COLLOCATION ANALYZER – Ein elektronisches

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COLLOCATION ANALYZER – Ein elektronisches
in MEDIAs res
Anne Kimmes (Heidelberg), Hilko Koopman (Mannheim)
COLLOCATION│ANALYZER –
Ein elektronisches Kollokationswörterbuch
Kollokationen, das heißt "Wortzweierkombinationen von auffallender Üblichkeit" (Holderbaum 2003: 6), stellen in der Tat eine Problemgröße in der fremdsprachlichen Textproduktion dar. Während Muttersprachlern so genannte "Halbfertigprodukte der Sprache" wie
heikles Thema, ausgelassene Stimmung, penetranter Geruch oder Geld abheben, Hass
schüren, Rechnung begleichen und Unfall bauen (Hausmann 1985: 118) bekannt sind, so
sind sie doch eine häufige Fehlerquelle für all diejenigen, die sich daran wagen, einen Text
in einer Sprache zu erstellen, die nicht ihre eigene ist. Im Fall von Übersetzern und Dolmetschern – die bekanntlich ihren Lebensunterhalt mit der (fremdsprachlichen) Textproduktion
bestreiten – wird die berufliche Kompetenz und die Qualität der gesamten Arbeit in Frage
gestellt, wenn sie nur einen kleinen Fehler in diesem Bereich des gebundenen Sprachgebrauchs begehen. Die Tücke dieser Wortkombinationen liegt vor allem darin, dass sie keinerlei Regelhaftigkeit aufweisen. Es gibt weder semantische noch grammatische Gesetzmäßigkeiten, die den Fremdsprachennutzer in seiner Wahl des geeigneten Kombinationspartners leiten könnten. Wenn überhaupt gibt es nur eine sprachgeschichtliche oder kulturelle
Begründung, warum man sich im Deutschen und im Niederländischen eher die Zähne putzt
(tanden poetsen), während man sie im Italienischen wäscht (lavare i denti) und im Französischen und Spanischen sowie auch im Englischen meist bürstet (se brosser les dents; cepillarse los dientes; to brush one's teeth).
Der Kollokationsbegriff wird in der wissenschaftlichen Literatur auf unterschiedlichste Weise definiert (Herbst, Stoll, Westermayr 1991: 164). So werden Kollokationen
sowohl auf syntaktisch-semantischer Ebene untersucht als auch mithilfe statistischer Methoden analysiert. Franz Josef Hausmann etablierte einen Kollokationsbegriff, der sich
mühelos in die Übersetzungswissenschaft entlehnen lässt und der auch den weiteren Ausführungen als Grundlage dient. Hausmann versteht eine Kollokation als eine affine Wortzweierbeziehung, bestehend aus einer determinierenden Basis und einem determinierten
Kollokator (Hausmann 1985:119). Er legte sechs Typen von Kollokationen fest, von denen in vier ein Substantiv als Basis fungiert. Die Basis ist im Folgenden fett gedruckt.
1.
Substantiv (Objekt) + Verb
bzw. Verb + Substantiv (Objekt) für das Englische
2.
Adjektiv + Substantiv
3.
Substantiv (Subjekt) + Verb
4.
Substantiv + (Präposition) + Substantiv
5.
Adverb + Adjektiv
6.
Verb + Adverb
(Hausmann 1999: vii)
Hausmanns Verständnis von Kollokation ist problemlos in die Übersetzungswissenschaft
entlehnbar, da die hierarchische Binnenstruktur der Wortverbindung den Übersetzungs-
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vorgang abbildet. Übersetzt wird immer die Kollokation als Ganzes. Die ausgangssprachliche, meist substantivische Basis wird zunächst in die Zielsprache übersetzt. Dieser Prozess gestaltet sich noch relativ einfach, da der fortgeschrittene Fremdsprachennutzer meist
durch eine einfache interlinguale Primärassoziation zur zielsprachlichen Basis gelangt. Ist
dies nicht der Fall, kann eine adäquate ZS-Basis unschwer über verfügbare Hilfsmittel ermittelt werden. Ist diese in der Zielsprache geortet, muss aus einem mental tentativ verfügbaren Set an ZS-Mitspielern der geeignete ZS-Kollokator selektiert werden.
Die Übersetzung geht also immer von der Basis aus. Tendiert der Übersetzer dazu,
zunächst den Kollokator zu übersetzen oder die Übersetzung des Kollokators an die Ausgangssprache anzulehnen, so können leicht schwerwiegende Fehlübersetzungen entstehen. So ließe sich das Verb 'putzen' ggf. als 'to clean' ins Englische übertragen. Während
die Kollokation Schuhe putzen vielleicht noch mit to clean one's shoes ins Englische
übersetzt werden kann, so erweist sich das Verb 'to clean' als unidiomatisch in Verbindungen wie Zähne putzen (to brush one's teeth = *seine Zähne bürsten) oder auch Nase
putzen (to blow one's nose = *seine Nase blasen). Im Übersetzungsprozess müssen die
Basen 'Schuhe', 'Zähne', und 'Nase' zuerst in die Fremdsprache übertragen werden, woraufhin ein passender zielsprachlicher Kollokator gefunden werden muss. Die Übersetzungsproblematik liegt also in der Äquivalenzfindung auf der Ebene des Kollokators.
