Think!

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Think!
Think!
Das Kundenmagazin von IBM Schweiz
Big Data
Wie machen Daten Sinn?
1/2012
Gespräch mit Jürgen Tinggren, CEO der Schindler Gruppe — Die Stadt der Zukunft wird vor allem in die Höhe wachsen
Eine neue Generation von Computersystemen — Watsons Nachfahren lernen durch Erfahrung, finden Korrelationen und stellen Diagnosen
Die Stadt Zürich fühlt ihren Bewohnern den Puls — Über 3500 Menschen haben sich an der ersten Onlinestadtdebatte beteiligt
Think!
Editorial Februar 2012
Den Loebner-Preis im Visier
SILVER AWARD
SILVER AWARD
1950 stellte der britische Mathematiker Alan Turing im Aufsatz
„Computing Machinery and Intelligence“ die Frage „Can
machines think?“ und beschrieb einen Test, mit dem fest­
gestellt werden kann, ob das „Denkvermögen“ einer Maschine
demjenigen eines Menschen gleichwertig ist. 1991 lobte der
amerikanische Philanthrop Hugh G. Loebner den nach ihm
benannten Loebner­Preis aus: Mit ihm soll der Programmierer
des ersten Computerprogramms ausgezeichnet werden, das
den Turing­Test besteht.
Turings Aufsatz hat unzählige Tüftler beflügelt, „denken­
de“ Maschinen zu erfinden. Die Forscher in den Labors von
IBM sind mit ihrer Arbeit an selbstlernenden Computersystemen
einigen Utopien schon recht nahe gekommen, bleiben aber
realistisch, wenn es zum Vergleich mit der Leistungsfähigkeit
des menschlichen Gehirns kommt. Watson, der Sieger der
„Jeopardy!“­Spielshow von Anfang 2011, ist eine speziell für
diese Rolle konstruierte Maschine, die ihren Mitspielern
bei so gut wie jeder anderen Aufgabe unterliegen würde. Erfah­
rungen aus dem Projekt fliessen aber nun mit Hochdruck in
die Beantwortung von Fragen ein, die für die Menschheit über­
lebenswichtig sind.
Bei vielen dieser Probleme geht es darum, aus ununter­
brochen anfallenden riesigen Datenmengen – Big Data –
Erkenntnisse zu gewinnen, damit Lösungen zu simulieren und
aufgrund der Resultate dieser Experimente oft in Echtzeit
Entscheidungen zu fällen. Mit der Vorhersage, dass Big Data
unsere Zukunft entscheidend prägen wird, steht IBM nicht
alleine da. Beratungsunternehmen verfassen Studien, und
Wirtschafts­ und Technikmedien widmen der Materie grosse
Aufmerksamkeit. In einem Punkt sind sich alle Autoren einig:
Nebst Hard­ und Software braucht es vor allem „Brainware“ –
die findet sich vorderhand noch ausschliesslich in kreativen
Köpfen. Einer davon wird irgendwann den Loebner­Preis
abholen.
Isabelle Welton — Chief Executive Officer, IBM Schweiz
GRAND WINNER
Highlights
IBM in Buchform
Ein QR -Code führt in drei
Schritten zu nützlichen
Informationen im Internet.
So einfach funktionierts:
Den kostenlosen, für
alle Handy-Typen erhältlichen BeeTagg Reader
gratis auf das Smartphone
laden, Code scannen,
Link erhalten.
beetagg.com
Es ist keine klassische Jubiläumsschrift, die IBM zur Feier ihres
100-jährigen Bestehens herausgegeben hat. Das Buch mit dem Titel
„Im Dienst der Welt: Ideen, die ein Jahrhundert und ein Unternehmen prägten“ zeichnet zwar die Geschichte des Unternehmens
nach, seine Botschaft geht aber viel weiter. Aus dem Erfahrungsschatz von IBM gibt es einiges zu lernen, ob es nun darum geht, die
geschichtliche Entwicklung der IT-Technologie zu begreifen, ein
erfolgreiches Unternehmen aufzubauen und langfristig zu erhalten
oder eine bessere Welt zu gestalten. Die Autoren Kevin Maney,
Steve Hamm und Jeffrey M. O’Brien haben zahlreiche Schlüsselfiguren interviewt, einen tiefen Blick in die Archive und in die
Arbeit der Forschungslabore geworfen und erzählen nicht nur von
den Erfolgen, sondern auch von den Fehlschlägen. Die geschilderte
Geschichte handelt von Entdeckungen, Kämpfen, persönlichen
Erkenntnissen und dem nachhaltigen Einfluss auf Technologie,
Geschäftswelt und Gesellschaft. Die Klammer um sämtliche Geschehnisse bildet eine Reihe kraftvoller Ideen, die wichtigsten davon
die Bereitschaft zum steten Wandel und das Bekenntnis zur harten
Arbeit am Fortschritt. Diese Ideen haben die Geschichte des Unternehmens vom Anfang bis heute geprägt, und so wirft das Buch
nicht nur einen Blick in die IBM Vergangenheit, sondern erzählt zugleich, wie eine der grössten Unternehmungen der Welt im
21. Jahrhundert operieren will.
Das Buch ist im Handel erhältlich: ISBN 3-8273-3115-3.
Der QR-Code führt Sie auf die Bestellseite bei books.ch.
Inhalt
Highlights
6
Ein Wettbewerb bringt Mainframes dem Nachwuchs näher
7
Watson soll Ärzte bei der Diagnosestellung unterstützen
Focus
8
Big Data
Geschäftsvorteile erzielt, wem es gelingt, auf der Welle der
Datenflut zu reiten, anstatt darin zu versinken. Denn eine
fortlaufende Analyse der Daten, gefolgt von Simulationen und
Visualisierungen, erlaubt es, klügere Entscheidungen zu treffen.
Think!
Jürgen Tinggren, CEO der Schindler Gruppe, und Isabelle
Welton, CEO von IBM Schweiz, halten fest: Die Schaffung der Stadt
der Zukunft erfordert Innovation, Intelligenz und Fantasie.
16
IBM Research – Zürich
20 Der Computer von morgen lernt aus seinen Erfahrungen
Thought Leadership
24 Die digitale Welt verlangt nach neuen Marketingkonzepten
Cover: iStockphoto, arnold.inhaltundform.com; Foto S. 2: iStockphoto; Foto S. 3: Raphael Zubler; Quelle S. 5: The New York Times
Solutions
26 Die Überwachung des CERN gleicht einer Weltraummission
29 ABN AMRO automatisiert den Zahlungsverkehr
30 SPAR rüstet sich mit neuer IT-Infrastruktur für die Zukunft
32 Die Stadt Zürich führt das erste Onlinebürgerforum durch
35 Das CSEM erhält eine massgeschneiderte IT-Infrastruktur
36 Neues Rechenzentrum im neuen Hochregallager von V-ZUG
IBMer
Hadrian Moraz — Lead Project Executive, Banque Cantonale
Vaudoise
38
Services
39 Infos zu den IBM Veranstaltungen, Impressum und Links
Products & Services
> Das Heft im Heft auf Seite 23
Highlights
Nachwuchstalente für die Mainframes Sie sind gross und schwer und
lange bewährt: die Mainframes, auch Grossrechner genannt. Viele Tech­
nologien, die heute als der letzte Schrei gelten, feierten auf dem Mainframe
ihre Premiere. Neben der traditionellen Mainframe­Technologie sind
„moderne“ Technologien wie Linux und Java seit Jahren Bestandteil der
Mainframes. Immer mehr Hochschulen haben erkannt, dass der Bereich
Enterprise­Computing einen wichtigen Arbeitsmarkt darstellt und deshalb
das Vermitteln der zugehörigen Schlüsseltechnologien, darunter den Um­
gang mit Mainframes, in ihren Lehrplan aufgenommen. Mittlerweile bieten
1067 Schulen in 66 Ländern Lehrveranstaltungen über die IBM Mainframe­
Technologie an. IBM hat mit dem „Master the Mainframe Contest“ einen
Wettbewerb für Studentinnen und Studenten konzipiert, um sie auch ohne
Vorkenntnisse näher mit der Mainframe­Technologie vertraut zu machen.
Im Laufe des Wettbewerbs lernen die Teilnehmenden, eine Reihe von
zunehmend schwieriger werdenden Übungen zu meistern. Dabei winken
neben dem reinen Wissensgewinn Preise wie T­Shirts, Monitore und iPads.
Der Wettbewerb wurde 2011 erstmals in der Schweiz und in Deutschland
durchgeführt – mit Erfolg. Aufgrund der guten Resonanz wird der Wettbe­
werb auf Österreich ausgeweitet, Beginn ist im Frühjahr 2012.
ibm.com/university/systemz
Facebook
Spass an Technik und Naturwissenschaften
Bei der virtuellen Aus­
grabung eines Dinosau­
rierfossils konnten Jung
und Alt ihre Physik­
kenntnisse auffrischen.
In der Schweiz herrscht ein
Mangel an Fachkräften in den
Bereichen der Naturwissen­
schaften und der Technik, dies
macht ein Bericht des Bundes­
rats von 2010 deutlich. Um
dieser Tendenz entgegenzu­
wirken, hat die Zürcher Han­
delskammer die Initiative
„tun“ (Technik und Naturwis­
senschaften) lanciert. Vom
23. September bis 2. Oktober
2011 fand im Rahmen der Züspa
zum ersten Mal die tunZürich
statt. Schulen von der 1. bis
9. Klasse wurden eingeladen,
sich an praxisnahe und spannen­
de Experimente zu wagen und
so zu erfahren, wie lebendig und
6
Der IBM Mainframe zEnterprise.
interessant die Bereiche Natur­
wissenschaft und Technik
sein können. IBM war prominent
vertreten, ihr Standangebot
richtete sich an alle Alters­
klassen. Hier konnten die Kids
Programmierfehler in einem
Computerspiel aufspüren, LAN­
Stecker zusammenbauen, sich
von einer raffinierten drei­
dimensionalen Darstellung des
menschlichen Körpers ver­
blüffen lassen oder auf vergnüg­
liche Art ihre Physikkenntnisse
auffrischen. Technik und
Naturwissenschaften langwei­
lig? Auf keinen Fall!
ibm.com/ch/citizenship
Twitter
Mehr Platz im Genfer Rechenzentrum Jede
grössere Firma, Institution und Organisation steht vor
dem Problem, neben ihrem Haupt­ auch noch ein
Notrechenzentrum betreiben zu müssen. Die wenigs­
ten davon können und wollen solche Anlagen selbst
bauen und betreiben. IBM hat nun das Rechen­
zentrum in Genf erweitert, neu verfügt das Gebäude
über eine Gesamtfläche von 3100 Quadratmetern.
Der Raum kann gemietet werden und dient den IBM
Kunden meist als Notlösung für einen möglichen
Ausfall der firmeninternen Anlagen. Die Säle sind für
Server in Racks konzipiert, Stromversorgung, Kühlung
und Datenübertragung sind bereits vorhanden. Die
Anlagen verschiedener Kunden sind voneinander
getrennt, elektronische und biometrische Systeme
sichern den Zugriff. Zudem wird das Areal rund um
die Uhr überwacht. Die Haustechnik ist innovativ
und energieeffizient gestaltet. Die Stromversorgung
wird nicht allein durch Dieselaggregate gesichert;
rotierende unterbrechungsfreie Stromversorgungssys­
teme mit Schwungmasse erweitern die Leistung
Diesel­ und CO 2 ­frei. Gekühlt wird das Gebäude mit
Kompressoren, bei mittleren und tiefen Temperaturen
teilweise oder sogar vollständig durch Wärmeaus­
tausch mit der Aussenluft. Zusätzlich wird die erzeugte
Warmluft für die Gebäudeheizung verwendet.
1/2012
Think!
Highlights
Watson tritt den Dienst an
Klicken zum Laden
Eben noch hat Watson, der
Supercomputer aus dem Hause
IBM, bei der Quizshow „Jeopardy!“ mit seinen menschlichen
Gegenkandidaten spielerisch
die Klingen gekreuzt. Nun beginnt für Watson der Ernst des
Lebens: In Zukunft wird er
seine analytischen Fähigkeiten
in den Dienst der Medizin stellen. Der Rechner soll Ärzte
dabei unterstützen, Diagnosen
zu stellen und passende Behandlungen zu entwickeln. IBM
arbeitet dabei mit dem amerikanischen Versicherungskonzern WellPoint zusammen.
Watson wird damit erstmals
einer kommerziellen Nutzung
zugeführt. Das medizinische
Fachwissen verdoppelt sich alle
fünf Jahre – doch was nützt
dieses Wissen, wenn es im kritischen Moment nicht zur Verfügung steht? Kein Arzt kann
diesen Umfang an Fachliteratur
auch nur annähernd überblicken. Watson jedoch verfügt
über die Fähigkeit, binnen
dreier Sekunden den Inhalt
von einer Million Bücher zu
analysieren.Gefüttert mit den
Krankheitssymptomen des
Patienten und allenfalls weiteren Informationen wie etwa
seiner Herkunft oder Krankengeschichte, arbeitet Watson
die mögliche Erkrankung und
Moderne Kommunikation,
intelligente Mobilität. IBM
Research in Rüschlikon und
die Elektrizitätswerke des
Kantons Zürich (EKZ) testen
derzeit, wie der Ladevorgang
von Elektroautos via Mobilfunk gesteuert werden kann.
Ein Datenerfassungsgerät
übermittelt Autodaten wie den
Batterieladezustand oder die
Stromzufuhr an einen Server,
der Ladevorgang im Auto kann
über Mobilfunk ausgelöst werden. Dafür braucht es einen
Webbrowser auf einem PC oder
Tablet oder ein Smartphone.
IBM hat die Applikation entwickelt und die technische Integration umgesetzt. Der Fahrer
bestimmt per Klick, zu welchem Zeitpunkt sein Fahrzeug
„betankt“ werden soll, etwa
Das gesamte medizinische Wissen jederzeit zur Hand:
Ein kurzer Film erläutert, wie der Supercomputer
Watson Ärzten bei der Diagnosestellung helfen kann.
bit.ly/eG7Kos
die Wahrscheinlichkeit der
Prognose heraus, um darauf
mögliche Behandlungsmethoden aufzuzeigen. Zudem liefert
Watson dem Arzt die Beweiskette, wie er zu seiner Einschätzung kommt. Laut der
Weltgesundheitsorganisation
WHO sind weltweit 15 Prozent
der Diagnosen falsch oder unvollständig. Durch treffgenauere Diagnosen und wirksamere
Therapien will WellPoint
die Versorgung der Patienten
verbessern und finanzielle
Mittel einsparen. Ab 2012 soll
Watson in einer kleineren Zahl
von Krebskliniken zum Einsatz kommen. Während der Pilotphase sind umfassende Tests
und eine Optimierung der Systeme vorgesehen. Dabei greifen
Ärzte und Pflegepersonal über
die bereits vorhandenen PC
oder Tablets auf das System zu.
Später ist die Ausweitung auf
Fachbereiche geplant, die ebenfalls mit komplexen Krankheitsbildern zu tun haben. Bis
das System in Schweizer Kliniken zum Einsatz kommt,
dürfte es allerdings noch etwas
dauern, zumal Watson derzeit
nur englisch spricht. Lesen
Sie mehr über lernende Systeme
wie Watson im Forschungsbeitrag auf Seite 20.
ibm.com/watson
Speichern auf der Überholspur
Die Kapazität einer Festplatte, die Geschwindigkeit eines
Flash-Speichers: Das soll der Racetrack-Speicher vereinen.
