Der Weltuntergangsvamp - Verein der Mathematik

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Der Weltuntergangsvamp - Verein der Mathematik
VAMP
VMP Vereinsanzeiger Ausgabe Winter 2012
Der Weltuntergangsvamp
Interview mit Prof. Wallny
Eine Stunde als Prophet
Halloweenparty
www.d-fine.ch
Start
Me Up!
The Rolling Stones, 1981
Starten Sie durch!
Sie haben in der Wissenschaft viel bewegt? Dann können
Sie auch in der Wirtschaft viel bewegen! Davon sind wir
bei d-fine fest überzeugt.
d-fine ist mit über 350 Beratern und Büros in Frankfurt,
München, Zürich, London und Hong Kong eines der
führenden europäischen Beratungsunternehmen, das
sich auf strategische, quantitative und technische
Fragestellungen im Finanz- und Risikomanagement
fokussiert. Banken, Versicherungen, Asset Manager und
große Industrieunternehmen zählen zu unseren Kunden.
Das Spektrum unserer Beratungstätigkeit reicht von der
Strategie-Entwicklung über die fachliche Konzeption
der zugehörigen Methoden und Prozesse bis zur professionellen Implementierung, vom finanzmathematischen Modell bis zur real-time Schnittstelle, vom
einfachen Kredit bis zum exotischen Derivat, vom
Ratingsystem bis zur Portfoliosteuerung, von IFRS bis
Solvency II.
Nun möchten wir gezielt unseren Standort Zürich
stärken und unser Engagement in der Schweiz weiter
ausbauen. Dafür suchen wir Sie als Physiker (m/w),
Mathematiker (m / w), (Wirtschafts-)Informatiker
(m/w) oder Wirtschaftswissenschaftler (m/w) mit
entsprechend quantitativ ausgerichteten Vertiefungsrichtungen für den Einstieg in die Beratung. Sie besitzen einen ausgezeichneten Universitätsabschluss,
sprechen fließend Englisch und Deutsch und haben weit
überdurchschnittliche mathematische Fähigkeiten.
Sie haben darüber hinaus sehr gute IT-Kenntnisse und
sind idealerweise bereits mit Statistik, Numerik und
Finanzmathematik vertraut.
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Neben starken analytischen Fähigkeiten und ergebnisorientiertem Vorgehen legen wir großen Wert auf soziale
Kompetenz. Teambildung statt Ellenbogengesellschaft
ist für uns Teil der Firmenphilosophie und spiegelt sich in
Projektstrukturen, Mitarbeiterförderung und Anreizsystemen wider. Als Beraterin und Berater benötigen Sie
eine hohe Auffassungsgabe, gute Kommunikationsfähigkeiten, Beratungstalent und Einsatzfreude. Die Flexibilität, sich rasch in neue Umgebungen und Fragestellungen
einzuarbeiten, Belastbarkeit und Freude an wechselnden
Einsatzorten runden Ihr Profil ab.
Selbstverständlich erhalten Sie eine intensive Einführung in Ihr zukünftiges Aufgabenfeld. Wir sind bekannt
für unser umfangreiches Curriculum mit anspruchsvollen
Trainings, die wir unter anderem auch in Zusammenarbeit mit führenden internationalen Universitäten wie
z.B. der University of Oxford, der Frankfurt School of
Finance & Management, der Université de Lausanne,
der Mannheim Business School und der European
Business School in Oestrich-Winkel durchführen. Dabei
können Sie sogar einen Master of Science (MSc) in
Finanzmathematik, einen Executive MBA oder einen
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Wenn Sie gemeinsam mit hoch motivierten Kolleginnen
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Team mitarbeiten wollen, große individuelle Freiräume,
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Willkommen bei d-fine!
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Viola Valentina Vogler & Simon Schöller
Editorial
Mit kaum einem Thema wird man in
letzter Zeit so häufig im Spass konfrontiert wie mit dem für Ende Dezember
datierten Weltuntergang, der angeblich
auf eine Prophezeiung der Maya zurückgeht. Allerdings fällt auf, dass die
Berichterstattung zu diesem Themenbereich mit dem sich nähernden Datum
eher zurückgeht, es scheint eine gewisse
Sättigung erreicht worden zu sein. Dem
muss natürlich entgegengewirkt werden! Dass noch längst nicht alles Interessante gesagt worden ist, und es noch
viele wichtige und lustige Hintergrundinformationen in Erfahrung zu bringen
gibt, wird in dieser Ausgabe des VAMP
gezeigt.
Unsere nach wie vor aktive und kreative Redaktion – die sich immer über
Verstärkung freut – hat sich aus vielen
unterschiedlichen Perspektiven mit dem
Weltuntergang, den Maya und ihrem
Kalender, Verschwörungstheorien und
Propheten auseinandergesetzt.
Besonders grossen Einsatz hat Ewgenij gezeigt, indem er eine Stunde als Prophet wahrheitsgetreu und mit professioneller Vorbereitung nachempfunden
hat. Mehr dazu ist in seinem wirklich
lustigen Erfahrungsbericht zu lesen, wir
wollen nicht zu viel verraten.
Vamp Winter 2012
Auch im Off-Topic-Bereich haben wir
konsequent das Begonnene weitergeführt. So geht beispielsweise die ZürichKolumne in die nächste Runde, Thomas
Gersdorf wird als nächster Student von
uns interviewt, und geläufige Fehler und
Probleme von Erstsemestrigen werden
erläutert, so dass die Erstsemestrigen
unter unseren Lesern wissen, wovor sie
sich in Acht nehmen sollten. In der FunEcke wartet ausserdem ein schwieriges
Rätsel auf euch, bei dem euer Urteilsvermögen zwischen echten und frei erfundenen wissenschaftlichen Artikelnamen
auf die Probe gestellt wird.
Im Namen des gesamten Vorstandes
und der Redaktion wünschen wir euch
eine schöne und katastrophenarme
Winter- und Weihnachtszeit, einen guten Start ins neue Jahr und viel Erfolg bei
den Prüfungen!
Viola Valentina Vogler & Simon
Schöller, Chefredaktoren VAMP
[email protected]
[email protected]
[email protected]
3
Der Weltuntergangsvamp.
VMP life
Off Topic
3Editorial
28 Interview mit Prof. R. Wallny
5 Von der KoMa und dem ewigen 45 Überlebenstipps für NichtFrühstück
8
Kreditpunktänderung in Mathematikseminaren
10 Veränderter Leistungsüberblick
bei myStudies
Titelthema:
schweizer: Nahrung
46Erstiesünden
48Halloweenparty
51 Fragen an Thomas Gersdorf
55Alumni
Weltuntergang
FUN Ecke
12 Präkolumbische Kulturen
59 ArXiv vs. SnarXiv
14 Von den Maya und ihrem Kalen- 60Comics
der
17 Startbereit für das Ende
21 Meine Stunde als Prophet
23 Das Ende der Welt
25 Making money out of conspiracy theories
4
IMPRESSUM
Redaktionsleitung Viola Vogler, Simon Schöller
Redaktion Jeannine Kühnle, Michèle Däppen, Josefine
Quack, Marie Bachmayer, Anastasia Gavrilova, Ewgenij
Wolkow, Joannis Koepsell, Julia Wysling
Mitarbeit Peter-Maximilian Schmidt, Marcel Bräutigam,
Michael Stadelmann, Enrico Del Re
Gestaltung/Satz Agnès Noyer
Titelbild Agnès Noyer, kleine Photomontage
Auflage 1250
Herausgeber Verein der Mathematik- und
Physikstudierenden an der ETH
CAB E33, Universitätsstr. 6, 8092 Zürich
Tel: +41 44 632 4998
E-Mail: [email protected]
Julia Wysling
Von der KoMa und dem ewigen
Frühstück
Anfang November fuhren Thomas Scholtes und Julia Wysling für den
VMP nach Wien, um an der KoMa (Konferenz der Mathematikfachschaften) teilzunehmen.
Nach einer gefühlt unendlich langen Zugfahrt (in diesem Fall ∞ = 8 h)
kamen wir um 23 Uhr in der TU Wien
an. Die Freude an uns “Schweizern” war
riesig – das letzte Mal nahm der VMP
im HS 06 teil, andere Schweizer Fachvereine hatten es noch nie zur KoMa
geschafft. Wir wurden sofort in die Traditionen und Gebräuche eingeführt,
vom “ewigen Frühstück” waren wir besonders beeindruckt: Während der gesamten Konferenz gibt es einen Raum,
der jederzeit offen ist und als Aufenthaltsraum dient. In diesem ist auch
immer ein Organisator als Anlaufstelle
anwesend, besonders toll ist aber die
Tatsache, dass man hier zu jeder Tagesund Nachtzeit sämtliche Zutaten für ein
anständiges Frühstück findet. Nachdem
wir also zuerst einmal ein bisschen gefrühstückt hatten, stürzten wir uns ins
Wiener Nachtleben.
Am nächsten Tag ging‘s früh los. Es
galt an sogenannten “AKs” (Arbeitskreisen) teilzunehmen, an denen man sich
Vamp Winter 2012
mit den anderen Fachschaften zu verschiedenen Themen austauscht. Dabei
stachen in den zwei Tagen zwei AKs heraus, welche die Unterschiede der ETH
zu anderen Hochschulen aber auch die
Möglichkeiten, die durch eine Vernetzung mit diesen entstehen, aufzeigen:
• AK Tutoren: Im Gegensatz zur
ETH (und wohl vielen anderen Schweizer Hochschulen) haben insbesondere
deutsche Universitäten grosse Mühe,
genügend Hilfsassistierende zu finden.
Dies liegt wohl hauptsächlich am geringeren Lohn (zum Teil arbeiten die Hilfsassistierenden sogar unentgeltlich), aber
auch an den eher grenzwertigen Einstellungsverfahren, z.B. werden an manchen
Orten Stellen nicht offen ausgeschrieben, sondern unter der Hand vergeben.
Dadurch entsteht kein Pool aus Leuten,
die gerne eine Assistenz geben würden,
sondern die Professoren haben entweder einen guten Draht zu ihren Bachelor- und Masterstudierenden oder halt
Probleme, überhaupt genug Studieren-
5
de zu kennen, die sie ansprechen könnten. Für den VMP interessant in dieser
Diskussion war bestimmt die Erstellung
eines Anforderungsprofils an Hilfsassistierende (wie wichtig sind Noten, wie
wichtig sind didaktische Fähigkeiten)
aber auch die Einsicht, dass das System
am D-MATH unglaublich gut ist.
• AK Masterstudienführer: Viele
Studierende überlegen sich nach Abschluss des Bachelors, ob sie vielleicht an
einer anderen Universität ihren Master
machen sollten. Da es oft schwierig und
sehr zeitintensiv ist, sich einen Überblick über die Möglichkeiten zu machen,
entstand die Idee eines Studienführers.
Die Idee ist simpel: Man erstellt eine
Webseite, auf der jede Fachschaft Infor-
6
mationen zu ihren Mathematikmasterstudiengängen bereitstellt. Damit dies
in einheitlicher Form geschieht wurden
Kategorien wie “Name des Studienganges”, “Anzahl Studierende” und “Anzahl
KP” definiert, welche auch eine Suchfunktion auf der Webseite ermöglichen
sollen. Momentan wird jemand gesucht,
der eine solche Webseite programmiert
(Freiwillige dürfen sich gerne melden),
sobald dieses Projekt zustande kommt,
wird es natürlich auf der VMP-Homepage verlinkt.
Besonders verwirrend war an der
ganzen KoMa die Tatsache, dass die TU
Wien über keine Fenster verfügt, d.h. das
Zeitgefühl ging total verloren. In Kombination mit dem ewigen Frühstück führte
VMP life
dies zu totaler Orientierungslosigkeit,
was aber dazu beitrug, dass wir einfach
von Moment zu Moment lebten. Die
kurzen Ausflüge an die frische Luft und
ans Tageslicht in Richtung Naschmarkt
und Schönbrunn waren trotzdem eine
willkommene Abwechslung.