Das Übersetzen von Kollokationen stellt somit einen zweischrittigen, nicht simultan
ablaufenden Selektionsprozess im Schnittbereich von paradigmatischer und syntagmatischer Semantik dar. Ausgehend von einer ausgangssprachlichen Basis trifft der Übersetzer eine Auswahl unter paradigmatischen Einheiten eines zielsprachlichen Wortfeldes,
wobei das Element in der Zielsprache in möglichst vielen semantischen Merkmalen mit
dem der Ausgangssprache übereinstimmen sollte. Diese Übertragung der Basis in die
Zielsprache bereitet dem professionellen Sprach- und Kulturmittler meist keinerlei
Schwierigkeiten. In einem zweiten Schritt erfolgt nun eine Selektion auf syntagmatischer
Ebene unter den potentiellen Mitspielern, die letztlich in der Bestimmung eines zielsprachlichen, zur Basis affinen Kollokators mündet. Die paradigmatisch wie syntagmatisch ablaufenden Auswahlhandlungen vollziehen sich in der übersetzerischen Praxis in
großer Zahl, unabhängig und nacheinander.1
Die Übersetzung von Kollokationen ist auf diese Weise von permanenten Akzeptanzprüfungen fremdsprachlicher Kollokationen geprägt. Jedes sprachliche Element unterliegt einer semantisch begrenzten Kombinierbarkeit, wobei sich diese nur bedingt abbilden lässt. Wurde bisher in der Fachliteratur der Eindruck vermittelt, jedes Wort verfüge nur über eine geringe Anzahl an Kombinationspartnern, das heißt über einen geringen Kollokationsradius, so kann nun davon ausgegangen werden, dass zumindest häufig gebrauchte Wörter in Hunderten verschiedenen Kombinationen verwendet werden
können. Der eng gefasste Kollokationsbegriff, demzufolge eine Kollokation eine exklusive semantische Beziehung ist, deren Übersetzungsproblematik vor allem darin besteht,
1
Solch theoretisch-methodische Ansätze der kontrastiven Wortfeldforschung und der syntagmatischen Semantik wurden bereits in den 70er und 80er Jahren behandelt (vgl. E. Coseriu, H.J. Diller und J. Kornelius, E. Leisi und A. Ljudskanov).
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dass aus einem kleineren Spektrum von Kollokatoren in der Zielsprache eine Auswahl
getroffen werden muss, sollte vorsichtig erweitert werden.
Da diese scheinbar arbiträren, und doch durch sprachliche und idiomatische Konventionen gehaltenen, Zusammensetzungen von zwei Wörtern nicht erlernbar sind wie herkömmliche Vokabeln (Angelone 2006: 145), benötigen Fremdsprachenutzer effiziente
Hilfsmittel im Bereich des gebundenen Sprachgebrauchs. Der Übersetzer verfügt über
eine hoch entwickelte Sprach- und Kulturkompetenz in der Fremdsprache und ist sich bewusst, dass sich die Qualität seiner Übersetzungen nicht optimiert, wenn er endlos erscheinende Kollokationsbestände erlernt. Dieses etwaige Bemühen erweist sich als
zwecklos, denn der gebundene Sprachgebrauch scheint vom Wesen her ein Fass ohne
Boden zu sein. Für Translatoren, Übersetzer ebenso wie Dolmetscher, treten Zielsetzungen des vertieften Spracherwerbs daher zurück. Für sie sind die Verfügbarkeit von Strategien für die Übertragung von Kollokationen in die Fremdsprache sowie dazu geeignete
Hilfsmittel von höchster Bedeutung. Der Übersetzer benötigt ein prozessbezogen einsetzbares Hilfsmittel, das ihm die Verifikation seiner mental tentativ verfügbaren Zweiworteinheiten erlaubt, in dem Kollokationen u.a. in validen, aussagekräftigen, da korpusgestützten Kontexten angezeigt werden.
Einsprachige sowie auch zweisprachige Wörterbücher erweisen sich jedoch gerade
an dieser Stelle als defizitär. Kollokationen sind bisher nur unzureichend in Wörterbüchern verzeichnet. Für den Fremdsprachennutzer notwendige Kombinationen sind oft an
der falschen Stelle im Wörterbuch gelistet, bzw. häufig gar nicht im Nachschlagewerk zu
finden (vgl. Bahns 1996; Butina-Koller 2005: Kapitel 2; Kornelius 1995a; Steinbügel
2005: Kapitel II). Kollokationen sind im Wörterbuch nämlich nur von Nutzen, wenn Sie
unter der Basis aufgeführt werden. Einträge unter dem Kollokator können nur bestehende
Vermutungen bestätigen.
An spezialisierten Fachwörterbüchern des Englischen sind nur das BBI zu nennen
(das später in Deutschland unter dem Namen Student's Dictionary of Collocations veröffentlich wurde) und das Oxford Collocations Dictionary for Students of English. Beide
haben den Nachteil, dass sie nur im Print-Format vorliegen und sich somit nicht gut in
den Workflow eines professionellen Übersetzers einbinden lassen. Dieser arbeitet mittlerweile fast ausschließlich am Rechner und mit elektronischen Hilfsmitteln.
In den letzten Jahren wurden verschiedenste Konzepte für ein elektronisches Hilfsmittel im Bereich des gebundenen Sprachgebrauchs entwickelt. Die Wissenschaftsgeschichte der übersetzungsbezogenen Kollokationsforschung ist reich an theoretischen
Entwürfen für textproduktionsbezogene Lexika für Übersetzer, sei es in Print- oder digitaler Form. Vorschläge für ein elektronisches Kollokationswörterbuch unterbreiteten unter anderen Joachim Kornelius (1995b) und Günter Jehle (2007). Letzterer entwickelte
im Rahmen einer an der Universität München entstandenen Habilitationsschrift ein theoretisches Konzept für ein idealtypisches Kollokationswörterbuch auf DVD. Anja Holderbaum legte 2003 einen Prototyp für eine zweisprachige, web-basierte Kollokationsdatenbank vor und Erik Angelone präsentierte Anfang 2007 E-COR – Electronic Collocation
Organization and Retrieval, ein Softwaremodell, das Strategien zur Kollokationsfindung,
-überprüfung und -speicherung umfasst. All diese Konzepte verfügen über gewisse Vorteile und Schwachpunkte, die an dieser Stelle nicht weiter erläutert werden sollen. Ihnen
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gemein ist jedoch, dass es sich – mit Ausnahme der Kollokationsdatenbank von Holderbaum – um Modelle handelt, die bisher nicht in die Praxis umgesetzt wurden.2 Die Fachwelt ist sich der Notwendigkeit von effizienten Hilfsmitteln im Bereich der Kollokationen also durchaus bewusst und es mangelt nicht an Ideen für eine optimale Umsetzung.