Waren die bisherigen Laborprototypen aufwendige Spezialanfertigungen, ist es den IBM Forschern nun gelungen,
einen Racetrack-Speicher mithilfe herkömmlicher Halbleiter-Fertigungstechnik zu bauen. Der Racetrack enthält
alle Bauteile zum Lesen, Schreiben und Speichern von
Daten auf einem Chip. Damit könnte eine künftige Fertigung in bestehende Produktionsprozesse integriert werden.
Think! 1/2012
Ein Blick, ein Klick: die Batterie des
Elektroautos vom Smartphone aus
überprüfen und laden.
zum Niedertarif. Er kann die
Verantwortung für das Laden
des Elektroautos aber auch an
den Energielieferanten delegieren. Diese Funktion wird
interessant, sobald mehr Elektroautos auf den Strassen unterwegs sind. Dann könnte das
Laden dieser Fahrzeuge auch
eingesetzt werden, um die
unregelmässige Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen abzufedern.
7
Focus
Mit Simulationen in Echtzeit zu Entscheidungen
Big Data
Von Lukas Huggenberg
Gigantische Mengen unstrukturierter Daten in Echtzeit analysieren, mit den Erkennt­
nissen experimentieren, die Ergebnisse der Simulationen visualisieren und daraus
Entscheidungen ableiten. Das braucht Speicher, Software, Rechner und vor allem Grips.
Sie stammen aus Warenwirtschaftssyste­
men und Finanztransaktionen, von ver­
netzten Sensoren in Dingen und draussen
in der Natur, von GPS­Geräten, Satelliten
und Radioteleskopen. Es sind Textdaten
von Blogs, Twitter und Facebook, Bild­,
Audio­ und Videodaten von Flickr, iTunes
und Youtube. Logdateien von Webservern
zeichnen Datenspuren auf, auch „exhaust
data“ genannt – „Datenabgas“.
Die Verkehrsleitzentrale der Polizei
in einer Grossstadt steuert den Verkehrs­
fluss, indem sie fortlaufend die Daten
von Sensoren und Überwachungs­
kameras auswertet.
Kurzum: Die oft zitierte Datenflut besteht
aus gigantischen Mengen von Daten (Volu­
me), die in unstrukturierter, vielfältiger
Form vorliegen (Variety), mit hoher Ge­
schwindigkeit anfallen und fortlaufend
verarbeitet werden müssen (Velocity).
Diese Daten können nicht in den
Datenbankfeldern eines Data Warehouse
gespeichert und darum nicht rückblickend
8
durch Data Mining analysiert werden.
Nimmt man ihnen den Schrecken der Flut,
werden sie als V3­Daten, neudeutsch als
Big Data bezeichnet.
gehensweisen durchgeführt und so Grund­
lagen für Entscheidungen gewonnen.
Daten sind Öl – oder Humus
Daten sind heute global und in allen Bran­
chen ein Produktionsfaktor – genau wie
Rohstoffe oder Humankapital. Wirtschaft­
liche Aktivität ohne Datenverarbeitung ist
undenkbar. Die täglich anfallende Daten­
menge ist aber bereits so gross, dass sie
physikalisch gar nicht mehr gespeichert
werden kann.
Bisher waren es vor allem die hoch
entwickelten Volkswirtschaften der west­
lichen Welt, die sich Big Data am erfolg­
Eine verbreitete Redensart lautet, Daten
seien das neue Öl – ein Rohstoff, der aus­
gebeutet werden könne. Der auf die Visua­
lisierung von Daten spezialisierte britische
Journalist David McCandless ändert die
Metapher leicht ab und macht oil zu soil:
Daten seien Humus, eine auf den ersten
Blick amorphe Materie, die durch kreatives
Umgraben zu einem fruchtbaren Boden
für aufblühende Visualisierungen von Er­
kenntnissen werde.
Um aus Big Data schnell, oft sogar in
Echtzeit, spezifische Informationen zu ge­
winnen, kommt unkonventionelle Analy­
sesoftware zum Einsatz, die hohe Rechen­
leistung und neuste Speichertechnik vor­
aussetzt (siehe Kasten auf Seite 15). Dabei
werden unter Verwendung von Algorith­
men Simulationen unterschiedlicher Vor­
Daten als Produktionsfaktor
Das Spital bietet eine Patientin zu
einem Kontrolluntersuch auf, weil die
Daten eines Sensors, den sie auf sich
trägt, auf eine negative Entwicklung
eines Messwerts hinweisen.
reichsten nutzbar machten. Etablierte
Unternehmen tun sich im Gegensatz zu
Startups allerdings oft schwer damit, ➔
1/2012
Think!
Bild: Number of cellular phone users around the Termini train station visualized as a three-dimensional interpolation. Copyright by The SENSEable City Laboratory, MIT. Credits: please see senseable.mit.edu/realtimerome
Von Experimenten zu Modellen
Simulieren und kontrolliert experimentell
auswerten, Modelle synthetisieren, Hypo­
thesen testen, Ursachen von Abhängigkeiten
unterscheiden: Aus Daten gewonnene
Erkenntnisse geben Organisationen und
Unternehmen bessere Steuerungsinstrumente
in die Hand.
Zum Beispiel: Die urbane Dynamik verstehen
Für Visualisierungen zum besseren Verständ­
nis der urbanen Dynamik aggregiert das
SENSE able City Lab des MIT Daten von
Mobiltelefonen, Bussen und Taxis. So erhalten
Bürger und Passanten kurzfristig brauch­
barere Informationen über ihr unmittelbares
Umfeld. Langfristig verhilft die Analyse
der Daten dem städtischen Organismus zu
mehr Effizienz.
senseable.mit.edu/realtimerome
Visualisierung in Echtzeit
Im Film wird die Intensität der
Nutzung von Mobiltelefonen
während des Finals der
FIFA-Weltmeisterschaft in Rom
dargestellt.
bit.ly/dluZnl
Think! 1/2012
Bild: © crimespotting.org. Road map imagery © CloudMade. Road map data CC-BY-SA OpenStreetMap. Aerial imagery © Microsoft Corporation / Microsoft® Virtual Earth™
Regeln für die Entscheidungsfindung
Rechtzeitig Erkenntnisse gewinnen, diese
deuten und verstehen und geeignete Massnah­
men ergreifen: Mittels automatisierter Algo­
rithmen analysierte und aufbereitete Daten
unterstützen die Entscheidungsfindung und
reduzieren das Risiko von Fehlentscheiden.
Zum Beispiel: Offengelegte Kriminalstatistik
Ob Fragen zu Trends und Mustern oder zu
lokalen Vorfällen: Crimespotting gibt Ant­
worten auf Fragen wie „Wurden diesen
Monat mehr Raubüberfälle verübt als im
vergangenen?“, oder „Wohne ich in einem
Stadtteil, in dem besonders viele Morde
verübt werden?“. Eine klare Sicht auf das,
was wirklich geschieht, ist die Basis für eine
gut informierte Bewohnerschaft und eine
verlässliche Verwaltung.
sanfrancisco.crimespotting.org
Mehr Informationen
Im Film präsentiert einer
der Entwickler Entstehungsgeschichte und Funktionen
von Crimespotting.
bit.ly/rqXYOd
Focus
Fachwortschatz
die Chancen zu erkennen, die mit der Digi­
talisierung des Alltags und den daraus an­
fallenden Daten verbunden sind.
Mittlerweile verfügen jedoch auch die
Schwellenländer über viel Potenzial, Daten
in wirtschaftlichen Erfolg umzumünzen.
Wichtige Treiber dafür sind die enorme
Verbreitung der mobilen Kommunikation
und die grosse Zahl gut ausgebildeter
Fachkräfte.
Von gross über riesig zu ungeheuerlich
Einheit
Grösse
Bedeutung
Bit (b)
1 oder 0
Abkürzung für Binary Digit, steht für
den Binärcode 1 oder 0, den Computer
verwenden, um Daten zu speichern
und zu verarbeiten.
Byte (B)
8 Bits
So viel Information brauchts, um einen
Buchstaben in „Maschinensprache“
zu verfassen. Bytes sind die Basiseinheit
der Datenverarbeitung.
Kilobyte ( KB )
1000; 210 Bytes
Kilo: griechisch, tausend. Eine getippte
Textseite braucht 2 KB.
Megabyte ( MB )
1000 KB ; 2 20 Bytes
Mega: griechisch, gross. Das Gesamtwerk von Shakespeare beläuft sich auf
5 MB, ein durchschnittlicher Popsong
braucht 4 MB.
Gigabyte (GB )
1000 MB ; 2 30 Bytes
Giga: griechisch, Riese. Ein zweistündiger Film kann auf 1 bis 2 GB komprimiert werden.
Terabyte ( TB )
1000 GB ; 2 40 Bytes
Tera: griechisch, Ungeheuer. 3,6 Millionen digitale Standardfotografien
entsprechen 1 TB.
Petabyte ( PB )
1000 TB ; 2 50 Bytes
Peta: vom Griechischen penta, fünf.
Die digitalisierten Daten von 20 Millionen
Vier-Schubladen-Aktenschränken gefüllt
mit Text brauchen 1 PB Speicherplatz.
Exabyte ( EB )
1000 PB ; 2 60 Bytes
Exa: vom Griechischen hexa, sechs.
1 EB entspricht der Datenmenge von
250 Millionen DVD s.
Zettabyte ( ZB )
1000 EB ; 2 70 Bytes
Zetta: vom Griechischen hepta, sieben.
2010 wurde die Gesamtmenge der
bis dahin erfassten Daten auf ungefähr
0,988 ZB geschätzt.
Yottabyte ( YB )
1000 ZB ; 2 80 Bytes
Yotta: vom Griechischen októ, acht.
Ist zurzeit eine zu grosse Menge,
um sie sich vorzustellen.
Daten als Wertschöpfungsfaktor
Daten spielen eine fundamentale Rolle bei
der Wertschöpfung. Gleichzeitig wird ihre
Auswertung immer aufwendiger. Unter­
nehmen müssen darauf reagieren und ihre
Geschäftsprozesse entsprechend anpassen.
Davon ist nicht zuletzt auch das Marketing
betroffen (siehe auch Seite 15). Und sie
müssen lernen, dass ihnen für ihre Zwecke
interessante Daten oft nicht exklusiv zur
Verfügung stehen.
Kleine, agile Datenbroker sind längst
nicht mehr nur in einer Nische tätig, son­
dern Teil der Wertschöpfungskette von
Big Data. Sie können als Dienstleister feh­
lendes Know­how und interne Ressourcen
kompensieren. Und letztlich sind es die
des Kreditkarten­
herausgebers sperrt automatisch
jede Karte, bei der aufgrund von in
Echtzeit überprüften Transaktions­
daten ein Betrugsverdacht aufkommt.
Der Kundendienst
Datenlieferanten selbst – die Kunden –, die
in den sozialen Netzen Qualität und Preise
vergleichen und Dienstleistern und Her­
stellern so die Grundlagen für Angebote
mit grösserer Wertschöpfung verschaffen.
Um auch aus immer grösseren Daten­
mengen Wertschöpfung zu generieren, in­
vestieren Unternehmen und Organisatio­
nen zunehmend in fünf relativ einfach zu
verwirklichende Lösungen und setzen
auch damit verbundene nötige Reorganisa­
tionen um.
Transparente Datenbereitstellung
Such­ und Verarbeitungszeiten werden
massiv reduziert, wenn beispielsweise die
verschiedenen Abteilungen der öffentlichen
Verwaltung auf getrennt gesammelte Da­
➔
ten einfacher und schneller Zugriff
Think! 1/2012
Der von Ray und Charles Eames für IBM
produzierte Kurzfilm „Powers of Ten“ von
1968 veranschaulicht die Grössenverhältnisse im Universum mithilfe von 40 Zehnerpotenzen. Der Zuschauer reist bis zu den
entferntesten und grössten Strukturen,
um zu den kleinsten atomaren Strukturen
zurückzukehren – eine Kamerafahrt von
der Erde bis zu den Quasaren und retour
bis zu den Quarks eines DNA-Moleküls.
bit.ly/dfF9cp
11
Focus
erhalten. In der produzierenden Industrie
lassen sich Doppelspurigkeiten vermeiden
und die Markteinführung beschleunigen,
indem Forschung, Entwicklung, Produk­
tion und Marketing vom gängigen Silo­
denken Abschied nehmen und sich ihre
Daten gegenseitig zugänglich machen.
Daten als Experimentierfeld Ob
Lagerbestand oder Krankheitstage, ob als
Parameter beeinflussbar oder nicht: Eine
mit kontrollierten Simulationen vorge­
stellt aufgrund von
auf Facebook geposteter und via
Twitter versandter Kritik fest, dass
sein Kundendienst zunehmend
negativ beurteilt wird.
Ein Dienstleister
nommene Auswertung von Daten in Echt­
zeit liefert Erkenntnisse zu den Ursachen
von Schwankungen des Geschäftserfolgs
und gibt der Unternehmensleitung bessere
Steuerungsinstrumente in die Hand. In­
formationen werden kontinuierlich analy­
siert, zu neuen Modellen synthetisiert und
stehen augenblicklich der gesamten Orga­
nisation zur Verfügung: Vom Leitstand
des Hochregallagers bis ins Büro des Fi­
nanzvorstands. Hypothesen können getes­
tet und Ursachen von Abhängigkeiten
unterschieden werden.
Im wissenschaftlichen Umfeld wird im
Rahmen des Projekts FuturICT am Auf­
bau des Living Earth Simulator gearbeitet,
einer Kombination aus Supercomputern
und Krisenobservatorien, mit deren Hilfe
Entscheidungsträger wissenschaftlich fun­
dierte Massnahmen in die Hand bekom­
men sollen, wenn in den Finanzmärkten, in
der Umwelt oder in der Gesellschaft Kri­
sensituationen entstehen.
Zielgruppenspezifische Segmentierung Massgeschneiderte Produkte und
Dienstleistungen kommen im Marketing
Ärzte stellen die Diagnose schneller
und exakter, wenn ihnen Hypothesen
zur Verfügung stehen, die automatisch
aufgrund der Wechselbeziehungen
von Messwerten auf bereitet wurden.
und im Risikomanagement bereits breit
zum Einsatz. Die Segmentierung wird mit
der Analyse von Big Data laufend spezifi­
12
scher, die für die Auswertung benötigte
Zeit immer kürzer und damit die zielgrup­
penspezifische Ansprache umso effektiver.
Diese Vorteile werden zunehmend auch vom
öffentlichen Sektor erkannt, der bisher die
Bürgerinnen und Bürger ohne zu differen­
zieren anspricht.
Werkzeuge für die Entscheidungsfindung Wird die Datenanalyse auf der
Basis von automatisierten Algorithmen
durchgeführt, unterstützen die Resultate
die Entscheidungsfindung der damit be­
trauten Personen. So wird das Risiko re­
duziert, dass sie ungeeignete Massnahmen
ergreifen, und es kommen Erkenntnisse
zustande, die mit herkömmlichen Analyse­
verfahren nicht rechtzeitig oder gar nicht
aufgedeckt werden. Ob es sich um Daten
von Kunden oder um solche von in Produk­
ten enthaltenen Sensoren handelt: Erst eine
automatisierte Aufbereitung und Visuali­
sierung ermöglicht es oft, ihre Auswertung
überhaupt zu deuten und zu verstehen.