Neben den für Fachschaften relevanten AKs gab es auch immer die Möglichkeit an Spass-AKs teilzunehmen.
Die Versuche einiger Leute nach der
“AK Österreichisch” als Wiener durchzukommen scheiterten zwar grandios
aber spätestens in der AK Quadrille, in
der wir um Mitternacht gemeinsam am
Tanz, der zu jedem Wienerischen Ball
gehört, auf dem Flur der TU Wien versuchten, geriet dies in Vergessenheit.
Konsenzprinzip (die KoMa äussert sich
nur zu Themen, falls alle derselben Meinung sind) erstaunlich schnell ging.
Nach drei sehr kurzen Tagen (uns kamen sie dank mangelndem Tageslicht
wie nur einer vor) war die KoMa zu
Ende. Schneller als man “Tschüss” sagen
konnte, waren alle wieder weg, die übrig
bleibenden Wiener, Grazer, Bremer und
Zürcher verbrachten natürlich trotzdem
einen letzten tollen Abend in Wien.
Zwischen den AKs gab es beim ewigen Frühstück viel Gelegenheiten, mit
anderen Fachschaften Kontakte zu
knüpfen. Abgesehen davon, dass wir viel
Einblick in das Schweizer Hochschulsystem bieten konnten, konnten wir viele
Inputs zu unserem brennenden Thema
“Studiengebührenerhöhung” aber auch
zu den Dauerthemen wie “Gebäudezugang”, “Lernplätze”, “Mensaessen und
-kosten”, etc. sammeln.
Bei einem Zwischen- und Endplenum
wurden die Ergebnisse der zum Teil parallel stattfindenden AKs allen vorgestellt.
Zudem wurde eine Resolution zum Thema “Tutoren” verabschiedet, was trotz
Vamp Winter 2012
7
Marcel Bräutigam
Kreditpunktänderung in
Mathematikseminaren
Seit diesem Herbstsemester gibt es
für Seminare in der Mathematik vier
Kreditpunkte statt wie früher sechs.
Dieser Artikel soll euch sowohl erklären, was dies für euch genau bedeutet,
als auch darlegen, wie diese Entscheidung entstanden ist.
Was verändert sich für euch?
Wie bei myStudies für euch ersichtlich ist, braucht ihr im Bachelorstudium
in der Kategorie Seminare nur noch
4 KP (statt früher 6 KP), und im Masterstudium in der Kategorie „Seminare
und Semesterarbeiten“ 8 KP (statt früher 12 KP). Falls ihr nun alle erforderlichen Kreditpunkte in Seminaren schon
vor diesem Semester erworben habt,
ändert sich für euch rein gar nichts.
Für alle anderen gilt Folgendes:
Im Bachelorstudium habt ihr somit
zwei zusätzliche Kreditpunkte, die frei
in allen Kategorien erworben werden
können.
Im Masterstudium muss man zwei
Fälle unterscheiden:
8
- Falls ihr schon vor dem HS 12 im
Master eingeschrieben wart, können
die fehlenden 4 KP in allen Kategorien
erworben werden.
- Für all diejenigen, die sich ab HS
12 (oder später) in den Master eingeschrieben haben bzw. einschreiben
werden, gilt, dass die fehlenden 4KP in
der Kategorie „Kern- und Wahlfächer“
erworben werden müssen. Wie kam es zu der Änderung?
Schon seit längerer Zeit wurde ein
Missstand bezüglich der Seminare in
der Mathematik von Seiten der Studierenden aber auch der Dozierenden
wahrgenommen. Deshalb wurde im HS
11 in der Departementskonferenz Mathematik eine Arbeitsgruppe eingesetzt,
die sich um eine sinnvolle, konzeptuelle
Überarbeitung der Seminare zur Behebung der Missstände kümmern sollte.
In dieser Arbeitsgruppe sassen Prof.
Imamoglu und Prof. Kowalski sowie als
Studierendenvertreter Eric Schaanning,
der zu der Zeit Delegierter in der Departementskonferenz Mathematik war.
VMP life
Ho
chs
Zur Meinungserhebung wurde eine
Umfrage unter seminarbesuchenden
Studierenden zur aktuellen Situation
durchgeführt.
Von Seiten der Studierenden wurde
vor allem die mangelnde Anzahl an Seminaren kritisiert, welche dazu führe,
dass nicht in jedem Semester Seminare aus allen grösseren mathematischen
Fachrichtungen angeboten werden
könnten und zusätzlich die bestehenden
Seminare grösstenteils überfüllt seien.
Zudem seien die Anforderungen von
Seminar zu Seminar uneinheitlich und
die Anzahl vergegebener Kreditpunkte
nicht mit denen der UZH kompatibel.
Von Seiten der Dozierenden wurde vor
allem angemerkt, dass der reelle Aufwand in Seminaren nicht den geplanten
6 KP entspräche, wie es bei der Konzeption des Bachelorstudiums angedacht
war.
Schlussendlich hat man sich darauf
verständigt, dass 4 Kreditpunkte dem
Aufwand besser gerecht werden und
zudem nun eine Kompatibilität mit den
Seminaren der UZH ermöglichen (zum
Vergleich: Seminare an der UZH geben
4 KP; innerhalb der ETH teilweise noch
weniger, am D-INFK sogar nur 2KP).
Zudem wurde von Seiten der Dozierenden versprochen, das Seminarangebot
vielfältig halten zu wollen, sodass es weder Engpässe in der Vielfalt noch in der
Belegung der Seminare gebe.
Diese Änderung wurde dann von der
Vamp Winter 2012
chu
lpo
litik
Departementskonferenz Mathematik
abgesegnet, sowie im weiteren Verlauf
von der Unterrichtskonferenz Mathematik und Physik, um die Reglemente
dementsprechend anzupassen.
Falls du das Gefühl hast, dass es weiterhin Missstände bei den Seminaren
gibt oder Unklarheiten deinerseits bestehen, hören wir gerne von dir! Schreib
uns eine Mail an [email protected].
9
Marcel Bräutigam
Veränderter Leistungsüberblick
bei myStudies
Aktuell wird eine Idee in den verschiedenen Fachvereinen diskutiert, die von Studierenden eingebracht wurde und den Leistungsüberblick bei myStudies ergänzen
soll.
Die Grundhypothese der Antragsteller ist dabei, dass die Noten als solche untereinander nicht vergleichbar sind, da sie je nach Fach, Studiengang und auch Dozent
sehr schwanken können. Manchmal ist eine 4.5 relativ gesehen gut, manchmal aber
auch schlecht.
Die Antragsteller schlagen deshalb einen zusätzlichen statistischen Leistungsüberblick bei myStudies vor. In diesem Überblick sollen Kennzahlen enthalten sein,
die eine genauere Einordnung der Leistung ermöglichen, u.a.:
Studiendauer
Es soll dokumentiert werden, wie viel
Prozent der Studierenden für die gleiche Leistung länger brauchen als man
selbst.
Kohortenperzentil nach Blöcken
Dieses gibt an, besser als wie viel
Prozent der Studierenden, die mit dir
das Studium angefangen haben, man in
einer bestimmten Blockprüfung abgeschnitten hat.
45% ist das Notendurchschnittsperzentil
58% ist das Kohortenperzentil
10
VMP life
Ho
chs
chu
lpo
litik
Dazu ein erläuterndes Beispiel:
Bei der Basisprüfungen fallen 40% aller Studierenden im 1. Versuch durch. Hans
Muster besteht. Im ersten Block fällt er knapp durch und ist auf den ersten Block bezogen ohne Repetenten (!) im 28. Perzentil. Bezieht man diese Perzentile des ersten
Blocks aber auf die besten 60% nach der Basisprüfung, so ergibt sich ein Kohortenperzentil von 40+28*(60/100)=56.8. D.h. er ist – obwohl er den 1. Block nicht bestanden hat – besser als 56.8 % derjenigen Studierenden, mit denen er sein Studium begonnen hat.
Notendurchschnittsperzentil bezogen auf Studienstufe
Dieses gibt an, besser als wie viel Prozent der Studierenden, die mit dir dieselbe
Prüfung geschrieben haben, man abgeschnitten hat.
In unseren Augen hat diese Erweiterung sowohl Vorteile als auch Nachteile.
Grundsätzlich fallen dadurch Notenverteilungen die extrem von Standardnormalverteilungen abweichen, deutlich
auf (d.h. bessere Noten in leichten Prüfungen werden abgewertet, schlechtere
Noten in schwierigeren Prüfungen aufgewertet). Zudem kann man mit den
Zusatzinformationen seine eigene Leistung noch genauer einschätzen.
Ist dies also eine Idee, die uns Studierenden mehr Transparenz in Bezug auf
die Noten bringt? Oder doch eher zu
viel Transparenz für einen potentiellen
Arbeitgeber eröffnet?
Eine Idee, die mehr den sowieso
schon guten Studierenden hilft, und die
schlechteren abwertet?
Oder doch umgekehrt?
Vamp Winter 2012
Da wir als VMP eure Meinung vertreten wollen, ist es uns wichtig, dass ihr
euch dazu äussern könnt, bevor wir ein
Feedback in Richtung der anderen Fachvereine senden.
Falls ihr dies befürwortet oder ablehnt, Kommentare oder Fragen habt,
schreibt uns eine Mail an hopo@vmp.
ethz.ch mit eurer Meinung.
Des Weiteren findet ihr auf unserer
Website im Bereich Hochschulpolitik
weitere Informationen diesbezüglich
(u.a. die weitaus ausführlicheren Originaldokumente, die dem Vorschlag der
Antragsteller beilagen), sowie den Termin unserer nächsten Hopoko-Sitzung,
zu deren Anfang wir dies gerne mit Interessierten von euch besprechen wollen.
11
Tolteken
Die Tolteken hatten ihre Blütezeit von 900 bis 1200 n.
Chr. in der heutigen Region der Stadt Tula. Sie drangen
aus dem Norden nach Zentral- und Südamerika ein und
verehrten als Gottheit eine gefiederte Schlange, die sie
Quetzalcoatl nannten.
Viola Valentina Vogler
Präkolumbische Kulturen
Teotihuacán
Azteken
Die Azteken kamen um circa 1300 n. Chr. in die Gegend des heutigen Mexiko Stadt und errichteten ihre
Stadt an der Stelle, wo sie einen Adler eine Schlange
erlegen sahen. Diese Szene wurde auf der Flagge von
Mexiko verewigt. Ausgangspunkt ihrer Siedlung war
die Stadt Tenochtitlán im Texcoco See. Ihr eigentliches
Machtzentrum lag aber im Hochtal Anahuac. Die
Azteken verehrten die Sonne so sehr, dass
der Gebrauch des Rades tabu war. Denn der Kreis war
ein Symbol der Sonne. Ihre Macht basierte vor allem
auf der Unterdrückung anderer Stämme und Kriegen.
Die in diesem VAMP oft anzutreffende Sonnenscheibe
12
ist ein aztekisches Kunstwerk.
Teotihuacán ist kein Urvolk Mexikos, sondern
eine Ruinenstadt im Norden von Mexiko City.
Diese stammt von 600 n.Chr. Es wurde bis
heute nicht aufgeklärt, welchem Volksstamm
die Stadt zugeordnet werden sollte. Selbst
die Azteken fanden schon die Ruinen vor, als
sie das Gebiet besiedelten.
Weltuntergang
Olmeken
Maya
Die Olmeken lebten im
1. Jahrtausend v. Chr. in
der Region des heutigen
Tabasco. Sie verehrten
vor allem den Jaguar als
Gottheit.
Heutzutage sind noch ihre
riesigen Kolossalköpfe für
die Nachwelt hinterblieben, welche man in
Villa Hermosa bewundern
kann.
Die Maya lebten um 600 n. Chr.
Jedoch gibt es Zeugnis von ersten
Maya Siedlungen schon seit 2000 v.