Bisher scheiterten die Projekte jedoch am letzten Schritt: der Verwirklichung.
Mit dem COLLOCATION│ANALYZER wurde nun eine Software entwickelt, die dem
Engpass an elektronischen Hilfsmitteln im Bereich des gebundenen Sprachgebrauchs Abhilfe verschaffen soll. Es handelt sich dabei um eine höchst leistungsfähige, relationale
Kollokationsdatenbank mit umfassenden Abfrage- und Analysefunktionen, die den
Fremdsprachennutzer dabei unterstützen soll, Kollokationen erstmalig zu finden, tentativ
verfügbare Kollokationspartner zu verifizieren und komparative Darstellungen des Kollokationspotentials selektierbarer Basen zu erhalten.
Der COLLOCATION│ANALYZER beinhaltet aktuell Kollokationen zu vier ausgewählten englischen Wortfeldern, die sich jeweils aus zwölf Nomina zusammensetzen.
Diese Wortfelder wurden mithilfe unterschiedlicher einsprachiger (Synonym-) Wörterbücher und Thesauri erstellt und präsentieren sich folgendermaßen:
1) Love
admiration, adoration, affection, ardor, devotion, fervor, fondness, infatuation, love, passion, rapture, tenderness
2) Result
conclusion, consequence, corollary, effect, implication, outcome, outgrowth, ramification, repercussion, result, score, upshot
3) Trouble
complication, difficulty, dilemma, distress, hardship, hindrance, obstacle, plight, predicament, problem, quandary, trouble
4) Work
assignment, career, employment, job, livelihood, occupation, position, post, profession,
task, vocation, work
Abbildung 1: Im COLLOCATION│ANALYZER verfügbare Wortfelder
Der Großteil der Kollokationen, die aktuell im COLLOCATION│ANALYZER abrufbar
sind, stammen aus einem umfangreichen Textkorpus, das ein komplettes Jahr an Berichterstattung einer überregionalen amerikanischen Zeitung abdeckt. Das Korpus umfasst
alle Artikel, die zwischen dem 1. März 2006 und dem 28. Februar 2007 in der OnlineAusgabe der renommierten Washington Post erschienen sind (http://www.washingtonpost.
com/). Die Artikel wurden täglich aus dem Internet heruntergeladen und in eine offline
verfügbare und durchsuchbare Software-Lösung überführt. Das so erstellte Korpus bein-
2
Holderbaums zweisprachige Kollokationsdatenbank wurde zwar implementiert und ist über
http://www.lighthouse-unlimited.de/kollokationen/ im Internet verfügbar, die Datenbank ist bisher jedoch (mit Ausnahme von einigen Beispieleinträgen) nicht befüllt und daher nur bedingt
einsetzbar.
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haltet 68.122 Zeitungsartikel mit insgesamt 37.642.155 Wörtern. Der Aufbau des Korpus
wurde an die Gliederung der Washington Post in neun verschiedene Zeitungsrubriken
(Genres) angelehnt (A Section, Editorial, Financial, Health Tab, Metro, Sports, Style,
Weekend, Weekly Virginia). Das Korpus wurde in differenzierter Art und Weise strukturiert und dokumentiert, die es ermöglicht, Auskunft über Größe und Zusammensetzung
eines jeden Teilbereiches des Korpus (Rubrik, Zeitraum) zu geben.
Die Kollokationen der 48 Basen wurden nun aus dem Textkorpus extrahiert und mitsamt ihrer Kontextinformationen (gesamter Satz, in dem die Wortverbindung vorkam;
Monat und Rubrik des Auftretens der Kollokation) in eine Microsoft Excel-Datenbank
überführt. Da es nach wie vor keine Kriterien zur eindeutigen Abgrenzung von Kollokationen und freien Verbindungen gibt (sogenannte Ko-Kreationen in der Terminologie
Hausmanns [1984: 399]), wurden auch freie Verbindungen mit in die Datenbank aufgenommen. Dem Fremdsprachennutzer sind solch definitorischen Einteilungen ohnehin
von geringem Nutzen in seinen Selektionsentscheidungen, da er ausschließlich um eine
korrekte und idiomatische Ausdrucksweise bemüht ist.
Gegenstand der Elizitierung ist also der gesamte lexematische Bestand von vier repräsentativen Wortfeldern des Englischen unter den Archilexemen love, result, trouble
und work, die Ortung ihrer Kontexte, die Extraktion der Lexeme in ihren Kontexten und
in ihrem gesamten Kollokationsbestand einschließlich einer Überführung in eine Datenbank. Zusätzlich zu den Wortverbindungen aus der Washington Post wurden alle Kollokationen in die Datenbank übernommen, die in den beiden führenden Kollokationswörterbüchern des Englischen, nämlich dem Student's Dictionary of Collocations und
dem Oxford Collocations Dictionary for Students of English aufgeführt sind.
Der COLLOCATION│ANALYZER selbst besteht aus einer VBA-Oberfläche3 für die
erwähnte Excel-Datenbank, mit deren Hilfe sich alle Inhalte der Datenbank komfortabel
abfragen lassen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Bereitstellung von Optionen der Produktion und der Verifikation von kombinatorischen Sprachdaten. Um das
Programm in seinem vollen Funktionsumfang einsetzen zu können, benötigt der Nutzer
lediglich Microsoft Excel. Weitere Soft- oder Hardwareanforderungen gibt es nicht.
Der COLLOCATION│ANALYZER ist in fünf unterschiedliche Registerkarten unterteilt, auf denen die verschiedenen Abfragemöglichkeiten und Einstellungen thematisch
getrennt verfügbar sind. Die erste Registerkarte mit dem Titel 'Start' gibt einen systematischen Überblick über die Funktionen des Programms und ist mit den anderen Registerkarten verlinkt. Die Registerkarten zwei ('Collocation Finder'), drei ('Collocation
Comparison') und vier ('Cluster Comparison') beinhalten die einzelnen Funktionen zum
Suchen, Verifizieren und Vergleichen von Kollokationen. Die Registerkarte fünf ('Sources') erlaubt es, die Quellen der Kollokationen zu bestimmen. Im Folgenden sollen nun
die fünf Registerkarten und die darin verfügbaren Funktionen erläutert werden.
