Hubraumerweiterung

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Hubraumerweiterung
Frandi63: NTV 696
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www.fdweb.de
Hubraumerweiterung
einer
NTV 650
auf
696 ccm
Warnung:
die in diesem Bericht beschriebene Umbaumaßnahme führt zum Erlöschen
der Allgemeinen Betriebserlaubnis des Motorrads. Ein Einsatz ist daher nicht
im Bereich der STVZO zulässig. Da auch der Versicherungsschutz der KFZHaftpflicht erlischt, entstünde dem Eigner zudem ein erhebliches Risiko.
So, das musste erwähnt werden...
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Im März 1997 erstand ich meine NTV 650 als Neufahrzeug.
Über die Vorzüge dieser Maschine brauche ich sicherlich nichts zu
sagen, sie sind bekannt. Jedoch wünschte ich mir nach einiger Zeit
ein wenig mehr Druck, speziell beim Antritt aus dem niedrigen
Drehzahlbereich. Bei Passfahrten in den Dolomiten konnte ich mit
Freunden auf Suzuki Bandit 600, einer betagten BMW R 650 und
einer noch älteren Guzzi 650 beim Beschleunigen aus Kehren heraus mal gerade so
mithalten. Also griff ich auf die alte Weisheit zurück, die da lautet:
„Hubraum ist durch nichts zu ersetzen – außer durch mehr Hubraum!“
Eine Recherche im Internet ergab sehr schnell, dass die Firma
verschieden Kolben-Kits im Programm hatte.
Neben Austauschkolben in Originalgröße und mit geringem Übermaß, gab es ein Kit für
696 cm³ und sogar eines für 749 cm³. Letzteres erschien mir aber dann doch etwas heftig.
Also erstand ich das 696er Kit, wie es auf dem Foto oben zu sehen ist.
Preis: 265 € (von DM umgerechnet).
Die technischen Daten im Vergleich:
Original
Bohrung x Hub:
79 x 66 mm
Verdichtung:
9,2:1
Wiseco
82 x 66 mm
11:1
Ende Juli 2000, bei Laufleistung 15.440 km,
ging ich es an.
Das Aufbohren und Honen der Zylinder ließ
ich in einem Fachbetrieb für Motorenschleifen
erledigen. Kosten: 160 € (umgerechnet).
Etwa 5 Tage war ich mit dem Aus- und
Einbau des Motors, mit allem Drum und Dran,
beschäftigt.
Ergänzend zur Hubraumerweiterung wurden
im Ansaugtrakt der Vergaser die den
Die Original-Kolben sind ausgebaut
Querschnitt reduzierenden Metallringe
entfernt. Auch wurde der original Luftfilter durch einen
aus dem Hause K&N ersetzt und schließlich der lange
Endschalldämpfer gegen einen kurzen Stummel der
älteren Baujahre getauscht. Dann ging es ans Vergaser
einstellen, Synchronisieren und Einfahren.
Während der ersten Tausend Kilometer bekam ich
schon etwas bedenken, weil der Ölverbrauch mit etwa
"Wir machen den Weg frei!"
0,5 ł ungewohnt war. Hin und wieder qualmte es auch
leicht aus dem Auspuff und bei Ampelstopps roch es manchmal verdächtig. Als NTVFahrer ist man ja schließlich so was gar nicht gewohnt! Aber das gab sich dann bald. Es
qualmte und roch nicht mehr und tut das auch bis heute nicht. Nur bei hochtourigem
Alpenglühen oder Autobahnetappen mit Vollanschlag genehmigt sich meine NTV 696
seither etwa ¼ ł Schmiere pro Megameter.
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Da die größeren Kolben und die dazu gehörigen Kolbenbolzen jeweils etwa 60 Gramm
schwerer sind als die Originale, stimmt die Auswuchtung der Kurbelwelle nicht mehr. Man
könnte das Feinwuchten lassen, aber es ist nicht so arg, dass es unbedingt erforderlich
wäre. Der Motor läuft etwas rauer. Deutliche Vibrationen sind besonders im Lenker
spürbar, an die man sich aber bald gewöhnt. Inzwischen finde ich das sogar richtig gut. Ich
bezeichne es als „Charakter“. Ein TÜV Prüfer meinte einmal, sie müsse wohl mal
synchronisiert werden. *Lol*
Allerdings kontrolliere ich immer mal wieder wichtige Schrauben, seit ich die linke
Kühlerabdeckung auf einer Autobahnfahrt verloren habe...