Verbesserte Angebote und neue Geschäftsmodelle Aus Big Data gewonnene
Erkenntnisse ermöglichen Unternehmen,
bestehende Angebote zu verbessern und
neue Geschäftsmodelle zu lancieren. Die
produzierende Industrie nutzt beispiels­
weise die beim Gebrauch ihrer Produkte
durch die Konsumenten in den sozialen
analysiert kontinu­
ierlich die Abfolge der Mausklicks
auf seinen Bestellseiten und personali­
siert für jeden Kunden die Platzierung
von passenden Sonderangeboten.
Ein Onlinehändler
tralen Element des Wettbewerbs und des
Wachstums. Es entstehen neue Firmen, die
sich in frei zugängliche Datenströme ein­
klinken und mit völlig neuen Dienstleis­
tungen aufwarten.
Besonders erfolgreich agieren jetzt
schon die Aggregatoren: Spezialisten, die
nichts anderes tun, als Daten aus unter­
schiedlichen Quellen zusammenzutragen,
auszuwerten und mit Analyseresultaten
versehen weiterzuverkaufen.
So gründete ein internationales Trans­
portunternehmen eine Tochterfirma, die
aus den im Tagesgeschäft des globalen
Warenverkehrs anfallenden Daten spezifi­
sche Informationen extrahiert und diese an
Kunden verkauft, die Wirtschaftsprogno­
sen erstellen.
Produktiver und zufriedener
Mit der Auswertung von Big Data lässt
sich auch eine Steigerung der Produktivität
und der Kundenzufriedenheit erzielen.
Firmen und Organisationen agieren er­
folgreicher, wenn sie Werkzeuge zur Ge­
winnung von Big Data in die Produkte und
Dienstleistungen integrieren und sie so
besser auf die Bedürfnisse der Kunden
abstimmen und mit Mehrwert und Nach­
haltigkeit versehen.
Konsumenten und Bürger ziehen so­
wohl direkt als auch indirekt Nutzen aus
➔
dem Fortschritt, der auf Big Data
Medien abgegebenen Beurteilungen für die
Entwicklung der nächsten Produktgenera­
tion und für den Aufbau neuer Dienstleis­
tungen zur Kundenbindung. Newsfeeds,
Tweets, Facebook­Postings und Blogs wer­
den mithilfe der Textanalyse – in diesem
Fall Stimmungsanalyse (Sentiment Analy­
sis) genannt – daraufhin untersucht, was
und wie von den Verfassern der Mitteilun­
gen über die Qualität eines Produkts oder
des Kundendiensts geschrieben wird.
Neue Firmen und Dienstleistungen
Die Fähigkeit, Big Data gewinnbringend
zu nutzen, wird zunehmend zu einem zen­
1/2012
Think!
Quelle: The New York Times
Die sozialen Medien als Echoraum
Top words near Houston
Pepsi
Audi
touchdown
6
3
3
Immer spezifischere Segmente in immer
kürzerer Zeit immer effektiver ansprechen:
Mit Social Listening und Sentiment
Analysis lassen sich aus Daten die dafür
benötigten Erkenntnisse gewinnen.
Mit IBM Cognos Customer Insight stehen
die Werkzeuge zur Verfügung.
Zum Beispiel: Publikum unter Beobachtung
Wenn von der global twitternden Gemein­
schaft eine Werbe­ oder Marketingaktion
besonders intensiv diskutiert wird, kann dies
der Reputation eines Unternehmens Schaden
zufügen – oder Nutzen bringen. In beiden
Fällen hilft die fortlaufende Beobachtung der
Entwicklung der Diskussion dabei, rechtzeitig
angemessene Massnahmen zu ergreifen.
nyti.ms/FSsp
Vertiefende Einsichten
Der Film zeigt die Tweets während
des Super Bowl 2009. Auf der
Website ibm.co/uzyQeA finden
sich Informationen über IBM
Cognos Customer Insight.
bit.ly/uOHa2h
Bild: Copyright ©2011 Dow Jones & Company, Inc. All Rights Reserved
Focus
Neue und nützlichere Dienstleistungen
Auf die Bedürfnisse der Nutzer abgestimmt,
mit Mehrwert versehen und nachhaltig ein­
setzbar: Innovative Unternehmen klinken sich
in frei zugängliche Datenströme ein und war­
ten mit völlig neuen Angeboten auf.
Zum Beispiel: Mehr Überblick am Aktienmarkt
Um schnell einen Eindruck der aktuellen
Situation am Aktienmarkt, der Gewichtung
der Branchen in einzelnen Sektoren oder
von bestimmten Titeln in einer Branche zu
gewinnen, ist die visuelle Auf bereitung dieser
Informationen nackten Zahlenreihen weit
überlegen. Die Möglichkeit, nach Lizenzierung
einer erweiterten Version der Applikation
die Datenauf bereitung zu personalisieren,
macht aus Gelegenheitsbesuchern der Web­
site früher oder später zahlende Kunden.
smartmoney.com/map-of-the-market
Blick unter die Oberfläche
Im Film wird demonstriert, wie
man sich die Informationen der
Map of the Market erschliesst
(auf Italienisch).
bit.ly/rMR9LL
14
Focus
beruht. Sie erhalten brauchbarere Produk­
te und Dienstleistungen und profitieren
von einer transparenteren Preisgestaltung.
Die Gesundheitsvorsorge wird sicherer
und kostengünstiger. Aktuellere Verkehrs­
informationen sparen Nerven, Zeit und
Treibstoff. Gesellschaftliches Engagement
wirkt sich unmittelbarer aus.
Hürden und Potenziale
Das Potenzial, durch die Nutzung von Big
Data den Unternehmenswert zu steigern,
findet sich in sämtlichen Branchen. Firmen
und Organisationen müssen aber verbreitet
technische und strukturelle Hürden ab­
bauen und in den Aufbau von Know­how
investieren. Eine Studie des McKinsey
Global Institute bemängelt denn auch, dass
weltweit angesichts einer jährlichen Zu­
wachsrate von 40 Prozent bei der Daten­
menge gerade einmal 5 Prozent mehr Aus­
gaben für IT geplant sind.
Dem Fortschritt steht zudem ein ekla­
tanter Mangel an Fachkräften im Weg.
Es fehlt an Spezialisten mit umfassendem
Wissen über Statistik und lernende Syste­
me und an Entscheidungsträgern, die wis­
sen, wie eine Firma geführt werden muss,
deren Erfolg auch auf Big Data beruht.
Die Ausbildung qualifizierter Fach­
kräfte ist zeitintensiv; auch talentierte Leu­
te benötigen Jahre, bis sie die erworbenen
men und Organisationen neuen Regelwer­
ken unterstellen. Es geht unter anderem
darum, Fragen zur Einhaltung der Privat­
sphäre, zum Datenschutz, zum geistigen
Eigentum und zur Haftung zu klären. Die
Einhaltung der Regeln verlangt nach Zu­
rückhaltung bei der Nutzung der aus
Autoverkäufer können Servicedienst­
leistungen rund um ihre Fahrzeuge
präziser planen, wenn darin eingebaute
Sensoren sie frühzeitig über einen
sich abzeichnenden Defekt informieren.
Daten gewonnenen Erkenntnisse und steht
damit oft diametral zu den möglichen Vor­
teilen, die dabei erzielt werden könnten.
„Es ist eine traurige Tatsache, dass wir
heutzutage über viel zu wenig nutzlose
Informationen verfügen“, scherzte Oscar
Wilde 1894. Er konnte nicht ahnen, welche
Flut an Nutzlosem, vor allem aber an Un­
genutztem, gut 100 Jahre später dank intel­
ligenter Technik zu sinnvollen Informatio­
nen verarbeitet werden würde. —
Die Steuerbehörde erkennt bei der
Risikobeurteilung Muster, die auf eine
falsche Deklaration hindeuten, und
identifiziert so potenzielle Steuersünder.
Komplikationen und Regeln
Think! 1/2012
IBM zeigt mit „Watson“, was mit dem
Einsatz von 10 Servern mit 2870
Prozessorkernen, mit Speichertechnik,
die kaum das Forschungslabor verlassen hat, und mittels Deep Analysis von
Text erreicht werden kann. Da eine
dedizierte Rechner- und Speicherhardware zur Analyse von Big Data das
IT-Budget sprengen kann, lässt sich
die Softwareplattform IBM InfoSphere
BigInsights* auch in einem Cluster
von Standard- PC -Hardware und
verteilten Prozessoren betreiben. Dafür
wird die auch für Watson verwendete
Open-Source-Software Hadoop
eingesetzt, mit der ein Grossrechner
emuliert werden kann. Für die Sentiment Analysis kommt IBM Cognos
Customer Insight zum Einsatz.
Big Data speichern
Immer grössere Datenmengen erfordern nicht nur leistungsfähigere
Systeme und Investitionen in die
Sicherstellung von Datenintegrität und
Verfügbarkeit, sondern auch hoch
bezahlte Spezialisten, die die komplexen SAN - und NAS -Speicher konfigurieren und bedienen. Die GridSpeichertechnik der IBM XIV-Hardwareplattform* erlaubt Firmen, die mit der
Speicherung von Big Data konfrontiert
sind, ihre Daten im Vergleich zu
herkömmlichen Lösungen mit massiv
höherer Leistung mit mindestens
identischer Qualität und ohne spezialisiertes Wissen zu speichern.
Big Data in der Cloud
Kenntnisse produktiv einsetzen können.
Die Studie von McKinsey prognostiziert
allein in den USA bis 2018 einen zusätzli­
chen Bedarf von 140 000 bis 190 000 Daten­
spezialisten und 1,5 Millionen weiteren
ausgebildeten Fachkräften.
Parallel zum laufend einfacher werdenden
Zugriff auch auf sensible Daten – beispiels­
weise von der auf Transparenz bedachten
öffentlichen Verwaltung verfügbar ge­
machte oder aus sozialen Netzen stammen­
de Informationen – müssen sich Unterneh­
Big Data analysieren
Quellen McKinsey Global Institute; Big Data:
The next frontier for innovation, competition, and
productivity, Mai 2011. McKinsey Quarterly:
Are you ready for the era of big data? Oktober 2011.
The Economist; Special Report: Managing Information, Februar 2010.
Die Cloud-Services „Infrastructure“,
„Platform“ und „Software“ sind dazu
prädestiniert, Spitzenbedarf bei
Volumen und Verarbeitungszeiten
abzudecken. Für die Auswertung von
Big Data können Cloud-Services
von IBM * bei Engpässen als „Pay per
use“-Service die eigene IT-Infrastruktur
ergänzen. Big-Data-Projekte können
aber auch vollständig in der Cloud
abgewickelt werden: In einem Pilotprojekt im Tessin sammeln in Wäldern ausgebrachte Sensoren Messwerte; wenn
spezifische Werte auf einen drohenden
Waldbrand hindeuten, alarmiert das
System automatisch die Feuerwehr.
* Weitere Informationen unter:
ibm.com/ch/think
15
Fotos: Anne Morgenstern
Think !
16
1/2012
Think!
Think !
Jürgen Tinggren, CEO der Schindler Gruppe,
und Isabelle Welton, CEO von IBM Schweiz
Think ! im Gespräch mit
Wenn der Lift funktioniert wie ein Flugzeug und der
Computer versteht, was eine Rushhour ist. Ein Gespräch
über das urbane Leben der Zukunft.
„Megastädte
wachsen vertikal“
Einsteigen bitte! Isabelle Welton
und Jürgen Tinggren erklären,
weshalb ihre Unternehmen schon
heute an der intelligenten Stadt
von morgen arbeiten.
Think! 1/2012
isabelle welton Da draussen vor dem
Fenster sehen wir den Liftturm auf Ihrem
Werksgelände. Ist er mehr als ein Wahrzeichen von Ebikon?
Jürgen Tinggren Wir nutzen ihn vor
allem zu Entwicklungszwecken; obwohl
er nur gerade 58 Meter hoch ist.
welton Das ist wenig, wenn man ihn beispielsweise mit dem neuen Zürcher Swiss
Prime Tower vergleicht; woraus sich für
mich eine Frage ergibt: Wie transportiert
man eigentlich einen 100 Meter langen
Lift ins Zentrum von Zürich?
Tinggren Ein Lift entsteht erst auf der
Baustelle. Unsere Leute bestellen die
Herzstücke des Liftes wie den Motor oder
die Steuerung bei unseren eigenen Fabriken, während gewisse Standardkomponenten wie zum Beispiel Türen just in time
von Partnerfirmen angeliefert werden.
Der Lift als vertikale Hauptverkehrsachse
ist heute ein integraler Bestandteil der
Gebäudetechnik.
think! Womit wir mitten im Thema
wären. Sie beide sind sich zum ersten Mal
auf einem Kongress zum Thema Smarter
Cities begegnet …
welton Es ging um die Zukunft der
Städte; um die Quadratur des Kreises von
Mobilität, Lebensqualität und Energie-
effizienz. Für IBM eine der zentralen
Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.
Tinggren Das gilt auch für Schindler.
Denn die vertikale Mobilität zwischen den
Stockwerken ist nicht weniger wichtig
als die horizontale zwischen den einzelnen
Gebäuden und Quartieren einer Stadt.
Staus und Verkehrsunterbrüche können
überall passieren.
welton Das erinnert mich an meine
Jahre in New York; als ich jeden Morgen
zwischen 8 und 9 Uhr mit Dutzenden,
wenn nicht Hunderten von Kollegen in
der Elevator Bank stand und auf die
Liftanzeige starrte.
Tinggren Da gibt es nur eine Lösung:
die intelligente Steuerung. Ein Bereich,
in dem Schindler sowohl Pionier als auch
weltweit führend ist.
welton Im Strassen- und Schienenverkehr kennt man das schon. Stichwort:
Verkehrsleitsysteme. Wie sieht das in der
Vertikalen aus?
Tinggren Ich will es in einem Bild erklären: Stellen Sie sich vor, die Route eines
Passagierflugzeugs würde erst festgelegt,
wenn alle Passagiere, die zufällig am Gate
stehen, eingestiegen sind und ihre Ziele
angegeben haben. Im Luftverkehr undenkbar, aber so funktionieren Aufzüge
seit über 100 Jahren. Und genau das
ändern wir mit unseren neuen Steuerungen. In einem Hochhaus mit einem
modernen Schindler-Liftsystem besteigen
Sie den Lift, der Sie am schnellsten ans
Ziel bringt.
welton Was bedeutet, dass der Lift mich
identifizieren muss, wenn ich die Gebäudelobby betrete; zum Beispiel über eine
Chipkarte.
Tinggren Entscheidend ist, dass er
Sie erkennt, daraus Ihr Transportbedürfnis
ableitet und Ihnen den Weg weist. So
steigt nicht nur der Komfort der Passagiere,
sondern auch die Förderkapazität des
Systems, die durch das ständige Stop-andGo in den Schächten erheblich gebremst
wird.
welton Das Beispiel zeigt, wie intelligente
technische Lösungen entstehen: aus
dem Zusammenspiel von Sensortechnologie, Datenakkumulation zu Big Data –
dem Thema unseres Heftes – und leis➔
tungsfähiger Analysesoftware.
17
Think !
