitragen, dass die nachberufliche Lebensphase aktiv gestaltet und gesünder verbracht
wird.“
Wichtig für diese Betrachtungsweise ist es, den Lebensabschnitt „Alter" nicht zu pauschalisieren. Es ist mittlerweile selbstverständlich, die Zeit nach dem Austritt aus dem Berufsleben in
zwei Phasen einzuteilen: So befindet man sich nach der Familien- und Berufsphase in der sogenannten 3. Lebensphase, während die 4. Lebensphase den Übergang und die Zeit meint, in
welchem (z.B. aufgrund einer eingeschränkten Gesundheit) Unterstützungsangebote angenommen werden müssen und sich die Mobilität zunehmend einschränkt.
Die 3. Lebensphase ist geprägt durch eine deutliche Zunahme von frei verfügbarer Zeit und
stellt für viele Menschen eine Herausforderung dar. In der Altenhilfeplanung des Landkreises
Esslingen wird darauf hingewiesen, "dass sich erst langsam das Bewusstsein innerhalb der
Bevölkerung durchsetzt, dass dieser Lebensabschnitt der Planung bedarf: "Von einer Generation zur nächsten sieht sich eine Vielzahl von Zeitgenossen unvermutet in die Lage versetzt,
den alten Traum von Selbständigkeit, Ungebundenheit, Freizügigkeit und Selbstverwirklichung
in die Tat umzusetzen"". Gleichzeitig wird festgestellt, dass in dieser Lebensphase die Spuren
gelegt werden, „die darüber entscheiden, ob die Menschen dieses Alter zufrieden erleben und
tragfähige Netzwerke für die künftigen Jahre erwerben/ erhalten".
Der Anteil an Menschen, die aufgrund der verbesserten gesundheitlichen Versorgung bis ins
hohe Alter aktiv und mobil sind, wird in den kommenden Jahren weiter zunehmen. Der Übergang von der 3. Lebensphase in die 4. Lebensphase wird sich so immer weiter nach hinten
verschieben, allerdings ist noch nicht absehbar, wie sich die längere Lebensarbeitszeit (Renteneintrittsalter derzeit bei 67 Jahren) auswirken wird. Entsprechend dem fünften Altenbericht
der Bundesregierung müssen „neue Möglichkeiten eröffnet werden, um die Potentiale, Fähigkeiten und Kompetenzen älterer Menschen in allen gesellschaftlichen Bereichen stärker einbeziehen zu können“.
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29
Aktives Altern
Das „Aktive Altern" basiert im Kern auf zwei Säulen: Gesundheit und gesellschaftliche Partizipation.
-
Der gesundheitliche Aspekt bezieht sich dabei auf Maßnahmen, die Menschen dabei
unterstützen, im zunehmenden Alter ihre Gesundheit zu wahren. Hier nimmt die Prävention eine zentrale Rolle ein, aber auch Sport- und Bewegungsverhalten nimmt erwiesener Maßen einen großen Einfluss auf die Gesundheit.
-
Die gesellschaftliche Partizipation umfasst im weitesten Sinne die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, also Begegnungsmöglichkeiten und Freizeitangebote und im Weiteren die Möglichkeiten des Engagements und der (politischen) Einbindung älterer Menschen.
In diesem Zusammenhang soll das folgende Kapitel diese zwei Säulen mit den entsprechenden
Angeboten in Kirchheim unter Teck betrachten.
Gesundheit und Prävention
Gesundheit im Alter
Die steigende Lebenserwartung ist auch an die Hoffnung gekoppelt, das Alter weitgehend
gesund und selbständig zu erleben.
Die Themen Gesundheit im Alter, Gesundheitserhaltung und Gesundheitsprävention beziehen
sich auf die bestehenden Möglichkeiten und Angebote, um gesundheitlichen Einschränkungen
im Alter vorzubeugen, sie zu überwinden oder die Folgen nach Möglichkeit zu mildern.
Die Gesundheit im Alter, deren somatische, funktionale und subjektive Aspekte, werden im
Verlauf des Alterns von verschiedenen Einflussfaktoren bestimmt. Es ist inzwischen aus der
Forschung bekannt, dass weniger als die Hälfte der Varianz in Mortalität (Sterblichkeit) und
Krankheiten von genetischen Faktoren abhängt.
1. Wichtige Einflussgrößen sind der Lebensstil und das Gesundheitsverhalten, beide tragen entscheidend zur Länge und zur Qualität des Lebens bei. Zentrale Faktoren sind
dabei das Rauchen, Übergewicht und Ernährung sowie die körperliche Aktivität. Die Inanspruchnahme von Gesundheitsvorsorge zur Früherkennung von Krankheiten, regelmäßige Kontrolluntersuchungen und die Nutzung von Heilhilfemittelbehandlungen sind
weitere Einflussfaktoren. So wurde in den Studien festgestellt, dass ältere Menschen
die präventiven Möglichkeiten der Gesundheitsvorsorge oftmals nicht ausreichend nutzen.
30
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
2. Die zweite wichtige Einflussgröße sind die psychosozialen Faktoren, dazu gehören die
psychischen Ressourcen, die einen schützenden Einfluss auf die Gesundheit haben wie
Optimismus, Selbstwirksamkeit sowie die positive Sicht auf das Älterwerden. Daneben
haben das soziale Netzwerk, die sozialen Beziehungen in der Regel indirekt und direkt
einen positiven Effekt auf die Gesundheit und Mortalität. Umgekehrt sind somit als Risikofaktoren negative Emotionen wie Feindseligkeit, Angst und Stress sowie Vereinsamung festzuhalten.
3. Die dritte Einflussgröße ist die soziale Ungleichheit. In vielen Studien wurde inzwischen
belegt, dass die Gesundheit im Alter durch die soziale Lage einer Person mitbestimmt
wird. Merkmale des sozialen Status sind Bildung, beruflicher Status sowie Einkommen
und Vermögen. Weitere Kategorien sind Geschlecht, Herkunftsregionen und Migrationshintergrund. Der Unterschied zeigt sich in der verschieden hohen Lebenserwartung
von Personen mit höherem Status und Personen mit niedrigem Status: Menschen aus
sogenannten höheren Gesellschaftsschichten haben eine höhere Lebenserwartung als
Personen der unteren Schichten (http://www.gesundheitliche-chancengleichheit.de/).
4. Die vierte Einflussgröße sind schließlich die medizinischen und pflegerischen Faktoren:
Mit zunehmendem Alter gewinnt die medizinische und pflegerische Intervention/Infrastruktur an Bedeutung für die Gesundheit.
Diese dargestellten Determinanten sind in allen Bereichen der Altenhilfeplanung zu berücksichtigen. Sie sind nicht nur an der Schnittstelle Altenhilfe/Pflege zu beachten. Ziel einer ganzheitlich angelegten Altenhilfeplanung in Kirchheim unter Teck muss sein, die Gesundheit im Sinne
aller dargestellten Determinanten zu stützen.
Präventionsangebote in Kirchheim unter Teck
Prävention zielt darauf ab, das Auftreten von Krankheiten zu vermeiden und ihre Verbreitung
und Auswirkungen auf die Mortalität der Bevölkerung zu verringern. Unter Zuhilfenahme von
Kenntnissen über die Entstehung von Krankheiten sind präventive Interventionen darauf gerichtet, Ausgangsbedingungen und Risiken für Krankheiten (Risikofaktoren) zu identifizieren,
zu verhindern oder abzumildern (Vermeidungsstrategie). Dies erfolgt z.B. durch Öffentlichkeitsarbeit und Angebote zu Themen wie Impfungen, gesunde Ernährung, Früherkennung und
ausreichende Bewegung.
Wichtigste Akteure und Initiatoren im Bereich der primären Prävention und Gesundheitsförderung sind die Krankenkassen, welche entsprechend §20 SGB V gesetzlich verpflichtet sind,
entsprechende Leistungen vorzusehen.
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31
Aktives Altern
Das Ziel der Primärprävention und Gesundheitsförderung ist laut GKV-Spitzenverband, „die
Eigenverantwortung der Bevölkerung zu steigern, Frühverrentungen zu vermeiden und die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit bis ins hohe Alter zu erhalten und zu stärken" (Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes, S. 15).
Neben der Förderung von Angeboten zu den Themen Ernährung, Suchtmittelvermeidung oder
Stressbewältigung bzw. Entspannung nimmt die Förderung von Bewegungs- und Sportprogrammen eine zentrale Bedeutung ein. „Bewegungsmangel ist ein zentraler Risikofaktor für die
Entstehung insbesondere von Herz-Kreislauf- sowie Muskel-Skelett-Erkrankungen" und wird
den Ausführungen des GKV-Spitzenverbandes zufolge "bereits als das zentrale Gesundheitsproblem des dritten Jahrtausends bezeichnet" (GKV Spitzenverband, S. 41).
Auch in den Befunden des Deutschen Altensurveys (DEAS) wird die Bedeutung der Bewegung
hervorgehoben und darauf hingewiesen, dass körperliche Aktivität bis ins hohe Alter positive
Effekte auf die Gesundheit hat, „sogar dann, wenn sie erst in späteren Lebensjahren aufgenommen wird“ (Wurm in Motel Klingenbiel, S. 115).
Bestand
Hauptverantwortlich für den Bereich der Gesundheitsförderung, bzw. der Prävention sind, wie
zuvor erläutert, die Krankenkassen. Sie fördern die Teilnahme an Gesundheits- bzw. Präventionsangeboten in Kirchheim unter Teck, wenn Fachkräfte oder Übungsleiter über entsprechende Zusatzqualifikationen (z.B. „Sport in der Prävention") verfügen und das Angebot den Qualitätsrichtlinien des GKV Spitzenverbandes entspricht. Ist dies gegeben, beteiligen sich die
Krankenkassen an den anfallenden Kosten. Einige regional stark vertretene Krankenkassen
bieten in Kirchheim unter Teck eine Vielzahl eigener Angebote an, die direkt über die Geschäftsstellen erfragt und belegt werden können.
Der Verein zur Förderung der Gesundheit am Klinikum Kirchheim - Nürtingen e.V. bietet ein
ergänzendes Angebot zum Thema Gesundheit und Prävention an. Hier finden sich nicht nur
primäre Präventionssportangebote (z.B. „60er in Bewegung“, „Beweglich im Alter“), sondern
auch eine Vielzahl von Angeboten aus dem sekundären und tertiären Präventionsbereich (z.B.
Sport nach Schlaganfall), sowie themenspezifische Vorträge (z.B. Ernährung). Die Verknüpfung mit dem Klinikum ermöglicht eine bedarfsgerechte Anpassung des Angebots. Viele Kurse
werden von den Krankenkassen anerkannt und je nach Kosten anteilig erstattet.
Darüber hinaus sind wichtige ausführende Akteure die Kirchheimer Sportvereine. Hier ist der
Bereich Gesundheits- und Präventionssport in den letzten Jahren aufgrund der gestiegenen
Nachfrage stetig ausgebaut worden. Einige Vereine (z.B. VFL Kirchheim, TSV Jesingen) bieten
Kurse im Gesundheits- und Präventionssport an, die den Qualitätsrichtlinien der
32
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Krankenkassen entsprechen.
Hinzu kommen Angebote anderer Anbieter, wie z.B. Physiotherapiepraxen, bei denen ebenfalls eine Anerkennung durch die Krankenkassen vorliegt und eine Kostenbeteiligung möglich
ist.
Bedarf
Kirchheim unter Teck verfügt über ein sehr breites und offen gehaltenes Angebot an Gesundheits- und Präventionskursen.
Laut der Erhebung im Rahmen der Sportentwicklungsplanung wünschen sich die Bürger in
Kirchheim unter Teck einen Schwerpunkt insbesondere im Bereich Gesundheit und Freizeitsport. Hier wird nicht nur durch die Bürger eine Erweiterung der Angebote im Gesundheitssport gefordert, auch die Autoren selber sehen hier einen weiteren Bedarf für Kirchheim unter
Teck, der allerdings nicht durch Datenmaterial belegt werden kann.
Im Rahmen der Bürgerbeteiligung des Altenhilfeplans wurde dieser Bedarf nicht formuliert.
Maßnahmen
Der
Bedarf an weiteren Angeboten des Gesundheitssports sollte geprüft werden, ggf.
durch eine Erhebung im Rahmen von Experteninterviews
Sport und Bewegung
In der Stadt Kirchheim unter Teck gibt es eine Vielzahl von Anbietern für weitere Sport- und
Bewegungsangebote. Im Sinne eines breiteren Präventionsverständnisses werden im Folgenden auch die Angebote dargestellt, die nicht „nur“ dem Gesundheits- oder Präventionssports
im Sinne des §20 SGB V zugeschrieben werden können. In dem Sinne, dass allein schon die
aktive Bewegung an sich die Gesundheit fördert und eine präventive Wirkung entfalten kann,
sollen auch andere Angebote an dieser Stelle erwähnt werden.
In den Befunden des Deutschen Altensurveys (DEAS) wird die Bedeutung der Bewegung im
Sinne der körperlichen Aktivität hervorgehoben und auf die präventive Wirkung hingewiesen.
Die Autoren erläutern, dass Personen, die im Alter von 65 Jahren regelmäßig körperlich aktiv
sind im Vergleich zu den inaktiven Älteren eine bis zu sechs Jahre höhere allgemeine und behinderungsfreie Lebenserwartung haben.
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Aktives Altern
Im Alter zwischen 40 und 85 Jahren betätigt sich laut der Erhebungen im Rahmen des DEAS
knapp ein Drittel der Bevölkerung mehrmals pro Woche sportlich aktiv. Insgesamt ist der Anteil sportlich aktiver Personen über den Zwölfjahres-Zeitraum der Langzeitstudie gestiegen.
„Diese Befunde weisen darauf hin, dass sportliche Aktivität während der letzten zwölf Jahre
eine zunehmende Verbreitung erfahren hat. … Nur auf der Schwelle zur Hochaltrigkeit (76 bis
81 Jahre) findet sich kein Anstieg körperlicher Aktivität“ (Motel-Klingenbiel: S. 118). Es ist
also insbesondere bei den Altersgruppen unter 75 Jahren derzeit ein Trend hin zu mehr Bewegung und gesünderer Lebensführung zu beobachten. Dieser Trend sollte genutzt werden und
zu einem bedarfsgerechten Ausbau des Angebots führen. „Körperliche Aktivität hat bis ins
hohe Alter positive Effekte auf die Gesundheit, sogar dann, wenn sie erst in späteren Lebensjahren aufgenommen wird" (Motel-Klingenbiel: S.115).
Bestand
In der Stadt Kirchheim unter Teck gibt es eine Vielzahl von Anbietern für Sport- und Bewegungsangebote. Diese werden unter anderem von Sportvereinen, Bildungseinrichtungen, Kirchen, Krankenkassen, Selbsthilfegruppen und Wohlfahrtsverbänden durchgeführt. Die Palette
der Angebote umfasst neben den breitensportlichen Angeboten auch Kurse zur allgemeinen
Bewegungs- und Gesundheitsförderung sowie spezielle Angebote für Menschen mit Erkrankungen.
Laut der „Sportentwicklungsplanung Kirchheim unter Teck" bezeichnen 65% der Befragten
Kirchheim unter Teck als eine sport- und bewegungsfreundliche Stadt. Die in der Planung dargestellten 18 Sportvereine bieten ein breites Spektrum der Bewegungsmöglichkeiten an. Viele
Angebote sind neben den Fachbereichen im Breitensport (wie z.B. Tischtennis, Fußball oder
Turnen) auch im Kurssystem organisiert und stehen so nicht nur Vereinsmitgliedern offen.
Eine Mitgliedschaft im Verein ist so nicht mehr zwingend notwendig. Viele Sportvereine verfügen über Seniorensportangebote („Fit ab 50“). Hinzu kommen oftmals Angebote im Bereich
der Krankheitsnachsorge (z.B. „Herzsport“, „Sport nach Krebs“).
Wie im Kapitel Prävention bereits erläutert bietet der Verein zur Förderung der Gesundheit am
Klinikum Kirchheim - Nürtingen e.V. ein breites Angebot zum Thema Gesundheit und Bewegung an.
Auch die Familienbildungsstätte und die Volkshochschule bieten als Bildungseinrichtungen
mittlerweile spezielle Bewegungskurse für Ältere an. Prinzipiell stehen die Angebote dieser
Einrichtungen allen Altersgruppen offen, jedoch haben beide Einrichtungen auch spezielle Angebote für die Älteren (z.B. „Fit und aktiv ab 50“, „Seniorinnengymnastik“).
Das Deutsche Rote Kreuz bietet im Rahmen seines Programms „Bewegung bis ins Alter“ regelmäßig Gymnastikgruppen an. Ziel des Angebots ist es, älteren Menschen Freude an
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
der Bewegung zu vermitteln und sie zu altersgerechter Betätigung einzuladen. Derzeit existieren vier Gruppen, die an unterschiedlichen Tagen in unterschiedlichen Stadtteilen durchgeführt
werden.
Weitere Bewegungsangebote, auch speziell für Ältere, werden von anderen Anbietern (z.B.
Kirchengemeinden, Verein Engagierte Bürger – Bürgerbüro e.V., Selbsthilfegruppen) durchgeführt. Hier treffen sich ebenfalls an unterschiedlichen Tagen und an unterschiedlichen Orten
beispielsweise Gymnastik-, Tanz-, Wander- sowie Walkinggruppen. Die Annahme der Angebote ist sehr unterschiedlich, bei einigen Anbietern sind die Teilnehmerzahlen rückläufig.
Eine Besonderheit stellt das Projekt "Bewegung.Unterhaltung.Spaß (B.U.S.)" dar. An den
Pflegestützpunkt angegliedert bietet es seit September 2011 einen niedrigschwelligen Zugang
zum Thema Bewegung. Hauptzielgruppe dieses Projekts sind Menschen zwischen 60 und 85
Jahren, die sich durch Sportangebote wenig angesprochen fühlen. Das präventive Bewegungsangebot verbindet Übungen aus dem Sturzpräventionsprogramm „5 Esslinger" mit einem kleinen Sparziergang und wird derzeit einmal wöchentlich in Lindorf und in der Innenstadt
angeboten. Das Angebot wird von der Bevölkerung sehr gut angenommen. Erfreulicherweise
nehmen auch einige mobilitätseingeschränkte ältere Menschen teil.
Bedarf
Die Sportentwicklungsplanung macht deutlich, dass Bewegungsangebote für Ältere aufgrund
der demografischen Entwicklung und des ansteigenden Lebensalters in den nächsten Jahren
stark an Bedeutung gewinnen werden. Einerseits wird sich eine immer größere Zahl an Menschen bewegen wollen und auf ein entsprechendes Angebot zurückgreifen, andererseits wird
das Bewusstsein, mit speziellen Kursangeboten chronische Krankheiten zu lindern, wachsen
und entsprechende Angebote stärker nachgefragt werden. Dies wird eine große Herausforderung für die Anbieter werden.
Angebote vernetzen und ausbauen!
Die aktuelle Versorgungslage mit Sport- und Bewegungsangeboten in der Stadt wird von der
Planungsgruppe der Sportentwicklungsplanung als gut konstatiert. Die Autoren empfehlen
trotzdem, das vorhandene Angebot in regelmäßigen Abständen kritisch zu prüfen und eine
Vernetzung zwischen „organisiertem Sport, Volkshochschule und caritativen Anbietern in diesem Segment" zu unterstützen. Die Stadtverwaltung muss hier eine steuernde und koordinierende Rolle einnehmen. Dieser Hinweis wird im Rahmen der Altenhilfeplanung unterstützt und
als dringend notwendig angesehen!
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Aktives Altern
Eine Vernetzung der Akteure sollte aus Sicht der Altenhilfeplanung folgende Ziele haben:
-
Optimierung und Ausbau des Angebots im Bereich Sport und Bewegung für Ältere
-
Ausbau des Angebots für bestimmte Bedarfsgruppen
-
Nutzerzugänge erleichtern, z.B. durch Ausbau der Kurssysteme: mehr Flexibilität für
Nutzergruppen!
-
Gewinnung und (ggf. gemeinsame) Qualifizierung von Übungsleitern
Sportentwicklungsplanung erweitern!
Zu bedenken ist weiterhin, dass sich die Planungsgruppe im Rahmen der Sportentwicklungsplanung vorwiegend mit der Angebotsebene für Kinder und Jugendliche beschäftigt hat. Bei
der Planung wurden Personen ab 75 Jahren nicht einbezogen. Aus Sicht der Altenhilfeplanung
ist es dringend notwendig, die Sportentwicklungsplanung um den Bereich der Bewegungsund Sportangebote unter besonderer Berücksichtigung der Älteren zu erweitern! Hierbei sollte
der Begriff „Sport" durch den Bewegungsbegriff ersetzt werden und nicht nur eine Analyse
der Sportvereine beinhalten, sondern insbesondere die zahlreichen freien und caritativen Anbieter einbinden.
Informieren und dadurch Zugänge ermöglichen!
Vom beteiligten Bürgerausschuss wurde der Bedarf formuliert, die vorhandenen Angebote
zielgerichteter zu publizieren. Nach wie vor kommen die Informationen über bestimmte Angebote nicht beim Bürger an. Insbesondere für Personen, die nicht im Verein organisiert sind und
dadurch keinen direkten Zugang zu solchen Informationsmaterialien haben, ist der Zugang
erschwert. Parallel dazu melden die kleineren, oft freien oder caritativen Angebotsträger einen
Teilnehmerrückgang, da den oft schon über Jahre bestehenden Angeboten der Nachwuchs
fehlt, also selten neue Teilnehmer hinzukommen. Diese Tatsache widerspricht dem Trend zu
mehr Bewegungsverhalten in der älteren Bevölkerung. Eine umfassende und regelmäßig erscheinende Darstellung des vorhandenen Sport- und Bewegungsangebots ist dringend notwendig, um allen Bürgern den Zugang zu ermöglichen.
Der Bürgerausschuss formulierte, dass viele Bürger eine bedarfsgerechte Beratung benötigen,
um das für sie passende Bewegungsangebot zu finden. Hier könnte ein Bewegungsberater/Sportkoordinator eine beratende Funktion übernehmen.
Niederschwellige Bewegungsangebote ausbauen!
Übertriebenes Leistungsstreben kann viele ältere Menschen davon abhalten, sich an Angeboten zu beteiligen. Insbesondere nicht aktive Ältere sollten Angebote nutzen können, die einen
niederschwelligen Zugang ermöglichen. Hier hat sich das beschriebene B.U.S. Projekt
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
bewährt. Angebote auf der Ebene des B.U.S Projektes sollten weiterhin unterstützt und ausgebaut werden.
Maßnahmen
Zielgruppenanalyse, bzw. Erhebung unter besonderer Berücksichtigung der Älteren: Sportentwicklungsplanung um das Spektrum 50+ erweitern
Kooperation
und Vernetzung zwischen verschiedenen Anbietern ermöglichen (Netzwerk
"Mit Bewegung älter werden")
Optimierung der Angebote
Angebote für bestimmte Bedarfsgruppen ausbauen
Gewinnung von weiteren Übungsleitern
Information und Beratung im Bereich Sport und Bewegung ausbauen
Erstellung einer Übersicht zum Bewegungsangebot in Kirchheim unter Teck für ältere
Menschen
Bewegungsberater/Sportkoordinator benennen und unterstützen
Ausbau des zivilgesellschaftlichen Engagements
Workshops für Vereine entwickeln, um sie auf einen älter werdenden Mitgliederbestand und die Folgen vorzubereiten
Bildung einer Arbeitsgemeinschaft "Vereine und soziale Verantwortung in einer alternden Gesellschaft"
B.U.S. Projekt als Angebot mit niederschwelligem Zugang auf weitere Stadtteile ausdehnen
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Aktives Altern
Bewegungsräume für Senioren
Derzeit wird innerhalb der Stadtverwaltung diskutiert, ob und in welcher Form dem Bewegungsverhalten der Senioren mehr Beachtung geschenkt werden soll. Interessant können hier
spezielle Bewegungsräume im öffentlichen Raum (z.B. Grünflächen) sein, die eine zeitlich flexible Nutzung von Geräten, die die motorische Entwicklung und Erhaltung im Alter fördern,
ermöglichen.
Mit dem demografischen Wandel vollzieht sich derzeit ein Wandel im Freizeitverhalten der
älteren Generation. Die Bereitschaft, sich mit Gesundheitsfragen zu beschäftigen, steigt.
"Wellness, Wohlfühlen, Entspannung und Erholung sind ebenso wie Fitness erstrebenswerte
Ziele, die im Kontext von Gesundheit inzwischen fest im Bewusstsein unserer Gesellschaft
verankert sind" (Hottenschläger, S. 1). Aus diesem Trend ergibt sich mit großer Wahrscheinlichkeit eine größer werdende Anzahl älterer Menschen, welche Freizeitangebote in Frei- und
Grünflächen nutzen wird.
Planungsgrundlagen
In Deutschland entstanden in den letzten Jahren zunächst als "Seniorenspielplatz" bezeichnete Bewegungsräume nach asiatischem Vorbild unter anderem in Berlin, München und Nürnberg. Mittlerweile bewegt man sich bewusst von dem Titel "Seniorenspielplatz" weg. Betrachtet man die Nutzung dieser Plätze, hat sich gezeigt, dass die Nutzergruppe einer solchen Anlage viel breiter als zunächst gedacht ist. Begriffe wie "Generationenpark" oder "Bewegungspark" beginnen sich zwar durchzusetzen, dennoch findet man unterschiedliche Bezeichnungen
für eine solche Anlage. Oft richtet sich der Name nach der zuvor definierten Nutzergruppe
(z.B. "generationsübergreifender Aktivplatz" in Stade, "Generationenpark" in Warburg).
Erhebungen der Hochschule RheinMain zeigen, dass es äußerst schwierig zu sein scheint,
"den" Seniorenspielplatz zu konzipieren. Es wird deutlich, dass jede Stadt jeden Bewegungsraum individuell planen muss, da die Annahme eines solchen Platzes nicht stadtübergreifend
gesichert werden kann.
Nach den derzeitigen Erkenntnissen können folgende Kriterien für die Planung einer o.g. Anlage als wichtig erachtet werden:
-
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Bei der Planung eines Bewegungsraums muss insbesondere die Nutzergruppe klar definiert werden. Plätze für alle Generationen wurden wider Erwarten nicht oder nur eingeschränkt von Älteren genutzt. Insbesondere Kinder und junge Familien fühlten sich von
den mehrgenerativen Bewegungsräumen angezogen und "verhinderten" oft eine Nutzung der älteren Generation. Konzipiert man bewusst eine Anlage, die nicht von Kindern besetzt werden soll, müssen insbesondere die Gerätschaften so ausgewählt
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
werden, dass Sie von Kindern nicht genutzt werden können (z.B. durch Mindesthöhe
von 1,50 m).
-
Befragte Senioren äußerten folgende Wünsche bezüglich des Standortes und der Ausstattung eines Seniorenraums (vgl. Konzept der Stadt Nürnberg):
o Anlage sollte sich in Wohnortnähe befinden
o Anlage sollte in eine Grünanlage integriert sein. Die Nähe zu einem Kinderspielplatz wurde negativ empfunden.
o Die Anlage sollte barrierefrei gestaltet sein.
o Die Anlage sollte eine verkehrsgünstige Lage haben.
o Die soziale Kontrolle wird als wichtig erachtet. In der Nähe sollten sich Einrichtungen (z.B. Kiosk) sowie Toiletten befinden. Der Platz sollte überwacht werden
und personell betreut werden.
o Die Anlage sollte dort integriert werden, wo sich interessierte Nutzer schon jetzt
verstärkt aufhalten. Dies können z.B. gut genutzte Plätze oder Freizeitwege
sein.
Bestand
Derzeit existiert in Kirchheim unter Teck kein den vorausgegangenen Beschreibungen entsprechender Bewegungsraum für Senioren.
Bedarf
Ein Bedarf für Bewegungsräume in Kirchheim unter Teck lässt sich schwer ableiten.
Prinzipiell sollte es ein gesamtstädtisches Ziel sein, durch das Einrichten eines entsprechenden
Angebots für Ältere die Möglichkeit zu schaffen ihre Bewegungsfähigkeit so lange wie möglich zu erhalten. Die Einrichtung von Bewegungsräumen kann hier ein Schritt in die richtige
Richtung darstellen. Es wird jedoch empfohlen, dies gesamtstädtisch im Rahmen der Fortschreibung der Sportentwicklungsplanung zu beleuchten.
Der an der Altenhilfeplanung beteiligte Bürgerausschuss hat einen Bedarf an Bewegungsräumen unter mehrgenerativen Gesichtspunkten benannt. Der Bürgerausschuss formulierte jedoch klare Bedenken, ob ältere Personen sich in der Öffentlichkeit bei der sportlichen Betätigung zeigen wollen. Hier wurde empfohlen, die Standorte sehr bewusst auszuwählen und in
bestehende Flächen, die schon von bewegungsfreudigen Menschen genutzt werden, einzubinden (z.B. Nordic-Walking-Pfad Hohenreisach).
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Aktives Altern
Maßnahmen
Die Möglichkeiten, Bewegungsräume unter mehrgenerativen Aspekten zu etablieren, sollte
innerhalb der Stadtverwaltung, unter Beteiligung aller zuständigen Fachämter, Vertreter
des Sports und des Forums Älterwerden geprüft werden
Erarbeitung eines Konzepts um bestehende Bewegungsparcours ("Trimm-Dich-Pfade") mit
Outdoor-Geräten mehrgenerativ attraktiv zu machen
Umgestaltungsmöglichkeiten für bestehende Sportstätten/Freizeitanlagen im Blick auf die
Nutzergruppe 60+ prüfen (Sportentwicklungsplanung)
Attraktivierung
von Spielplätzen durch Bewegungs(Spiel-)Geräte, die Kinder und Ältere
miteinander nutzen können
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Gesellschaftliche Teilhabe und bürgerschaftliches Engagement
Wie in der Einleitung zu diesem Kapitel beschrieben, ist neben der Gesundheit die gesellschaftliche Teilhabe der Älteren von zentraler Bedeutung. Das Eingebundensein in soziale
Netzwerke stellt eine wichtige Ressource für einen gelingenden Alternsprozess dar und hat
starken Einfluss auf die persönliche Wahrnehmung vom Altern.
Das folgende Schaubild soll verdeutlichen, welche Möglichkeiten der ältere Mensch hat, um
aktiv soziale Netzwerke aufzubauen, zu erweitern und zu halten.
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Aktives Altern
Soziale Integration/Teilhabe an der Gesellschaft
Der DEAS formuliert, dass derzeit eine gute Einbindung in soziale Netze der Älteren vorliegt.
Im Allgemeinen kann von lebendigen Beziehungen gesprochen werden, die zu Kindern, Enkelkindern und Freunden gehalten werden. In diesem Bereich ist jedoch in den nächsten Jahren
eine große Veränderung zu erwarten. Aufgrund der steigenden Anzahl an Menschen, die keine
Partnerschaft und/oder keine Kinder haben, werden für diese Zielgruppe außerfamiliäre Netzwerke zunehmend an Bedeutung gewinnen. Hinzu kommen die gestiegenen Mobilitätsansprüche der Arbeitswelt, die in sehr vielen Fällen zu einer Zersiedelung bestehender Familien führen. Es ist nicht untypisch, dass Kinder hunderte Kilometer entfernt vom Wohnort der Eltern
arbeiten, wohnen und leben. Eine wichtige Ressource für ein Altern, in welchem man sich auf
seine familiären Hilfen stützen kann, bricht zunehmend weg.
Ein weiterer Aspekt ist das sich ändernde Selbstverständnis der älteren Menschen. Größere
finanzielle Möglichkeiten der heutigen „Rentnergeneration“ führen dazu, dass die nachberufliche Phase flexibler gestaltet werden kann als noch vor einigen Jahrzehnten. Ältere
Menschen gehen immer mehr dazu über, ihr 3. und 4. Lebensalter ohne die Unterstützung der
eigenen Kinder zu planen und frühzeitig die entsprechenden Weichen zu stellen, z.B. durch
den Umzug in die innerstädtischen Wohnlagen.
Für diese Menschen ist es wichtig, tragfähige Beziehungen außerhalb der Familie etablieren zu
können. Die Bedeutung an außerfamiliären Unterstützungsnetzen wird somit deutlich zunehmen.
Ziel einer ganzheitlich angelegten Altenhilfeplanung in Kirchheim unter Teck sollte es sein,
Angebote auszubauen, die einen Austausch (insbesondere unter älteren Menschen) ermöglichen und neue Freizeitaktivitäten und neue Freundschaften fördern.
Lebenslanges Lernen - Bildungsangebote in Kirchheim unter Teck
Aktive und selbständige Teilhabe am Leben kann nur erhalten bleiben, wenn der ältere
Mensch seine Kenntnisse und Fähigkeiten fortwährend erweitert. In einer schnelllebigen Zeit
ist eine hohe Anpassungsleistung gefordert, um (z.B. im technischen Bereich) nicht vom Fortschritt abgehängt zu werden.
Im Vergleich zu früheren Generationen hat das Bildungsniveau der heute Älteren deutlich zugenommen. So verfügen sie heute pauschal über einen höheren Bildungsstand als noch vor
einigen Jahrzehnten. Es kann davon ausgegangen werden, dass das Interesse und die Freude
am Lernen bei diesen Menschen auch in zunehmendem Alter nicht abnehmen wird.
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Das lebenslange Lernen sollte nicht nur aufgrund des Freizeitwertes unterstützt werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Menschen, die eine Bereitschaft zu lebenslangem Lernen
zeigen, auch eher in der Lage sind, sich im Falle einer Problemlage Hilfe zu holen und Unterstützungsangebote anzunehmen.
„Gelingendes“ Altern ist vielfach an die Ressource Bildung gekoppelt. Eine Herausforderung
wird es sein, bildungsferne Menschen zu erreichen, mehr Wissen/Informationen zu vermitteln
und dadurch eine bessere Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.
Bestand
Kirchheim unter Teck verfügt über ein breites Bildungsangebot. Insbesondere Volkshochschule
und Familienbildungsstätte nehmen hier zentrale Rollen ein. Beide Einrichtungen sprechen mit
ihren Angeboten alle Generationen an. Das Programm wird von beiden Einrichtungen halbjährlich über eine Broschüre veröffentlicht.
Der Schwerpunkt der Volkshochschule Kirchheim unter Teck e.V. (vhs) liegt in der Förderung
der allgemeinen, kulturellen und beruflichen Bildung. Bildungsthemen sind u.a. Gesundheit,
Sprachen, Kunst und Kultur, Politik und Gesellschaft. Die Volkshochschule bietet ein spezielles Programm „plus/minus 55“ an. Hier werden Kurse zu verschiedenen Themen wie z.B. Englisch, Computer/EDV, Bewegung, digitale Fotografie auf die ältere Zielgruppe hin abgestimmt
angeboten.
Die Familienbildungsstätte Kirchheim unter Teck e.V. (FBS) bietet Kurse, Seminare und Vorträge für Menschen in allen Lebenslagen und befasst sich mit der Gestaltung des Alltags. Neben den Familienangeboten stehen Gesundheitsthemen ebenso auf dem Programm wie Kochen, Nähen oder kreatives Gestalten. Die Familienbildungsstätte hat kein ausgewiesenes
Programm für ältere Nutzer, spricht jedoch durch die Bandbreite des Kursangebotes in zahlreichen Bereichen ältere Menschen an und wird von der Zielgruppe entsprechend genutzt.
Die Stadtbücherei bietet ein vielfältiges Angebot an Medien an. Neben Informationen für den
Alltag und die persönliche Lebensgestaltung umfasst das Repertoire auch Hobbyliteratur, Seniorenratgeber und Ratgeber zur Gesundheit und Fitness. Hinzu kommen eine große Auswahl
an Hörbüchern, sowie Literatur im Großdruck und eine Medienbox Demenz.
Die Musikschule Kirchheim unter Teck e.V. verzeichnet nach eigenen Angaben in den letzten
Jahren ein steigendes Interesse an Musikschulunterricht bei Senioren. Hier gibt es keine speziellen Angebote für die älteren Musikschüler, vielmehr fügen sich die Teilnehmer in vorhandene Gruppen ein. Der Unterricht kann in Gruppen von vier Personen bis zum Einzelunterricht
flexibel belegt werden.
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Aktives Altern
Bedarf
Angebote zum Nutzer bringen!
Kirchheim unter Teck verfügt über ein breites Bildungsangebot auch für Ältere. Diese Angebote beziehen sich räumlich jedoch zum größten Teil auf die Innenstadt. Im Rahmen der Stadterkundungen wurde in Lindorf, Nabern, Jesingen und Ötlingen ein Bedarf an Bildungs- und
Kulturangeboten in diesen Stadtteilen gemeldet. Die Bürger formulierten, dass es wünschenswert wäre, wenn FBS oder vhs ihr Angebot in den einzelnen Stadtteilen ausweiten
würden. Die Teilnahme an solchen Angeboten ist insbesondere für ältere Menschen an eine
gute Erreichbarkeit gekoppelt. Eine lange Anfahrt zur Teilnahme eines Angebots hält insbesondere abends viele ältere Menschen davon ab. Hier sollte überlegt werden, wie in Zukunft
die Angebote auch räumlich zum Nutzer kommen können.
Angebote vernetzen!
Aus Sicht der Altenhilfeplanung sollten die Anbieter dieser Bildungsangebote die Möglichkeit
bekommen, sich besser zu vernetzen, bzw. ihr Angebot zielgerichteter abzustimmen. Eine
Kooperation der unterschiedlichen Bildungseinrichtungen wäre wünschenswert. Die Stadtverwaltung muss hier die Koordination und Unterstützung bereit halten, die für diesen Prozess
notwendig ist.
Bildungsangebote insbesondere für bildungsferne Menschen ausbauen!
Die dargestellten Bildungseinrichtungen sprechen in ihrer Bandbreite viele verschiedene Zielgruppen an, jedoch ist davon auszugehen, dass Angebote von FBS, vhs oder Musikschule
primär von Personen wahrgenommen werden, die eine niedrige Hemmschwelle zu Bildungsthemen haben. Um auch bildungsfernen Menschen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben
zu ermöglichen, sollte hier ein besonderer Fokus drauf gelegt werden. Es fehlt in der Stadt an
Angeboten, die niederschwellig Themen des Älterwerdens thematisieren und konkrete Handlungsoptionen und Hilfestellungen bieten.
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Maßnahmen
Vernetzung der einzelnen Bildungseinrichtungen
Gemeinsame Veröffentlichung des Angebots
Abstimmung der Bildungsinhalte für Senioren
Bildungsangebote
dort hinbringen, wo sich die Menschen aufhalten (z.B. in Migrantenselbstorganisationen, Altenkreise, Vereine)
Altennachmittage inhaltlich aktualisieren
Stadtteilnetzwerke mit entsprechenden Angeboten ausstatten
Begegnungsräume im Quartier schaffen und so Zugänge zu Information/Bildung erleichtern
Bürgerschaftliche Berater/Informantinnen gewinnen und qualifizieren, die als Teil der
Quartiersarbeit Informationen zum gelingenden Älterwerden übermitteln
Förderung und Ausbau von Bildungsangeboten insbesondere für bildungsferne Menschen
Überprüfung
des Angebots der Stadtbücherei im Blick auf senioren- und behindertenfreundliche Nutzbarkeit
Überprüfung des Angebots der Stadtbücherei im Hinblick auf Medien- und Themenspezialisierung in den Bereichen Älterwerden, Prävention, Gesundheit, Versorgung
und Pflege usw. mit Unterstützung von Pflegestützpunkt und Forum Älterwerden
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Aktives Altern
Ältere Menschen und neue Medien
Die neuen Medien, insbesondere das Internet, können einen bedeutsamen Beitrag zur Integration älterer Menschen leisten. Die virtuelle Umgebung bietet die Möglichkeit, durch alternative
Wege der Kommunikation und Information Mobilitätsbarrieren des realen Lebens zu kompensieren und somit gesellschaftliche Teilhabe und selbständiges Leben auch im fortgeschrittenen
Lebensalter zu unterstützen. Die Zahl der „Onliner 60+“ wächst stetig an, doch noch immer
nutzen zwei Drittel dieser Generation die vielfältigen Möglichkeiten des Internets nicht.
Neuere Studien aus der „Offliner-Forschung“ identifizieren Nutzungsbarrieren für ältere Menschen insbesondere
-
im mangelnden Zugang zu PC und Internet
-
durch Wahrnehmungs- und Handhabungsprobleme (visuell bzw. ergonomisch)
-
in der Unterschätzung des individuellen Nutzens
-
in einer negativen Erwartungshaltung (Überforderungserwartung, Selbsteinschätzung
= mangelnde Nutzungskompetenz)
-
sowie in den Kosten der Internetnutzung.
Die Korrelation des Alters mit den „harten“ Indikatoren Bildungsniveau und Berufstätigkeit,
wie sie beispielsweise der jährlich erscheinende (N)onliner-Atlas vornimmt, zeigt, dass sich
insbesondere innerhalb der Altersgruppe 50+ eine hohe formale Bildung sowie die Ausübung
einer Berufstätigkeit als förderliche Faktoren für die Nutzung des Internets erweisen; auch auf
das Geschlecht bezogen zeigen sich deutliche Unterschiede: Circa zwei Drittel der Männer und
die Hälfte der Frauen 50+ gehören zur Gruppe der Nutzer oder planen die Nutzung des Internets.
Neben den harten Indikatoren beeinflussen jedoch auch persönliche Dispositionen, Werteorientierungen und der individuelle Lebensstil das Nutzungsverhalten hinsichtlich der neuen Medien. So lassen sich verschiedene Nutzertypen innerhalb der Generation 60+ typisieren, die
unterschiedliche Zugänge und Interessenshintergründe zu neuen Medien haben. Die Betrachtung all dieser Faktoren hilft, über die pauschalisierte Zielgruppendefinition „Alter“ hinaus
passgenaue Angebote und Maßnahmen zur Förderung der Internetnutzung älterer Menschen
in ihrer individuellen Lebenssituation zu gestalten.
Die Tatsache, dass heutzutage immer mehr Menschen mittleren und jüngeren Alters im schulischen, beruflichen und freizeitbezogenen Alltag mit dem Internet in Berührung kommen und
die Zahl der Internetnutzer innerhalb der älteren Generation stetig steigt, lässt den Schluss zu,
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
dass das Thema „Senioren im Netz“ in den kommenden Jahrzehnten etwas an Brisanz verliert
bzw. sich zumindest die Gruppe der Nichtnutzer immer weniger über die Lebenslage „Alter“
definiert, sondern vielmehr generationenübergreifend über sozialstrukturelle Merkmale. Die
Zielgruppe von Angeboten wandelt sich von Senioren zu Personen, die allgemein mangelnde
kulturelle, soziale und ökonomische Teilhabe an der Gesellschaft haben, ein Teil davon werden
nach wie vor ältere Menschen sein.
Die Integration der Generation 60+ in die Informations- und Wissensgesellschaft durch den
Abbau von Zugangsbarrieren sowie das Vorhalten einer passenden Angebotsstruktur zur Förderung der Medienkompetenz älterer Menschen ist also vorrangig ein mittelfristiges und veränderliches Planungsziel einer kommunalen Altenhilfeplanung.
Bestand
Eine erste Voraussetzung für die tatsächliche Nutzung des Internets ist in erster Linie der
technologische Zugang. In Kirchheim unter Teck wird voraussichtlich bis Sommer 2012 flächendeckend in allen Stadtteilen eine schnelle Internetverbindung verfügbar sein.
Eine zweite Voraussetzung ist die sog. Nutzungskompetenz, die sich gerade ältere Menschen,
die nicht mit dem Medium Internet groß geworden sind, bei Interesse oftmals nach dem
try&error-Prinzip oder mit Hilfe spezieller Angebote erwerben müssen. In Kirchheim unter Teck
gibt es neben privaten und bildungsinstitutionellen Unterstützungsangeboten auch eine Reihe
von bürgerschaftlich getragenen Angeboten, die die Förderung der Medienkompetenz von Senioren zum Ziel haben.
Familiäre Ressourcen
Viele ältere Menschen nutzen das Wissen und die Erfahrung der jüngeren Generation im familiären Umfeld, so werden oftmals die Kinder oder Enkel oder auch jüngere Kollegen bei Anschaffungs-, Nutzungs- und Verständnisproblemen mit dem PC und Internet um Hilfe und Rat
gefragt. Diese Ressource im persönlichen sozialen Netzwerk stellt eine der wertvollsten und
niederschwelligsten Hilfeformen dar.
VHS-Kursprogramm
Die Volkshochschule Kirchheim hat ein Kursprogramm "leicht und logisch" für ältere Menschen entwickelt. Das (kostenpflichtige) Angebot umfasst Einsteigerkurse wie Grundlagen der
PC-Nutzung, Textverarbeitung, Einführung in das Internet oder E-Mails bis hin zu Vertiefungskursen zu einzelnen Schwerpunktthemen. Die Konzeption eines Kurses sieht jeweils ein Leitthema vor, die Dozenten berücksichtigen aber das Lernverhalten älterer Menschen und passen
Inhalte und Lerntempo flexibel an die jeweilige Gruppenkonstellation an.
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Aktives Altern
Computerclub des Bürgerbüros
Der Verein Engagierte Bürger BÜRGERBÜRO e.V. bietet mit dem Computerclub eine regelmäßig stattfindende, altersunabhängige und offene Plattform, um den Umgang mit PC und Internet zu erlernen. Hier können Einsteiger ganz allgemeine Anwendungsmöglichkeiten des Internets kennen lernen, oder auch konkrete Fragen zum Umgang oder bei technischen Problemen
stellen. Auch erfahrene Internetnutzer können sich mit ihren Fragen an die ehrenamtlichen
Mentoren wenden. Die Vermittlung von PC-Wissen erfolgt offen, nach Fragestellung und in
der Regel (je nach Teilnehmerzahl) in einer 1:1-Begleitung.
Mehrgenerationenhaus LINDE
Das Kirchheimer Mehrgenerationenhaus LINDE beherbergt ein Projekt mit intergenerativem
Charakter zur Förderung der Medienkompetenz von Senioren. Unter der konstanten Begleitung
einer Projektkoordinatorin bieten bürgerschaftlich engagierte junge Menschen ihre Erfahrung
und Kenntnisse im Umgang mit dem PC und Internet für Senioren an. Mehrmals jährlich finden
Kurse statt, die sich speziell an Einsteiger mit wenigen oder keinen Vorkenntnissen richten.
Jedem Kursteilnehmer steht sowohl ein PC zur Verfügung als auch ein Jugendlicher als Mentor zur Seite.
Inhaltlicher Schwerpunkt der Kurse ist das Erlernen des Umgangs mit dem PC und dem Internet, aufbauende Kurse orientieren sich an den Interessen der Teilnehmer. Mit speziellen Wünschen zu Themen können Interessierte jederzeit auf das Mehrgenerationenhaus zugehen. Ein
Kurskonzept für Menschen mit Migrationshintergrund befindet sich derzeit in Planung und Erarbeitung.
Bedarf
Die in Kirchheim unter Teck bislang offerierten Projekte sind von ihrem methodischen Herangehen alle an eine klare Wissensvermittlung/Unterweisung angelehnt. Hier gilt es, die Nutzerstruktur in den bestehenden Projekten genau zu betrachten. Der möglicherweise erweiterte
Bedarf an anderen Lernumwelten der älteren Nutzer ist zu erheben. Abhängig vom Ergebnis
sollten Zugänge zu bestehenden Angeboten erleichtert werden oder passgenaue neue Projekte
konzipiert werden.
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Maßnahmen
Bestehende Angebote bzw. beteiligte Akteure vernetzen
Angebote weiter entwickeln
Zielgruppenorientierte Angebote entwickeln (z.B. ältere Frauen, ältere MigrantInnen,
Generation 70+)
aufsuchende Projekte entwickeln
mehrgenerative Projekte ausbauen
Möglichkeiten der Begegnung – Treffs
Bestand
In Kirchheim unter Teck gibt es derzeit 29 Seniorenkreise und -nachmittage. Die überwiegende Zahl wird von Kirchengemeinden durchgeführt, aber auch Seniorenheime, soziale Einrichtungen oder Nachbarschaftsnetzwerke bieten eine solche Form der Begegnungsmöglichkeit
an. Die Veranstaltungen finden wöchentlich, im 2-Wochen-Rhythmus, einmal im Monat oder
vierteljährlich statt.
Die überwiegende Anzahl der Nutzer ist weiblich und ab 60 Jahre alt. Der Großteil der Angebote wird von einem festen Besucherstamm besucht. In einzelnen Fällen kommen regelmäßig
neue Besucher hinzu. Die Angebote werden zum Großteil durch ehrenamtlich Engagierte
durchgeführt.
Als schwierig wird die Einbindung junger Senioren gesehen. Auch die Erreichbarkeit der Angebote ist nicht in allen Fällen gewährleistet. Zwar bieten mittlerweile einige Seniorennachmittage auch einen Fahrdienst an, allerdings stehen in vielen anderen Seniorentreffs solche Serviceleistungen nicht zur Verfügung. Insbesondere bei schlechtem Wetter wird dies zum Problem.
