Impfstoff PregSureBVD bestätigt Ausmerzung mittels Impfung

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Impfstoff PregSureBVD bestätigt Ausmerzung mittels Impfung
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Tier
BAUERNBLATT l 11. Januar 2014 ■
Tödliche Krankheit Blutschwitzen
Impfstoff PregSureBVD bestätigt
Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutzhatindenvergangenen
drei Jahren ein Forschungsprojekt
an den tiermedizinischen Hochschulen in Berlin, Gießen, Hannover und München gefördert. Unter
dem Titel „Ursachenermittlung der
Bovinen Neonatalen Pancytopenie“ wurde jetzt der Abschlussbericht im Internet veröffentlicht.
Seit 2007 ist das Krankheitsbild in
Europa bekannt. In der Folge hat das
Pharmaunternehmen Pfizer (jetzt Zoetis) 2010 den Impfstoff vom Markt
genommen. Im Jahre 2011 traten
auch erste Fälle in Neuseeland auf,
woraufhin auch hier der Impfstoffverkauf gestoppt wurde. Die Erkrankung zeigt sich bei Kälbern innerhalb
der ersten drei Lebenswochen durch
Schwäche und sichtbare Blutungen
(„Blutschwitzen“) auf der Haut. Die
betroffenen Kälber verbluten innerhalb weniger Tage und eine Therapie
bringt nur sehr selten Heilung.
Auslöser
Impfstoffzusammensetzung
Das jetzt veröffentlichte Forschungsprojekt unter der Leitung
von Prof. Klaus Doll von der JustusLiebig-Universität Gießen kommt zu
dem Schluss, dass der Impfstoff PregSureBVD ursächlich für das Krankheitsbild bei den Kälbern verantwortlich ist. Dabei konnten die Forscher unter anderem zeigen, dass
geimpfter Kühe verworfen werden,
um die Kälber vor der Erkrankung
zu schützen. Geimpfte Kühe produBei erkrankten Kälbern fehlen zieren wahrscheinlich lebenslängdie für die Blutgerinnung erforder- lich gefährliches Kolostrum.
lichen Blutplättchen (Thrombozyten). Die über das Kolostrum von
Schadensersatz
der Mutter aufgenommenen Antifür Kälberverluste
körper führen zu einer Zerstörung
der Blutplättchen und der blutbildBetroffene Betriebe sollten Ihre
enden Zellen im Knochenmark. Schäden noch bis Ende des Jahres
Durch die Schädigung des Knochen- bei Zoetis (Pfizer) geltend machen,
marks ist nicht nur die Produktion um einer möglichen Verjährung
der Blutplättchen gestört, sondern der Schadensersatzansprüche vorauch weiße Blutzellen (Leukozyten) zubeugen. Durch einen Beitritt
werden nicht mehr in ausreichen- in die Interessengemeinschaft
der Menge gebildet. Ohne weiße Blutschwitzer (Internet: www.igBlutzellen ist der gesamte Organis- blutschwitzer.de) können berechmus immungeschwächt und damit tigte Ansprüche gebündelt und
einer erhöhten Infektionsgefahr geltend gemacht werden. Durch
ausgesetzt. Daher müssen in Preg- das jetzt veröffentlichte Gutachten
SureBVD geimpften Herden häufi- der Bundesanstalt für Landwirtger Behandlungen bei den Kälbern schaft und Ernährung sind die
durchgeführt werden. Dies wurde Chancen gegenüber dem Hersteldurch die Arbeitsgruppe aus Mün- ler einen finanziellen Ausgleich
chen beschrieben und bestätigt durchzusetzen sehr gut. Es sollten
auch die Erfahrungen aus dem Ver- dabei nicht nur die Kälberverluste,
suchs- und Bildungszentrum Land- sondern auch Mehraufwendungen
wirtschaft Haus Riswick der Land- für Betreuung und Behandlung
wirtschaftskammer NRW.
eingebracht werden.