3
VBA steht für Visual Basic for Applications und ist eine Skriptsprache, die zum Automatisieren
wiederkehrender Aufgaben und Abfragen innerhalb der Microsoft Office-Programme verfügbar
ist.
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Die Registerkarte 'Start'
Die Start-Oberfläche des COLLOCATION│ANALYZER (siehe Abbildung 2) wird automatisch angezeigt, wenn die Excel-Datei geöffnet wird und Makros aktiviert sind. Im
oberen Feld, neben dem Programm-Logo im Scrabble-Design wird in wenigen Sätzen
erläutert, wozu das Programm verwendet werden kann: zum Suchen, Verifizieren und
Vergleichen von Kollokationen. In den vier linksbündig angeordneten Feldern werden in
kurzen und verständlichen Worten die Funktionen innerhalb der anderen vier Registerkarten beschrieben. Rechts neben jedem Feld befindet sich jeweils eine Schaltfläche,
über die direkt auf die entsprechende Registerkarte zugegriffen werden kann. Alternativ
kann der Nutzer einfach auf die Registerkarten am oberen Bildschirmrand klicken.
Abbildung 2: Registerkarte 'Start' im COLLOCATION│ANALYZER
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Die Registerkarte 'Collocation Finder'
Die Registerkarte 'Collocation Finder' (siehe Abbildung 3) ist das Kernstück des Programms. Um nach Kollokationen zu suchen, wählt man in den Pull-down-Menüs im oberen
linken Bereich der Software-Oberfläche ein Wortfeld und eine Basis und klickt auf 'Find'.
Daraufhin erhält man im mittleren Anzeigebereich eine Liste mit allen Kollokatoren, die
passend zu dieser Basis in der Datenbank vorhanden sind. Wird im oberen der zwei Pull-down-Menüs eines der vier Felder ('love', 'result', 'trouble' oder 'work') gewählt, lässt sich
im unteren Feld eine Auswahl aus den zwölf dazu gehörigen Basen treffen. Wird das obere
Feld zur Wortfeld-Auswahl frei gelassen, beziehen sich die Ergebnisse auf alle 48 Basen
und der komplette Inhalt der Datenbank wird angezeigt. Wählt man nur ein Wortfeld aus,
aber keine Basis, werden alle zwölf Basen des gewählten Wortfeldes in Betracht gezogen.
Abbildung 3: Registerkarte 'Collocation Finder' im COLLOCATION│ANALYZER
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Mit den Checkboxen im oberen rechten Bereich der Software-Oberfläche kann man die
angezeigten Kollokationen auf bestimmte Typen beschränken. Die zur Verfügung stehenden Kollokationstypen wurden an Hausmanns Typologie angelehnt und um die Typen 'constructions' und 'determiners' erweitert. Hintergrund dieser Erweiterung ist, dass
Fremdsprachennutzer für einen korrekten Sprachgebrauch neben den syntaktisch-semantischen Kollokationstypen nach Hausmann auch Konstruktionen (so genannte 'grammatische Kollokationen') benötigen. Diese umfassen z.B. Präpositionalanschlüsse und andere
Wendungen. Obwohl 'determiners'4 sich wohl eindeutig unter den freien Verbindungen
verbuchen lassen, wurde beschlossen, diese auch mit in die Datenbank aufzunehmen, da
auch solche Kombinationen für den fremdsprachlichen Textproduzenten von Nutzen
sind. Die Checkbox für 'determiners' ist jedoch standardmäßig nicht aktiviert.
Nachdem die entsprechende Auswahl im oberen Bereich der Software-Oberfläche getroffen wurde, generiert ein Klick auf die Schaltfläche 'Find' eine Liste mit allen Kollokatoren, die in der Datenbank vorhanden sind und den gewählten Kriterien (Wortfeld,
Basis, Kollokationstyp) entsprechen. Im Beispiel in Abbildung 3 werden im mittleren
Anzeigebereich alle Kollokationen aufgeführt, die zur Basis 'effect' im Wortfeld 'RESULT' verfügbar sind und die gleichzeitig einer der sechs Hausmannschen Kollokationstypen oder dem Typus 'constructions' zuzuordnen sind. Insgesamt wurden 347 verschiedene Kombinationen gefunden, die diesen Kriterien entsprechen. Die Kollokation
selbst wird in einer Grundform aufgeführt, in der die Basis durch eine Tilde ersetzt wurde. Neben dem Wortfeld und der Basis, der so reduzierten Kollokation und der Typzugehörigkeit wird auch die Frequenz der Kollokation angezeigt. Die Zahl unter der Überschrift 'Frequency' gibt an, wie häufig die entsprechende Kollokation in der Datenbank
verzeichnet ist. Obwohl die Frequenz allein keinen Aufschluss über die Affinität der Kollokationspartner gibt (man denke an die Kollokation schütteres Haar, die sehr selten,
aber doch im höchsten Maße signifikant ist), so kann sie bei den Selektionsentscheidungen des Fremdsprachennutzers doch Anhaltspunkte liefern.
Die bisherigen Ausführungen bezogen sich allein auf das erstmalige Aufspüren, das heißt
das Finden von Kollokationen. Auf der Registerkarte 'Collocation Finder' im COLLOCATION│ANALYZER gibt es jedoch auch die Möglichkeit, tentativ verfügbare Kollokationen über das Feld 'Keyword' zu überprüfen. Dazu gibt man einfach den Kollokator in
das 'Keyword'-Feld ein und klickt auf 'Find'. Ist die Kollokation in der Datenbank vorhanden, wird sie wieder im mittleren Bereich angezeigt; im gegensätzlichen Fall erhält
der Nutzer eine Fehlermeldung.