Durch die eingeschränkte Mobilität können dann nicht alle Senioren teilnehmen. Eine nicht
vorhandene Barrierefreiheit der genutzten Gebäude (z.B. fehlender Aufzug) kann den Besucher
zusätzlich einschränken.
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Einrichtungen
Das Mehrgenerationenhaus LINDE als großes Gemeinschafts- und Begegnungszentrum nimmt
insbesondere in der Förderung mehrgenerativer Kontakte einen besonderen Stellenwert in
Kirchheim unter Teck ein. Innerhalb des Hauses befinden sich kleine und große Räumlichkeiten, Werkstätten und Kulturräume für Angebote für jede Generation. Angebote, die einen
mehrgenerativen Austausch ermöglichen, sind zum Beispiel der wöchentlich stattfindende
Mittagstisch, Themenabende, Wandergruppen oder Literaturangebote. Daneben gibt es auch
spezielle Angebote für die ältere Generation, z.B. Bewegung, Entspannung und Meditation ab
55 Jahren, Strick- und Spieltreff oder den Singkreis. Diese Angebote werden primär von älteren Menschen angenommen. Die LINDE ist die einzige Einrichtung in Kirchheim unter Teck,
die den mehrgenerativen Gedanken gezielt verfolgt und umsetzt.
Das Bürgerbüro ist eine Plattform für Menschen, die Kontakte suchen, etwas erleben oder
einfach etwas Neues kennenlernen möchten. Die Aktivitäten des Bürgerbüros erstrecken sich
über vielfältige Bereiche: Kultur, Soziales & Unterstützung, Sport & Bewegung, Bildung, Unterhaltung & Freizeit. Die Sammeltasse als öffentliches Café und die fast 40 Gruppen des
Bürgerbüros bieten vielfältige Möglichkeiten der Begegnung, des Beisammenseins und der Geselligkeit. Diese Nutzungsmöglichkeiten stehen jedem Interessierten offen. Das Bürgerbüro ist
im Besonderen ein Forum für Bürgerschaftliches Engagement, in welchem Menschen mit ihren
Gaben und Fähigkeiten, ihrem Erfahrungswissen andere unterstützen können, in bestehenden
Projekten genauso wie mit neuen Ideen. Im Hinblick darauf bietet es den Raum, sich in unterschiedlichsten Tätigkeitsfeldern aktiv und ehrenamtlich zu engagieren. Nicht zuletzt ist es mit
seinen Beratungs- und Unterstützungsangeboten, hauptsächlich im sozialen Bereich, ein zentraler Baustein der Kirchheimer Altenhilfestruktur. Besonders als Anlaufstelle für ältere Menschen wird es in Zukunft eine "wegweisende Rolle" einnehmen und kompetenter sowie niederschwelliger Ansprechpartner für alle Fragen und Anliegen der (älteren) Mitbürger und Mitbürgerinnen in den Themenbereichen Freizeit, Geselligkeit sowie bürgerschaftliches Engagement sein.
Bedarf
Die schriftliche Bestandserhebung sowie die zahlreichen Gespräche mit Akteuren vor Ort zeigen und bestätigen, dass Kirchheim unter Teck über ein gut ausgebautes Netz an Seniorentreffs verfügt. Insbesondere die Bandbreite vom Seniorennachmittag in der Kirchengemeinde
bis hin zum offenen Treff für Spätaussiedler ist beeindruckend und sollte beibehalten werden.
Es zeigt sich jedoch, dass vielen Angeboten der Nachwuchs fehlt. Gerade die jüngeren Senioren lassen sich nur schwer für solche Aktionen begeistern. Der Ausspruch: „Was soll ich denn
unter all den Alten?" wird nicht selten geäußert und passt zu dem Selbstbild vieler Älterer, die
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zwar biologisch alt sind, sich jedoch nicht so fühlen und deshalb auch nicht solche Angebote
wahrnehmen wollen.
Die Entwicklungen der letzten Jahre lassen den Schluss zu, dass der klassische Seniorentreff
oder Seniorennachmittag in den kommenden Jahren vor der großen Herausforderung stehen
wird, sich zeitgemäß weiterzuentwickeln. Die nachwachsende Generation an Älteren hat deutlich weniger Interesse an diesen klassischen Begegnungsformen. Hier können mehrgenerative
Angebote einen Ansatz finden und einen Rahmen darstellen, die den "jungen Älteren" entgegen kommt. Mehrgenerative Ansätze sprechen nicht primär das Alter an, vielmehr sind in der
Konzeption solcher Angebote bewusst viele verschiedene Altersgruppen angesprochen.
In den kommenden Jahren sollte der Fokus auf diese unterschiedlichen Zielgruppen gelegt
werden. Wichtig erscheint hierbei:
1.
die vorhandenen klassischen Seniorentreffs an die Bedürfnisse der teilweise hochaltrigen Besucherinnen und Besucher anzupassen, zum Beispiel durch die flächendeckende
Einrichtung von Fahrdiensten.
2.
parallel neue Angebotsformen zu entwickeln, die den "jungen Älteren" entsprechen.
Maßnahmen
Bestehende Angebote barrierefrei und bedarfsgerecht gestalten
Nachmittage verbindlicher gestalten: hin zu vereinfachten niederschwelligen Betreuungsangeboten und zu sozialer Verbundenheit
Einrichten von Fahrdiensten, um nicht mobilen Senioren die Teilnahme an Begegnungsmöglichkeiten (weiterhin) zu ermöglichen
Förderung des bürgerschaftlichen Engagements
Zielgruppenspezifische und interessenbezogene neue Angebote entwickeln
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Aktives Altern
Stärkung der Stadtteilnetzwerke bzw. Initiierung weiterer Netzwerke, die zur Aufgabe haben, Menschen jeden Alters mit ihren Interessen und Möglichkeiten einzubinden
Quartiersbezogen neue Angebote entwickeln
Einrichtung von Begegnungsorten in den Stadtteilen/Quartieren und deren Ausrichtung für alle Generationen und Zugehörigkeiten
Flexibel auf neue Bedarfe reagieren (Bsp. Treff russischsprachiger Frauen)
Stadtteilnetzwerke/Nachbarschaftsnetzwerke
Bestand
Derzeit existieren 5 Nachbarschafts-/Stadtteilnetzwerke und der City-Dialog (für den Kernbereich der Innenstadt) in Kirchheim unter Teck. Diese Entwicklung stellt eine Besonderheit innerhalb einer Kommune dar und ist Teil einer wegweisenden Entwicklung. Nachbarschaftsnetzwerke bündeln die Interessen der Bewohner und nehmen zunehmenden Einfluss auf
kommunale Planungen.
Das Nachbarschaftsnetzwerk Klosterviertel ist 2004 im Rahmen der Altenhilfeplanung entstanden. Der damalige Bürgerausschuss entwickelte zur Frage "Wie möchten Sie älter werden?" die These: Wir müssen gemeinsam Lebensräume schaffen, in denen wieder alle Menschen ihren Platz haben (Lebensräume von 0 bis 100: Generationen lernen voneinander, - Generationen gestalten Zukunft gemeinsam, - soziale Netzwerke und Nachbarschaftlichkeit sichern Lebensqualität). Im Fokus lagen zum damaligen Zeitpunkt zunächst die älteren Bürgerinnen und Bürger des Stadtteils, welche eine Vernetzung innerhalb der direkten Nachbarschaft erfahren sollten. Ziel war es, die älteren Menschen stärker in den Stadtteil einzubinden
und so einer Vereinsamung entgegen zu wirken. Es bildete sich schnell ein engagierter Kreis,
an dem viele aktive Personen beteiligt waren und weiterhin beteiligt sind. Heute ist das Netzwerk Klosterviertel eine lebendige Initiative, die durch regelmäßige Veranstaltungen allen Bewohnern des Klosterviertels offen steht.
Das Nachbarschaftsnetzwerk Dettinger Weg ist ebenfalls auf Initiative der Stadtverwaltung
entstanden. Im Stadtteil liegt eine nicht ganz einfache Sozialstruktur vor, daher wird das
Netzwerk von Seiten der Stadtverwaltung als besonders wichtig angesehen. Aufgrund einer
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bislang eher geringen Engagementbereitschaft eines großen Teils der Bewohnerschaft ist es
notwendig, die Stadtteilarbeit durch eine Quartiersmanagerin zu unterstützen.
Beide Initiativen sind nach von der Stadt durchgeführten Bürgergesprächen (= Bürgerforen
oder Stadtteilrunden) entstanden. Dabei wurde deutlich, wie sehr die Menschen an solchen
Initiativen und an mehr sozialem Zusammenhalt, aber auch an mehr Mitsprache- bzw. Mitgestaltungsmöglichkeiten interessiert sind.
Das Nachbarschaftsnetzwerk Obere Vorstadt ist von Teilnehmerinnen und Teilnehmern der
von der Stadt veranstalteten "Zukunftswerkstatt neues Wohnen" initiiert worden. Die Initiative ist im Quartier zwischen Alleenstraße, Hindenburgstraße, Hahnweidstraße und Gaiserplatz
entstanden. Es sind dort ganz unterschiedliche Bewohnerzusammensetzungen und massive
strukturelle Unterschiede vorhanden. Hier trifft ganz alte Wohnbebauung auf Neubauareale
und diese Wohnbebauungen treffen auf städtisches Gepräge mit Handel und Gewerbe. Es ist
schwierig, dort eine breite Einwohnerschaft zu mobilisieren. Die Initiative trifft sich regelmäßig
zur Diskussion von Strukturfragen und zur Förderung der Kommunikation. Besondere Aspekte
sind die Annäherung zur im Quartier befindlichen Moschee und Fragen zur Verkehrsberuhigung.
Die Initiative Paradiesle ist auf eigene Initiative der Bewohner entstanden. Ähnlich wie im
Klosterviertel verfügt das Wohngebiet über eine ausgewogene Sozialstruktur und kann auf
eine hohe Engagementbereitschaft der Bewohner zurückgreifen. Eigentlicher Anlass zur Gründung waren die fehlenden Spielplätze und die Verkehrsentwicklung im unter besonderer Berücksichtigung der im Stadtteil wohnenden Kinder. Die Initiative wurde in der Vergangenheit
aktiv an der baulichen Gestaltung des Stadtteils (Bauleitplanung, Quartiersplatz), an Spielplatzthemen und Verkehrsfragen beteiligt.
Das Nachbarschaftsnetzwerk im Wohngebiet Schafhof ist auf Initiative von Bewohnern entstanden und die jüngste Initiative in Kirchheim unter Teck. Seitens der Bewohner besteht ein
großes Interesse an einem Nachbarschaftsnetzwerk. Es handelt sich hier um einen großen
Stadtteil mit Engagementbereitschaft. Interessant aus Sicht der Altenhilfeplanung ist der hohe
Anteil an älteren Bewohnern. Mit Blick auf die nachbarschaftliche Versorgung dieser Menschen könnte das Nachbarschaftsnetzwerk in Zukunft ein hilfreicher Partner werden. Die Initiative befasste sich zunächst mit Strukturfragen und besonders mit der innovativen Anpassung
der Gebäudeheizungen. Die Themen Nachbarschaftlichkeit und Kommunikation sollen künftig
verstärkt angegangen werden.
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City-Dialog
Das Innenstadtquartier (innerhalb des Alleenrings und entlang der Fußgängerzonen) nimmt
eine besondere Rolle ein. Die Interessen der Bewohner treffen auf die Interessen der Geschäftswelt, der Innenstadtbesucher und –nutzer in besonderem Maße. Die Menschen, die
dort wohnen, arbeiten und ihre Freizeit verbringen, schätzen die ganz unterschiedlichen Vorzüge. Reibungspunkte bleiben jedoch nicht aus. Um das Miteinander so gut wie möglich gestalten zu können und damit auch einen wertschätzenden, rücksichtsvollen Umgang zwischen
den Menschen aber auch mit der Kostbarkeit Innenstadt zu sichern, hat die Stadtverwaltung
alle Beteiligten bereits zwei Mal zu einem Austausch eingeladen. Das Verständnis für die unterschiedlichen Bedürfnisse ist gewachsen. Das Anliegen der Stadt, alle zu beteiligen und damit auch ein gemeinsames Werte- und Verantwortungsbewusstsein zu schaffen, ist bei den
Beteiligten angekommen. Eine Vielzahl von Vorschlägen zur Gestaltung der Innenstadt liegen
auf dem Tisch und müssen nun von der Verwaltung auf Machbarkeit geprüft werden. Das
Projekt "Nachtwanderer" ist bereits auf den Weg gebracht und wird im Frühjahr 2012 starten.
Der Dialog wird eine Fortsetzung finden müssen, wenn Verantwortungsbewusstsein und Gemeinsinn wachsen und Urbanität, Lebhaftigkeit und Vielfalt ihren hohen Stellenwert behalten
sollen. Halbjährliche Veranstaltungen sind auch im Jahr 2012 geplant.
Bedarf
Die Entwicklungen zur Gründung und Aufrechterhaltung von Nachbarschaftsnetzwerken wird
von der Altenhilfeplanung begrüßt und unterstützt. Insbesondere für ältere Menschen bieten
diese Netzwerke die Möglichkeit, länger im sozialen Verbund der Nachbarschaft eingebunden
zu bleiben. Als Plattform für Selbsthilfe und Unterstützungsleistungen, der sozialen Kontrolle
und des sozialen Miteinanders sind sie unverzichtbare Ergänzungen zu den kommunalen Angeboten und den Angeboten freier Träger. Die Entwicklung der Quartiersnetzwerke in der
Stadt kann als besonders zukunftsweisend und innovativ angesehen werden. Darin wird ein
Schlüssel zur besseren Bewältigung des demografischen Wandels gesehen. Es ist spür- und
sichtbar, dass in Kirchheim unter Teck der Boden für vielfältiges Engagement und für breite
Bürgerbeteiligung bereitet ist. Es besteht hohes Interesse an Mitgestaltung und Beteiligung.
Diese Entwicklung muss weiter unterstützt werden.
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Maßnahmen
Netzwerke auf Nachbarschafts- und Quartiersebene als tragende Säule der gemeinwesenorientierten Arbeit über die gesamte Stadt ausbauen
Unterstützung der vorhandenen Nachbarschaftsnetzwerke auch durch die inhaltliche
Auseinandersetzung mit externen Fachleuten und aus der Verwaltung
Unterstützung neuer Initiativen zur Gründung von Nachbarschaftsnetzwerken, Bereitstellung von Mitteln für die Zeit der Entstehung bis eigene Mittel (Eigenbeiträge,
Sponsorengelder, Spenden usw.) vorhanden sind, Bereitstellung fachlicher gut aufgestellter personeller Ressourcen
Für Quartiersinitiativen in sozial weniger gut aufgestellten Bereichen bedarf es einer
finanziellen und personellen Dauerausstattung
Externe fachliche Begleitung der stadtweiten Entwicklung von Nachbarschafts/Quartiersnetzwerken
Fortsetzung des City-Dialogs unter Einbeziehung weiterer Zielgruppen und Vereinbarung konkreter Maßnahmen
Bereitstellung von mehrgenerativen Quartierstreffpunkten zur Begegnung der Generationen, von Interessengruppen, zur Förderung des zivilgesellschaftlichen Engagements besonders auch im Blick auf die Unterstützung von älteren Bewohnern
Beachtung der kultursensiblen Ansätze bei der Entwicklung von Nachbarschaftsnetzwerken
Bürgerschaftliches Engagement und politische Partizipation
Bürgerschaftliches Engagement und Partizipation sind eine Ressource für die Gesellschaft und
den Einzelnen. Die Orte des bürgerschaftlichen Engagements sind Vereine, Organisationen,
Initiativen, Selbsthilfegruppen, Kirchen, Parteien, es können aber auch Nachbarschaften, Bereiche des Gemeinwesens wie Kindergärten, Schulen oder Pflegeheime sein.
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Bürgerschaftliches Engagement ist ein unverzichtbarer Beitrag für eine Gesellschaft, die sich
in zunehmendem Maße nicht mehr nur auf die Leistungen des Wohlfahrtstaates und traditionelle Familien- und Hilfestrukturen verlassen kann. Engagement, Partizipation und Mitgestaltung fördern eine lebendige Gesellschaft, in der in verschiedenen Lebensphasen auch unterschiedliche Lebensstile möglich sind.
Für ältere Menschen spielt das bürgerschaftliche Engagement unter zwei Aspekten eine große
Rolle: Sie können sie sich als freiwillig Engagierte in viele Felder einbringen und gleichzeitig
„Zielgruppe und Nutznießer“ der Unterstützung durch Engagierte sein.
Es ist zu erwarten, dass sich durch die Anhebung des Eintrittsrentenalters auf 67 Jahre, die
bei den jetzigen 50-Jährigen bereits in vollem Umfang greift und durch die höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen, das Engagementpotenzial verändert. Im Blick auf die demografische
Entwicklung lassen sich die Auswirkungen jedoch nicht eindeutig abschätzen.
Zur Struktur des bürgerschaftlichen Engagements
Der Freiwilligensurvey von 2009 (vgl. BMFSFJ, Informationen zum 3. Freiwilligensurvey
1999-2009) stellt vor allem bei den Älteren einen deutlichen Anstieg des freiwilligen Engagements fest. Bei den über 65-Jährigen stieg der Anteil des freiwilligen Engagements zwischen
1999 und 2009 von 23% auf 28%, wobei der Anstieg bei den 60 bis 75-Jährigen bei 6%
lag. Ab 76 Jahren war ein etwas geringere Anstieg von 19% auf 21% zu verzeichnen.
Bei der Altersgruppe 50 bis unter 60 Jahren ging der Anteil von 39% leicht zurück auf 37%.
In den Altersklassen ab 20 Jahren lag der Anteil der freiwillig Engagierten zwischen über 33%
und 42%. Insgesamt hat sich auch das Verhalten bezüglich der Dauer und Kontinuität des
freiwilligen Engagements bei allen Altersgruppen verändert: Viele Menschen möchten sich
nicht mehr dauerhaft an ein Engagement binden, sie bevorzugen das Engagement auf Zeit,
beispielsweise in einer bestimmten Lebensphase oder für ein bestimmtes Projekt.
Ältere Menschen setzen sich eher für Ältere ein. Die Tendenz, sich für die eigene Altersgruppe
zu engagieren, lässt sich auch bei den jüngeren Generationen beobachten. Bei einem Blick auf
den Unterschied im Engagement zwischen Frauen und Männern zeigt sich nach wie vor folgende Ungleichheit: Männer engagieren sich mehr als Frauen und das auch bis ins hohe Alter.
In der Altersgruppe zwischen 50 und unter 70 Jahren liegt der Unterschied bei 6 bzw. 7%, in
der Altersgruppe ab 70 Jahren bei 9%. Allerdings sind es vor allem ältere Frauen, die sich um
ältere Menschen kümmern.
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Eine weitere Analyse der Engagementbereiche der Bevölkerung insgesamt und der Menschen
im Alter von über 65 Jahren stellt die Bereiche Kirche/Religion, sozialer Bereich, Sport und
Bewegung, Kultur/Musik, Freizeit/Geselligkeit als die großen Engagementbereiche der Älteren
heraus, gefolgt von den Bereichen Umwelt/Tierschutz, Gesundheit, Politik/ Interessenvertretungen und lokales Bürgerengagement.
Insgesamt stellt die ältere Bevölkerung eine wichtige Ressource für alle gesellschaftlichen Bereiche dar. Es gilt deshalb diese Ressource zu erhalten und Menschen aller Altersgruppen auch
für neue Aufgaben zu gewinnen, die altersübergreifenden Begegnungen zu fördern und das
jeweilige Engagement durch entsprechende Strukturen zu stärken.
Bürgerschaftliches Engagement in Kirchheim unter Teck
In Kirchheim unter Teck hat das Bürgerengagement der älteren Bevölkerung in den unterschiedlichen Vereinen, Initiativen, Organisationen, in der Politik und im Bereich Sozialer Tradition. Es gibt vielfältige Möglichkeiten, sich ehrenamtlich zu engagieren.
In den vergangenen Jahren haben sich neben den verschiedenen Formen des traditionellen
Ehrenamtes neue bürgerschaftlich orientierte freiwillige Tätigkeitsfelder entwickelt. In Bezug
auf das Thema Älterwerden sind zwei Faktoren zentraler Bestandteil der Weiterentwicklung:
Das von der Stadt mit Bürgern auf den Weg gebrachte Bürgerbüro und die in der Verwaltung
eingerichtete Fachstelle Bürgerengagement.
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Die Fachstelle Bürgerengagement ist aus der Arbeit mit älteren Menschen hervorgegangen.
Inzwischen hat sie sich zu einem zentralen Element in der Förderung und Würdigung sowie in
der Vernetzung aller Bereiche des bürgerschaftlichen Engagements entwickelt. So wurden
2003 die "Kirchheimer Grundsätze für bürgerschaftliches Engagement" erarbeitet, die im
Rahmen des "Kirchheimer Schulterschlusses" als Leitlinien von verschiedenen Vereinen, Organisationen und Selbsthilfegruppen anerkannt werden. Zu den Kernaufgaben der Fachstelle
gehört es zudem, immer wieder Impulse für neue Engagement- und Beteiligungsmöglichkeiten
zu setzen.
Die Kirchheimer Konzeption für das bürgerschaftliche Engagement benennt drei Bausteine:
1. Vernetzung
Die Fachstelle Bürgerengagement ist Ansprechpartnerin für Vereine und Initiativen zu allen
Fragen rund um das Thema Bürgerengagement (Ehrenamt, Freiwilligenarbeit, Selbsthilfe) und
initiierte die "Kirchheimer Grundsätze des bürgerschaftlichen Engagements". Im "Kirchheimer
Schulterschluss" unterzeichneten zahlreiche Einrichtungen, Vereine und Initiativen eine gemeinsame Leitlinie für Bürgerschaftliches Engagement. Diesem "Schulterschluss" können weitere Einrichtungen beitreten. Vernetzung geschieht auch durch Veranstaltungen wie den Präsentationstag Bürgerschaftliches Engagement oder die Messe Älterwerden, bei der sich auch
vielfältiges freiwilliges Engagement von Älteren und für Ältere darstellt und damit ins Bewusstsein rückt.
2. Förderung bürgerschaftlichen bzw. zivilgesellschaftlichen Engagements
Bürgerbeteiligung und freiwilliges Engagement finden im Konzept der Zivilgesellschaft ein gemeinsames Dach. Im bürgerschaftlichen bzw. zivilgesellschaftlichen Engagement verbinden
sich Ehrenamt, Selbsthilfe und Freiwilligentätigkeit mit den verschiedenen Formen der Bürgerbeteiligung. Wenn man unter der Förderung bürgerschaftlichen Engagements sowohl freiwilliges Engagement von Bürgern in sämtlichen Bereichen als auch Beteiligung von Bürgern an
politischem und administrativem Handeln versteht, zeichnen sich zwei Handlungsfelder ab:
Die Förderung und Ermöglichung konkreten Engagements im lokalen Raum und die Schaffung
von Beteiligungsstrukturen.
Ein zentraler Baustein der konkreten Förderung freiwilligen Engagements ist die „Bürgeragentur", eine neutrale Anlaufstelle für Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren möchten. Im
Rahmen der Bürgeragentur bietet die Stadt individuelle Beratung an, um die richtige, den persönlichen Neigungen und Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit zu finden. Schlussendlich soll
jeder, der sich freiwillig in gesellschaftliche Belange einbringen möchte, dies in einem Feld und
auf eine Art und Weise tun, die ihm sinnvoll erscheint und Freude bereitet. Für die Vermittlung
wurde ein Katalog mit Kirchheimer Möglichkeiten des Engagements zusammengestellt. Er
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gibt Interessierten einen Überblick über die Vielfalt der Angebotslandschaft und bietet nach
Bereichen sortierte Orientierungshilfe.
Ein zweites Element der Förderung bürgerschaftlichen Engagements ist die Qualifizierung. Je
nach Bedarf bietet die Fachstelle Bürgerengagement Kurse und Fortbildungsangebote für Bürgerschaftlich Engagierte an oder vermittelt in solche. Im Januar 2012 startete der neuartige
Qualifizierungskurs "Menschen als Projektwerker" für Interessierte, die sich ehrenamtlich für
Projekte engagieren wollen. An der Profilierung und der Durchführung des Kurses sind Bürgermentoren und Partner aus dem "Schulterschluss" beteiligt.
Die Partizipation der Bürger an Projekten im Bereich Soziales ist sowohl im Rahmen von Einzelaktionen als auch über längere Projektprozesse schon seit langem angelegt. Dies wird der
oben genannten Entwicklung gerecht, dass sich Menschen nicht mehr an ein längerfristiges
Engagement binden wollen. Eine Kirchheimer Besonderheit ist die Initiierung von Bürgerausschüssen, die Projekte oder Planungen über einen bestimmten Zeitraum hinweg begleiten.
Beispielsweise wurde ein Bürgerausschuss zur Begleitung und Beratung der kommunalen Altenhilfeplanung eingerichtet. Auch die Planung und Durchführung des Qualifizierungskurses
"Menschen als Projektwerker" in 2012 ist ein partizipativer und kooperativer Prozess. Engagierte Bürger (die Bürgermentoren) sind in die Konzipierung und Planung des Kurses eingebunden. Ihre Erfahrungen, Meinungen und ihr tatkräftiges Mitgestalten sind eine wertvolle Bereicherung des kommunalen Handelns. Ein Gremium ähnlich der Struktur eines Stadtseniorenrates als eine Beteiligungsinstanz speziell für die ältere Einwohnerschaft gibt es bislang nicht.
Die Institutionalisierung eines solchen Gremiums wurde im Rahmen dieser Altenhilfeplanung
auf den Weg gebracht (Forum Älterwerden).
3. Würdigung und Anerkennung
Eine weitere wichtige kommunale Aufgabe ist, das bürgerschaftliche Engagement in seiner
ganzen Vielfalt zu würdigen. Dies geschieht durch einzelne Aktionen, wie beispielsweise die
Fotoaktion „1050 Gesichter – Bürgerschaftliches Engagement im richtigen Licht" aus dem
Jahr 2010, verschiedene Dankeschön-Veranstaltungen (Ehrenamtstag, Sommernachtskino,
Dankeschön-Scheckheft, jährlicher Tag des Ehrenamts - alle zwei Jahre gemeinsam mit der
Verleihung der Kirchheimer Bürgermedaille).
Für die glaubwürdige Engagementförderung ist eine dialogorientierte Haltung der professionellen Engagementförderer ebenso wichtig, wie die konkrete Würdigung durch kulturelle Veranstaltungen. Bürger mit ihren Anliegen und unterschiedlichen Motiven ernst zu nehmen und mit
ihnen gemeinsam in einen Prozess der Gemeinwesenentwicklung einzutreten, ist ein ebenso
zentrales Moment der Anerkennung, das auf indirekte Weise Wirkung entfaltet. Verwaltungshandeln muss folglich transparent, offen und einladend zur Mitwirkung sein.
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Bürgerschaftliches Engagement insgesamt und in besonderem Maße engagierte Ältere reagieren sensibel auf die Haltung von Verwaltung und Politik gegenüber zivilgesellschaftlichem Engagement. Nicht nur der grundsätzlich wertschätzende Umgang auf "Augenhöhe" muss
durchgängig spürbar sein. Eine Bürgerkommune braucht, neben den niedrigschwelligen Zugangsmöglichkeiten, einen leichten Zugang zu Informationen, ein aktives und initiatives Handeln der Personen aus Verwaltung und Politik auf der Basis der vereinbarten Grundsätze des
bürgerschaftlichen Engagements. Dies schafft eine neue Basis des sich verantwortlich Fühlens
für ein gelingendes Miteinander in der Stadt.
Politische Partizipation
Interessenvertretung für Senioren
Im vielen Städten haben sich im Laufe der letzten 10 Jahre Seniorenräte etabliert. In Kirchheim unter Teck ging man bislang einen anderen Weg. Ältere Menschen brachten ihre Anliegen auf ganz verschiedenen Wegen vor. Die Forderung nach einem Stadtseniorenrat wurde in
Anbetracht der bestehenden Beteiligungsmöglichkeiten nie ernsthaft diskutiert.
Seniorenarbeitskreis (bis Anfang der 90iger Jahre)
Zusammensetzung: Vertreter aus den Seniorenkreisen, der Freien Wohlfahrtspflege und Kirchen sowie StadträtInnen aus allen Fraktionen.
Arbeitsweise: Regelmäßige Treffen mit der Stadtverwaltung zum Erfahrungsaustausch und zu
Planungsgesprächen bzw. zur Durchführung von Seniorenangeboten.
Bürgerausschuss I (Anfang der 90iger Jahre)
Zusammensetzung: Ausgewählte Bürgerinnen und Bürger ab 60 Jahren mit unterschiedlichem
Erfahrungshintergrund.
Arbeitsweise: Begleitung der Initiative 3. Lebensalter (Modellprojekt des Landes) und weiterer
Modellvorhaben. Entwicklung und Inbetriebnahme des Bürgerbüros als eines der ersten Seniorenbüros im Land. Austausch zu Themen der Altenhilfeplanung.
Bürgerbüroteam/Bürgerbürobeirat (seit Mitte der 90iger Jahre)
Zusammensetzung: Engagierte Senioren
Arbeitsweise: Planung und Durchführung von Bürgerschaftlichem Engagement, Senioren-
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dienstleistung, Bildung sozialer Netzwerke. Inhaltliche Auseinandersetzung mit der Kommune
und Übernahme von Verantwortung in sozialen Projekten.
Bürgerausschuss II (seit 2010)
Zusammensetzung: Ausgewählte Bürgerinnen und Bürger (z.T. mit Migrationshintergrund).
Arbeitsweise: Regelmäßige Treffen zur Begleitung der Altenhilfeplanung. Initiierung von Projekten und Angeboten
Zu Beginn der Zusammenarbeit formulierte der Bürgerausschuss u.a. eine Bedarfsanzeige für
die Einrichtung eines Stadtseniorenrates oder eines Gremiums, das sich für die Belange und
Anliegen der Älteren einsetzt und die Funktion des Sprachrohrs und der Vertretung der älteren
Menschen in Kirchheim unter Teck wahrnimmt. In die Überlegungen dazu wurden auch Vertreter des Bürgerbüros (das eine zentrale Drehscheibe und ein Treffpunkt für ältere Menschen
in der Stadt darstellt) und des Vereins buefet einbezogen. Nach der Anhörung des Vorsitzenden des Kreisseniorenrates und des Landesseniorenrates wurde beschlossen, das "Forum Älterwerden" zu gründen, da wesentliche Aufgaben eines Stadtseniorenrates nach wie vor
durch vorhandene Einrichtungen/Foren abgedeckt werden.
Ziel des „Forum Älterwerden" ist es, eine Vernetzung der Einrichtungen und Angebote insbesondere im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements mit dem Fokus auf das Älterwerden
zu ermöglichen sowie sich über aktuelle Entwicklungen in der Altenhilfe auszutauschen, neue
Bedarfe zu definieren und Wege zu erörtern, um diese dann zeitnah umzusetzen. Gleichzeitig
ist das Forum Älterwerden eine Möglichkeit der politischen Auseinandersetzung, mit der
Chance, Anliegen an die Verwaltung und an die Politik heranzutragen.
Die Treffen sollen zukünftig zweimal jährlich stattfinden. Die Geschäftsstelle hat das Amt für
Familie und Soziales inne.
Aufgrund der praxisnahen Ausrichtung bleibt der Teilnehmerkreis für weitere Kooperationspartner geöffnet. Dies ermöglicht dem Forum, anlass- und themenbezogen weitere Institutionen oder auch Einzelpersonen in die Sitzungen einzuladen.
Bedarf
Die schriftliche Bestandserhebung, die Gespräche mit Experten und Schüsselpersonen und die
Aktionen im Rahmen der Experten- und Bürgerbeteiligung bestätigen, dass Kirchheim unter
Teck ein starkes bürgerschaftliches Engagement hat, auf das angebots- oder einrichtungsbezogen zurückgegriffen werden kann.
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Aktives Altern
Aufgrund der gesellschaftlichen Veränderungen und der Bedeutung von bürgerschaftlichem
Engagement und Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene ist die Organisation und Entwicklung dieser Felder umfangreicher und anspruchsvoller geworden. Daher muss jeder Verwaltungsbereich seinen fachlichen Umgang vor diesem Hintergrund prüfen und Bürger orientiert
aufstellen. Darüber hinaus fehlt es in der Verwaltung an einer klar wahrnehmbaren Stelle Bürgerengagement und Bürgerbeteiligung mit deutlich definierten Querschnittsaufgaben, die eine
koordinierte Engagementförderung, eine neue Beteiligungskultur und deren Weiterentwicklung
in enger Abstimmung mit der Verwaltungsspitze sowie den Fachbereichen betreibt. Diese
Entwicklungsarbeit für die Zukunft der Kommune betrifft das gesamte Lebensspektrum der
Bürgerinnen und Bürger. In hohem Maße hat sie Auswirkungen auf die Lebensqualität der älteren Generationen. Es geht darum, eine in die Zukunft weisende Dimension von bürgerschaftlichem Engagement und Bürgerbeteiligung zu erreichen, wobei möglichst viele Bürgerinnen und
Bürger mitgenommen werden müssen.
Die projektbezogene Einbindung der Bürger durch die Stadt im Rahmen von Einzelaktionen
oder auch über längere Projektprozesse wird insgesamt positiv bewertet und sollte beibehalten werden. Sie ist allerdings noch in zu geringem Ausmaß vorhanden und abgesehen von
gesetzlich vorgegebenen Formen in der Verwaltung noch zu wenig ausgeprägt. Hier ist eine
zeitnahe Weiterentwicklung erforderlich.
Durch den Dialog der Stadt mit der älteren Generation bzw. den Vertretern der verschiedenen
Einrichtungen scheint ein Stadtseniorenrat derzeit nicht notwendig.
Es wird empfohlen, das „Forum Älterwerden" im Sinne einer Plattform für bürgerschaftliche
Partizipation in die bestehenden Altenhilfestrukturen zu integrieren und einen Austausch mit
anderen bestehenden Gremien (Altenhilfekonferenz) zu ermöglichen.
Weiter wird empfohlen, Vertreter des „Forum Älterwerden" in altersrelevante städtische Planungen einzubeziehen. Eine Anerkennung des Forums als Interessenvertretung der Senioren
seitens der Bürgerschaft und der Stadtverwaltung ist wünschenswert. Eine Satzung existiert
derzeit nicht, sollte aber angefertigt werden.
Ein künftiger Bedarf für einen Stadtseniorenrat muss von Vertretern der entsprechenden Generation selbst formuliert, initiiert und getragen werden.
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Maßnahmen
Politik und Verwaltung positionieren bürgerschaftliches Engagement und Bürgerbeteiligung
als tragende Säulen einer funktionierenden Stadtgesellschaft
Entwicklung eines Leitbildes "Bürgerkommune Kirchheim unter Teck"
Erstellen
eines Konzepts zu Ausbau und Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements
und der Bürgerbeteiligung
Verbesserte personelle Ausstattung der Fachstelle Bürgerengagement
alternativ: Schaffung einer neuen Organisationseinheit bürgerschaftliches Engagement und Bürgerbeteiligung innerhalb der Stadtverwaltung
Ergänzende Verankerung von bürgerschaftlichem Engagement und Bürgerbeteiligung
in der Stadtverwaltung, z.B. durch Einrichten eines Fachverantwortlichen in jedem
Geschäftskreis mit entsprechendem Stellenanteil
Bürgerschaftliches Engagement über alle Generationen und Lebensbereiche hinweg fördern
Ausstattung der Fachstelle Bürgerengagement mit einem jährlichen ProjektmittelBudget
Werbung für den Beitritt weiterer Institutionen zum "Kirchheimer Schulterschluss"
Organisation von Projekten zwischen Jung und Alt ausbauen
Aufstockung der Mittel für die Honorierung des bürgerschaftlichen Engagements
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Aktives Altern
In
Kirchheimer Unternehmen unter Beteiligung der Stabsstelle Wirtschaftsförderung für
mehr soziale Verantwortungsübernahme werben (Corporate Social Responsibility) und bürgerschaftliches Engagement von Unternehmen voranbringen (Corporate Citizenship)
Ausbau und weitere Unterstützung von Bürgerbeteiligung
Beibehaltung der Beteiligung in der Form von Bürgerausschüssen
Implementierung des Gremiums "Forum Älterwerden": Anerkennung des Forums als
Interessensvertretung der Senioren von Seiten der Bürgerschaft und der Stadtverwaltung; Bestandsaufnahme/Auswertung der Arbeit nach 2-3 Jahren
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Kapitel 3
Beratung und Information
Beratung
Information, Beratung und Vermittlung sind wichtige Bausteine der Altenhilfeinfrastruktur vor
Ort. Eine gute Information und Beratung im Vorfeld und in der Situation der Hilfebedürftigkeit
unterstützt Betroffene und Angehörige. Sie ermöglicht eine qualitativ wertvolle, vernetzte und
effiziente Hilfeplanung und Begleitung. Die Informationen über die Angebote sollten transparent und barrierefrei dem Nutzer zur Verfügung stehen.
Insbesondere niederschwellige und allgemeine Beratungsangebote werden hier in der Zukunft
an Bedeutung gewinnen, da auch die gezielte Vorbereitung auf das Alter und das Älterwerden
immer mehr in das Bewusstsein der Menschen rückt. Hiermit verbunden ist die Hoffnung,
Tendenzen wie zunehmende Vereinsamung älterer Menschen und Anstieg altersbedingter
Krankheiten frühzeitig entgegenzuwirken.
Spezialisierte Beratungsstellen werden meistens erst bei konkret vorliegendem Hilfebedarf
aufgesucht. Für ältere Menschen, die zum Beispiel einen Unterstützungs- oder Pflegebedarf
haben, sind die entsprechenden Beratungsstellen oft die erste Stelle, an der sie über ihre Situation und die Möglichkeiten der Unterstützung sprechen können.
Bestand
In Kirchheim unter Teck gibt es eine Vielzahl von Beratungsstellen, die mit unterschiedlichen
Schwerpunkten beraten. Hier finden sich allgemeine Sozial- und Lebensberatungsstellen, allgemeine Anlaufstellen sowie Fachberatungen zu speziellen Aspekten des Älterwerdens.
Durch die gesetzlichen Neustrukturierungen der Beratungsangebote zu Pflege und Versorgung
im Jahr 2009 haben sich insbesondere in diesem Bereich einschneidende Veränderungen ergeben: Anbieter in Kirchheim unter Teck sind nun neben den ambulanten Diensten, den Pflegeheimen, dem Krankenhaus-Sozialdienst auch die Pflegekassen sowie seit 2010 der Pflegestützpunkt.
Gesetzlich verankerte Beratungsaufgaben haben vorrangig die Pflege- und Krankenkassen
(Pflegeberatung) und die Pflegestützpunkte.
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Beratung und Information
Übersicht der Beratungsangebote zum Thema Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Name
Schwerpunktthemen
Pflegestützpunkt
Kirchheim unter Teck
im Haus der Sozialen
Dienste
- allgemeine Beratung zu Themen
des Älterwerdens
- Lotsenfunktion
- Informationen zu gesetzlichen
Leistungen
- bei Bedarf Hilfestellung bei der
Organisation und Inanspruchnahme von Leistungen
- Beratung für pflegende
Angehörige
Ältere Menschen
- Beratung, Unterstützung und
Begleitung von Menschen mit
psychischen Erkrankungen im
Alter
- Alzheimer-Sprechstunde
Menschen ab 65 Jahren mit gerontopsychiatrischen Erkrankungen
Sozialpsychiatrischer
Dienst für alte Menschen – SOFA
mit Sitz in Nürtingen
Zielgruppe
Pflegebedürftige und von Pflegebedürftigkeit bedrohte Menschen
Menschen mit Behinderung
Angehörige
Berater und Multiplikatoren
Angehörige
Nutzerstruktur bei der Inanspruchnahme der Beratungsstellen – Auswertung der Statistiken
Die Nutzerstruktur der Beratungsstellen ist aufgrund der unterschiedlichen Angebote und der
oft nicht differenzierten Dokumentation der unterschiedlichen Merkmale nicht vergleichend
darstellbar. Insgesamt gesehen ist jedoch folgendes festzustellen:
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-
Beim Thema Pflege und Hilfebedürftigkeit sind es grundsätzlich überwiegend Frauen,
die sich beraten lassen, sowohl als Betroffene als auch als pflegende Angehörige. Ihr
Anteil liegt zwischen 50 und 80 Prozent.
-
Je nach Anbieter und Beratungsstelle ist das Klientel hinsichtlich der sozialen und
finanziellen Situation unterschiedlich, dasselbe gilt für die Altersstruktur.
-
Insgesamt nimmt der Anteil der Nutzer zwischen 65 und 85 Jahren kontinuierlich zu.
-
Die Altersgruppe ab 85 Jahren nimmt die Informations- und Beratungsangebote seltener wahr.
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Bedarf
Der aktuelle Bestand an Beratungsstellen und -angeboten ist an die derzeitige Situation angepasst. Insbesondere die Vielfalt und die zahlreichen Fachberatungen zu bestimmten Schwerpunktthemen werden positiv gesehen und müssen erhalten bleiben. Die personelle Ausstattung und die diesbezüglichen Bedarfslagen in den einzelnen Beratungsstellen wurden im Rahmen dieses Plans nicht erhoben. Eine fundierte Aussage kann im Folgenden deshalb nur zur
Situation im Pflegestützpunkt getroffen werden.
Die Eröffnung des Pflegestützpunktes im Herbst 2010 hat eine Lücke im Kirchheimer Beratungsnetz geschlossen. Als einzige neutrale Beratungsstelle für Pflegebedürftige oder von
Pflegebedürftigkeit bedrohte Menschen und ihre Angehörigen bietet der Pflegestützpunkt neben Informationen zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen und lokalen Unterstützungs- und
Versorgungsangeboten auch Hilfestellung bei der Organisation und Inanspruchnahme der Leistungen (Case Management).
Das Beratungsangebot des Pflegestützpunktes wird von den Kirchheimer Bürgern gut angenommen. In seiner Lotsenfunktion hilft der Pflegestützpunkt einen passenden Weg durch das
vielfältige Angebot an Leistungen und Diensten bei Hilfe- und Pflegebedürftigkeit zu finden.
Bei Bedarf ist er auch vermittelnd tätig und leitet über zur Pflegeberatung durch die Pflegekassen oder zu spezialisierten Fachdiensten. Die Flexibilität des Beratungsangebotes ist durch
offene Sprechstunden, Terminvereinbarungen und Hausbesuche gegeben.
In der Nutzerstruktur zeigt sich, dass tendenziell eher Angehörige als Betroffene selbst das
Beratungsangebot nutzen. Aufgrund der zu erwartenden zunehmenden Anzahl an älteren und
auch hilfebedürftigen Menschen auf der einen Seite und gleichzeitigem Rückgang der Unterstützung durch Angehörige vor Ort (weil entweder keine Angehörigen da sind oder diese zu
weit entfernt wohnen) wird die Tätigkeit des Pflegestützpunktes weiter an Bedeutung gewinnen. Hier zeichnet sich ein Bedarf ab, der über eine Lotsenfunktion hinausgeht: Die Zunahme
an persönlicher Betreuung und konkreter Hilfeleistungen bei der Organisation der Pflegesituation im Sinne von Fallbegleitungen und Fallsteuerungen. Dafür ist der momentane Personalbestand allerdings nicht ausreichend.
Eine weitere Aufgabe des Pflegestützpunktes ist die Koordination, Vernetzung und Weiterentwicklung der örtlichen Angebote (Care Management). Durch die Einbindung des Pflegestützpunktes in die lokale und regionale Gremienstruktur ist die Vernetzung mit Einrichtungen
und Diensten der Altenhilfe vorhanden. Auf der einzelfallbezogenen Ebene wird die Vernetzung der Hilfen und Leistungserbringer vom Pflegestützpunkt bei Bedarf in die Wege geleitet.
Der Pflegestützpunkt sollte sich vermehrt der Öffentlichkeitsarbeit annehmen: Zum einen um
sein individuelles Beratungsangebot in Kirchheim unter Teck bekannter zu machen, zum
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Beratung und Information
anderen um durch alternative Veranstaltungsformen zusätzlich zur Einzelfallberatung die Beratungsinhalte und Informationen zu vermitteln. Der konsequenten Umsetzung dieser Ansätze
sind durch die derzeitige personelle Kapazität Grenzen gesetzt.
Der Pflegestützpunkt muss als Angebot auf Dauer gesichert werden.
Maßnahmen
Dauerhafte Absicherung des PSP als umfassende und neutrale Beratungsstelle
Personalausstattung dem steigenden Beratungs- und Fallmanagementbedarf anpassen
Kontinuierliche Informations- und Öffentlichkeitsarbeit durch den Pflegestützpunkt
Regelmäßiges Aktualisieren von Informationsmaterial bzw. -medien zu örtlichen Hilfsangeboten
Verstärkung der speziellen Informationen und der Beratung für Menschen mit Migrationshintergrund
Übersetzung der Materialien in die wichtigsten Fremdsprachen
Regelmäßige Informationsgespräche in den Migrantenselbstorganisationen
Ausbildung von ehrenamtlichen Brückenbauern mit Zweitsprache
Ehrenamtliche Beratungshelfer mit Zweitsprache im Pflegestützpunkt und dem erweiterten Beratungsangebot des Vereins buefet (z.B. Wohnberatung)
Wohnberatung ausbauen und an den steigenden Bedarf anpassen
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Informationszugänge
Ergänzend zum persönlichen Beratungsangebot sollten Informationen über kommunale Angebote auf unterschiedlichen Wegen zum Bürger gelangen. Üblich sind hier Veranstaltungshinweise über die Tagespresse, die Nutzung der neuen Medien als Informationsplattform oder
themenspezifische Printmedien.
Bestand
Im Rahmen der Altenhilfeplanung wurde der Bedarf an einer umfassenden Senioreninformationsbroschüre festgestellt. Auch der beteiligte Bürgerausschuss meldete ein Defizit bei Informationsmaterialien, die themenübergreifend das Gesamtangebot darstellen. Die Broschüre
"Gut informiert Älter werden" wurde im Frühjahr 2011 veröffentlicht und steht seitdem den
Kirchheimer Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung. Ziel der Broschüre ist es, das Angebot
zum Thema "Älterwerden" in Kirchheim unter Teck in allen Facetten sowie Hilfsangebote der
verschiedenen Leistungserbringer übersichtlich und gebündelt darzustellen.
Im Rahmen der Demenzkampagne ist die Broschüre "Miteinander Leben - mit Demenz dazugehören – Informationen und Tipps für Angehörige, Freunde und Nachbarn" entstanden, die
auf die Hilfeangebote für demenziell Erkrankte in der Stadt hinweist und umfassend über die
Krankheit informiert.
Als Informationsmedium wird die Homepage der Stadt Kirchheim in zunehmendem Maße auch
von älteren Bevölkerungsgruppen genutzt. Deshalb müssen auch dort die Angebote rund um
das Thema Älterwerden nutzerfreundlich und barrierefrei dargestellt werden.
Bedarf
Im Bereich der Informationsvermittlung und Öffentlichkeitsarbeit wird ein weiterer Bedarf gesehen. So hat auch die Arbeit mit dem Bürgerausschuss ergeben, dass in Kirchheim unter
Teck eine große Angebotsbreite vorhanden ist, es für den Bürger jedoch schwierig ist, umfassend an entsprechende Informationen heranzukommen. Viele Einrichtungen oder Vereine veröffentlichen ihre Veranstaltungen über eigene Programmflyer oder -broschüren, oder nutzen
den eigenen Internetauftritt. Eine gebündelte, themenspezifische Darstellung aller Angebote
und Veranstaltungen kann es dem Bürger erleichtern, das für ihn Passende zu finden.
Die Seniorenbroschüre ist hier ein Schritt in die richtige Richtung. Diese muss jedoch regelmäßig aktualisiert und an die sich verändernden Angebote und Themen angepasst werden.
Aus Gründen der Übersichtlichkeit und der damit verbundenen besseren Nutzbarkeit für ältere
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Beratung und Information
Menschen sollte die Seniorenbroschüre in Zukunft werbefrei gestaltet sein.
Ergänzend wird empfohlen, weitere, ggf. jährlich oder halbjährlich erscheinende Übersichten
mit Themenschwerpunkten angelehnt an die Demenzbroschüre zu veröffentlichen (z.B. Sportangebote für Ältere, Demenzveranstaltungen, etc.).
Der Internetauftritt der Stadt sollte stärker als Informationsplattform genutzt und beständig
aktualisiert werden, um das bestehende Angebot zu publizieren. Wichtig ist in diesem Zusammenhang einen barrierefreien Zugang zu erhalten.
Es wird ein Bedarf auch in der konzeptionellen Herangehensweise an das Thema Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Kirchheim unter Teck gesehen. Insbesondere die neuen Medien nehmen
im täglichen Leben eine immer größer werdende Rolle ein. Der Nutzerkreis des Internets wird
auch unter den älteren Menschen in den nächsten Jahren stetig zunehmen. Mittelfristig ist
damit zu rechnen, dass die Informationsvermittlung über das Internet einen deutlich höheren
Stellenwert bekommt, als die Publikation über Printmedien wie Broschüren oder Flyer. Hier ist
ein Umdenken erforderlich. Im Moment liegt der Fokus der Öffentlichkeitsarbeit auf der Erstellung von Flyern oder Broschüren, der Internetauftritt wird nach Bedarf angepasst. Zukünftig
sollte der Schwerpunkt auf dem Internetauftritt liegen, Broschüren und Flyer könnten auf direkte Nachfrage ausgedruckt werden.