Tinggren Solche Systeme sind dringend
notwendig. Die Weltbevölkerung wird
über die kommenden Jahrzehnte noch
um drei Milliarden Menschen zunehmen.
Zwei Drittel der Menschheit werden
dann in Städten leben. Und die Stadt der
Zukunft – davon gehen die Planer aus –
wird vor allem in die Höhe wachsen.
Das heisst: Der Ressourcenverbrauch für
die vertikale Mobilität wird steigen.
Heute gehen bis zu zehn Prozent des Energieverbrauchs eines mittelhohen Bürogebäudes auf das Konto der Aufzüge. Um
diesen Wert zu reduzieren und natürlich
unsere Produkte stetig weiterzuentwickeln, investieren wir jedes Jahr über
100 Millionen Franken in Forschung
und Entwicklung.
welton Energieeffizienz steht auch bei
uns ganz oben auf der Prioritätenliste.
Der Energieverbrauch unserer mittelgrossen Server – um ein Beispiel zu nennen −
ist über nur zwei Produktgenerationen um
80 Prozent gesunken.
think! Und wo liegen bei Schindler die
grössten Einsparpotenziale?
Tinggren Die Liftkabinen der neuesten
Generation hängen nicht mehr an Stahlseilen, sondern an flachen Antriebsriemen,
so genannten Traction Belts, die um ein
Mehrfaches leichter und flexibler sind. Ein
anderes Beispiel ist die Rückgewinnung
von Bremsenergie.
welton Wer nachhaltigen Technologien
zum Durchbruch verhelfen will, muss
oft viel Überzeugungsarbeit leisten. Wir
stellen fest, dass man als Unternehmen
gerade beim Thema Smarter Cities in
starkem Mass auch auf andere Stakeholder
angewiesen ist; auf Regierungen oder
eine lokale Bevölkerung, die zu konkreten
Verhaltensänderungen bereit ist. Wie
erleben Sie diese Abhängigkeit: als Rückenoder als Gegenwind?
Tinggren Es gibt schon viel Rückenwind.
Die EU hat zum Beispiel das Programm
20/20/20 aufgelegt. 20 Prozent weniger
CO2 , 20 Prozent erneuerbare Energien
gemessen am Gesamtverbrauch und
20 Prozent mehr Energieeffizienz bis
2020. Eine Stadt wie London bekennt sich
schon dazu. Sie subventioniert zum
Beispiel die Nachrüstung von Gebäuden.
Davon profitieren wir ganz direkt.
18
welton Wie sieht es diesbezüglich
ausserhalb von Europa aus? Zum Beispiel
in Asien, namentlich in China, wo Schindler
einer der internationalen Pioniere war?
Tinggren China hat Aufholbedarf.
Zurzeit werden sechs von zehn weltweit
produzierten Liften in China installiert.
Was in einem solchen Massenmarkt zählt,
ist der Preis.
welton Obwohl die ökologischen Herausforderungen gerade in den asiatischen
Megastädten gross sind. Der „Scientific
American“ hat dem Thema intelligente
Stadt jüngst eine Sondernummer gewidmet und gefragt, wie es China schaffen
will, seine wachsende urbane Mittelschicht umweltschonend unterzubringen.
Tinggren China wird neue Technologien
und Lösungen einsetzen müssen. Das ist
der Grund, weshalb wir auch in China
investieren. In die Produktionskapazitäten,
aber auch in die marktnahe Entwicklung.
think! Wer über Smarter Cities spricht,
kommt nicht um das Thema Sicherheit
herum.
Tinggren Für uns steht die Beförderungssicherheit der Passagiere immer an
erster Stelle. Wir betreiben in jedem Land
eine Notrufzentrale, die eine lückenlose
Überwachung der von uns betreuten Anlagen sicherstellt. Bleibt irgendwo
eine Kabine stecken, sind unsere Leute
innerhalb von 30 Minuten vor Ort.
welton Ein Sicherheitsbedürfnis haben
die Menschen aber auch im Zusammenhang mit Daten. Wenn technische Systeme
personenbezogene Daten generieren,
muss gewährleistet sein, dass diese nicht
in fremde Hände gelangen. An unserem
Forschungslaboratorium in Rüschlikon
gibt es eine Forschergruppe, die sich
ausschliesslich um Cyberkriminalität und
ihre Bekämpfung kümmert.
Tinggren Ohne die Speicherung und
Auswertung von Daten wird es nicht
gehen. Beides dient uns zur konstanten
Optimierung der Mobilität in einem
Gebäude. Aber sicher ist auch, dass die
Stadt der Zukunft noch nicht erfunden ist.
Es braucht noch viel Innovation, Intelligenz und Fantasie. Umso wichtiger ist es,
dass alle Beteiligten – Unternehmen,
Regierungen und Hochschulen – intensiv
zusammenarbeiten.
welton Also auch hier: Intelligenz
dank Integration und Vernetzung über
die Grenzen der eigenen Branche hinaus.
Schindler ist einer der Hauptpartner
von Bertrand Piccard und seinem Projekt
Solar Impulse. Was versprechen Sie sich
von dieser Kooperation?
Tinggren Für die Sonnenenergie interessieren wir uns schon lange. Denn immer
mehr Gebäude haben Flachdächer, die man
als Solarfarmen nutzen kann. An unserem
Standort Locarno haben wir einen Lift
gebaut, der vollständig mit Strom vom
Dach betrieben wird. Aber natürlich
verbinden wir mit Solar Impulse weitergehende Ziele. Es geht generell um
Miniaturisierung und Effizienz des Ressourceneinsatzes. Bertrand Piccard
hat eine Vision formuliert und ich möchte,
dass sich alle 44 000 Schindler-Mitarbeitenden von diesem Pioniergeist,
Unternehmertum und Umsetzungswillen
anstecken lassen.
welton Ein begeisterndes Projekt mit
Bezug zu den Unternehmenszielen kann
unglaublich motivieren. Ich stelle das auch
bei uns fest. Unsere Forscher sind im
Moment daran, einen revolutionären Chip
zu entwickeln, der Informationen kontextsensitiv verarbeiten kann …
Tinggren Kontextsensitiv? Klingt interessant. Können Sie ein Beispiel bringen?
welton Bleiben wir bei der urbanen
Mobilität und gehen wir in den Kontrollraum einer Verkehrsleitzentrale. Es ist
Rushhour. In der Innenstadt herrscht Stau.
Ein kontextsensitiver Computer wird
uns nun automatisch über Grösse und Art
der involvierten Fahrzeuge informieren.
Denn Sportwagen verhalten sich im Stau
anders als Familienkutschen. Sie schliessen
schneller auf und weichen möglicherweise
eher auf Schleichwege aus.
Tinggren Der Chip merkt, was der
Mensch von ihm will?
welton (Lacht.) Ich sage immer:
Die Chips werden weiblicher. Sie geben
auf die gleiche Frage nicht immer die
gleiche Antwort.
Tinggren Das nenn’ ich wirklich intelligent! Solche Dinge stimmen mich
zuversichtlich. Die vernetzte, smarte Welt
ist kein Schlagwort, sondern eine inspirierende Vision. —
1/2012
Think!
Think !
Pascal Kaufmann, CEO Starmind und Hirnforscher
Probleme sollen ihre Experten finden, und nicht mehr
umgekehrt – das verlangt nach neuen Techniken beim
Aktivieren von Talenten und Vermehren von Know-how.
JÜrgen Tinggren (53) ist Ökonom
und absolvierte ein MBA-Studium
an der Stockholm School of Economics und der New York University
Business School. Danach arbeitete
der gebürtige Schwede unter
anderem für den Zuger Bauchemiekonzern Sika, bevor er 1997 zu
Schindler stiess. 1999 übernahm
er die Verantwortung für die
Asien-Pazifik-Region und lebte
sieben Jahre in China. 2007 wurde
Tinggren Vorsitzender des Aufzuggeschäfts von Schindler und seit
Oktober 2011 ist er CEO der Gruppe.
Isabelle welton ist CEO von
IBM Schweiz.
Das Gespräch zwischen Jürgen
Tinggren und Isabelle Welton fand
auf Initiative von IBM statt. Der
Gedankenaustausch zweier CEO,
die in völlig anderen Geschäftsfeldern tätig sind, offenbart verblüffende Parallelen und anregende
Gegensätze.
Think! 1/2012
Tausend Gehirne in der
Westentasche
Vor wenigen Jahren noch war es undenkbar, dass man Tausende von Songs in der
Westentasche mit sich würde herumtragen
können. Heute träumen Manager davon,
das Wissen der fähigsten Mitarbeitenden
zu komprimieren und per Knopfdruck verfügbar zu machen. Wie schön wäre es, wenn
man kurz vor einem Verkaufsgespräch noch
einmal auf tausend schlaue Köpfe zugreifen
könnte, die gemeinsam mit einem überlegen, wie man den Kunden begeistern kann!
Ist das alles nur eine Zukunftsvision oder
schon in greifbarer Nähe?
Wir stellen fest, dass die Geschwindigkeit von Veränderungen in Unternehmen
stark zugenommen hat. Personalabbau, Reorganisationen und steigende Marktanforderungen durch immer besser informierte
Kunden bei immer weniger Mitarbeitenden: Das gehört zum Tagesgeschäft. Können neue Techniken hier helfen? Das Dokumentieren von Wissen scheint nicht die
Antwort zu sein. Wissen, das man zu speichern versucht, ist fast immer gleich wieder
veraltet und unvollständig. Klassische Verfahren wie Dokumentenmanagement, aber
auch Wikis oder die sozialen Netzwerke,
liefern meistens keine zufriedenstellenden
Antworten auf schwierige Fragen.
Erst unter Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz und ingeniösen Algorithmen können wir uns dem Kernthema
systematisch nähern. Wir benötigen Maschinen, die so schlau sind, dass man Organisationen und Menschen nicht mehr zu
fragen braucht. Die Technik kartografiert
das Wissen autonom und generiert Wissenslandkarten, die visualisieren, wo in
einer Organisation welche Talente sitzen.
Hierfür muss das Werkzeug wie das Gehirn eines Kleinkindes funktionieren, das
mit jeder neuen Aufgabe wächst, an Lösungskompetenz gewinnt und leistungsfähiger wird. Und ganz nebenbei muss die
Technik Millionen Datensätze analysieren
und die gewonnenen Erkenntnisse zu konkreten Resultaten verdichten.
Wie identifiziert man beim Auftreten
eines komplexen Problems innerhalb einer
verzweigten Firmenstruktur den oder die
erfahrenen Mitarbeitenden, die es lösen
können? Und wie kann Talent kurzfristig
aktiviert und Know-how vermehrt werden? Sicher ist, dass wir uns dem Thema
ganz anders nähern müssen, als dies in der
Vergangenheit geschehen ist. Die Verschmelzung von neusten Erkenntnissen
aus der Spitzenforschung mit Hochtechnologie und intelligenten Algorithmen
schreitet unaufhaltsam voran. Und trotzdem sind wir heute nur dann kompetent
und handlungsfähig, wenn unser persönliches Netzwerk funktioniert. Erst ein Paradigmenwechsel – das Problem findet die
Experten, und nicht mehr umgekehrt! –
ermöglicht es, die Schlagkraft und Kompetenz von Individuen und Organisationen
wesentlich zu erhöhen.
Tausend Gehirne in der Westentasche, auf Knopfdruck abrufbar – diese
Vision liegt nicht mehr in allzu ferner
Zukunft. Unternehmen, die sich rechtzeitig mit selbstlernenden Systemen und
Big Data beschäftigen, werden einen
nur schwer aufholbaren Wettbewerbsvorsprung haben. —
19
IBM Research – Zürich
Die heutigen Computer sind extrem leistungsfähige Rechenmaschinen, die komplexeste
Aufgaben lösen. Doch für künftige Anwendungen reicht das nicht. Wissenschaftler sind daran,
Systeme zu entwickeln, die selbstständig lernen können.
Computer lernen
zu denken
Von Beat Glogger
„Wenn ich also
heute sage, es werde
in 30 Jahren selbst­
lernende Computer­
systeme geben,
kann es auch erst
viel später eintreffen.
Aber es wird kom­
men. Da besteht kein
Zweifel.“
Ton Engbersen
IBM Research – Zürich
20
Hochfliegende Ideen hegen die Entwickler
einer komplett neuen Art von Computern:
Ein Spezialhandschuh soll künftig dem
Gemüsehändler nur schon beim Berühren
seiner Ware melden, ob eine Gurke noch
geniessbar ist. Sensoren, die in einen
Strampelanzug eingearbeitet sind, alarmieren den Arzt, sobald ein krankes Kind
gewisse auffällige Werte zeigt. Das Verkehrsüberwachungssystem erkennt die
Ursache für einen Stau und leitet selbstständig die wirkungsvollsten Gegenmassnahmen ein.
Die Einsatzgebiete der neuen Computer scheinen unbegrenzt, doch klingt das
nicht alles etwas sehr nach Science-Fiction? „Stimmt“, gibt Ton Engbersen von
IBM Research in Rüschlikon zu. Der erfahrene Forscher beschäftigt sich bei IBM mit
neuen Ansätzen auf dem Weg zum lernenden Computersystem. „Aber schon 1958
haben Wissenschaftler vorausgesagt, dass
einmal ein Computer Schachweltmeister
werde. Tatsächlich geschehen ist es 30 Jahre später. Wenn ich also heute sage, es werde in 30 Jahren selbstlernende Computersysteme geben, kann es auch erst viel später
eintreffen. Aber es wird kommen. Da besteht kein Zweifel.“
Herkömmliche Computer sind mit
den kommenden Aufgaben überfordert.
„Sie können zwar sehr gut rechnen“, sagt
Ton Engbersen, „doch um Entscheidungen
zu treffen, muss man nicht nur gut rechnen
können. Unser Gehirn ist keine Rechenmaschine.“
Rechenmaschinen am Limit
Wo das Problem liegt, zeigt sich zum Beispiel, wenn heutige Computer Gesichter
erkennen sollen. Eine Aufgabe, die ein
Mensch in Sekundenbruchteilen erledigt.
Wir erfassen das ganze Gesicht unseres
Gegenübers und erkennen sofort Merkmale, die typisch für diese Person sind. Wir
arbeiten nicht ein Kriterienraster ab, sondern gewichten Eindrücke. Nicht so der
Computer: Er muss jedes Gesicht, das ihm
präsentiert wird, zuerst nach einem vorgegebenen Muster zerlegen, dann analysiert
er die Teilbereiche nach definierten Regeln, um schliesslich die Befunde mit einer
Datenbank abzugleichen. Und dies alles tut
er schön einen Schritt nach dem andern.
Selbst wenn die Person eine ausgesprochen
grosse Hakennase hat, analysiert der Computer diese auffällige Nase erst dann, wenn
die Nasenanalyse im Programm vorgesehen ist. Im menschlichen Gehirn hingegen
erfolgt die Informationsverarbeitung nicht
➔
sequenziell, sondern parallel.
1/2012
Think!
Foto: Cortis & Sonderegger
IBM Research – Zürich
Nach dem Erfolg in der „Jeopardy!“-Spielshow arbeiten nun die Forscher bei IBM daran, Watson alltagstauglich und kommerzialisierbar
zu machen. Ein erstes Projekt besteht darin, Watson als Expertensystem für die medizinische Diagnostik einzusetzen.
