Lebendige Tradition

HISTORIE |
Alexandra Gräfin Dohna
Fotos: Alexandra Gräfin Dohna
Sanfter Riese und kerniges Mädchen:
Alexandra Gräfin Dohna und
Kaltbluthengst Amsel 1940 am
Marstall in Schlobitten.
Lebendige Tradition
Schlobitten und Prökelwitz, Namen aus verklungenen Zeiten, die eines der ältesten,
umfangreichsten und qualitätvollsten Privatgestüte der Ostpreußischen Warmblutzucht Trakehner Abstammung beschreiben. Alexandra Gräfin Dohna hat das große
züchterische Erbe ihrer Vorfahren mit neuem Leben erfüllt.
K
aum ein anderes der großen Privatgestüte Ostpreußens hat
NER v. Neander bestimmt. Die 35-köpfige Mutterstutenherde, über-
durch seine Stutenstämme der Trakehner Zucht der Gegen-
wiegend Rappen, prägten somit dieselben Blutströme wie die Her-
wart so wichtige Impulse vermittelt wie die Zucht der Für-
den des Hauptgestüts Trakehnen. Erheblichen Anteil an dem züch-
sten zu Dohna. In Ostpreußen galt sie als die älteste Warmblutzucht
terischen Hochstand des Gestüts hatten die Inspektoren und
und ließ sich auf die Blütezeit des Deutschen Ritterordens zurück-
Gestüter, meist seit Generationen im Dienst der Fürsten-Familie. So
führen. So wurde in Schlobitten das älteste deutsche Stutbuch aus
zeigen 1936 die Worte des Inspektors Feldmann eine besondere Ein-
dem Jahre 1623 gehütet.
stellung zu den ihm anvertrauten Pferden: „Selbstverständlich wird
Die Deckstationen Schlobitten und Prökelwitz beschickte das
mit aller Energie darauf gesehen, dass die Mutterstuten, die restlos
Landgestüt Braunsberg. Berühmte Vererber wie FLÜGEL, TEMPEL-
in den Gespannen mitarbeiten, besonders gut vor und nach dem Ab-
HÜTER und IRRLEHRER, THRONHÜTER und EISPALAST so-
fohlen gefüttert werden und mindestens 14 Tage Ruhe erhalten. Vor
wie POLARSTERN waren hier stationiert. Die letzten Jahre in der
allen Dingen müssen sie nach dem Wiederanspannen unter allen
Heimat wurden züchterisch durch INDRA v. Ararad und ERHABE-
Umständen zum Saugenlassen in den Frühstücks- und Vesperpausen
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Alexandra Gräfin Dohna
Links | Die Dohnasche
Zucht war ihre Passion:
Antoinette Fürstin
zu Dohna.
Rechts | Trakehner
Pferde begleiten das
Leben der Gräfin.
ihren Fohlen wieder zugeführt werden. Bei einigermaßen gutem Wil-
ßischen Flüchtlinge nach Hunnesrück zu bringen. Es würde mich
len lässt sich das selbst in der Hochzeit der Bestellungsarbeiten im-
sehr freuen, wenn durch diese Maßnahme wenigstens ein kleiner
mer durchführen. Arbeit auf den in der Nähe des Hofes gelegenen
Stamm der ostpreußischen Pferdezucht, die in jahrhundertelangen
Schlägen gibt es bei richtiger Disposition und richtigem Nachden-
Bemühungen aufgebaut worden ist, erhalten werden könnte.“ Ge-
ken immer.“
meinsam mit Dr. Martin Heling und Dr. Fritz Schilke konnte er die
In den zwei Jahrzehnten vor der Flucht war es vor allem Antoi-
britische Militärregierung und die Landwirtschaftskammer Hanno-
nette Fürstin zu Dohna, die mit großer Passion und fundiertem Fach-
ver bewegen, im hannoverschen Aufzuchtgestüt Hunnesrück das
wissen über die Dohnasche Zucht wachte. Zahlreiche Anekdoten
Ostpreußengestüt zu begründen, in dem unter 50 aufgenommenen
charakterisieren die Persönlichkeit dieser außergewöhnlichen Pfer-
Flüchtlingsstuten auch fünf Dohnasche Mutterstuten unterkamen.
defrau. So identifizierte sie ohne Mühen jede einzelne der meist abzeichenlosen Rappstuten der Prökelwitzer Herde. Als Ersatz für den
Stolze Bilanz einer kleinen Zucht
als Hauptbeschäler nach Trakehnen versetzten Polarstern wählte sie
Seit mehr als 30 Jahren pflegt Alexandra Gräfin Dohna, die zweit-
in Trakehnens Zweijährigenherde Indra, der zum Hauptvererber der
älteste Tochter des Fürsten, das große züchterische Erbe ihrer Fami-
letzten Jahre werden sollte. Als sie – bereits im Westen, in der fami-
lie – und dies mit durchschlagendem Erfolg. In ihrer Zucht, die nie
lieneigenen Textilreinigung in Lörrach – auf die Schwierigkeit, die
mehr als zwei bis drei Mutterstuten umfasst, erlebte die alte K-Fa-
Kundschaft richtig zuordnen zu können, angesprochen wurde, fand
milie eine neue Blüte. Der weit verzweigte Stutenstamm besitzt hier
sie die lapidare Antwort: „...ach, wenn es doch alles Pferde wären,
einen seiner wertvollsten Zweige. Aus der Boris-Tochter KORBEL-
die kann man an den Gesichtern erkennen!“
LA züchtete sie die Staatsprämien- und Prämienstute KORONA v.