Gelder, die in den Druck und die grafische Umsetzung solcher Medien fließen, sollten langfristig in einen benutzerfreundlichen Internetauftritt investiert werden. Das Internet bietet die
Möglichkeit, kostengünstig viele Informationen zu bündeln und dem Bürger übersichtlich, nach
seinen Bedürfnissen, zu präsentieren. Entsprechende Gelder für eine Neukonzeption der Öffentlichkeitsarbeit und insbesondere des Internetauftritts und die regelmäßige Pflege und Aktualisierung der Homepage sollten bereitgestellt werden.
Mehrsprachige Informationsmaterialien lagen zum Erhebungszeitraum nur teilweise vor. In
Anbetracht der Tatsache, dass in den kommenden Jahren mit einer Zunahme an älteren
Migranten zu rechnen ist (vgl. Kapitel 8) sollten vorhandene und zukünftige Informationsmaterialien unter interkulturellen Aspekten angelegt sein. Es wird empfohlen, Informationsmaterialien entsprechend zu konzipieren und in etablierte Fremdsprachen zu übersetzen (z.B. türkisch,
russisch, italienisch, etc).
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Maßnahmen
Öffentlichkeitsarbeit laufend überprüfen und an sich verändernde Bedürfnisse der Zielgruppen anpassen
Aktualisierung/Neuauflage des Seniorenwegweisers "Gut informiert älter werden"
Regelmäßige Aktualisierung/Neuauflage der Demenzbroschüre "Miteinander Leben mit Demenz dazugehören – Informationen und Tipps für Angehörige, Freunde und
Nachbarn"
Themenspezifische Veröffentlichungen (z. B. Veranstaltungsheft Demenz, Sportangebote für Senioren) zeitnah umsetzen
Internetauftritt der Stadt Kirchheim unter Teck verstärkt als Informationsplattform nutzen
Konzeptionelle Überarbeitung der Informationsvermittlung für Menschen mit Migrationshintergrund
Informationsmaterialien in verschiedene Fremdsprachen übersetzen
Muttersprachliche Informationsveranstaltungen für Menschen mit Migrationshintergrund konzipieren
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Kapitel 4
Kapitel 4
Leben und Wohnen in der Stadt
Die Aufrechterhaltung selbständigen und selbstbestimmten Wohnens ist auch bei körperlichen
Einschränkungen bis ins hohe Alter der mehrheitliche Wunsch der Bevölkerung. Aufgabe und
Ziel einer kommunalen Altenhilfeplanung ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es ermöglichen, solange wie möglich in der eigenen Wohnung zu verbleiben.
Die Bedeutung des Wohnens in der Lebensphase ab dem Rentenalter ist vor allem durch die
zumindest statistische Tatsache geprägt, dass ältere Menschen einen großen Teil ihres Alltags
zu Hause verbringen. Dies erfordert von Seiten der kommunalen Sozial- und Stadtplanung zukunftsorientierte Konzepte, die sich aus den lokalen Gegebenheiten ableiten müssen.
Neben der demografischen Entwicklung (Anstieg des Anteils der älteren Bevölkerung, vgl.
Kapitel 1 Demografische Entwicklung) sind weitere Entwicklungen zu konstatieren, die bei
einer integrierten Stadt- und Sozialplanung kurz- und mittelfristig berücksichtigt werden müssen:
72
-
Die Lebenslagen und Lebensstile der Senioren sind höchst unterschiedlich. Wohnen sie
in Miete oder im Eigentum? Wohnen und leben sie allein oder nicht? Ist ein soziales
Netzwerk vorhanden? Wie ist der Aktions- oder Mobilitätsradius? Ist der Lebensstil
eher städtisch geprägt oder auf den Gemeindeteil bezogen? Diese Unterschiedlichkeiten wurden in neueren Studien nachgewiesen.
-
Von Seiten der Generation 50+ lässt sich ein gesteigertes Interesse an neuen Wohnformen, die beispielsweise gemeinschaftlich orientiert sind, feststellen; neue Projekte
wurden bisher jedoch eher in Großstädten und Städten mittlerer Größe umgesetzt. Die
meisten dieser Projekte wurden durch Bauträger und/oder kommunale Beratung unterstützt.
-
Die Anzahl der Menschen, die auf keine familiäre Unterstützung und Pflege zurückgreifen können, wird steigen. Dies wird zur Konsequenz haben, dass nachbarschaftliche
und kommerzielle Dienstleistung an Bedeutung gewinnen, wobei sich dies sowohl auf
die alltäglichen Hilfen als auch auf die pflegerische Betreuung bezieht.
-
Mittelfristig wird der Anteil der älteren Menschen, die materiell gut bis zufriedenstellend ausgestattet sind, abnehmen. Es ist bereits heute schon sichtbar, dass die Altersarmut zunimmt. Deshalb muss bei den Mietwohnungen und dem Wohnen für Bedarfsgruppen mit altersbedingten Einschränkungen sowie Betreuungs- und Pflegebedarf dar-
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
auf geachtet werden, dass sie auch von finanziell schwächeren Bevölkerungsgruppen
bezahlbar sind.
Standards für ein seniorengerechtes Wohnen und Wohnumfeld
Ältere Menschen in ganz unterschiedlichen Lebenslagen benötigen senioren(bedarfs)gerechten
Wohnraum und ein Wohnumfeld, das nicht nur barrierefrei ist, sondern auch nachbarschaftliche und Kontakte in Gemeinschaften zulässt bzw. fördert. Ein Mix an unterschiedlichen
Wohntypen in Verbindung mit nachbarschaftlichem, hauswirtschaftlichem und pflegerischem
Angebot, Wohngemeinschaften für ältere Menschen mit besonderen Krankheitsbildern (z.B.
Demenz WG), intergeneratives Wohnen, betreute Wohnangebote und schließlich auch stationäre Pflegeeinrichtungen in der Nähe des angestammten Quartiers tragen diesen Bedarfsentwicklungen Rechnung. Die Kriterien für ein altersgerechtes, der Lebensphase angepasstes
Wohnen und Wohnumfeld sind im Folgenden genannt. Sie sollten bei Neu- und Umplanungen
beachtet werden.
Wohnstandard
Um möglichst lange zu Hause wohnen bleiben zu können, muss die Wohnung dafür geeignet
sein oder angepasst werden. So ist beispielsweise das Badezimmer in vielen Wohnungen nicht
barrierefrei. Durch einfache Hilfsmittel sind Erleichterungen im Alltag möglich.
Außerhalb der Wohnungstüre ist bei Planungen oder Umbauten die barrierefreie Zugänglichkeit
und Erreichbarkeit zu beachten und wenn möglich nachzurüsten.
Die planerischen Grundlagen enthalten die beiden DIN-Normen 18025 und 18024; weitere
Hinweise für seniorengerechtes Wohnen und Wohnumfeld gibt es in zahlreichen Checklisten
und Broschüren. Für eine individuelle Beratung zum Thema seniorengerechtes Wohnen ist das
Angebot einer Wohnberatung sinnvoll und bewährt.
Standards Wohnraum
-
Barrierefreies Planen und Bauen
-
Anpassung vorhandenen Wohnraums
-
Schaffung von altengerechtem Wohnraum
-
Wohnanpassungsmaßnahmen oder Neubauten sind so zu gestalten, dass der Wohnraum flexibel (von allen Generationen und Bedarfsgruppen) bewohnt werden kann
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73
Leben und Wohnen in der Stadt
-
Kriterien für altengerechten Wohnraum (Lage des Wohngebäudes, Anforderungen an
das Wohngebäude, Größe der Wohnung, Gestaltung des Gebäudes)
Vielfalt an Wohnformen
Bei Neubauten muss darauf geachtet werden, dass die Wohnangebote wechselnden Lebensphasen, der Vielfalt der Lebenssituationen sowie den Bedürfnissen im Alter und bei Behinderung gerecht werden. Dazu gehört eine Durchmischung der Wohnformen unter Beachtung der
demografischen Aspekte.
Soziale Netzwerke
Soziale Netzwerke sind ein wesentlicher Bestandteil der Lebensqualität, sie sind für die Sicherung und Aufrechterhaltung einer selbständigen Lebensführung von zentraler Bedeutung. Vor
allem das enge private soziale Netz (Verwandtschaft, Freundeskreis) erfährt im Hilfe- und Pflegefall einen enormen Bedeutungszuwachs, allerdings sind auch Themen wie Nachbarschaft,
Zusammenleben von Jung und Alt, Wohnen in Wahlverwandtschaften zunehmend wichtige
Bausteine, um im Bedarfsfall eine gut verankerte Unterstützung zu ermöglichen.
Sicherstellung der bedarfsgerechten Infrastruktur
Die Situation und Ausgestaltung des Wohnumfeldes bestimmen ebenfalls, inwieweit im Alter
Unabhängigkeit und Selbständigkeit aufrechterhalten werden können. Eine bedürfnisgerechte
Wohnumfeldgestaltung setzt eine entsprechende stadtplanerische Sichtweise voraus, die die
Menschen mit ihren unterschiedlichen Lebensphasen und die darin benötigte Infrastruktur im
Blick haben.
Dazu gehören vor allem:
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-
Wohnortnahe Einkaufsmöglichkeiten und wichtige Dienstleistungsangebote
-
Versorgung mit Ärzten, Krankenhaus und Apotheken
-
Freizeit-, Bildungs- und Kulturangebote (Anlässe und Orte der Begegnung schaffen)
-
Öffentlicher Personennahverkehr als wichtiges Bindeglied in der Mobilitätskette der Senioren
-
Sicherheit im Wohnumfeld, Vermeidung von Angsträumen
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Hinweise zum Wohnumfeld
Im Wohnumfeld sind unterschiedliche Faktoren wichtig, damit sie den Bedürfnissen der älteren Menschen entsprechen. Besonders relevant sind folgende Aspekte (vgl. Gesund und aktiv
älter werden: Aktiv werden für Gesundheit – Arbeitshilfen für Prävention und Gesundheitsförderung im Quartier):
Klare und leicht erkennbare Orientierungssysteme und Gestaltung:
-
Fuß- und Radwege; sinnvoll ist eine deutliche Trennung, um die Unfallgefahr zu vermeiden
-
Klare Wegführung
-
Breite Gehwege, damit eine Gehhilfe oder eine Begleitperson Platz hat
-
Eindeutige, gut lesbare Orientierungssysteme (Schilder, Farbleitsysteme)
-
Wenig Pflasterstein
-
Straßenübergänge mit Bordsteinabsenkung
-
Grünanlagen (Bewegungs- und Erholungsräume für unterschiedliche Altersgruppen)
-
Vermeidung von Angsträumen:
o Übersichtlichkeit, einsehbare öffentliche Plätze und Straßen
o Gute Beleuchtung
o Regelmäßige Pflege und Instandhaltung öffentlicher Bereiche
o Bei Nutzungskonflikten: frühzeitige Intervention z.B. durch Dialogförderung, Mediation
Ausstattung des öffentlichen Raums:
-
Bänke in kurzen Abständen
-
Witterungsgeschützte Verweilmöglichkeiten
-
Öffentliche Toiletten
-
Stellplätze für Rollatoren und Elektromobile
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Leben und Wohnen in der Stadt
Anpassung des ÖPNV an die Bedürfnisse älterer Menschen
-
Einsatz von Niederflurbussen, Ein- und Ausstiegshilfen
-
Ausreichend lange Türöffnungszeiten
-
Genügend Haltegriffe
-
Deutliche Stationsansagen
-
Barrierefreie und überdachte Haltestellen mit Sitzgelegenheiten
Abstimmung der Fachplanungen
Die dargestellten Maßnahmen fallen in die Zuständigkeit verschiedener Fachämter. Deshalb ist
es über die im Baugesetzbuch vorgeschriebene Beteiligung hinaus notwendig, dass bei Planungen und Projekten ämterübergreifende Arbeitsgruppen installiert werden. Dieses Vorgehen
hat sich u.a. bei der Umsetzung von Projekten im Rahmen des Programms „Soziale Stadt –
Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf“ bewährt.
Quartiersansätze
Strukturen des quartiersbezogenen Ansatzes in der kommunalen Altenhilfeplanung
Es gibt unterschiedliche Konzepte in der quartiersbezogenen Sozialraum- und Sozialplanung,
die jedoch in den Eckpunkten oder Bausteinen im Wesentlichen übereinstimmen. Grundsätzlich ist bei den Planungen eine statistische Sozialraumanalyse, die auch eine Bedarfserhebung
zur sozialen Infrastruktur mit einschließt, notwendig.
Durch einen quartiersbezogenen Ansatz in der Altenhilfeplanung ist es möglich,
76
-
dem Bedarf vor Ort bzw. im Quartier gerecht zu werden
-
durch Beteiligung Mitwirkung und Akzeptanz zu erreichen
-
Selbsthilfepotenziale zu aktivieren und zu erhalten
-
eine eigenständige Lebensführung länger zu ermöglichen
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Bausteine quartiersbezogener kommunaler Altenhilfeplanung :
Baustein 1: Kleinräumig denken
-
Selbständiges Wohnen im Quartier stärken
(dazu gehören barrierefreier Neubau, barrierefreie Anpassung verbreiten, altersgerechte
Wohnumfeldgestaltung sichern, Infrastruktur erhalten, Soziales im Quartier anregen
(Begegnungsmöglichkeiten und soziale Netzwerke aufbauen, ortsnahe Beratung ermöglichen, niederschwelige Dienste im Hilfemix und die Pflege im Quartier sichern))
Baustein 2: Partizipation ermöglichen
-
Bürgerbeteiligung an der Planung ermöglichen und
-
Bürgerbeteiligung bei der Umsetzung fördern
Baustein 3: Kooperationen schaffen
-
Soziale Dienstleister, Kirchen, Vereine, etc. kooperieren
-
Wohnungswirtschaft und Kommune (auch innerhalb der unterschiedlichen Ämter) kooperieren
Baustein 4: Prozesshaft vorgehen
-
Strukturierter Prozess wird initiiert und durch einen Kümmerer oder ein Quartiersmanagement begleitet und gesteuert
Bestand
Kirchheim unter Teck erlebt derzeit einen Trend hin zum seniorengerechten Wohnen. Viele
ältere Menschen sind bereit, ihre Wohnsituation im Alter zu ändern und suchen gezielt Wohnraum im Innenstadtbereich, der verschiedene Servicedienstleistungen wie Hausmeisterservice
und Pflegeleistungen nach Bedarf bereit hält. Eine barrierefreie Gestaltung der Wohnungen
und des Wohnumfeldes ist hier neben der schnellen Erreichbarkeit der infrastrukturellen Einrichtungen ein zentrales Anliegen. Auch nimmt der Anteil an älteren Menschen zu, die bewusst aus dem ländlichen Umland nach Kirchheim unter Teck ziehen, um insbesondere die
Infrastruktur der Stadt nutzen zu können. Der Anteil der älteren Bevölkerung in Kirchheim wird
also in den nächsten Jahren nicht nur deshalb ansteigen, weil eine große Menge an "eigener"
Bevölkerung älter wird, sondern auch, weil Zuzüge Älterer aus dem Umland zu erwarten sind.
Der im Vorfeld beschriebene Trend hin zu einem selbstbestimmten Wohnen im Alter ist in der
Stadt Kirchheim unter Teck gut zu beobachten. Dies spiegelt sich derzeit insbesondere
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Leben und Wohnen in der Stadt
auf dem Immobilienmarkt wider: Seniorengerechte Eigentumswohnungen werden stark nachgefragt, für innenstadtnahe Wohnanlagen steigen die Preise, trotzdem ist die Nachfrage nach
diesen Immobilien gleichbleibend stark bis steigend. Gleich hoch ist die Nachfrage nach seniorengerechtem Wohnraum zur Miete. Hier stellt sich die Schwierigkeit ein, dass wenig Wohnraum zur Verfügung steht und die infrastrukturell günstig gelegenen Mietangebote ebenfalls
im Preis steigen. Es besteht die Gefahr, dass einkommensschwache Senioren zunehmend in
infrastrukturell ungünstige Quartiere verdrängt werden.
Neues Wohnen in Kirchheim unter Teck
Die Stadt Kirchheim unter Teck hat sich im Rahmen einer Zukunftswerkstatt dem Thema
„Wohnen in der Zukunft“ angenommen. Die Ergebnisse spiegeln den Bedarf in Kirchheim unter Teck sehr gut wider.
Die Zukunftswerkstatt, an der Vertreter des Gemeinderats, der unterschiedlichen Fachämter,
Ehrenamtliche und Bürger der Stadt teilgenommen haben, hat gezeigt, dass der Unterschiedlichkeit der Lebensstile und den Lebenslagen der Bevölkerung Rechnung getragen werden
muss. Wichtig ist deshalb, dass in allen Planungen und Maßnahmen, die die soziale Infrastruktur betreffen, die wohnraumbezogenen und städtebaulichen Aspekte mit einbezogen werden.
Genauso müssen bei Wohnumfeld- und städtebaulichen Planungen die sozialen Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Dazu gehört auf der kommunalen Ebene auch, dass ämterübergreifend geplant wird und alle Planungen unter dem Aspekt der demografischen Entwicklung
Kirchheims geprüft werden. Städtebauliche Planung hat wesentlichen Einfluss auf die sozialen
Zusammenhänge in der Stadt. Sie muss deshalb die Erkenntnisse der Sozialplanung berücksichtigen.
Die Zukunftswerkstatt machte auch deutlich, dass die Nachfrage nach alternativen Wohnformen steigen wird. Älter werdende machen sich zunehmend Gedanken über ihre Situation im
3. und 4. Lebensabschnitt und wollen Vorsorge treffen. Stationäre Pflegeeinrichtungen stellen
für die Älteren dagegen eine Wohnalternative dar, die nur dann in Frage kommt, wenn in hohem Alter eine Pflege nicht anderweitig sichergestellt werden kann.
Bauen in der Gruppe
Das Bauen in der Gruppe erfordert vom Einzelnen frühzeitige Weichenstellungen. Ein erster
gewichtiger Schritt ist die Entscheidung, im Alter nochmals umzuziehen und ggf. bereits vorhandenes Wohneigentum zu verkaufen oder anderes Vermögen entsprechend einzusetzen.
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Die vorhandenen Projekte in der Region und auch bundesweit sind durch eine lange Vorlaufzeit geprägt. Bisher sind es noch Einzelprojekte, die vor allem von privaten Bauherren realisiert
werden. Das Bauen in der Gruppe erfordert von den Beteiligten auch einen hohen Einsatz an
Engagement und Zeit.
Um mit den Teilnehmern bzw. Interessierten der Zukunftswerkstatt konkret diskutieren zu
können, wurden verschiedene Standortalternativen vorgestellt. Daraus entstand eine Interessengemeinschaft "In der Gruppe bauen", die sich jedoch ohne Ergebnis nach längerer Diskussionsphase wieder aufgelöst hat. Im Rahmen der aktuellen Planung für das Steingauquartier
ist von Seiten der Bevölkerung 50+ Interesse an Baugemeinschaften (auch mit Jüngeren)
signalisiert worden.
Daheim Wohnen bleiben – Wohnen im Bestand
An der Tatsache, dass die überwiegende Zahl der älteren Menschen möglichst lange in ihrer
angestammten Wohnung bleiben möchte, ist nicht zu rütteln. Aus sozialen und ökonomischen
Gründen und im Hinblick auf die Bewohnerstruktur in der Stadt ist dies zu unterstützen. Die
Menschen kennen sich in ihrem Stadtteil aus, haben sich ihre Möglichkeiten je nach Lebensphase erschlossen und kommen vielfach auch bei nachlassenden geistigen Fähigkeiten zurecht. In der Konsequenz heißt dies, dass neben der Gestaltung des Wohnumfeldes und der
Sicherstellung der Versorgungsstruktur der Wohnraum selbst den Bedürfnissen der Menschen
bei nachlassenden Fähigkeiten angepasst werden muss.
Die Ideen, Vorschläge und Maßnahmen zu den genannten Handlungsfeldern sind bei den Standards und Hinweisen zum Thema Wohnen und Wohnumfeld formuliert. Dabei ist wichtig, dass
diese Ideen auch im städtischen Wohnungsbestand umgesetzt werden bzw. es auch einen
Austausch zwischen der Kreisbaugenossenschaft als größter Wohnbauträgerin und der Stadt
gibt.
Zukunftsweisendes Wohnen zur Miete
Bezahlbarer Mietwohnraum ist in Kirchheim unter Teck knapp. Während Wohneigentümer sich
ihre Wohnungsanpassungsmaßnahmen eher leisten können, sieht es bei Mietern mit mittlerem
oder geringem Einkommen schlecht aus. In der Zukunftswerkstatt wurde deshalb der Bedarf
von bezahlbarem, altengerechtem Wohnen formuliert. Neu entstehender barrierefreier Wohnraum liegt bei Vermietung im hochpreisigen Segment. Sanierungen bzw. Anpassungen im Bestand führen in der Regel zu Mieterhöhungen. Im Blick auf Ältere mit geringem Einkommen
muss seitens der Kommune auf ein entsprechendes Angebot geachtet werden. Gerade auch
Einkommensschwächere müssen die Möglichkeit haben, in ihren gewohnten Bezügen zu
verbleiben, ihre vorhandenen Unterstützungssysteme zu nutzen und damit ihre Versorgung so
günstig wie möglich sicher zu stellen. Wohnungsgenossenschaften, Bauträger und Stadt
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Leben und Wohnen in der Stadt
müssen sich ihrer Verantwortung für diesen Personenkreis stellen. Als ideales Projekt im Mietwohnungsbau wurde in der Zukunftswerkstatt Folgendes beschrieben: „Es muss für verschiedene Nutzergruppen geeignet sein: ältere Menschen, Familien mit Kindern, Alleinlebende, Alleinerziehende, Menschen mit wenig Geld, Menschen mit mittlerem Einkommen. Die Mietobergrenzen sollten gewährleistet werden."
Bereits in der Zukunftswerkstatt hat die Kreisbaugenossenschaft angekündigt, im Bereich
Bismarckstraße/Eichendorffstraße/Tannenbergstraße ihren Mietwohnungsbestand sanieren
bzw. erneuern zu wollen.
Die Kreisbaugenossenschaft hat sich gemeinsam mit der Stadtverwaltung und der Paul Wilhelm von Keppler-Stiftung (Altenzentrum St. Hedwig) diesem Thema in einer Sozialraumanalyse Rauner „Gut alt werden im Quartier“ angenommen. Zentrale Frage des Projekts war, wie
bestehender Wohnraum und das Wohnumfeld gestaltet sein muss, um ein möglichst langes
Verbleiben in der eigenen Wohnung zu ermöglichen und wie ein aktives Gemeinwesen mit
ausgewogener Bewohner- und Infrastruktur entstehen kann.
Neben dem barrierefreien Um-/Neubau des vorhandenen Wohnraums im Eigentum von Kreisbaugenossenschaft und VdK liegt ein Fokus auf der Gestaltung des Wohnumfelds und einer
Aktivierung der Nachbarschaft. Durch das Einrichten eines Stadtteilbüros bzw. von Begegnungsräumen unter Beteiligung der Keppler-Stiftung, sollen unterschiedliche soziale Kontakte
ermöglicht werden und Anlauf- und Beratungsstellen zu unterschiedlichen Themen vereint
werden. Von der Schaffung barrierefreien Wohnraums profitieren nicht nur ältere Menschen
sondern alle Alters- bzw. Mietergruppen (z.B. Familien mit Kleinkindern). Die Kombination aus
bedarfsgerechtem Wohnraum, Wohnumfeldverbesserungsmaßnahmen und Quartiersmanagement unter Mitwirkung des dort etablierten Seniorenzentrums wird als zukunftsweisend betrachtet. Hier wird die von der Stadt seit Jahren postulierte Gemeinwesenfunktion der stationären Einrichtungen umgesetzt und Quartiersarbeit mobilisiert. Wünschenswert wäre es, dass
ähnliche Projekte in Kooperation mit den anderen Seniorenzentren entstehen.
Querschnittsthema Quartiersbezug/Kleinräumigkeit
Der Quartiersbezug, die Quartiersarbeit und die Stärkung von Nachbarschaft sind Themen, die
in den unterschiedlichen Planungen in der Stadt und so auch bei der Zukunftswerkstatt diskutiert wurden. Ziel der Stärkung von Nachbarschaften und Stadtteilen ist: „Es soll ein WirGefühl entstehen, die Leute sollen sich gegenseitig grüßen und wahrnehmen, damit man umeinander weiß, sich austauscht und gegenseitig hilft“. Als gelungenes Kirchheimer Beispiel
wurde das Nachbarschaftsnetzwerk Klosterviertel betrachtet (Lebensräume von 0 bis 100 –
sozial verbunden älter werden). Interessierte aus der Zukunftswerkstatt haben sich auf den
Weg gemacht, exemplarisch im Quartier Obere Vorstadt ein neues Nachbarschaftsprojekt anzustoßen. Als weiteres wichtiges Ergebnis der Zukunftswerkstatt war festzuhalten, dass
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
das Bedürfnis der Menschen nach sozialer Verbundenheit, nachbarschaftlicher Hilfe und
Kommunikation groß ist. Für ein Gelingen sozialer Quartiersnetzwerke sind allerdings finanzielle und personelle Ressourcen für Entwicklungsarbeit und Moderation erforderlich. Vorhandene
Strukturen müssen nutzbar gemacht und Akteure im Quartier aktiviert werden. Sofern nicht
vorhanden, sind z.B. räumliche Ressourcen neu zu schaffen.
Insgesamt ist das Thema Quartiersbezug bereits seit Langem in Sozialplanungen und Konzepten fester Bestandteil. In der Praxis sind in einzelnen Stadtgebieten/Quartieren „stärkere“
Nachbarschaften (aktive Bürger) vorhanden, die auf das Gebiet einen positiven Einfluss haben.
In sozial schwächeren Gebieten sind solche Ressourcen weniger gegeben und müssen deshalb
sehr viel stärker mobilisiert und gestützt werden.
Bedarf
Zusammenfassend ergibt sich folgender Bedarf:
1.
Kirchheim unter Teck setzt sich das Ziel "barrierefreie Stadt".
2.
Das Wohnumfeld und der Zugang zu infrastrukturellen Einrichtungen muss flächendeckend für die wachsende Zahl von Menschen mit Mobilitätseinschränkungen angepasst werden, um eine möglichst lange Selbständigkeit und Unabhängigkeit zu ermöglichen.
3.
Ein möglichst langer Verbleib im angestammten Wohnraum, auch im Falle einer
Pflegebedürftigkeit kann nur gewährleistet sein, wenn adäquater, also seniorengerechter Wohnraum zur Verfügung steht. Entsprechend unterstützende Dienstleistungen müssen bekannt sein und nach Bedarf und flexibel zur Verfügung stehen.
4.
Die Stadt verfügt über einen eigenen, sanierungsbedürftigen Wohnbestand. Es
ist ein Sanierungsprogramm erforderlich, das die Aspekte des barrierefreien
Wohnens berücksichtigt und zügig umsetzt.
5.
Eine kleinräumige Quartiersbetrachtung sowohl in Stadt- und Sozialplanung als
auch in der gemeinwesenorientierten Sozialarbeit ist notwendig, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sozialer Zusammenhalt gefördert und Nachbarschaft aktiv gelebt werden können. So werden Entwicklungen in der Bewohnerschaft oder im Einzelfall (z.B. Vereinsamung, Verwahrlosung oder Pflegebedarf) frühzeitig erkannt und entsprechende Maßnahmen in Gang gebracht.
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Leben und Wohnen in der Stadt
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6.
Die Stärkung der einzelnen Quartiere und deren soziale Zusammenhänge müssen zu einem leitenden Ziel kommunalen Handelns werden.
7.
Im Rahmen der Bürgerbeteiligung (Bürgerausschuss) wurde ein Bedarf an öffentlichen Toiletten am Bahnhof und auf dem Weg zwischen Bahnhof und Innenstadt gemeldet. Hier ist die vorhandene Anzahl nicht ausreichend, die Positionierung ist nicht angemessen. Außerdem besteht ein Bedarf an frei zugänglichen
Toiletten zu Zeiten an denen die "netten Toiletten" und die Toiletten in öffentlichen Gebäuden nicht zugänglich sind (insbesondere am Wochenende). Betroffen
sind hier, laut Aussagen des Bürgerausschusses insbesondere auswärtige Besucher, welche mit den örtlichen Gegebenheiten nicht vertraut sind.
8.
Durch die Zunahme an älteren Bewohnern ist ein besonderer Fokus auf die Pflege und Instandhaltung des Wohnumfeldes und der Verkehrswege zu legen. Dies
ist notwendig, um die uneingeschränkte Mobilität und damit die Versorgung und
Teilhabe der älteren Menschen zu sichern. Demografisch bedingt nimmt auch
die Zahl der Grundstückseigentümer bzw. Mieter zu, denen die Erfüllung der
Reinigungs-, Räum- und Streupflicht selbst schwer fällt oder nicht mehr möglich
ist. Angebote ambulanter Dienste und privater Anbieter stehen nur begrenzt zur
Verfügung oder sind eine Frage finanzieller Leistungsfähigkeit. Zu Interessenskonflikten kann es auch dann kommen, wenn der Wunsch zur Wohnumfeldverbesserung oder nach mehr Beschattung die Frage der Bewältigung von Bewuchs
und Laubfall aufwirft. Der Abwägung der Interessen bei Neu- und Ersatzbegrünungen und der Stärkung nachbarschaftlicher Unterstützungssysteme kommen
hier wachsende Bedeutung zu.
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Maßnahmen
Seniorengerechter Wohnraum muss bedarfsgerecht vorhanden sein
Zeitnahes Sanierungsprogramm für den städtischen Wohnungsbestand unter den
Aspekten des barrierefreien Wohnens
Zukunftswerkstatt "Neues Wohnen" in regelmäßigen Abständen etablieren
Bauen in der Gruppe: Anlaufstelle bei der Stadt bekannter machen und offensive Unterstützung für Interessierte anbieten
Bezahlbaren barrierefreien und flexibel nutzbaren Wohnraum zur Miete schaffen
(Stadt stellt Grundstücke zur Verfügung und verhandelt mit Bauträgern)
Ganzheitliche Quartierskonzepte für alle Quartiere in Kirchheim entwickeln
Kleinräumig, also quartiersgerecht denken, entwickeln und planen
Partizipation für die Bewohner der Quartiere ermöglichen, vorhandene Nachbarschaftsnetzwerke nutzen
Im Rahmen der Gemeinwesenarbeit bzw. Netzwerkarbeit Kooperationen schaffen,
insbesondere zu Vereinen, Einrichtungen und Institutionen die bereits in das Quartier
hineinwirken oder dies in Zukunft stärker forcieren müssen
Prozesshaft vorgehen, Quartiersentwickler/-moderatoren einsetzen und den Sozialen
Dienst Kirchheim in seiner Steuerungsfunktion in den Quartieren durch zusätzliche
personelle Ressourcen stärken und unterstützen
Netzwerke auf Nachbarschafts- und Quartiersebene als tragende Säule der gemeinwesenorientierten Arbeit über die gesamte Stadt ausbauen
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Leben und Wohnen in der Stadt
Seniorengerechte Gestaltung des Wohnumfeldes bzw. des Quartiers
Es sind für den städtischen Wohnungsbestand Wohnumfeldverbesserungen vorzusehen, die eine Verbesserung des sozialen Miteinanders ermöglichen
Klare und kurze Wegeführung innerhalb der Quartiere und auf den Wegen zu den infrastrukturellen Einrichtungen im Quartier
Deutliche Trennung zwischen Fuß- und Radwegen (erhöhtes Sicherheitsgefühl; geringere Unfallgefahr)
Breite, ebene Gehwege ohne seitliches Gefälle, damit selbständiges Gehen möglich
ist bzw. eine Gehhilfe, z.B. ein Rollator oder eine Begleitperson, Platz hat
Straßenübergänge mit Bordsteinabsenkung versehen
Bei Planungen für Neu- oder Ersatzbegrünungen prüfen, in wie weit Pflege und Sauberhaltung auch für ältere Anwohner zu bewältigen sind, bzw. ob Gehwegnutzung,
Straßennutzung durch Laubfall oder Bewuchs beeinträchtigt werden
Bänke flächendeckend und in kurzen Abständen installieren, insbesondere auf den
Wegen in die Innenstadt und innerhalb der Quartiere auf den Wegen zu den infrastrukturellen Einrichtungen. Beteiligung der Quartiersbewohner bei Planung und Umsetzung
Quartiersbezogen Treffpunkte und Freiflächen mit Aufenthaltsqualität zur Förderung
der Kommunikation und sozialer Kontakte schaffen (z.B. Stadtteilzentrum Dettinger
Weg, Rambouillet Platz, Stadtteilzentrum im Jesinger Rathaus, Bürgertreffqualität
des Bewegungs- und Begegnungszentrums beim Rathaus Ötlingen), Überprüfung der
kirchlichen Gemeindehäuser auf Eignung als Stadtteiltreffs in Quartieren ohne kommunale Räume
Erstellung einer Prioritätenliste für die senioren- und behindertenfreundliche Herstellung von Gehwegen im Bestand nach Begehungen mit Betroffenen (Forum Älterwerden, Arbeitskreis Hilfen für Menschen mit Behinderung)
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Verkehrswege barrierefrei gestalten/Möglichkeiten der Mobilität erhöhen
Deutliche Trennung zwischen Fuß- und Radwegen (erhöhtes Sicherheitsgefühl; geringere Unfallgefahr)
Breite, ebene Gehwege ohne seitliches Gefälle, damit selbständiges Gehen möglich
ist bzw. eine Gehhilfe, z.B. ein Rollator oder eine Begleitperson, Platz hat
Ampelphasen der Fußgängerüberwege an mobilitätseingeschränkte ältere Verkehrsteilnehmer anpassen
Die Verkehrskommission überprüft unter Beteiligung der Träger und Bewohner der
Seniorenwohnanlagen die bedarfsgerechte Gestaltung der Wegeverbindung zur Innenstadt
Alle Straßenübergänge mit Bordsteinabsenkung versehen
Bei Planungen für Neu- oder Ersatzbegrünungen prüfen, in wie weit Pflege und Sauberhaltung auch für ältere Anwohner zu bewältigen sind, bzw. ob Gehwegnutzung,
Straßennutzung durch Laubfall oder Bewuchs beeinträchtigt werden
Bänke flächendeckend und in kurzen Abständen installieren, insbesondere auf den
Wegen in die Innenstadt und innerhalb der Quartiere auf den Wegen zu den infrastrukturellen Einrichtungen. Beteiligung der Quartiersbewohner bei Planung und Umsetzung. (Kampagne: Bürger oder Firmen sponsern Bänke für zwischen Stadt und
Bürgerschaft vereinbarte öffentliche Standorte)
Öffentliche Toiletten im Innenstadtbereich erhalten und ausbauen, Beschilderung
überarbeiten, insbesondere für auswärtige Besucher, die mit der S-Bahn anreisen. Es
besteht Bedarf an öffentlichen Toiletten am Bahnhof und auf dem Weg zwischen
Bahnhof und Innenstadt
Laufende Anpassung des ÖPNV an die Bedürfnisse älterer Menschen (z.B. Automatische Türöffner an den Eingängen zum Bahnhofsgebäude, barrierefreie Umgestaltung
des Busbahnhofes, Einsatz von Niederflurbussen, Vereinfachung der Handhabung
von Fahrscheinautomaten, Informationsveranstaltungen zur Bedienung der Fahrscheinautomaten)
Barrierefreie und überdachte Haltestellen mit Sitzgelegenheiten an allen Bushaltenstellen. Keine Haltestelle ohne Sitzgelegenheit
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Leben und Wohnen in der Stadt
Ausstattung des öffentlichen Raums:
Beläge auf öffentlichen Flächen müssen den Bedürfnissen mobilitätseingeschränkter
Einwohner angepasst werden. Wege und Flächen mit bereits vorhandenen Pflastersteinbelägen sollten "Fahr- bzw. Gehstreifen" mit geeignetem Belag erhalten (Priorität: Schlossplatz)
Vermeidung von Angsträumen (insbesondere bei der Gestaltung von Straßen und
Plätzen, entsprechend der dargestellten Kriterien)
Nachbarschaftsnetzwerke tragen zur Bewältigung der Räum- und Streupflicht und
damit zur Vermeidung der Unfallgefahr bei
Öffentliche Toiletten insbesondere im Innenstadtbereich erhalten und ggf. ausbauen,
Beschilderung überarbeiten, insbesondere für auswärtige Besucher, die mit der SBahn anreisen
Einführung eines Regelwerks bei der Stadt, nach dem sämtliche städtischen Vorhaben und
Planungen zu überprüfen sind, inwieweit die demografische Entwicklung und ihre Auswirkungen berücksichtigt wurden (z.B. Integrierte Verkehrsplanung, Sportentwicklungsplanung, Planung Steingauquartier, Sitzbänkekonzept)
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Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Wohnanlagen in Kirchheim unter Teck
Seniorenwohnungen und Betreutes Wohnen
In den letzten Jahren haben sich verschiedene neue Wohnformen für ältere Menschen herausgebildet. Das Wohnen in seniorengerechten Wohnanlagen orientiert sich durch ihre Ausstattung und einen Hausmeisterservice an den besonderen Bedürfnissen älterer Menschen. Der
Bewohner versorgt sich und seinen Haushalt selbständig. Unterstützungsleistungen müssen
bei Bedarf selbständig organisiert werden.
Im "Betreuten Wohnen" steht neben der seniorengerechten Ausstattung ein Betreuungsservice auf Abruf zur Verfügung. Den Betreuungsservice bietet meist eine benachbarte Pflegeeinrichtung an. Dadurch wird Sicherheit geboten und ein langer Verbleib in der Wohnung ermöglicht. Dafür ist in den meisten Fällen eine monatliche Servicepauschale zu bezahlen auch wenn
noch kein Unterstützungsbedarf besteht. Werden Betreuungsleistungen, z.B. hauswirtschaftliche oder pflegerische Hilfen, in Anspruch genommen, sind diese zusätzlich zu bezahlen. Die
Nähe zu den Pflegeeinrichtungen ermöglicht, dass deren Angebote wie z.B. Mittagstisch oder
Kulturangebote ohne große Wege in Anspruch genommen werden können. Der Wunsch der
Älteren geht da hin, Servicepauschalen erst dann bezahlen zu müssen, wenn Serviceleistungen in Anspruch genommen werden. Der Umzug in eine Seniorenwohnung wird meist dann in
Erwägung gezogen, wenn die eigene nicht barrierefreie Wohnung nicht mehr den Erfordernissen entspricht oder z.B. Kehrwochenaufgaben nicht mehr selbst erledigt werden können. Seniorenwohnungen in Verbindung mit einer Pflegeeinrichtung sind dann besonders gefragt, weil
man sich durch die "Hilfeangebote vor der Haustür" einen nochmaligen Umzug in die Pflegeeinrichtung selbst ersparen möchte. Ältere, die das Wohnen im Alter rechtzeitig in ihrer unabhängigen, aktiven Phase planen, legen erfahrungsgemäß weniger Wert auf die Nähe zu einer
Einrichtung sondern vielmehr auf Barrierefreiheit und kurze Wege zu Kultur- und Kommunikationsangeboten.
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Leben und Wohnen in der Stadt
Bestand
Übersicht der Seniorenwohnungen und betreuten Wohnanlagen in Kirchheim unter Teck
Name
Anzahl
Wohnungen
Betreuungsvertrag
Miete
Eigentum
ja
X
Betreutes Wohnen
Fickerstift
Privat
Stadt Kirchheim unter Teck
6
15
Steingaupark
Kreisbaugenossenschaft
DRK
18
26
nein
X
nicht
verpflichtend
Betreutes Wohnen
Jahnstraße
Privat
Betreutes Wohnen
"An der Lauter"
Privat
Arbeiter-Samariter-Bund
11
29
X
Betreutes Wohnen
Henriettenstift
Privat
Stadt Kirchheim unter Teck
5
44
X
Seniorenwohnungen
Isolde Kurz Haus
Kreisbaugenossenschaft
83
Seniorenwohnungen
Silberne Rose
Kreisbaugenossenschaft
Seniorenwohnungen
Kupferbau
Kreisbaugenossenschaft
Seniorenwohnungen
Armbruststraße
privat
Seniorenwohnungen
Freiwaldaustraße
Kreisbaugenossenschaft
Seniorenwohnungen
Eichendorffstraße
privat
18
Betreutes Wohnen
Osianderhof
privat
56
Gesamt
88
Eigentümer
20
X
nicht
verpflichtend
X
Angebot
eingeschränkt
X
44
Angebot
eingeschränkt
X
33
Angebot
eingeschränkt
X
30
X
31
X
X
nicht
verpflichtend
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238
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Neben diesen etablierten Wohnangeboten für Senioren darf auch der freie Markt nicht unerwähnt bleiben. Immer mehr private Bauträger kommen den Wünschen der Senioren entgegen.
Derzeit ist, wie bereits beschrieben, ein Trend zu erkennen, dass innenstadtnaher Wohnraum
bevorzugt von Senioren nachgefragt wird und deshalb eine bedarfsgerechte räumliche Ausgestaltung erhält. Dieser Bestand ist jedoch von Seiten der Altenhilfeplanung nicht erfassbar.
Bewohnerstruktur - Auswertung der Statistik
Es liegen Befunde aus drei Wohnanlagen mit betreuten Wohnungen vor, die direkt mit dem
Angebot eines Pflegeheims verbunden sind (DRK Seniorenzentrum Fickerstift, DRK Seniorenzentrum Steingaustift, Seniorenzentrum an der Lauter). Insgesamt leben 77 Bewohner in den
Wohnanlagen. Die Altersstruktur ist unterschiedlich, wobei in einer Einrichtung über die Hälfte
der Bewohner zwischen 75 und 85 Jahre und in den anderen beiden Einrichtungen die Bewohner zu über zwei Drittel über 85 Jahre alt sind. Ein anderer Blick ergibt sich durch die Statistik über deren Pflegestufen:
-
90% der Bewohner sind in keiner Pflegestufe
-
9% sind in Pflegestufe 1
-
nur 1% in Pflegestufe 2.
Dies gibt nun einen Hinweis darauf, dass die Bewohner der Betreuten Wohnungen noch relativ
wenig Pflegebedarf haben, jedoch, das zeigen die weiteren Antworten, teilweise körperlich
und psychisch eingeschränkt sind. Dies bestätigt die Erfahrung, dass in der Regel Seniorenwohnungen (mit oder ohne Servicepauschale) erst dann nachgefragt werden, wenn schon ein
gewisser Unterstützungsbedarf aufgetreten ist. Dies spricht sehr für die Wohnraumanpassung
im Bestand und ein verlässliches, bezahlbares Angebot an mobilen Hilfen.
Insgesamt wird das Angebot von überwiegend alleinstehenden Bewohnern angenommen, so
wohnen 90% alleine und nur 10% mit dem (Ehe-)Partner.
Bedarf
Aktuell ist der Bestand nach Ansicht der Befragten ausreichend. Die Nachfragen beim Amt für
Familie und Soziales bzw. beim Pflegestützpunkt lassen jedoch nach wie vor einen Bedarf an
bezahlbarem Wohnraum erkennen, der auch keine verpflichtende Vorhaltepauschale beinhalten sollte.
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Leben und Wohnen in der Stadt
Ob sich ein weiterer Bedarf entwickelt, hängt mittelfristig davon ab, wie sich auch der allgemeine Wohnungsmarkt im Hinblick auf seniorengerechte und barrierefreie Wohnungen entwickelt, wie gut die Wohnraumanpassung im Bestand voran kommt und inwiefern quartiersbezogene Betreuungskonzepte/-angebote initiiert werden können. Das Angebot „Betreutes Wohnen Zuhause“ vom Verein buefet ist dabei ein hilfreicher Baustein.
Maßnahmen
Die Anpassung von Wohnraum im Bestand ist durch Beratung von Eigentümern und Wohnungsbauträgern voran zu bringen
Durch Quartiersentwicklung die Voraussetzungen dafür schaffen, dass ältere Menschen im
Quartier bleiben können und sich nicht genötigt sehen, in Wohnanlagen in die Innenstadt
umzuziehen
Erhalt der Versorgungsstruktur
Herstellung einer barrierefreien Infrastruktur
Förderung sozialer Netzwerke
Begegnungs- und Kommunikationsräume einrichten
Ausbau von niederschwelligen Dienstleistungen, Begleit- und Besuchsangebote
Unterstützung kleiner Wohnprojekte mit Quartiersbezug
Weiterentwicklung des Angebots "Betreutes Wohnen Zuhause" mit dem Ziel frühzeitiger
Hilfe in der häuslichen Umgebung
Reduzierung des Eigenbeitrags durch städtische Finanzierung des fachlichen Projektmanagements
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Infrastruktur und Dienstleistungen
Gesundheitliche Versorgung
Die gesundheitliche Versorgung vor Ort – dazu gehören in erster Linie die Ärzte und Apotheken - hat für ältere Menschen einen hohen Stellenwert und gehört daher zur Infrastruktur, die
bei Planungsprozessen der Altenhilfe einbezogen werden muss.
Ärztliche Versorgung
Bestand
Hausärzte und auch die hausärztlichen Internisten sind für ältere Menschen wichtige Ansprechpartner und Vertrauenspersonen. Sie sind es, die häufig über Jahre hinweg den Patienten nicht nur in Bezug auf seine Krankengeschichte kennen. Sie haben in der Regel auch
Kenntnisse über die persönliche Situation und das Umfeld der Patienten.
Auf die Systeme der Altenhilfe und der ärztlichen Versorgung bezogen hätte diese Schlüsselrolle der Hausärzte die naheliegende Konsequenz, dass sich beide Systeme intensiv vernetzen.
Nach wie vor ist es allerdings schwierig, nachhaltige Kooperationsstrukturen aufzubauen, da
die Einsicht über die Notwendigkeit dieser Zusammenarbeit über den Patientenfall hinaus
höchst unterschiedlich ist. In Kirchheim war zwar seit Jahren ein Vertreter der niedergelassenen Ärzte in der Arbeitsgemeinschaft ambulante Dienste vertreten, jedoch kam eine tiefgreifende Vernetzung dadurch nicht zustande. Dies soll in Zukunft durch eine intensivere fachliche Auseinandersetzung in der Altenhilfekonferenz geschehen.
Bedarf
Viele Senioren, pflegende Angehörige und Pflegedienste beklagen eine abnehmende Bereitschaft der Ärzte Hausbesuche durchzuführen - auch bei den Hausärzten. Die Ärzte ihrerseits
halten angesichts der Honorar- und Kostenstruktur den Hausbesuch nur noch in reduziertem
Maße für notwendig.
Insgesamt machen die Fachärzte selten Hausbesuche, was für Menschen, die krankheitsbedingt nicht mehr mobil sind, ein großes Problem darstellt. Die Fachärzte müssen daher ggf.
mit Hilfe von Angehörigen, mit dem Taxi oder auch mit einem Krankentransportfahrzeug aufgesucht werden. Für den Patienten bedeutet dies eine ganz erhebliche Belastung.
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Leben und Wohnen in der Stadt
Auch einige Pflegeheime stellen eine sinkende Bereitschaft für Haus- bzw. Heimbesuche der
niedergelassenen (Fach-)Ärzte fest. Dies führt im Heimalltag oftmals zu schwierigen organisatorischen Situationen, da kranke Bewohner beim Arztbesuch begleitet werden müssen und die
begleitende Mitarbeiterin im Heim meist nicht ersetzt werden kann.
In der Arbeitsgemeinschaft Ambulante Dienste wurde der Bedarf an mehr Fachärzten formuliert. Insbesondere Fachärzte im Bereich der Neurologie und Psychiatrie werden nach Aussage
der Fachkräfte zunehmend häufiger benötigt, sodass eine zeitnahe Behandlung aufgrund von
langfristiger Terminierung oftmals nicht möglich erscheint. Auch vermissen die Fachkräfte in
Kirchheim unter Teck Ärzte mit gerontopsychiatrischem Schwerpunkt. Um den vorhandenen
Bedarf zu decken, müsste die Kassenärztliche Vereinigung die Bedarfsplanung des Bundes in
Frage stellen und weitere Facharztstellenanteile zulassen. Da im Landkreis Esslingen laut des
Versorgungsberichtes von 2010 eine ausreichende Versorgung sowohl mit Haus- als auch mit
Fachärzten vorliegt, wird es eine Herausforderung sein, diesen zusätzlichen Bedarf unabhängig
der theoretischen Zahlen anerkannt zu bekommen. Sowohl Kreistag, Kreis- und Landesseniorenrat und Landesregierung haben sich mit der Problematik der ärztlichen Versorgung befasst.
In einzelnen Gemeindeteilen (Nabern und Jesingen) wird die Sorge formuliert, dass zukünftig,
wenn die älteren Ärzte in Ruhestand gehen, keine Nachfolger für diese Praxen gefunden werden. Frühzeitige Maßnahmen von Seiten der Stadt sind daher notwendig und sinnvoll, um zukünftig die ärztliche Versorgung wohnortnah zu gewährleisten.
