Capella Finale Notensatzsoftware gehört zu der Art

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Capella Finale Notensatzsoftware gehört zu der Art
SOFTWARE
Notensatz-Software
Notensatzsoftware gehört zu der Art
Programme, die zwischen den Welten
der Musik und des Druckerzeugnisses
vermitteln. Dabei hat jedes Programm eine
eigene Philosophie – das macht sich in der Bedienung und bei der Darstellung der Noten bemerkbar.
W
ir würden gerne einmal die
gängigen Vertreter dieses Genres genau auf diese Unterschiede abklopfen, um herauszuarbeiten,
welches Programm sich nun für welche
Anwendung am besten eignet. Wir werden Ihnen an dieser Stelle einen aktuellen
Überblick über die Notensatzprogramme
Capella, Finale und Sibelius geben, wie sie
auf der Musikmesse vorgestellt wurden.
Außerdem gibt es in dieser SoftwareGruppe auch etwas Neues zu vermelden –
dazu weiter hinten mehr.
Capella
Von Capella, dem Notensatzprogramm
aus dem Hause Capella Software, gab es
auf der Musikmesse nichts direkt Neues
zu berichten, lediglich das Zulieferprogramm Capella-Scan 6.1 hat einige neue
Funktionen zur Bildeingabe und Bearbeitung mitgebracht.
Capella geht in der Bedienung sehr stark
vom Notensatz an sich aus, die Applikation
ist definitiv keine Software für „Mausschubser“. Das ist kein Nachteil, sondern bewusst
so angelegt, um schnell Systeme, Noten,
Text und andere Zeichen da platzieren zu
können, wo man sie gerne haben möchte.
Sicherlich, Mausfreunde wie der Autor
dieser Seiten sehen da eine Einstiegshürde,
aber wenn man sich einmal eingearbeitet
hat, ist die Sache schon logisch: da tippt
man „F“ auf der Tastatur, und schon erscheint die passende Note. Allerdings hat
man weitergedacht: man kann auch einen
Modus einschalten, der die Eingabe per
Maus zulässt.
Da auch capella schon zu den länger am
Markt etablierten Lösungen zählt, kann
man davon ausgehen, dass in neuen Versionen immer mehr Nebenschauplätze bearbeitet werden, die das Basisprogramm
aufwerten. So legt Capella auch darauf
Wert, mit „captune“ ein authentisches Abspielen der Noten durch Interpretation der
Dynamik- und Artikulationszeichen zu erzielen. Diese sehr nützliche Eigenschaft
wäre noch interessanter, wenn die Ausgabe
auch auf verschiedenen MIDI-Kanälen –
wie in den Systemen eingestellt – durchgeführt würde.
Aber wer weiß, vielleicht gibt es ja doch
bald Neues zu vermelden. Denn im Verbund
mit capella-scan stellt diese Software eine
gute Lösung mit einem sehr guten PreisLeistungs-Verhältnis dar.
Capella 2004
Vertrieb: capella-software GmbH
URL: www.capella-software.de
Preis: 138 Euro (online) 148 Euro (Box)
Finale
Capella ist ein Standard unter den Notensatzprogrammen - das liegt nicht zuletzt am guten Preis-/Leistungsverhältnis.
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PC & Musik 3/2005
Auf der Musikmesse konnte man bei
Klemm die neuere Version von Finale,
„Finale 2005a“ genannt, bewundern. Finale 2005 gibt es seit Ende letzten Jahres. Hier hatte sich gegenüber der Vorversion einiges getan. Die Ausstattung ist
sehr umfangreich, daher kann man auch
zwischen unterschiedlichen Versionen
wählen. Denn nicht jeder benötigt alle
Möglichkeiten, die geboten werden. So
kommt das voll ausgestattete Produkt
auch gleich mit einer Notenscan-Appli-
SOFTWARE
Finale 2005
gibt es in mehreren Ausbaustufen, da ist
die pekuniäre
Hürde für Einsteiger nicht
so hoch.
kation und einem internen SoftwareSynthesizer daher – hier brauchen Sie
vom Einlesen der Noten bis hin zum Abspielen keine weitere Peripherie mehr bemühen – eine Soundkarte einmal vorausgesetzt.