Chr. Diese findet man heutzutage in
der Region von Belize. Die Blüte der
Maya trat erst zur Zeitenwende in der
Gegend von Yucatán ein. Ihre Kultur
und die Tradition blieben bei den
Zapoteken erhalten.
Warum die Maya untergingen bleibt
ein Geheimnis. Jedoch gibt es
zahlreiche Theorien. Viele noch heute
im Spanischen verwendete Begriffe
haben ihren Ursprung bei den Maya.
Zum Beispiel setzt sich das Wort Guacamole von Guaca „bunt“ und „mole“
Sosse zusammen. Damit heisst auch
der Papagei „Guacamaya“ in Mexiko,
was bunter Vogel bedeutet.
Zapoteken
& Mixteken
Vamp Winter 2012
Quellen, siehe S.16.
13
Simon Schöller
Von den Maya
und ihrem Kalender
Langsam müsste eigentlich jeder des
omnipräsenten Themas überdrüssig
sein: Der angeblich von den antiken
Maya prophezeite Untergang der Welt
am 21.12.2012, sowie das Thema Weltuntergänge und Endzeit-Szenarien im
Allgemeinen, häufig benutzt als Inspiration für Filme, Bücher, Dokumentationen, Blog-Einträge, Party-Mottos,
Facebook-Gruppen, unlustige Witze
und vieles mehr.
Doch auch der VAMP springt auf
das Trittbrett und widmet sich in dieser Ausgabe zu einem nicht unwesentlichem Teil Weltuntergängen und den
damit einhergehenden und angrenzenden Themenbereichen, allerdings von
verschiedenen, vielleicht weniger bekannten Blickwinkeln.
Ein kleiner Überblick über das, was
von einigen Medien reissend aufgemacht, und von anderen spöttisch belächelt wird, kann aber trotzdem von
Nutzen sein. Denn woher stammen
eigentlich die Mythen um das nahende
Weltende, die zur Zeit exzessiv von allen Seiten zitiert und kreativ weiterverarbeitet werden?
Die Maya sind eine noch heute exis-
14
tierende Gruppe indigener Völker in
Mittelamerika, die insbesondere aufgrund ihrer im präkolumbischen Mesoamerika gegründeten Hochkulturen
eine grosse Bekanntheit geniessen. Die
sogenannten Maya waren keinesfalls ein
einziges Volk, sondern viele verschiedene, die an verschiedenen Orten lebten
und unterschiedlich stark verwandte
Sprachen benutzten. Mehr dazu aber im
vorhergehenden Artikel über präkolumbische Hochkulturen.
Wofür die sogenannten Maya heute
noch bekannt sind, macht sie sehr sympathisch: Mais, eine markante Schrift
und Mathematik (denn was wären wir
ohne Cornflakes, Comics und Complex
Analysis?). Letzteren beiden haben wir
zu verdanken, dass ein hoch entwickelter Kalender aus dieser Zeit sowohl existiert, als auch überliefert ist.
Genauer sind es sogar zwei Kalender, die überliefert sind, nämlich ein
religiöser Ritualkalender, namentlich
“Tzolkin”, und ein astronomischer Sonnenkalender (”Haab”) mit 18 Monaten
à 20 Tage und 5 zusätzlichen, die als “leere Tage”, “Uayeb”, bezeichnet werden,
Weltuntergang
um auf die nötigen 365 zu kommen. Der
Ritualkalender hingegen ist unabhängig
von diesem und besteht aus 260 Tagen,
die durch eine Zählreihe in 13 Tage und
weiter in 20 Tagesglyphen unterteilt
sind (kgV von 13 und 20 ist 260). Daraus entsteht ein ziemlich willkürliches
System, das jedem der 260 Tage einen
kombinierten Namen aus einem wenig
eingänglichen Wort – wie beispielsweise “Chicchan”, “Eznab” oder “Ix” – und
einer Zahl zuordnet, wobei das Wort als
Name einer Schutzgottheit interpretiert
wird. Wozu er diente ist heute leider unbekannt, aber eine lohnende Frage, da er
an keinen natürlichen Zyklus gekoppelt
Vamp Winter 2012
zu sein scheint.
Wenn allerdings das Ende eines Sonnenkalenderjahres und eines Ritualkalenderzyklus auf den selben Tag fallen,
ist ein Äon, auch Kalenderrunde genannt, vergangen, was 52 Sonnenjahren
entspricht (kgV(365,260)/365=52).
Daneben gibt es noch wesentlich grössere, mit verschiedenen Namen versehene Einheiten, die anscheinend zufällige Vielfache von einander sind. Da die
beiden obigen Kalender mit ihren relativ
kurzen Kalenderrunden für astronomische Beobachtungen und Vorhersagen
nicht ausreichen, gibt es noch ein weiteres System, das lange Zählung genannt
15
wird. Hier werden genannte weitere
Einheiten verwendet und aneinander
gehängt, um Tage eindeutig zu identifizieren, indem die Länge der Zykel noch
weiter vergrössert wird. Wichtig ist zu
wissen, dass die Umrechnung des Mayakalenders in unseren gregorianischen
bisher nicht einheitlich ist, da unter anderem Unklarheit herrscht, inwiefern
Schalttage eingefügt wurden oder nicht.
Worauf nun die bekannten Weltuntergangsmythen der Esoteriker beruhen
ist die Tatsache, dass am 21. oder 23.
Dezember (ja nach Umrechnung) das
Maya’sche Schöpfungsdatum 13. 0.0.0.0
zum ersten Mal wiederkehrt. Allerdings
nicht ganz exakt, denn der Schöpfungstag war ein “4 Ahau 8 Cumku” und kein
“4 Ahau 3 Kankin”. Es ist nicht bekannt,
ob die Maya irgend etwas besonderes
für diesen Tag vorhergesagt haben (abgesehen von einem “Kleiderwechsel”
eines Herrschers), aber es ist durchaus
zu vermuten, dass sie eine grosse Party mit viel Mais, Alkohol, opiatischen
Kräuteressenzen und natürlich Mathematik gefeiert hätten. Und so sollten wir
es vielleicht auch tun, statt uns den Kopf
über die Apokalypse, Mais oder Kleiderwechsel zu zerbrechen.
Baedeker Reiseführer Mexico, Verlag Karl Baedecker GmbH, Postfach 3162, D-73751 Ostfilden A.
Wikipedia-Artikel zu Maya, Maya-Kalender 22.11.2012 (18:47).
http://www.21dezember2012.org/ 22.11.2012, (18:43).
http://www.religionfacts.com/mayan_religion/images/mayan-calendar.gif, 22.11.2012 (18:16).
Quellen zum Artikel Präkolumbische Kulturen:
Juan Miguel; http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Mesoamérica.png&filetimesta
mp=20070215021704 ; 15.11.2012 (18:17).
Luidger; http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Telamones_Tula.jpg&filetimesta
mp=20061111164306; 15.11.2012 (18:27).
http://www.geo.de/reisen/community/bild/307638/Teotihuacan-Mexiko-Teotihuacan ; 15.11.2012; (18:31).
http://www.sacred-destinations.com/mexico/images/monte-alban/sunset-cc-arndw.jpg ; 15.11.2012 ; (18:36).
Baedeker Reiseführer Mexico, Verlag Karl Baedecker GmbH, Postfach 3162, D-73751 Ostfilden A.
16
Weltuntergang
Michèle Däppen
Startbereit für das Ende
„It wasn’t raining when Noah built
the Ark“ ist der Werbeslogan des amerikanischen Netzwerkes „Vivos“, was
zugegebenermassen ein ziemlich treffender Spruch für ihre Mission ist. Die
Mitglieder beschäftigen sich mit verschiedenen Szenarien, die zum Weltuntergang führen könnten und haben für
jedes den passenden Unterschlupf in
Form eines Bunkers bereit. Dabei kann
man zwischen „Community Shelter“
und „Private Shelter“ wählen und auch
die Einrichtung ist einem grösstenteils
selbst überlassen. Auf den ersten Blick
wirkt es erstaunlich, dass tausende von
Menschen auf der ganzen Welt eine
Menge Geld bezahlen, um sich auf die
Warteliste für eben einen solchen Bunker setzen zu lassen. Doch schaut man
etwas genauer hin, kommt man ziemlich schnell ins Grübeln.
Der Suchbegriff Armageddon liefert
auf Google über 48 Millionen Treffer.
Im Vergleich dazu kommt die „ETH“
gerade einmal auf 33 Millionen. Das
Thema Weltuntergang beschäftigt. Von
der angeblichen Prophezeiung der Mayas bis hin zur Zombie-Invasion ist für
jeden Weltuntergangs-Charakter etwas
dabei. Natürlich bedarf es je nach Szenario einer völlig anderen Vorbereitung.
Dabei findet jede Theorie, und sei sie
Vamp Winter 2012
noch so abwegig, Anhänger, die sich mit
innovativen Ideen fürs Ende wappnen.
Der Klassiker, und wohl allerseits bekannt, ist der Vorort-Amerikaner, der
sich seinen eigenen Bunker anlegt und
im Keller stapelweise Dosenravioli hortet. Ob der Verzehr dieser Delikatesse
für den Rest des Lebens wirklich erstrebenswert ist, sei dahingestellt.
Es gibt aber auch Menschen wie den
15-jährigen Jason Beacham. Er geht davon aus, dass es in der näheren Zukunft
zu einem globalen Wirtschaftszusammenbruch kommen wird. Die Anarchie,
die darauf folgt, macht seiner Meinung
nach den Menschen zum Kannibalen.
Um diese total plausible Möglichkeit
überleben zu können, übt er sich täglich
mit verschiedenen Waffen in Selbstverteidigung. Oder Robert Earl, der sich
zusammen mit seiner Frau mitten in der
Wüste einen weltuntergangssicheren
Platz baut.
All diese Menschen, die sich durch
eigene Initiative auf eine Katastrophe
vorbereiten nennt man „Preppers“ (vom
englischen preparedness). Sie sind bei
weitem keine Seltenheit mehr und so
wundert es einen nicht, dass der National Geographic Channel ihnen eine
eigene Sendung widmet, „Doomsday
Preppers“.
17
Wenn wirklich so viele Menschen
ihr komplettes Leben der Vorbereitung
widmen, ist es vielleicht doch nicht nur
Humbug. Doch wie bereite ich mich
perfekt auf das Ende vor?
Der Anfang ist leicht: Die Dosenravioli. Auch wenn man sie nicht mag,
sie haben Kultstatus, und ohne sie ist
der Notvorrat kein richtiger Notvorrat.
Die Merkliste des BWL (Bundesamt
für wirtschaftliche Landesversorgung
Schweiz) legt mir ans Herz unbedingt
an Wasser zu denken. Dazu kommt einiges an Teigwaren, Reis, Trockenfleisch,
18
Hygieneprodukte, ein gutes Buch falls
einem langweilig wird und natürlich
Schokolade. Wer wegen dem nahen
Ende schon nicht mehr klar denken
kann, hat auch die Möglichkeit sich ganz
bequem online das fertige NotvorratPacket zu bestellen (www.sichersatt.
ch). In der Rubrik „Weihnachtsgeschenke“ gibt es sogar Mini-Toblerone in der
Dose, schliesslich dürfen auch im Bunker Geschenke nicht fehlen. Wobei mir
gerade einfällt, dass ich schon einmal
einen Gummiweihnachtsbaum und Osterdekoration mitnehmen muss. Kriegt
Weltuntergang
man ja nach dem Ende alles nicht mehr.
Und apropos Bunker: Der darf natürlich
auch nicht fehlen. Da ich mir nicht zutraue so einen zu buddeln, lasse ich mich
lieber auf eine der Wartelisten setzen, für
die Comfort-Familien-Version. Man will
es ja gemütlich haben. Ein echter Profi braucht ausserdem eine Waffe. Also
setze ich ein Messer auf die Liste. Und
den Königsberger Analysis 1 und 2, nach
dem Ende hat man ja endlich mal Zeit!