Maßnahmen
Klärung des Facharztbedarfes in Kirchheim unter Teck in enger Absprache mit Pflegeheimen, ambulanten Diensten und dem Klinikum Kirchheim
Einbindung der niedergelassenen Ärzteschaft in Arbeitsgemeinschaften und Projekte
Stärkere Einbindung niedergelassener Ärzte in die neue Arbeitsgemeinschaft „Altenhilfekonferenz“
Prüfung,
inwieweit attraktive Bedingungen für junge Ärzte zwecks Ansiedlung in eher
ländlichen Gemeindeteilen (Jesingen, Nabern) geschaffen werden können
Eine
stärkere Vernetzung von Pflege, ärztlicher Versorgung und klinischer Versorgung
muss hergestellt werden
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Apotheken
Auch die Apotheken nehmen für ältere Menschen eine wichtige Rolle ein. Dort findet oftmals
eine ausführliche Beratung statt, nicht selten kennen die Apotheker das Krankheitsbild und die
Umstände ihrer Kunden sehr gut. Heutzutage bieten die Apotheken kostenpflichtig Blutdruckmessung, Blutzuckermessung und auch Cholesterinmessung an. Die Medikamente werden
sofern notwendig unentgeltlich ins Haus geliefert. Das Apothekenpersonal hat somit ebenfalls
eine wichtige Vertrauensposition.
Bestand
Die Versorgung der Bürger in Kirchheim durch Apotheken ist gut. 2010 wurden durchschnittlich 3.617 Einwohner von zehn Apotheken versorgt; das sind 2,7 Apotheken auf 10 qkm (vgl.
Statistische Berichte, Statistisches Landesamt Baden Württemberg). In den Gemeindeteilen
Lindorf und Nabern finden sich keine Apotheken. Die Bewohner der Stadtteile stellen dies jedoch nicht als Problem dar. Die Versorgung mit Medikamenten ist durch die umliegenden Apotheken gewährleistet, die bei Bedarf ebenfalls einen Lieferservice anbieten.
Bedarf
Apotheken eigenen sich aufgrund ihrer Vertrauensstellung sehr gut für die Vermittlung von
Informationen über Beratungs- und Unterstützungsangebote. Möglichkeiten einer intensiveren
Zusammenarbeit zwischen Pflegestützpunkt und Apotheken sollten geprüft werden.
Maßnahmen
Apotheken werden stärker in das Altenhilfenetzwerk integriert
Altenhilfekonferenz sucht den Dialog mit den Apotheken
Gemeinsame Entwicklung einer Kampagne mit den Apotheken zum Thema Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Apotheken bieten den Altenhilfeberatungsstellen (PSP, SOFA) die Möglichkeit, in ihren Räumen Informationsstände und –material bereitzustellen
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Leben und Wohnen in der Stadt
Angebote im Bereich der Dienstleistung
Folgende flankierende Angebote und Maßnahmen, die das Verbleiben in der eigenen Wohnung
unterstützen, haben sich bewährt:
Bestand
Hausnotruf
Ein Notrufknopf, der um den Hals oder am Handgelenk getragen wird, gibt im Notfall ein automatisches oder vom Betroffenen ausgelöstes Signal an eine Notrufzentrale. Über eine Freisprechanlage am häuslichen Telefon wird sofort die nötige Hilfe erfasst und in die Wege geleitet. Darüber hinaus gibt es das Angebot, über eine tägliche Kontaktaufnahme sicherzustellen,
dass „alles in Ordnung ist“. Ab Pflegestufe 1 beteiligen sich bei allein lebenden Menschen die
Pflegekassen an den monatlichen Gebühren. Für Kirchheim unter Teck gibt es zwei regionale
Anbieter: das Deutsche Rote Kreuz mit Sitz in Nürtingen und der Malteser Hilfsdienst.
Wohnberatung
Die Wohnberatung informiert über die Möglichkeiten, die eigene Wohnung so anzupassen,
dass so lange wie möglich zu Hause selbständig und unabhängig gelebt werden kann. Träger
der Wohnberatung ist der Verein buefet e.V. (Verbund auf Landkreisebene). Die Berater und
Beraterinnen sind bürgerschaftlich Engagierte mit entsprechender Qualifizierung.
Sicherheitsberatung durch die Polizei
Zu Einbruchschutz, Trickgeschäften an der Haustür, dubiosen Telefonanrufen etc. berät die
Kriminalpolizei: Experten der kriminalpolizeilichen Beratungsstelle erstellen kostenlos und unverbindlich eine Schwachstellenanalyse für Wohngebäude und gewerbliche Objekte. Das
Sachgebiet Prävention gibt zusammen mit der kriminalpolizeilichen Beratungsstelle im Rahmen
von Vortragsveranstaltungen Ratschläge, wie sich Seniorinnen und Senioren vor Kriminellen
schützen können. Beide Beratungen werden in Esslingen angeboten.
Kleinreparaturdienst für Senioren
Der Kleinreparaturdienst für Senioren ist ein Angebot der evangelischen Kirchengemeinde und
bietet Senioren kleine handwerkliche Hilfen an, z.B. Befestigungen von losen Teilen, kleine
Reparaturen am tropfenden Wasserhahn oder von Kleinmöbeln, Ab- und Aufhängen von Vorhängen, Wechsel von Glühbirnen etc. Der Kleinreparaturdienst arbeitet ehrenamtlich. Es müssen lediglich Kosten für Material und die Anfahrt übernommen werden.
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Seniorenfreundliche Handwerker
Als Gemeinschaftsprojekt von Kreisseniorenrat Esslingen e.V. und Kreishandwerkerschaft Esslingen wurde „ServicePlus“ ins Leben gerufen, das Handwerksbetriebe schult und das Zertifikat „seniorenfreundlich“ verleiht. ServicePlus geschulte Betriebe bieten zusätzlich zu ihrer
Fachkompetenz Beratung im Hinblick auf die besonderen Anforderungen von älteren Menschen und Menschen mit Einschränkungen (Hilfsmittel, Wohnanpassung, Umbaumaßnahmen
usw.) an.
Intakt Caritas Fils – Neckar – Alb
Intakt Caritas Fils – Neckar – Alb ist ein Sozialunternehmen, das langzeitarbeitslosen Jugendlichen Arbeitsmöglichkeiten und Perspektiven schaffen möchte. Die Jugendlichen werden angeleitet und erledigen Gartenbauarbeiten, Renovierungs- und Umzugshilfen, Entrümpelungen
etc.
Bedarf
Alle Angebote der Dienstleistungen sind sinnvoll und haben sich bewährt. Im Bereich der
Dienstleistungen und Infrastruktur wäre auch für Kirchheim die „Zertifizierung“ von Geschäften mit „Seniorenfreundlichem Service“ vor allem im Innenstadtbereich sinnvoll und notwendig. Dies ist nicht nur für die Bewohner der Stadt eine wichtige Information, sondern auch für
die zahlreichen Besucher, die in Kirchheim einkaufen oder die Gastronomieangebote nutzen.
Das Projekt Gütesiegel „Seniorenfreundlicher Service“ basiert auf einem Konzept des Landesseniorenrats Baden-Württemberg.
Maßnahmen
Gütesiegel „Service-plus“ des City-Rings wird erweitert um die Kriterien "Seniorenfreundlicher Service" (herausgegeben vom Landesseniorenrat), Anstoß durch die Wirtschaftsförderung in Kooperation mit dem Amt für Familie und Soziales und Forum Älterwerden
Zertifizierungsaktion
"ServicePlus" für Handwerker und Dienstleister in Kooperation von
Kreisseniorenrat, Kreishandwerkerschaft und Stadt
Veröffentlichung von zertifizierten Betrieben und Geschäften mit Gütesiegel (gemeinsame Broschüre, Internetauftritt, usw.)
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Leben und Wohnen in der Stadt
Besuchsdienste
Mit zunehmendem Alter nehmen nicht selten auch die sozialen Kontakte ab. Besonders Menschen, die eingeschränkt mobil sind, laufen Gefahr zu vereinsamen. Besuchsdienste sind eine
wichtige Einrichtung um der Vereinsamung der älteren Menschen entgegenzuwirken. Außerdem ermöglicht ein regelmäßiger Besuch einen Eindruck von der Lebenssituation der Besuchten und eröffnet die Chance, auf Beratungs- und Unterstützungsangebote hinzuweisen.
Bestand
Besuchsdienste der Kirchengemeinden
Alle Kirchengemeinden bieten meist anlassgebundene Besuche innerhalb der Kirchengemeinde
an. Diese können beispielsweise zu Geburtstagen erfolgen oder bei akuten Lebenskrisen unter
dem Aspekt der Seelsorge stehen. Diese Besuche finden nur in Ausnahmefällen regelmäßig
statt.
Besuchsdienste des Malteser Hilfsdienstes
Auch die ehrenamtlich Engagierten des Malteser Hilfsdienstes bieten einen Besuchsdienst an.
Zielgruppe sind hierbei ältere Menschen, die einer drohenden Vereinsamung entgehen möchten. Der Malteser Hilfsdienst bietet darüber hinaus auch einen Besuchsdienst für Menschen
mit Demenz ("Sorglos Begleitung für Menschen mit Demenz") an. Ziel ist hierbei auch die
zeitweise Entlastung der Angehörigen. Neben Gesprächen und Beschäftigungsangeboten können die Besuchsdienstmitarbeiter die Betroffenen auch zum Arzt begleiten oder gemeinsame
Einkäufe durchführen.
Mobiler Bücherdienst des Bürgerbüros
Damit hausgebundene bzw. gehandicapte Bürgerinnen und Bürger die Medienangebote der
Stadtbücherei nutzen können, bringen ehrenamtlich Engagierte die gewünschten Bücher der
Stadtbücherei Kirchheim unter Teck nach Hause. Hierbei finden auch immer Gespräche statt,
die der Besuchdienstatmosphäre entsprechen. Mobiler Bücherdienst und Besuchsdienst des
MHD haben eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen.
Besuchsdienst in Pflegeheimen
Die Heinrich-Sanwald-Stiftung möchte den Alltag der Menschen in den Kirchheimer Pflegeheimen bereichern und ihre Lebensqualität verbessern. Die Stiftung hat einen ehrenamtlichen
Besuchsdienst eingerichtet, der neben individuellen Besuchen auch vielfältige Aktivitäten in
den Heimen organisiert. So z.B. Spiele oder Tanzveranstaltungen. Der Besuchsdienst besteht
seit 20 Jahren, wird professionell begleitet, besteht aus über 60 Engagierten und ist in
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
allen Heimen tätig. Durch die Beteiligung von Jugendlichen, die das Lautercafe im Seniorenzentrum an der Lauter betreiben, erfährt der Besuchsdienst eine besondere Qualität.
Besuchsdienst der Kreiskliniken Esslingen
Die Grünen Damen und Herren sind ein ehrenamtlicher Besuchsdienst der Kreiskliniken Esslingen. Ziel ist es, den Patienten den Aufenthalt im Krankenhaus zu erleichtern. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Besuchsdienstes nehmen sich zum Beispiel Zeit für Gespräche und kleine
Erledigungen innerhalb des Krankenhauses, begleiten zu Untersuchungen oder lesen vor.
Betreutes Wohnen zu Hause
Einen erweiterten Besuchsdienst bietet der Verein buefet e.V. an. Mit dem Ziel, eine möglichst
lange selbständige Lebensführung in der gewohnten Umgebung zu erhalten werden, nach Bedarf wöchentliche oder monatliche Besuche organisiert. Eine Fachkraft hält Kontakt zu den
verschiedensten Diensten in Kirchheim unter Teck und begleitet die ehrenamtlichen Besuchsdienstmitarbeiterinnen. Sie kann so die jeweils nötige Unterstützung organisieren und koordinieren. Das Konzept basiert auf einer monatlichen Betreuungspauschale. Regelmäßige Informationsveranstaltungen, kulturelle Angebote und eine individuelle Wohnberatung runden das
Angebot ab.
Bedarf
Alle Angebote im Bereich der Besuchsdienste sind sinnvoll und haben sich bewährt. Insbesondere die große Bandbreite an Anbietern und verschiedene konzeptionelle Herangehensweisen in der Ausgestaltung des Besuchsdienstes werden begrüßt.
Im Rahmen der Bestandserhebung meldeten insbesondere die Kirchengemeinden durch steigende Aufgaben und abnehmende Ressourcen (insbesondere personell), dass es immer
schwieriger wird, die oft seelsorgerischen Besuche zeitnah und auch ohne Zeitdruck durchführen zu können.
Das Angebot des Betreuten Wohnens zu Hause durch den Verein buefet hat sich als niederschwelliger Baustein in Kirchheim unter Teck bewährt. Der Zugang zu den Nutzern, der
durch die verlässlichen monatlichen oder wöchentlichen Besuche gewährleitstet ist, ermöglicht es, aktiv am Leben der Nutzer teilzunehmen und gegebenenfalls unterstützende Maßnahmen einzuleiten. Oftmals entwickelt sich zwischen den Besuchdienstmitarbeitern und den
besuchten Personen eine tiefe Vertrautheit und Verbundenheit, die oft auch im Falle einer
Pflegebedürftigkeit und bei einem Einzug ins Heim noch Bestand hat. Das Angebot des Betreuten Wohnens zu Hause bildet eine wichtige Grundlage, um besonders den wachsenden
Anteil der älteren Menschen, die keine Angehörigen im unmittelbaren Umfeld haben,
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Leben und Wohnen in der Stadt
möglichst früh in ein Hilfenetz zu integrieren und eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben
aufrecht zu erhalten. Es ist zu beobachten, dass Betroffene vermehrt erst spät das Angebot
wahrnehmen, da es mit Kosten verbunden ist. Hier sollte ein Weg gefunden werden, die Hürde der Kosten zu minimieren, damit alle älteren Menschen in Kirchheim unter Teck einen Zugang zu diesem Angebot haben. Es ist im Interesse der Kommune, möglichst frühzeitig Kontakt zu Älterwerdenden in der Stadt zu bekommen, um diese frühzeitig mit Informationen zu
versorgen, präventive Angebote zu vermitteln oder bedarfsgerecht Hilfe zu vermitteln. Hier
bieten Besuchsdienste eine gute Basis.
Als ergänzendes Beispiel für eine gelungene stadtweite Implementierung kann die Idee der
"Präventiven Hausbesuche" genannt werden. Präventive Hausbesuche bieten die Möglichkeit,
ältere Menschen in der häuslichen Umgebung zu Themen rund um Gesundheit und selbständige Lebensführung zu beraten und auf Hilfeleistungen aufmerksam zu machen. Pflegestützpunkt und Verein buefet arbeiten derzeit an einer Konzeptentwicklung.
Die großen Herausforderungen, die der demografische Wandel mit sich bringt, sind nur zu
bewältigen, wenn es gelingt, möglichst viele Menschen im Vorfeld der Pflegebedürftigkeit zu
erreichen. Unterschiedlichen Altersbilder erfordern hier unterschiedliche Herangehensweisen.
Unterschiedliche Zugänge müssen erschlossen werden. Je mehr Teilhabe den Menschen ermöglicht wird und soziale Kontakte vorhanden sind, desto weniger kann Vereinsamung und
Isolation zu frühzeitiger Erkrankung und Versorgungsbedürftigkeit führen. Es müssen Wege
aus der sozialen Isolation vieler älterer Menschen gefunden werden. Der Aspekt, dass frühe
Hilfen in der Regel kostengünstiger sind, darf in dem Zusammenhang nicht außer Acht gelassen werden.
Maßnahmen
Besuchsdienste erhalten und Möglichkeiten der Vernetzung schaffen
Das Angebot des betreuten Wohnens zu Hause weiterentwickeln. Reduzierung des Eigenbeitrags durch städtische Finanzierung der Projektmanagementkosten
Auftrag an Pflegestützpunkt und Verein buefet e.V. zur Entwicklung und Umsetzung eines
Projektes, dem die Ansätze der "Präventiven Hausbesuche" zugrunde liegen
Bereitstellung finanzieller Ressourcen durch die Stadt
Neue, frühzeitige Zugänge zu älteren Menschen in der häuslichen Umgebung entwickeln
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Kapitel 5
Ambulante und stationäre Pflege
Aktuelle Situation
Die nachfolgenden Angaben beruhen auf den Ausführungen des Statistischen Landesamtes
Baden-Württemberg (siehe Literaturverzeichnis) und berufen sich überwiegend auf die 2009
erhobenen Pflegedaten.
Pflegebedürftigkeit und Pflegekräfte
Nach der aktuellen Pflegestatistik des Statistischen Landesamtes Baden Württemberg werden
von 100 Pflegebedürftigen mehr als zwei Drittel zu Hause versorgt. Um fast die Hälfte der
Pflegebedürftigen kümmern sich überwiegend die Angehörigen, weitere 20 von 100 Pflegebedürftigen werden durch ambulante Pflegedienste versorgt. 36 Pflegebedürftige leben dauerhaft in Pflegeheimen.
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Ambulante und stationäre Pflege
Die Verteilung der Pflegestufen
Die Verteilung der Leistungsempfänger getrennt nach Pflegestufen zeigt, dass es je nach Pflegestufe deutliche prozentuale Unterschiede in der Art der Leistung, also auch wo die Menschen gepflegt werden, gibt: Im Alten- und Pflegeheim oder zu Hause mit oder ohne Unterstützung von ambulanten Pflegediensten.
Mehr als die Hälfte aller Pflegegeldempfänger sind in die Pflegestufe I eingestuft. Dieser Personenkreis wird zu Hause durch Angehörige versorgt, was bei Pflegebedürftigen in der niedrigsten Pflegestufe wohl noch am ehesten möglich ist. Die von den ambulanten Diensten versorgten Pflegebedürftigen sind überwiegend in der Pflegestufe I mit 53% und in Pflegestufe II
mit 35%. 12% der Pflegebedürftigen haben die Pflegestufe III. Im stationären Bereich sind
dagegen fast zwei Drittel der eingestuften Pflegebedürftigen in den Pflegestufen II und III.
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Einerseits ist eine Tendenz sichtbar, dass Menschen erst dann ins Pflegeheim umziehen, wenn
sie einen sehr hohen Pflegebedarf aufweisen, andererseits wird an diesen Zahlen auch deutlich, dass immerhin zwischen knapp 40 und fast 50% der Pflegebedürftigen in Pflegestufe II
und III noch zu Hause gepflegt werden.
Pflegerisiko nach Altersgruppen
Das Pflegerisiko nimmt mit zunehmendem Alter zu. Frauen sind aktuell weitaus mehr davon
betroffen, da sie länger leben. Die längere Lebenserwartung von Frauen hat weitere Konsequenzen: Da sie nicht nur länger leben als ihre Lebenspartner, sondern auch meist jünger sind,
ist davon auszugehen, dass sie mehr als die Männer auf professionelle Hilfe im Alter angewiesen sind. Daraus folgt, dass keine Unterstützung des Partners gegeben ist und daher der Umzug in eine stationäre Einrichtung früher notwendig wird.
Prognostisch gesehen (Modellrechnung bis 2031 des Statistischen Landesamtes BadenWürttemberg) wird die Zahl pflegebedürftiger Männer stärker als die der Frauen zunehmen. So
steigt die Zahl der Frauen um 44%, die der Männer um 65%. Dies erklärt sich dadurch, dass
aktuell die Altersgruppe der Männer über 75 Jahre aufgrund der Gefallenen im Zweiten Weltkrieg schwächer besetzt ist. Langfristig wird dies keine Rolle mehr spielen.
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101
Ambulante und stationäre Pflege
Entwicklung der Anzahl an Pflegebedürftigen bis 2031
Das Statistische Landesamt hat auf Basis der 2007 erhobenen Pflegedaten eine Prognose
formuliert, wie sich die Anzahl an Pflegebedürftigen bis zum Jahr 2031 in Baden-Württemberg
weiterentwickeln könnte. Diese Zahlen sind immer mit Vorsicht zu betrachten, da zur Vorausberechnung viele unbekannte Faktoren berücksichtigt werden müssen, die zum derzeitigen
Zeitpunkt nicht statistisch eingrenzbar sind: Der Bereich Pflege und Versorgung unterliegt gesellschaftlichen (z.B. Pflegefähigkeit von Familien, Zunahme an alleinstehenden Älteren) und
politischen (z.B. Neuausrichtung der Pflegeversicherung und des Pflegebegriffs, Kostendeckung durch die Pflegeversicherung) Trends, die sich derzeit sehr stark in Bewegung befinden.
Die folgende Tabelle verdeutlicht entsprechend nur eine mögliche Entwicklung.
Deutlich wird hier jedoch, dass durch den demografischen Wandel mit einer deutlichen Zunahme an zu pflegenden Personen gerechnet werden muss. Der Anstieg an ambulant und stationär zu versorgenden Menschen ist dabei deutlich höher, als der Anstieg bei Pflegebedürftigen, die im familiären Umfeld versorgt werden. Es ist wie bereits angedeutet ebenso damit zu
rechnen, dass die Zahl der Pflegebedürftigen Männer stark ansteigen wird.
102
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Bedarf an Personal in Pflegeeinrichtungen
Das Statistische Landesamt formuliert in der Modellrechnung bis 2031 eine Bedarfszunahme
an Pflegekräften gegenüber 2007 um 62%. Bei dieser Berechnung ist nicht berücksichtigt
(Status-Quo-Berechnung), dass aller Voraussicht nach das häusliche Pflegepotenzial weiter
abnimmt, weil die dazu notwendigen privaten Pflegepersonen (Partner/-innen, Töchter,
Schwiegertöchter) immer seltener zur Verfügung stehen werden. Dies hat demografische
Gründe sowie gesellschaftliche und lebenslaufbezogene Ursachen. Diese Prognosezahl muss
deshalb als Mindestanzahl verstanden werden. In einer Trendberechnung, die diese und weitere Faktoren einbezieht, wird von einer Zunahme um 91% ausgegangen.
Der Mangel an gut ausgebildeten Pflegekräften ist auch in Kirchheim unter Teck bereits zum
jetzigen Zeitpunkt deutlich spürbar und wird im Bereich Pflege und Versorgung eine der großen Herausforderungen der nächsten Jahre sein. Alle befragten Dienste und Einrichtungen
haben bereits jetzt Schwierigkeiten, ihre Stellen mit geeigneten Fachkräften zu besetzen.
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103
Ambulante und stationäre Pflege
Angebote zur Unterstützung der häuslichen Pflegesituation in Kirchheim
unter Teck
Um älter werdenden Menschen einen möglichst langen Verbleib im gewohnten Umfeld zu ermöglichen, ist es wichtig, dass auf kommunaler Ebene bedarfsgerechte Unterstützungsangebote auch im Vorfeld einer Pflegebedürftigkeit vorhanden sind.
Hauswirtschaftliche Unterstützung
In vielen Fällen übernehmen Angehörige erste Aufgaben, die der älteren Person schwer fallen.
Dies kann das Erledigen von Einkäufen, die Wohnungsreinigung oder die Essensversorgung
sein. Eine zunehmende Anzahl an älteren Menschen kann auf diese familiären Ressourcen jedoch nicht mehr zurückgreifen, da die Zahl der Alleinstehenden ansteigt oder die Kinder oftmals nicht im Umfeld leben.
Hilfen im Haushalt wie Einkaufen, Spülen, Kochen, Putzen, Waschen, Bügeln, Wohnungsreinigung, Kehrwoche, z.T. auch Fahr- und Begleitdienste, aber auch pflegerische Alltagshilfen und
die Begleitung bei Arztbesuchen und Spaziergängen sind daher wichtige Angebote um die
selbständige Alltags-Lebensführung zu erhalten.
Allgemeine hauswirtschaftliche Dienste
Bestand
Zur Unterstützung im Haushalt gibt es verschiedene Möglichkeiten in Kirchheim unter Teck.
Die ambulanten Dienste haben oft Zusatzleistungen in ihrer Angebotspalette, die sich auch
auf die tägliche Bewältigung des Haushalts beziehen. Darüber hinaus gibt es gewerbliche Anbieter und auf Privatbasis arbeitende Haushaltshilfen, die unterschiedliche haushaltsnahe
Dienstleistungen anbieten.
Bedarf
Insgesamt ist derzeit das Angebot in Kirchheim unter Teck ausreichend und vielfältig. Es ist
jedoch davon auszugehen, dass der Bedarf an solchen Angeboten in den nächsten Jahren
deutlich ansteigen wird. Hier werden flexible, zahlbare Dienstleistungsangebote notwendig
werden. Viele Anbieter haben sich in den vergangenen Jahren auf die Bedürfnisse dieser
Haushalte im Rahmen ihrer Möglichkeiten flexibel eingestellt. Die Entwicklung in diesem Bereich sollte weiter beobachtet werden. Passgenaue Angebote sind weiterhin einzurichten und
an den Bedarf anzupassen.
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Maßnahmen
Altenhilfekonferenz beobachtet die Entwicklung der Bedarfslagen und regt frühzeitig neue
Dienstleistungen an
Bedarfsgerechte
Anpassung des vorhandenen Angebots im Bereich der haushaltsnahen
Dienstleistungen durch die Altenhilfeträger und den privaten Dienstleistungsmarkt
Entwicklung von niedrigschwelligen ergänzenden Dienstleistungen im Rahmen des bürgerschaftlichen Engagements (Verein buefet e.V. mit weiteren bürgerschaftlichen Initiativen)
Mittagstisch und Essen auf Rädern/Mahlzeitendienste
Mahlzeitendienste und organisierte Mittagstische in Einrichtungen sind wichtige Eckpfeiler in
der alltäglichen Versorgung von älteren Menschen. Organisierte Mittagstische werden insbesondere aufgrund ihres geselligen Charakters gerne von älteren Menschen angenommen. In
angenehmer Atmosphäre ist es möglich, eine warme Mahlzeit zu einem fairen Preis einzunehmen, ohne den organisatorischen Aufwand des Einkaufens, Kochens oder Spülens zu haben.
Ist eine Person nicht mehr mobil oder möchte das Angebot in einer Einrichtung nicht wahrnehmen, bietet sich die Nutzung eines Mahlzeitendienstes an, welcher das Essen nach Bedarf
in die Wohnung liefert.
Bestand
In Kirchheim unter Teck öffnen viele Einrichtungen (zum Beispiel Pflegeheime, Gemeindehäuser oder das Mehrgenerationenhaus LINDE) ihr Haus und bieten einen günstigen Mittagstisch
für alle Altersgruppen an. Für die Einrichtungen stärkt dieses Angebot die Ein- und Anbindung
an das Quartier. Eine Übersichtsliste der offenen Mittagstische (Stand 2009) enthält 14 Angebote von Kirchengemeinden und Einrichtungen. Hier finden sich Einrichtungen, bei denen
dieses Angebot täglich besteht, sowie Einrichtungen die einmal in der Woche einen Mittagstisch durchführen. Die Kosten liegen zwischen 2,50 und 6,- € pro Mahlzeit. Das Angebot des
Mittagstisches stellt aus Sicht der Altenhilfeplanung einen Gewinn sowohl für die Einrichtungen als auch für die Nutzer dar:
-
Die Einrichtungen können ihre Wirkung in das Quartier hinein stärken und den Kontakt
zur Nachbarschaft aufbauen und halten.
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Ambulante und stationäre Pflege
-
Die Nutzer haben bei regelmäßigem Besuch Anbindung an die durchführenden Menschen und Einrichtungen, neue Kontakte können entstehen und gepflegt werden, geselliges Miteinander ist möglich. Hinzu kommt die tagesstrukturierende und aktivierende Wirkung, wenn das Mittagessen außerhalb der Wohnung eingenommen wird.
-
Die Nutzung der Mittagstischangebote ist für ältere Menschen an die Frage gekoppelt,
ob das Angebot auf kurzem Weg erreicht werden kann, es also im direkten Wohnumfeld, bzw. im Quartier zu finden ist. Ist dies gegeben, ist die Hemmschwelle der Älteren geringer, es auch anzunehmen. Muss erst eine aufwendige Anfahrt in Kauf genommen werden, sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Annahme des Angebots.
-
Neben den beschriebenen in kurzen Abständen stattfindenden Angeboten führen auch
einige Kirchengemeinden regelmäßig einmal monatlich Mittagstische durch. Besonders
in den infrastrukturell schwachen Stadtteilen wie Nabern, Lindorf oder Jesingen werden die Angebote sehr gut besucht. Hier ist nicht nur das günstige Essen entscheidend, die sozialen Aspekte des Miteinanders stehen ebenfalls im Vordergrund.
-
Die Vielfalt der Angebote wird begrüßt. Die angebotenen Mittagstische stellen aus der
Sicht der Altenhilfeplanung einen wichtigen Eckpfeiler in der Versorgung der älteren
Menschen dar. Insbesondere der gesellige Aspekt ist in Anbetracht der zunehmenden
Vereinsamung älterer Menschen zu unterstützen.
Möchten ältere Menschen das Angebot der Mittagstische nicht in Anspruch nehmen, besteht
die Möglichkeit, Mahlzeiten von mobilen Diensten als Tiefkühlkost oder fertig zubereitet geliefert zu bekommen. Es gibt unterschiedliche Menüangebote, die auch besondere Ernährungsnotwendigkeiten berücksichtigen (z.B. für Diabetiker geeignete oder passierte Kost). Die ambulanten Pflegedienste beraten und bieten teilweise ebenfalls Essen auf Rädern an, bzw. vermitteln den Kontakt zu solchen Anbietern. Der Bestand an Dienstleistern wird in diesem Bereich als ausreichend dargestellt.
Einen immer größer werdenden Beitrag zur Essensversorgung älterer Menschen leisten Gaststätten, Metzgereien und Imbissanbieter. Sie stellen sich immer mehr auf dieses wichtige
Kundenpotenzial ein.
Bedarf
Das derzeit bestehende Angebot ist von den Akteuren als ausreichend beschrieben worden.
Es ist jedoch auch hier damit zu rechnen, dass der Bedarf an dieser Unterstützungsform weiter zunehmen wird. Mit dem Essensangebot finden Ältere Zugang zu Kommunikation und Teilhabe, schöpfen Vertrauen zu Akteuren im Quartier und finden Zugang zu Informationen. Unter
diesem Aspekt sind die Angebote in Zukunft zu gestalten.
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Maßnahmen
Flächendeckendes Angebot von Mittagstischen in allen Quartieren, durch bereits vorhandene Einrichtungen (Pflegeheime, soziale Institutionen, Nachbarschaftsnetzwerke, Kirchengemeinden, Gaststätten)
Aktive Werbung für Mittagstischangebote insbesondere im Quartier
Fahrdienste einrichten, um mobilitätseingeschränkten Menschen die Teilnahme zu
ermöglichen
Unterstützung für pflegende Angehörige
Pflegende Angehörige stellen eine große, außerordentlich wichtige gesellschaftliche Ressource
dar, welche in den kommenden Jahren noch einen Bedeutungsgewinn haben wird. Die erwartete steigende Anzahl an Pflegebedürftigen kann zu einer starken Auslastung der Einrichtungen und Dienste führen. Außerdem ist mit Neuregelungen im Rahmen der Pflegeversicherung
in den nächsten Jahren zu rechnen. Die Politik wird das Leitziel "ambulant vor stationär" noch
mehr in den Vordergrund stellen. Der Wunsch der Älteren, möglichst lange zu Hause bleiben
zu können wird sich eher noch verstärken. Der Trend, eine Versorgung im Pflegeheim erst
möglichst spät in Anspruch zu nehmen, wird ungebrochen bleiben.
Die meisten Pflegebedürftigen erhalten die nötige organisatorische, hauswirtschaftliche und
nicht zuletzt emotionale Unterstützung durch die Familie. Für die pflegenden Angehörigen bedeutet der (u.U. ganz plötzlich aufgetretene) Hilfebedarf eines Familienmitgliedes je nach persönlicher Lebenssituation eine große Herausforderung. Oftmals sehen sie sich mit vielen unterschiedlichen Aspekten der Pflege des Angehörigen konfrontiert. Belastungen und Überforderungen in der Pflegesituation können u.a. entstehen, wenn
-
keine pflegerischen Grundkenntnisse vorhanden sind
-
neben der zu pflegenden Person noch andere Familienmitglieder (z.B. eigene Kinder)
der Unterstützung bedürfen
-
die finanziellen Belastungen, die sich aus der Pflege ergeben, zunehmen
-
die körperlichen Belastungen, die sich aus der Pflege ergeben, zunehmen
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Ambulante und stationäre Pflege
-
das Pflichtgefühl dominiert und die emotionale Ebene zum Pflegenden oder zur Pflegesituation nicht geklärt ist
-
die Pflege des Angehörigen deutlich länger dauert, als zu Beginn angenommen.
Bestand
In Kirchheim unter Teck haben sich verschiedene flankierende Unterstützungsangebote für
pflegende Angehörige etabliert:
Pflegebegleitung
Ziel der Pflegebegleitung ist es, pflegenden Angehörigen entlastend zur Seite zu stehen. Pflegebegleiter/innen sind ehrenamtlich tätig und möchten pflegende Angehörige in ihrer Arbeit
wertschätzen und stärken und über Hilfs- und Entlastungsmöglichkeiten informieren. Pflegebegleitung reicht, je nach Bedarf von einem Einzelgespräch oder Telefonkontakten bis hin zu
einer Begleitung über mehrere Jahre hinweg. In Kirchheim unter Teck werden die Pflegebegleiter durch den Verein buefet koordiniert und betreut. Der Verein buefet ist Mitglied im "Netzwerk pflegeBegleitung".
Gruppe pflegender Angehöriger
Zusätzlich zu den zuvor genannten individuellen Kontakten bieten Pflegebegleiter/innen in Kooperation mit dem Sozialpsychiatrischen Dienst für alte Menschen (SOFA) eine monatlich
stattfindende Gesprächsgruppe für pflegende Angehörige an. „Zeit für sich – Zeit für ein Gespräch“ bietet Gelegenheit, Erfahrungen auszutauschen, Tipps einzuholen und auszuspannen.
Das Angebot wird von einem festen Stamm besucht, es kommen jedoch auch regelmäßig
neue Besucherinnen und Besucher hinzu.
Kurse für häusliche Krankenpflege
Die ambulanten Pflegedienste und auch die Pflegekassen bieten Kurse an, in denen pflegende
Angehörige Tipps und Unterstützung im Umgang mit ihrer Pflegetätigkeit erfahren. Hier werden zum Beispiel Lagerungsmöglichkeiten oder Techniken zum richtigen Heben vermittelt um
eine körperliche Belastung zu minimieren. Einzelberatungen sind in der Regel auch in der häuslichen Umgebung möglich.
Informations- und Einzelangebote
Im Rahmen der Demenzkampagne haben Stadt und Träger begonnen, pflegende Angehörige
verstärkt mit Informationen zur Krankheit und zu Entlastungsangeboten zu versorgen.
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Betreuungsgruppen und Besuchsdienste sind etabliert. Der Pflegestützpunkt bietet sich durch
regelmäßige Beratungsstunden als Unterstützungsanker an.
Bedarf
Die beschriebenen Angebote zur Unterstützung der pflegenden Angehörigen werden von den
entsprechenden Anbietern als ausreichend dargestellt. Die Annahme der einzelnen Unterstützungsleistungen für pflegende Angehörige ist jedoch sehr unterschiedlich:
Konkrete Unterstützung im Pflegealltag, wie sie bei den Pflegekursen angeboten wird, wird
zielgerichtet nachgefragt, da die Teilnahme an diesem Angebot eine konkrete Hilfe verspricht.
Das Angebot der Pflegebegleiter wird hingegen nur punktuell angenommen. Das Angebot der
Gesprächsgruppe ist deutlich niederschwelliger und wird entsprechend besser von pflegenden
Angehörigen angenommen.
Viele Angehörige scheinen Angebote, die eine emotionale Betreuung zum Ziel haben, weniger
wahrzunehmen. Dies kann daran liegen, dass die Angebote zu wenig bekannt sind, die Unterstützung durch das private Umfeld (Familie und Freunde) erbracht wird oder eine emotionale
Unterstützung von Pflegepersonen nicht als „notwendig“ erachtet wird. Dies birgt die Gefahr,
dass Angehörige sich über die eigene Belastungsgrenze hinaus aufopfern und Unterstützungsmöglichkeiten nicht abgerufen werden. In dem Sinne, dass nicht nur der zu pflegenden
Person die optimale Versorgung zu teil werden soll, sondern auch insbesondere die Angehörigen für die Pflegesituation gestärkt werden müssen, gewinnen Unterstützungsangebote an
Bedeutung.
Pflegende Angehörige sind zu einem großen Teil weiblich. Bislang sind deshalb auch die Unterstützungsangebote stärker auf weibliche Pflegepersonen ausgerichtet. Zunehmend pflegen
jedoch auch Männer verantwortungs- und aufopferungsvoll ihre Partnerinnen. Sie haben teilweise anderen Unterstützungsbedarf und tun sich oftmals noch schwerer, Hilfe in Anspruch
zu nehmen. Hier gilt es neue Angebote zu entwickeln, die sich speziell an Männer richten.
Es wird empfohlen, die Unterstützungsleistungen weiterhin im Blick zu haben und bedarfsgerecht Angebote zu entwickeln um dem Anspruch ambulant vor stationär langfristig zu entsprechen.
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Ambulante und stationäre Pflege
Maßnahmen
Entlastungsangebote
für pflegende Angehörige in der Öffentlichkeit besser bekannt ma-
chen
Neue Kooperationsformen und flexible Angebote entwickeln, damit Pflege zu Hause möglichst lange möglich ist
Entlastungsangebote im Blick auf die Bedürfnisse von männlichen Pflegepersonen weiterentwickeln
Pflegesektor, Kommune und Wirtschaft entwickeln Lösungen für die bessere Vereinbarkeit
von Pflege und Beruf
Stadt Kirchheim entwickelt beispielhaft für ihre Mitarbeiterschaft ein Konzept zur besseren
Vereinbarkeit von Pflege und Beruf
Ambulante Dienste
Das breite Angebot der ambulanten Dienste ist eine tragende Säule der häuslichen Unterstützung bei Krankheit und/oder Pflegebedürftigkeit. Es ermöglicht den älteren Menschen, dass sie
trotz gesundheitlicher Einschränkungen länger zu Hause wohnen bleiben können, bevor unter
Umständen ein Umzug in ein Pflegheim notwendig ist.
Statistisch gesehen werden derzeit mehr als zwei Drittel der Pflegebedürftigen zuhause versorgt. Es sind dabei überwiegend die Angehörigen, die sich um die Pflegebedürftigen kümmern. Die Angebote der ambulanten Dienste werden insgesamt in 20 von 100 Fällen genutzt.
Die Situation der ambulanten Dienste selbst liegt derzeit im Spannungsfeld folgender Faktoren:
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-
Wirtschaftlichkeit und Finanzierbarkeit durch die Rahmenbedingungen der Kranken- und
Pflegeversicherung
-
Späte Nachfragesituation, da maßgeblich der Preis und nicht unbedingt die pflegerischen Bedürfnisse des Betroffenen die Nachfrageentscheidung bestimmt
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
-
Konkurrenzdruck der Dienste untereinander, auch durch gewerbliche und private Anbieter (u.a. Pflege- und Betreuungskräfte aus Osteuropa)
-
Zunahme der Zahl von Patienten mit höherem Pflegebedarf
-
Zunahme der Zahl von Patienten mit gerontopsychiatrischen Krankheitsbildern
-
fehlendes qualifiziertes Personal
Bestand
Die häusliche Versorgung älterer Menschen wird durch ein funktionierendes Netz ambulanter
Angebote möglich. Im Kirchheim unter Teck wurden im Rahmen der Bestandserhebung die
fünf regional am stärksten vertretenen ambulanten Dienste zu ihrer derzeitigen Einschätzung
der Situation befragt:
-
der ambulant sozialpflegerische Dienst des Deutschen Roten Kreuzes,
-
der ambulante Pflegedienst des Malteser Hilfsdienstes,
-
der ambulante Pflegedienst der Pflegeinsel,
-
der ambulante Pflegedienst des Seniorenzentrums Asklepia und
-
der ambulante Pflegedienst der Diakoniestation Teck.
Das Leistungsangebot dieser ambulanten Dienste umfasst u.a.:
-
grundpflegerische Tätigkeiten (Körperpflege, Ernährung, Mobilität)
-
hauswirtschaftliche Versorgung, wie zum Beispiel Einkaufen, Kochen, Reinigen der
Wohnung/Nachbarschaftshilfe
-
Beratung der Pflegebedürftigen und deren Angehörigen zu pflegerischen Themen
-
Unterstützung bei der Vermittlung von Hilfsdiensten, wie zum Beispiel Mahlzeitendienste, Hausnotruf und Organisation von Fahrdiensten
-
Ergänzende Leistungen der Krankenversicherung auf hausärztliche Verordnung: medizinische Behandlungspflege (zum Beispiel Medikamentengabe, Verbandswechsel oder Injektionen) und/oder häusliche Krankenpflege nach § 37 SGB V
Der größte ambulante Dienst ist die Diakoniestation Teck, gefolgt vom ambulant sozialpflegerischen Dienst des Deutschen Roten Kreuz mit Sitz in Nürtingen und dem Angebot des Malteser Hilfsdienstes. Die beiden ambulanten Dienste mit gewerblichen Trägern (Asklepia Pflegedienst und ambulanter Pflegedienst der Pflegeinsel) sind den jeweiligen Seniorenzentren angegliedert.
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Ambulante und stationäre Pflege
Die Einsatzzeiten der Dienste sind vorwiegend tagsüber. Die gewerblichen Dienste bieten auch
Nachtpflege an, während die anderen nachts eine Rufbereitschaft anbieten.
Das Leistungsangebot der Dienste umfasst neben der oben genannten Angebote auch die Gerontopsychiatrische Fachpflege und Betreuung (Asklepia, Pflegeinsel, Diakoniestation Teck mit
Kooperationspartnern) und die Palliativversorgung (Pflegeinsel, Asklepia Seniorenzentrum,
Diakoniestation Teck).
Die im Rahmen der Bestandserhebung angefragten Nutzerdaten der ambulanten Dienste konnten nicht umfassend ausgewertet werden, da nicht alle Dienste die Daten zur Verfügung gestellt haben.
Zwischenzeitlich hat sich in Kirchheim unter Teck ein ambulanter Pflegedienst (Hoffnungstal
GBR) angesiedelt, der sich auf die Pflege und Versorgung russischsprachiger Patienten konzentriert. Der Dienst wird gut nachgefragt. Die Einrichtung von Pflegediensten, die kultursensible Pflegeansätze verfolgen, wird von Seiten der Altenhilfeplanung begrüßt. Wie alle zuvor
genannten Dienste ist auch dieser in die städtischen Gremien eingebunden.
Bedarf
Personal
Alle Dienste haben Probleme, examinierte Pflegefachkräfte zu gewinnen. Diese Tatsache
weist auf den schon jetzt im ambulanten Bereich vorhandenen Pflegeengpass hin. Der Wegfall
der Zivildienstleistenden und die begrenzte Einsatzmöglichkeit/Verfügbarkeit des Bundesfreiwilligendienstes wirken sich auch bei den ambulanten Diensten aus. Hier sollte die Altenhilfekonferenz ausloten, welche Möglichkeiten bestehen, um vor Ort dem Fachkräfteengpass entgegenzuwirken.
Nachfrage
Die Nachfragesituation ist bei den ambulanten Diensten schwankend. Sie hängst sehr davon
ab, wie die wirtschaftliche Gesamtsituation und damit die Erwerbsquote der Angehörigen ist.
Einhellig wurde in den Interviews und in den unterschiedlichen Gremien festgestellt, dass vor
allem die weiblichen Familienmitglieder die Last Pflege und die Aufgaben der Koordination der
erforderlichen Dienstleistungen tragen.
Als prekär ist festzuhalten, dass in zunehmendem Maße auf die für eine optimale Versorgung
des älteren Menschen notwendigen Angebote von den Pflegekassen verzichtet wird. Die
Gründe dafür liegen nicht alleine in der finanziellen Situation der Betroffenen bzw. ihrer Angehörigen, sondern in der nicht vorhandenen Einsicht, Geld (auch Zuzahlungen) für die notwendigen Unterstützungsangebote auszugeben.
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Dass es dadurch zu einer Versorgungssituation kommen kann, die bis in den Grenzbereich
einer pflegerischen Vernachlässigung reicht, ist dabei die Konsequenz. Auch hier sind die ambulanten Dienste, aber auch die Beratungsstellen immer wieder gefordert, wenn sie die Gelegenheit haben, sich im Sinne einer qualitativ guten Versorgung für den Betroffenen einzusetzen.
Der Bestand an ambulanten Angeboten in Kirchheim unter Teck wurde als ausreichend dargestellt. Diese Einschätzung teilen auch die Informations- und Beratungsstellen sowie die Anbieter und die Bürger, die im Planungsprozess eingebunden waren.
Um die Qualität des Angebots den Standards und den Erfordernissen entsprechend zu halten
bzw. anzupassen, muss qualifiziertes Personal zur Verfügung stehen.
Maßnahmen
Strategien zur Gewinnung und Bindung von qualifiziertem Pflegepersonal
Altenhilfekonferenz stellt Überlegungen an, wie Fachkräfte gewonnen werden können
Einbindung der Träger in die Berufsmessen und Berufsinformationsveranstaltungen
zur Gewinnung von Nachwuchskräften (Berufsinformationsmesse, Messe des BDS
usw.)
Berufsfachschule für Altenpflege der Deutschen-Angestellten-Akademie in Altenhilfekonferenz einbinden
Berufsorientierungsprojekte zum Thema Pflege in den Schulen initiieren
Imagekampagne für pflegerische Berufe unter Beteiligung der Pflegeinrichtungen und
ambulanten Dienste durchführen
Altenhilfekonferenz,
AG Pflegedienstleitungen, Klinik Kirchheim und Stadt starten einen
gemeinsamen Zukunftsprozess: "Versorgung und Pflege neu denken"
Eine
attraktive Stadt mit guter Infrastruktur, Freizeitwert und familienfreundlicher Ausstrahlung trägt dazu bei, dass Fachkräfte sie sich als Wohn- und Arbeitsstätte auswählen.
Diese Attraktivität gilt es zu steigern
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Ambulante und stationäre Pflege
24-Stunden-Pflege / 24-Stunden-Betreuung
Wenn eine umfangreiche Pflegebedürftigkeit vorliegt, kann eine 24-Stunden-Pflege in der eigenen Häuslichkeit eine geeignete Alternative zu einer stationären Versorgung sein. Pflegebedürftigen wird dadurch ermöglicht, weiter in ihrer gewohnten Umgebung zu leben und Angehörige sind in der Pflegesituation entlastet. Einige ambulante Pflegedienste in Kirchheim unter
Teck bieten in Kooperation mit der Stiftung Innovation&Pflege eine Rund-Um-Die-UhrBetreuung an. Der Kostenaufwand ist jedoch so hoch, dass sich die wenigsten Betroffenen
dieses Angebot über einen längeren Zeitraum leisten können.
Geht es um eine umfängliche Betreuungs- und Versorgungsbedürftigkeit (z.B. bei Demenzkranken) bei Tag und Nacht, ist dies von der etablierten Nachbarschaftshilfe nicht leistbar
bzw. für die Betroffenen zu teuer. In vielen Fällen sind deshalb Betreuungskräfte und Haushaltshilfen aus osteuropäischen Ländern in den Haushalten der Pflegebedürftigen. Zwischenzeitlich ist dies eine durchaus legale Möglichkeit eine Heimunterbringung zu vermeiden.
Im Rahmen dieser privaten Beschäftigungsverhältnisse kann wesentlich mehr Betreuung und
Versorgung abgedeckt werden. Dass damit qualitative Standards und gesetzliche Rahmenbedingungen vielfach unterlaufen werden, wird von den Auftraggebern hingenommen. Die Haushaltshilfen können entweder im Privathaushalt angestellt sein oder über eine Vermittlungsagentur in den Haushalt entsendet werden. Ausländische Haushaltshilfen dürfen hauswirtschaftliche Tätigkeiten und notwendige pflegerische Alltagshilfen verrichten, auch notwendige
Leistungen der sozialen Betreuung und Unterstützung. Nicht durchgeführt werden dürfen medizinische und/oder behandlungspflegerische Maßnahmen. Die werden von den ambulanten
Pflegediensten erbracht. Seit geraumer Zeit funktioniert das Miteinander der Fachdienste mit
den Haushaltshilfen in vielen Fällen gut. Von allen Beteiligten wird anerkannt, dass diese Form
der vernetzten Betreuung und Pflege (Angehörige, Pflegedienste, Haushaltshilfen) eine bedarfsgerechte Lösung darstellen kann. Bei der Beschäftigung von ausländischen Haushaltshilfen muss durch Angehörige und Fachpersonal sichergestellt werden, dass die Qualität der
Hilfen den Anforderungen entspricht.
Viel zu wenig wird in dem Zusammenhang die Befindlichkeit der ausländischen Haushaltshilfen betrachtet. Die Frauen verlassen für längere Zeiträume ihre eigenen Familien, um in
Deutschland ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Mit ihren persönlichen/familiären Sorgen und
mit einer nicht ganz einfachen Rolle im Pflegehaushalt sind sie alleingelassen. Über Wochen
und Monate mit einem 24-Stunden-Dienst belastet, haben sie meist keine Möglichkeit, sich
um ihre eigenen Bedürfnisse zu kümmern und sich mit jemandem außerhalb des Pflegehaushaltes auszutauschen.