Ja, ich hatte natürlich Bedenken, wie sich das auf die Laufleistung auswirken würde. Dazu
später.
Was hat es gebracht?
Ich war bisher auf keinem Leistungsprüfstand. Irgendwie erscheint es mir lächerlich, mit
meinem „Brot und Butter-Mopped“ da aufzukreuzen, wo sich Supersportler und Bigbiker,
deren Eisen locker das Doppelte an Power haben, ihre Schwanzlängenkompensation
abholen. Von den Kosten mal ganz abgesehen. Was ich messen konnte ist die
Höchstgeschwindigkeit auf dem Digitaltacho. Die liegt jetzt bei 168 km/h, vorher 163 km/h.
Für mich viel wichtiger ist aber der Antritt aus dem Drehzahlkeller – und der ist viel
kräftiger! Die Eingangs erwähnten Bikes der Kumpels sehen kein Land mehr; mit VFR 750
und FZ 750 kann ich mit. Geschätzt werden es wohl um die 70 PS sein.
Der Hubraumzuwachs von 50 cm³ wird sicher nicht die große Rolle
spielen. Ich denke eher, dass die deutlich höhere Kompression das
Entscheidende ist. Zum Vergleich links ein Kompressionsdiagramm
einer NTV 650 nach der Einfahrphase und darunter das Diagramm
meiner Maschine nach insgesamt knapp 70.000 km, davon 54.000
km mit dem Motor-Tuning. Das ist schon ein echtes Brett!
Quelle: MOTORRAD, 1990
Der Spritverbrauch im Jahresschnitt beträgt 5,4 ł. Ich tanke nach
wie vor Normalbenzin, ohne irgendwelche Probleme mit
Motorklingeln.
Im Herbst 2006 bemerkte ich am hinteren Zylinder, besonders im
Bereich des Anlassers, Ölverschmutzung. Das veranlasste mich,
dem betroffenen Zylinder neue Fuß- und Kopfdichtungen zu
spendieren. Ich vermute, ich bin selbst Schuld daran: Beim
Zusammenbau benutzte ich Hochtemperatur Silikondichtmasse
zusätzlich zu den herkömmlichen Zylinderdichtungen. Dann bekam
ich aber eine Verzögerung bei der Montage des Zylinders und das
Silikon hatte wohl schon angefangen abzubinden, bevor ich den
Zylinderkopf mit dem nötigen Drehmoment anschrauben konnte.
nach 69 855 km
Am Vorderen Zylinder hatte ich dann schon Übung und es ging
schneller. Shit happens! Diesmal habe ich die Paste weg gelassen.
Jedenfalls konnte ich bei der Gelegenheit keine Zeichen für erhöhten Verschleiß
feststellen. Die Ventile schließen dicht, die Ventilsitze sind sauber und sind nicht
eingeschlagen, das Ventilspiel war, wie schon über die gesamte Zeit, in Ordnung.
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Im Zylinder waren rundherum noch die Honspuren zu
erkennen. Die Kolbenringe waren in der Toleranz.
Kolben und Zylinderdom hatten leichte, aber unkritische
Kohleablagerung auf. Die Pleuellager zeigen kein
ungewöhnliches Spiel. Und nebenbei habe ich noch die
Reiblamellen der Kupplung vermessen, die praktisch
neuwertig sind.
Fazit:
Ja, zugegeben, es ist „spinnert“ ! Aber ich würde es
Unkritische Verkohlung
sofort wieder machen. Der Gewinn an Fahrspaß ist
wirklich enorm! Der Motor scheint so unverwüstlich konstruiert, dass die Mehrbelastung
nicht zu sehr auf die Lebensdauer durchschlägt.
Zu den Anfangs erwähnten Risiken und Nebenwirkungen frage man seinen Anwalt.
Und wer nachgerechnet hat wird festgestellt haben, dass es eigentlich sogar 697 cm³ sind.
Ich finde aber „NTV 696“ irgendwie...runder...Duc...eben italienischer. Ob ich sie doch
noch Rot spritze?
Servus,
Frandi63
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