So, da sitze ich nun also in meinem
Bunker, perfekt ausgestattet, fast wie
zu Hause, wenn da nur Fenster wären.
Meine Liebsten kann ich natürlich mitnehmen. Wir haben reichlich Essen, fünf
Jahre lang haltbares Trinkwasser in Beuteln und im Zentrum unserer Aufmerksamkeit natürlich die Dosenravioli.
Als Mathematikerin interessiert mich
das Verhalten im Unendlichen, und ich
rate jedem, diesem Szenario einen Gedanken zu widmen: Wenn wir nicht
gestorben sind, sitzen wir noch immer
in unserem Bunker. Ist das wirklich das
Leben, das wir uns erträumen?
Es gibt Studien, die besagen, dass es
auch unter den friedlichsten Menschen
innerhalb kürzester Zeit zu Konflikten kommen kann, wenn sie auf engem
Raum ohne Tageslicht zusammengepfercht sind. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.
Kurz vor der Verwerfung meiner ganz
persönlichen Weltuntergangs-Vorbereitungen kommen mir nochmals die Maya
in den Sinn. Ok, ich muss zugeben, es
ist bedenklich, dass ihre Zeitrechnung
plötzlich aufhört (wir vergessen jetzt das
mit den Zyklen einmal und geben den
Verschwörungstheorien eine Chance).
Aber mal ganz ehrlich: vielleicht hatten
sie nach über 4000 Jahren einfach keine
Lust mehr weiter Zahlen in den Stein
zu meisseln. Die Dosenravioli wandern
also ganz nach hinten in den Schrank. Eigentlich mag die ja sowieso keiner.
http://www.terravivos.com/home.htm , 6.11.2012 (18:46).
http://sichersatt.ch/s-land.php , 6.11.2012 (18:08).
http://channel.nationalgeographic.com/channel/doomsday-preppers/ , 9.11.2012 (22:14).
http://www.bwl.admin.ch/themen/00509/index.html?lang=de , 9.11.2012 (21:52).
Der grosse Brockhaus, Jutta Arndt et al., F.A. Brockhaus GmbH, 2008.
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kloster_Wettingen_Ost_30_Detail_Sintflut.
jpg?uselang=de#filehistory, 9.11.2012 (22:01).
Vamp Winter 2012
19
20
Weltuntergang
Ewgenij Wolkow
Meine Stunde als Prophet
Es ist Mittwoch, 10 Uhr morgens. Ich stehe mit einer Bommelmütze
und einem Pappschild-Umhang in der Mitte des Hauptbahnhofes.
Wie es dazu kam?
Alles fing in der Redaktionssitzung
an, wir sammelten Themen für die neue
Ausgabe des VAMP. Die Köpfe rauchten, und die Liste der Ideen füllte sich
mehr und mehr. Ich selbst hatte mich
noch nicht für ein konkretes Thema
entschieden, bis jemand den verrückten
Vorschlag machte, dass es lustig wäre,
einen Tag lang ein Prophetenleben
nachzuspielen und darüber einen Artikel zu schreiben. Kaum war das letzte
Wort gefallen, war ich Feuer und Flamme. Wir kamen zum Schluss, dass es
sich nur um eine Stunde handeln sollte,
da unser aller Stundenplan ziemlich voll
war. Ich übernahm den Job und konnte
den grossen Tag kaum erwarten, doch
zu Hause angekommen nagten schon
erste Zweifel an mir. Soll ich mich wirklich vor der Central-Station blamieren?
Ist es legal? Über wen und was reden
diese Propheten? Fragen, die ich mir,
ehrlich gesagt, nicht jeden Tag stelle.
Die Tage vergingen, und ich bildete
mich in Sachen Apokalypse, Propheten und Prophezeiungen fort. InterVamp Winter 2012
essanterweise fand ich beim Googlen
des Wortes „Prophet“ oder „Strassenprophet“ keine Videos, Beiträge oder
Ähnliches. In meinem Kopf hatte ich ein
festes Bild, ein dreckiger, langbärtiger
Typ mit einem beschrifteten „The end is
near“ Schild. Am 29. Oktober fing meine
Vorbereitung an. Ich sah mir zahlreiche
Videos über die Apokalypse, ihre Entstehung und verschiedene Vorstellungen
des Jüngsten Gerichts an und machte
mir Notizen. Ja, ich verfasste eine ganze
Präsentation über den Untergang der
Menschheit und die Plagen, welche sie
treffen werden, gab sogar verschiedene
Szenarien an, wie die Welt untergehen
könnte. Dabei stellte sich mir immer
wieder eine Frage: Wie fange ich an? Soll
ich einfach drauf los schreien, oder mich
auf eine Bank stellen und alle freundlich
begrüssen? Ich wusste es nicht und liess
die Frage offen.
Der Tag meines Jüngsten Gerichts war
gekommen, und ich hatte mich gut vorbereitet. Ich trug eine Mütze, die förmlich mit ihrer Dummheit prahlte und ein
paar ältere Klamotten. Es sollte ja nicht
21
Paris Hilton dargestellt werden, sondern
ein armer Schlucker, der sich für einen
Propheten hält. Die Aktion sollte lustig
werden und nicht toternst durchgezogen. Zehn Uhr morgens, die Stunde des
Propheten hatte geschlagen, und ich begab mich mit einem leichten Drücken in
der Magengegend zur Central-Station.
Doch nanu? Warum war denn alles leer?
Einen Tag zuvor, selbe Uhrzeit, selber
Ort, war es rappelvoll gewesen und gerade an meinem grossen Tag tote Hose?
Das darf doch nicht wahr sein! Meine
Zweifel gepaart mit Unsicherheit verflogen und Ehrgeiz packte mich am Schopf
und zog mich Richtung Hauptbahnhof.
Ich ging langsam und wartete die Reaktion der Menschen ab. 90% der Passanten reagierten folgendermassen: Zuerst
ein längerer, skeptischer Blick auf das
Schild, gefolgt von einem mürrischen
Beachten meines grinsenden Gesichtes
und zu guter Letzt das anteillose Vorbeimarschieren. Zürich, ich frage dich, wo
bleibt dein Humor?! Nur sehr wenige
konnten mir ein Lächeln oder Schmunzeln schenken, selbst wenn sich jemand
traute mich anzusprechen, war es meist
um meinen beabsichtigten Fehler auf
dem Plakat („Bekert euch jetzt!”) zu berichtigen. Unter der grossen Fahrplantafel im HB angekommen, fing der Spass
erst richtig an. „Lucifer wird auf die Erde
kommen mit seiner Armee der Verdammten und eure Seelen holen“, fing
ich an zu schreien. Die Welt sollte doch
endlich untergehen, es sei ja sowieso alles zwecklos und öde. Es dauerte keine
22
fünf Minuten bis mich Sicherheitsleute
des Hauptbahnhofes verwiesen mit der
Begründung, das sei ein privates Grundstück und Demonstrationen seien verboten. Schulterzuckend verliess ich den
HB mit einem dicken Grinsen.
Zurück am Central grub ich meine
Boxen aus der Tasche und liess laut das
Lied „Das Ende ist nah“ von den Aeronauten laufen, welches ich im Verlauf
meiner Recherche entdeckt hatte. Natürlich sang ich auch laut dazu, leider
blieb der grosse Beifall bis auf ein paar
müde Klatscher aus, Bohlen muss wohl
noch ein bisschen warten.
Nach einer guten Stunde und einem
gesteigerten Launebarometer meiner
Mitmenschen lief ich mit einem kleinen
Umweg durch die ETH zum VMP Büro
und verwandelte mich wieder in einen
gewöhnlichen Mathestudenten. Mein
Abenteuer war vorüber, und ich um einige lustige Begegnungen reicher.
Mein Fazit als Prophet: Im Grunde
nimmt kein Mensch einen ernst, und die
Leute interessiert nicht, was man sagt,
sondern nur, was auf dem Plakat steht.
Vielleicht hätte ich mit einem Plakat
„Vergebe zwei Franken an die ersten 10
Personen die mich ansprechen“, mehr
Gespräche geführt.
Das Prophetenleben ist hart, aber
lustig! Sprecht den nächsten Propheten
den ihr seht an, er wird sich freuen.
Weltuntergang
Joannis Koepsell
Das Ende der Welt
Der Weltuntergang im Liveticker:
[18.11 Uhr] Taxigäste müssen extra zahlen
[22.01 Uhr] Romney warnt vor umherfliegenden Wahlkampfschildern
[22.33 Uhr] Szenerie in Manhattan erinnert an Weltuntergangsfilm
[02.34 Uhr] Verfolgen Sie das Stromabschalten mit
[06.15 Uhr] Romney will an “Sturmhilfe-Event” teilnehmen
[10.41 Uhr] Lady Gaga ist stolz auf ihre Oma
[allesamt aus: SPIEGEL ONLINE, Liveticker zu “Sandy”]
Vor wenigen Wochen schien die
grösste Bedrohung der Menschheit
noch ein scheinbar harmloses Molekül zu sein: H2O. Nimm viel davon,
möglichst gasförmig und schön warm.
Platziere es über dem Ozean und sorge
dabei mächtig für Wirbel. Schwupps,
da hast du ihn, den Hurrikan. Schon
hast du die mediale Aufmerksamkeit
der ganzen Welt. Und für alle, die bloss
nichts verpassen wollen, gibt es dann
noch den Gipfel. Eine der grössten Internetnachrichtenseiten bietet an: „Verfolgen sie Wirbelsturm Sandy jetzt im
Liveticker“. Anscheinend ist das Interesse der Menschheit an ihrem eigenen
Leid und untergangsähnlicher Zerstörung nicht zu vernachlässigen! Dabei
Vamp Winter 2012
stellt sich auch die Frage, was uns dieses
Interesse über unser Menschenbild sagt.
Grund also, sich einmal über den Sinn
von Endzeitvorstellungen Gedanken zu
machen.
Ein Interesse an Endzeitszenarien
scheint es schon immer gegeben zu
haben. In der Geschichte waren es die
unterschiedlichen Religionen, die ihre
Leidens- und Endzeitvorstellungen verbreiteten. Ob die noch heute nachzulesende Offenbarung des Johannes oder
die zyklische Vorstellung des Weltendes
im Hinduismus, eines scheint ihnen allen gemeinsam: Die klare Trennung von
Gut und Böse. In jedem Fall werden am
Ende wie in einem modern anmutenden
23
Märchen, die Bösen bestraft und die Guten gerettet oder belohnt. Damit wurde
versucht, den Menschen dazu zu bringen, sich „Gut“ zu verhalten. In der modernen Welt scheint jedoch die Religion
allmählich abgelöst zu werden und unser
Weltbild wird immer mehr von der Naturwissenschaft geprägt.
Die Naturwissenschaft beansprucht
für sich als eines ihrer Hauptmerkmale die Logik, denn um sie lässt sich am
besten eine Vorstellung von „Wissen“
und „Erkenntnisgewinnung“ bauen. Die
Meinung zu den diversen Endzeitvorstellungen ist klar:
„Wenn bei der Auferstehung die ursprünglichen Atome, aus denen die Toten bestanden, wieder zusammengefügt
werden, dann könnte Gott – rein logisch gesehen – unmöglich Kannibalen
auferstehen lassen? Jedes einzelne ihrer
Atome gehörte doch einem anderen!“
(Frank Tipler, Die Physik der Unsterblichkeit).
Ein Gebiet in der Wissenschaft, welches hin und wieder auch als Quelle
„absoluter Wahrheiten“ interpretiert
wird, ist die Mathematik. Aber sagen
uns diese Wahrheiten überhaupt etwas
über unsere Welt? In diesem Gerüst der
Naturwissenschaft scheint es doch keine
Erklärung für das Verhalten von Menschen und ihre Beziehungen zur Welt zu
geben?
Es gab einmal eine eingeschworene
24
Gemeinde von Mathematikern, auch
Pythagoreer genannt, die da anderer
Meinung waren. Für sie war die Mathematik der Schlüssel zur Welt. „Die Zahl
ist das Mass aller Dinge.“ (Pythagoras).