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Bedarf
Da sich die 24-Stundenpflege derzeit sehr unterschiedlich und vor allem nicht öffentlich beobachtbar entwickelt, lässt sich ein Bedarf schwer ableiten. Das Spannungsfeld zwischen legaler
und illegaler Anstellung einer (ggf. osteuropäischen) Pflegekraft ist weiterhin zu beobachten.
Viele Träger passen sich derzeit dem Trend zur 24-Stundenpflege an (z.B. das Projekt FairCare
der Diakonie Württemberg) und sind bemüht, Standards im Bereich des Arbeits- und Sozialschutzes für die meist weiblichen Mitarbeiter zu setzen. Diese Herangehensweise ist aus Sicht
der Altenhilfeplanung zu unterstützen.
Maßnahmen
Arbeitgeber
von ausländischen Haushaltshilfen müssen durch Information und Beratung
auf die Notwendigkeit einer legalen Beschäftigung hingewiesen werden
Im
Rahmen der Quartiersnetzwerke und Nachbarschaftsarbeit sollten die 24-StundenHaushaltshilfen Beachtung finden
Strategien entwickeln, wie das soziale Umfeld der Pflegebedürftigen (ggfs. in Kooperation
mit den Diensten) die gesundheitliche, seelische und soziale Befindlichkeit der ausländischen Kräfte in den Blick nehmen kann
buefet e.V.: Muttersprachliche Treffen oder muttersprachliche Kontaktarbeit für ausländische Kräfte, Bereitstellung der erforderlichen Projektmittel durch die Stadt
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Ambulante und stationäre Pflege
Teilstationäre und stationäre Versorgungsangebote
Übersicht über die stationären und teilstationären Einrichtungen (Stand 2011)
Einrichtung
Asklepia
Seniorenzentrum
DRK Seniorenzentrum
Fickerstift
DRK Seniorenzentrum
Steingaustift
Die Pflegeinsel
Steingau Ärztezentrum
Die Pflegeinsel
Pflegeheim Bohnau
Henriettenstift
PZK Pflegezentrum
Kirchheim
St. Hedwig
Seniorenzentrum
"An der Lauter"
Wächterheim
Tageszentrum
Isolde-Kurz-Haus
Träger
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KUPF
TAPF
amb.
Pflege
x
x
17
5
27
x
48
6
60
x
34
0
34
x
x
x
privat
3
12
27
x
x
x
privat
4
6
16
x
Die Zieglerschen
72
6
84
x
privat
12
14
40
x
34
30
94
x
64
10
84
x
32
4
40
x
privat
DRK Kreisverband
Nürtingen -Kirchheim
DRK Kreisverband
Nürtingen -Kirchheim
Paul Wilhelm von
Keppler Stiftung
Arbeiter-SamariterBund
Stiftung Tragwerk
DRK Kreisverband
Nürtingen -Kirchheim
gesamt
KUPF= Kurzzeitpflege
Anzahl Zimmer
Plätze
insgesamt
EZ
DZ
x
x
320
TAPF= Tagespflege
x
93
506
Amb.Pflege= durch Heim oder Träger
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Tagespflege
Die Tagespflege ist ein Bindeglied zwischen den ambulanten und stationären Angeboten. Hier
werden ältere Menschen mit körperlichen, psychischen und gerontopsychiatrischen Einschränkungen in der Regel tagsüber zwischen Montag und Freitag betreut. Neben einem Programm zur Tagesgestaltung werden auch pflegerische Leistungen (auch Behandlungspflege)
angeboten.
Die Tagespflege gibt damit die Möglichkeit, trotz Pflegebedürftigkeit in der häuslichen Umgebung und Selbständigkeit zu bleiben. In der Gemeinschaft werden Kontakte zu anderen Menschen gepflegt, in einem Miteinander, das unterschiedliche Aktivitäten beinhaltet, werden vor
allem auch alleinlebende Ältere ihrer oft häuslichen Isolation entrissen. Aufgenommen werden
in der Regel ältere Menschen. Die Tagespflegegäste werden in der Regel morgens von einem
Fahrdienst abgeholt und abends wieder nach Hause gebracht. Insgesamt ist die Tagespflege
somit auch ein wichtiges Entlastungsangebot für die pflegenden Angehörigen.
Die Rahmenbedingungen für die Tagespflegen haben sich in den letzten Jahren geändert. Einerseits ist das Angebot durch die Leistungen der Pflegeversicherungen teilweise finanziert,
andererseits sehen sich auch die Tagespflegen unter Konkurrenzdruck. Die Nachfragesituation
hat sich ebenfalls verändert: Das Angebot wird häufig nur an einzelnen Tagen, an einem oder
an zwei Tagen pro Woche in Anspruch genommen. Dies erschwert die Arbeit in und für die
Gruppe sowie eine verlässliche wirtschaftliche Planung des Trägers.
Bestand
Im Rahmen der Bestandserhebung wurden vier Tagespflegen mit insgesamt 39 Plätzen erhoben. Drei der vier Tagespflegen sind an ein Pflegeheim angebunden, die andere ist eine ausgelagerte Gruppe. Zum Stichtag nahmen 85 Tagespflegegäste das Angebot in den Kirchheimer
Tagespflegen wahr.
Die Leistungen und Angebote sind in allen Einrichtungen gleich: Neben der pflegerischen Versorgung und den rehabilitativen Leistungen gibt es anregende und entspannende Aktivitäten
und Angebote auch für dementiell Erkrankte. Aufnahme-Ausschluss-Kriterien gibt es grundsätzlich keine; allerdings können stark weglaufgefährdete Menschen nicht aufgenommen werden.
Die Öffnungszeiten der Einrichtungen sind verschieden. Zwei Tagespflegen haben von Montag
bis Sonntag, die anderen Einrichtungen haben von Montag bis Samstag zwischen 8 Uhr und
16 Uhr geöffnet, bei Bedarf zwischen 7 Uhr und 20 Uhr; flexible Zeiten sind darüber hinaus
möglich.
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Ambulante und stationäre Pflege
Nutzerstruktur – Auswertung der Statistik
Bei der Altersstruktur der Tagespflegegäste zeigt sich Folgendes:
Knapp 2% sind unter 65 Jahre alt;
unter 75 Jahre sind etwas über
15% der Besucher; ca. die Hälfte
der Tagespflegegäste ist zwischen
75 und 85 Jahren; ein Drittel ist
über 85 Jahre.
Die Wohnsituation der Tagespflegegäste ist unterschiedlich: Ein Drittel der Besucher lebt mit dem Ehepartner zusammen; ein weiteres
Drittel lebt bei den Kindern oder mit
anderen Angehörigen und immerhin
ein Drittel der Besucher lebt alleine.
Die Pflegestufen der Gäste verteilen
sich folgendermaßen: Ein Viertel
der Tagespflegegäste ist in keiner
Pflegestufe, jeweils mehr als ein
Drittel ist in Pflegestufe 1 und Pflegestufe 2 eingestuft, knapp 6% der
Gäste haben die Pflegestufe 3.
unter 65 J.
65-74 J.
75-84 J.
Über 85 J.
Alleinlebend
Haushalt mit
Angehörigen
Haushalt mit Ehepartner
keine Pflegestufe
Pflegestufe 1
Pflegestufe 2
Pflegestufe 3
Hier wird sichtbar, dass das Angebot von immerhin knapp 40% älterer Menschen in Anspruch
genommen wird, die eine höhere Pflegestufe und somit einen höheren Betreuungsbedarf haben.
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Ergänzt wird dieser Befund durch die Aussagen über die dementiellen Einschränkungen der
Tagespflegegäste:
-
über 45% haben leichte Einschränkungen;
-
immerhin weitere knapp 45% haben mittlere bis starke Einschränkungen;
-
keine Einschränkungen haben 11% der Gäste.
Bedarf
Das aktuelle Angebot an Tagespflegeplätzen ist ausreichend. Dies bestätigen alle befragten
Anbieter sowie weitere Experten und Bürger, die in den Planungsprozess eingebunden waren.
Die Aufenthaltsdauer (Tage pro Woche) der Tagespflegegäste hat sich auch in Kirchheim unter Teck im Vergleich zu den vergangenen Jahren immer mehr verkürzt. Die Tagespflegen
müssen immer flexibler werden und sich gleichzeitig auf zunehmend gesundheitlich eingeschränkte Besucher einstellen. Wie bei allen Angeboten im pflegerischen Bereich sind auch die
Tagespflegen immer wieder mit Personalengpässen konfrontiert.
Empfehlenswert wäre ein jährlicher Austausch unter den Kirchheimer Tagespflegen und ggf.
die Entwicklung gemeinsamer Aktionen.
Maßnahmen
Träger
der Tagespflegen entwickeln Möglichkeiten der Vernetzung der Tagespflege im
Quartier/Stadtteil und die verstärkte Beteiligung von Ehrenamt
Regelmäßiger Austausch unter den Anbietern, ggfs. gemeinsame Aktionen initiieren und
durchführen
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Ambulante und stationäre Pflege
Kurzzeitpflege
Die Kurzzeitpflege stellt ein wichtiges Entlastungsangebot für Angehörige dar. Mit ihr können
häusliche Pflegesituationen in Krisen oder bei Krankheit bzw. Urlaub der Pflegeperson überbrückt werden. Durch die Verkürzung der Verweildauer in den Kliniken hat die Kurzzeitpflege
für den Übergang von der Klinik in eine Rehabilitationseinrichtung oder in die eigene Häuslichkeit an Bedeutung gewonnen. Das Entlassmanagement der Kliniken kann keine Rücksicht
mehr darauf nehmen, ob ein nicht mehr behandlungsbedürftiger Patient zu Hause zu Recht
kommt oder nahtlos in einer Rehaklinik aufgenommen werden kann. Menschen mit (vorübergehenden) gesundheitlichen Einschränkungen sind insbesondere dann auf Kurzzeitpflege angewiesen, wenn keine Angehörigen die Versorgung sicherstellen. Besonders problematisch ist
die Situation dann, wenn wenig Einkommen oder Vermögen vorhanden ist, da bei vorübergehender Pflegebedürftigkeit keine Ansprüche gegenüber den Pflegekassen geltend gemacht
werden können.
Bestand
Alle Kirchheimer Pflegeheime bieten zu den gleichen Preisen wie die Dauerpflege auch Kurzzeitpflegeplätze an. Der aktuelle Bestand an Kurzzeitpflegeplätzen kann nicht wiedergegeben
werden. Dies liegt daran, dass die Pflegeheime dazu übergegangen sind, sich flexibel dem
Bedarf an Plätzen anzupassen. Dauerpflegeplätze werden bei Bedarf und sofern nicht belegt
vorübergehend mit Kurzzeitpflegepatienten belegt. Vorübergehend hat die Klinik Kirchheim
unter Teck in ihrem Altbau eine Kurzzeitpflegestation betrieben. Sie wurde im Rahmen der
strukturellen Veränderungen wieder geschlossen
Bedarf
Der Bedarf an weiteren Kurzzeitpflegeplätzen ist nach Einschätzung des Kliniksozialdienstes
und Beratungsstellen (Pflegestützpunkt) gegeben. Eine Wiedereröffnung des Kurzzeitpflegebetriebes im Klinikum Kirchheim würde die Situation entschärfen. Die immer kürzere Verweildauer von Patienten in der Klinik und die aufgrund der demografisch bedingten Zunahme älterer Klinikpatienten sorgen für Engpässe in der Versorgung im Kurzzeitpflegebereich. Eine an
die Klinik angegliederte Kurzzeitpflege hätte zudem für die Patienten große Vorteile, da die
begonnenen Behandlungen nahtlos weitergeführt werden können und auch die psychologische
Hürde eines vorübergehenden Umzugs in ein Pflegeheim entfiele. Der Aufenthalt in einer Klinik-Kurzzeitpflege wird eher als ein verlängerter Krankenhausaufenthalt angesehen. Außerdem
stellt diese Kurzzeitpflege auch die Versorgung von jüngeren Entlasspatienten sicher, die keine
Aufnahme in der Kurzzeitpflege eines Altenheims finden.
120
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Maßnahmen:
Einrichtung
einer Kurzzeitpflege im Klinikum Kirchheim zur Verbesserung der Anschlussversorgung an eine Krankenhausbehandlung für Patienten jeden Alters ohne häusliche Versorgungsmöglichkeit
Pflegeheime
Pflegeheime sind ein unverzichtbares Angebot der Versorgung im Pflegefall, wenn ein Verbleib
zu Hause nicht mehr möglich ist.
In den vergangenen Jahren haben sich durch vielerlei Faktoren (Pflegeversicherung, ambulant
vor stationär, neue Krankheitsbilder) die Strukturen der Pflegeheime verändert. Auf die Bewohner bezogen zeigt sich, dass das Durchschnittsalter stark gestiegen ist und entsprechend
auch der Pflegebedarf der Menschen in den Heimen zugenommen hat. Gleichzeitig sinkt die
Verweildauer, sodass in den Einrichtungen Sterben und Sterbebegleitung den Alltag intensiver
prägen.
Heutzutage ziehen die älteren Menschen erst in ein Pflegeheim, wenn es absolut unumgänglich ist. Wie sich dieser Trend entwickelt, ist noch nicht absehbar, das hängt zum einen davon
ab, inwieweit sich zukünftig pflegende Angehörige engagieren können oder wollen und zum
anderen davon, ob nicht andere Strukturen aufgebaut und genutzt werden, die ein Verbleiben
in der eigenen Wohnung, d.h. im Quartier noch länger ermöglichen.
Insgesamt setzen sich die Pflegeeinrichtungen derzeit mit folgenden Themen und Rahmenbedingungen auseinander:
-
Zunahme der dementiell Erkrankten: Umgang, Betreuung und Wohnkonzepte
-
Neue bzw. Anpassung der (Wohn-)Konzepte auf die Bewohnerstruktur insgesamt (immer älter und entsprechend stärkere Pflegebedürftigkeit, kürzere Verweildauer)
-
Menschenwürdige Betreuung und Pflege trotz Fachkräftemangel und Kostendruck
-
Pflegepersonal (Engpass, Berufsbelastung, Qualifizierung)
-
Orientierung der Einrichtung nach außen, Quartierskonzepte
-
Kultursensible Altenpflege
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121
Ambulante und stationäre Pflege
Bestand
In Kirchheim unter Teck gab es zum Erhebungszeitraum (2009/2010) 506 Pflegeplätze in 10
Einrichtungen; davon sind 45 Plätze im beschützten Bereich. Zum Stichtag waren 99% der
Plätze belegt. Die Pflegeheime sind in unterschiedlicher Trägerschaft und unterscheiden sich
hinsichtlich der Größe und Ausstattung des Hauses und der Zimmer, der pflegerischen, therapeutischen und gesellschaftlichen Angebote sowie der Kosten, Lage und Verkehrsanbindung.
Nutzer-/Bewohnerstruktur – Auswertungen der Statistiken
Die durchschnittliche Verweildauer in den Einrichtungen ist sehr unterschiedlich; sie liegt zwischen 4,5 Monaten und 12 bis 15 Monaten oder auch einmal bei 70 Monaten. Insgesamt hat
jedoch die Verweildauer in den Pflegeeinrichtungen in den letzten Jahren deutlich abgenommen.
Fast die Hälfte der Bewohner der
Pflegeheime (ohne das Pflegezentrum) ist über 85 Jahre, über ein
Drittel ist zwischen 75 und 85
Jahre alt, zwischen 65 und 75
Jahren sind rund 11%. Insgesamt
sind die Altersgewichtungen in
den Einrichtungen relativ unterschiedlich.
65-74 J.
75-84 J.
Über 85 J.
Je älter die Bewohner sind, desto größer ist der Anteil der Frauen, er liegt im hohen Alter bei
über 80%.
Die Verteilung der Pflegestufen in
den Kirchheimer Pflegheimen entspricht nahezu der zuvor genannten
Verteilung
in
BadenWürttemberg: So sind 38% der
Bewohner in Pflegestufe 1, 41%
in Pflegestufe 2 und 16% in Pflegestufe 3.
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keine Pflegestufe
Pflegestufe 1
Pflegestufe 2
Pflegestufe 3
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Die Einschätzung der Befragten zum Anteil der Bewohner mit dementiellen Erkrankungen unterscheidet sich von der Verteilung bei der Tagespflege:
-
Keine Einschränkungen haben 32% der Bewohner,
-
leichte Einschränkungen 37% und
-
mittlere und starke Einschränkungen 31% der Bewohner.
Insgesamt sind die Anteile in den verschiedenen Pflegeheimen sehr unterschiedlich.
Pflegepersonal
Über die Hälfte der Einrichtungen hat Probleme, examinierte Pflegefachkräfte und Pflegefachkräfte mit gerontopsychiatrischer Zusatzausbildung zu finden. Der Fachkräftemangel ist bereits im gesamten Pflegesektor angekommen.
Kultursensible Altenpflege
In Kirchheim unter Teck leben relativ wenig ältere Migranten. Die kultursensible Altenpflege in
den befragten Pflegeeinrichtungen ist noch nicht so relevant. Eine Notwendigkeit, sich darauf
einzustellen wurde noch nicht gesehen. Allerdings wird die Fachdiskussion und die Umsetzung
kultursensibler Pflege in Städten mit höherem Anteil an älteren Migranten in den Pflegeheimen
durchaus wahrgenommen. Einzelne Kirchheimer Einrichtungen haben für ihre Mitarbeiter ein
Fortbildungsseminar durchgeführt und es gibt in verschiedenen Pflegeheimen Personal unterschiedlicher kultureller Herkunft (vgl. Kapitel Ältere Migranten).
Ehrenamtlich Engagierte und Angehörige
Alle Einrichtungen werden von ehrenamtlichem Engagement sowohl auf der Ebene der Einzelbetreuung und -beschäftigung als auch in zahlreichen Sonderveranstaltungen (Vorlesestunden,
gemeinsames Essen, Ausstellungen und Tanztee) unterstützt. Die Ehrenamtlichen arbeiten
überwiegend ohne Aufwandsentschädigung. Der ehrenamtliche Besuchsdienst der HeinrichSanwald-Stiftung bietet den Pflegeheimbewohnern regelmäßige Besuche und gestaltet auch
regelmäßige Programmpunkte im Tagesablauf. Der Besuchsdienst hat zwischenzeitlich ein
Besucherinnenpotenzial von über 60 Personen, darunter auch eine größere Gruppe Jugendlicher.
Auch Angehörige werden in der Regel bei der Vorbereitung von Angeboten (z.B. Gestaltung
von Nachmittagen), Festen und Veranstaltungen einbezogen.
Für die stationären Einrichtungen stellt sich die Frage, wie mittelfristig das Interesse an einem
ehrenamtlichen Engagement im Heim erhalten werden kann. Hauptsächlich engagieren sich
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123
Ambulante und stationäre Pflege
derzeit ältere Menschen für die Heimbewohner. Die neue Seniorengeneration bringt zunehmend Interesse an aktivem "jungem" Engagement mit, bei dem man nicht so sehr mit den
Schwierigkeiten des Alterns konfrontiert wird. Es bedarf neuer Strategien und attraktiver Inhalte.
Quartiersbezug
Der Quartiersbezug von Alten- und Pflegeheimen ist eine Qualität, von der im Idealfall alle profitieren: die Bürger im Stadtteil, die Einrichtungen und selbstverständlich die Bewohner.
Das Thema der Kooperationen und Quartiersanbindung wird in den Einrichtungen sehr unterschiedlich umgesetzt; die größeren Einrichtungen pflegen zu den sozialen Angeboten (z.B.
Kindergärten, Schulen) im Quartier regelmäßigen Kontakt. Zum Beispiel sind im Rahmen von
Festen Kinder mit Aufführungen präsent.
Die Öffnung der Einrichtungen nach außen in die Stadtteile geschieht überwiegend über das
Angebot von Mittagstischen, Nachmittagscafès, Gottesdiensten oder Festen. Teilweise werden Räume für Vereine und andere externe Nutzer zur Verfügung gestellt. Die Einrichtungen
bemühen sich unterschiedlich intensiv, als „offenes Haus“ im Quartier wahrgenommen zu
werden.
Fickerstift: Bereits 1995 hat die Stadt mit dem Träger DRK bei der Übergabe des neu erbauten Fickerstifts eine Vereinbarung über gemeinwesenorientierte Öffnung und die Einbeziehung
von bürgerschaftlichem Engagement getroffen. Mit Modellprojekten wie "Solidarisch mit Angehörigen" (in dessen Folge die landesweiten "BELA-Modellprojekte" entstanden sind) sind
beispielhafte Ansätze zur Qualitätsverbesserung entwickelt worden. Vereine und Kommune
und auch das Quartiersnetzwerk Paradiesle sind im Haus mit ihren Veranstaltungen zu Gast.
St. Hedwig: In der Folge der städtischen Zukunftswerkstatt "Neues Wohnen", haben sich die
Kreisbaugenossenschaft und die Keppler-Stiftung auf eine Quartiersbetrachtung im Bereich
Rauner verständigt. Gemeinsam mit der Stadt wurde eine Sozialraumanalyse für das Gebiet in
Auftrag gegeben (2009). Die Ergebnisse münden in ein Quartiersprojekt, in dessen Rahmen
ein großes Sanierungsprogramm der Kreisbau umgesetzt und Quartiersarbeit mit Quartiershaus und professionellem Quartiersmanagement durch die Keppler-Stiftung angegangen werden soll.
Wächterheim: Die Stiftung Tragwerk hat sich im Jahr 2011 intensive Gedanken zur konzeptionellen Weiterentwicklung des Wächterheims gemacht. Dabei spielte die Nutzung des großzügigen stadtnahen Geländes der Einrichtung eine wichtige Rolle, ebenso wie die Fachkräftegewinnung und die Öffnung ins Quartier. Ein Austausch erfolgte ausgiebig mit Fachkräften
von Landkreis, Stadt und Diakonischem Werk. Für den Träger besteht eine große Chance
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
in der Verknüpfung der Zukunftsplanungen für den Jugendhilfe- also auch den Altenhilfebereich an einem gemeinsamen Standort und in der inhaltlichen Vernetzung.
Projekt Bürgerengagement für Lebensqualität im Alter (BELA III) Bela in Kirchheim unter Teck:
Das Projekt BELA ist ein freiwilliger Zusammenschluss von Pflegeheimen aus dem Landkreis
Esslingen. Träger von BELA sind das Sozialministerium Baden-Württemberg, der Kreisseniorenrat Esslingen e.V. und der Landkreis Esslingen.
Drei Alten- und Pflegeheime in Kirchheim unter Teck (Altenpflegeheim St. Hedwig, das Henriettenstift und das DRK-Seniorenzentrum Steingaustift) wirkten beim Programm BELA III mit.
Das Programm, das im Rahmen dieses Engagements entstand, ist eine 5-teilige Kursreihe für
die Begleitung von Menschen mit Demenz in Pflegeheimen. Dieser Kurs richtete sich an interessierte Bürger aus BELA-Einrichtungen und Menschen, die an einer Mitarbeit in BELAEinrichtungen interessiert sind sowie beruflich Pflegende. Inzwischen wurde bereits der zweite
Kurs erfolgreich durchgeführt; für die BELA-Einrichtungen bedeutet das eine zusätzliche Unterstützung von nun 5 qualifizierten Demenzbegleiterinnen.
Bedarf
Das Angebot an Pflegeplätzen in Kirchheim unter Teck ist mit über 500 Plätzen ausreichend,
breit angelegt und vielfältig. Alle Einrichtungen haben sich auf den zunehmenden Anteil der
dementiell veränderten Bewohner mit Maßnahmen im Wohnkonzept und der Qualifizierung
von Mitarbeitern eingestellt. Ein Pflegeengpass zeichnet sich immer wieder in den einzelnen
Einrichtungen ab. Um einer Verschärfung der Situation entgegenzuwirken, sind Maßnahmen
notwendig und sinnvoll, die gemeinsam durch die Einrichtungen, Träger und die Stadt sowie
andere Kooperationspartner initiiert und umgesetzt werden.
Die Quartiersorientierung in den Einrichtungen ist unterschiedlich und ausbaufähig. Hier sollten
auf der Quartiersebene „Runde Tische“ einberufen werden, an denen die unterschiedlichen
Akteure des Stadtteils bzw. Quartiers teilnehmen, um Netzwerke aufzubauen und Aktionen
und ggf. Projekte zu initiieren.
Grundlage jeder Quartiersarbeit und der Nachbarschaftsnetzwerke ist die umfassende Vernetzung im Quartier und mit der Stadt!
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Ambulante und stationäre Pflege
Maßnahmen
Unterstützung der Einrichtungen bei ihren Bemühungen um eine Öffnung ins Gemeinwesen
und den Einbezug der Bürgerschaft in den Heimalltag
Austausch in der Altenhilfekonferenz und mit dem Forum Älterwerden über die Stärkung der Rolle der Pflegeheime im Quartier
Pflegeheime unterstützen die Quartiersarbeit durch die Bereitstellung ihrer Raumressourcen und weiterer Infrastruktur
Pflegeheime verbessern das Image stationärer Pflege und der Pflegeberufe durch offensive Öffnung und Mitwirkung in der Quartiersentwicklung/Gemeinwesenarbeit und
in den Nachbarschaftsnetzwerken
Gewinnung neuer bürgerschaftlich Engagierter
Strategien zur Gewinnung und Bindung von qualifiziertem Pflegepersonal
Altenhilfekonferenz stellt Überlegungen an, wie Fachkräfte gewonnen werden können
Einbindung der Träger in die Berufsmessen und Berufsinformationsveranstaltungen
zur Gewinnung von Nachwuchskräften (Berufsinformationsmesse, Messe des BDS
usw.)
Berufsfachschule für Altenpflege der Deutschen-Angestellten-Akademie in Altenhilfekonferenz einbinden
Imagekampagne für pflegerische Berufe unter Beteiligung der Pflegeinrichtungen und
ambulanten Dienste durchführen
Eine attraktive Stadt mit guter Infrastruktur, Freizeitwert und familienfreundlicher
Ausstrahlung trägt dazu bei, dass Fachkräfte sie sich als Wohn- und Arbeitsstätte
auswählen. Diese Attraktivität gilt es zu steigern
Altenhilfekonferenz,
AG Pflegedienstleitungen, Klinik Kirchheim und Stadt starten einen
gemeinsamen Zukunftsprozess: "Versorgung und Pflege neu denken"
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Palliativversorgung in Kirchheim unter Teck
Entsprechend des "Abschlussberichtes zur Palliativversorgung im Kreis Esslingen" der Kreiskliniken Esslingen lässt sich die Palliativversorgung im Landkreis Esslingen und somit auch für
Kirchheim unter Teck wie folgt beschreiben:
"Palliativmedizin (Definition der DGP) ist die aktive ganzheitliche Behandlung von Patienten
mit einer nicht heilbaren, progredienten und weit fortgeschrittenen Erkrankung mit begrenzter
Lebenserwartung. Sie strebt die Besserung körperlicher Krankheitsbeschwerden an und berücksichtigt psychische, soziale und spirituelle Probleme. Diese Definition stellt keine einzelne
Erkrankung in den Vordergrund, sondern den Patienten mit einem palliativmedizinischen Bedarf. Neben Patienten mit unheilbaren Tumorerkrankungen können auch Patienten mit anderen
z.B. neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen (MS, ALS, Parkinson, Schlaganfall,
Demenz) in Betracht kommen. Ziel ist immer die Erhaltung oder die Verbesserung der Lebensqualität in der verbleibenden Lebenszeit"
Palliativpatienten können nur noch unter bestimmten medizinischen Voraussetzungen im Krankenhaus verbleiben. Oftmals ist in dieser Phase ein Umzug in eine entsprechende Pflegeeinrichtung nötig, oder die Versorgung wird ambulant koordiniert.
Bestand
Der "Abschlussbericht zur Palliativversorgung im Kreis Esslingen" führt dazu Folgendes aus:
"Wenn der Patient in seiner gewohnten Umgebung (zuhause, im Pflegeheim) sterben möchte,
ist der Hausarzt zunächst der wichtigste Ansprechpartner für den Patienten und seine Angehörigen. An den Hausarzt werden in dieser Lebensphase mitunter recht komplexe Aufgaben
und Probleme herangetragen, die er dann mit Unterstützung der Angehörigen und von ambulanten Diensten lösen muss. Dies erfordert neben menschlichem Beistand besondere Kenntnisse, Erfahrungen sowie die Bereitschaft zur multidisziplinären Vernetzung und Kooperation.
Man spricht hier von der allgemeinen, ambulanten Palliativversorgung (AAPV).
Demgegenüber gibt es die spezialisierte, ambulante Palliativversorgung (SAPV) seit 2010 im
Landkreis Esslingen. Sie hat als gesetzliche Grundlage den § 37b SGB V, der definiert, „dass
Versicherte mit einer nicht heilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankung
bei einer zugleich begrenzten Lebenserwartung, die eine besonders aufwändige Versorgung
benötigen, einen Anspruch auf SAPV haben.“ Die SAPV bezieht sich also auf einen ganz bestimmten Patientenkreis (ca. 10% aller Palliativpatienten) mit besonders schweren oder komplexen Symptomen und Versorgungssituationen. Für die Erbringung von SAPV-Leistungen
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127
Ambulante und stationäre Pflege
sind bestimmte qualitative und organisatorische Voraussetzungen erforderlich:
-
Hohe, geprüfte Qualifikation der Leistungserbringer
-
Multiprofessionelles Palliativ-Team (mindestens Palliativarzt und Palliativschwester)
-
Versorgungssicherheit rund um die Uhr
Im Kreis Esslingen wurde bereits 2002 mit der Ausbildung von Palliativschwestern und 2005
von Palliativärzten begonnen. Wir sind dadurch in der komfortablen Lage, dass es dadurch
sowohl in der SAPV als auch in der AAPV relativ viele qualifizierte Ärzte (2010: ca. 40) und
Schwestern (2010: ca. 200) gibt. Organisatorisch war es uns wichtig, von Anfang an alle
Beteiligten an einen Tisch zu holen um ein funktionierendes und lebendiges Netzwerk zur Palliativversorgung aufzubauen."
Nach Aussage der Beteiligten ist diese Herangehensweise insbesondere im Bereich der SAPV
gelungen. Die SAPV hat sich neben der AAPV in Kirchheim unter Teck etabliert. Beide Ansätze sind wichtige Bausteine in der ambulanten Palliativversorgung.
Ergänzend und bereichernd wird das Angebot der Arbeitsgemeinschaft Hospiz (AG Hospiz)
wahrgenommen. Über die AG Hospiz begleiten haupt- und ehrenamtlich Tätige Schwerstkranke, Sterbende und ihre Angehörigen. Das Ziel ist hierbei nicht die medizinische oder pflegerische Versorgung, sondern primär die Entlastung und Beratung der Angehörigen sowie die Begleitung der Sterbenden. Die AG Hospiz ist nicht auf die ambulante Palliativversorgung festgelegt, sondern betreut auch Patienten und Angehörige im Krankenhaus oder in einem Pflegeheim. Darüber hinaus bietet die AG Hospiz ein Trauer-Cafè, einen Gesprächskreis für trauernde Frauen und die Einzelbegleitung von Trauernden an.
Bedarf
Die Einführung der SAPV hat eine große Lücke in der palliativen Versorgung in Kirchheim unter Teck geschlossen. Nach Rücksprache mit den Beteiligten wird die Weiterentwicklung der
AAPV in der nächsten Zeit stärker in den Fokus rücken, da hier Nachbesserungsbedarf im Bereich der Vernetzung der einzelnen Akteure besteht.
Maßnahmen
Stadt unterstützt den Prozesses zur Weiterentwicklung der AAPV (z.B. in der Altenhilfekonferenz)
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Kapitel 6
Gerontopsychiatrische Betreuungs- und Versorgungsangebote
Psychische Erkrankungen im Alter gehen oft einher mit körperlichen Einschränkungen oder
Erkrankungen. Sie werden daher nicht selten von den Betroffenen selbst oder von den Außenstehenden als Auswirkungen des Alterns gesehen, erst spät erkannt und deshalb spät medizinisch-therapeutisch behandelt.
Insgesamt nimmt der Anteil der gerontopsychiatrisch Erkrankten zu, sodass von den ambulanten Diensten (auch von den sozialpsychiatrischen), den Pflegeheimen und den Krankenhäusern
spezielle Angebote und entsprechende Qualifikationen der Mitarbeiter in diesem Bereich erwartet werden. Für die pflegenden Angehörigen ist eine besondere Unterstützung notwendig.
Zu den Hauptkrankheitsbildern der Gerontopsychiatrie zählen Depression, Demenz und Sucht.
Statistik
Nach aktuellen Studien leidet etwa ein Viertel der über 65-Jährigen unter einer psychischen
Störung, der Anteil entspricht in etwa der Krankheitshäufigkeit im mittleren Lebensalter. Von
besonderer Bedeutung sind dementielle Erkrankungen und Depressionen.
Ältere Menschen sind jedoch auch in hohem Maße zu Anpassungsleistungen in der Lage und
verfügen über Bewältigungsressourcen für den Umgang mit schwierigen Lebenssituationen;
auch dies bestätigt sich in zahlreichen Untersuchungen.
Im Kontext dieser Sozialplanung liegt der Schwerpunkt bei der Thematik der Demenz. Die
Krankheitsbilder Depression und Sucht können trotz ihrer Häufigkeit und Relevanz für das Altenhilfesystem nur kurz in den folgenden Abschnitten berücksichtigt werden.
Depression
Depressive Beschwerden sind mit über 25% eindeutig die häufigste psychische Erkrankung in
der Bevölkerung der über 65-jährigen. Oft tritt sie im Zusammenhang mit körperlichen Erkrankungen auf. Die Ursachen und auslösenden Faktoren sind Verlusterlebnisse (Tod des Partners
oder weiterer Bezugspersonen, Scheidung und Trennung), Pensionierung, körperliche Erkrankungen und Gefühle der Vereinsamung. Der Wechsel von Wohnung bzw. Wohnort (in der Altenhilfe oft der Umzug von zu Hause in eine stationäre Einrichtung), finanzielle Probleme und
reduzierte bzw. gestörte soziale Beziehungen (Böhme 1988) sind weitere Ursachen für
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129
Gerontopsychiatrische Betreuungs- und Versorgungsangebote
die Erkrankung. Depressive Erkrankungen sind oft für Außenstehende nicht so leicht erkennbar und auch nicht so auffällig wie Demenzerkrankungen. Die Erkennungsprobleme der Depression im Alter haben häufig folgende Ursachen:
1. der ältere Mensch zeigt sein Leid nicht an,
2. es liegt ein ausschließlich somatisches Krankheitsverständnis vor,
3. die Abgrenzung zur Demenz ist schwierig,
4. es liegt eine Multimorbidität vor.
Schließlich wird die vermeintliche Traurigkeit, Melancholie und Depression als „Begleiterscheinung“ von Alter oder Lebenskrisen „hingenommen“. Die Tatsache, dass über 30% aller Suizide von Menschen über 65 Jahren verübt werden (der Anteil an der Gesamtbevölkerung beträgt dagegen nur ca. 15%) zeigt, wie wichtig die Diagnose und die Behandlung von Depressionen ist.
Maßahmen
Verbesserung
der sozialen Vernetzung in Nachbarschaft und Quartier, in Vereinen oder
Kirchen verstärken. Treffpunkte schaffen, Begegnungsmöglichkeiten fördern, um den
Rückzug in die Isolation so lange wie möglich zu vermeiden. Strukturen für Teilhabe
verbessern.
Sucht
In der Berliner Altersstudie und im 4. Altenbericht wird auf die zunehmende Häufigkeit vor
allem bei den Suchtmitteln Alkohol, Nikotin und Medikamente hingewiesen. Zu den Sucht
fördernden Faktoren im Alter zählen ähnlich wie bei dem Krankheitsbild der Depression Verlust von Fähigkeiten und Funktionen, Verlust von nahestehenden Menschen, Verlust an Tagesstruktur und Kontakten, Krankheit etc.. Besonders problematisch ist die Situation älterer
Menschen, wenn z.B. Alkoholkonsum und Medikamenteneinnahme zusammentreffen.
Sucht im Alter steht nach wie vor im Spannungsaspekt zwischen Akzeptanz (bei alt gewordenen Suchtkranken) und Tabuisierung auf der Seite der Betroffenen sowie Angehörigen und
dem offensiven Umgang damit. Dazu gehört, dass es Angebote für Betroffene, Angehörige
und den Mitarbeitern der Altenhilfeeinrichtungen gibt und auch die Ärzte für dieses Thema
sensibilisiert werden.
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Maßnahmen
Verbesserung
der sozialen Vernetzung in Nachbarschaft und Quartier, in Vereinen
und/oder Kirchen verstärken. Treffpunkte schaffen, Begegnungsmöglichkeiten fördern, um
den Rückzug in die Isolation so lange wie möglich zu vermeiden. Strukturen für Teilhabe
verbessern.
Demenz
Dementielle Erkrankungen gehören zu den zweithäufigsten und auch folgenreichsten psychiatrischen Erkrankungen im höheren Alter. Für die Betroffenen und die Pflegenden stellen sie eine
besondere Belastung dar.
Demenz ist definiert als fortschreitender Verfall der geistigen Fähigkeiten als Folge einer Hirnschädigung. Ursache können chronische Vergiftungen, Stoffwechselstörungen, Infektionen, in
der Mehrzahl der Fälle jedoch arteriosklerotische Veränderungen des Gehirns sowie Hirngewebsschädigungen wie bei der Alzheimerschen Krankheit sein. Die Symptome sind nachlassende Merkfähigkeit und Persönlichkeitsveränderungen. Die Folge ist eine deutliche Beeinträchtigung der Selbständigkeit im Alltag bis hin zur völligen Hilflosigkeit. Die Krankheitsursache ist bisher ungeklärt.
Die Zunahme von Demenzerkrankungen in der Bundesrepublik wird, prognostisch durch Wahrscheinlichkeitsberechnungen, folgendermaßen eingeschätzt: Zwischen 2010 und 2050 kann
nahezu von einer Verdoppelung der Zahlen ausgegangen werden, was am wachsenden Anteil
älterer Menschen liegt. Diese Annahme geht allerdings davon aus, dass es bei der Prävention
und Behandlung von Demenz keinen Fortschritt bzw. entscheidenden Durchbruch gibt.
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Gerontopsychiatrische Betreuungs- und Versorgungsangebote
Folgende Empfehlungen, die in der Fachliteratur vertiefend dargestellt und diskutiert werden
und die auch von Trägern sowie Forschungsinstituten formuliert werden, sind hier nochmals
zusammengefasst und sollten von Kommunen umgesetzt werden:
Was können die Kommunen oder Kreise tun?
Information – Wissen aneignen – Best Practice
-
sich informieren
-
Projekte und Modelle studieren, gute Ideen nachahmen
-
vorhandenen Sachverstand ausfindig machen und nutzen
Einbindung und Vernetzung
-
die bestehenden Einrichtungen und Organisationen einbinden und untereinander vernetzen
Öffentlichkeitsarbeit und Interessensvertretung
-
die Öffentlichkeit informieren
-
aktiv gegen Tabus kämpfen
-
das Recht von Menschen mit Demenz auf ein selbstbestimmtes Leben vertreten
-
Diskussionsforen und andere Möglichkeiten bieten, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen
Beteiligung anregen
-
die Bürger, einschließlich der nachwachsenden Generationen, mit ins Boot holen, ihre
Kreativität herausfordern, ein Klima schaffen, das zur Beteiligung einlädt
-
ehrenamtliches Engagement anregen und auch anerkennen
Alternative Wohnformen – Orts- und Stadtteilplanung
132
-
die Schaffung alternativer Wohnformen unterstützen
-
Thema Demenz in Orts- und Stadtteilplanung einbeziehen
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Situation in Kirchheim unter Teck
Anzahl der Demenzkranken in Kirchheim unter Teck
Zum Stand und zu den Entwicklungen der Anzahl der Demenzkranken in Deutschland liegen
statistische Annahmen aus dem Jahre 2001 vor, die die Prävalenz für mittlere und schwere
Demenzerkrankungen abbilden. Überträgt man die vom Bundesministerium und Weltalzheimerbericht dargestellten Zahlen auf die Einwohnerdaten von Kirchheim unter Teck ergibt sich
folgendes Bild:
Mittlere
Prävalenzrate in %
Einwohnerzahlen
Kirchheim
unter Teck
2008
Schätzung
der Kranken
zahl in
Kirchheim
unter Teck
2008
Schätzung
der Kranken
zahl in
Kirchheim
unter Teck
2030
Schätzung
der Kranken
zahl in
Kirchheim
unter Teck
2050
65–69
1,2
2372
28
41
55
70–74
2,8
2034
57
82
110
75–79
6,0
1452
87
125
168
80–84
13,3
1156
154
221
297
85–89
23,9
676
162
233
312
90 und älter
34,6
263
91
131
176
65 und älter
insgesamt
7,2
7953
579
834
1117
Altersgruppe
Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Vierter Altenbericht, Tabelle 3-43, S. 167.
Hier wird ersichtlich, dass derzeit von fast 600 Demenzkranken in Kirchheim ausgegangen
werden kann. Die Verteilung auf die Altersgruppen zeigt deutlich, dass die Wahrscheinlichkeit,
ab 65 Jahre an Demenz zu erkranken, kontinuierlich zunimmt. Nach der beschriebenen aktuellen Bevölkerungsprognose muss bis 2050 mit einer Verdoppelung der Betroffenen gerechnet
werden.
Demenz betrifft als Krankheit nicht nur den einzelnen Erkrankten, sondern nimmt in allen Fällen einen starken Einfluss auf das direkte soziale Umfeld. Über die Statistik lässt sich zwar
pauschal errechnen, wie viele Menschen voraussichtlich erkrankt sind; die Zahl derer, die von
der Krankheit auch indirekt betroffen sind (Angehörige, Nachbarn, Freunde, Bekannte, Mitarbeiter aller Angebote für diesen Personenkreis), wird hier jedoch nicht erfasst. Man kann nur
vermuten, dass mindestens weitere 1-3 Personen in Kontakt mit einer erkrankten Person stehen und sich täglich auf ein Neues mit den Auswirkungen der Krankheit auseinandersetzen
müssen.
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Gerontopsychiatrische Betreuungs- und Versorgungsangebote
Versorgungssystem in Kirchheim unter Teck
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Bestand
Angebote
Sozialpsychiatrischer Dienst für alte Menschen (SOFA)
Der sozialpsychiatrische Dienst für alte Menschen bietet auf Landkreisebene seit 1985 Hilfen
für Menschen mit psychischen Erkrankungen im Alter und deren Angehörige an. Er ist strukturell an das Gerontopsychiatrische Zentrum Nürtingen angegliedert, das aus dem Sozialpsychiatrischen Dienst für alte Menschen (SOFA), der (Geronto-)Psychiatrischen Institutsambulanz
und der Tagesklinik für ältere Menschen Nürtingen mit 12 Plätzen besteht.
Das Angebot vom SOFA umfasst die Beratung zu allen Themen, die für die Situation relevant
sein können. Der Dienst übernimmt, wenn erforderlich, die Betreuung und Begleitung der Patienten im Rahmen von Hausbesuchen. Die Angehörigen werden durch Einzelberatung, Familiengespräche und Angehörigengruppen unterstützt. SOFA kooperiert mit den zuständigen Ärzten bzw. Fachärzten und ist mit weiteren Versorgungsangeboten der Alten- und Krankenhilfe
und Psychiatrie vernetzt. Bei Bedarf werden flankierende Angebote anderer sozialer Dienste,
wie beispielsweise der Schuldnerberatung, einbezogen. Der SOFA bietet weiterhin Fortbildungen, fachbezogene Beratung und Fallbesprechungen für professionelle und ehrenamtliche Mitarbeiter in der Altenhilfe an und ist ein wichtiger Akteur und Kooperationspartner in den Aktivitäten der Kirchheimer Demenzkampagne. Der Dienst ist von Montag bis Freitag telefonisch
zu erreichen. Vor Ort in Kirchheim findet einmal pro Monat eine offene AlzheimerSprechstunde statt. Außerhalb dieser Sprechstunde können Beratungstermine, aber auch
Hausbesuche vereinbart werden.
Im Jahr 2009 betreute SOFA in Kirchheim unter Teck 24 Neuzuweisungen und 43 laufende
Fälle.
Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz – Gemeinsam statt einsam e.V.
Die Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz wurde 2005 eröffnet; sie war zum damaligen Zeitpunkt die erste von Angehörigen getragene ambulant betreute Wohngemeinschaft für
demenzkranke Menschen in Deutschland. Eine private Initiative hatte sich zum Ziel gesetzt,
ein Konzept zu entwickeln, das ein Leben und Wohnen für Menschen mit einer Demenzerkrankung in einer kleinräumigen Wohngemeinschaft ermöglicht. Die Wohngemeinschaft ergänzt das vorhandene Angebot der Altenhilfe.
In der Organisationsstruktur der Wohngemeinschaft wird der inhaltliche Ansatz des Modells
der geteilten Verantwortung umgesetzt. Konzeptionell ist die Wohngemeinschaft überört-
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Gerontopsychiatrische Betreuungs- und Versorgungsangebote
lich in den Kreis der alternativen Angebote für Wohngemeinschaften eingebunden. Die Verantwortung für die Wohngemeinschaft teilen sich die Angehörigen, der Verein Gemeinsam
statt einsam e.V. und der beteiligte Pflegedienst. Im Mittelpunkt dieser Struktur stehen die
Bewohner mit ihren Angehörigen. Die Wohngemeinschaft in der Innenstadt Kirchheims bietet
Platz für acht Bewohner. Die Voraussetzung für den Einzug in die Wohngemeinschaft ist eine
fach- bzw. hausärztlich diagnostizierte Demenz. Nicht aufgenommen werden können Beatmungspatienten und Diabetiker.
In der Wohngemeinschaft lebten zum Erhebungszeitpunkt acht Frauen zwischen 65 und mehr
als 85 Jahren, davon sind drei Frauen in Pflegestufe 1 und drei Frauen in Pflegestufe 3. Die
Betreuung und Pflege der Bewohner wird durch einen Pflegedienst, durch Nachbarschaftshelferinnen und durch Angehörige gewährleistet. Außerdem sind sieben Ehrenamtliche engagiert,
die in der Betreuung und in der Organisation tätig sind.
Die finanziellen Rahmenbedingungen sind dieselben wie bei zu Hause lebenden Personen. Es
entstehen Kosten für das Wohnen, die Unterkunft, Verpflegung, sonstige Lebenshaltungskosten und die Betreuungsleistungen.
Betreuungsangebote zur Unterstützung häuslicher Pflege
Eine dementielle Erkrankung kann vor allem im fortgeschrittenen Krankheitsverlauf eine dauerhafte und gravierende Einschränkung der Alltagskompetenz zur Folge haben. Neben dem Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung besteht oftmals auch ein grundpflegerischer und hauswirtschaftlicher Hilfebedarf.
Menschen mit erheblichem Betreuungsbedarf können auf Antrag bei der Pflegeversicherung
unabhängig vom pflegerischen und hauswirtschaftlichen Hilfebedarf Leistungen nach §45b
SGB XI beantragen. Wenn die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen eine dauerhafte, erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz ergibt, kann der Betroffene zusätzliche Betreuungsleistungen in Anspruch nehmen. Dies können teilstationäre Angebote wie Tages- oder Nachtpflege, ambulante Betreuungsangebote von Pflegediensten, Kurzzeitpflege oder (nach Landesrecht) anerkannte niederschwellige Betreuungsangebote sein.
Diese Angebote dienen der Unterstützung häuslicher Pflegesituationen, sie ermöglichen pflegenden Angehörigen Entlastung und Freiräume für ihre eigenen Bedürfnisse.
Diejenigen Betreuungsangebote in Kirchheim unter Teck, die vom berechtigten Personenkreis
(§45a SGB XI) mit der Pflegekasse abgerechnet werden können, sind in folgender Tabelle zusammengefasst:
136
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Übersicht der Betreuungsleistungen für Menschen mit erheblichem allgemeinen Betreuungsbedarf nach §45 SGB XI
Betreuungsart
Anbieter
Ambulante Betreuung
Stundenweise in der eigenen
Häuslichkeit
-
Betreutes Wohnen zu Hause
- buefet e.V.
Betreuungsgruppe Café Malta
- Malteser Hilfsdienst
Kurzzeitpflege
-
Nachtpflege
- Pflegeinsel Baum
Tagespflege
-
ambulanter Pflegedienst Hoffnungstal
Asklepia Seniorenzentrum
Deutsches Rotes Kreuz
Diakoniestation Teck
Malteser Hilfsdienst
Pflegeinsel Baum
Altenzentrum St. Hedwig
Altenzentrum Wächterheim
ASB Seniorenzentrum "An der Lauter"
Asklepia Seniorenzentrum
DRK - Seniorenzentrum Steingaustift
DRK - Seniorenzentrum Fickerstift
Henriettenstift
Pflegeinsel Baum
Pflegezentrum Kirchheim
Asklepia Seniorenzentrum
DRK - Seniorenzentrum Steingaustift
DRK - Tageszentrum im Isolde-Kurz-Haus
Henriettenstift
Pflegeinsel Baum
Als zusätzliches Betreuungsangebot bietet das Mehrgenerationenhaus LINDE in Kooperation
mit dem DRK und der Diakoniestation Teck einmal im Monat ein Demenzcafé für betroffene
Seniorinnen und Senioren in Begleitung ihrer Angehörigen an.