Wenn bei der 'Keyword'-Suche oben kein Wortfeld und / oder keine Basis spezifiziert wird, bezieht sich die 'Keyword'-Suche auch hier auf die komplette Datenbank. Bei
einer Suche nach dem tentativ verfügbaren Kollokator 'serious' im Wortfeld 'trouble'
werden z.B. folgende Kollokationen angezeigt: serious complication, serious difficulty,
serious dilemma, serious hardship, serious hindrance, serious obstacle, serious problem
4
Wörter wie 'all', 'another', 'any', 'each', 'enough', 'every', 'few', 'many', 'more (of)', 'much', 'other',
'some', 'such', 'an amount of', 'a bit (of)', 'a lot of', 'kind of', 'sort of', etc.
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und serious trouble. Wird kein Wortfeld im Pull-down-Menü ausgewählt, werden auch
Kollokationen der anderen Wortfelder gezeigt, in der der Kollokator (das heißt das 'Keyword') 'serious' auftaucht, so z.B. serious consequence, serious effect oder auch serious
adoration oder serious work.
Mit der Checkbox 'exact match' neben dem 'Keyword'-Feld kann festgelegt werden,
ob das eingegebene (Such-)Wort exakt dem Eintrag in der Datenbank entsprechen muss.
Entfernt man das Häkchen, würde auch die Eingabe der Buchstabenfolge 'seri' zu dem
beschriebenen Ergebnis führen. Kombinationen wie a series of complications würden jedoch auch angezeigt. Bei der beschriebenen Verifikation von Kollokationen über das
'Keyword'-Feld kann der Kollokationstyp mittels der Checkboxen im oberen rechten Bereich der Benutzeroberfläche natürlich ebenso festgelegt bzw. beschränkt werden wie bei
der einfachen Kollokationssuche.
Des Weiteren beinhaltet die Registerkarte 'Collocation Finder' ein Feld mit der Überschrift 'Advanced options'. Hier kann festgelegt werden, wie häufig die Kollokationen,
die im mittleren Bereich angezeigt werden, mindestens im Korpus vorkommen müssen,
um angezeigt zu werden. Die Suchergebnisse der ersten Abfrage können so weiter beschränkt werden. Wenn eine höhere Mindestfrequenz gewählt wird, ist es ggf. möglich,
ungewöhnliche Kollokationen auszugrenzen, da diese gar nicht erst aufgeführt werden.
Der COLLOCATION│ANALYZER verfügt außerdem über verschiedene Sortiermöglichkeiten. Die Schaltfläche 'Sort results' erlaubt es, die angezeigten Kollokationen nach diversen
Kriterien sortieren lassen. So kann man z.B. die Kollokationen, die am häufigsten im Korpus vorkommen, ganz nach oben in die Liste stellen lassen und so die standardmäßig alphabetische Sortierung auflösen. Es lassen sich auch mehrere Sortiervorgänge miteinander verbinden.
Abbildung 4: Sortiermöglichkeiten im COLLOCATION│ANALYZER
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Über die Schaltfläche 'Excel export' lassen sich die angezeigten Kollokationen in Excel
exportieren und von dort aus weiterverarbeiten.
Ein bedeutender Vorteil des COLLOCATION│ANALYZER ist, dass jede Kollokation in
Ihrem natürlichen Kontext angezeigt werden kann. Wird eine Kollokation aus dem
'Search Results'-Feld in der Mitte auswählt und auf die Schaltfläche 'Show examples for
selected collocation' geklickt, werden im unteren Anzeigebereich Kontextbeispiele nebst
deren Quellenangabe angezeigt. Zur besseren Lesbarkeit sind die jeweiligen Basen typographisch hervorgehoben. Ein Doppelklick auf die entsprechende Kollokation führt
ebenso zur gewünschten Anzeige.
Wie bereits erwähnt, stammt der Großteil der Kollokationen und folglich auch der
Großteil der Kontextbeispiele aus der angesehenen amerikanischen Zeitung The Washington Post. Die Artikel dieser Zeitung wurden demnach von Native Speakers verfasst, die in
der Regel über eine große sprachliche Kompetenz verfügen. Im COLLOCATION│
ANALYZER wird im unteren Anzeigebereich über dem Beispielsatz die Quelle der Kollokation angegeben. Bei Kollokationen aus der Washington Post wird außerdem angezeigt, in welcher Rubrik und in welchem Monat der Satz erschienen ist. Bei Kollokationen aus einem der beiden Kollokationswörterbücher werden die Informationen gegeben,
die das Wörterbuch über die Wortverbindung zusätzlich zur Kollokation selbst enthält.
Diese beschränken sich meist auf eine Monosemierung, wobei in einigen wenigen Fällen
auch Beispielsätze geliefert werden.
Die Kontextbeispiele aus dem unteren Anzeigebereich lassen sich über ein einfaches
Copy & Paste in andere Anwendungen überführen, um sie dort weiterzuverarbeiten.
Das anerkannte einsprachige amerikanische Online-Nachschlagewerk Merriam-Webster
Dictionary and Thesaurus ist nahtlos in den COLLOCATION│ANALYZER integriert, um
die Bedeutung unbekannter Wörter direkt online zu ermitteln.
Abbildung 5: Pop-up zum Merriam-Webster Dictionary and Thesaurus
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Um dieses bewährte Wörterbuch zu nutzen, kann ein beliebiges Wort im unteren Anzeigebereich mit den Beispielen markiert (vgl. Abbildung 3) und auf die Schaltfläche 'Merriam-Webster Online' in der unteren rechten Ecke der Benutzeroberfläche geklickt werden. Daraufhin öffnet sich automatisch ein Pop-up-Fenster zum Merriam-Webster, in das
das markierte Wort direkt übernommen wird. Natürlich ist es an dieser Stelle auch möglich, andere Wörter in das Pop-up-Feld einzutragen bzw. die Merriam-Webster-Schaltfläche zu verwenden, ohne vorher ein Wort in den Kontextbeispielen markiert zu haben.