Seeadler, die vor ihrem Verkauf in die USA mit den Vollgeschwistern
Der Treck und ein Neubeginn
KORSAKOW und KORDELIA v. Arogno einen Prämienhengst der
Eine große züchterische Tradition ging am 23.Januar 1945 zu Ende:
Körung 1985 und eine doppelt prämierte Tochter stellte.
➤
In einem generalstabsmäßig geplanten Treck gelang es Alexander
Fürst zu Dohna die Bewohner fast aller Vorwerke und auch die Pfer-
Die S-Klasse vom Krotenbach
de zu retten: „Der Schlobitter und Prökelwitzer Treck war meines
San Krotenbach
ist. Zuletzt bestand er noch aus 330 Personen, 140 Pferden und 38
Wagen. Wir waren neun Wochen getreckt und hatten mit zahlreichen Umwegen etwa 1500 Kilometer zurückgelegt.“
Unter den Gespannpferden befanden sich 31 Mutterstuten, die
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04351/76950
Wissens der größte geschlossene Zug, der nach dem Westen gelangt
das größte geschlossene und gerettete züchterische Potential eines
Privatgestütes darstellten. Bereits wenige Wochen nach der Flucht
setzte der Fürst alle Hebel in Bewegung, um den Fortbestand der
Trakehner Zucht zu sichern. Aus einem Brief an Dr. Heling vom 5.
Oktober 1945: „Es ist daran gedacht, die besten Stuten der ostpreu-
- pferde und meer -
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HISTORIE |
Alexandra Gräfin Dohna
Erfolgreiche Züchterin: die Gräfin mit Kolibri, Kontessina und Koala.
SLP-Siegerin E.St. Kontessina unter Hans-Jürgen Armbrust.
Eine Erfolgsgeschichte besonderer Art schrieb die Auftakt-Toch-
Töchter KOLOMBA v. Michelangelo, KOLUMBINA v. King Ar-
ter KORALIE, die ihr Vater ihr als Absetzer schenkte. Neben dem
thur und KORDONA v. Seeräuber sichern das Erbe ihrer elitären
gekörten Sohn KONDOR v. Lucado, schrieb vor allem ihre Ginster-
Mutter und Großmutter in den USA, England bzw. im Stall ihrer
Tochter KORNUBIA als Elitestute erfolgreiche Zuchtgeschichte.
Züchterin. Drei gekörte Hengste, 11 Staatsprämien- und Prämien-
Sechs mit Staatsprämie und Prämie ausgezeichnete Töchter, darun-
stuten und zwei Elitestuten gingen aus der kleinen Zucht hervor –
ter eine Elitestute, bedeuten eine nahezu einmalige züchterische Bi-
eine wahrhaft fürstliche Bilanz.
Alexandra Gräfin Dohna ist seit Kindes-
Sohn Arogno und Enkel Acajou hatten Pas-
beinen eine begeisterte Reiterin – selbstver-
sereffekt: KOIMBRA v. Acajou siegte in der
ständlich immer auf Pferden eigener Zucht.
Qualifikation für das Bundeschampionat des
Mit Begeisterung berichtet sie von ihren Er-
Deutschen Reitpferdes, KONKORDIA v.
lebnissen im Sattel von Koralie, Kornubia,
Flaneur war Siegerstute der Zentralen Ein-
Kontessina und heute Kordona – vier Gene-
tragung Traventhal, KASTANIE v. Arogno
rationen ihrer Stutenfamilie. Nicht nur aufFoto: Privat
lanz. Die Anpaarungen mit Flaneur, seinem
besitzt als Mutter der Jahressiegerstute KARISSIMA v. Charly Chaplin, ihres bis Grand
Prix erfolgreichen Vollbruders KONRADI
und als Großmutter des imponierenden Prä-
Alexandra Gräfin Dohna im Gespräch
mit Dr. Karl Blobel.
grund ihrer großen züchterischen Erfolge
sondern auch in ihrer entwaffnenden und
gleichzeitig charmanten Offenheit, der Treue
zu ihren Freunden und ihrer frei von Revan-
mienhengstes KASIMIR v. Ivernel einen besonderen Ruf als Verer-
chismus geprägten Liebe zur Heimat zählt die Gräfin zu den großen
berin. KONTESSINA v. Arogno war Siegerin der Stutenleistungs-
Persönlichkeiten innerhalb der Trakehner Züchterschaft. Freunde
prüfung. KOLIBRI v. Pomerol absolvierte eine erstklassige
hat sie in der ganzen Welt, denn ihre 25-jährige berufliche Tätigkeit
Stutenleistungsprüfung in Verden mit Traumnote 10 im Springen.
als Fotografin für einen großen Hamburger Verlag ließ sie die Gro-
Kornubia starb 24-jährig im Jahre 2000. Ihre Nachfolgerin Kontes-
ßen und Berühmten dieser Welt fotografieren. Als Pferdefotografin
sina trägt seit 2005 ebenfalls den Elitetitel: Ihre drei prämierten
ist sie heute eine Meisterin ihres Fachs.
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Schlobitten and Prökelwitz were among the largest privately owned stud farms
involved with East Prussian warmblood horses of Trakehnen origin. They stood
famous stallions and the numerous broodmares carried the same bloodlines as
the Trakehnen herds. The trek started on 23 January 1945 and had been carefully
planned by Count Alexander zu Dohna. 9 weeks later, after approx. 1500 km, 330
humans, 140 horses and 38 waggons reached the West. For more than 30 years
the count´s second eldest daughter, Countess Alexandra Dohna, has maintained
the family´s equine legacy. Breeding 2 to 3 mares from a branch of the important
K-family at a time, she has been exceptionally successful. Being a horse photographer, she is known to the Trakehner community all over the world.