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Gerontopsychiatrische Betreuungs- und Versorgungsangebote
Demenzkampagne Miteinander leben – Mit Demenz dazu gehören –
In Kirchheim unter Teck wurde von der Stadt die Arbeitsgruppe Demenz, bestehend aus verschiedenen örtlichen Einrichtungen der Altenhilfe, gegründet. Gemeinsam konnte im Jahr
2010/2011 eine Demenzkampagne mit dem Titel "Miteinander leben – Mit Demenz dazu gehören –" durchgeführt werden. Ziel des Gesamtprojektes war es, das Thema Demenz stärker
in der Kirchheimer Öffentlichkeit präsent zu machen, Fachkräfte und Bürgerschaft zu sensibilisieren und im Umgang mit Betroffenen und deren Angehörigen zu stärken. Durch Aufklärung
und aktiven Umgang mit Demenz sollten auf unterschiedlichen Wegen verschiedene Zielgruppen angesprochen werden:
1.
Fachpersonal (z.B. Pflegepersonal, Ärzte und deren Mitarbeiter, Therapeuten aus
unterschiedlichen Fachgebieten)
2.
Personen mit Publikumsverkehr (z.B. Bankangestellte, Mitarbeiter des öffentlichen Nahverkehrs, des Einzelhandels, der Polizei, der Feuerwehr)
3.
Bürgerschaft / Betroffene/ Angehörige
Neben der fachlichen Fortbildung der ersten beiden Zielgruppen und einer umfassenden langfristig angelegten Öffentlichkeitsarbeit lag ein besonderer Fokus der Kampagne auf der Unterstützung der Betroffenen und deren Angehörigen sowie der Aktivierung des direkten sozialen
Umfeldes bzw. der Stärkung nachbarschaftlicher Unterstützungsnetze im Wohnquartier.
Insgesamt können die Veranstaltungen der Demenzkampagne als erfolgreich deklariert werden. Das Ziel, die Krankheit aus dem gesellschaftlichen Tabubereich herauszuholen, ist in ersten Schritten gelungen.
Im Rahmen der Demenzkampagne sind aufgrund der deutlich gewordenen Bedarfe neue Angebote in Kirchheim unter Teck entstanden, die sich auch nach Ende der Kampagne als dauerhafte Angebote etabliert haben:
138
-
Das Mehrgenerationenhaus LINDE veranstaltet in Kooperation mit den DRK Seniorenzentren und der Diakoniestation Teck einmal im Monat einen Cafénachmittag für Demenzkranke in Begleitung ihrer Familien und Freunde. Das Café ist offen für alle Bürgerinnen und Bürger und bietet neben Beschäftigungs- und Betreuungsangeboten auch
Beratung und Informationen für die Angehörigen an.
-
Der Malteser Hilfsdienst hat im Rahmen der Demenzkampagne eine wöchentlich stattfindende Betreuungsgruppe für Demenzkranke und einen Besuchsdienst eingerichtet,
der speziell auf die Bedürfnisse von dementiell Erkrankten eingehen kann. Der
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Besuchsdienst übernimmt die stundenweise Betreuung im häuslichen Umfeld und ermöglicht so den Angehörigen eine temporäre Entlastung.
-
Die Stadtbücherei richtete eine "Medienbox Demenz", eine Zusammenstellung unterschiedlicher Medien für die Arbeit mit dementiell Erkrankten, ein, welche seitdem sowohl von Angehörigen als auch von Fachleuten genutzt wird und sich starker Nachfrage erfreut.
-
Die Broschüre „Miteinander Leben - Mit Demenz dazugehören - Informationen und
Tipps für Angehörige, Freunde und Nachbarn“ wurde in Zusammenarbeit mit dem Pflegestützpunkt entwickelt und kann seitdem dem Bürger zur Verfügung gestellt werden.
Hier finden Interessierte umfassende Informationen zum Thema Demenz und eine
Übersicht der Beratungsmöglichkeiten und Ansprechpartner.
Ab 2012 wird es in Absprache mit den bisher beteiligten Institutionen eine regelmäßig erscheinende Veranstaltungsübersicht geben, in denen alle Veranstaltungen zum Thema Demenz gebündelt dargestellt werden. Ziel ist es hierbei, den Bürgerinnen und Bürgern auf kurzen Wegen das Angebot übersichtlich nahezubringen und das Thema Demenz weiterhin in die
Öffentlichkeit hineinzutragen. Aus der Kampagne wird ein Dauerangebot. Die erste Broschüre
ist im März 2012 erschienen und soll halbjährlich neu aufgelegt werden.
Bedarf
Alle befragten Dienste und Einrichtungen stellen eine Zunahme der Menschen mit gerontopsychiatrischen Krankheitsbildern, insbesondere der Demenz fest. Je nach Schwerpunkt der Arbeit und Blickwinkel auf das Thema und je nach unmittelbarer Betroffenheit wurden für Menschen mit dementiellen Erkrankungen Angebotslücken festgestellt und daraus unterschiedliche
Bedarfe formuliert. Hier wird deutlich, dass die gerontopsychiatrische Versorgung ein Querschnittsthema ist und in vielen Bereichen neue Angebote oder Strukturen aufgebaut werden
sollten.
Fachpersonal und Qualifizierung
Von den ambulanten Diensten, den teilstationären und stationären Einrichtungen wird das
Fehlen von Fachpersonal auch mit gerontopsychiatrischer Ausbildung und die Notwendigkeit
weiterer Qualifizierung des Personals im Umgang mit psychisch veränderten älteren Menschen
formuliert.
Vernetzung der bestehenden Angebote
Wie in Kapitel teilstationäre und stationäre Einrichtungen dargestellt, sollte darüber hinaus das
Thema Demenz im Rahmen eines Austausches unter den Trägern bzw. Leitungen der Einrichtungen im Blick auf Themen zur pflegerischen Versorgung diskutiert werden. Der Bedarf
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Gerontopsychiatrische Betreuungs- und Versorgungsangebote
nach Austausch, Abstimmung und ggf. Kooperation wurde im Rahmen des Planungsprozesses
und bei der Demenzkampagne erhoben. Die Arbeitsgruppe Demenz, welche maßgeblich an der
Entwicklung und Durchführung der Demenzkampagne Miteinander Leben – Mit Demenz dazugehören – beteiligt war, kann hierfür als Vorbild und erster Schritt gewertet werden.
Da der Auftrag an die Arbeitsgruppe Demenz mit dem Abschluss der Demenzkampagne erfüllt
ist, wird für die Zukunft empfohlen, auf kommunaler Ebene ein Netzwerk Demenz zu gründen.
Das Netzwerk Demenz sollte zum Ziel haben, Bedarfe festzustellen, Angebote stärker zu vernetzen und weiterzuentwickeln und die Durchführung gemeinsamer Aktivitäten zu unterstützen. Die Stadtverwaltung sollte hier die Funktion der Moderation und Koordinierungsstelle
übernehmen.
Die folgende Abbildung verdeutlicht die möglichen beteiligten Themenfelder und Institutionen:
Teilhabe sichern
Die fehlende Teilhabemöglichkeit Demenzkranker an der Gesellschaft wird von unterschiedlichen Angeboten, Einrichtungen und pflegenden Angehörigen genannt: So gibt es in
Kirchheim bisher keine kulturellen und sportliche Angebote für Menschen mit spezifischen
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Krankheitsbildern. Kooperationen mit Vereinen, wie z.B. Bürgerbüro, Sportvereine oder Tanzclubs sind gewünscht und werden vorgeschlagen.
Pflegende Angehörige entlasten
Um die pflegenden Angehörigen zu entlasten, die in erster Linie die Betreuung der Demenzkranken tragen, sind Besuchsdienste, Betreuungsgruppen und Angebote nach § 45 SGB XI
unterstützend.
Entsprechende niederschwellige Angebote (buefet e.V., Malteser Hilfsdienst, Mehrgenerationenhaus LINDE) wurden während des Planungszeitraums eingerichtet. Die weitere Entwicklung dieser Angebote sollte in regelmäßigen Abständen betrachtet werden, um eine bedarfsgerechte Anpassung zu gewährleisten und gegebenenfalls ergänzende Angebote zu schaffen.
Land und Pflegekassen unterstützen niederschwellige Angebote nach §§45c/d unter der Voraussetzung, dass komplementär eine kommunale Förderung erfolgt. Es ist erforderlich, die im
städtischen Haushalt bereitgestellten Mittel zu erhöhen.
Demenz in der Öffentlichkeit weiterhin platzieren
In der Kirchheimer Bevölkerung scheint nach wie vor ein hoher Informations- und Aufklärungsbedarf zum Thema Demenz zu bestehen, was sich darin ausdrückt, dass auch insbesondere die letzten Vorträge der Demenzkampagne noch ungebrochen gut bis sehr gut besucht
waren. Diese Form der Aufklärungsarbeit und Informationsvermittlung sollte auch zukünftig
weitergeführt werden. Künftige Veranstaltungen sollten sich weiterhin mit konkreten Umgangs- und Alltagstipps für Angehörige beschäftigen, sowie generelle Aufklärungsarbeit zur
Krankheit leisten.
Die Unterstützung der größten Nutzergruppe der Kampagne (Angehörige) sollte weiterhin im
Fokus stehen. Angehörige von dementiell Erkrankten befinden sich unter hoher psychischer
und physischer Belastung und benötigen neben einem unterstützenden Netzwerk aus Familie,
Freunden und Nachbarn auch frühzeitig Entlastungs- und gegebenenfalls Begleitungsangebote.
Es bleibt eine wichtige Aufgabe der Stadt, Rahmenbedingungen für einen toleranten und achtungsvollen Umgang mit Betroffen und Strukturen zur Entlastung von pflegenden Angehörigen
zu schaffen. Das bislang in hervorragender Weise gelungene Zusammenwirken von Einrichtungen, Dienstleistern und Stadt ist dafür Voraussetzung.
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Gerontopsychiatrische Betreuungs- und Versorgungsangebote
Maßnahmen
Erhalt
der Alzheimersprechstunde durch den Sozialpsychiatrischen Dienst für alte Menschen im Haus der Sozialen Dienste
Kontinuierliche Qualifizierung der Mitarbeiter (Fach- und Hilfskräfte) im Umgang mit psychisch veränderten Menschen, ggf. auch trägerübergreifende Angebote (insbesondere sind
gefordert: Pflegeeinrichtungen und –dienste, Klinik Kirchheim, Ärzteschaft mit Mitarbeiterinnen, Apotheken, Ergo- und Physiotherapeuten)
Bei
der Entwicklung von Strategien zur Gewinnung von Pflegekräften ist ein Fokus auf
Fachkräfte mit gerontopsychiatrischer Ausbildung zu legen
Stärkung des Netzwerks Demenz (gegründet 2011) und konzeptionelle Weiterentwicklung
Angebote für Betroffene ausbauen
Kulturelle und sportliche Angebote für Menschen mit spezifischen Krankheitsbildern
auch in den Vereinen (z.B. 'Sport und Demenz')
Kooperationen mit Institutionen und Vereinen, z. B. Bürgerbüro, Sportvereine, Tanzclubs usw. zur besseren Abstimmung des vorhandenen Angebots
Sensibilisierung der Nachbarschaftsnetzwerke/Stadtteilnetzwerke für eine nachbarschaftliche Verantwortungsbereitschaft gegenüber Demenzkranken
Thema Demenz in der Stadtteil- und Gemeinwesenarbeit verankern (Qualifizierung
der Hauptamtlichen in der sozialen Arbeit, kleine Angebote vor Ort schaffen)
Quartierstreffpunkte (Räume und Plätze) verstärkt schaffen, damit Erkrankte in der
gewohnten Umgebung bleiben und sich zurecht finden können
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Demenz in der Öffentlichkeit weiterhin platzieren
Demenzkampagne in ein Dauerangebot überleiten. Koordination durch Stadt in Kooperation mit dem Netzwerk Demenz. 'Stadtweites Mobilisierungs- und Sensibilisierungsprogramm' auf Dauer anlegen. Bereitstellung personeller Ressourcen oder von
Honorarmitteln und von Sachmitteln.
Öffentlichkeitsarbeit zu den bestehenden Angeboten ausbauen, mit dem Ziel mehr
Transparenz für Betroffene und deren Angehörige zu gewährleisten. Informationsbroschüren aktuell halten
Workshops für Vereine entwickeln, um sie auf einen älter werdenden Mitgliederbstand und
die Folgen vorzubereiten (Umgang mit psychisch veränderten Mitgliedern)
Pflegende Angehörige entlasten
Strukturelle Weiterentwicklung der Betreuungsangebote mit Blick auf die Bedarfe der
Betroffenen
Betreuungsdienst auch am Abend einrichten, um den Angehörigen ein ruhiges Ausgehen zu ermöglichen
Komplementärförderung niederschwelliger Angebote nach §45c und d ausbauen
durch Erhöhung der Haushaltsmittel
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Gerontopsychiatrische Betreuungs- und Versorgungsangebote
Ausbau des zivilgesellschaftlichen Engagements
Bildung einer Arbeitsgemeinschaft "Vereine und soziale Verantwortung in einer alternden Gesellschaft"
Ausbildung von Bürgerinnen und Bürgern zu Erstkontaktstellen im Quartier für Demenzkranke und deren Umfeld (Informationsvermittlung, Engagement für strukturelle
Veränderungen im Quartier, Gestaltung von Schonräumen für Betroffene
Ausbildungsangebot für Engagierte, die bereit sind, Informationen in Einrichtungen
und Vereine und entsprechende Haushalte zu bringen
Ausbildungsangebot für Engagierte, die einzelne Betroffene zu Hause begleiten und
durch ihre Kompetenz zu mehr Lebensqualität beitragen
Ausweiten der Öffentlichkeitsarbeit zu den einzelnen Krankheitsbildern (Jahresprojekte mit
Themenschwerpunkt) und Förderung bereits angestoßener Entwicklungen (z.B. Erweiterung der bestehenden Literatur der Stadtbücherei)
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Kapitel 7
Ältere Menschen mit Migrationshintergrund
Die Situation der Menschen mit ausländischem Pass bzw. mit Migrationshintergrund gestaltet
sich im Alter je nach sozialer, familiärer, wirtschaftlicher Situation und je nach Gesundheitszustand genauso unterschiedlich wie die der deutschen Senioren. Allerdings kommen bei den
Migranten spezifische Problemkonstellationen wie mangelnde Sprachkenntnisse, psychische
Belastung aufgrund der Migration usw. zum Tragen, die eine besondere Berücksichtigung erfordern.
Die überwiegende Zahl der über 65-jährigen Migranten in Deutschland möchte auch in
Deutschland bleiben; die Neigung, in das Herkunftsland zurückzukehren, nimmt kontinuierlich
ab (vgl. KDA).
In den vergangenen Jahren wurde im Bereich der Altenhilfe eine „kultursensible“ Perspektive
entwickelt, in Konzeptionen berücksichtigt und in entsprechenden Angeboten umgesetzt.
Alte Menschen ausländischer Herkunft (n. Geiger 2002):
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Ältere Menschen mit Migrationshintergrund
Die inzwischen durch Forschungen und Untersuchungen belegten Unterschiedlichkeiten der
Lebenslagen älterer Migranten, bei denen migrationsspezifische Aspekte deutlich werden, sind
vor allem bei folgenden Themen relevant:
Demografie
Mittelfristig wird je nach Einbürgerungsverhalten der Migranten allgemein der Anteil der älteren Ausländer unter Umständen abnehmen und gleichzeitig der Anteil der älteren Menschen
mit Migrationshintergrund zunehmen.
Die materielle Situation
Die Daten der Sozialhilfe, die nach der Staatsangehörigkeit vorliegen, dokumentieren die
schwächere finanzielle Situation der älteren Ausländer im Vergleich zu den deutschen Senioren.
Die Gründe für die schlechtere finanzielle Situation im Alter sind Folgende: Ältere Menschen
mit Migrationshintergrund verfügen oft über eine geringere Rente, da sie häufig ein niedrigeres
Einkommen hatten, sie hatten oft kürzere Beitragszeiten, bedingt auch durch ein höheres
durchschnittliches Arbeitslosigkeitsrisiko. Insbesondere die sogenannte „Gastarbeitergeneration“ tritt aufgrund der besonderen Arbeits- und Lebensbedingungen durchschnittlich früher aus
dem Arbeitsleben aus als die Deutschen. Insgesamt zeigen die Ergebnisse aus den ersten Mikrozensus-Analysen aus dem Jahre 2005 zur materiellen Situation der Menschen mit Migrationshintergrund, dass auch bei diesem erweiterten Personenkreis das Armutsrisiko höher ist
als bei den deutschen Senioren. Dies ist auch in den aktuellen Armutsanalysen für BadenWürttemberg sichtbar.
Lebenszufriedenheit
Die Migration an sich ist ein einschneidendes Ereignis in der Biografie. Der positive Umgang
mit der Migration lässt sich in der deutschen Migrationsgeschichte an zwei markanten Unterschiedlichkeiten feststellen. War eine Rückkehr in das Herkunftsland geplant, so ist eine nicht
erfolgte Rückkehr im Alter „lebensgeschichtlich“ schwieriger zu bewältigen und anzunehmen;
war von vornherein eine Rückkehr nicht geplant, wird das neue Heimatland und die Integration anders wahrgenommen und vollzogen.
Kulturelle und sprachliche Situation
Viele Migranten, die im Rentenalter sind bzw. kurz vor der Rente, haben nach wie vor unzureichende Sprachkenntnisse. Durch den Eintritt ins Rentenalter kommt es häufig (das betrifft
vor allem die Arbeitsmigranten) zu Rückzugstendenzen in die eigene Herkunftsnationalität,
was zur Verminderung der sprachlichen Kompetenzen in der deutschen Sprache führt.
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Feststellbar ist, dass gerade dieser Personenkreis sich verstärkt auf die kulturellen Wurzeln
und Werte besinnt, und zwar als positiver Anker in der Bewältigung der Lebenssituation im
Alter. Genau an dieser Schnittstelle setzt die kultursensible Altenhilfe an.
Familiäre Situation
Die familiäre Situation der älteren Migranten zeichnet sich bisher dadurch aus, dass familiäre
Netzwerke momentan noch relativ stark sind, allerdings zeigt sich jetzt schon, dass sich auch
hier die Familien- und Unterstützungsstrukturen den deutschen Gegebenheiten annähern. Der
Ausgleich zwischen der stärkeren sozialen Einbindung gegenüber der schwächeren finanziellen
Situation von Migranten ist nicht nachhaltig belegt.
Gesundheitliche Situation
Der Gesundheitszustand der älteren Migranten ist durchschnittlich schlechter als der der deutschen Senioren. Dies liegt vor allem an den oft gesundheitsbelastenden Berufen, die ausgeübt
wurden, aber auch an den psychischen Belastungen, die sich durch die Migration ergeben
haben. Hinzu kommt noch der schlechtere Zugang zum Gesundheitssystem infolge mangelnder Sprachkenntnisse und fehlender Informationen.
Pflege und Versorgung im Alter
Die Vorstellungen über das Leben im Alter sind ähnlich wie die der deutschen Senioren. Auch
die Migranten wünschen und erwarten, dass sie so lange als möglich zu Hause bleiben können und von den Angehörigen unterstützt werden. Zunehmend ist eine Auflösung der familiären Netzwerke zu beobachten. Um so wichtiger werden in einer Kommune kultursensible Ansätze und Maßnahmen im System der Altenhilfe.
Kultursensible Pflege
Das Kuratorium deutsche Altenhilfe hat sich in Zusammenarbeit mit namhaften Experten bereits 2002 mit der "Charta für eine kultursensible Altenpflege" in folgenden Eckpunkten positioniert:
Die Institutionen der Altenhilfe stehen vor der Herausforderung, das Recht alt gewordener
Migranten auf Beratung, Betreuung und Pflege sicherzustellen und ihre Angebote kultursensibel auszurichten. Das bedeutet, sich mit den Bedürfnissen Zugewanderter, deren Sprache und Kultur, ihren Ess- und Lebensgewohnheiten und religiösen Bräuchen auseinanderzusetzen. Die in der kultursensiblen Altenhilfe und Pflege Tätigen stellen entgegen vieler Befürchtungen in der Praxis keine Mehrarbeit fest; kultursensible Altenhilfe bietet vielmehr die
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Ältere Menschen mit Migrationshintergrund
Chance für ein leichteres und befriedigenderes Arbeiten und das Erschließen neuer Kundenkreise. Interkulturelle Kompetenzen sind dabei unabdingbar, fachliche Unterstützung ist hierbei
hilfreich.
Ältere Migranten in Kirchheim unter Teck
Bestand
In Kirchheim unter Teck ist aktuell der Anteil älterer Menschen mit ausländischem Pass in den
höheren Altersgruppen noch relativ gering (Anteil über 60 Jahre 13,23%, über 70 Jahre
6,66%, über 80 Jahre knapp 1%). Da in der aktuellen Bevölkerungsprognose die Entwicklung
der Anzahl der Ausländer nicht berücksichtigt wird und auch keine statistischen Aussagen zu
Entwicklung der Anzahl der Einwohner mit Migrationshintergrund vorhanden sind, können derzeit nur qualitative Aussagen formuliert werden.
Im ambulanten und im häuslichen Bereich zeigen sich bisher schon die kulturellen Unterschiede im Umgang mit den zu Hause zu Betreuenden. Die Notwendigkeit kultursensibler Ansätze
in der Betreuung und Pflege ist sichtbar. Von Seiten der teilstationären und stationären Anbieter wird noch kaum Bedarf gesehen, der angepasste, nämlich kultursensible Strukturen verlangt. Teilweise ist im ambulanten, teilstationären und stationären Bereich Personal mit Migrationshintergrund vorhanden.
Das Amt für Familie und Soziales und buefet e.V. informieren durch Gespräche in den Migrantenvereinen über die Angebote und Strukturen der örtlichen Altenhilfe. Auch der Ausschuss
für Integration ist ein wichtiges Sprachrohr und Forum für die Belange der Migranten in der
Stadt. Zunehmend wird Informationsmaterial zum Thema Pflege in verschiedenen Sprache
(insbesondere türkisch, russisch, italienisch) bereitgehalten.
Bedarf
Die Lebenssituation der älteren Migranten in Kirchheim unter Teck ist je nach Lebensstandard,
Bildungstand, Wertesystem, Migrationsgeschichte und ihrem Eingebundensein in ein familiäres
und soziales Netzwerk sehr unterschiedlich. Ihr Bedarf gestaltet sich entsprechend unterschiedlich.
Daten zur demografischen Situation und zur Sozialhilfe geben Hinweise darauf, dass das Armutsrisiko der älteren Ausländer weitaus größer ist als das der Deutschen. Auch zukünftig ist
von einer Zunahme, die aufgrund der fehlenden Zahlen nicht quantifiziert werden kann, auszugehen.
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
In den vorhandenen Strukturen der kommunalen Altenhilfe muss das Thema ältere Migranten
durch Maßnahmen, die sich vor allem auf den häuslichen Bereich beziehen, aufgegriffen werden. Da Planungsdaten fehlen, ist es umso wichtiger, dass der vorhandene Dialog zwischen
Kommune und Multiplikatoren der Migranten (Integrationsausschuss, Migrantenvereine, etc.)
fortgeführt bzw. intensiviert wird. Sinnvoll ist, dass zuverlässige und regelmäßige Kommunikations- und Kooperationsstrukturen geschaffen werden.
Wie bei den Älteren ohne Migrationshintergrund gilt es, einen besonderen Blick auf die Vermeidung von sozialer Isolation durch die Schaffung von Kontaktmöglichkeiten und Begegnung
und Möglichkeiten der Teilhabe zu richten. Der Verbleib in der Umgebung, in der man sich
auskennt, ist für Ältere mit Migrationshintergrund besonders wichtig. Dies vermittelt Sicherheit, auch wenn eine direkte soziale Vernetzung nur wenig vorhanden ist.
Maßnahmen
Zugänge zum Thema Altenhilfe und zu deren Angebote für Mitbürger mit Migrationshintergrund erleichtern
Gewinnung von Menschen mit Migrationshintergrund für eine Mitwirkung im Forum
Älterwerden
Informationsveranstaltungen über das örtliche Altenhilfeangebot in den Migrantenbzw. Kulturvereinen (mit Dolmetscher)
Entwicklung eines Konzepts "Informationsinitiative 60+ mit Migrationshintergrund"
Niederschwellige Angebote (z.B. Wohnberatung, Pflegebegleiter oder Besuchsdienste) interkulturell anpassen
Beratungsangebote des Pflegestützpunktes durch Fachkräfte (z.B. durch Honoraraufträge) mit interkultureller Kompetenz erweitern
Gewinnung,
Ausbildung/Qualifizierung
ren/Mentoren
von
muttersprachlichen
Multiplikato-
Geschäftsinhaber mit Migrationshintergrund (z.B. türkische, russische oder italienische Lebensmittelgeschäfte) als Multiplikatoren und Informationsstellen gewinnen
Gewinnung von Ehrenamtlichen mit Kultur- bzw. Sprachkompetenz, die sich beispielsweise im Rahmen von Besuchsdiensten engagieren
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Ältere Menschen mit Migrationshintergrund
Träger und Fachkräfte für die kultursensible Pflege sensibilisieren und qualifizieren
Qualifizierung/Fortbildung zur Entwicklung bzw. Verbesserung interkultureller Kompetenz für Betreuungs- und Pflegekräfte
Bildung einer Arbeitsgruppe im Rahmen der Altenhilfekonferenz, die das Thema kultursensible Pflege weiterentwickelt
Prüfen, ob Konzeption für ein Kirchheimer Fachkräfteteam "Spezialisierte kultursensible Versorgung" notwendig ist
Entwicklung kultursensibler Versorgungskonzepte mit Trägern ambulanter und stationärer Pflegeeinrichtungen (Leitbilder für Einrichtungen, Räumlichkeiten, Personalkonzept, Qualifizierung der Mitarbeiter, Interkulturelle Teamarbeit, Verständigung
zwischen Pflegenden und Patienten, Hauswirtschaft
Beachtung der kultursensiblen Ansätze bei der Entwicklung von Nachbarschaftsnetzwerken
Schaffung von Begegnungsräumen im Quartier und Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse und Zugänge von Menschen mit Migrationshintergrund
Entwicklung
von Angeboten zur Verhinderung sozialer Isolation (z.B. Begegnungs- und
Freizeitangebote, Gemeinschafts-/Internationale Gärten, Aktivitäten innerhalb des eigenen
Kulturkreises
Fortschreibung des Teilsozialplans "Menschen ausländischer Herkunft"
Klärung der Bedarfslagen im Quartier mit Unterstützung von Schlüsselpersonen (Sozialarbeit, Betreuung und Pflege, Migrantenverein oder Integrationsausschuss)
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Kapitel 8
Gemeindeteilprofile Kirchheim unter Teck
Gemeindeteilprofil Nabern
Allgemeine Zahlen
Nabern ist mit 1.910 Einwohnern
der zweitkleinste Stadtteil von
Kirchheim unter Teck. Knapp 5%
der Gesamtbevölkerung leben hier.
In Bezug auf die Geschlechterverhältnisse herrscht in Nabern in etwa
Gleichstand. Der Anteil der weiblichen Bevölkerung ist also im Vergleich zum Landesschnitt hier etwas niedriger (im Land beträgt der
Anteil der Frauen 50,8%).
Von allen Gemeindeteilen hat Nabern den geringsten Ausländeranteil. Von den 1.910 Einwohnern
sind nur 82 – oder rund 4% - ausländischer Herkunft. Damit liegt
Nabern deutlich unter dem Landesschnitt von 12%.
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
151
Gemeindeteilprofile Kirchheim unter Teck
Im Hinblick auf den Familienstand
fällt für Nabern der vergleichsweise
hohe Anteil an Verheirateten auf.
Analog dazu ist der Anteil der Ledigen hier relativ gering. 36,1% der
Einwohner in Nabern sind ledig (BW: 40,6%), 53,0% sind verheiratet
(B-W: 47,8%), 4,5% geschieden
(B-W: 5,6%) und 6,4% verwitwet
(B-W: 6,0%).
Ein Blick auf die Altersstruktur
macht deutlich, dass der Anteil der
älteren Bevölkerung in Nabern vergleichsweise hoch ist. In die Gruppe der über 50-Jährigen fallen hier
fast 44%. Damit liegt Nabern recht
deutlich über dem Durchschnitt in
Baden-Württemberg (38,2%).
Differenzierte Zahlen nach Altersgruppen
Bei einem differenzierten Blick auf
die Altersstruktur bei den deutschen und ausländischen Einwohnern fällt vor allem der abnehmende
Anteil der ausländischen Bevölkerung in den höheren Altersgruppen
auf. Allerdings sind die Fallzahlen in
Nabern sehr gering, weshalb die
Daten vorsichtig interpretiert werden sollten.
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Bezogen auf den Familienstand ergibt sich für die über 50-Jährigen in
Nabern ein wenig überraschendes
Bild. In den Gruppen zwischen 50
und 79 ist der überwiegende Anteil
der Bevölkerung verheiratet. In den
höheren Altersgruppen nimmt naturgemäß der Anteil der Verwitweten deutlich zu – bei den Gruppen
über 80 ist diese Gruppe am stärksten vertreten.
Die weitgehend bekannte Tatsache,
dass gerade in den älteren Bevölkerungsgruppen die Frauen überproportional vertreten sind, spiegelt
sich in Nabern nicht so eindeutig
wider. So ist der Anteil der männlichen Bevölkerung in der Gruppe der
50 bis 59-Jährigen auffällig hoch –
und auch in der Gruppe der 70 bis
79-Jährigen sind die Männer leicht in der Überzahl. In den darauffolgenden Altersgruppen sind
Frauen dagegen deutlich überproportional vertreten.
Ergebnisse der Stadterkundung
Am 17.05.2010 fand die Stadterkundung im Ortsteil Nabern statt. Insgesamt nahmen 15
Personen an der Erkundung teil. Neben den Vertretern der Stadtverwaltung, dem Ortsvorsteher und Frau Dr. Jautz vom Institut für Sozialforschung und Sozialplanung waren 4 Mitglieder
des Bürgerausschusses beteiligt. Als Betroffene und Fachleute vor Ort fanden sich 6 Bürgerinnen und Bürger aus dem Stadtteil ein.
Insgesamt wurde Nabern von den Bürgern als ländlicher Stadtteil mit hoher Lebensqualität
dargestellt, als "schöner, grüner und lebendiger Ort mit hoher Wohnqualität". Die Angebotsstrukturen in Nabern wurden als ausreichend dargestellt. Eine besondere Stärke stellt das bürgerschaftliche Engagement im Stadtteil dar. Aktive Vereine sorgen für zahlreiche Angebote
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
153
Gemeindeteilprofile Kirchheim unter Teck
und prägen eine Atmosphäre der Zusammengehörigkeit im Gemeinwesen.
Angebote
Für die Grundversorgung verfügt der Stadtteil über einen Supermarkt (Edeka) mit den im Einzelhandel üblichen Öffnungszeiten, sowie einen Hofladen mit eingeschränkten Öffnungszeiten.
Beide Einrichtungen werden von den Bürgern als "fußläufig erreichbar" bezeichnet. Eine allgemeinmedizinische Praxis ist im Ort, eine Apotheke ist nicht vorhanden. Eine Bank mit Geldautomaten und Schalterpersonal, sowie eine weitere Selbstbedienungsbank stehen im Ort zur
Verfügung. Im Ort sind gastronomische Betriebe angesiedelt, die von den Bürgern unterschiedlich angenommen werden.
Die Kirchen nehmen nach Aussage der Bürger eine große Rolle im sozialen und kulturellen
Leben des Stadtteils ein. So sind sie Veranstalter des wöchentlichen Seniorenessens, an welchem im Schnitt 40 Personen teilnehmen und von weiteren Veranstaltungen, welche der Erwachsenenbildung zugeschrieben werden können. Der "Bürgerverein Zehntscheuer Nabern"
führt 5 – 10 kulturelle Veranstaltungen pro Jahr durch. Ein größeres kulturelles Angebot, beispielsweise in Form von Kursen über die Volkshochschule oder Familienbildungsstätte wird
von den Bürgern gewünscht.
Die Ortschaftsverwaltung initiiert einmal im Jahr einen Seniorennachmittag, welcher, ähnlich
wie das Seniorenessen, gut angenommen wird.
Der ortsansässige Sportverein SV Nabern bietet nach Aussage der Bürger ein breites Angebot
an sportlichen Aktivitäten, die auch gut für Senioren geeignet sind. Die einzelnen Sportstätten
erscheinen den Bürgern allerdings zu weit weg. Dies bezieht sich vor allem auf die Sportanlage und das Vereinsheim "Oberer Wasen", welches sich am östlichen Rand des Gemeindegebiets befindet. Die Sporthalle "Gießnauhalle" befindet sich dagegen zentral im Ortskern, muss
aber dringend saniert werden. Die Bürger wünschen sich in diesem Zusammenhang auch eine
Öffnung der Gießnauhalle als kulturelles Zentrum.
Nabern verfügt über zwei Bushaltestellen, eine am westlichen Ortsrand (Nabern Industriegebiet) und eine am östlichen Ortsrand (Nabern Gartenstraße) in unmittelbarer Nähe des Supermarktes. Die Haltestelle "Nabern Gartenstraße" wurde als schlecht erreichbar dargestellt, im
Sinne eines barrierefreien Zugangs kann dies nicht bestätigt werden. Ebenfalls kritisch gesehen wurden die mit einer Fahrt nach Kirchheim verbundenen Kosten des VVS und der häufig
nicht vorhandene barrierefreie Zustieg, da selten Niederflurbusse eingesetzt werden.
Die nachbarschaftlichen Beziehungen im Stadtteil werden als noch funktionierend dargestellt.
Der Anteil an einsamen und unterstützungsbedürftigen älteren Bürgern scheint jedoch nach
Aussage der Bürger zuzunehmen. Als unvorteilhaft werden viele Wohnhäuser mit großen
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Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Grundstücken im Ortsteil wahrgenommen. Viele Wohnhäuser, oftmals ehemalige Bauernhäuser, verfügen über viel Wohnraum, jedoch auch über unflexible Grundrisse, so dass eine eigenständige Versorgung in den eigenen Wänden nicht ohne zum Teil massive Einschränkungen umgesetzt werden kann. Durch die zum Teil großen Grundstücke droht nach Aussagen
der Bewohner eine zusätzliche Isolation der Bewohner. In der Regel wollen die Älteren, auch
wenn sie einmal Versorgung benötigen, ihre Häuser nicht verlassen.
Bedarf
Im Rahmen der Stadterkundung in Nabern hat sich gezeigt, dass Nabern ein Stadtteil mit hoher Wohnqualität ist.
Infrastrukturell wurden keine weiteren Bedarfe der Bürger geäußert. Sorge bereitet einigen
Bürgern der Fortbestand der allgemeinärztlichen Praxis. Die Bürger fürchten hier, dass sich
kein Nachfolger finden wird, wenn der jetzige Arzt in Pension geht. Hier müssen Anreize geschaffen werden, um eine langfristige medizinische Versorgung im Stadtteil zu gewährleisten.
Es wurde beklagt, dass es keine weiteren kulturellen Angebote (z.B. FBS oder VHS Kurse)
mehr im Ort gibt. Die Entfernung zu den Kultur- und Bildungsangeboten in der Stadt hält die
Älteren besonders in den Abendstunden von einem Besuch ab. Hier sollten gemeinsam mit
den entsprechenden Anbietern die Möglichkeiten im Stadtteil geklärt werden. Im Hinblick auf
lebenslanges Lernen und der gefühlt schlechten Verkehrsanbindung nach Kirchheim unter
Teck sollte die Verwaltung den ÖPNV stärker unterstützen, im Zweifelsfall das Angebot zum
Nutzer zu bringen oder Fahrdienste initiieren.
Nach Aussage der Bürger fehlt in Nabern eine Art Zentrum sowie ein öffentlicher Raum für
Begegnung und Geselligkeit. Allerdings fügten die Bürger auch hinzu, dass "die Naberner" sich
nicht als "Nichtschaffer" darstellen lassen wollen und man sich traditionell nicht in seiner Freizeit auf der Straße oder im Ort zeigt. Mußestunden finden dementsprechend insbesondere bei
der älteren Bevölkerung im Verborgenen statt. Hier scheint den Bürgern die Diskrepanz zwischen dem Wunsch nach Begegnung untereinander und der tatsächlichen Annahme solcher
Plätze bewusst zu sein. Dies bestätigt sich für die Bürger auch darin, dass die vorhandenen
Plätze und Sitzbänke nicht oder eher selten genutzt werden. Durch die Sanierung der "Gießnauhalle" und einer Öffnung dieser als Treffpunkt im Stadtteil kann dem vorhandenen Bedürfnis nach Geselligkeit entgegengekommen werden. Diesbezügliche Möglichkeiten sollten von
der Verwaltung unter Einbezug der Ortschaftsverwaltung und der Bürger geprüft werden.
Ein großes Anliegen der Bürger war die Versorgung im Alter. Nachbarschaft funktioniert noch
gut und ambulante Dienste bringen die notwendigen Hilfen ins Haus. Allerdings zwingt eine
Heimunterbringung zum Verlassen der sozialen Netze. Ein Angebot des betreuten Wohnens
wurde gewünscht und nach Möglichkeit auch eine stationäre Versorgung im Ort. Die
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Gemeindeteilprofile Kirchheim unter Teck
Bürger des Stadtteils mit dem statistisch höchsten Anteil an über 50 Jährigen wiesen darauf
hin, dass sie auch im Alter im Stadtteil verbleiben wollen und ein Umzug in eine Wohnanlage
in der Kernstadt für sie primär eine Verschlechterung darstellt. Auf dem Gelände des alten
Kindergartens können sich die Bürger den Bau einer betreuten Seniorenwohnanlage vorstellen.
Eine Umfrage diesbezüglich wurde in der Vergangenheit von der Ortschaftsverwaltung durchgeführt.
Maßnahmen
Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements zur Förderung des Miteinanders der Generationen und Weiterentwicklung nachbarschaftlicher Unterstützung (z.B. durch Hol- und
Bringdienste, Einkaufsservice usw.)
Pflegestützpunkt personell so ausstatten, dass Beratungsstunden vor Ort angeboten werden können
Einrichten einer festen Rubrik "Gut älter werden in Nabern" im Mitteilungsblatt mit Darstellung der Möglichkeiten vor Ort und der Angebote in der Gesamtstadt (Fördermöglichkeiten zur Wohnraumanpassung, Angebot Pflegestützpunkt, usw.)
Mehr Sitzbänke auf den üblichen Wegen zum Supermarkt, Arzt usw. sowie an beliebten
Spazierwegen platzieren
Zugänge
zu den Sportflächen barrierefrei gestalten und Ruhebänke entlang des Weges
aufstellen
Begegnungsmöglichkeiten für alle Generationen in der Ortsmitte schaffen
Möglichkeiten des barrierefreien Zugangs zu den Bushaltestellen und in die Busse prüfen
Bei Laubfall, Schnee und Eis haben Wege und Plätze, die den Zugang zu infrastrukturellen
Einrichtungen sichern, Vorrang beim Reinigen und Räumen der Flächen
Klärung des Bedarfs und der Akzeptanz an Wohnangeboten (Betreutes Wohnen, barrierefreies Wohnen, Senioren-WG`s usw.)
Prüfen, in wie weit Anreize geschaffen werden können, die die ärztliche Versorgung im
Stadtteil weiterhin sichern
156
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Gemeindeteilprofil Jesingen
Allgemeine Zahlen
Jesingen ist mit knapp 3.500 Einwohnern der drittgrößte Gemeindeteil von Kirchheim unter Teck.
Knapp 9% der Gesamtbevölkerung
leben hier.
In Bezug auf die Geschlechterverhältnisse liegt Jesingen sehr nahe
am Durchschnitt des Landes BadenWürttemberg. Der Anteil der weiblichen Bevölkerung liegt mit 50,4%
etwas über dem Anteil der männlichen Bevölkerung (im Land beträgt
der Anteil der Frauen 50,8%).
Der Ausländeranteil liegt in Jesingen mit 9,1% etwas unter dem
Anteil von ca. 12% für das Land
Baden-Württemberg und 14,6% in
der Gesamtstadt.
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
157
Gemeindeteilprofile Kirchheim unter Teck
Im Hinblick auf den Familienstand
ergeben sich für Jesingen nur leichte Unterschiede zu den Zahlen für
das
Land
Baden-Württemberg:
38,36% der Einwohner in Jesingen
sind ledig (B-W: 40,6%), 51,1%
sind verheiratet (B-W: 47,8%),
5,1% geschieden (B-W: 5,6%) und
5,5% verwitwet (B-W: 6,0%).
In die Gruppe der über 50-Jährigen
fallen in Jesingen 39,1% der Bevölkerung. Damit liegt Jesingen
etwas über dem Landesschnitt –
hier fallen 38,2% der Bevölkerung
in diese Gruppe. Im Vergleich zum
Landkreis Esslingen ist der Unterschied noch etwas größer, hier sind
37,9% der Bevölkerung über 50
Jahre alt.
Differenzierte Zahlen nach Altersgruppen
Bei einem differenzierten Blick auf
die Altersstruktur bei den deutschen und ausländischen Einwohnern fällt vor allem der abnehmende
Anteil der ausländischen Bevölkerung in den höheren Altersgruppen
auf.
158
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Bezogen auf den Familienstand ergibt sich für die über 50-Jährigen in
Jesingen ein wenig überraschendes
Bild. In den Gruppen zwischen 50
und 79 ist der überwiegende Anteil
der Bevölkerung verheiratet. In den
höheren Altersgruppen nimmt naturgemäß der Anteil der Verwitweten deutlich zu – bei den Gruppen
über 80 ist diese Gruppe am stärksten vertreten.
Die weitgehend bekannte Tatsache,
dass gerade in den älteren Bevölkerungsgruppen die Frauen überproportional vertreten sind, spiegelt
sich in Jesingen nicht so eindeutig
wider. So ist der Anteil der männlichen Bevölkerung in der Gruppe der
50 bis 59-Jährigen auffällig hoch –
und auch in der Gruppe der 70 bis
79-Jährigen sind die Männer leicht in der Überzahl. In den darauffolgenden sind Frauen dagegen deutlich überproportional vertreten.
Ergebnisse der Stadterkundung
Am 24.06.2010 fand die Stadterkundung im Ortsteil Jesingen statt. Insgesamt nahmen 19
Personen an der Erkundung teil. Neben den Vertretern der Stadtverwaltung und des Sozialen
Dienstes Kirchheims, dem Ortsvorsteher und der Rathausmitarbeiterin waren 5 Mitglieder des
Bürgerausschusses beteiligt. Als Betroffene und Fachleute vor Ort fanden sich 8 Bürgerinnen
und Bürger aus dem Stadtteil ein.
Insgesamt wurde der Stadtteil von Seiten der Bürger als verkehrsgünstiger, der Kernstadt
Kirchheim naher Stadtteil dargestellt. Die Bürger zeigten eine hohe Identifikation mit dem
Stadtteil und äußerten, hier gerne zu leben. Der Stadtteil hat ein ausgeprägtes Vereinsleben.
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
159
Gemeindeteilprofile Kirchheim unter Teck
Angebote
Jesingen verfügt über einen kleinen Ortskern, der zum Zeitpunkt der Begehung saniert wurde.
Dominant ist die Teilung des Ortskerns durch die Hauptverkehrsstraße L1200.
Im nördlich gelegenen historischen Ortskern befindet sich neben Rathaus und Kirche eine
Mühle, die über den Hofladen eigene und regionale Erzeugnisse (eingeschränktes Obst- und
Gemüsesortiment) anbietet. Auf dem Gelände der Mühle wurde eine Poststation eingerichtet.
Des weiteren gibt es auf dieser Seite der Lindach eine Bäckerei.
Südlich der L1200 befinden sich eine Metzgerei, ein Kiosk mit eingeschränktem Warenangebot und Lottoannahmestelle, ein Bäcker und ein Blumenladen, sowie eine Bankfiliale mit
Schalterpersonal und Geldautomaten.
Der Ortsteil Jesingen verfügt über keinen Supermarkt. Von den Bürgern wurde dies zwar bedauert, gleichzeitig scheint jedoch die Versorgung im Stadtteil gesichert, da die Bürger nach
eigenen Angaben auf die umliegenden Supermärkte in Kirchheim unter Teck oder Weilheim
ausweichen.
Im Ortsteil befindet sich eine Apotheke und eine allgemeinmedizinische Praxis. Die im Ort ansässige Gastronomie wird von den Bewohnern unterschiedlich angenommen. Jesingen verfügt
über zwei Kindergärten mit erweiterten Öffnungszeiten, sowie einer Grund- und Hauptschule
mit Werkrealschule.
Die Bürger benannten insbesondere die verkehrgünstige und ebenerdige Lage Jesingens als
Standortvorteil. Viele fehlende Angebote im Stadtteil werden durch die Nähe zur Kernstadt
Kirchheim ausgeglichen.
Jesingen verfügt über einen gut ausgebauten Radweg, auf welchem man fernab der Hauptverkehrstraßen in die Innenstadt gelangt. Entlang der L1200 liegen drei Bushaltestellen ("Rathaus", "Wartehalle" und "Fauslerstraße" (von Ost nach West) die von vier Buslinien angefahren werden. Die Bürger nehmen die Busverbindungen als ausreichend und die Anbindung an
die S-Bahn als gut gelöst wahr.
Jesingen verfügt über ein gutes Angebot im Freizeitbereich. Der ortsansässige TSV Jesingen
bietet ein großes Spektrum an Bewegungs- und Gesundheitskursen an. Hier sind auch spezielle Kurse für die Generation 50+ ("Fit ab 50" und "Fit ab 60") im Angebot. Die Teilnehmer
müssen zur Nutzung des Angebots in vielen Fällen keine Mitgliedschaft im TSV Jesingen vorweisen.
Die Kirchengemeinden nehmen in Jesingen einen großen Stellenwert ein. So veranstaltet die
evangelische Kirchengemeinde Jesingen einmal im Monat einen Altennachmittag, der im
160
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Durchschnitt von 30 Personen wahrgenommen wird. Zweimal im Monat findet ein Mittagstisch statt, der von bis zu 50 Personen genutzt wird. Sechs bis sieben mal im Jahr wird das
"Männerversper" mit ca 30 -35 Personen durchgeführt. Ein regelmäßiger Senioren-Tanzkreis
ergänzt das Angebot des Sportvereins. Die katholische Kirchengemeinde hat keine ausgewiesenen Seniorenangebote, das Gemeindezentrum OASE führt jedoch regelmäßige Veranstaltungen durch, die allen Bürgern zugänglich sind. Die Angebote der OASE wurden von den
Bürgern als sehr bereichernd beschrieben.
Bedarf
Die nachbarschaftlichen Beziehungen im Stadtteil werden als funktionierend dargestellt. Einige
Bürger nannten eine schwierige Kontaktaufnahme zu Neubürgern des Stadtteils. Viele Zugezogene leben isoliert und haben wenig Kontakt zu den Einheimischen. Hier wurde von Seiten
der Anwesenden der Wunsch geäußert, mehr Miteinander im Stadtteil zu erleben. Konflikte
entstehen nach Aussage einiger Bürger immer wieder durch die Interessenskonflikte zwischen
den älteren Bewohnern und der Jugend. Die derzeitige Sanierung im Bereich des Rathauses
hat auch zum Ziel, Treffpunkte zu bilden, an denen Kontakt untereinander möglich ist. Die
Aufwertung der Lindach durch die Neugestaltung der Uferzone birgt die Chance, dass in diesem Bereich insbesondere junge Familien mit Kindern und ältere Menschen zusammenkommen. Es fehlen gemeinsame Begegnungsräume für Jung und Alt. Die vorhandenen Gaststätten sind keine Treffpunkte für die breite Masse der Älteren mehr.
Die allgemeinärztliche Praxis im Stadtteil ist nach Aussage der Bürger sehr wichtig und hat bei
vielen älteren Menschen eine hohe Bedeutung. Es wird empfohlen, diese Praxis zu erhalten
und Anreize zu schaffen, damit diese auch in Zukunft weitergeführt werden kann.