In diesem Fall wird das Suchwort per Hand eingetragen.
In dem Pop-up-Fenster kann nun noch spezifiziert werden, ob das gewünschte Wort im
'Dictionary' oder im 'Thesaurus' nachgeschlagen werden soll. Ein Klick auf 'Search' führt
schließlich dazu, dass die Website mit der entsprechenden Suchanfrage direkt im Standardbrowser geöffnet wird.
Abbildung 6: Suchanfrage im Merriam-Webster Dictionary
Theoretisch ist die Integration weiterer Online-Referenzwerke problemlos möglich.
Eine weitere Funktion, die im COLLOCATION│ANALYZER verfügbar ist, bisher aber noch
nicht erläutert wurde, ist die Schaltfläche 'Show dendrogram'. Ein Dendrogramm (griech.
δένδρον [dendron] = Baum) ist ein Baumdiagramm, das zur Visualisierung der Ergebnisse
einer hierarchisch-agglomerativen Clusteranalyse dient. In einem Dendrogramm werden
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Objekte nach Ähnlichkeit ihrer Merkmalsausprägung zu Clustern gruppiert. Über die
Schaltfläche 'Show dendrogram' können die Dendrogramme der vier Wortfelder aufgerufen
werden. Jedes Dendrogramm zeigt die zwölf nominalen Basen eines Wortfeldes.
Um die Dendrogramme zu erstellen bzw. eine Clusteranalyse durchführen zu können,
wurden 330 amerikanische Muttersprachler gebeten, die Mitglieder der Wortfelder nach
ihrer Bedeutungsähnlichkeit zu sortieren. Je mehr Muttersprachler zwei Wörter ein und derselben Gruppe zuordneten, desto größer ist die semantische Verwandtheit dieser Wörter.
Abbildung 7: Dendrogramm des Wortfeldes 'WORK'
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Auf der Basis von Sortierverfahren gelingt es so, mittels der agglomerativen Clusteranalyse Bedeutungsstrukturen in Wortfeldern herzuleiten, die sich nicht auf zuvor (meist
introspektiven) Bedeutungsbeschreibungen der einzelnen Wortfeldelemente gründen.5
Im Dendrogramm äußert sich diese semantische Nähe derart, dass diese umso größer ist,
je näher zwei Wörter im Baum zueinander liegen. Gemessen wird immer die kürzeste
Verbindung zwischen zwei Wörtern. Je kürzer diese Verbindung ist, desto bedeutungsähnlicher sind zwei Wörter.
Abbildung 7 zeigt das Dendrogramm des Wortfeldes 'WORK'. Wie zu sehen ist, liegen
die beiden Wörter 'task' und 'assignment' auf demselben Ast. Die kurze Verbindung zwischen den beiden Basen lässt auf eine hohe Bedeutungsähnlichkeit schließen. Die große
Mehrheit der befragten Muttersprachler war scheinbar der Meinung, dass diese zwei Einheiten der Sprache fast synonym verwendet werden können. Laut der Muttersprachler
haben eben diese beiden Wörter auch geringere semantische Überschneidungen mit den
übrigen zehn Wörtern des Feldes.
Die Dendrogramme dokumentieren also die semantischen Ähnlichkeiten der Elemente eines Wortfeldes und stellen, in den COLLOCATION│ANALYZER integriert, paradigmatische Selektionsentscheidungen des Übersetzers auf eine empirische Basis. Neben
den Dendrogrammen der vier Wortfelder enthält der COLLOCATION│ANALYZER
selbstverständlich auch Informationen, wie sie zu interpretieren sind.
Die Registerkarte 'Collocation Comparison'
Die nächste Registerkarte im COLLOCATION│ANALYZER trägt den Titel 'Collocation
Comparison' und ihre Hauptfunktion ist es, das Kollokationspotential mehrerer Basen
miteinander zu vergleichen. Zu diesem Zweck wählt man in den Pull-down-Menüs im
oberen linken Bereich der Benutzeroberfläche ein Wortfeld und bis zu drei Basen aus
und klickt auf die Schaltfläche 'Compare'. Daraufhin wird im mittleren Anzeigebereich
aufgeführt, welche Kollokatoren mit den drei Basen kombiniert werden können.
5
Die Auswertung der Sortiervorgänge nach dem Kriterium der Bedeutungsähnlichkeit greift methodisch das Verfahren von D. Goeke / J. Kornelius Wortfelder aus bemessenen Ordnungen von
1984 wieder auf.
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Abbildung 8: Registerkarte 'Collocation Comparison'
im COLLOCATION│ANALYZER
Für jede der gewählten Basen wird im mittleren Anzeigebereich eine Spalte geschaffen.
Die darunter stehende Zahl gibt an, wie häufig die entsprechende Kollokation in den Datenquellen gefunden wurde. In der Spalte 'Frequency' werden all diese Zahlen addiert. Im
Beispiel in Abbildung 8 kann man sehen, dass die Kollokation full-time job insgesamt
neun Mal in der Datenbank verzeichnet ist, die Kollokation full-time work zwei Mal und
die Verbindung full-time occupation ein Mal. Insgesamt ergibt das eine 'Frequency' von
zwölf (9 + 2 + 1).
In der Spalte 'Match' wird zusammengefasst, mit wie vielen der gewählten Basen sich
der Kollokator kombinieren lässt. Im Fall des Adjektivs full-time im gezeigten Beispiel
beträgt der 'Match' drei (job, work, occupation). Glorious (weiter unten im Anzeigebe-
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reich) dagegen lässt sich laut der Korpusdaten nur mit zwei der drei gewählten Basen
kombinieren (glorious job und glorious work). Der Wert in der Spalte 'Match' ist daher
zwei.
Die 'Advanced options' in der Registerkarte 'Collocation Comparison' erlauben wiederum, die Ergebnisse zu filtern. So ist es möglich, sich nur Kollokationen anzeigen zu lassen, die mit einer gewissen Mindestfrequenz im Korpus vorkamen. Oder es können nur
Kollokationen angezeigt werden, die mit einer bestimmten Anzahl von Basen kombiniert
werden können (Match = 1, 2 oder 3).