Selbstverständlich wird die Maschine den Arzt nicht ersetzen, sondern ihm das Studium unzähliger Werke der Fachliteratur abnehmen
und durch das im „Selbstlernverfahren“ vernetzte Wissen den Weg zur Diagnose und Therapie aufzeigen.
Think! 1/2012
21
IBM Research – Zürich
Überraschung in der Spielshow
Mit einem ersten Schritt in diese Richtung
verblüffte IBM im Februar des Jahres 2011.
Eine Maschine namens Watson, genannt
nach dem Gründer und ersten CEO von IBM,
trat in der amerikanischen Spielshow
„ Jeopardy!“ gegen die zwei erfolgreichsten
Kandidaten an. In der Sendung geht es um
klassische Wissensfragen aus den Bereichen Geschichte, Wissenschaft, Kultur
und Sport, aber auch darum, versteckte
und mehrdeutige Hinweise zu erkennen.
Das Besondere daran: Die Kandidaten
müssen aufgrund der gegebenen Hinweise
die dazu passende Frage formulieren.
Watson hat in der Show nicht nur
diese mündlichen Hinweise des Spielleiters
verstanden, sondern auch die passenden
Fragen gefunden – und selbstständig eruiert, wie sicher er hinsichtlich der Richtigkeit einer Frage ist. Und das schneller als
die Top-Kandidaten.
Watsons Erfolg gründete darauf, dass
er genau für dieses Quiz konstruiert und
trainiert worden war und die Informationsverarbeitung in einem hohen Mass parallel
vornahm. Das System integrierte verschiedene Technologien zur Analyse und Bewertung von strukturierten und unstrukturierten Daten. Jedoch bestand dieses
noch immer aus herkömmlicher Hardware:
Es waren zehn Racks des IBM Power 750
Systems mit insgesamt 2880 Prozessoren
und 15 Terabyte Arbeitsspeicher, die eine
Leistung von 80 Billionen Rechenoperationen pro Sekunde erreichten. Eindrücklich, aber noch nicht das, was für die
Computer der Zukunft gefragt ist, denn
diese sollen nicht nur Sprache verstehen,
sondern auch assoziative Fähigkeiten haben, Hypothesen bilden und auswerten
können, Interpretationen leisten sowie Bilder und Muster erkennen.
Watson ist ein erster Schritt – aber
noch immer eine riesige Maschine, die relativ viel Energie verbraucht. Unser Gehirn hingegen ist flexibel, wiegt lediglich
eineinhalb Kilogramm und kommt mit
etwa 25 Watt Leistung aus. Daraus zu
schliessen, dass Ingenieure nun das
menschliche Gehirn nachbauen sollten,
22
Wie „denkt“ Watson? In diesem gut sechsminütigen Film erfahren Sie mehr über
die seinem „Denkvermögen“ zugrunde liegende Technik.
bit.ly/qj5sMk
wäre falsch, wie Ton Engbersen betont.
„Aber wenn wir einige grundlegende Prinzipien verstehen lernen und in geeigneter
Weise übernehmen, werden wir viel bessere und effizientere Computer entwickeln.“
Komplett neue Architektur
Neben der Parallelität besteht ein weiteres
dieser Prinzipien in der örtlichen Durchmischung von Funktionen. In unserem
Gehirn werden überall gleichzeitig Informationen verarbeitet und gespeichert.
Ganz im Gegensatz zu herkömmlichen
Computern. Sie bestehen aus getrennten
Rechen-, Steuer-, Eingabe- und Ausgabeeinheiten sowie einem Arbeitsspeicher.
Man spricht von der Von-NeumannArchitektur. Sie kommt seit Jahrzehnten
im Computerbau zur Anwendung und
sorgt für die bekannten Probleme wie eben
die mangelnde Parallelität oder die Engpässe in den Datenleitungen zwischen
Speicher und Rechner. In Zukunft sind
daher auch neue Architekturen wie beispielsweise Cognitive Computing gefragt.
Hier verschmilzt die Grenze zwischen
Hard- und Software. Dies ermöglicht den
Bau von IT-Systemen, welche durch Erfahrung lernen, Korrelationen finden und
Hypothesen bilden. Wie ein Mensch. „Ein
Kind, das gehen lernt, tut das nicht mit
dem Ansatz eines Ingenieurs“, vergleicht
Engbersen. „Wenn es hinfällt, fragt es
nicht, um wie viel Prozent habe ich das
Ziel verfehlt, welchen Parameter muss ich
ändern? Es versucht es einfach immer wieder, bis es gehen kann.“
Indem sie die Plastizität des menschlichen Gehirns nachahmen, werden kognitive Computersysteme kleiner, energiesparender, fehlertoleranter, flexibler und (vielleicht) sogar einfacher. Doch sie werden die
traditionellen Computer nicht ablösen,
meint Engbersen. „Es wird wahrscheinlich
eine Erweiterung in der Computerwelt
geben. Jeder Computertyp wird dort eingesetzt, wo er am besten geeignet ist. Sie
werden sich ideal ergänzen.“ —
zurich.ibm.com
1/2012
Think!
Products & Services
Februar bis Mai 2012
Jemand hat das Booklet schon entfernt?
Alle Informationen finden Sie auch online auf:
ibm.com/ch/think
Think! 2/2010
23
Thought Leadership
Traditionelle Marketingkonzepte greifen in der digitalen Welt nicht mehr. Die globale ChiefMarketing-Officer-Studie fragt nach, mit welchen Massnahmen die CMO dem Wandel begegnen,
und zeigt auf, welche Fähigkeiten sie mitbringen müssen.
Studie empfiehlt den CMO
digitales Bodybuilding
82%
der CMO
betrachten Investitionen in soziale
Medien als unabdingbar.
25%
der CMO
finden Wissen in Sachen
soziale Medien wichtig für ihren
persönlichen Erfolg.
24
In der digitalen Welt unterliegt das Marke­
ting fundamentalen Veränderungen. Chief
Marketing Officers tun deshalb gut daran,
den Tag mit Dehnübungen zu beginnen,
um die Herausforderungen mit genügend
Elastizität angehen zu können. Die brau­
chen sie, wie die unter dem Originaltitel
„From Stretched to Strengthened“ erschie­
nene Studie zeigt.
Befragt wurden mehr als 1700 Teil­
nehmende aus 64 Ländern und 19 Bran­
chen zu ihren grössten Herausforderungen
und Chancen im heutigen Geschäftsum­
feld. „Stretched“ im Sinne von „gefordert“
sind die CMO mehr denn je, und sie sind sich
unabhängig von Branche und Land auch
einig, wo: Der Umgang mit der Datenflut
wird an erster Stelle genannt, gefolgt von
den sozialen Medien, der wachsenden Zahl
von Kommunikationskanälen und ­geräten
sowie dem geänderten Verhalten der Kun­
den. Gravierend ist, dass über die Hälfte
der Befragten angeben, nicht ausreichend
für daraus resultierende Aufgaben gerüstet
zu sein. Beim Datenhandling sind es gar
über 70%.
Die grössten Technologieinvestitio­
nen sind für soziale Medien, Kundenana­
lysen, Kundenbeziehungsmanagement und
mobile Anwendungen geplant. Die Verfas­
ser der Studie stützen diese Absichten: Es
eröffnen sich nicht nur neue Möglichkeiten
für die Interaktion mit Kunden; die Unter­
nehmen erhalten über Blogs, Tweets und
soziale Netzwerke auch eine Fülle an un­
gefilterten Informationen zu ihren Pro­
dukten und ihrem Ruf. „ Jedes bisschen
Feedback ist eine Chance, neue Wege zu
gehen oder die Kundenerfahrung zu ver­
bessern“, sagt denn auch ein Studienteil­
nehmer. Trotzdem zeigt die Analyse, dass
klassische Marktforschung für 82% immer
noch als eine Hauptquelle für strategische
Entscheidungen gilt, während Bewertun­
gen durch Verbraucher nur von 48% und
Blogs nur von 26% herangezogen werden.
Herausforderungen und Chancen er­
geben sich auch aus dem veränderten Ver­
hältnis zwischen Kunden und Unterneh­
men. Die Kunden informieren sich heute
viel gezielter darüber, was sie bei wem kau­
fen. Eine klar definierte Unternehmenskul­
tur, die nach innen und aussen konsistent
vermittelt wird, ist darum für das Vertrauen
in das Unternehmen unabdingbar. „Kun­
den haben heute mehr Kontrolle und mehr
Einfluss auf die Marke als je zuvor. Wir
müssen sicherstellen, dass die Beziehung zu
unseren Kunden ein gegenseitiges Geben
und Nehmen ist“, bringt ein weiterer CMO
die Schwierigkeit auf den Punkt. Gerade
weil die Kontrolle darüber in der digitalen
1/2012
Think!
Thought Leadership
Welt unmöglich ist, ist es wichtig, alle Ka­
näle zu bespielen, um den Kontakt mit den
Kunden aufrechtzuerhalten oder diese mit­
tels Onlinekampagnen zu einer aktiven Be­
schäftigung mit der Marke anzuregen.
Für die CMO bedeutet dies, dass sie in­
tern stärker mit der Geschäftsleitung zu­
sammenwirken müssen. Gemeinsam prä­
gen sie den „Charakter“ des Unternehmens
und stellen sicher, dass sich die Mitarbei­
tenden damit identifizieren und ihn re­
präsentieren. Der Unternehmenscharakter
umfasst nicht nur Logo, PR oder Werbung,
sondern Überzeugungen, Werte und Ver­
haltensweisen, die in den sozialen Medien
für jedermann sichtbar sind. Drei von vier
CMO sehen hier noch viel Arbeit vor sich.
Daneben müssen sie ihr technisches
und finanzielles Know­how ausbauen. Sie
tragen heute vermehrt finanzielle Verant­
wortung für Investitionen in Bereiche, für
die nicht nur verlässliche Erfahrungswerte
fehlen, sondern auch Messgrössen für den
Return on Investment. Eine Diskrepanz
ortet die Studie denn auch zwischen der
gewachsenen Verantwortung und den feh­
lenden Einflussmöglichkeiten im Unter­
nehmen. Demnach sollte der CMO von heu­
te auch in der Produktentwicklung, Preis­
bildung und Distribution mitreden, um
eine erfolgreiche und effiziente Marke­
tingstrategie entwickeln zu können.
Ein Umdenken ist aber auch in den
Köpfen der Chief Marketing Officers not­
wendig. Die meisten von ihnen glauben
immer noch, mit den traditionellen Füh­
rungsqualitäten auszukommen, und nennen
technologische Kompetenz, Know­how in
sozialen Medien und Finanzwissen an letz­
ter Stelle für den persönlichen Erfolg. Die
Studie macht jedoch klar, dass sie nicht
nur vorhandene Muskeln dehnen, sondern
sich zusätzliche antrainieren müssen, um
„strengthened“ – gestärkt – die neuen He­
rausforderungen anpacken zu können. —
Interview
Thomas Langenegger ist Chief Marketing Officer
von Swiss Life. Mit Think! sprach er über den
Umgang mit der digitalen Welt und der Datenflut.
Gespür fürs digitale Terrain
Think! Wie reagieren Sie auf die
schnellen Entwicklungen in der
digitalen Welt?
Thomas Langenegger Viele
Veränderungen sind für uns ein­
schneidend, aber auch sehr positiv.
Wichtig ist, den Mut zu haben,
etwas auszuprobieren. Und man
muss Spass haben am Ungewissen.
Die Online­Community kann man
nicht kontrollieren. Nachdem Sie
den ersten Schritt gemacht haben,
entwickelt sie sich von alleine
weiter. Allerdings ist sie sehr fair,
weil sie sich selbst reguliert.
Think! Trotzdem gibt es Krisen­
sitzungen nach negativen Postings?
Thomas Langenegger Klar,
aber wir haben gelernt, damit
umzugehen. Die Zeit ist eine andere
in der digitalen Welt: „Social
Media Never Sleeps.“ Man muss
C-Level
Studien
Von
Herausforderungen
zu Chancen
Ergebnisse der
Global Chief Marketing
Officer (CMO) Study
Think! 1/2012
Die Broschüre „Von Herausforderungen zu Chancen“
können Sie hier bestellen:
ibm.com/ch/think
Thomas Langenegger hat keine
Angst vor Kontrollverlust.
sie permanent beobachten, um
schnell reagieren zu können.
Think! Wie gehen Sie mit der
Datenflut um?
Thomas Langenegger Das ist
ein ziemlich unerforschtes Gebiet.
Wir alle sind hier am Üben, um
zu verstehen, welche Kennzahlen
wichtig sind. Kaum hat man es
verstanden, hat es sich jedoch
bereits wieder verändert und andere
Zahlen werden plötzlich interessant.
Wichtig ist bei allem: Kennzahlen
können das Bauchgefühl nicht
ersetzen. Ein CMO muss sich deshalb
auf digitalem Terrain bewegen,
um ein Gespür dafür zu entwickeln.
Think! Wie nutzen Sie die Daten
für Ihre Kampagnen?
Thomas Langenegger Wir
brauchen sie, um die Kunden
besser zu verstehen. Was darüber
hinausgeht, ist heikel. Die Commu­
nity mag es nicht, wenn sie für
Werbezwecke missbraucht wird.
Das ist gut so. Digitale Medien
helfen, dass die Kunden ernst
genommen werden.
Think! Hat sich Ihre Rolle verän­
dert?
Thomas Langenegger Früher
war Marketing eine organisato­
rische Aufgabe. Heute geht es
alle etwas an. Es ist nichts anderes
als das Wirken gegenüber den
Anspruchsgruppen. —
25
Solutions
CERN
IBM ILOG
Ingenieure überwachen in einem hochmodernen Kontrollzentrum rund
um die Uhr die Infrastrukturen des CERN. Das Experiment zur Erforschung
des unendlich Kleinen verbraucht so viel Energie wie die Stadt Genf.
Die Wächter des CERN
Auf riesigen, hoch oben an der Wand befestigten Bildschirmen werden komplexe Schemata, Statistiken und
Grafiken angezeigt. Am Boden füllen rund 100 in
4 Kreisen angeordnete Schreibtische den Raum, der an
ein Kontrollzentrum für Weltraummissionen erinnert.
Dies ist das 2006 eröffnete Kontrollzentrum des CERN.
Von hier aus überwachen mehrere Teams das grösste
Physikexperiment aller Zeiten – 24 Stunden am Tag.
Für einen Laien ist das alles unverständlich, bis
vielleicht auf eine Grafik: Sie zeigt den Stromverbrauch
des Forschungszentrums an. 178 Megawatt sind es.
„Das entspricht etwa dem Verbrauch der Stadt Genf “,
sagt Peter Sollander, Verantwortlicher für die Infrastrukturen des europäischen Forschungszentrums. Die
Erforschung der Materie hat ihren Preis und muss
ständig überwacht werden. Neben einem Beschleuni-
80 000
Messpunkte
der Überwachungssysteme sind auf dem gesamten
Gelände verteilt.
100 000 000
Rohdaten
werden täglich geliefert.
7000
Alarme
werden täglich aktiviert.
26
ger, der Teilchen mit Lichtgeschwindigkeit bewegt,
und Detektoren, von denen der grösste mehr wiegt als
der Eiffelturm, besteht die Ausrüstung aus weiteren,
sehr empfindlichen technologischen Wunderwerken,
die mit äusserster Vorsicht behandelt werden müssen.