Die Liste der Neuigkeiten von Finale
2005 ist lang – die können wir an dieser
Stelle gar nicht anführen. Und da das Produkt ja auch schon einige Zeit am Markt ist,
sind eher die Änderungen der Version
2005a von Interesse. Diese fallen nicht ganz
so üppig aus, hier sind in erster Line Anzeige- und Ausrichtungsoptionen erweitert
und die Wiedergabestilistik deutlich ausgebaut worden. Damit werden nun noch mehr
Vortragsbezeichnungen, die in textueller
Form vorliegen, korrekt interpretiert und in
der MIDI-Ausgabe umgesetzt.
Finale gibt sich in der Bedienung – ähnlich wie capella – eher etwas technischer,
ein Anwender sprach scherzhaft einmal von
„Musik-CAD“, ohne dies abwertend zu meinen. Das zeigt sich in der Tat beispielsweise
durch die Aufteilung in einzelne Werkzeuge
für die Elemente der Notenseite als auch in
der Darstellung nieder.
Finale gibt es in vier Ausbaustufen, zählt
man das kostenlose „Finale Notepad“ auch
dazu. Damit ist für alle Anwendungsfälle etwas vorhanden, der Umfang der größten
Version ist gewaltig, hier kann man aus dem
Vollen schöpfen. Und auch der Preis ist, gemessen am Funktionsumfang, moderat.
Finale 2005
Vertrieb: Klemm Music Technology
URL: www.klemm-music.de
Preis: von 79 Euro bis 699 Euro
Sibelius
Sibelius konnte man auf der Messe in der
Version 3 bewundern – allerdings ist dies
auch keine allzu neue Version mehr. Man
merkt doch auch hier deutlich, dass sich
die eigentliche Entwicklung der Notensatzsoftware nicht mehr im Kernbereich,
sondern in der Peripherie abspielt. So sind
die Bedürfnisse des eigentlichen Notensatzes in den meisten Fällen abgedeckt,
kleine Nischen mögen noch offen sein.
Daraus resultiert, dass man sich mehr auf
Innovationen konzentriert, die eine Arbeit
mit dem Programm erleichtern
oder verfeinern. So ist das Abspielen der erzeugten Werke
auch bei Sibelius ein wichtiges
Thema – schließlich hat man den
bekannten Sampler „Kontakt“
der Firma Native Instruments als
Software-Klangerzeugung integriert, somit
lassen sich recht überzeugende Tondokumente erstellen. Zusammen mit den Algorithmen des „menschlichen“ Abspielens der
MIDI-Daten, also mit einer kontextbezogenen Interpretation und leichten metrischen
Verschiebungen klingt auch bei dieser Software das Ergebnis alles andere als mechanisch.
Sibelius 3 drei arbeitet im voll formatiert
dargestellten Notenblatt, Sie sehen sofort
das Endergebnis. Es werden auch – in beliebiger Zoomstufe – alle Blätter eines Stückes
angezeigt, Sie können ein Blatt gar mit der
Maus anfassen und auf dem Bildschirm
platzieren. Diese Bedienung ist sehr intuitiv,
kommt sie doch auch dem Einsteiger in das
klingende Metier entgegen.
Der gebotene Funktionsumfang ist auch
hier immens hoch, eine integrierte ScanSoftware und der erwähnte Audio-Player
fehlen genauso wenig. Und durch die ausgeklügelte Oberfläche ist trotzdem die Einarbeitungszeit relativ kurz – Sibelius 3 macht
insgesamt einen sehr ausgewogenen Eindruck.
Sibelius 3
Vertrieb: M3C Systemtechnik GmbH
URL: www.sibelius.com
Preis: 755 Euro
Sibelius hat inzwischen einen enormen Funktionsumfang erreicht und setzt hohe Standards.