Der Rest der Funktionen entspricht denen der Registerkarte 'Collocation Finder': Mittels
der Checkboxen im oberen rechten Bereich der Benutzeroberfläche kann die Suche auf
bestimmte Kollokationstypen beschränkt werden. Die Ergebnisse können nach unterschiedlichsten Kriterien sortiert werden und in Excel exportiert werden. Zu allen vier
Wortfeldern sind Dendrogramme verfügbar, die es ermöglichen die Ergebnisse der Suche
oder des Vergleiches in Relation zur semantischen Nähe der Wörter zu stellen. Im unteren Anzeigebereich werden wiederum Kontextbeispiele aus der Washington Post und den
beiden Kollokationswörterbüchern gezeigt. Außerdem besteht auch hier die zuvor erläuterte direkte Verknüpfung zum Merriam-Webster Dictionary and Thesaurus im Internet.
Die Registerkarte 'Cluster Comparison'
Die Registerkarte 'Cluster Comparison' im COLLOCATION│ANALYZER (siehe
Abbildung 9) hat keine direkte Hilfsmittelfunktion für Übersetzer. Hier wird der Fragestellung nachgegangen, ob bedeutungsähnliche Basen einen ähnlichen Kollokationsradius haben, das heißt ob ausgeprägte semantische Nahverhältnisse der Basen auf der
paradigmatischen Auswahlachse mit einem gemeinsamen Kollokationsspektrum auf syntagmatischer Ebene einhergehen. Wäre dies der Fall, könnte der Fremdsprachenproduzent von einer ihm bekannten Kollokation auf den korrekten Gebrauch desselben Kollokators mit einer bedeutungsähnlichen Basis schließen. Selektionsentscheidungen würden
erheblich erleichtert.
Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, wählt man aus dem Pull-down-Menü ein
Wortfeld aus und die Software generiert eine Kreuztabelle, die aus zwei Feldern für jede
Kombination von zwei Basen besteht. Diese Felder beinhalten zwei Werte: Der Wert im
oberen rechten Feld greift die Daten aus den Dendrogrammen auf und spiegelt somit die
semantische Nähe der beiden Basen wider. Der Wert im unteren linken Feld hingegen
gibt an, welcher Prozentsatz an Kollokationen mit beiden Basen kombiniert werden kann.
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Abbildung 9: Registerkarte 'Cluster Comparison' im COLLOCATION│ANALYZER
Die zehn höchsten Werte (Top 10) werden automatisch grün dargestellt, die zehn niedrigsten Werte (Bottom 10) werden rot markiert. Dazu ist zu sagen, dass eine hohe Prozentzahl auf eine große Anzahl an Kollokatoren hinweist, die mit beiden Basen kombiniert werden können. Was die Dendrogrammwerte betrifft, so ist es der umgekehrte
Fall: Niedrige Werte weisen auf eine hohe semantische Ähnlichkeit hin und hohe Werte
lassen auf eine geringere semantische Ähnlichkeit schließen. Die zehn höchsten Prozentzahlen und die zehn kleinsten Dendrogrammwerte werden somit grün dargestellt und die
zehn niedrigsten Prozente und die zehn höchsten Dendrogrammwerte rot.
Sind zwei benachbarte Felder in der Kreuztabelle grün, bedeutet dies somit, dass die
zwei Basen laut Dendrogramm sehr bedeutungsnah sind und auch "viele" Kollokatoren
gemeinsam haben. Sind beide Felder rot, heißt das im Gegenzug, dass die Wörter keine
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große semantische Ähnlichkeit aufweisen und auch nicht viele Kollokatoren gemeinsam
haben. Problematisch wird es bei Mischformen (rot – grün / grün – rot) wie z.B. bei
'work' und 'assignment' in der gezeigten Bildschirmabnahme. Dies bedeutet, dass die beiden Wörter laut Dendrogramm nicht viele semantische Merkmale gemeinsam haben,
obwohl "viele" der Kollokatoren laut Korpus mit beiden Basen verwendet werden können. Das Attribut "viel" bzw. die Färbung ist jedoch kritisch zu betrachten. Sie deutet nur
auf die Top bzw. Bottom 10-Werte hin. Der Prozentsatz gemeinsamer Kollokationen von
'work' und 'assignment' liegt bei 9,1% – was in Wirklichkeit nicht "viel" ist.
Der Registerkarte 'Cluster Comparison' kann man also entnehmen, wie groß die Überschneidungen im Kollokationsradius zweier Basen sind. Die Werte aus den Dendrogrammen setzten die Prozentzahlen in Relation zur semantischen Nähe der zwei Basen.
Aus den Zahlen und Färbungen lässt sich klar ableiten, dass der Übersetzer nicht von einer Bedeutungsähnlichkeit zweier Basen auf einen ähnlichen Kollokationsradius schließen kann. Der lexematische Bestand eines Wortfeldes korreliert nicht mit einem lexematischen Bestand an Kollokationen. Messbar ähnliche Lexeme, die als Zweiercluster frühzeitig in das Dendrogramm eintreten, haben keine korrespondierenden Kollokatoren. In
einzelnen Fällen sind Kollokatoren mit mehreren Basen, also mehreren Elementen eines
Wortfeldes kombinierbar, und ihre semantische Nähe zu einem Wortfeld im Vergleich zu
den Elementen eines anderen Wortfeldes ist messbar. Dennoch gilt, dass mit den Wortfeldern den Übersetzern keine korrespondierenden Kollokationsfelder zur Verfügung
stehen; es kommt lediglich zu Überlappungen. Eine translatorische Strategie des Rückgriffs auf Kollokatoren benachbarter Bestandteile des gleichen Wortfeldes steht damit
nicht zur Verfügung.