Der gesamte Projektbericht ist im
Internet auf der Homepage des BLE
Verwendung
einzusehen unter: http://down
von Kolostrum
load.ble.de/09HS025/index.html
Auch drei Jahre nach dem Verbot
Dr. Mark Holsteg
des Impfstoffes treten immer noch
Fachtierarzt für Rinder und
Fälle auf. Betroffen sind Kälber von
Zuchthygiene
alten geimpften Kühen. Daher
Tel.: 02 28-703-23 32
muss in PregSureBVD geimpften
[email protected]
Betrieben weiterhin das Kolostrum
Blutzellen
werden zerstört
Die Erkrankung zeigt sich bei Kälbern
in den ersten drei Lebenswochen.
Foto: Dr. Mark Holsteg
der Impfstoff neben dem erwünschten BVD-Virus auch fremde Rinderzellen enthält. Die Rinderzellen
stammen von der Zellkultur, die für
die Vermehrung des Virus bei der
Herstellung notwendig ist. Durch die
Impfung wurden die Rinder nicht
nur gegen BVD immunisiert, sondern auch gegen die Rinderzellen
aus der Zellkultur. Geimpfte Tiere
zeigen selbst keine Krankheitserscheinungen, aber sie verfügen über
unerwünschte Antikörper (Abwehrstoffe) gegen fremde Rinderzellen.
Geimpfte Muttertiere übertragen
diese unerwünschten Antikörper
auf das Kalb und können damit das
Krankheitsbild des Blutschwitzens
auslösen. Ob die Krankheit ausbricht, hängt in erster Linie vom
„Verwandtschaftsgrad“ von Kalb
und Mutter beziehungsweise Vater
und der Zellen aus der Zellkultur ab.
Entstehung, Bekämpfung und Ausblick in puncto Blauzungenkrankheit
Ausmerzung mittels Impfung
VorfünfJahrenhatdieBlauzungenkrankheit für Verunsicherung auch
in hiesigen Rinder- und Schafbetrieben gesorgt. Heute ist sie kein Thema mehr. Wir blicken zurück auf die
Behandlungsstrategie.
Blauzungenkrankheit trat erstmals
am 21. August 2006 in Deutschland,
nahezu zeitgleich mit den ersten Ausbrüchen in Belgien und den Niederlanden, auf. Weitergehende Untersuchungen zeigten, dass es sich um den
Serotyp 8 (BTV-8) handelte. Vor dem
Hintergrund westlicher Windrichtungen breitete sich die Seuche rasch in
östliche Richtung aus mit dem Ergebnis, dass im Jahr 2008 weite Teile
Deutschlands betroffen waren. Die
klassischen Methoden der Tierseuchenbekämpfung waren vor dem
Hintergrund der Insektenübertragung der Tierseuche wenig hilfreich;
die
Ausbreitungsgeschwindigkeit
konnte durch Verbringungsbeschränkungen lediglich verlangsamt,
jedoch nicht entscheidend beeinflusst werden. Zugelassene Impfstof-
fe standen (noch) nicht zur Verfügung. Über einen groß angelegten
Feldversuch konnte mit drei „Prototypen“ in Rind und Schaf gezeigt
werden, dass sie sowohl wirksam als
auch unschädlich waren. Folgerichtig
wurde mit einer Ausnahmegenehmigung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ermöglicht, diese
nicht zugelassenen Impfstoffe anzuwenden. Groß angelegte Impfkampagnen starteten im Mai 2008 (Impfung aller Rinder, Schafe und Ziegen).
In der Folge gingen die Ausbruchszahlen drastisch zurück. 2009 wurde
letztmalig flächendeckend geimpft,
ab 2010 konnten die Tierhalter freiwillig weiter impfen. Durch intensive
Untersuchungen (serologisch, PCR)
konnte in den Jahren 2010 und 2011
gezeigt werden, dass BTV-8 nicht
mehr in der Nutztierpopulation zirkuliert. Deutschland hat sich mit Wirkung vom 15. Februar 2012 nach Artikel 8.3.3 des Tiergesundheitskodex
der Weltorganisation für Tiergesundheit frei von BTV-8 erklärt.