„Mein Team stellt sicher, dass alle Infrastrukturen
des CERN richtig versorgt werden“, fährt der Ingenieur
fort, „dass eine ausreichende und stabile Stromversorgung besteht, die Notfallgeneratoren einsatzbereit und
die Batterien aufgeladen sind. Wir achten darauf, dass
kein übermässiger Stromverbrauch entsteht, der die
Versorgung gefährden könnte. Die Netzhautscanner
der Zutrittskontrollsysteme werden überwacht und es
ist jederzeit bekannt, wie viele Personen sich in den
verschiedenen Zonen des Tunnels befinden. Es geht
nicht nur darum, das CERN vor Eindringlingen zu
schützen; vor allem soll die Sicherheit der Angestellten
gewährleistet werden. Sie müssen vor der Radioaktivität geschützt werden, die von der Teilchenstrahlung im
Beschleuniger ausgeht.“ Die Klimaanlagen und Kühlsysteme, aber auch die Brandgefahr und das Risiko der
Wasserinfiltrierung, die Erfassung von Gaslecks und
die chemische Analyse des Abwassers – alles, was für
den reibungslosen Betrieb erforderlich ist oder ihn gefährden könnte, muss rund um die Uhr überwacht werden. Der Teilchenbeschleuniger LHC und die vier neuen
Detektoren haben schliesslich mehr als sechs Milliarden Schweizer Franken gekostet …
Um diese Mission zu erfüllen, müssen unzählige
Daten verwaltet werden; diese werden von Sensoren
erfasst, die auf dem Gelände verteilt sind, das sich auf
Schweizer und auf französischem Boden befindet. Die
Zahlen sind schwindelerregend: 80 000 Messpunkte
übertragen täglich 100 Millionen Rohdaten. Jeden Tag
werden 2 Millionen Ereignisse und 7000 aktivierte ➔
Solutions
Für Laien ist nur gerade die Anzeige des Stromverbrauchs des CERN verständlich. Doch den Ingenieuren, die 365 Tage während 24 Stunden
über die Infrastruktur wachen, sagen die komplexen Grafiken alles über deren Zustand, den Unterhaltsbedarf und Zwischenfälle aus.
Alarme aufgezeichnet und jede Woche rund 100 Aufträge für Instandhaltungsarbeiten erteilt.
Um die Verwaltung dieses permanenten Datenflusses zu vereinfachen, haben die IT-Spezialisten des
CERN ein flexibles System zur Alarmvisualisierung entwickelt. Das Überwachungsteam der Infrastrukturen
muss einen ständigen Überblick über den Zustand der
Anlagen haben und bei einem Alarm schnell verständigt werden können. Daher ist eine Überwachungsanzeige, die alle Parameter übersichtlich zusammenfassen
kann, äusserst wichtig. Die eigens dafür entwickelte
Software namens TIM Viewer – TIM steht für Technical
Infrastructure Monitoring – ermöglicht eine Personalisierung der „Ansichten“, das heisst der Art, wie die
Informationen angezeigt werden.
Modulierbare Anzeigen
„Gleich zu Anfang haben wir uns entschieden, die Systemprogrammierung und die Entwicklung der Ansichten vollständig voneinander zu trennen“, so Matthias
Braeger, Verantwortlicher des IT-Projekts. „Wir wollten vor allem eine ständige Nachfrage nach kosmetischen Veränderungen verhindern – und ausserdem wissen die Benutzer besser als wir, wie die Daten angezeigt
werden sollen. Aus diesen Gründen haben wir diese
spezielle Software entwickelt.“ Der Ansatz erinnert
an Content-Management-Systeme oder auch an die
Wordpress-Werkzeuge: Wenn das Programm einmal
richtig konfiguriert ist, kann der Benutzer selbst den
Inhalt beliebig anpassen. Beim TIM Viewer umfasst der
Inhalt auch die Anordnung der visuellen Darstellung
der Daten. Das Programm TIM Viewer, das im Jahr
2005 eingeführt wurde, ist mit etwa 100 Ansichten ausgestattet. Seitdem haben die Benutzer mehr als 100
neue Überwachungsanzeigen eingerichtet, und das
vollkommen selbstständig, ohne Unterstützung der ITAbteilung. Das Werkzeug ermöglicht die Überwachung, die Diagnose und das Eingreifen: Die Benutzer
können Aktionen festlegen, um ein Alarmsignal auszulösen oder die Stromversorgung eines ganzen Sektors
zu unterbrechen.
„Im Fall eines grösseren Infrastrukturproblems
werden die Alarmlisten schnell zu lange, um noch
nützlich zu sein“, fährt Peter Sollander fort. „Aus diesem Grund haben wir globale Ansichten definiert, die
jeden Punkt einer Checkliste darstellen. Diese Anzeigen bilden schematisch die zwischen verschiedenen
Systemen bestehenden Abhängigkeiten ab, wie beispielsweise alle Vorrichtungen, die sich in einem bestimmten Teil des Beschleunigers befinden und bei
einem Zwischenfall beeinträchtigt werden könnten.
Diese Darstellungen werden automatisch erstellt und
bieten uns die Möglichkeit, auf mehreren Ebenen
28
Fotos: Cédric Widmer
Solutions
Sie wachen über das CERN : Anna Suwalska,
Matthias Braeger und Peter Sollander.
durch das gesamte System zu navigieren. Dieses Werkzeug ist massgeblich, um schnell zu erkennen, welche
Massnahmen ergriffen werden müssen, und vor allem
auch, um Prioritäten festzulegen.“
Die Informatiker haben sich bei der Entwicklung
des TIM Viewer für die Software IBM ILOG entschieden.
„Dieses Programm hat uns durch seine offene, auf
Bibliotheken basierte Architektur überzeugt, die uns
ermöglicht hat, es an unsere Bedürfnisse anzupassen“,
erklärt Matthias Braeger. Unsere Infrastrukturen mischen 50 Jahre alte Anlagen mit den neusten Technologien. Das System muss also die heterogenen Daten,
die uns von unterschiedlichsten Vorrichtungen geliefert werden, vereinheitlichen. „Die andere Stärke von
ILOG besteht darin, dass es eine sehr grosse Datenmenge zuverlässig verwalten kann“, fügt Anna Suwalska,
Verantwortliche des TIM-Projekts, hinzu. „Das System
erstellt sehr einfach Grafiken und kann den Verlauf
einer bestimmten Überwachungsanzeige wie einen
Film als Playback abspielen. Das ist viel effizienter, als
wenn wir die Informationen mehrerer Grafiken selber
kombinieren müssten.“
Die Ansichten können über die Websites des CERN
abgerufen werden und machen das System dadurch
mobil. Wenn ein Eingriff nötig ist, verfolgt der Techniker den Zustand der Sensoren über sein Tablet, während der Feuerwehrmann auf einem Monitor sieht, ob
ein Raum zugänglich ist. Mit der Software TIM Viewer
haben die Informatiker des CERN den Traum vieler ITDienste wahr gemacht: den Benutzern die Anpassung
ihres Arbeitsgeräts an ihre Bedürfnisse selbst zu überlassen. Ein wichtiger Schritt, um eine der aussergewöhnlichsten Maschinen, die je vom Menschen erschaffen wurden, optimal zu überwachen. —
IBM Solution
Software IBM ILOG JViews Diagrammer und
IBM ILOG JViews Charts.
ibm.com/ch/think
1/2012
Think!
Solutions
ABN AMRO Schweiz
IBM Global Business Services
Eine Privatbank erledigt für ihre vermögenden Kunden
auf Wunsch den Zahlungsverkehr. Bei ABN AMRO Schweiz
ist dieser Prozess nun vollständig automatisiert.
Schnell und sicher
„Bisher haben wir
das von Hand erledigt,
der Aufwand war
enorm. Jetzt verkürzen
sich die Durchlauf­
zeiten eines Zahlungs­
verkehrs um den
Faktor vier.“
Jacqueline Honegger
Leiterin Organisation bei ABN AMRO
Think! 1/2012
Privatbanken betreiben kein Schaltergeschäft. Sie widmen sich der Vermögensverwaltung. Möchte ein Klient aber eine Zahlung ausführen lassen, steht man im Sinne
der umfassenden Kundenpflege selbstverständlich zur Verfügung.
Bei ABN AMRO Schweiz – seit 1. November 2011 im Besitz der Genfer Union
Bancaire Privée – treffen täglich rund 300
solche Anfragen ein. Es kann sich um die
Begleichung der persönlichen Kreditkartenrechnung handeln, um die Zahlung von
Daueraufträgen oder um die Entrichtung
von Gebühren für Handelsgeschäfte.
Was für den Kunden eine Erleichterung ist, stellt für die Bank eine Herausforderung dar, denn hinter jeder Auszahlung steht ein komplexer Ablauf. Er reicht
von der Entgegennahme der eingehenden
Anfragen durch den Kundenberater über
die Authentifizierung des Kunden, die
Kontoabklärungen durch die Client-DataManager bis zur Bewilligung der Zahlung
durch die befugten Vorgesetzten.
„Bisher haben wir das von Hand erledigt“, erzählt Jacqueline Honegger, Leiterin Organisation bei ABN AMRO, „der Aufwand war enorm.“ Deshalb setzte die Bank
ein Projekt auf, holte Angebote ein und entschied sich schliesslich für die Consultingund Implementierungsofferte von IBM.
Im Februar 2010 legte das mehrköpfige
Projektteam los. Neben IBM und Vertretern
von ABN AMRO waren auch Mitarbeitende
der Firma Appway beteiligt, welche die
Plattform und die Werkzeuge für das Business Process Management (BPM) lieferte.
Exakt 255 Tage nach dem KickoffMeeting − Jacqueline Honegger erinnert
sich noch genau daran – war das neue System an allen vier Schweizer Standorten von
ABN AMRO operativ. Die Vorteile sind gross.
Es gibt von der Zahlungsaufforderung
durch den Kunden bis zur Zahlungsauslösung keine Medienbrüche mehr. Dank
der durchgängigen Digitalisierung – inklusive des Unterschriftswesens – sinkt die
Fehler- und Rückfragequote. Und zudem
ist es nun möglich, jede in Bearbeitung befindliche Zahlung in Echtzeit zu verfolgen
und dem Kunden gegebenenfalls Auskunft
über den Status zu geben.
„In der Summe“, so Honegger, „verkürzen sich die Durchlaufzeiten eines Zahlungsauftrages um den Faktor vier.“ Zudem
seien die Mitarbeitenden an der Front von
administrativen Aufgaben entlastet und
könnten sich besser auf das Kerngeschäft
der Privatbank konzentrieren – die Betreuung der Kunden und ihrer Vermögen.
Für IBM als Umsetzungspartner zeigt
das Projekt zweierlei: Erstens, dass die
Digitalisierung von Geschäftsprozessen
auch in der Finanzindustrie noch viel
Potenzial hat. Und zweitens, dass sich solche Workflow-Projekte mit den einschlägigen Kenntnissen in Sachen Umsetzung
vergleichsweise schnell realisieren lassen.
Insofern handelte es sich bei der Digitalisierung des Zahlungsverkehrs für die ABN
AMRO Schweiz um einen echten Showcase.
Dieser Meinung ist übrigens auch die
Association of Management Consultants
Switzerland (ASCO). Die ASCO vergibt jedes
Jahr einen Preis für die gelungensten Business-Transformation-Projekte der Schweiz.
Die Payment-Lösung bei ABN AMRO gehörte zu den Top Ten des Jahres 2011. —
IBM Solution
Services IBM Global Business Services (GBS).
Business Partner Appway.
ibm.com/ch/think
29
Foto: Mathias Hofstetter
Solutions
2011
1989
Bis zu 15 Prozent Umsatzsteigerung jährlich legt SPAR – holländisch „Fichte“ – seit 1989 in der Schweiz vor. Die Fortsetzung dieser
Erfolgsgeschichte wird neuerdings auch mit Unterstützung von IBM geschrieben.
30
1/2012
Think!
Solutions
SPAR
IBM Power Systems, IBM Information Management
Die IT-Infrastruktur der SPAR Handels AG stiess an ihre Leistungsgrenze.
Deshalb haben die St. Galler den ERP-Host ausgewechselt und gleichzeitig eine
neue Datenbank aufgesetzt.
Neuer Humus für die Fichte
SPAR steht nicht für Sparen. „Spar“ ist holländisch und steht für die Fichte, die sich
auch im Firmensignet wiederfindet. Seine
Wurzeln hat der Konzern in den Niederlanden und er wächst im Franchisesystem.
Die Lizenz für die Schweiz hält die
St. Galler Unternehmerfamilie Leuthold
und diese sorgt dafür, dass das Nadelholz
auch in der Schweiz prächtig gedeiht. Die
Umsätze steigen hierzulande seit Jahren
um jährlich bis zu 15 Prozent. 2010 hat das
Unternehmen knapp eine Milliarde Franken umgesetzt.
Wolfgang Mähr ist Bereichsleiter Informatik bei SPAR. Er spürt das anhaltende
Wachstum des Geschäftsvolumens jeden
Tag – sei es anhand des steigenden Datenverkehrs, den er in seinem Rechenzentrum
zu bewältigen hat, oder der neuen Applikationen, die es braucht, um das Geschäft
laufend effizienter zu machen. So zum Beispiel der vollständig automatisierte Bestelleingang von den Filialen.
Aktuell hängen schweizweit rund 160
SPAR-Filialen, 10 TOP-CC-Gastromärkte sosowie Läden von Business-Partnern am zentralen SPAR-Rechenzentrum in Gossau SG.
Würde der SAP-Host überlastet aussteigen,
könnten vor Ort nur noch die vorhandenen
Waren abverkauft werden. „Anschliessend
müssten unsere Filialleiter wohl dichtmachen“, sagt Wolfgang Mähr.
Um diesem Horrorszenario vorzubeugen, suchte er zusammen mit Emanuel
D’Angelo, seinem Kundenbetreuer bei IBM,
Think! 1/2012
nach einer geeigneten Lösung. Als Produkt der Wahl erwies sich schon bald die
IBM Power Systems Plattform in Kombination mit der Datenbank IBM DB2. „Ich kam
zum Schluss“, sagt Mähr, „dass IBM mit
diesem Angebot der Konkurrenz zurzeit
einen Schritt voraus ist.“
Im Juni 2010 begannen die Arbeiten in
Gossau. Und nun stellte sich heraus, dass
Mähr mit seinem Entscheid für IBM richtig
gelegen hatte. Als es bei der Ablösung der
bisherigen Datenbank zu Komplikationen
kam, ruhte sein Partner D’Angelo nicht,
bis Hilfe im Haus war. Er wandte sich an
das IBM SAP International Competence
Center (ISICC). Dort, am SAP-Hauptsitz im
deutschen Walldorf, stimmen IBM und SAP
ihre Produktpaletten aufeinander ab. Wenige Tage später standen die Spezialisten
bei SPAR vor der Tür und lösten das Migrationsproblem.
Voicepicking. Dabei kommunizieren die
Mitarbeitenden im Warenlager über ihre
Headsets direkt mit dem Rechner und
erhalten von ihm die Kommissionierungsaufträge.