Eine Beschränkung auf bestimmte Kollokationstypen über die Checkboxen im oberen
rechten Bereich der Benutzeroberfläche und ein Excel-Export sind natürlich auch in dieser Registerkarte möglich.
Die Registerkarte 'Sources'
Auf der Registerkarte 'Sources' (siehe Abbildung 10) wird festgelegt, welche Datenquellen für die Abfragen auf den Registerkarten 'Collocation Finder', 'Collocation Comparison' und 'Cluster Comparison' verwendet werden sollen. Zur Auswahl stehen die Washington Post, das Oxford Collocations Dictionary for Students of English und das Student's Dictionary of Collocations.
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Abbildung 10: Registerkarte 'Sources' im COLLOCATION│ANALYZER
Das Washington Post-Korpus besteht, wie bereits erwähnt, aus allen Artikeln, die zwischen dem 1. März 2006 und dem 28. Februar 2007 in der Online-Ausgabe der Zeitung
erschienen sind. Es beinhaltet insgesamt über 37 Millionen Wörter. Der COLLOCATION│ANALYZER greift jedoch nicht direkt auf dieses Korpus zu, sondern auf die Kollokationsdaten, die zu diesem Zweck aus dem Korpus elizitiert und in die Excel-Datenbank
überführt wurden. Je nach Frequenz der Basis innerhalb des Korpus wurde die gesamte
Textsammlung oder nur Teile davon auf ihre Kollokation hin untersucht. Falls nicht das
gesamte Korpus untersucht wurde, dann wurde jedoch ein solch großer Teilbereich betrachtet, dass mindestens einhundert verschiedene Kombinationen elizitiert werden konnten.
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Auf der Registerkarte 'Sources' kann der Nutzer nun festlegen, ob er auf alle Kollokationen aus der Washington Post zugreifen möchte, die in der Excel-Datenbank verfügbar sind, oder ob er die Ergebnisse auf einen bestimmten Zeitraum und / oder eine
oder mehrere Zeitungsrubriken beschränken will.
Was die Kollokationswörterbücher betrifft, so ist zu sagen, dass das Oxford Collocations Dictionary for Students of English laut Klappentext 150.000 Kollokationen von
9.000 Substantiven, Verben und Adjektiven sowie über 50.000 Beispiele für Kollokationen im Kontext enthält. Das Student's Dictionary of Collocations umfasst hingegen laut
Verlagsangaben 18.000 Haupteinträge und 90.000 Kollokationen. Im COLLOCATION│
ANALYZER sind alle Kollokationen verfügbar, die in diesen beiden Wörterbüchern für
die 48 Basen enthalten sind.
Auf der Registerkarte 'Sources' lässt sich nun durch Setzen der entsprechenden Häkchen genau festlegen, aus welcher Quelle die Daten gezeigt werden sollen. Diese Quellen
können einzeln abgefragt oder kombiniert werden. Die Auswahl auf dieser Registerkarte
wirkt sich direkt auf die Ergebnisse der drei anderen Registerkarten aus.
Wie gezeigt wurde, ist der COLLOCATION│ANALYZER als elektronisches Kollokationswörterbuch in Kenntnis der Bedingungen und Anforderungen der Übersetzungssituation und des Übersetzungsprozesses angelegt. Er bildet das Erwartungsprofil praxiserfahrener Übersetzer ab und erlaubt neben vielfältigen anderen Formen der Nutzung die
korpusbasierte Verifikation regelhafter paradigmatischer wie syntagmatischer Auswahlhandlungen im Workflow des Übersetzens. Die differenzierten Suchoptionen der Software-Oberfläche sind derart gestaltet, dass sie die praxisgeleiteten Suchanliegen von
Übersetzern antizipieren.
Mit dem COLLOCATION│ANALYZER wird die Dichotomie von dekodierend vs.
enkodierend angelegten Printwörterbüchern überwunden, denn die Retrieval-Optionen
erlauben sowohl Einwortsuchen nach einem Kollokator, nach Affinitätspartnern zu einer
gegebenen Basis im Kontext eines semantischen Feldes oder zu einem gegebenen Kollokator, als auch die Verifikationen von tentativ verfügbaren Zweiworteinheiten als Ganzes
und in ihren natürlichen Kontexten. Neben den Kollokationen aus dem umfangreichen
Washington Post-Korpus sind die Kollokationen der beiden bedeutendsten Kollokationswörterbücher ebenfalls über den COLLOCATION│ANALYZER abrufbar. Überdies
können über die Software direkte Anfragen zum Merriam-Webster Dictionary and Thesaurus Online weitergeleitet werden und so die Bedeutung unbekannter Wörter in den
Beispielsätzen direkt online ermittelt werden. Die Daten können weiter gefiltert angezeigt werden und sind über die Exportfunktion in anderen Anwendungen weiter verwendbar.
Der vorgestellte COLLOCATION│ANALYZER ist als ein elektronisches Nachschlagewerk im Bereich des gebundenen Sprachgebrauchs konzipiert, das Such- und Selektionsprozesse im mentalen Lexikon des Übersetzers unterstützen, beschleunigen und optimieren kann. Bisher umfasst die Software ausschließlich die Kollokationen von vier
Wortfeldern mit insgesamt 48 Basen. Er beinhaltet jedoch insgesamt bereits fast 20.000
Einträge. In Zukunft kann der COLLOCATION│ANALYZER problemlos auf andere zen-
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trale Wortfelder erweitert werden. Verlinkungen zu anderen bewährten Online-Nachschlagewerken sind ebenso mit Leichtigkeit umzusetzen.
Aus dem Wunsch heraus, der defizitären Hilfsmittellage im Bereich des gebundenen
Sprachgebrauchs entgegenzuwirken, wurde mit dem COLLOCATION│ANALYZER ein
völlig funktionsfähiges elektronisches Kollokationswörterbuch geschaffen. Es ist wünschenswert, dass die Entwicklung an diesem Tool fortschreitet und die Hilfsmittellage im
Bereich des gebundenen Sprachgebrauchs somit nachhaltig verbessert wird.
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