Für sie ähneln Zahlen den Dingen. So
wird Gerechtigkeit mit der Zahl vier und
einem Quadrat in Verbindung gebracht.
Gerade Zahlen sind weiblich, ungerade männlich, während die Zahl eins
die Quelle aller Zahlen sei. Die Zahl
fünf (= 2+3) ist für sie die Ehe und 8
das Geheimnis der Liebe, da sie die
männliche Potenz, die 3, zur Ehe, hinzufügt. Auch war für sie eine ungerade
zusammengesetzte Zahl nicht wirklich
männlich, denn sie können als Produkt
anderer Zahlen ausgedrückt werden.
„Echte männlich Qualitäten erforderten
eine strikte Besonderheit, wie sie nur die
Primzahlen besässen“ (Albert Beiler).
An den Beziehungen der Zahlen, so
die Pythagoreer, sei zu erkennen, dass
der Schöpfer einen bestimmten Plan
hat, welchen man durch das richtige
Verständnis erkennen könne. Auch deswegen bereitete ihnen die Diagonale eines Quadrats mit Seitenlänge 1/sqrt(2)
einst solch grosse Schwierigkeiten. Wurzel zwei schien für sie ein Weltuntergang!
Doch heutzutage sind die Menschen
immer weniger religiös und Mathematik
nicht gerade ein Lieblingsfach. Der Weltuntergang scheint also abgeschafft. In
der aktuellen Statistik der „World DataWeltuntergang
base of Happiness“ rangiert die Schweiz
sogar mit einem stolzen Wert von 8.0 an
der Spitze der glücklichsten Nationen
(Zum Vergleich: Highest Score: Costa
Rica 8.5, Lowest Score: Togo 2.6). Sind
die eigenen Probleme klein genug und
kein eigenes Leid vorhanden, so rückt
das Leid anderer in den Mittelpunkt
des medialen Interesses. KatastrophenLiveticker scheinen eine Notwendigkeit
unserer heutigen Generation. Bleibt die
Frage, wer den Ticker bei einem echten
Weltungergang schreibt!
http://www1.eur.nl/fsw/happiness/hap_nat/nat_fp.php?cntry=28&name=Switzerland&mode=3&subjects
=78&publics=63, 11.11.2012 (16:54).
http://www.spiegel.de/panorama/liveticker-zu-sandy-patienten-aus-new-yorker-krankenhaus-evakuiert-a-864142-4.html, 11.11.2012 (17:27).
Die Mathematik und das Göttliche, Clifford A. Pickover, 1999 Spektrum Akademischer Verlag GmbH HeidelbergBerlin.
Recreations in the Theory of Numbers, Albert Beiler, New York 1966.
Die Physik der Unsterblichkeit, Frank J. Tipler, Piper 1995.
Simon Schöller
Making money
out of conspiracy theories
Everytime something remarkably
new and unbelievable or terrible happens, there seem to be several new
conspiracy theories trying to explain
what „actually“ is going on and whose
plan it was. Important examples are the
manned moon landing in 1969 or the
9/11 terror attacks in 2001. There are
probably hundreds of books trying to
explain why everything we know about
the World Trade Centre bombing is false and even more trying to “prove” that
mankind has never reached moon, but
Vamp Winter 2012
was mislead by the US government as
part of their strategy during the cold war.
But not only recent events give birth to
such “theories”, also do old fears, believes and superstitions, like for example
the believe in UFOs, the fear of extraterrestrials or even xenophobia and racism,
which are commonly stumbled across
when investigating conspiracy theories.
Most of the time it is not hard to figure
out what is wrong about those theories,
and usually they are ridiculously absurd.
25
It is hard to answer, why people like to
believe in such not at all well justified
theories; questions that might be more
approachable are how they emerge, whether it is profitable to make them up and
publish books on them, and how large of
a business the latter is.
Of course, many conspiracy theories
are product of the internet, or at least
strongly benefit from it, since it allows
people to share and discuss their ideas
and believes in forums and to find both
particularly extreme and skewed opinions and plenty of false facts, which tend
to be uncritically accepted and reused.
Furthermore, it is an easy and cheap
way of publishing ones thoughts with a
great outreach. Below, however, I intend
to focus on truly commercial conspiracy
theories, those that have not been made
up by amateur theorists in their spare
time, but by professional authors trying
to make a living of what they write.
When one starts looking for conspiracy theorists, their books, websites and
publishing houses, one will almost immediately find the German “Kopp Verlag”, a publishing house, likely to be the
largest one specialized on esotericism,
conspiracy theories and alternative explanations for any kind of phenomenon,
with authors like Erich von Däniken,
Udo Ulfkotte or Gerhard Wisnewsky.
Fairly striking is that these authors have
a broad range of fields of interests and in
26
each and every single one of them pretend to know more than not only an average person, but than all scientists who
are familiar with the topics. In a great
share of these books the authors’ strategy is to fan the readers’ fear and misuse
their lack of deeper knowledge on particular topics leaving them vulnerable and
susceptible to believe in elaborately woven so-called truths. What makes some
of these books particularly dangerous is
the fact that the theories advocated tend
to take extreme political or sociocultural positions or may even contain racist
thoughts.
On “amazon.de” there are about 850
results when searching for “Kopp Verlag” and the first results are not very
surprising: Although one should never
judge a book by its cover, it becomes obvious that most of the listed books contain conspiracy theories or – even worse
– demagogic attempts to convince the
readers of the authors weird believes. It
is hard to understand why so many people buy and read those books that such
large amounts of them are produced.
According to the wikipedia article
about “Kopp Verlag”, there seem to be
about twenty different authors that have
written for this publishing house, and on
its website many recent articles of the
same style as the books, written by some
of these authors, can be found. That does
not sound like a lot at first, but further
Weltuntergang
investigation, especially by German TV
channel NDR, has shown that approximately 10 000 books are sold each day
and that the publishing house has about
60 employees and a volume of sales of
tens of millions. Compared to 400 million books sold per year in Germany that
seems to be quite a big deal and not at all
negligible. The (in-)famous former German news anchor Eva Herman works for
“Kopp Verlag”, too, presenting pseudonews, like e.g. “leading future-experts”
predicting the next world war, thereby
probably featuring valuable advertisement on their books. Apparently the
business runs that well that new storage
hangars are to be build, because the publishing house keeps expanding despite
selling books with content sometimes
close to illegality.
one large publishing house, there might
be many more of them which also try
to make money be spreading untruths
and untenable opinions. Hopefully,
these markets will not grow any further
in the future, and hopefully the publishers are not actually convinced of what
their books contend, but simply try to
make money exploiting the readers’ naivety. What is for sure: The best measure against the uncontrolled spread of
such dangerous theories and believes is
proper education. It is scientists’ and future scientists’ duty to oppose such bad
practice when encountering it.
To put it all in a nutshell, I would claim
that conspiracy theories are a larger –
and ever growing – economical branch
than one would think of in the first place.
Moreover, I have only been looking at
http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/internet/koppverlag101.html, 11.11. 2012 (21:34).
http://de.wikipedia.org/wiki/Kopp_Verlag, 11.11.2012 (21:34).
http://info.kopp-verlag.de/, 11.11.2012 (21:37).
http://www2.evangelisch.de/themen/medien/eva-herman-und-die-rechten-ufologen21070, 11.11.2012 (21:45).
http://de.globometer.com/kultur-buch-deutschland.php, 11.11.2012 (21:03).
Vamp Winter 2012
27
Marie Bachmayer & Viola Valentina Vogler
Interview mit Prof. R. Wallny
Professor Rainer Wallny ist seit 2010
Professor am Institut für Teilchenphysik
der ETH Zürich und am Cern am CMS
Experiment tätig. Er studierte zuerst in
Tübingen, ging dann an die University
of Washington und promovierte an
der Universität Zürich. Seit zwei Jahren
hält er unter anderem auch die Einführungsveranstaltung Physik II für Mathematiker und Physiker am Departement
Physik.
Passend zum Thema Weltuntergang
zuerst ein paar Fragen zum Schwarzen
Loch.
Schwarzes Loch
Es gab, bevor der LHC gestartet
wurde, diese Gerüchte, dass dort
ein Schwarzes Loch entstehen
könnte, das dann die Erde verschluckt, haben Sie davon etwas
mitbekommen?
Natürlich habe ich etwas davon mitbekommen, das ist ja mein Forschungsgebiet am Large Hadron Collider. Es
handelt sich dabei um den weltweit
höchstenergetischten Beschleuniger,
28
Prof. R. Wallny © ETH Zürich
und wir hoffen, dass wir dort auch neue
Teilchen produzieren. Es gibt viele theoretische Vorhersagen und darunter eben
auch solche, die zusätzliche Raumdimensionen postulieren. In dieser Theorie kann es vorkommen, dass ein kleines Schwarzes Loch, ein sogenanntes
micro-black hole, erzeugt wird. Sollte
ein solches Schwarzes Loch entstehen,
dann würden wir im Detektor eine sehr
spektakuläre Signatur aufzeichnen. Die
Theorie, die diese Schwarzen Löcher
vorhersagt, sagt aber auch voraus, dass
Off Topic
diese Schwarzen Löcher sofort wieder
evaporieren. Sie zerplatzen also in einen
Feuerball von vielen Teilchen, und die
kann man dann im Detektor messen.
Findet man dann eventuell neue
Teilchen?
Genau! Egal welche Theorie man bevorzugt, es gilt immer Einsteins berühmte Gleichung E = mc2, also können Sie
Energie und Masse äquivalent betrachten. Wenn Sie eine Maschine haben,
die hohe Energien erzeugt, können Sie
diese Energien dazu benutzen, um neue
Teilchen herzustellen, deren Ruhemasse
höher sein kann als die der Teilchen, die
wir bereits kennen. Teilchen mit hoher
Ruhemasse sind im Allgemeinen instabil und zerfallen schliesslich in leichtere,
stabile Teilchen. Man kann sagen, wir
produzieren neue Teilchen aus der kinetischen Energie im Strahl plus der Ruhemasse der beschleunigten Teilchen.
Aber es ist nicht möglich, dass
dieses kleine Schwarze Loch sich
so ausbreitet, dass es die Erde
verschlingt?
Es gab natürlich die Befürchtung,
dass sich dieses Schwarze Loch nicht
an die Regeln hält und evaporiert, sondern plötzlich anfängt, die Welt aufzufressen. Es gibt verschiedene Gründe,
warum das keine reelle Gefahr darstellt.
Einerseits besagt diese neue Theorie,
Vamp Winter 2012
die Extraraumdimensionstheorie, dass
diese Schwarzen Löcher unter bestimmten Voraussetzungen erzeugt werden
könnten und dann wieder zerfallen. Sie
müssten also diese Theorie dahingehend
verändern, dass Sie zwar in Bezug auf die
Entstehung der Teilchen ihre Gültigkeit
behält, nicht aber bezüglich des Zerfalls.
Das ist schon sehr unwahrscheinlich.
Aber wenn es um das Bestehen der Erde
geht, darf man sich natürlich keine Fehler erlauben.
Ein anderes Argument ist Folgendes:
Wenn es diese Schwarzen Löcher gäbe,
wären wir schon längst nicht mehr da.
Wir werden nämlich permanent von
irgendwelchen galaktischen und extragalaktischen Teilchenkanonen bombardiert. Diese Teilchen kollidieren mit den
Atomen unserer Atmosphäre, etwa 2040 Kilometer über uns, und haben viel
mehr Energie, als wir jemals im LHC
herstellen können. Diese Energie würde natürlich ebenfalls Schwarze Löcher
produzieren, und wenn diese stabil wären, hätten sie über die paar Milliarden
Jahre, die die Erde schon existiert, diese
längst aufgefressen. Die Kollisionsenergie am LHC ist also nicht die höchste,
die wir jemals beobachtet haben, sondern es ist die höchste Kollisionsenergie,
die wir unter kontrollierten Bedingungen herstellen können. Das ist acht oder
neun Grössenordnungen kleiner als das,
was die Natur kann. Von daher können
Sie, denke ich, beruhigt schlafen.