Momentan ist der neue SAP-Host zu
60 Prozent ausgelastet. Ende 2012 wird er
schätzungsweise 75 Prozent seiner Leistung abrufen müssen und spätestens in vier
oder fünf Jahren muss Informatikleiter
Mähr das nächste grosse Ersatzprojekt
starten. Für Mähr ist klar: Dann wird er
mit seinen IT-Partnern auch Cloud-Lösungen in Betracht ziehen. Denn der On
Demand Bezug von Software aus der
Datenwolke bringt nicht nur mehr Komfort, sondern macht auch flexibler. Gerade
im Retailgeschäft mit seinen starken saisonalen Ausschlägen ein wesentlicher Erfolgsfaktor. —
Vorteil für Echtzeitanwendungen
Seit rund einem Jahr sind die beiden redundant ausgelegten IBM Power 770 Server
von SPAR nun in Betrieb. In einer komplett
virtualisierten Umgebung laufen derzeit
19 eigenständige Server – vom CRM über
die Lohnbuchhaltung bis zur Lagersteuerung. Die Reaktionszeit der Server hat sich
gegenüber früher um 40 Prozent verkürzt.
„Gerade für Echtzeitanwendungen ist das
ein unschätzbarer Vorteil“, sagt Wolfgang
Mähr. Ein Beispiel dafür ist das so genannte
IBM Solution
Hardware 2 IBM Power Systems 770,
2 IBM System Storage DS8700, IBM Tape-Library
Upgrade LTO5.
Software
IBM DB2, IBM Tivoli Storage Manager.
Services
IBM Global Business Services,
IBM Maintenance Services.
ibm.com/ch/think
31
Solutions
Stadt Zürich
IBM Mini Innovation Jam™, IBM COBRA
Zum ersten Mal in der Schweiz hat die Stadt Zürich im September 2011 ein dreitägiges
Onlinebürgerforum durchgeführt. Die Anzahl Teilnehmende und die Qualität der Beiträge
waren überragend.
Die Weisheit der Massen
3550
Menschen
nahmen an der dreitägigen Online„Stadtdebatte“ der Stadt Zürich teil.
2 ⁄3
der knapp 2000 Beiträge
kamen von Teilnehmenden zwischen
40 und 65 Jahre.
85%
der Teilnehmenden
hatten einen Hochschulabschluss.
32
Das Zürcher Stadthaus ist noch menschen­
leer, als Brigit Wehrli am 15. September
2011 frühmorgens über den ehrwürdigen
Steinboden der Eingangshalle schreitet.
Nach einem Espresso setzt sie sich ins Büro
und tippt um 7.03 Uhr die ersten Zeilen
in ihren Computer: „Guten Morgen und
willkommen zur Stadtdebatte!“ Damit gibt
die Direktorin Stadtentwicklung Zürich
den Startschuss zur dreitägigen „Stadtde­
batte“, dem ersten Onlinebürgerforum im
deutschsprachigen Raum.
Als der Zürcher Stadtrat eineinhalb
Jahre zuvor seine vier Legislaturschwer­
punkte bekannt gab, lautete einer „Stadt
und Quartiere gemeinsam gestalten“. Das
Überraschende an dieser Formulierung
war der vage Begriff „gemeinsam“. Tat­
sächlich aber versteckt sich hinter diesem
die Erkenntnis der Stadtverwaltung, dass
eine zunehmend dynamische und komplexe
Stadt wie Zürich nicht allein am Reissbrett
weiterentwickelt werden kann, sondern
neue Formen der Entscheidungsfindung
braucht – eben unter Einbezug der kleine­
ren Systeme des Systems Stadt, der Quar­
tiere, der Bürgerinnen und Bürger. Anders
gesagt: Der Zürcher Stadtrat will, dass
mehr von unten nach oben statt von oben
nach unten geplant und gestaltet wird.
Dass der Legislaturschwerpunkt „Stadt
und Quartiere gemeinsam gestalten“ kein
frommer Beamtenwunsch war, hat vom
15. bis zum 17. September 2011 die „Stadtde­
batte“ gezeigt. Während dreier Tage konn­
ten interessierte Bürgerinnen und Bürger
auf dem Onlinebürgerforum zu fünf ver­
schiedenen Themenblocks diskutieren, de­
battieren, Ideen einbringen, Stellung be­
ziehen, Kritik üben. Wie bewegen wir uns
in der Stadt? Wie leben wir mit 2000 Watt?
Oder wie Brigit Wehrli es um 7.03 Uhr for­
mulierte: Wo liegen Zürichs Grenzen?
Denkgrenzen und Gemeindegrenzen
Wehrli ist nicht nur Hauptinitiantin der
„Stadtdebatte“, sondern auch „ Jam­Host“,
also Gastgeberin eines der fünf Foren. Wie
jede reale Diskussion braucht auch eine vir­
tuelle Debatte ein Mindestmass an Mo­
deration und Leitung. Wo aber liegen nun
Zürichs Grenzen? Wehrli muss nicht lange
auf eine Antwort warten. Um 7.41 Uhr stellt
ein Teilnehmer den Sinn der historischen
Gemeindegrenzen in Frage und spricht
sich für „Zweckgemeinden“ aus: funktio­
nale Gebietskörperschaften, die ähnlich
wie Schulgemeinden funktionieren.
Die Auflösung überholter Grenzen ist
nicht nur ein politisches Thema, und es be­
schäftigt auch nicht nur Brigit Wehrli, son­
dern beispielsweise auch Norbert Ender,
IBM Smarter Cities Executive. Vor allem
wenn es darum geht, in Unternehmen oder
Verwaltungen das Denken in übergreifen­
den Zusammenhängen zu fördern. Bei IBM
selbst gehört das längst zur Unterneh­
menskultur. Seit zehn Jahren führt das
Unternehmen so genannte Jams durch: ➔
1/2012
Think!
Quelle: stadt-zuerich.ch
Solutions
„Die Stadt soll für alle
Altersklassen, auch für Kinder,
ein Lebensraum sein.“ „Als Velo fahrender Städter bin ich auch
in der Tat der Meinung, dass die Strassen
„Mehr Wohnungen oder in der Stadt Zürich eher mir gehören als
den mit dem Auto pendelnden Auswärtigen.“
mehr Arbeitsplätze?“
„Was könnte die Stadt
unternehmen, um
das friedliche Miteinander
im Verkehr zu fördern?“
„Gärten werden in
„Der wahre Grund für
verschiedenen Städten
auch vertikal betrachtet.“ das Wachstum liegt
„Die Idee, eine U-Bahn doch in der Attraktivität
in Zürich zu erstellen, von Zürich – diese
sollte unbedingt
zieht die Menschen an.“
wieder auf den Tisch,
„Wer hat noch Heimatgefühle
und zwar in kurzer Zeit.“ für Zürich, und warum?“
„Urbanität entsteht aus dem Zusammenund Nebeneinanderleben der Menschen
in der gebauten Stadt.“
„Wie leben
wir mit
„Der Langsamverkehr
braucht keine Förderung, 2000 Watt?“
sondern nur ausreichend Platz.“
Ein Text-Mining-Werkzeug hat Themen, die in der Stadtdebatte in vielen Diskussionen vorkamen, in einer „Themenwolke“ dargestellt,
die auf der Häufigkeit der verwendeten Begriffe basierte. Die obige „Tag Cloud“ simuliert diese Art der Gewichtung mit ganzen Sätzen.
Think! 1/2012
33
Solutions
„Unsere Vielfalt an Kulturen
und Lebensstilen ist in
erster Linie ein Reichtum und
keine Bedrohung.“
„Wir sollten uns
endlich darauf
einigen können,
wie wir den Verkehr
reduzieren.“ „Es geht
um Lebensqualität,
um unterschiedliche
Bedürfnisse, um
das multikulturelle
Stadtleben.“
„Ist das Auto
generell
ein Problem?“
IBM Solution
Hardware IBM Jam™ Cloud Lösung
(betrieben auf der IBM Secure Event Infrastruktur).
Software Mini Innovation Jam™,
IBM COBRA (Corporate Brand and Reputation
Analysis).
Services IBM Global Business Services Strategy &
Transformation Consulting.
ibm.com/ch/think
34
zeitlich begrenzte, moderierte Onlinedis­
kussionen zu Unternehmenswerten oder
­strategien. Am legendären IBM Innovation
Jam™ 2006 beteiligten sich 150 000 Men­
schen aus 104 Ländern und 67 Unter­
nehmen. Resultat: Die Entwicklung von
zehn neuen Produkten mit einem Inves­
titionsvolumen von rund 100 Millionen
Dollar. Aus diesen Gründen rannte Brigit
Wehrli bei Norbert Ender offene Türen
ein, als sie ihm Anfang 2011 von der Idee
eines Onlinebürgerforums erzählte und
eine inhaltliche und technologische Bera­
tung wünschte.
Stilles Wissen nutzbar machen
Die Grundidee eines Jam ist deckungsgleich
mit der Erkenntnis der Stadtplanerin, dass
„Experten“ nicht notwendigerweise dort
sitzen, wo entschieden wird, sondern dort,
wo die Probleme auftauchen. Zum Beispiel
auf der von Fussgängern, Velofahrern, Bus­
sen, Trams und Automobilisten hart um­
kämpften Strasse. Kein Wunder, entwickelt
sich das Thema „Verkehr“ zum Dauerbren­
ner der „Stadtdebatte“. „Warum hören die
markierten Velowege an den gefährlichsten
Stellen auf?“, will einer wissen. In der Folge
werden unzählige Orte genannt, an denen
Velofahren in Zürich als gefährlich empfun­
den wird. Dieses „stille Wissen“ (tacit
knowledge) in „explizites Wissen“ (explicit
knowledge) zu verwandeln und dadurch
nutzbar zu machen für die Entscheidungs­
findung, ist für die Entwicklung einer mo­
dernen Stadt genauso hilfreich wie für ein
Unternehmen. Und Jams sind das zeitge­
mässe, örtlich und zeitlich flexible Medium
zur „Ausgrabung“ dieses stillen Wissens.
Für Norbert Ender ist klar: „Eine ‚smarte
City‘ muss heute service­ und prozessorien­
tiert sein und organisationsübergreifend
arbeiten, dazu gehört auch die Einbindung
des Bürgerwissens.“
Die Stadtpräsidentin zu Besuch
Zurück zur „Stadtdebatte“. Am zweiten Tag
besucht Stadtpräsidentin Corine Mauch
das Hauptquartier der „Stadtdebatte“, den
Medienraum des Stadthauses. Hier sitzen
in drei Schichten zwischen 7 und 21 Uhr
Angestellte unterschiedlicher Departe­
mente der Stadt Zürich, die als Moderato­
rinnen und Moderatoren nebst den Jam­
Hosts die verschiedenen Diskussionen lei­
ten. Ständig anwesend sind auch zwei IBM
Spezialisten für Innovation Jam™, die mit­
tels einer Software in Echtzeit statistische
Daten auswerten können. Die Anzahl der
Registrierungen übertrifft alle Erwartun­
gen, die Verweildauer der Teilnehmenden
ist selbst für erfahrene „ Jammer“ wie Nor­
bert Ender „rekordverdächtig“. Und nicht
nur die Quantität stimmt, sondern auch die
„intellektuelle Flughöhe“ der Beiträge, wie
Brigit Wehrli das nennt. Einziger Wer­
mutstropfen: Die Statistik zeigt an diesem
Morgen, dass Frauen nicht nur unterver­
treten sind bei „Stadtdebatte“, sondern dar­
über hinaus auch noch praktisch keine
Beiträge schreiben. Das stört nicht nur
Brigit Wehrli, sondern auch Stadtpräsiden­
tin Corine Mauch. Kurzerhand entscheiden
sie, alle registrierten Teilnehmerinnen per
Mail anzuschreiben und sanft aufzufordern,
ihre Meinungen im Forum kundzutun.
Der Aufruf wirkt, vermag den Ge­
schlechtergraben jedoch nicht gänzlich zu
nivellieren. Am Ende der „Stadtdebatte“
wird die Auswertung der Datensätze, die
zum Leistungspaket eines IBM Innovation
Jam™ gehört, zeigen, dass 64,5 Prozent der
3550 registrierten Teilnehmenden männlich
waren und 85 Prozent einen Hochschulab­
schluss hatten. Zudem dominierten überra­
schenderweise ältere Bürgerinnen und Bür­
ger die „Stadtdebatte“ und nicht – wie anfangs
angenommen – junge „Digital Natives“.
Doch was ist mit Menschen, die kein
Internet besitzen? Sind sie nicht von einem
Onlineforum ausgeschlossen? Am dritten
Tag der „Stadtdebatte“ schreibt ein Teilneh­
mer, ein Onlineforum sei elitär, man solle
lieber einen „echten Dialog“ führen. Ant­
wort erhält er um 9.46 Uhr von Brigit Wehrli
selbst: Jedes Medium sei letztlich ausgren­
zend, auch ein runder Tisch oder eine
Podiumsdiskussion, zum Beispiel aus zeit­
lichen Gründen. „Deshalb meine ich, dass
wir alle Arten von Dialogen führen sollten.“
Es ist ihr letzter Beitrag in diesem Jam. —
Die Ergebnisse der Stadtdebatte und eine
Stellungnahme der Stadt Zürich sind spä­
testens ab Ende Januar 2012 einsehbar unter
stadt-zuerich.ch
1/2012
Think!
Solutions
Centre Suisse d’Electronique et de Microtechnique (CSEM )
IBM System X, IBM System Storage
Das Centre Suisse d’Electronique et de Microtechnique
(CSEM) hat seine IT-Infrastruktur erneuert. Die Migration
hat zu mehr Flexibilität und Sicherheit geführt.
Sowohl als auch
„Die Virtualisierung
bietet nicht nur zusätzliche Flexibilität,
sondern auch mehr
Redundanz. Dadurch
gewinnen wir an
Sicherheit.“
Jean-Marc Masgonty
Verantwortlicher für Informatik
und Qualität beim CSEM
Think! 1/2012
Beim Centre Suisse d’Electronique et de
Microtechnique (CSEM), einem der wichtigsten Forschungszentren in der Schweiz,
steht Innovation an erster Stelle der strategischen Prioritäten. „Das private Forschungs- und Entwicklungszentrum CSEM,
mit den Schwerpunkten Mikro- und Nanotechnologie, Mikroelektronik, Systems
Engineering und Kommunikationstechnologien, erneuert alle vier Jahre seine gesamte Infrastruktur“, so Jean-Marc Masgonty,
Verantwortlicher für Informatik und Qualität beim CSEM. „Früher haben wir Pläne
für einen Zeitraum von drei Jahren erstellt,
aber aufgrund der Probleme bei der Wartung und Finanzplanung, die so eine Veränderung mit sich bringt, hat es letztlich
jeweils doch vier Jahre gedauert. Dieses
Mal haben wir für die Umstellung vier Jahre eingeplant und halten uns auch daran.“
Für diese neue Infrastruktur hatte das
Institut detaillierte Kundenspezifikationen erstellt. Ben Jones, Leiter IT-Projekte
bei UDITIS: „Das CSEM hat nach einer innovativen und gleichzeitig hoch spezialisierten Lösung gesucht. Daher wollten wir uns
die bestehenden Technologien genauer ansehen und überlegen, wie CSEM sie für sich
nutzen kann. Mithilfe des europäischen
Forschungszentrums von IBM in Montpellier haben wir die Liste der Anforderungen
in eine Liste technischer Lösungen umgewandelt.“ Die wichtigste Anforderung an
das neue System bestand nebst der Senkung der Betriebskosten darin, dass Win-
dows- und Linux-Protokolle gleichzeitig
auf den Speicher zugreifen und sich diesen
teilen können. Die N-Series-Speicherlösung erfüllt diese Anforderungen durch
vereinfachte Verwaltung und Integration
der beiden Betriebssysteme. In Kombination mit einer Servervirtualisierung garantiert diese Lösung die Autonomie der ITInfrastrukturen – nicht nur am Hauptsitz
in Neuchâtel, sondern auch in den vier dezentralen Niederlassungen (Zürich, Alpnach, Muttenz und Landquart). „Die Virtualisierung bietet neben zusätzlicher Flexibilität auch mehr Redundanz“, erklärt
Jean-Marc Masgonty. „Bei Problemen in
den entfernten Niederlassungen können
die Mitarbeitenden zur Weiterarbeit die
Infrastruktur in Neuchâtel nutzen. Dadurch gewinnen wir an Sicherheit.“
Neu durchdachte Datensicherung
Im CSEM werden die Teams nach Projekten
zusammengestellt und die IT-Infrastruktur muss diese Organisationsweise unterstützen. Datenspeicherung und -archivierung wurden daher komplett überdacht.