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SOFTWARE
Ein Newcomer: ab Herbst 2005 will Primus von Columbus Soft im Notensatzmarkt mitmischen.
Primus
eigentlich keine unbekannte Größe – wieder mit einem neuen Produkt ins Rennen
Eine kleine Überraschung gab es für uns,
gehen. Wir erinnern uns: der Darmstädter
als wir exklusiv einen Blick auf die VorSoftware-Vetrieb hatte bis vor etlichen
abversion eines neuen Kandidaten im
Jahren ein Notensatz-Programm im SortiNotensatz-Bereich werfen konnten. Mit
ment, das sich durch einfache Bedienung
auszeichnete. Das Produkt wird allerdings
„Primus“ wird Columbus Soft – im Markt
seit 2002 nicht mehr
vertrieben. Vielmehr hat
man sich etwas bedeckt
gehalten und nun eine
gänzlich neue Eigenentwicklung auf die Beine
gestellt, die neuen Wind
in den Markt bringen
wird.
Primus schlägt eine
Brücke zwischen dem
klassischen Notensatz und
Desktop Publishing. Ähnlich wie Sibelius sieht man
die „virtuelle Notenseite“
formatiert vor sich – man
arbeitet sozusagen direkt
auf dem Papier. Allerdings
geht Primus einen Schritt
weiter – denn hier können
Sie nun völlig frei Notensatz, Text und Grafiken
auf der Seite platzieren –
das eröffnet neue Horizonte.
Das ist neu: Primus kann völlig bezugsfrei Text, Grafiken und Stücke platSo verlangen Liederbüzieren. Beispiel aus „Spiel und Spaß mit der Blockflöte“, Band 1, SchottVerlag 2003, ED 7770“, mit freundlicher Genehmigung des Verlags.
cher, Gesangbücher mit
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viel Text oder grafisch gestylte Ausgaben keine besondere Behandlung mehr
– alles ist gleichberechtigt
auf der Seite arrangiert.
Ebenso können mehrere
Musikstücke auch unterschiedlichster
Prägung
ohne spezielle Kniffe auf
einer oder mehreren Seiten untergebracht werden
– einfacher geht es nicht.
Und auch die Bedienung, das Einspielen und
die Verarbeitung der Noten – sei es vom einfachen
Flötenstück bis hin zur
komplizierten Partitur –
gehen locker von der
Hand – hier bemerkt man
schnell, dass die Entwikkler nicht einfach ein neues Produkt aus dem Boden
gestampft haben, sondern
dass langjährige Erfahrungen sorgfältig in Software
gegossen wurden.
Die Software soll im
Herbst dieses Jahres erscheinen, so hat es jedenfalls der Hersteller
geplant. Wir werden das mit Spannung verfolgen – sobald es hier Neues zu berichten
gibt, werden wir Sie informieren.
Primus (Vorversion)
Vertrieb: Columbus Soft
URL: www.columbussoft.de
Preis: k.A.
Fazit
Der Notensatz mit dem PC ist heute auf
einem Stand angelangt, der rundum perfekte Ergebnisse möglich macht. Man
muss den Erzeugnissen dieser Programme
definitiv nicht mehr ansehen, dass sie am
Rechner erstellt wurden.
Da sich bei derlei Funktionalität eine gewisse Sättigung einstellt, gab es für uns –
speziell auf der Musikmesse – nicht viel
Neues zu sehen. Der Trend hin zum Kompositions- bzw. Arrangiersystem mit Produktionsmöglichkeiten ist aber eindeutig zu erkennen. Die Bemühungen, auch akzeptable
Audio-Daten mit der Notensatz-Software zu
erzeugen, halten an.
Mit Primus ante portas wird aber bald
wieder ein neuer Impuls durch den Markt
gehen – sobald das Produkt vorliegt, werden wir einen ausführlicheren Test im Vergleich mit den etablierten Kandidaten wagen.
Manfred Müller-Späth ■