29
Forschung
und LHC / CERN
Es gibt ja auch den LHC-Rap.
Den gibt es, und als ich letztens an
der Studienstiftungsakademie war, habe
ich noch etwas anderes gehört. Wir haben das Thema Astrophysik und LHC
zusammen mit meinem ETH-Kollegen
Justin Read behandelt, und am Ende
wurde noch ein Film gezeigt. Da hat
jemand einen Song, der gerade in den
Charts herumgeisterte, zum Thema
Higgs-Boson umgeschrieben – sogar
physikalisch korrekt (Link ist hier:
http://www.youtube.com/watch?v
=VtItBX1l1VY&feature=youtu.be). Es
gibt schon verrückte Sachen.
Sie forschen im Bereich der Supersymmetrie.
Ja, unter anderem. Es ist Grossforschung, das heisst, wir haben einen Apparat und arbeiten in Teams. Ich arbeite
sehr eng zusammen mit meinen Kollegen Prof. Dissertori und Prof. Grab, und
auch mit Frau Prof. Pauss. Wir begreifen uns als die ETH - CMS Gruppe. Da
haben wir ein Themengebiet, Supersymmetrie, auf das wir einen grossen
Schwerpunkt gelegt haben. An diesem
arbeiten mehrere Postdocs und Studenten, die nach der berühmten „Beyond
the Standard Model Physics“ suchen.
30
Supersymmetrie ist eben eine sehr populäre Theorie, die das Standardmodell erweitert und viele Fragen, die das
Standardmodell offen lässt, beantworten
könnte.
Könnten Sie noch einmal in ganz
einfachen Worten, z.B. für einen
Erstsemestrigen, erklären, was
Supersymmetrie eigentlich ist?
Das kann ich gerne versuchen.
Zunächst sollte man, glaube ich, kurz
noch einmal erklären, was das Standardmodell ist. Also im Bereich der Elementarteilchenforschung versuchen wir, die
kleinsten Bausteine der Materie zu identifizieren und die Art und Weise, in der
sie wechselwirken, zu verstehen. Das ist
eigentlich ein alter Menschheitstraum,
weil wir uns schon immer Gedanken
gemacht haben, wie diese Dinge zusammenhängen. Natürlich ist das ein bisschen naiv, wenn man denkt, man könne
dann auch aus den Eigenschaften der
Einzelbausteine auch alle Eigenschaften
Aggregate erklären. Bis zu einem gewissen Grad funktioniert das, aber es gibt
auch Phänomene, die erst entstehen,
wenn Sie viele dieser Teilchen haben.
Als Teilchenphysiker interessiert uns
weniger, was die kollektiven Phänomene
von Millionen von Elektronen sind, das
ist eher der Fokus der Festkörperphysik.
Wir wollen einfach ganz fundamental
untersuchen, was die Eigenschaften dieOff Topic
Prof. R. Wallny mit seinem Forschungsteam
ser Teilchen sind. Materie ist aufgebaut
aus Atomen, die Atome haben einen
Kern, und es gibt die Elektronen, die
um ihn herumschwirren. Elektronen
sind Elementarteilchen, das heisst, dass
sie nach unserem heutigen Wissen keine Ausdehnung und keine Substruktur haben. Wir betrachten sie daher als
Punktteilchen. Im Kern ist es noch ein
bisschen komplizierter – Protonen und
Neutronen sind nochmals aus Teilchen
aufgebaut, nämlich den Quarks, von den
wir heute glauben, dass sie fundamental
sind. Und wenn wir jetzt ein Kochrezept für ein Universum hinschreiben,
da müssen wir noch das Proton und das
Vamp Winter 2012
Neutron bauen, das Elektron haben wir
schon als Elementarteilchen. Also brauchen Sie ein sogenanntes up-Quark und
ein sogenanntes down-Quark. Aus zwei
up-Quarks und einem down-Quark bekommen Sie ein Proton und aus einem
up-Quark und zwei down-Quarks ein
Neutron. Diese Quarks haben komische
Ladungen, sie sind drittelzahlig. Dann
gibt es noch die Antiteilchen. Das Interessante ist, dass die Natur bei der Anwendung von „E=mc2“ zu einem Teilchen
immer noch eine Kopie aus Antimaterie
erzeugt: Für jedes Elektron gibt es zum
Beispiel ein Antielektron, das man Positron nennt. Hier präsentiert sich ein
31
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:<(./41$&(@4)+(/&(#! K+4($',0!
999!D-.(#-/2.%!+)3
32
Off Topic
weiteres Mysterium, denn im Mikrokosmos geht es bis auf ganz kleine Abweichungen immer sehr demokratisch zu
zwischen Materie und Antimaterie, deswegen ist es sehr erstaunlich, dass wir in
einem Universum leben, in dem diese
Antimaterie offenbar verschwunden ist.
Es gibt dann noch eine sehr mysteriöse
Klasse von Teilchen, den Neutrinos. Es
ist ein eigener Zweig der Teilchenphysik, diese Neutrinos zu verstehen. Neutrinos sind die Brüder zu den Elektronen,
haben aber keine elektrische Ladung
und nehmen daher nicht an der elektromagnetischen Wechselwirkung teil, die
für die Energie- und Längenskalen, in
denen sich unser Leben abspielt, neben
der Gravitation entscheidend ist.
Die Tatsache, dass wir nicht ins Weltall geschleudert werden, hat etwas mit
der Gravitation zu tun. Hier haben wir
ein zweites Problem: Die Gravitation ist
im Vergleich mit den anderen Wechselwirkungen sehr schwach. Ausserdem hat
sich die Gravitation unserer an sich sehr
erfolgreichen mathematischen Sprache der Quantenfeldtheorie widersetzt,
die die anderen Welchselwirkungen
beschreibt. Das heisst, wir können von
den vier Wechselwirkungen – starke und
schwache sowie elektromagnetische
Wechselwirkung und Gravitation – nur
drei in dieser feldtheoretischen Sprache
verstehen. Das sind wiederum zwei Dinge, die das Standardmodell nicht liefern
kann – eine feldtheoretische BeschreiVamp Winter 2012
bung der Gravitation bereitstellen und
den Grund für ihre Schwäche erklären.
Damit ist die Liste der Schwächen
des Standardmodells aber noch nicht
zu Ende. Vervollständigen wir diese also
noch, bis wir uns der Rolle der Supersymmetrie zuwenden. Im Standardmodell gibt es komischerweise nicht nur
das up-Quark, das down-Quark und das
Elektron sowie das Elektron-Neutrino,
sondern dieses Muster ist noch zweimal repliziert, sodass es insgesamt drei
Familien von Teilchen gibt, die ähnliche
Eigenschaften haben. Es gibt nicht nur
ein Elektron-Neutrino, sondern auch ein
Myon-Neutrino und ein Tau-Neutrino.
Die Quarks haben auch noch Brüder
und Schwestern, das Top-Quark, das
Bottom-Quark, das Charm-Quark und
das Strange-Quark. Warum wir in der
Natur diese drei an sich gleichen Familien antreffen, wissen wir eigentlich auch
nicht so genau. Die Materie, die wir kennen, könnten wir allein aus den Bausteinen der ersten Familie zusammenbauen.
Wir bräuchten die anderen Teilchen also
nicht unbedingt, bis auf ein technisches
Detail, aber das ist jetzt sehr schwierig zu
erklären. Jedenfalls haben wir hier nur
leichte Hinweise – die Natur hinterlässt
uns manchmal gewissermassen Krümelspuren, die wir verfolgen können, ohne
genau zu wissen, wohin uns diese Spur
führt. Die Supersymmetrie kann uns
nun mit dieser Extravaganz der Natur
mit diesen vielen Teilchenfamilien nicht
33
helfen – sie ist sogar noch extravaganter.
Wir müssen nämlich dieses Teilchenspektrum noch einmal duplizieren und
haben jetzt noch weitere Spiegelteilchen. Zum Bottom-Quark haben wir
also ein Sbottom-Quark, ein supersymmetrisches Bottom-Quark, und zum
Top-Quark haben wir ein Stop-Quark
usw. Zuerst wird es also noch übler, wir
haben noch mehr Teilchen, aber die
Supersymmetrie kann jetzt bestimmte
Probleme des Standardmodells lösen.
Vor allem kann sie ein weiteres Teilchen
vorhersagen, von dem wir wissen, dass
es bereits existiert, aber wir wissen auch,
dass es kein Standardmodell-Teilchen
ist. Das ist das berühmte Dunkle Materie-Teilchen. Von diesem Dunkle Materie-Teilchen wissen wir zum Beispiel aus
der astronomonischen Beobachtung der
Geschwindigkeiten von Galaxienhaufen
und grossen astronomischen Objekten
als Funktion des Abstandes vom Rotationszentrum. Die Resultate, die wir bekommen, wenn wir die sichtbare, leuchtende Masse zugrunde legen, passen
hinten und vorne nicht zu der Beobachtung – offenbar ist viel mehr grösstenteils
nicht leuchtende, also dunkle Materie
am Werk. Von der Dunklen Materie wissen wir aus anderen Gründen auch, dass
es sich dabei um Teilchen handeln muss.
Stellen Sie sich vor, was wir da jetzt für
ein Problem haben: Als Teilchenphysiker wollen wir ja jedes Teilchen finden,
und das Standardmodell funktioniert
auf seine Art und Weise faszinierend. Es
34
gibt gewisse Rechnungen, die gehen bis
in die neunte, zehnte, elfte Stelle, und
die passen dann mit dem Experiment bis
ins Detail überein. Es ist also einerseits
ein Triumph des menschlichen Geistes,
wenn Sie so wollen, und andererseits
ist es ein totales Versagen, weil wir hier
dieses Dark Matter-Teilchen haben, von
dem wir eigentlich keine Ahnung haben,
was es ist.
Woher weiss man, dass es ein
Teilchen ist?
Es gibt natürlich verschiedene Theorien. Es darf nicht leuchten, es darf nicht
irgendwie elektromagnetisch mit uns
reden. Es gibt Modelle aus der Urknalltheorie, in denen solche Teilchen schon
mit einer gewissen Anfangsgeschwindigkeit oder Temperatur entstehen. Das
ist nicht kompatibel mit dem, was wir
betrachten. Es gab auch Theorien, dass
es dunkle Klumpen aus Materie sein
müssen, aber die konnte man ausschliessen. Man kommt dann mehr oder weniger eindeutig zu dem Ergebnis, dass es
sich um ein Elementarteilchen handeln
muss.
Jetzt haben wir also diese etwas peinliche Situation, dass nur etwa vier Prozent
der Energiedichte im Standardmodell
verstanden sind. Zwanzig Prozent ist
die dunkle Materie und der Rest ist die
dunkle Energie. Eines der schönen Eigenschaften der Supersymmetrie ist es
Off Topic
nun, dass es einen Kandidaten für dieses
Dunkle-Materie-Teilchen produziert,
nämlich z.B. das Neutralino. Solche Teilchen sollten wir am LHC produzieren
können, wenn sie denn existieren.
Teilchen die ganzen zugehörigen supersymmetrischen Partner finden.
Supersymmetrie hat noch einen sehr
technischen Vorteil, der hat etwas mit
dem berühmten Higgs-Boson zu tun.
Wir haben guten Grund zu der Annahme, dass wir das Higgs-Boson gefunden haben, und vielleicht wissen wir
am Ende des Jahres, dass es wirklich so
ist. Wenn es jetzt nur dieses eine HiggsBoson gäbe, wäre das eigentlich eine
kleine Katastrophe. Dieses Higgs-Boson
ist nämlich ganz auf sich alleine gestellt
im Standardmodell nicht „robust“ gegen
Quantenkorrekturen, die seine Masse
auf extrem hohe Energieskalen schieben
sollten, sagen wir 10^16 GeV. Ein „leichtes“ Higgs-Boson, denken wir an eine
Masse von etwa 125 GeV, wäre dann nur
durch eine äusserst delikate Feinabstimmung von Standardmodell-Parametern
(das sogenannte „fine tuning“) möglich.