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
161
Gemeindeteilprofile Kirchheim unter Teck
Maßnahmen
Erhalt der vorhandenen Versorgungs-/Infrastruktur für eine ausreichende Versorgung und
Teilhabe älterer Menschen
Erhalt der Seniorenangebote und deren Erweiterung in einem regelmäßigen Treffpunkt
Aufwertung vorhandener Plätze zu
qualitätvollen, bedürfnisgerechten Treffpunkten unter
Beteiligung von Bürgern und Nachbarschaft
Kommunikation
und Zusammenarbeit zwischen Jung und Alt fördern, z.B. durch einen
Bürgertreff mit Mehrgenerationenansatz im Rathaus, neu gestalteter Sitzbereich am Rathaus als Treffpunkt/ Kommunikationsraum etablieren, um das Knüpfen und Erhalten sozialer Kontakte zu fördern
Vereine überprüfen ihre Angebote und Vereinsaktivitäten, ob sie auch für ehemalige Aktive
geeignet sind und überdenken ihren sozialen Auftrag gegenüber der älteren Generation
Wohnberatung und Fördermöglichkeiten zur barrierefreien Wohnraumanpassung im Stadtteil bekannt machen
Einrichten einer festen Rubrik "Gut älter werden in Jesingen" im Mitteilungsblatt mit Darstellung der Möglichkeiten vor Ort und der Angebote in der Gesamtstadt
Mehr Sitzbänke auf den üblichen Wegen zu den Läden, zum Arzt usw. sowie an beliebten
Spazierwegen platzieren. Standorte unter Beteiligung von Bürgern (jung und alt) festlegen.
Mobilisierung des bürgerschaftlichen Engagements zur Stärkung des Miteinanders der Generationen und für mehr nachbarschaftliche Unterstützung.
Prüfen,
inwieweit Anreize geschaffen werden können, die die ärztliche Versorgung im
Stadtteil weiterhin sichern
Bei Laubfall, Schnee und Eis haben Wege und Plätze, die den Zugang zu infrastrukturellen
Einrichtungen sichern Vorrang beim Reinigen und Räumen der Flächen
Klärung des Bedarfs und der Akzeptanz an Wohnangeboten (Betreutes Wohnen, barrierefreies Wohnen, Senioren-WG´s usw.)
162
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Gemeindeteilprofil Ötlingen
Allgemeine Zahlen
Ötlingen ist mit 6.334 Einwohnern
der
zweitgrößte
Gemeindeteil.
Knapp 16% der Gesamtbevölkerung von Kirchheim unter Teck leben hier.
Bei der Geschlechterverteilung zeigt
sich in Ötlingen das bekannte Muster, wonach Frauen mit 51,8%
leicht in der Überzahl sind.
Der Ausländeranteil liegt in Ötlingen
im Vergleich zu den Anteilen im
Land
Baden-Württemberg
(ca.
12%) mit 13,3% leicht höher. Somit hat Ötlingen den zweithöchsten
Ausländeranteil aller Gemeindeteile
von Kirchheim unter Teck.
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
163
Gemeindeteilprofile Kirchheim unter Teck
Mit Blick auf den Familienstand
liegt Ötlingen nahe am Landesschnitt: 36,8% der Ötlinger sind
ledig (B-W: 40,6%), 49,3% sind
verheiratet (B-W: 47,8%), 6,6%
geschieden (B-W: 5,6%) und 7,2%
verwitwet (B-W: 6,0%).
Im Vergleich zu den anderen Gemeindeteilen weist Ötlingen mit
41% einen relativ hohen Anteil an
über 50-Jährigen auf. Ötlingen liegt
damit auch etwas über dem Landesschnitt – hier fallen 38,2% der
Bevölkerung in diese Gruppe.
Differenzierte Zahlen nach Altersgruppen
Bei einem differenzierten Blick auf
die Altersstruktur bei den deutschen und ausländischen Einwohnern Ötlingens fällt vor allem der
rapide abnehmende Anteil der ausländischen Bevölkerung in den Altersgruppen der über 70-Jährigen
auf. Auch in Ötlingen sind ausländische Einwohner also vor allem in
den höheren Altersklassen unterproportional vertreten.
164
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Bezogen auf den Familienstand ergibt sich für die über 50-Jährigen
auch in Ötlingen das übliche Bild. In
den Gruppen zwischen 50 und 79
ist der überwiegende Anteil der
Bevölkerung verheiratet. In den höheren Altersgruppen nimmt naturgemäß der Anteil der Verwitweten
deutlich zu – bei den Gruppen über
80 ist diese Gruppe am stärksten
vertreten.
Die weitgehend bekannte Tatsache,
dass gerade in den älteren Bevölkerungsgruppen die Frauen überproportional vertreten sind, spiegelt
sich auch in Ötlingen wider. Während die Geschlechterverhältnisse
bis zur Altersgruppe der 60-69Jährigen relativ ausgewogen sind
(der Anteil der männlichen Bevölkerung zwischen 50 und 59 ist sogar
etwas höher), sind Frauen in den
darauffolgenden Gruppen deutlich
überproportional vertreten.
Ergebnisse der Stadterkundung
Am 17.05.2010 fand die Stadterkundung im Ortsteil Ötlingen statt. Insgesamt nahmen 19
Personen an der Erkundung teil. Neben den Vertretern der Stadtverwaltung, dem Ortsvorsteher und Frau Dr. Jautz vom Institut für Sozialforschung und Sozialplanung waren 3 Mitglieder
des Bürgerausschusses beteiligt. Als Betroffene und Fachleute vor Ort fanden sich 11 Bürgerinnen und Bürger aus dem Stadtteil ein.
Insgesamt kann Ötlingen als lebendiger Stadtteil bezeichnet werden und wird so auch von den
Bewohnern wahrgenommen.
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
165
Gemeindeteilprofile Kirchheim unter Teck
Angebote
Der Ortsteil Ötlingen verfügt über eine gute Infrastruktur und hat eine verkehrsgünstige Anbindung an die Kernstadt Kirchheim. Neben Metzgereien und Bäckereien findet sich auch ein
Supermarkt mit den üblichen Öffnungszeiten im Ortsteil, was nach Aussage der Bewohner
sehr geschätzt wird. Flankierende Angebote: Friseure, Optiker und Kioske sind vorhanden.
Die medizinische Versorgung ist durch unterschiedliche Arztpraxen und durch eine Apotheke
gedeckt. Auch physiotherapeutische Praxen haben sich im Stadtteil angesiedelt.
In Ötlingen befinden sich Schulen und Kindergärten, teils unter städtischer Leitung, teils unter
privater Trägerschaft. Mehrere Plätze für Jugendliche, einen Jugendtreff im Rathaus und ein
Familienzentrum im TRIB.
In der Nähe der Ortsmitte sind drei Seniorenwohnanlagen angesiedelt, in denen seniorengerechtes, barrierefreies Wohnen möglich ist.
Die im Ort angesiedelten gastronomischen Betriebe werden gut angenommen.
Ötlingen verfügt über ein gut ausgebautes Netz an Bushaltestellen. Zwei Buslinien verbinden
den Ortsteil mit der Kernstadt Kirchheim. Die Radwege nach Kirchheim unterstreichen nach
Aussage der Bürger die gute Verkehrsanbindung, allerdings wird der Zustand der Wege, insbesondere der Radweg entlang der Stuttgarter Straße, als schlecht bezeichnet. Gerade im
Herbst und im Winter wünschen sich die Bewohner einen besseren Räumdienst auf diesen
Wegen.
Ötlingen verfügt über eine lebendige Vereinsstruktur. Der TSV Ötlingen bietet ein vielfältiges
Angebot im Breitensport an. Hier sind auch spezielle Kurse für die Generation 50+ vorhanden. In der Eduard-Mörikehalle bietet das DRK wöchentlich Seniorengymnastik an. Die Kommunikation zwischen den ansässigen Vereinen wird von den Bewohnern positiv gesehen, insbesondere bezüglich des Arbeitskreises Feste und Vereine.
Einmal im Monat wird ein ökumenischer Kaffeenachmittag durchgeführt, der nach Aussage
der Veranstalter gut besucht ist. Im Katholischen Gemeindehaus trifft sich wöchentlich ein
Seniorentanzkreis. Weiterhin befindet sich die Begegnungsstätte Silberne Rose im Ortsteil, in
der regelmäßig Veranstaltungen (z.B. einmal wöchentlich ein Kaffeenachmittag) für ältere
Menschen durchführt werden. In den Räumen der Silbernen Rose trifft sich regelmäßig eine
große Gruppe von russischsprachigen Senioreninnen – ein Angebot des Vereins buefet e.V.
166
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Bedarf
Nach Aussagen der Anwesenden fehlen in Ötlingen Angebote im Bereich der Erwachsenenbildung und Kultur. Es wird bemängelt, dass keine geeigneten großen Räumlichkeiten, insbesondere für Kulturveranstaltungen vorhanden sind. Die Bewohner äußerten den Wunsch, dass
Angebote der Familienbildungsstätte und der Volkshochschule auch im Stadtteil stattfinden.
In diesem Zusammenhang wurde die verkehrsgünstige Lage nach Kirchheim noch einmal hervorgehoben, jedoch auch kritisiert, dass die Kosten, um mit dem Bus nach Kirchheim zu fahren, für viele Bürger zu hoch sind. Dies erschwert die Teilnahme am kulturellen und gesellschaftlichen Leben.
Die Ortsmitte ist zugleich auch Hauptverkehrsknotenpunkt des Ortsteils, was von vielen Bürgern als zu laut und wenig einladend dargestellt wurde. Der Durchgangsverkehr wird als störend und die Aufenthaltsqualität mindernd empfunden. Hier wurde der Wunsch geäußert, den
LKW-Verkehr auf der Stuttgarter Straße, insbesondere nachts, einzuschränken.
In der Ortsmitte fehlt nach Aussagen der Anwesenden ein begrünter Platz, auf welchem ein
geselliges Miteinander möglich ist. Hier können sich die Bürger den Platz gut vorstellen, der in
unmittelbarer Nähe zum Rathaus liegt, da hier die Zentralität gegeben ist. Auf Nachfrage können die Bürger jedoch auch bestätigen, dass sich die Annahme eines solchen Platzes als
schwierig erweist. Dies liegt insbesondere in diesem Bereich an einem zu hohem Verkehrsaufkommen, zum anderen wünscht man sich zwar einen Raum um ungezwungen ins Gespräch
zu kommen, möchte aber andererseits nicht so wirken, als habe man nichts zu tun.
Auch die Ausstattung mit Bänken wird im Stadtteil kritisch gesehen. Nach Aussage der Bürger fehlen diese insbesondere im Hinblick auf die vielen Senioren im Ortskern auf den Wegen
zu den einzelnen infrastrukturellen Einrichtungen. Dies wird auch als wichtig für die zahlreichen Bewohner der Seniorenwohnanlagen betont. Hinzu kommt, dass auf den „Freizeitwegen“, beispielsweise auf dem Weg entlang der Lauter nicht genügend Bänke platziert sind und
die bestehenden Bänke entweder ungünstig stehen, oder sich in einem schlechten Zustand
befinden. Auch auf dem Weg zum Bahnhof werden mehr Bänke gewünscht.
Von Seiten der Anwohner wurde darauf hingewiesen, dass die im Ort befindlichen Seniorenwohnanlagen durch unnötige Wegverlängerungen im Wohnumfeld schlecht an die infrastrukturellen Einrichtungen angebunden sind. Die Anbindung dieser Anlagen an das "Zentrum" in
Ötlingen sollte von der Stadtverwaltung geprüft werden. Hier fehlen insbesondere Verbindungswege, dadurch werden Strecken länger als eigentlich notwendig.
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
167
Gemeindeteilprofile Kirchheim unter Teck
Maßnahmen
Förderung des Miteinanders, der Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Jung und
Alt (z.B. durch das Schaffen eines Bürgerzentrums)
Bei Laubfall, Schnee und Eis haben Wege und Plätze, die den Zugang zu infrastrukturellen
Einrichtungen sichern, Vorrang beim Reinigen und Räumen der Flächen
Regelmäßige Instandsetzung der vorhandenen Bänke
Anpassung der Anzahl der Sitzbänke an den Bedarf, insbesondere auf den Wegen von den
Seniorenwohnungen zu den infrastrukturellen Einrichtungen des Stadtteils
Erhalt der vorhandenen und bedarfsgerechte Anpassung der kulturellen Angebote
Im Blick auf die hohe Zahl an Rollstuhlfahrern und Benutzer von Rollatoren sollte mit Betroffenen eine Begehung des Stadtteils durchgeführt werden, um Stellen zu ermitteln, an
denen Bordsteine abgesenkt und Wege besser befahrbar gemacht werden müssen
Der
gepflasterte Radweg entlang der Lauter sollte saniert werden. Die Beschädigungen,
Lockerungen stellen Gefahrenstellen dar. Eine Asphaltierung wird empfohlen. Verbesserung der Aufenthalts- und Kommunikationsqualität entlang dem Lauterradweg
168
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Gemeindeteilprofil Kirchheim unter Teck
Allgemeine Zahlen
Die Kernstadt Kirchheim ist mit
26.450 Einwohnern der mit Abstand bevölkerungsstärkste Teil der
Stadt Kirchheim unter Teck. Hier
leben gut zwei Drittel der Gesamtbevölkerung von Kirchheim unter
Teck.
Die Verteilung zwischen Männern
und Frauen entspricht dabei dem
üblichen
Bild
in
BadenWürttemberg: Mit 51,7% sind die
Frauen leicht in der Überzahl (im
Land beträgt der Anteil der Frauen
50,8%).
Der Ausländeranteil ist in der Kernstadt Kirchheim mit 16,3% etwas
höher
als
im
Land
BadenWürttemberg, in dem im Durchschnitt 12% Ausländer leben.
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
169
Gemeindeteilprofile Kirchheim unter Teck
Im Hinblick auf den Familienstand
liegt Kirchheim ziemlich exakt im
Landesschnitt: 39,4% der Kirchheimer sind ledig (B-W: 40,6%),
46,4% sind verheiratet (B-W:
47,8%), 7,1% geschieden (B-W:
5,6%) und 7,0% verwitwet (B-W:
6,0%).
Da für diesen Bericht vor allem die Altersgruppen über 50 von Interesse sind, wurden für die
nachfolgende Darstellung die Altersgruppen unter 50 Jahre nicht differenziert ausgewiesen.
In die Gruppe der über 50-Jährigen
fallen in Kirchheim 39,1% der Bevölkerung. Damit liegt Kirchheim
etwas über dem Landesschnitt –
hier fallen 38,2% der Bevölkerung
in diese Gruppe. Im Vergleich zum
Landkreis Esslingen ist der Unterschied noch etwas größer, hier sind
37,9% der Bevölkerung über 50
Jahre alt.
Differenzierte Zahlen nach Altersgruppen
Bei einem differenzierten Blick auf die Altersstruktur bei den deutschen und ausländischen
Einwohnern Kirchheims fällt vor allem der abnehmende Anteil der ausländischen Bevölkerung
in den höheren Altersgruppen auf.
Während der Anteil der Ausländer
bei den unter 50-Jährigen in Kirchheim noch bei 19% liegt, nimmt
dieser in den folgenden Altersgruppen kontinuierlich ab. In den Gruppen der über 80 und über 90Jährigen liegt der Anteil nur noch
bei 2,3 bzw. 0,5%.
170
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Bezogen auf den Familienstand ergibt sich für die über 50-Jährigen in
Kirchheim ein wenig überraschendes Bild. In den Gruppen zwischen
50 und 79 ist der überwiegende
Anteil der Bevölkerung verheiratet.
In den höheren Altersgruppen
nimmt naturgemäß der Anteil der
Verwitweten deutlich zu – bei den
Gruppen über 80 ist diese Gruppe
am stärksten vertreten.
Wie bereits eingangs beschrieben, ist eine leichte Mehrheit der Bevölkerung Kirchheims weiblichen Geschlechts.
Die weitgehend bekannte Tatsache,
dass gerade in den älteren Bevölkerungsgruppen die Frauen überproportional vertreten sind, spiegelt
sich auch in Kirchheim wider. Während die Geschlechterverhältnisse
bis zur Altersgruppe der 60-69Jährigen relativ ausgewogen sind,
sind Frauen in den darauffolgenden
Gruppen deutlich überproportional
vertreten.
Ergebnisse der Stadterkundung Innenstadt
Am 11.10.2010 fand die Stadterkundung in der Kirchheimer Innenstadt (räumlich ist hier der
Bereich innerhalb des Alleenrings gemeint) statt. Insgesamt nahmen 19 Personen an der Erkundung teil. Neben den Vertretern der Stadtverwaltung und des Sozialen Dienstes Kirchheim
waren 5 Anwohnerinnen und Anwohner sowie 10 Mitglieder des Bürgerausschusses anwesend.
Insgesamt stellten die Anwohner die zentrale Lage der Innenstadt als Wohngebiet in den Vordergrund und erklärten, mit der Wohnsituation zufrieden zu sein. Die besondere Situation in
der Innenstadt bedeutet für die Anwohner einen deutlichen Standortvorteil. Die zentrale,
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
171
Gemeindeteilprofile Kirchheim unter Teck
schnelle Erreichbarkeit von infrastrukturellen Einrichtungen, Kulturangeboten und Gastronomie
stellt einen Vorteil dar, der den Anwohnern auch durchaus bewusst ist, bzw. genau so gewünscht wurde. Andererseits ergeben sich aus der Vielfalt der Kulturangebote und der hohen
Zahl an Angeboten auch Belastungen. Insbesondere die Geräuschkulissen im Sommer und bei
Großveranstaltungen werden als die Wohnqualität mindernd empfunden.
Angebote
Die Innenstadt Kirchheims als Wohngebiet stellt eine Besonderheit in Kirchheim dar. Das
Wohnen ist geprägt durch die zentrale Infrastruktur, bestehend aus einem breiten Einzelhandelsangebot, Dienstleistungsbetrieben, Kultureinrichtungen und gastronomischen Betrieben,
sowie medizinischen Praxen und Apotheken. Den Bewohnern ist es möglich, auf kurzen Wegen alle Einrichtungen zu erreichen.
Direkt in der Innenstadt findet sich ein Supermarkt (Norma), der von den Bewohnern als wichtige Versorgungseinrichtung beschrieben wird. Die Räumlichkeiten werden jedoch als nicht
ideal und wenig ansprechend beschrieben. In der östlichen Verlängerung zur Innenstadt findet
sich das Nanz-Center, welches ein umfassendes Einzelhandelsangebot bereithält und auch
einen großen Supermarkt (Marktkauf) beherbergt. In der südlichen Verlängerung findet sich
ein weiterer Supermarkt (Rewe).
Die Innenstadt ist gut an den ÖPNV angebunden. Viele Buslinien fahren die Innenstadt aus
unterschiedlichsten Richtungen an; die Nähe zum Kirchheimer Bahnhof sichert eine Anbindung
an nahezu alle Bus- und Bahnlinien.
Zahlreiche Vereine mit unterschiedlichen Schwerpunkten sind in der Innenstadt aktiv und nutzen Räumlichkeiten in Innenstadtnähe. Hinzu kommt das breite Angebot der Volkshochschule
und der Familienbildungsstätte, die ihre Angebote hauptsächlich in der Innenstadt durchführen.
Insgesamt verfügt der Stadtteil über eine hervorgehobene Infrastruktur.
Bedarf
Die nachbarschaftlichen Beziehungen im Stadtteil wurden unterschiedlich beschrieben. In Einzelfällen besteht ein guter Kontakt zu Nachbarn, insbesondere dann, wenn die Bewohner
schon lange in der Innenstadt leben und sich allein schon aus der Zeit eine Gemeinsamkeit
ergibt. In anderen Fällen wurde beschrieben, dass wenig Kontakt zu Nachbarn besteht, da der
Wohnraum in der Innenstadt oft nur kurz- oder mittelfristig bezogen wird und sich an neue,
oft junge Bewohner kaum Anknüpfungspunkte ergeben. Insgesamt ist die Bewohnerschaft
172
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
eher anonymisiert, nachbarschaftliche Kontakte finden sehr individuell statt. Dies wird allerdings von den Anwesenden nicht als Problem bezeichnet.
Die Bewohner haben insbesondere die große Vielfalt kultureller Angebote hervorgehoben. Aus
dieser Vielfalt ergeben sich jedoch gerade für die Anwohner auch die Wohnqualität mindernde
Aspekte. Kritikpunkt war es, dass die Balance zwischen dem "Erlebnis Innenstadt" und dem
"Lebensraum Innenstadt" in den letzten Jahren nicht mehr stimmig erscheint. Die Anwohner
kritisieren, dass dem Erlebnis und den Veranstaltungen immer mehr Gewicht beigemessen
wird. Dies geht direkt auf Kosten der Wohnqualität der Anwohner. Wichtig war den Bewohnern hier, als Anwohner (auch von Seiten der Stadtverwaltung) wahrgenommen zu werden,
die einen wichtigen Beitrag (z.B. durch soziale Kontrolle) zum Gelingen der Innenstadt leisten.
Die Bewohner wünschen sich mehr Kontrollen von Seiten der Stadtverwaltung, insbesondere
bei der Einhaltung der Nachtruhe bei Abendveranstaltungen und bezüglich des Fahrverbots für
Kraftfahrzeuge in der Innenstadt gerade am Abend und in der Nacht. Das Radfahrverbot in der
Innenstadt wird oft ignoriert, daraus ergeben sich oftmals gefährliche Situationen. Auch hier
wird von Seiten der Verwaltung mehr Konsequenz eingefordert.
Die barrierefreie Ausgestaltung der Innenstadt wurde in Frage gestellt. Insbesondere die Straßenbereiche, die mit Kopfsteinpflaster versehen sind, stellen für viele Menschen eine Hürde
dar. Für Menschen, die auf einen Rollstuhl oder einen Rollator angewiesen sind, sind diese
Bereiche nicht passierbar. Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, meiden diese
Bereiche aus Angst, aufgrund des unebenen Bodens zu stürzen. Insbesondere die Fläche am
Schlossplatz wurde hier als negatives Beispiel erwähnt. Auch die Pflege und Instandhaltung
der öffentlichen Wege und Plätze in der Innenstadt wurde als nicht ausreichend beschrieben.
Im Winter (Schnee und Eis) und im Herbst (Laub) sei die Sicherheit der Fußgänger nicht gewährleistet.
Als positiv wurden die zahlreichen Treffpunkte in der Innenstadt bewertet. Der Spielplatz an
der Bastion wird von den Bewohnern begrüßt, ebenso der neu gestaltete Garten der Familienbildungsstätte. Hier wünschen sich die Bewohner mehr Sauberkeitskontrollen insbesondere
nach den Wochenenden in den warmen Monaten, da diese Plätze zu diesen Zeiten oft als
Treffpunkte belegt werden und sich daraufhin häufig Verschmutzungen ergeben, die insbesondere für Kinder gefährlich sind.
Nach Ansicht der Bewohner befinden sich in der Innenstadt nach wie vor zu wenige öffentliche Toiletten, die unabhängig von dem zeitlich eingeschränkten Angebot der "netten Toilette"
auch am Wochenende aufgesucht werden können. Auch eine zusätzliche Beschilderung ist
den Teilnehmern der Stadterkundung wichtig.
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
173
Gemeindeteilprofile Kirchheim unter Teck
Maßnahmen
Die Interessen der Bewohner sind stärker bei der Stadtentwicklung und Stadtgestaltung zu
berücksichtigen
Auf Balance zwischen Wohnbedürfnissen und Innenstadterlebnis achten
Intensivierung
des Dialogs zwischen Bewohnern, Stadtverwaltung und Handel/Gewerbe
(City-Dialog ist eingerichtet)
Verstärkte Kontrollen insbesondere zu den Themen: Nachtruhe, Fahrverbot für Fahrräder
und Kraftfahrzeuge in der Innenstadt
Norma als Supermarkt erhalten, aber Aufwertung/Renovierung anregen
Möglichkeit der Einrichtung/Öffnung weiterer öffentlicher Toiletten und Toilettenbeschilderung prüfen
Bei Laubfall, Schnee und Eis haben Wege und Plätze, die den Zugang zu infrastrukturellen
Einrichtungen sichern, Vorrang beim Reinigen und Räumen der Flächen
Wege mit
Kopfsteinpflaster um Fahrstreifen für Rollatoren und Rollstühle ergänzen (z.B.
Schlossplatz)
Bei Neubau oder Sanierung von Straßen und Wegen auf die Bedürfnisse von mobilitätseingeschränkten Menschen achten
Durchführung
von Verkehrsschauen bzw. Begehungen mit mobilitätseingeschränkten
Menschen, Barrierefreiheit im gesamten Gebiet umsetzen
Ampelphasen an mobilitätseingeschränkte ältere Fußgänger anpassen
174
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Gemeindeteilprofil Lindorf
Allgemeine Zahlen
Der Gemeindeteil Lindorf ist mit
1.507 Einwohnern der kleinste
Stadtteil der Stadt. Hier leben nur
etwa 5% der Gesamtbevölkerung
von Kirchheim unter Teck.
Bei der Geschlechterverteilung fällt
Lindorf etwas aus dem üblichen
Raster heraus – hier sind die Männer mit 50,1% knapp in der Überzahl.
Der Ausländeranteil ist in Lindorf
mit 5,2% relativ gering, sowohl im
Vergleich mit den Zahlen für das
Land
Baden-Württemberg
(ca.
12%) als auch im Vergleich mit den
anderen Gemeindeteilen. Nur in
Nabern leben noch weniger ausländische Mitbürger als in Lindorf.
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
175
Gemeindeteilprofile Kirchheim unter Teck
Im Hinblick auf den Familienstand
sticht Lindorf mit einem vergleichsweise hohen Anteil an Verheirateten hervor. Analog dazu sind
vor allem die Anteile der verwitweten und der geschiedenen deutlich
unter dem Landesschnitt.
Im Vergleich zu den anderen Gemeindeteilen weist Lindorf den geringsten Anteil an über 50-Jährigen
auf. Nur 32,3% der Bevölkerung
fallen hier in diese Gruppe, während
die Zahlen für die anderen Gemeindeteile zwischen 44 und 38% variieren. Lindorf liegt damit auch deutlich unter dem Landesschnitt – hier
fallen 38,2% der Bevölkerung in
diese Gruppe.
Differenzierte Zahlen nach Altersgruppen
Bei einem differenzierten Blick auf die Altersstruktur bei den deutschen und ausländischen
Einwohnern Lindorfs fällt vor allem der abnehmende Anteil der ausländischen Bevölkerung in
den höheren Altersgruppen auf.
So sind in Lindorf in den Gruppen
der über 69-Jährigen gar keine Ausländer mehr zu finden. Dieses Ergebnis ist allerdings vor dem Hintergrund sehr geringer Fallzahlen
vorsichtig zu interpretieren.
176
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Bezogen auf den Familienstand ergibt sich für die über 50-Jährigen in
Lindorf ein wenig überraschendes
Bild. In den Gruppen zwischen 50
und 79 ist der überwiegende Anteil
der Bevölkerung verheiratet. In den
höheren Altersgruppen nimmt naturgemäß der Anteil der Verwitweten deutlich zu – bei den Gruppen
über 80 ist diese Gruppe am stärksten vertreten.
In Lindorf sind die Männer erstaunlicherweise bis in die Gruppe der 70
bis 79-Jährigen stärker vertreten
als die Frauen. Erst in den darauffolgenden Gruppen zeigt sich das
bekannte Bild, wonach Frauen in
den höheren Altersklassen überproportional vertreten sind.
Ergebnisse der Stadterkundung
Am 03.05.2011 fand die Stadterkundung im Ortsteil Lindorf statt. Insgesamt nahmen 32 Personen an der Erkundung teil. Neben den Vertretern der Stadtverwaltung, dem Ortsvorsteher
und dem evangelischen Pfarrer, waren 3 Mitglieder des Bürgerausschusses beteiligt. Als Betroffene und Fachleute vor Ort fanden sich 25 Bürgerinnen und Bürger aus dem Stadtteil ein.
Insgesamt wurde Lindorf von den Bürgern als ländlicher Stadtteil mit hoher Lebensqualität
bezeichnet, der jedoch nach Aussage einiger Bürger eher einem Schlafort als einem Lebensort
entspricht. In dem statistisch gesehen jüngsten Stadtteil leben viele berufstätige Menschen,
der Anteil der Generation 50+ liegt unter dem Durchschnitt.
Angebote
Für die Grundversorgung verfügt der Ortsteil Lindorf über einen Laden, der auf ein von der
Stadt initiiertes Bürgerprojekt zurückgeht, mit Waren des täglichen Bedarfs mit einge-
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177
Gemeindeteilprofile Kirchheim unter Teck
schränkten Öffnungszeiten. Es wird ein Lieferservice angeboten, der jedoch laut Aussage der
Bewohner nicht stark genutzt wird. Es befindet sich ansonsten kein Supermarkt im Stadtteil,
was von den Bewohnern jedoch nicht als Problem formuliert wurde.
Im Ort befindet sich ein Friseur, was von Seiten der Anwohner als sehr positiv und wichtig
dargestellt wird, insbesondere für ältere Menschen. Auch Fußpflegepraxen und Physiotherapiepraxen finden sich im Ort.
Im Ort gibt es drei Bushaltestellen (Lindorf Brühl, Lindorf Kreissparkasse und Lindorf Zähringer
Straße). Eine Buslinie verbindet den Stadtteil mit der Kirchheimer Kernstadt und dem angrenzenden Ortsteil Ötlingen. Die Verbindung nach Kirchheim wurde als gut beschrieben. Die gute
Verbindung zur S-Bahn wird als Bereicherung empfunden.
Die ortsansässige Gastronomie im Bürgerhaus wird unterschiedlich angenommen. Das Bürgerhaus ist zudem auch kleines kulturelles Zentrum, in welchem der Bürgerverein Lindorf Veranstaltungen durchführt. Einmal wöchentlich findet hier ein Seniorengymnastikkurs statt. Seit
geraumer Zeit bietet der Verein buefet/Pflegestützpunkt ein niederschwelliges Bewegungsangebot im Freien an (BUS: Bewegung Unterhaltung Spaß).
Auch in Lindorf nimmt die Kirchengemeinde eine zentrale Rolle ein. So führt die Ev. Kirchengemeinde einmal im Monat einen Nachmittag der Begegnung durch, an welchem im Schnitt
25 bis 30 Personen teilnehmen. Hinzu kommt ein Mittagstisch, ebenfalls einmal im Monat,
der von 50 bis 60 Personen genutzt wird. Das Angebot der Kirchen wird als gut bezeichnet,
es wurde jedoch auch darauf hingewiesen, dass der Kirchengemeinde der Nachwuchs fehlt
und die bestehenden Angebote nicht ausgelastet sind.
Die Nachbarschaft wird als ein gutes, geselliges Miteinander empfunden. Die zahlreichen Vereinsfeste werden als dies unterstützend beschrieben. Eine soziale Kontrolle findet insbesondere in der direkten Nachbarschaft statt.
Bedarf
Die nachbarschaftlichen Beziehungen im Stadtteil wurden als funktionierend bezeichnet.
Bedarf an Anpassungen und Veränderungen sahen die Bürger insbesondere in den Bereichen
der barrierefreien Gestaltung des Wohnumfelds und in der Pflege und Instandhaltung der Wege. Auf den Wegen durch den Stadtteil ist an vielen Stellen keine Barrierefreiheit vorhanden,
insbesondere der Zugang zum Friedhof und die Kreuzung in unmittelbarer Nähe zum Rathaus
wurden hier erwähnt. Die vorhandenen Bänke befinden sich in einem schlechten Zustand
(Bank Richtung Ötlingen/Rübholz) und sollten instand gesetzt werden. Wichtig wären weitere
Bänke im Bereich der Bushaltestellen und am Wasserreservoir.
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Auch die Pflege und Instandhaltung der öffentlichen Wege und Plätze wurde als schlecht tituliert. "Wenn die Stadt Bäume pflanzt, muss auch bedacht werden, dass sich jemand um die
Nebenprodukte kümmert!"
Die Bürger empfinden die Anbindung über den ÖPNV zur Kernstadt und auch zur S-Bahn nach
Ötlingen als gut. Kritisiert wird jedoch, dass ab 22 Uhr keine Verbindung mehr möglich ist.
Hier sind die Möglichkeiten des Anrufsammeltaxis scheinbar nicht ausreichend bekannt.
Der Lieferservice des Ladens in Lindorf wird derzeit nicht stark genutzt. Das Angebot sollte
jedoch erhalten bleiben, da es auch nicht mobilen Menschen eine wohnortnahe Versorgung
garantiert.
Für die Zukunft wünschen sich die Lindorfer, auch im fortgeschrittenen Alter im Stadtteil
verbleiben zu können. Hier wurde der Bedarf an einem Seniorenheim oder einer betreuten
Wohnanlage, auch an mehrgenerativen Konzepten formuliert. Bei der Umsetzung solcher
Ideen wünschen sich die Anwohner Begleitung und Beratung durch die Stadt.
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Gemeindeteilprofile Kirchheim unter Teck
Maßnahmen
Die wenigen Angebote – insbesondere der Laden – sind Vorsorgungs- und Kommunikationsorte und sollten bedarfsgerecht erhalten werden
Bürgerschaft für ein "Nachbarschaftsnetzwerk Lindorf" interessieren und bei der Entwicklung unterstützen
Bei Laubfall, Schnee und Eis haben Wege und Plätze, die den Zugang zu infrastrukturellen
Einrichtungen sichern, Vorrang beim Reinigen und Räumen der Flächen
Bei Planungen für Neu- oder Ersatzbegrünungen prüfen, inwieweit Pflege und Sauberhaltung auch für ältere Anwohner zu bewältigen sind, bzw. ob Gehwegnutzung, Straßennutzung durch Laubfall oder Bewuchs beeinträchtigt werden
Der Lindorfer Stadtteil sollte flächendeckend auf Barrierefreiheit geprüft werden (insbesondere im Bereich Friedhof und Rathaus)
Die Barrierefreiheit sollte in allen Neuplanungen berücksichtigt werden
Regelmäßige Instandsetzung der vorhandenen Bänke
Bushaltestellen mit Wartehäusern versehen und Bänke platzieren
Klärung des Bedarfs und der Akzeptanz an Wohnangeboten (Betreutes Wohnen, barrierefreies Wohnen, Senioren-WG`s usw.)
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Kapitel 9
Altenhilfe-Strukturen in Kirchheim unter Teck
Altenhilfe Netzwerk Kirchheim unter Teck
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Altenhilfe-Strukturen in Kirchheim unter Teck
Gremien
AG Pflegedienstleitungen (AG PDL)
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Altenhilfekonferenz
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Altenhilfe-Strukturen in Kirchheim unter Teck
AG Demenz/ Netzwerk Demenz
Forum Älterwerden
184
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Empfehlungen/Maßnahmen im Überblick
Kapitel 1
Demografische Entwicklung
Konsequenzen für die Kommune
aktive Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des demografischen Wandels – Erstellen eines Demografiekonzepts in Kooperation mit allen Fachämtern
Einrichtung einer fachbereichsübergreifenden kommunalen Expertenrunde
Institutionalisierung/Standardisierung
der Zusammenarbeit zwischen Stadtplanung und
Sozialplanung
Weiterentwicklung der Stadt Kirchheim unter Teck zur familienfreundlichen Kommune
Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleisten: Bedarfsgerechter Ausbau der
Betreuungsangebote für Kinder und Jugendliche/Ganztagesangebote
Vereinbarkeit von Pflege und Beruf gewährleisten: Bedarfsgerechter Ausbau der
Betreuungsangebote für ältere Menschen
Städtische Veranstaltungen demografieorientiert planen und durchführen (z.B. Sitzund Anlehnmöglichkeiten beim Dämmerschoppen, Veranstaltungsorte barrierefrei
gestalten, barrierefreier Zugang zum großen Sitzungssaal im Rathaus anbauen, alle
Wahllokale auf Barrierefreiheit überprüfen)
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185
Empfehlungen/Maßnahmen im Überblick
Kapitel 2
Aktives Altern
Gesundheit und Prävention
Präventionsangebote
Der
Bedarf an weiteren Angeboten des Gesundheitssports sollte geprüft werden, ggf.
durch eine Erhebung im Rahmen von Experteninterviews
Sport und Bewegung
Zielgruppenanalyse, bzw. Erhebung unter besonderer Berücksichtigung der Älteren: Sportentwicklungsplanung um das Spektrum 50+ erweitern
Kooperation
und Vernetzung zwischen verschiedenen Anbietern ermöglichen (Netzwerk
"Mit Bewegung älter werden")
Optimierung der Angebote
Angebote für bestimmte Bedarfsgruppen ausbauen
Gewinnung von weiteren Übungsleitern
Information und Beratung im Bereich Sport und Bewegung ausbauen
Erstellung einer Übersicht zum Bewegungsangebot in Kirchheim unter Teck für ältere
Menschen
Bewegungsberater/Sportkoordinator benennen und unterstützen
Ausbau des zivilgesellschaftlichen Engagements
Workshops für Vereine entwickeln, um sie auf einen älter werdenden Mitgliederbestand und die Folgen vorzubereiten
Bildung einer Arbeitsgemeinschaft "Vereine und soziale Verantwortung in einer alternden Gesellschaft"
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
B.U.S. Projekt als Angebot mit niederschwelligem Zugang auf weitere Stadtteile ausdehnen
Bewegungsräume für Senioren
Die Möglichkeiten, Bewegungsräume unter mehrgenerativen Aspekten zu etablieren sollte
innerhalb der Stadtverwaltung, unter Beteiligung aller zuständigen Fachämter, Vertretern
des Sports und des Forums Älterwerden geprüft werden
Erarbeitung eines Konzepts um bestehende Bewegungsparcours ("Trimm-Dich-Pfade") mit
Outdoor-Geräten mehrgenerativ attraktiv zu machen
Umgestaltungsmöglichkeiten für bestehende Sportstätten/ Freizeitanlagen im Blick auf die
Nutzergruppe 60+ prüfen (Sportentwicklungsplanung)
Attraktivierung
von Spielplätzen durch Bewegungs(Spiel-)Geräte, die Kinder und Ältere
miteinander nutzen können
Gesellschaftliche Teilhabe und bürgerschaftliches Engagement
Lebenslanges Lernen – Bildungsangebote
Vernetzung der einzelnen Bildungseinrichtungen
Gemeinsame Veröffentlichung des Angebots
Abstimmung der Bildungsinhalte für Senioren
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Empfehlungen/Maßnahmen im Überblick
Bildungsangebote
dort hinbringen, wo sich die Menschen aufhalten (z.B. in Migrantenselbstorganisationen, Altenkreise, Vereine)
Altennachmittage inhaltlich aktualisieren
Stadtteilnetzwerke mit entsprechenden Angeboten ausstatten
Begegnungsräume im Quartier schaffen und so Zugänge zu Information/Bildung erleichtern
Bürgerschaftliche Berater/Informantinnen gewinnen und qualifizieren, die als Teil der
Quartiersarbeit Informationen zum gelingenden Älterwerden übermitteln
Förderung und Ausbau von Bildungsangeboten insbesondere für bildungsferne Menschen
Überprüfung
des Angebots der Stadtbücherei im Blick auf senioren- und behindertenfreundliche Nutzbarkeit
Überprüfung des Angebots der Stadtbücherei im Blick auf Medien- und Themenspezialisierung in den Bereichen Älterwerden, Prävention, Gesundheit, Versorgung und
Pflege usw. mit Unterstützung von Pflegestützpunkt und Forum Älterwerden
Neue Medien
Bestehende Angebote bzw. beteiligte Akteure vernetzen
Angebote weiter entwickeln
Zielgruppenorientierte Angebote entwickeln (z.B. ältere Frauen, ältere MigratInnen,
Generation 70+)
aufsuchende Projekte entwickeln
mehrgenerative Projekte ausbauen
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Begegnung- Treffs
Bestehende Angebote barrierefrei und bedarfsgerecht gestalten
Nachmittage verbindlicher gestalten: hin zu vereinfachten niederschwelligen Betreuungsangeboten und zu verbindlicher sozialer Verbundenheit
Einrichten von Fahrdiensten, um nicht mobilen Senioren die Teilnahme an Begegnungsmöglichkeiten (weiterhin) zu ermöglichen
Förderung des bürgerschaftlichen Engagements
Zielgruppenspezifische und Interessenbezogene neue Angebote entwickeln
Stärkung der Stadtteilnetzwerke bzw. Initiierung weiterer Netzwerke, die zur Aufgabe haben, Menschen jeden Alters mit ihren Interessen und Möglichkeiten einzubinden
Quartiersbezogen neue Angebote entwickeln
Einrichtung von Begegnungsorten in den Stadtteilen/Quartieren und deren Ausrichtung für alle Generationen und Zugehörigkeiten
Flexibel auf neue Bedarfe reagieren (Bsp. Treff russischsprachiger Frauen)
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Empfehlungen/Maßnahmen im Überblick
Stadtteilnetzwerke
Netzwerke auf Nachbarschafts- und Quartiersebene als tragende Säule der gemeinwesenorientierten Arbeit über die gesamte Stadt ausbauen
Unterstützung der vorhandenen Nachbarschaftsnetzwerke auch durch die inhaltliche
Auseinandersetzung mit externen Fachleuten und aus der Verwaltung
Unterstützung neuer Initiativen zur Gründung von Nachbarschaftsnetzwerken, Bereitstellung von Mitteln für die Zeit der Entstehung bis eigene Mittel (Eigenbeiträge,
Sponsorengelder, Spenden usw.) vorhanden sind, Bereitstellung fachlicher gut aufgestellter personeller Ressourcen
Für Quartiersinitiativen in sozial weniger gut aufgestellten Bereichen bedarf es einer
finanziellen und personellen Dauerausstattung
Externe fachliche Begleitung der stadtweiten Entwicklung von Nachbarschafts/Quartiersnetzwerken
Fortsetzung des City-Dialogs unter Einbeziehung weiterer Zielgruppen und Vereinbarung konkreter Maßnahmen
Bereitstellung von mehrgenerativen Quartierstreffpunkten zur Begegnung der Generationen, von Interessengruppen, zur Förderung des zivilgesellschaftlichen Engagements besonders auch im Blick auf die Unterstützung von älteren Bewohnern
Beachtung der kultursensiblen Ansätze bei der Entwicklung von Nachbarschaftsnetzwerken
Bürgerschaftliches Engagement und politische Partizipation
Politik und Verwaltung positionieren bürgerschaftliches Engagement und Bürgerbeteiligung
als tragende Säulen einer funktionierenden Stadtgesellschaft
Entwicklung eines Leitbildes "Bürgerkommune Kirchheim unter Teck"
190
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Erstellen
eines Konzepts zu Ausbau und Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements
und der Bürgerbeteiligung in Kirchheim unter Teck
Verbesserte personelle Ausstattung der Fachstelle Bürgerengagement
alternativ: Schaffung einer neuen Organisationseinheit Bürgerengagement und Bürgerbeteiligung innerhalb der Stadtverwaltung
Ergänzende Verankerung von Bürgerengagement und Bürgerbeteiligung in der Stadtverwaltung, z.B. durch Einrichten eines Fachverantwortlichen in jedem Geschäftskreis mit entsprechendem Stellenanteil
Bürgerschaftliches Engagement über alle Generationen und Lebensbereiche hinweg fördern
Ausstattung der Fachstelle Bürgerengagement mit einem jährlichen ProjektmittelBudget
Werbung für den Beitritt weiterer Institutionen zum "Kirchheimer Schulterschluss"
Organisation von Projekten zwischen Jung und Alt ausbauen
Aufstockung der Mittel für die Honorierung des Bürgerschaftlichen Engagements
In
Kirchheimer Unternehmen unter Beteiligung der Stabsstelle Wirtschaftsförderung für
mehr soziale Verantwortungsübernahme werben (Corporate Social Responsibility) und
Bürgerschaftliches Engagement von Unternehmen voranbringen (Corporate Citizenship)
Ausbau und weitere Unterstützung von Bürgerbeteiligung
Beibehaltung der Beteiligung in der Form von Bürgerausschüssen
Implementierung des Gremiums "Forum Älterwerden": Anerkennung des Forums als
Interessensvertretung der Senioren in Kirchheim unter Teck von Seiten der Bürgerschaft und der Stadtverwaltung; Einbinden des Forums in bestehende Arbeitsgruppen (Altenhilfekonferenz); Bestandsaufnahme/Auswertung der Arbeit nach 2-3 Jahren; Entsendung eines Vertreters des Forums in den Kreisseniorenrat
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191
Empfehlungen/Maßnahmen im Überblick
Kapitel 3
Beratung und Information
Beratung
Dauerhafte Absicherung des PSP als umfassende und neutrale Beratungsstelle
Personalausstattung dem steigenden Beratungs- und Fallmanagementbedarf anpassen
Kontinuierliche Informations- und Öffentlichkeitsarbeit durch den Pflegestützpunkt
Regelmäßiges Aktualisieren von Informationsmaterial bzw. -medien zu örtlichen Hilfsangeboten
Verstärkung der speziellen Informationen und der Beratung für Menschen mit Migrationshintergrund
Übersetzung der Materialien in die wichtigsten Fremdsprachen
Regelmäßige Informationsgespräche in den Migrantenselbstorganisationen
Ausbildung von ehrenamtlichen Brückenbauern mit Zweitsprache
Ehrenamtliche Beratungshelfer mit Zweitsprache im Pflegestützpunkt und dem erweiterten Beratungsangebot des Vereins buefet (z.B. Wohnberatung)
Wohnberatung ausbauen und an den steigenden Bedarf anpassen
192
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Information
Öffentlichkeitsarbeit laufend überprüfen und an sich verändernde Bedürfnisse der Zielgruppen anpassen
Aktualisierung/Neuauflage des Seniorenwegweisers "Gut informiert älter werden"
regelmäßige Aktualisierung/Neuauflage der Demenzbroschüre "Miteinander Leben mit Demenz dazugehören – Informationen und Tipps für Angehörige, Freunde und
Nachbarn"
Themenspezifische Veröffentlichungen (z. B. Veranstaltungsheft Demenz, Sportangebote für Senioren) zeitnah umsetzen
Internetauftritt der Stadt Kirchheim unter Teck verstärkt als Informationsplattform nutzen
Konzeptionelle Überarbeitung der Informationsvermittlung für Menschen mit Migrationshintergrund
Informationsmaterialien in verschiedene Fremdsprachen übersetzen
Muttersprachliche Informationsveranstaltungen für Menschen mit Migrationshintergrund konzipieren
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193
Empfehlungen/Maßnahmen im Überblick
Kapitel 4
Wohnen in der Stadt
Standards für ein seniorengerechtes Wohnen und Wohnumfeld
Seniorengerechter Wohnraum muss bedarfsgerecht vorhanden sein
Zeitnahes Sanierungsprogramm für den städtischen Wohnungsbestand unter den
Aspekten des barrierefreien Wohnens
Zukunftswerkstatt "Neues Wohnen" in regelmäßigen Abständen etablieren
Bauen in der Gruppe: Anlaufstelle bei der Stadt bekannter machen und offensive Unterstützung für Interessierte anbieten
Bezahlbaren barrierefreien und flexibel nutzbaren Wohnraum zur Miete schaffen
(Stadt stellt Grundstücke zur Verfügung und verhandelt mit Bauträgern)
Ganzheitliche Quartierskonzepte für alle Quartiere in Kirchheim entwickeln
Kleinräumig, also quartiersgerecht denken, entwickeln und planen
Partizipation für die Bewohner der Quartiere ermöglichen, vorhandene Nachbarschaftsnetzwerke nutzen
Im Rahmen der Gemeinwesenarbeit bzw. Netzwerkarbeit Kooperationen schaffen,
insbesondere zu Vereinen, Einrichtungen und Institutionen, die bereits in das Quartier
hineinwirken oder dies in Zukunft stärker forcieren müssen
Prozesshaft vorgehen, Quartiersentwickler/-moderatoren einsetzen und den Sozialen
Dienst Kirchheim in seiner Steuerungsfunktion in den Quartieren durch zusätzliche
personelle Ressourcen stärken und unterstützen
Netzwerke auf Nachbarschafts- und Quartiersebene als tragende Säule der gemeinwesenorientierten Arbeit über die gesamte Stadt ausbauen
194
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Seniorengerechte Gestaltung des Wohnumfeldes bzw. des Quartiers
Es sind für den städtischen Wohnungsbestand Wohnumfeldverbesserungen vorzusehen, die eine Verbesserung des sozialen Miteinanders ermöglichen
Klare und kurze Wegeführung innerhalb der Quartiere und auf den Wegen zu den infrastrukturellen Einrichtungen im Quartier
Deutliche Trennung zwischen Fuß- und Radwegen (erhöhtes Sicherheitsgefühl; geringere Unfallgefahr)
Breite, ebene Gehwege ohne seitliches Gefälle, damit selbständiges Gehen möglich
ist bzw. eine Gehhilfe, z.B. ein Rollator oder eine Begleitperson, Platz hat
Straßenübergänge mit Bordsteinabsenkung versehen
Bei Planungen für Neu- oder Ersatzbegrünungen prüfen, in wie weit Pflege und Sauberhaltung auch für ältere Anwohner zu bewältigen sind, bzw. ob Gehwegnutzung,
Straßennutzung durch Laubfall oder Bewuchs beeinträchtigt werden
Bänke flächendeckend und in kurzen Abständen installieren, insbesondere auf den
Wegen in die Innenstadt und innerhalb der Quartiere auf den Wegen zu den infrastrukturellen Einrichtungen. Beteiligung der Quartiersbewohner bei Planung und Umsetzung
Quartiersbezogen Treffpunkte und Freiflächen mit Aufenthaltsqualität zur Förderung
der Kommunikation und sozialer Kontakte schaffen (z.B. Stadtteilzentrum Dettinger
Weg, Rambouillet Platz, Stadtteilzentrum im Jesinger Rathaus, Bürgertreffqualität
des Bewegungs- und Begegnungszentrums beim Rathaus Ötlingen), Überprüfung der
kirchlichen Gemeindehäuser auf Eignung als Stadtteiltreffs in Quartieren ohne kommunale Räume
Erstellung einer Prioritätenliste für die senioren- und behindertenfreundliche Herstellung von Gehwegen im Bestand nach Begehungen mit Betroffenen (Forum Älterwerden, Arbeitskreis Hilfen für Menschen mit Behinderung)
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195
Empfehlungen/Maßnahmen im Überblick
Verkehrswege barrierefrei gestalten/Möglichkeiten der Mobilität erhöhen
Deutliche Trennung zwischen Fuß- und Radwegen (erhöhtes Sicherheitsgefühl; geringere Unfallgefahr)
Breite, ebene Gehwege ohne seitliches Gefälle, damit selbständiges Gehen möglich
ist bzw. eine Gehhilfe, z.B. ein Rollator oder eine Begleitperson, Platz hat
Ampelphasen der Fußgängerüberwege an mobilitätseingeschränkte, ältere Verkehrsteilnehmer anpassen
Die Verkehrskommission überprüft unter Beteiligung der Träger und Bewohner der
Seniorenwohnanlagen die bedarfsgerechte Gestaltung der Wegeverbindung zur Innenstadt
Alle Straßenübergänge mit Bordsteinabsenkung versehen
Bei Planungen für Neu- oder Ersatzbegrünungen prüfen, in wie weit Pflege und Sauberhaltung auch für ältere Anwohner zu bewältigen sind, bzw. ob Gehwegnutzung,
Straßennutzung durch Laubfall oder Bewuchs beeinträchtigt werden
Bänke flächendeckend und in kurzen Abständen installieren, insbesondere auf den
Wegen in die Innenstadt und innerhalb der Quartiere auf den Wegen zu den infrastrukturellen Einrichtungen. Beteiligung der Quartiersbewohner bei Planung und Umsetzung. (Kampagne: Bürger oder Firmen sponsern Bänke für zwischen Stadt und
Bürgerschaft vereinbarte öffentliche Standorte)
Öffentliche Toiletten im Innenstadtbereich erhalten und ausbauen, Beschilderung
überarbeiten, insbesondere für auswärtige Besucher, die mit der S-Bahn anreisen. Es
besteht Bedarf an öffentlichen Toiletten am Bahnhof und auf dem Weg zwischen
Bahnhof und Innenstadt
Laufende Anpassung des ÖPNV an die Bedürfnisse älterer Menschen (z.B. Automatische Türöffner an den Eingängen zum Bahnhofsgebäude, barrierefreie Umgestaltung
des Busbahnhofes, Einsatz von Niederflurbussen, Vereinfachung der Handhabung
von Fahrscheinautomaten, Informationsveranstaltungen zur Bedienung der Fahrscheinautomaten)
Barrierefreie und überdachte Haltestellen mit Sitzgelegenheiten an allen Bushaltestellen. Keine Haltestelle ohne Sitzgelegenheit
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Ausstattung des öffentlichen Raums:
Beläge auf öffentlichen Flächen müssen den Bedürfnissen mobilitätseingeschränkter
Einwohner angepasst werden. Wege und Flächen mit bereits vorhandenen Pflastersteinbelägen sollten "Fahr- bzw. Gehstreifen" mit geeignetem Belag erhalten (Priorität: Schlossplatz)
Vermeidung von Angsträumen (insbesondere bei der Gestaltung von Straßen und
Plätzen, entsprechend der dargestellten Kriterien)
Nachbarschaftsnetzwerke tragen zur Bewältigung der Räum- und Streupflicht und
damit zur Vermeidung der Unfallgefahr bei
Öffentliche Toiletten insbesondere im Innenstadtbereich erhalten und ggf. ausbauen,
Beschilderung überarbeiten, insbesondere für auswärtige Besucher, die mit der SBahn anreisen
Einführung eines Regelwerks bei der Stadt, nach dem sämtliche städtische Vorhaben und
Planungen zu überprüfen sind, inwieweit die demografische Entwicklung und ihre Auswirkungen berücksichtigt wurden (z.B. Integrierte Verkehrsplanung, Sportentwicklungsplanung, Planung Steingauquartier, Sitzbänkekonzept)
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Empfehlungen/Maßnahmen im Überblick
Wohnanlagen in Kirchheim unter Teck
Die Anpassung von Wohnraum im Bestand ist durch Beratung von Eigentümern und Wohnungsbauträgern voranzubringen
Durch Quartiersentwicklung die Voraussetzungen dafür schaffen, dass ältere Menschen im
Quartier bleiben können und sich nicht genötigt sehen, in Wohnanlagen in die Innenstadt
umzuziehen
Erhalt der Versorgungsstruktur
Herstellung einer barrierefreien Infrastruktur
Förderung sozialer Netzwerke
Begegnungs- und Kommunikationsräume einrichten
Ausbau von niederschwelligen Dienstleistungen, Begleit- und Besuchsangebote
Unterstützung kleiner Wohnprojekte mit Quartiersbezug
Weiterentwicklung des Angebots "Betreutes Wohnen Zuhause" mit dem Ziel frühzeitiger
Hilfe in der häuslichen Umgebung
Reduzierung des Eigenbeitrags durch städtische Finanzierung des fachlichen Projektmanagements
198
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Infrastruktur und Dienstleistungen
Gesundheitliche Versorgung
Ärztliche Versorgung
Klärung des Facharztbedarfes in Kirchheim unter Teck in enger Absprache mit Pflegeheimen, ambulanten Diensten und dem Klinikum Kirchheim
Einbindung der niedergelassenen Ärzteschaft in Arbeitsgemeinschaften und Projekte
Stärkere Einbindung niedergelassener Ärzte in die neue Arbeitsgemeinschaft „Altenhilfekonferenz“
Prüfung,
inwieweit attraktive Bedingungen für junge Ärzte zwecks Ansiedlung in eher
ländlichen Gemeindeteilen (Jesingen, Nabern) geschaffen werden können
Eine
stärkere Vernetzung von Pflege, ärztlicher Versorgung und klinischer Versorgung
muss hergestellt werden
Apotheken
Apotheken werden stärker in das Altenhilfenetzwerk integriert
Altenhilfekonferenz sucht den Dialog mit den Apotheken
Gemeinsame Entwicklung einer Kampagne mit den Apotheken zum Thema Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Apotheken bieten den Altenhilfeberatungsstellen (PSP, SOFA) die Möglichkeit, in ihren Räumen Informationsstände und –material bereitzustellen
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
199
Empfehlungen/Maßnahmen im Überblick
Angebote im Bereich der Dienstleistungen
Gütesiegel „Service-plus“ des City-Rings wird erweitert um die Kriterien "Seniorenfreundlicher Service" (Herausgegeben vom Landesseniorenrat), Anstoß durch die Wirtschaftsförderung in Kooperation mit dem Amt für Familie und Soziales und Forum Älterwerden
Zertifizierungsaktion
"ServicePlus" für Handwerker und Dienstleister in Kooperation von
Kreisseniorenrat, Kreishandwerkerschaft und Stadt
Veröffentlichung von zertifizierten Betrieben und Geschäften mit Gütesiegel (gemeinsame Broschüre, Internetauftritt, usw.)