Alle Technologiezentren haben jetzt eine
identische Speicherhierarchie. Auf diese
Weise erhalten die Benutzer nun eine
transparente Übersicht über neue und alte
Projekte. Dank der neuen Schnittstelle
sind alle Dateien leicht zu finden. Das neue
Speichersystem steigert zudem die Geschwindigkeit von Backup und Wiederherstellung. Um die Sicherheit zu erhöhen,
werden sämtliche Daten zudem auch an
einem Standort ausserhalb des Instituts gespeichert. Mit der neuen Infrastruktur erhöht das CSEM sowohl seine Flexibilität als
auch seine Datensicherheit und reduziert
ausserdem die Änderungs- und die Betriebskosten der Infrastruktur. —
IBM Solution
Hardware IBM System x 3650 M3, IBM System
Storage N3300, N3400 und DS3512, IBM System
Storage SAN24B-4, IBM System Storage TS3200.
Business Partner
UDITIS.
ibm.com/ch/think
35
Foto: V-ZUG
Solutions
Irgendwo hinter der markanten Fassade des neu erbauten Hochregallagers von V-ZUG verbirgt sich ein nagelneues Rechenzentrum.
Dank eingespielter Prozesse von IBM konnte es gleichzeitig mit dem Bau des Lagergebäudes erstellt werden.
36
1/2012
Think!
Solutions
V-ZUG
IBM Site and Facilities Services
Der Haushaltgerätehersteller V-ZUG brauchte ein neues Rechenzentrum. Man fand einen
Generalunternehmer, der die Anlage plant, baut und schlüsselfertig übergibt.
Sicheres Gehäuse
V-ZUG ist eine internationale Premiummarke für Küche und Haushalt. Wenn ein solches Unternehmen zur Optimierung des
Warenflusses ein neues Hochregallager
planen lässt, wird auf die Wirkung gegen
aussen geachtet. Der Auftrag ging deshalb
an das renommierte Zürcher Architekturbüro Bétrix & Consolascio. Und Eraldo
Consolascio rechtfertigte das Vertrauen:
Er entwarf eines der markantesten Gebäude der Agglomeration Zug.
Was indes kaum jemand weiss: Irgendwo hinter den Glas- und Metallfassaden
verbirgt sich ein nagelneues Rechenzentrum (RZ). Wo genau und auf welchem
Stockwerk es liegt, will Giorgio Hoenig,
der Verantwortliche von V-ZUG, nicht preisgeben. „Es geht hier auch um Sicherheitsaspekte“, erklärt er auf dem Rundgang.
Handlungsbedarf ergab sich vor einigen Jahren. Im damaligen Backup-RZ –
untergebracht in einem Wohnhaus auf dem
Werksgelände – ereignete sich ein Wasserschaden. Konkrete Schäden resultierten
zwar nicht, aber Hoenig begann Alternativen zu evaluieren, und schliesslich beschloss man, im damals schon geplanten
Hochregallager auch ein neues RZ zu projektieren. Als Umsetzungspartner kam der
langjährige Hardware- und Softwarelieferant IBM zum Zug.
Das so genannte Room-in-RoomKonzept umfasste drei Teile: Eine gegen
Feuer, Wasser und Rauch geschützte Zelle
für die Rechner; ein kleiner Raum für die
unterbruchsfreie Stromversorgung, die bei
Think! 1/2012
Netzausfällen innert Millisekunden auf
Batteriebetrieb umschaltet; und eine Kammer für die redundanten Klimaanlagen,
die Kältemaschinen und den Plattentauscher, der die Abwärme der Rechner in die
Gebäudeheizung speist. All dies innerhalb
des Hochregallagers.
Die Installation des Notstromaggregates plante man in einem anderen Gebäude – auf halbem Weg zum Backup-RZ.
Kalkuliert wurde mit einer Leistung von
400 Kilowatt; und um diese Last zu transportieren, musste ein 70 Meter langes armdickes Kabel verlegt werden.
Vom Wert eingespielter Prozesse
IBM erstellte allerdings nicht nur die Blaupause des Rechenzentrums. Die Spezialisten von IBM Site and Facilities Services
übernahmen auch die komplette Bauleitung. Federführend war Beat Stadtmann.
Der gelernte Elektriker nahm an jeder
Bauleitungssitzung teil.
Die zentrale Herausforderung bestand
darin, die Fortschritte am Hochregallager
mit dem Rohbau des RZ zu koordinieren.
So musste an einer Seitenwand ein mannshohes Loch ausgespart werden, damit
sich später die Brandschutz- und Dämmelemente der Sicherheitszelle einführen
liessen.
„Dabei zeigte sich einmal mehr, wie
wertvoll eingespielte Prozesse sind“, sagt
Stadtmann. Allein in der Schweiz baut IBM
jedes Jahr mehrere RZ, vorwiegend mit den
gleichen Partnern: Die Dämmelemente für
die Sicherheitszelle kommen jeweils aus
Deutschland, das USV-Aggregat wird aus
Frankreich angeliefert und auch die beteiligten Schweizer Elektriker und Spengler
haben unterdessen viel einschlägige Erfahrung.
Ende 2008 war das neue Rechenzentrum bezugsbereit. Über die darauf folgenden Pfingsten zügelten Giorgio Hoenig und sein Team den operativen ERPHost ins neue Domizil. Und seither hat
das Fernüberwachungssystem noch keine
ernsthafte Störung gemeldet; für Aufregung sorgen allenfalls Mitarbeitende, die
vergessen, beim Verlassen der Sicherheitszelle die Tür korrekt zu verriegeln.
„Es war eine Zusammenarbeit auf hohem Niveau“, blickt Hoenig auf die Bauphase zurück. Man habe in jeder Phase des
Projekts gemerkt, dass von Seiten IBM erfahrene Leute am Werk gewesen seien. Insofern erstaunt es nicht, dass IBM nun auch
den technischen Betrieb des neuen Rechenzentrums gewährleisten wird: V-ZUG hat
unterdessen auch einen Wartungsvertrag
unterschrieben. —
IBM Solution
Services IBM Site and Facilities Services.
ibm.com/ch/think
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IBM er
Hadrian Moraz
Lead Project Executive – Banque Cantonale Vaudoise
Foto: Cédric Widmer
„Ich möchte, dass die
Leute glücklich sind“
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Manchmal trügt der Schein. Hadrian Moraz sitzt ruhig lächelnd in seinem Büro im Centre administratif
bancaire in Prilly und man könnte ihn für eine Führungskraft mit einer geradlinig verlaufenden Karriere
halten. Der Autodidakt ist jedoch auch ein Abenteurer.
Nach seiner Ankunft von Montreal im Frühjahr
2011 übernahm er die Leitung der Informatik-Outsourcing-Beziehungen der Banque Cantonale Vaudoise
(BCV). Die Verantwortung, die auf seinen Schultern
lastet, ist proportional zu den Anforderungen, denn
die BCV gehört zu den fünf grössten Schweizer Banken.
Moraz ist nicht zufällig in dieser Region gelandet:
Vielmehr kehrt er hierher zurück – seine Rundreise ist
sein eigentliches Abenteuer.
Ursprünglich wollte Hadrian Moraz Önologe
werden, so sehr gefielen ihm die Weinterrassen rund
um den Genfersee und sein Heimatdorf Villars-surOllon. Nach zwei Jahren brach er das Studium ab und
machte ein Praktikum bei der UBS, wo er Zahlenreihen
in Tabellenkalkulationsprogramme eingeben musste.
Seine ausgeprägte Eigeninitiative fiel seinen Vorgesetzten auf: Nach und nach zeichnete sich sein Karriereweg ab und nur vier Jahre später übernahm er für die
Bank die Verantwortung zur Planung eines Zentrums
für Netzwerkinstallation und -support.
„Ich liebe es, zu arbeiten“, sagt er, „auch wenn
ich das während meines Studiums ein wenig kaschiert
habe. Danach habe ich dies allerdings unter Beweis
gestellt, denke ich.“ Die berufliche Chance seines Lebens ergab sich für ihn 1996, als er mit nichts als seinen Kleidern und den Ersparnissen im Gepäck seiner
kanadischen Freundin nach Quebec folgte. Einige
Wochen später wurde er bei IBM als Netzwerkberater
für Air Canada eingestellt. Wieder fiel sein Leistungswille auf und schliesslich übertrug man ihm die
Verantwortung für den gesamten Netzwerkbereich
des Kunden. Er blieb 14 Jahre in Montreal, schloss
ein Abendstudium mit dem Bachelor in Betriebswirtschaft ab und leitete parallel dazu – nach wie vor
für IBM – den Bereich E -Commerce der Banque Nationale du Canada.
Mit einem Lächeln auf den Lippen erzählt er, wie
die erste Kontaktaufnahme für seine jetzige Position
über Sametime – den Instant-Messaging-Dienst von
IBM – stattgefunden hat. Darauf folgten intensive Gespräche, in deren Verlauf sich Moraz’ Rolle als Ansprechperson für den für IBM Schweiz sehr wichtigen
Kunden sowie als Motivator des für die BCV zuständigen Teams herauskristallisierte. Sein Motto ist, den
Kunden zufriedenzustellen: „Ich möchte, dass die
Leute glücklich und zufrieden sind. Das war bei mir
schon immer so.“ —
1/2012
Think!
Services
IBM Agenda
Schweiz
Datum 29. Februar 2012
Ort Radisson Blu Hotel
Zürich-Airport
Kostenlos
Februar bis Juni 2012
Impressum
IBM Breakfast Briefings 2012
Gehaltvoller als jedes Vollkorngipfeli, das sind die IBM Breakfast
Briefings. Serviert wird das Neuste rund um IBM Hardware – kompakt,
unterhaltsam, spannend. Themen sind unter anderem IBM Power
Systems, IBM System x, IBM System z sowie IBM System Storage. Erfahren Sie ausserdem mehr über IT-Trends und freuen Sie sich auf informative Präsentationen mit vielen Tipps und Tricks.
ibm.com/ch/events/bb2012
Schweiz
Datum 26. April 2012
Ort „The Dolder Grand“,
Zürich
Kostenlos
IBM Forum for Finance 2012
Das IBM Forum for Finance 2012 ist der Anlass für alle Finance-,
Controlling- und Risk-Experten. In spannenden Vorträgen erwarten
Sie viele Hintergrundinformationen, Neuigkeiten und fundiertes
Expertenwissen über Financial Governance, Risk Management und
Performance Optimization.
ibm.com/ch/analytics/f4f
Schweiz
Datum 9. Mai 2012
Ort Zürich Altstetten
Kostenlos
IBM Technology Forum 2012
Wer sich für die neusten Technologietrends interessiert, trägt sich den
9. Mai 2012 am besten dick in die Agenda ein. Am IBM Technology
Forum wird stets ein topaktuelles Thema aus Forschung und Entwicklung präsentiert. Hingehen und sich überraschen lassen!
ibm.com/ch/events
Schweiz
Datum 5. Juni 2012
Ort Kultur- und
Kongresszentrum Luzern
Kostenlos
IBM Symposium 2012
Am 5. Juni 2012 stehen im KKL, der Luzerner Kulturhochburg, nicht
die Musik, sondern die IT und ihre Neuigkeiten im Vordergrund. Am
traditionellen IBM Symposium warten Fachexperten und Kundenreferenzen auf interessierte Besucher. Die ganze IBM kompakt verpackt
an einem Tag und einem Ort.
ibm.com/ch/events/symposium
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dieser Ausgabe
ibm.com/ch/think
Computing wird smarter.
Digitale Intelligenz findet man heute überall. Selbst in Dingen,
die keinerlei Ähnlichkeit mit Computern haben: in Haushaltsgeräten, Autos, Kleidung, ja sogar in Flüssen und
Feldern. Täglich sammeln unzählige Computer wertvolle
Fakten und Daten über unseren Planeten. Um jedoch
das Potenzial und die Möglichkeiten dieser Informationen
nutzbar zu machen, muss auch die Arbeitsweise der
Computer smarter werden. Denn IT-Infrastrukturen waren
bislang nicht auf Zettabytes an Daten sowie auf die
weltweite Vernetzung und hochentwickelte Datenanalyse
ausgerichtet.
Zum Glück beginnt sich gerade ein neues, innovatives
Computing-Modell durchzusetzen: Smarter Computing.
Es ist für die intelligente Nutzung von Daten konzipiert.
Alles ist genau für diese Aufgaben optimiert – und wird in
der Cloud gemanagt.
Konzipiert für Daten: Unternehmen müssen heute mit
allen möglichen Daten umgehen können – Texten, Bildern
und Tönen bis hin zu Impulsströmen von Sensoren. Sie
müssen ausgefeilte Datenanalysen für die Geschäftswelt
abbilden – einschliesslich sozialer Medien. Aus diesem
Grund entwickeln die führenden Unternehmen heute
neue Systeme und Prozesse, die grosse Datenmengen
aufspüren, verstehen und auswerten können.
Optimiert für diese Aufgaben: Im Unterschied zur Dialogverarbeitung arbeitet Business Analytics mit den verschiedensten Arten von Daten und komplexen Abfragen.
Und das wiederum ist eine völlig andere Herausforderung
als die Integration von Content, Arbeitsabläufen und
Menschen in die Geschäftsprozesse eines Unternehmens.
Deshalb entscheiden sich Verantwortliche zusehends
für Architekturen, die für die Verarbeitung ganz bestimmter
Aufgaben optimiert sind, zugeschnitten auf ganz spezifische
Eigenheiten des jeweiligen Unternehmens.
In der Cloud managen: Die Cloud gewährleistet eine
hohe Flexibilität im Umgang mit grossen Datenmengen und
bietet im dynamischen Wettbewerbsumfeld sowie beim
Management von Infrastrukturelementen entscheidende
Vorteile. Aber nur wenn Cloud-Lösungen mit entsprechend
intelligenten Sicherheits- und Managementfunktionen
ausgestattet sind, bieten sie Unternehmen die Wendigkeit,
sich erfolgreich in hart umkämpften Märkten zu bewegen,
Ressourcen nach Bedarf zu- und abzuschalten sowie
die Bausteine einer Infrastruktur dynamisch zu verwalten.
Smarter Computing bietet ein enormes Potenzial an
Produktivität, Innovation und wirtschaftlichem Wachstum.
Starten Sie mit IBM in das neue Zeitalter der IT.
Let’s Build A Smarter Planet.
ibm.com/ch/smartercomputing
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