Gäbe es neue Teilchen, wie sie z.B. die
Supersymmetrie fordert, würde sich
dieses Feinabstimmungsproblem nicht
stellen.
Ja, das ist genau das Problem, wo
sind sie denn? Wir haben jetzt am LHC
schon einen ansehnlichen Massenbereich untersucht und keine Anzeichen
von neuen Teilchen gefunden, ausser
dieses neue Teilchen, von dem wir jetzt
annehmen, dass es das Higgs-Boson ist.
Wenn die Supersymmetrie das aber alles
leisten soll, von dem ich gerade gesprochen habe, dann sollten wir eigentlich
demnächst im Massenbereich bis zu einigen Tera-Elektronvolt (1 TeV = 1000
GeV) fündig werden.
Muss man die Supersymmetrie
noch beweisen?
Man muss die supersymmetrischen
Teilchen eben finden, d.h. zu all den
Quarks und Leptonen und deren AntiVamp Winter 2012
Aber die wurden noch nicht gefunden.
Welche Energie kann man denn
mit dem LHC maximal erzeugen?
Zwischen 13 und 14 TeV ist die Endenergie und wir laufen im Moment bei
acht TeV. Aus technischen Gründen
können Sie nicht die ganzen acht TeV
benutzen, um neue Teilchen zu erzeugen, weil die Protonen eine Substruktur
haben. Sie können also nicht die gesamte Energie aus der Proton-Proton-Kollision nehmen, sondern eigentlich nur
aus der Quark-Quark-Kollision, und da
verlieren Sie relativ viel. Wir sind jetzt
an dem Punkt, dass wir den Bereich zwischen einem und zwei TeV ausschliessen
können. Supersymmetrie ist sehr sexy,
35
aber leider noch nicht da. Sie ist aber
auch eine sehr schwer zu tötende Hydra, wenn Sie so wollen: Schlagen Sie
einen Kopf ab, bekommt sie zwei neue
mehr. Was ich damit meine ist, dass sie
viele Parameter hat und sich an gewisse
experimentelle Befunde anpassen kann.
Zum Beispiel existiert die Möglichkeit,
dass sich das Spektrum der Teilchenmassen stark aufspaltet, sodass es SUSYTeilchen mit sehr hohen Massen gibt,
die wir daher nur schwer sehen können.
Zum anderen gäbe is in diesem Modell
dann aber auch leichte Teilchen, die wir
dann sehen sollten, die sich aber hinter
den leichten Standardmodell-Teilchen
„verstecken“ können.
Im Frühjahr wird der LHC vorübergehend abgestellt, oder?
Da wird eine Modifikation durchgeführt, damit er dann bei 13-14 TeV sicher laufen kann.
Und wann geht es danach weiter?
Wir denken, im Frühjahr 2015 wird
er wieder einigermassen zusammengeschraubt sein.
Was machen Sie in der Zwischenzeit?
Da wird uns bestimmt nicht langweilig! Wir haben erstens natürlich noch
viele Daten, die normalerweise schneller
36
genommen als analysiert werden. Wir
haben in den letzten zwei Jahren in einer
unglaublichen Geschwindigkeit die Daten mehr oder weniger on-the-fly analysiert. Das ist in Ausnahmesituationen
möglich, aber je präziser Sie werden wollen, desto länger dauert die Datenanalyse. Sie können auch Jahre, nachdem die
Daten genommen wurden, noch analysieren. Mit zwei Jahren Messpause haben wir also kein Problem.
Es gibt ja noch viel zu tun – wir haben
sogar Daten „geparkt“, weil wir sie zum
Teil gar nicht alle in die Computerfarmen schieben konnten. Bisher haben
wir nur die Daten, die wir sofort analysieren mussten, also die zum HiggsBoson und zur Supersymmetrie, durch
die Computerfarmen geschickt. Die Daten, die ebenfalls interessant sind, aber
noch etwas warten können, z.B. Präzisionsmessungen des Standardmodells,
haben wir geparkt. Wenn die Computer
sich durch diese aktuellen Daten durchgefressen haben, werden die geparkten
Daten analysiert. Ausserdem bauen wir
an den Zukunftsprojekten, also an einer
neuen Version des Pixeldetektors, auch
bei mir im Labor. Diese Aktivitäten laufen dann normal weiter. In den nächsten
zwei Jahren kommt eine heissere Phase,
in der wir Detektormodule bauen werden, die wir ausführlich testen müssen.
Dann wird der neue Pixeldetektor zusammengebaut und Ende 2016 im CMS
eingebaut.
Off Topic
Wie viele Mitglieder hat momentan Ihre Forschungsgruppe?
Also Doktoranden habe ich sechs,
Postdocs habe ich auch sechs, die durch
verschiedene Forschungsgelder finanziert werden.
Sind in Ihrer Forschungsgruppe
nur ETH Angehörige, oder wie
eng ist die Zusammenarbeit und
der Zusammenhang zwischen
der ETH und Ihrer Forschung am
CERN?
Unser nächstes Projekt ist eine Kollaboration von etwa dreitausend Wissenschaftlern. Dazu gehören natürlich
die Doktoranden und Postdocs. Wir
haben Aktivitäten, die wir mit anderen
Gruppen teilen, die von überall auf dem
Globus kommen. Zum Beispiel arbeiten
wir bei einer Aktivität mit Forschern von
der University of California zusammen.
Andere Analysen haben nur wir selbst
entwickelt und treiben sie alle voran,
manchmal auch in Zusammenarbeit mit
den Kollegen aus der Theorie. Generell
ist unser Forschungsgebiet ein sehr kollaboratives Feld. Wir arbeiten eigentlich
mit ganz vielen Leuten in ganz vielen
Kontexten zusammen. Daher ist die
Antwort nicht ganz einfach. Es ist auch
nicht so, dass ein Doktorand immer nur
ein Thema hat. Manche Themen sind so
schön abgekapselt, dass das ein Doktorand allein machen kann, und manchmal
Vamp Winter 2012
sind das auch Mammutprojekte, wo Sie
dann drei oder vier Doktoranden benötigen. Das ist dann nicht ganz so einfach,
weil Sie dafür sorgen müssen, dass jeder
sein eigenes Gebiet hat. Eine Doktorarbeit ist ja ein selbständiger Beitrag zum
Feld, der die Grenzen des heutigen Wissens verschieben soll.
Gleichzeitig müssen die Doktoranden eng zusammenarbeiten. Das ist wie,
wenn Sie sich in Ihrer WG selbst organisieren. Da gibt es das Gesamtprojekt
des erfreulichen Zusammenlebens und
dann gibt es Tasks und Subtasks. Es gibt
natürlich glamouröse und weniger glamouröse Tasks. Und wenn einer immer
nur das Bier kauft und die Parties organisiert und der andere immer nur den Müll
rausträgt, dann ist früher oder später der,
der immer nur dem Müll rausträgt, ein
bisschen beleidigt, aber wenn keiner
den Müll rausträgt, geht‘s auch nicht.
Sie müssen also dafür sorgen, dass sich
jeder in der Arbeitsteilung wiederfindet.
Wenn Sie in einer WG wohnen, lernen
Sie schon etwas fürs Leben. Es ist eine
Herausforderung, mit anderen zusammen zu arbeiten, aber natürlich auch
eine schöne Erfahrung, weil Sie merken,
dass Sie zusammen mehr erreichen können. Wie zum Beispiel ein Higgs-Boson
finden. Das kann keine Gruppe alleine.
37
Uni vs. ETH
Sie haben ihre Doktorarbeit an der
Universität Zürich geschrieben.
Gibt es auch eine Gruppe der
Universität Zürich am Cern, und
haben Sie schon damals in dieser
Gruppe gearbeitet?
An der Universität Zuerich gibt
es auch eine Gruppe, die am CERN
forscht, aber ich war damals nicht an
CERN-Projekten beteiligt, sondern an
einem etwas kleineren Projekt. Der Beschleuniger war in Hamburg am Deutschen Elektronensynchrotron (DESY),
sozusagen einem CERN auf nationaler
Ebene, aber auch mit internationalen
Kollaborationen. Dieser Beschleuniger
hat Elektronen und Protonen zur Kollision gebracht. Dort gab es das H1 Experiment, an dem ich beteiligt war.
Was würden Sie als den grössten
Unterschied zwischen der Universität und der ETH beschreiben?
Da zerren Sie mich jetzt auf ein heikles Gebiet.
Ich war damals Doktorand und habe
keine Vorlesungen an der Uni gehalten.
Im Allgemeinen gibt es immer das Problem, dass wenn zwei Institute dasselbe
machen, es leider nicht ohne Konkurrenz geht. Als den grössten Unterschied
würde ich die starke theoretische Aus-
38
bildung der ETH Studenten bezeichnen. Zwischen den beiden Universitäten
gibt es ein unterschiedliches Profil. Die
Atmosphäre ist vielleicht etwas familiärer, da es insgesamt viel weniger Physikstudenten gibt, wodurch sich die Leute
besser untereinander kennen. Diese
beiden Institutionen haben beide auf jeden Fall ihre Existenzberechtigung. Generell erscheint mir die Ausbildung an
der ETH stark von der Theorie geprägt,
was kein Fehler ist, denn wenn Sie später experimentell arbeiten, bleibt unter
Umständen nicht mehr viel Zeit für die
Theorie, die sie aber natürlich verstehen
müssen. Kurz gesagt: Sie lernen jetzt die
Grundzüge der Theorie für den Rest ihres Lebens. Allerdings sollte man das Experimentelle auch nicht aus den Augen
lassen.
An der Uni ist mir in der Teilchenphysik aufgefallen, dass die Studenten schon
mehr experimentelle Aspekte gehört haben, wenn sie in die Vorlesung kommen.
In der Vorlesung, die ich gerade halte, PPP 1, ist unter den Studenten auch
die Theorie stark vertreten. Irgendwann
muss man aber halt auch einmal das Experiment kennen lernen.
Als ich Student war, wollte ich auch
Theoretiker werden, und das ist selbstverständlich so, wie der Stoff vermittelt
wird. Denn die Vorlesung ist entlang der
Geschichte der theoretischen Physikerfolge aufgebaut.
Off Topic
Die experimentelle Geschichte wird
zwar erwähnt, aber diese zu erklären ist
schwierig, denn man muss schon sehr
viel vom Experimentieren verstehen,
damit man diese Leistungen honorieren
kann. Des Weiteren sind die Lehrbücher
so geschrieben, als gäbe es einen Durchbruch nach dem anderen, aber so ist es
nun mal in der Forschung nicht. Wenn
Sie in der Forschung dann einmal an
den Grenzen des Wissens angekommen sind, dann bekommen Sie eben
nicht übermorgen nach den nächsten
20 Seiten wieder einen Durchbruch. Sie
bekommen eben ein leicht verfälschtes
Bild von der Arbeit in der Physik, aber
das ist unausweichlich. Wir können Ihnen nicht alle Irrwege zeigen, dann würde das Studium noch länger dauern.
Wenn Sie irgendwann einmal Wissenschaftler werden wollen, dann müssen
Sie sich irgendwann überlegen, wo Sie
am besten ihren Beitrag liefern können.
Es ist natürlich schick, Forscher zu sein,
aber dafür werden Sie nicht bezahlt. Sie
sollten sich dann irgendwann einmal
überlegen, was ist denn jetzt mein Beitrag? Dadurch, dass man sich anstrengt,
erkennt man deutlich seine Stärken und
Grenzen. Im Allgemeinen ist es dann
eine gute Idee, sich dort einzubringen,
wo man stark ist.
Vamp Winter 2012
Wie haben Sie gemerkt, worin Sie
stark sind?