Besuchsdienste
Besuchsdienste erhalten und nach Möglichkeiten der Vernetzung über Verbandsinteressen
und Zielgruppeninteressen hinweg suchen
Das Angebot des betreuten Wohnens zu Hause weiterentwickeln. Reduzierung des Eigenbeitrags durch städtische Finanzierung der Projektmanagementkosten
Auftrag an Pflegestützpunkt und Verein buefet e.V. zur Entwicklung und Umsetzung eines
Projektes, dem die Ansätze der "Präventiven Hausbesuche" zugrunde liegen
Bereitstellung finanzieller Ressourcen durch die Stadt
Neue, frühzeitige Zugänge zu älteren Menschen in der häuslichen Umgebung entwickeln
200
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Kapitel 5
Ambulante und stationäre Versorgung
Angebote zur Unterstützung der häuslichen Pflegesituation
allgemeine hauswirtschaftliche Dienste
Altenhilfekonferenz beobachtet die Entwicklung der Bedarfslagen und regt frühzeitig neue
Dienstleistungen an
Bedarfsgerechte
Anpassung des vorhandenen Angebots im Bereich der haushaltsnahen
Dienstleistungen durch die Altenhilfeträger und den privaten Dienstleistungsmarkt
Entwicklung von niederschwelligen, ergänzenden Dienstleistungen im Rahmen des bürgerschaftlichen Engagements (Verein buefet e.V. mit weiteren bürgerschaftlichen Initiativen)
Mittagstisch
Flächendeckendes Angebot von Mittagstischen in allen Quartieren, durch bereits vorhandene Einrichtungen (Pflegeheime, soziale Institutionen, Nachbarschaftsnetzwerke, Kirchengemeinden, Gaststätten)
Aktive Werbung für Mittagstischangebote insbesondere im Quartier
Fahrdienste einrichten, um mobilitätseingeschränkten Menschen die Teilnahme zu
ermöglichen
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201
Empfehlungen/Maßnahmen im Überblick
Pflegende Angehörige
Entlastungsangebote
für pflegende Angehörige in der Öffentlichkeit besser bekannt ma-
chen
Neue Kooperationsformen und flexible Angebote entwickeln, damit Pflege zu Hause möglichst lange möglich ist
Entlastungsangebote im Blick auf die Bedürfnisse von männlichen Pflegepersonen weiterentwickeln
Pflegesektor, Kommune und Wirtschaft entwickeln Lösungen für die bessere Vereinbarkeit
von Pflege und Beruf
Stadt Kirchheim entwickelt beispielhaft für ihre Mitarbeiterschaft ein Konzept zur besseren
Vereinbarkeit von Pflege und Beruf
Ambulante Dienste
Strategien zur Gewinnung und Bindung von qualifiziertem Pflegepersonal
Altenhilfekonferenz stellt Überlegungen an, wie Fachkräfte gewonnen werden können
Einbindung der Träger in die Berufsmessen und Berufsinformationsveranstaltungen
zur Gewinnung von Nachwuchskräften (Berufsinformationsmesse, Messe des BDS
usw.)
Berufsfachschule für Altenpflege der Deutschen-Angestellten-Akademie in Altenhilfekonferenz einbinden
Berufsorientierungsprojekte zum Thema Pflege in den Schulen initiieren
Imagekampagne für pflegerische Berufe unter Beteiligung der Pflegeinrichtungen und
ambulanten Dienste durchführen
202
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Altenhilfekonferenz,
AG Pflegedienstleitungen, Klinik Kirchheim und Stadt starten einen
gemeinsamen Zukunftsprozess: "Versorgung und Pflege neu denken"
Eine attraktive Stadt mit guter Infrastruktur, Freizeitwert und familienfreundlicher
Ausstrahlung trägt dazu bei, dass Fachkräfte sie sich als Wohn- und Arbeitsstätte
auswählen. Diese Attraktivität gilt es zu steigern
24-Stundenpflege
Arbeitgeber
von ausländischen Haushaltshilfen müssen durch Information und Beratung
auf die Notwendigkeit einer legalen Beschäftigung hingewiesen werden
Im
Rahmen der Quartiersnetzwerke und Nachbarschaftsarbeit sollten die 24-StundenHaushaltshilfen Beachtung finden
Strategien entwickeln, wie das soziale Umfeld der Pflegebedürftigen (ggfs. in Kooperation
mit den Diensten) die gesundheitliche, seelische und soziale Befindlichkeit der ausländischen Kräfte in den Blick nehmen kann
buefet e.V.: Muttersprachliche Treffen oder muttersprachliche Kontaktarbeit für ausländische Kräfte, Bereitstellung der erforderlichen Projektmittel durch die Stadt
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203
Empfehlungen/Maßnahmen im Überblick
Teilstationäre und stationäre Versorgungsangebote
Tagespflege
Träger
der Tagespflegen entwickeln Möglichkeiten der Vernetzung der Tagespflege im
Quartier/Stadtteil und die verstärkte Beteiligung von Ehrenamt
Regelmäßiger Austausch unter den Anbietern, ggfs. gemeinsame Aktionen initiieren und
durchführen
Kurzzeitpflege
Einrichtung
einer Kurzzeitpflege im Klinikum Kirchheim zur Verbesserung der Anschlussversorgung an eine Krankenhausbehandlung für Patienten jeden Alters ohne häusliche Versorgungsmöglichkeit
Heime
Unterstützung der Einrichtungen bei ihren Bemühungen um eine Öffnung ins Gemeinwesen
und den Einbezug der Bürgerschaft in den Heimalltag
Austausch in der Altenhilfekonferenz und mit dem Forum Älterwerden über die Stärkung der Rolle der Pflegeheime im Quartier
Pflegeheime unterstützen die Quartiersarbeit durch die Bereitstellung ihrer Raumressourcen und weiterer Infrastruktur
Pflegeheime verbessern das Image stationärer Pflege und der Pflegeberufe durch offensive Öffnung und Mitwirkung in der Quartiersentwicklung/Gemeinwesenarbeit und
in den Nachbarschaftsnetzwerken
Gewinnung neuer bürgerschaftlich Engagierter
204
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Strategien zur Gewinnung und Bindung von qualifiziertem Pflegepersonal
Altenhilfekonferenz stellt Überlegungen an, wie Fachkräfte gewonnen werden können
Einbindung der Träger in die Berufsmessen und Berufsinformationsveranstaltungen
zur Gewinnung von Nachwuchskräften (Berufsinformationsmesse, Messe des BDS
usw.)
Berufsfachschule für Altenpflege der Deutschen-Angestellten-Akademie in Altenhilfekonferenz einbinden
Imagekampagne für pflegerische Berufe unter Beteiligung der Pflegeinrichtungen und ambulanten Dienste durchführen
Eine attraktive Stadt mit guter Infrastruktur, Freizeitwert und familienfreundlicher
Ausstrahlung trägt dazu bei, dass Fachkräfte sie sich als Wohn- und Arbeitsstätte
auswählen. Diese Attraktivität gilt es zu steigern
Altenhilfekonferenz,
AG Pflegedienstleitungen, Klinik Kirchheim und Stadt starten einen
gemeinsamen Zukunftsprozess: "Versorgung und Pflege neu denken"
Palliativversorgung
Stadt unterstützt den Prozess zur Weiterentwicklung der AAPV (z.B. in der Altenhilfekonferenz)
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205
Empfehlungen/Maßnahmen im Überblick
Kapitel 6
Gerontopsychiatrische Betreuungs- und Versorgungsangebote
Sucht und Depression
Verbesserung
der sozialen Vernetzung in Nachbarschaft und Quartier, in Vereinen oder
Kirchen verstärken. Treffpunkte schaffen, Begegnungsmöglichkeiten fördern, um den
Rückzug in die Isolation so lange wie möglich zu vermeiden. Strukturen für Teilhabe
verbessern.
Demenz
Erhalt
der Alzheimersprechstunde durch den Sozialpsychiatrischen Dienst für alte Menschen im Haus der Sozialen Dienste
Kontinuierliche Qualifizierung der Mitarbeiter (Fach- und Hilfskräfte) im Umgang mit psychisch veränderten Menschen, ggf. auch trägerübergreifende Angebote (insbesondere sind
gefordert: Pflegeeinrichtungen und –dienste, Klinik Kirchheim, Ärzteschaft mit Mitarbeiterinnen, Apotheken, Ergo- und Physiotherapeuten)
Bei
der Entwicklung von Strategien zur Gewinnung von Pflegekräften ist ein Fokus auf
Fachkräfte mit gerontopsychiatrischer Ausbildung zu legen
Stärkung des Netzwerks Demenz (gegründet 2011) und konzeptionelle Weiterentwicklung
Angebote für Betroffene ausbauen
Kulturelle und sportliche Angebote für Menschen mit spezifischen Krankheitsbildern
auch in den Vereinen (z.B. 'Sport und Demenz')
Kooperationen mit Institutionen und Vereinen, z. B. Bürgerbüro, Sportvereine, Tanzclubs usw. zur besseren Abstimmung des vorhandenen Angebots
206
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Sensibilisierung der Nachbarschaftsnetzwerke/Stadtteilnetzwerke für eine nachbarschaftliche Verantwortungsbereitschaft gegenüber Demenzkranken
Thema Demenz in der Stadtteil- und Gemeinwesenarbeit verankern (Qualifizierung
der Hauptamtlichen in der sozialen Arbeit, kleine Angebote vor Ort schaffen)
Quartierstreffpunkte (Räume und Plätze) verstärkt schaffen, damit Erkrankte in der
gewohnten Umgebung bleiben und sich zurecht finden können
Demenz in der Öffentlichkeit weiterhin platzieren
Demenzkampagne in ein Dauerangebot überleiten. Koordination durch Stadt in Kooperation mit dem Netzwerk Demenz. 'Stadtweites Mobilisierungs- und Sensibilisierungsprogramm' auf Dauer anlegen. Bereitstellung personeller Ressourcen oder von
Honorarmitteln und von Sachmitteln.
Öffentlichkeitsarbeit zu den bestehenden Angeboten ausbauen, mit dem Ziel, mehr
Transparenz für Betroffene und deren Angehörige zu gewährleisten. Informationsbroschüren aktuell halten
Workshops für Vereine entwickeln, um sie auf einen älter werdenden Mitgliederbstand und
die Folgen vorzubereiten (Umgang mit psychisch veränderten Mitgliedern)
Pflegende Angehörige entlasten
Strukturelle Weiterentwicklung der Betreuungsangebote mit Blick auf die Bedarfe der
Betroffenen
Betreuungsdienst auch am Abend einrichten, um den Angehörigen ein ruhiges Ausgehen zu ermöglichen
Komplementärförderung niedrigschwelliger Angebote nach §§45c/d ausbauen durch
Erhöhung der Haushaltsmittel
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
207
Empfehlungen/Maßnahmen im Überblick
Ausbau des zivilgesellschaftlichen Engagements
Bildung einer Arbeitsgemeinschaft "Vereine und soziale Verantwortung in einer alternden Gesellschaft"
Ausbildung von Bürgerinnen und Bürgern zu Erstkontaktstellen im Quartier für Demenzkranke und deren Umfeld (Informationsvermittlung, Engagement für strukturelle
Veränderungen im Quartier, Gestaltung von Schonräumen für Betroffene
Ausbildungsangebot für Engagierte, die bereit sind, Informationen in Einrichtungen
und Vereine und entsprechende Haushalte zu bringen
Ausbildungsangebot für Engagierte, die einzelne Betroffene zu Hause begleiten und
durch ihre Kompetenz zu mehr Lebensqualität beitragen
Ausweiten der Öffentlichkeitsarbeit zu den einzelnen Krankheitsbildern (Jahresprojekte mit
Themenschwerpunkt) und Förderung bereits angestoßener Entwicklungen (z.B. Erweiterung der bestehenden Literatur der Stadtbücherei)
208
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Kapitel 7
Ältere Menschen mit Migrationshintergrund
Zugänge zum Thema Altenhilfe und zu deren Angebote für Mitbürger mit Migrationshintergrund erleichtern
Gewinnung von Menschen mit Migrationshintergrund für eine Mitwirkung im Forum
Älterwerden
Informationsveranstaltungen über das örtliche Altenhilfeangebot in den Migrantenbzw. Kulturvereinen (mit Dolmetscher)
Entwicklung eines Konzept "Informationsinitiative 60+ mit Migrationshintergrund"
Niederschwellige Angebote (z.B. Wohnberatung, Pflegebegleiter oder Besuchsdienste) interkulturell anpassen
Beratungsangebote des Pflegestützpunktes durch Fachkräfte (z.B. durch Honoraraufträge) mit interkultureller Kompetenz erweitern
Gewinnung,
Ausbildung/Qualifizierung
ren/Mentoren
von
muttersprachlichen
Multiplikato-
Geschäftsinhaber mit Migrationshintergrund (z.B. türkische, russische oder italienische Lebensmittelgeschäfte) als Multiplikatoren und Informationsstellen gewinnen
Gewinnung von Ehrenamtlichen mit Kultur- bzw. Sprachkompetenz, die sich beispielsweise im Rahmen von Besuchsdiensten engagieren
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209
Empfehlungen/Maßnahmen im Überblick
Träger und Fachkräfte für die kultursensible Pflege sensibilisieren und qualifizieren
Qualifizierung/Fortbildung zur Entwicklung bzw. Verbesserung interkultureller Kompetenz für Betreuungs- und Pflegekräfte
Bildung einer Arbeitsgruppe im Rahmen der Altenhilfekonferenz, die das Thema kultursensible Pflege weiterentwickelt
Prüfen, ob Konzeption für ein Kirchheimer Fachkräfteteam "Spezialisierte kultursensible Versorgung" notwendig ist
Entwicklung kultursensibler Versorgungskonzepte mit Trägern ambulanter und stationärer Pflegeeinrichtungen (Leitbilder für Einrichtungen, Räumlichkeiten, Personalkonzept, Qualifizierung der Mitarbeiter, Interkulturelle Teamarbeit, Verständigung
zwischen Pflegenden und Patienten, Hauswirtschaft
Beachtung der kultursensiblen Ansätze bei der Entwicklung von Nachbarschaftsnetzwerken
Schaffung von Begegnungsräumen im Quartier und Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse und Zugänge von Menschen mit Migrationshintergrund
Entwicklung
von Angeboten zur Verhinderung sozialer Isolation (z.B. Begegnungs- und
Freizeitangebote, Gemeinschafts-/Internationale Gärten, Aktivitäten innerhalb des eigenen
Kulturkreises
Fortschreibung des Teilsozialplans "Menschen ausländischer Herkunft"
Klärung der Bedarfslagen im Quartier mit Unterstützung von Schlüsselpersonen (Sozialarbeit, Betreuung und Pflege, Migrantenverein oder Integrationsausschuss)
210
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Kapitel 8
Gemeindeteilprofile
Ergebnisse der Stadterkundungen
Gemeindeteil Nabern
Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements zur Förderung des Miteinanders der Generationen und Weiterentwicklung nachbarschaftlicher Unterstützung (z.B. durch Hol- und
Bringdienste, Einkaufsservice usw.)
Pflegestützpunkt personell so ausstatten, dass Beratungsstunden vor Ort angeboten werden können
Einrichten einer festen Rubrik "Gut älter werden in Nabern" im Mitteilungsblatt mit Darstellung der Möglichkeiten vor Ort und der Angebote in der Gesamtstadt (Fördermöglichkeiten zur Wohnraumanpassung, Angebot Pflegestützpunkt, usw.)
Mehr Sitzbänke auf den üblichen Wegen zum Supermarkt, Arzt usw. sowie an beliebten
Spazierwegen platzieren
Zugänge
zu den Sportflächen barrierefrei gestalten und Ruhebänke entlang des Weges
aufstellen
Begegnungsmöglichkeiten für alle Generationen in der Ortsmitte schaffen
Möglichkeiten des barrierefreien Zugangs zu den Bushaltestellen und in die Busse prüfen
Bei Laubfall, Schnee und Eis haben Wege und Plätze, die den Zugang zu infrastrukturellen
Einrichtungen sichern Vorrang beim Reinigen und Räumen der Flächen
Klärung des Bedarfs und der Akzeptanz an Wohnangeboten (Betreutes Wohnen, barrierefreies Wohnen, Senioren-WG usw.)
Prüfen,
inwieweit Anreize geschaffen werden können, die die ärztliche Versorgung im
Stadtteil weiterhin sichern
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211
Empfehlungen/Maßnahmen im Überblick
Gemeindeteil Jesingen
Erhalt der vorhandenen Versorgungs-/Infrastruktur für eine ausreichende Versorgung und
Teilhabe älterer Menschen
Erhalt der Seniorenangebote und deren Erweiterung in einem regelmäßigen Treffpunkt
Aufwertung vorhandener Plätze zu
qualitätvollen, bedürfnisgerechten Treffpunkten unter
Beteiligung von Bürgern und Nachbarschaft
Kommunikation
und Zusammenarbeit zwischen Jung und Alt fördern, z.B. durch einen
Bürgertreff mit Mehrgenerationenansatz im Rathaus, neu gestalteter Sitzbereich am Rathaus als Treffpunkt/Kommunikationsraum etablieren, um das Knüpfen und Erhalten sozialer Kontakte zu fördern
Vereine überprüfen ihre Angebote und Vereinsaktivitäten, ob sie auch für ehemalige Aktive
geeignet sind und überdenken ihren sozialen Auftrag gegenüber der älteren Generation
Wohnberatung und Fördermöglichkeiten zur barrierefreien Wohnraumanpassung im Stadtteil bekannt machen
Einrichten einer festen Rubrik "Gut älter werden in Jesingen" im Mitteilungsblatt mit Darstellung der Möglichkeiten vor Ort und der Angebote in der Gesamtstadt
Mehr Sitzbänke auf den üblichen Wegen zu den Läden, zum Arzt usw. sowie an beliebten
Spazierwegen platzieren. Standorte unter Beteiligung von Bürgern (jung und alt) festlegen.
Mobilisierung des bürgerschaftlichen Engagements zur Stärkung des Miteinanders der Generationen und für mehr nachbarschaftliche Unterstützung.
Prüfen,
inwieweit Anreize geschaffen werden können, die die ärztliche Versorgung im
Stadtteil weiterhin sichern
Bei Laubfall, Schnee und Eis haben Wege und Plätze, die den Zugang zu infrastrukturellen
Einrichtungen sichern, Vorrang beim Reinigen und Räumen der Flächen
Klärung des Bedarfs und der Akzeptanz an Wohnangeboten (Betreutes Wohnen, barrierefreies Wohnen, Senioren-WG usw.)
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Gemeindeteil Ötlingen
Förderung des Miteinanders, der Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Jung und
Alt (z.B. durch das Schaffen eines Bürgerzentrums)
Bei Laubfall, Schnee und Eis haben Wege und Plätze, die den Zugang zu infrastrukturellen
Einrichtungen sichern, Vorrang beim Reinigen und Räumen der Flächen
Regelmäßige Instandsetzung der vorhandenen Bänke
Anpassung der Anzahl der Sitzbänke an den Bedarf, insbesondere auf den Wegen von den
Seniorenwohnungen zu den infrastrukturellen Einrichtungen des Stadtteils
Erhalt der vorhandenen und bedarfsgerechte Anpassung der kulturellen Angebote
Im Blick auf die hohe Zahl an Rollstuhlfahrern und Benutzern von Rollatoren sollte mit Betroffenen eine Begehung des Stadtteils durchgeführt werden, um Stellen zu ermitteln, an
denen Bordsteine abgesenkt und Wege besser befahrbar gemacht werden müssen
Der
gepflasterte Radweg entlang der Lauter sollte saniert werden. Die Beschädigungen,
Lockerungen stellen Gefahrenstellen dar. Eine Asphaltierung wird empfohlen. Verbesserung der Aufenthalts- und Kommunikationsqualität entlang dem Lauterradweg
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Empfehlungen/Maßnahmen im Überblick
Bereich Innenstadt
Die Interessen der Bewohner sind stärker bei der Stadtentwicklung und Stadtgestaltung zu
berücksichtigen
Auf Balance zwischen Wohnbedürfnissen und Innenstadterlebnis achten
Intensivierung
des Dialogs zwischen Bewohnern, Stadtverwaltung und Handel/Gewerbe
(City-Dialog ist eingerichtet)
Verstärkte Kontrollen insbesondere zu den Themen: Nachtruhe, Fahrverbot für Fahrräder
und Kraftfahrzeuge in der Innenstadt
Norma als Supermarkt erhalten, aber Aufwertung/Renovierung anregen
Möglichkeit der Einrichtung/Öffnung weiterer öffentlicher Toiletten und Toilettenbeschilderung prüfen
Bei Laubfall, Schnee und Eis haben Wege und Plätze, die den Zugang zu infrastrukturellen
Einrichtungen sichern, Vorrang beim Reinigen und Räumen der Flächen
Wege mit
Kopfsteinpflaster um Fahrstreifen für Rollatoren und Rollstühle ergänzen (z.B.
Schlossplatz)
Bei Neubau oder Sanierung von Straßen und Wegen auf die Bedürfnisse von mobilitätseingeschränkten Menschen achten
Durchführung
von Verkehrsschauen bzw. Begehungen mit mobilitätseingeschränkten
Menschen, Barrierefreiheit im gesamten Gebiet umsetzen
Ampelphasen an mobilitätseingeschränkte ältere Fußgänger anpassen
214
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Gemeindeteil Lindorf
Die wenigen Angebote – insbesondere der Laden – sind Vorsorgungs- und Kommunikationsorte und sollten bedarfsgerecht erhalten werden
Bürgerschaft für ein "Nachbarschaftsnetzwerk Lindorf" interessieren und bei der Entwicklung unterstützen
Bei Laubfall, Schnee und Eis haben Wege und Plätze, die den Zugang zu infrastrukturellen
Einrichtungen sichern, Vorrang beim Reinigen und Räumen der Flächen
Bei Planungen für Neu- oder Ersatzbegrünungen prüfen, inwieweit Pflege und Sauberhaltung auch für ältere Anwohner zu bewältigen sind, bzw. ob Gehwegnutzung, Straßennutzung durch Laubfall oder Bewuchs beeinträchtigt werden
Der Lindorfer Stadtteil sollte flächendeckend auf Barrierefreiheit geprüft werden (insbesondere im Bereich Friedhof und Rathaus)
Die Barrierefreiheit sollte in allen Neuplanungen berücksichtigt werden
Regelmäßige Instandsetzung der vorhandenen Bänke
Bushaltestellen mit Wartehäusern versehen und Bänke platzieren
Klärung des Bedarfs und der Akzeptanz an Wohnangeboten (Betreutes Wohnen, barrierefreies Wohnen, Senioren-WG´s usw.)
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215
Anhang
Anhang
Leistungen der Pflegeversicherung
Pflegebedürftig im Sinne des § 14 SGB XI sind Personen, "die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs
Monate, in erheblichem oder höherem Maße (…) der Hilfe bedürfen."
Pflegebedürftige können entsprechend des 11. Sozialgesetzbuches Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen. Hierfür muss ein Antrag bei der zuständigen Pflegekasse gestellt werden. Nach der Begutachtung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) erfolgt bei vorhandener Pflegebedürftigkeit
im Sinne des Gesetzes eine Einstufung in die Pflegestufen I, II oder III.
Pflegestufe I – erhebliche Pflegebedürftigkeit liegt vor wenn:
-
mindestens einmal täglich erforderlicher Hilfebedarf in zwei Bereichen der Grundpflege
(Körperpflege, Ernährung oder Mobilität) besteht und
-
mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt wird.
Der Zeitaufwand im Tagesdurchschnitt muss mindestens 90 Minuten betragen, mehr als die
Hälfte davon im grundpflegerischen Bereich.
Pflegestufe II – Schwerpflegebedürftigkeit liegt vor wenn:
-
mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten erforderlicher Hilfebedarf im
Bereich der Grundpflege besteht und
-
mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt wird.
Der Zeitaufwand im Tagesdurchschnitt muss mindestens 3 Stunden betragen, mindestens 2
Stunden davon im grundpflegerischen Bereich.
Pflegestufe III – Schwerstpflegebedürftigkeit liegt vor wenn:
-
der Hilfebedarf so groß ist, dass er jederzeit gegeben ist und Tag und Nacht anfällt und
-
mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt wird.
Der Zeitaufwand im Tagesdurchschnitt muss mindestens 5 Stunden betragen, mindestens 4
Stunden davon im grundpflegerischen Bereich.
216
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Die Pflegestufe III kann durch eine Härtefallregelung ergänzt werden wenn:
-
der Zeitaufwand im Tagesdurchschnitt im Bereich der Grundpflege mindestens 6 Stunden beträgt,
-
die Grundpflege auch nachts nur von mehreren Pflegekräften gemeinsam und zeitgleich
erbracht werden kann und
-
ständige Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung erforderlich ist.
Im Falle einer Pflegebedürftigkeit bestehen verschiedene Möglichkeiten, die zu pflegende Person zu versorgen. Generell gilt der Grundsatz ambulant vor stationär. Dies entspricht den
Wünschen der meisten Pflegebedürftigen. Für welche Art der Leistung sich die Betroffenen
entscheiden, hängt vor allem von der Schwere der Pflegebedürftigkeit ab, aber auch von den
individuellen Lebenssituationen der Personen, welche die Pflege übernehmen möchten.
Unabhängig der Pflegebedürftigkeit ist es möglich, bei eingeschränkter Alltagskompetenz Leistungen für Betreuung und Beaufsichtigung (die sogenannte „Pflegestufe 0“) zu beantragen
wenn:
-
bei Personen ein besonderer Beaufsichtigungs- und Betreuungsbedarf und eingeschränkte Alltagskompetenz aufgrund geistiger Behinderung, psychischer Erkrankungen
oder demenzbedingter Fähigkeitsstörung vorliegt.
-
die Person zwar einen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung hat, jedoch die Voraussetzungen für eine Einstufung in die Pflegestufen I nicht erfüllt sind.
Das Leistungsbudget beträgt 100 Euro monatlich (Grundbetrag) oder 200 Euro monatlich (erhöhter Betrag).
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217
Anhang
Die Leistungen der Pflegeversicherung in Zahlen (zum 01.01.2012):
Leistungsart
Zeitraum
Pflegestufe I
Pflegestufe II
Pflegestufe III
Pflegesachleistung
bis zu ... € mtl.
450,–
1.100,–
1.550,–
Pflegegeld
... € mtl.
235,–
440,–
700,–
Pflegeaufwendungen
bis zu ... € mtl.
450,–
1.100,–
1.550,–
Pflegeaufwendungen
pauschal ... € mtl.
1.023,–
1.279,–
1.550,–
235,–
440,–
700,–
1550,-
1550,-
1550,-
1550,-
1550,-
1550,-
Härtefall
1.918,–
Häusliche Pflege
Teilstationäre Pflege
(Tages-/Nachtpflege)
Vollstationäre Pflege
Verhinderungspflege
Kurzzeitpflege
erheblicher allgemeiner Betreuungsbedarf
(Pflegestufe 0)
Pflegehilfsmittel zum
Verbrauch
Pflegeaufwendungen
durch nahe Angehörige
Pflegeaufwendungen
durch sonst. Personen
1.918,–
bis zu ... € jährl.
Pflegeaufwendungen
bis zu ... € jährl.
Leistungsbetrag
bis zu ... € jährl.
1200,- (Grundbetrag)
2400,- (erhöhter Betrag)
31,-
Aufwendungen
bis zu ... € mtl.
technische und
sonstige Pflegehilfsmittel
Aufwendungen
in Höhe von
höchstens 25 € je Pflegehilfsmittel, evtl. Zuzahlung von 10 %,
in der Regel leihweise
Maßnahmen zur
Verbesserung des
Wohnumfeldes
Aufwendungen
bis zu
2.557,– je Maßnahme,
unter Berücksichtigung einer angemessenen Eigenbeteiligung
Der Pflegebedürftige kann zur Unterstützung seiner häuslichen Pflege Pflegegeld, ambulante
Sachleistungen oder eine Kombination aus beiden Leistungen beantragen:
-
Wird die häusliche Pflege vom Pflegebedürftigen durch Angehörige oder Bekannte erbracht, hat der Pflegebedürftige Anspruch auf Pflegegeld. Er kann selbstständig entscheiden an wen und in welcher Höhe er das Pflegegeld als Anerkennung weitergibt.
-
Die ambulanten Sachleistungen werden direkt zwischen dem beauftragten ambulanten
Dienst und der entsprechenden Pflegekasse abgerechnet.
-
Es ist möglich, den Bezug von Pflegegeld mit der Inanspruchnahme von Sachleistungen
zu kombinieren. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass die Pflege für den Betroffenen flexibel gestaltet werden und sich an die individuellen Bedürfnisse anpassen kann.
In einem solchen Fall vermindert sich das Pflegegeld anteilig um den Wert der in Anspruch genommenen Sachleistungen.
Um den Pflegebedürftigen einen möglichst langen Verbleib im häuslichen Umfeld zu ermöglichen, gibt es weitere, die häusliche Pflegesituation unterstützende Leistungen, Bedingung für
deren Inanspruchnahme ist eine Einstufung in der Pflegeversicherung:
-
218
Macht die Pflegeperson Urlaub oder ist sie durch Krankheit vorübergehend an der Pflege gehindert, kann die Verhinderungspflege (§39 SGB XI) für längstens 4 Wochen
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Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
pro Kalenderjahr in Anspruch genommen werden. Es stehen der pflegebedürftigen Person maximal 1550,- € zur Verfügung, um eine Kurzzeitpflege oder ambulante Ersatzpflege zu finanzieren. Übernimmt ein naher Angehöriger die Ersatzpflege, ist die Leistung der Pflegekasse auf die Höhe des jeweiligen Pflegegeldsatzes begrenzt. Voraussetzung für die Inanspruchnahme ist eine Vorpflegezeit von mind. 6 Monaten.
-
In Krisensituationen oder nach einem Krankenhausaufenthalt kann eine Kurzzeitpflege
(§ 42 SGB XI) in einer entsprechenden stationären Einrichtung in Anspruch genommen
werden. Der Anspruch besteht für max. 4 Wochen pro Kalenderjahr. Die Höhe der
Leistung für die Kurzzeitpflege beträgt pauschal 1550,- € pro Jahr und umfasst pflegerische, sozialbetreuerische und behandlungspflegerische Aufwendungen. Weitere Kosten, zum Beispiel für Unterkunft und Verpflegung, muss der Pflegebedürftige selbst
tragen.
-
Kann die häusliche Pflege nicht ausreichend sichergestellt werden, zum Beispiel aufgrund der Berufstätigkeit des pflegenden Angehörigen, kann nach §41 SGB XI teilstationäre Pflege (Tages- oder Nachtpflege) in einer Einrichtung in Anspruch genommen
werden. Die Leistungen richten sich nach den Sachleistungen im ambulanten Bereich
und können mit diesen und dem Pflegegeld kombiniert werden.
-
Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen
oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen. Bei zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmitteln übernimmt die Pflegekasse maximal 31 Euro monatlich, technische Pflegehilfsmittel werden vorrangig leihweise überlassen.
-
Die Pflegekassen bezuschussen Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall
die häusliche Pflege ermöglicht, erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige
Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Höhe der Zuschüsse
ist einkommensabhängig und beträgt maximal 2 557 Euro je Maßnahme (vgl. 40 SGB
XI).
All diese Angebote haben zum Ziel, dem Pflegebedürftigen einen möglichst langen Verbleib im
häuslichen Umfeld zu ermöglichen.
Zur Verbesserung der sozialen Sicherung der Pflegepersonen entrichten die Pflegekassen Beiträge an den zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn die Pflegeperson
regelmäßig nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist und mind. 14 Stunden pro
Woche einen Pflegebedürftigen nicht erwerbsmäßig in häuslicher Umgebung pflegt (vgl. § 44
SGB XI).
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
219
Nach dem Pflegezeitgesetz können sich pflegende Angehörige unter Umständen vollständig
oder teilweise von der Arbeitsleistung freistellen lassen und für längstens 6 Monate eine sog.
Pflegezeit nehmen, wenn sie einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen.
Ist eine ambulante, also häusliche Pflege trotz der zuvor genannten Unterstützungsleistungen
nicht gesichert, wird vollstationäre Pflege gewährt. Entsprechend der Pflegestufe der betroffenen Person zahlt die Pflegekasse einen pauschalen Sachleistungsbetrag an die entsprechende Einrichtung. Diese Sachleistung umfasst:
-
den Pflegeaufwand
-
die medizinische Behandlungspflege und
-
die soziale Betreuung.
Darüber hinaus anfallende Kosten muss die zu pflegende Person selber tragen. Dazu gehören
-
Kosten für Unterbringung und Verpflegung
-
Investitionskosten und
-
Kosten für besondere Komfortleistungen.
Diese Kosten werden in den meisten Fällen über die eigenen finanziellen Ressourcen (Einkommen und Vermögen) abgedeckt. Liegen diese bei den Betroffenen oder unterhaltspflichtigen Personen nicht vor, können Anträge zur Übernahme der nicht durch eigene Ressourcen
gedeckten Heimkosten beim zuständigen Sozialamt gestellt werden.
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Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Beteiligte am Planungsprozess
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
221
Literaturauswahl
Literaturauswahl
Altgeld, Th. (2009). Alt werden, gesund bleiben - Kommunale Gesundheitsförderung und Prävention für ältere Menschen. In: Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) Initiieren - Planen - Umsetzen.
Handbuch kommunale Seniorenpolitik. Verlag Bertelsmann Stiftung, Gütersloh.
Au, C. (2010). Pflegebedürftigkeit im demografischen Wandel: Prävention und Gesundheitsförderung. In: informationsdienst altersfragen 01/2010. Hrsg. Deutsches Zentrum für Altersfragen. Berlin. S. 7-15.
Verfügbar unter: www.dza.de -> Publikationen
Bertelsmann Stiftung (Hrsg.): Initiieren – Planen – Umsetzen. Handbuch kommunale Seniorenpolitik- Gütersloh 2009.
Bertelsmann Stiftung (Hrsg.): Wegweiser Kommune. Demographietyp 3: Suburbane Wohnorte
mit rückläufigen Wachstumserwartungen. 2005.
Brachat-Schwarz, Werner: Zur Entwicklung der Geburtenzahl und -häufigkeit in BadenWürttemberg. Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 5/2010. Stuttgart 2010.
Ders.: Die Lebenserwartung der baden-württembergischen Bevölkerung. In: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg, 7/2010. Stuttgart 2010.
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland. Vierter Altenbericht. Risiken, Lebensqualität und
Versorgung Hochaltriger – unter besonderer Berücksichtigung demenzieller Erkrankungen. Berlin 2002.
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland. Fünfter Altenbericht. Potenziale des Alters in
Wirtschaft und Gesellschaft – Der Beitrag älterer Menschen zum Zusammenhalt der Generationen. Berlin 2005.
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland. Sechster Altenbericht. Eine neue Kultur des Alterns. Altersbilder in der Gesellschaft. Berlin 2010.
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Monitor Engagement. Wie und
wofür engagieren sich ältere Menschen? Berlin 2011.
222
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Informationen zum 3. Freiwilligensurvey (1999 – 2009). Berlin 2009.
Bundesministerium für Gesundheit: Aktiv werden für Gesundheit – Arbeitshilfen für Prävention und Gesundheitsförderung im Quartier. Heft 6 Gesund und aktiv älter werden. Berlin 2010.
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Hrsg.) Wohnen im Alter. Marktprozesse und wohnungspolitischer Handlungsbedarf. Berlin 2011.
Dammann, Rüdiger; Gronemeyer, Reimer: Ist Altern eine Krankheit? Wie wir die gesellschaftlichen Herausforderungen der Demenz bewältigen. Frankfurt 2009.
Demenz Support Stuttgart. Zentrum für Informationstransfer. www.demenz-support.de
Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.: Selbstbestimmung und soziale
Teilhabe vor Ort sichern! Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gestaltung einer wohnortnahen Pflegeinfrastruktur. Berlin 2010.
Gartenbauamt und Sport-Service: Sport-, Bewegungs- und Freizeitangebote für Ältere – Konzept "Seniorenspielplätze". Stadt Nürnberg, 2007.
Gesundheit Berlin-Brandenburg e.V. (Hrsg.): Aktiv werden für Gesundheit – Arbeitshilfen für
Prävention und Gesundheitsförderung im Quartier. Gesund und aktiv älter werden. Heft 6.
Berlin 2010.
Gesundheit Berlin-Brandenburg e.V. (Hrsg.): Aktiv werden für Gesundheit – Arbeitshilfen für
Prävention und Gesundheitsförderung im Quartier. Gemeinsam handeln – Chancen verbessern. Heft 7. Berlin 2010. (http://www.gesundheitliche-chancengleichheit.de/).
GKV- Spitzenverband (Hrsg): Leitfaden Prävention. 2. korrigierte Fassung, 2010.
Goebel, Jan; Grabka Markus: Die Entwicklung der Altersarmut in Deutschland. In: DIW Wochenbericht Nr. 25/2011.
Hin, Monika: Lebenssituation von älteren Menschen in Baden-Württemberg. In: Statistisches
Monatsheft Baden-Württemberg 10/2011. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg.
Stuttgart 2011.
Hottenschläger, Grit: Genderdifferenzierte Untersuchungen zur Freiflächennutzung älterer
Menschen. Kooperationsprojekt der FH Wiesbaden, Fachgebiet Landschaftsarchitektur und
dem Frauenreferat und Grünflächenamt der Stadt Frankfurt am Main. Wiesbaden, 2011.
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
223
Literaturauswahl
Institut für Stadtplanung und Sozialforschung Weeber und Partner: Neue Qualitäten. Wohnen
50plus. Fakten, Anforderungen. Beispiele. Tübingen 2010.
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung, IfSS: Wissenschaftliche Begleitung im Auftrag
der Wohnbaugesellschaft Nürnberg. Olga Wohnprojekt (Oldies leben gemeinsam aktiv).
Selbstbestimmtes Wohnen bis ins Alter. Stuttgart/Nürnberg 2009.
Kohli, Martin; Künemund, Harald: Die zweite Lebenshälfte. Gesellschaftliche Lage und Partizipation im Spiel des Alters-Survey. Wiesbaden 2005.
Klie, Thomas; Schumacher, Birgit: Das Freiburger Modell. Wohngruppen in geteilter Verantwortung. Berlin 2009.
Kreiskliniken Esslingen: Abschlussbericht zur Palliativversorgung im Kreis Esslingen, 2011.
Kuratorium deutscher Altershilfe: Memorandum für eine kultursensible Altenhilfe. Ein Beitrag
zur Interkulturellen Öffnung am Beispiel der Altenpflege. 2002.
Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (Hrsg): Präventionsbericht 2009.
Motel-Klingebiel, Wurm, Tesch-Römer (Hrsg.): Altern im Wandel. Befunde des Deutschen Alterssurveys (DEAS). Kohlhammer Verlag Stuttgart 2010.
Robert Koch-Institut (Hrsg.): Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes: Migration und Gesundheit. Berlin 2008.
Ders.: Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes: Gesundheit und Krankheit im
Alter. Berlin 2009.
Ders.: Die Schwerpunktberichte des Robert Koch-Institutes sind im Internet verfügbar unter:www.rki.de unter "Gesundheitsberichterstattung und Epidemiologie.
Stadt Kirchheim unter Teck: Zukunftswerkstatt Neues Wohnen in Kirchheim unter Teck.
Weeber und Partner. Institut für Stadtplanung und Sozialforschung Stuttgart 2009.
Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Bevölkerungs- und Haushaltsentwicklung im
Bund und in den Ländern. Ausgabe 2011. Wiesbaden 2011.
224
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Teilsozialplan Älterwerden in Kirchheim unter Teck
Statistisches Landesamt Baden-Württemberg: Hin, Monika, Sabine Schmidt: Baden Württemberg ein Einwanderungsland? Erste Eckdaten zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund. In:
Statistisches Monatsheft Baden Württemberg 11/2006. Stuttgart.
Statistisches Landesamt Baden-Württemberg: Ehrhardt, Christine: Migrantinnen und Migranten. Handlungsansätze für eine kommunale Integrationspolitik. In: Statistisches Monatsheft
Baden Württemberg 12/2009. Stuttgart.
Statistisches Landesamt Baden-Württemberg: Der demografische
Württemberg. Herausforderungen in Chancen. Stuttgart, 2009.
Wandel
in
Baden-
Statistisches Landesamt Baden-Württemberg: Demografisches Profil Kirchheim unter Teck.
Stuttgart, 2010.
Statistisches Landesamt Baden-Württemberg: Regionalisierte Bevölkerungsvorausrechnung in
Baden-Württemberg. Stuttgart 2010.
Statistisches Landesamt Baden-Württemberg: Vorausberechnung der Pflegebedürftigen sowie
des Pflegepersonals bis zum Jahr 2031. Stuttgart 2009.
Weeber, R. (2010). Möglichkeiten und Chancen gesundheitsorientierter Stadtentwicklung.
Präsentation, Berlin.
Weeber+Partner: Neue Qualitäten. Wohnen 50plus. Fakten, Anforderungen, Beispiele. Stuttgart 2010.
www.gesundheitliche-chancengleichheit.de/:fachtagung-quartier
Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
225
Impressum
Herausgeber
Stadt Kirchheim unter Teck
Amt für Familie und Soziales
2012
Redaktion und Mitarbeit
Roland Böhringer
Corina Däuble
Michaela Göhler-Bald
Dr. Regine Jautz
Heike Kunz
Wissenschaftliche Begleitung
Dr. Regine Jautz
ifSS – Institut für Sozialforschung und Sozialplanung GbR Stuttgart/Nürnberg
Titelfotografien
Saja Seus Photographie
Gestaltung
Corina Däuble
Michaela Göhler-Bald
Kontakt
Stadt Kirchheim unter Teck
Amt für Familie und Soziales
Widerholtplatz 3
73230 Kirchheim unter Teck
Telefon: (07021) 502-364
E-Mail: [email protected]
Alle Angaben ohne Gewähr. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers.
Herzlichen Dank!
Wir bedanken uns an dieser Stelle sehr herzlich bei allen,
die durch das Einbringen ihrer Ideen und Vorschläge
zum Gelingen des Altenhilfeplans beigetragen haben.