In meinem Studium, vor allem in den
USA, habe ich gelernt, dass ich die theoretischen Berechnungen schon selber
durchführen kann, auch wenn das hinund wieder einen halben Baum gekostet
hat, bis ich auf das richtige Ergebnis gekommen bin, ich aber nicht die notwendige Geduld besitze, die man für das
theoretische Geschäft braucht.
Ich habe in Tübingen studiert, damals
war das noch sehr frei. Sie fangen an
und im vierten Semester hatten Sie eine
mündliche Vordiplomsprüfung. Was sie
dazwischen machen, war Ihnen selbst
überlassen, was sicherlich auch seine
Vor- und Nachteile hat. Die Übungen
dort waren auch keine besonders trickreichen Aufgaben.
In den USA, wo ich als Austauschstudent war, wurde ich dann kalt geduscht.
Denn dort musste man oft stundenlang
rechnen und zum Teil auch stupide rechnen. Darauf war ich nicht besonders gut
vorbereitet. Am Ende habe ich gemerkt,
dass ich darin nicht exzeptionell gut
bin und ich dann auch nicht das Gefühl
hatte, dass mir das jetzt gerade sehr viel
Spass macht. Dann habe ich in den USA
eine Semesterarbeit in der experimentellen Teilchenphysik begonnen. Das
hat mir sehr viel Spass gemacht. Denn
da konnte man Basteln, Computerpro-
39
gramme schreiben und zum Teil auch
knifflige mathematische Probleme lösen. Die Arbeit war sehr viel vielseitiger
als in der Theorie, und ich musste nicht
den ganzen Tag sitzen, den Bleistift spitzen und auf ein Papier starren. Manche
Leute sind da genial drin und denen
fehlt dann auch nichts, aber mir ist dann
auch der kollaborative Effekt wichtiger.
Das heisst nicht, dass Theoretiker nicht
reden, sie sind auch sehr soziale Menschen. Sie müssen halt die Fähigkeit
haben, stundenlang sehr konzentriert
an ihrem Schreibtisch zu sitzen und zu
rechnen.
Ein Experimentalphysiker hingegen
kann man auch Stunden verbringen,
einen Apparat oder ein Experiment
aufzubauen, zu kalibrieren, Oszilloskope anzuschliessen und deren Daten
auszuwerten etc. etc. Das ist etwas, dass
mich als Student persönlich sehr viel
mehr angesprochen hat. Der Punkt,
den ich machen will, ist der, dass wenn
man mit dem Studium beginnt auf jeden
Fall nach rechts und nach links schauen
sollte. Denn wenn man mal ein Kapitel
schliesst, ist es oft nicht so leicht, es wieder zu öffnen. Das heisst, wenn Sie glauben, die Experimentalphysik interessiere
Sie nicht, dann sollten Sie sich gerade
diese vielleicht noch einmal genau anschauen. Verhindern Sie einfach einen
Fehler zu machen, den Sie später bereuen. Wenn sie aber auf die Idee kommen
Theoretiker zu werden, dann machen Sie
das.
40
Semesterarbeiten
Gibt es für Bachelorstudierende
die Möglichkeit eine Semesterarbeit bei Ihnen am Institut zu
schreiben?
Wenn sie das machen wollen, gern.
Semesterarbeiten haben wir auch schon
des öfteren angeboten. Es bieten sich vor
allem Projekte in der Hardware an, denn
es ist sehr schwierig, für eine Bachelorarbeit all die Datenanalysetools zu lernen, wenn es auch nicht unmöglich ist.
Weiterhin müssen sie sehr viel Einsatz
mitbringen, denn Forschung ist nie nine-to-five business, da kann es in Stosszeiten schon dazu kommen, dass sie etwas mehr arbeiten müssen, ohne dass sie
Ihre Vorlesungen dabei vernachlässigen.
Das Schöne an einem Hardwareprojekt
in der Teilchenphysik ist auch, das man
hier noch etwas anfassen kann. In der
Datennahmeperiode eines grossen Experimentes ist dieses ja nicht mehr zugänglich, da wird die Arbeit schon etwas
abstrakter.
Off Topic
Vorlesungen
Kann man sich als Dozent für einen Vorlesung entscheiden? Was
war Ihre Motivation eine Einführungsveranstaltung zu halten?
Ich habe schon in den USA eine
Grundvorlesung für Studierende der
Medizin gehalten, und es hat mich schon
immer interessiert, mit vielen jungen
Leuten zusammen zu arbeiten. Als ich
an die ETH kam, war die Physik II noch
nicht abgedeckt. An der ETH wurde gerade der Bachelor geändert, und damit
Vamp Winter 2012
kam die Physik II ins erste Jahr und in
die deutschsprachige Schuttzone, und
deshalb war die Vorlesung gerade frei
geworden. Insofern war diese Vorlesung
für mich als deutschsprachigen Professor an sich prädestiniert, allerdings hat
es mich dann doch etwas sprachliche
Mühe gekostet, da ich ja selbst Physik
zum Grossteil auf Englisch gelernt habe.
Da habe ich schon gedacht, wie sehr sich
die Dinge geändert haben. – in den 20er,
30er Jahren haben sich ja internationale
Wissenschaftler bemüht, Publikationen auf Deutsch zu lesen. Da wird sich
manch‘ einer im Grabe umdrehen.
41
Natürlich musste ich schon meine
Sprechroutine anpassen, die nach 7 Jahren Tätigkeit als Professor in den USA
komplett anglo-amerikansich geprägt
war. Ich hatte auch wenig Zeit zur Vorbereitung, da ich ursprünglich nicht geplant hatte, schon so früh nach meiner
Ankunft an der ETH eine grosse propädeutische Vorlesung zu übernehmen,
da ich noch viel Zeit brauchte, meine
Forschung aufzubauen. Andererseits
hatte ich den Stoff grösstenteils schon
in anderen Vorlesungen abgedeckt, und
zudem hat mich Physik II immer etwas
mehr interessiert als die Physik I. Das
erste Semester war dann schon knüppelhart, denn ich musste ja noch das Skript
an das neue Vorlesungsformat anpassen
und entsprechend erweitern, sodass die
Lehre in diesem Semester eigentlich ein
full-time job war. Jedenfalls war jenes
Semester eine der grössten Herausforderungen, denen ich mich seit meiner Ankunft am D-PHYS gestellt habe. Es hat
aber auch sehr viel Spass gemacht, zumal ich dann auch erleichtert feststellen
durfte, dass die Studierenden offenbar
nicht allzu sehr darunter gelitten haben,
dass ich die Vorlesung zum ersten Mal
gehalten habe. Beim zweiten Mal war es
dann einfacher, weil ich das gesamte Material schon hatte.
Für mich war es schön, die Vorlesung
endlich einmal für Studenten zu halten,
die es tatsächlich interessiert hat, denn
bis zum damaligen Zeitpunkt habe ich
42
immer die Nebenfächler unterrichtet.
Das war dann schon gelegentlich einmal
frustrierend. Bei den Mathematiker und
Physikern habe ich dann erwartet, dass
sie eine ähnliche Faszination für das
Fach haben wie ich. Diese Erwartung hat
sich bestätigt.
Wunsch D-Phys
Wenn Sie einen Wunsch frei
hätten, was würden Sie dann am
D-Phys verbessern?
Es werden immer mehr Studierende,
und das ist für alle eine immer grösser
werdende Herausforderung. Ich würde
gerne noch mehr verstehen, wie sich die
einzelnen Fächer untereinander verzahnen, da die Lehre schon sehr kompakt
ist. Es würde mich interessieren, ob man
das ganze nicht noch ein bisschen streamlinen könnte. Ich denke, wir machen
am D-PHYS einen guten Job unter den
gegebenen Randbedingungen. Aber
je mehr Studierende kommen, desto
schwieriger wird es, den Betrieb so zu
gestalten, dass der oder die einzelne in
der Vielzahl der Mitstudierenden nicht
untergeht und alle eine faire Chance für
die Basisprüfungen erhalten. Nicht zuletzt deshalb biete ich ja auch deshalb
eine wöchentliche Sprechstunde an, in
der die Studierenden in kleinerer Runde
Fragen zum Stoff, aber auch allgemeiner
Natur stellen können.
Off Topic
Oft sind die Studierenden nach einem
Jahr sehr ausgebrannt und demotiviert.
Sie müssen um ihr Überleben kämpfen
und das führt von Anfang an zu einem
Konkurrenzkampf. Das ist eigentlich nicht
das, was man sich wünscht, denn man
würde gerne Probleme in der Gruppe
besprechen und Probleme zusammen
lösen.
Was Sie beschreiben, ist mir gut bekannt. Im amerikanischen System der
Ausbildung der „pre-medical students“,
also der Medizinstudierenden, die sich
für die Aufnahme in die eigentliche Medical School qualifizieren wollen, ist der
Konkurrenzkampf sehr sehr hart – ich
hoffe, dass das hierzulande noch nicht in
solchem Ausmass der Fall ist. Dort ist es
so, dass wenn Sie als Studentin oder Student im pre-med Program den Hörsaal
betreten, es allen schon klar ist, dass dreiviertel der Studierenden das gewünschte
Ziel nicht erreichen wird, nämlich einen
Notendurchschnitt, der die Aufnahme
in eine der prestigeträchtigen Medical
Schools des Landes (wie z.B. Harvard)
ermöglichen würde. Das bedeutet, dass
die Noten in Physik, die ich am Ende den
amerikanischen Studierenden gemäss
ihrer Leistungen geben musste, oft über
die Karriere entschieden haben. Noten,
die einer Schweizer fünf entsprachen,
waren oft nicht ausreichend für eine solche Aufnahme. Etwas überspitzt formuliert, war für die Medizinstudierenden,
die ich in USA unterrrichtet habe, die
5.5 die schlechteste Note, die sie sich im
Vamp Winter 2012
Grundstudium „leisten“ durften.
In einem solchen System, in dem die
Noten grundsätzlich nach einer Gausskurve verteilt werden, haben die Studierenden natürlich schnell erkannt, dass
sie sich unter Umständen einen Bärendienst erweisen, wenn sie anderen helfen. Denn in diesem System kann man
auf zwei unterschiedliche Arten und
Weisen zur gewünschten Note kommen
– entweder sehr schlau und fleissig sein,
oder aber möglichst viele andere nach
unten treten. Das fand ich natürlich sehr
unzufriedenstellend, denn das ist nicht
das, was Physik sein sollte. Ich habe
mich auch oft gefragt, wer unter meinen
US-Studenten im Physik-Nebenfach
dann am Ende die besten Kandidaten
für die medical schools sein sollten, und
bin zu dem Schluss gekommen, dass es
nicht immer nur die mit den besten Noten sind. Denn diese konnten oft den
Stoff schon vorher oder hatten ihn brutal auswendig gelernt. Diejenigen, die
sich den „Luxus“ erlaubten, das Gehirn
einzuschalten, machten im Lernprozess
hin- und wieder Fehler, was einerseits ja
ein notwendiger Prozess des Lernens ist,
andererseits in diesem System bestraft
worden ist. Die, die sich das Denken
„erlaubt“ haben, waren also im Nachteil.
So eine Atmosphäre möchte ich an der
ETH auf keinen Fall haben, vor allem im
Hauptfach ist das absolutes Gift.
Die Kommunikation versuche ich
43
durch die Concept Test Karten zu fördern, da Sie dort mit Ihrem Sitznachbarn
diskutieren und sich gegenseitig von Ihren Ideen überzeugen müssen. Wenn Sie
mich fragen, was ich verbessern bzw. erhalten würde, dann wäre es, dass Sie in
den Hauptvorlesungen noch genügend
Raum haben zu diskutieren, und die Atmosphäre nicht von Konkurrenz geprägt
ist. Ich möchte auch noch betonen, dass
ich meine Benotung an der ETH eben
nicht nach dem amerikanischen Gausskurven-System durchführe.
Nun kann die Physik bisweilen auch
einmal eine etwas spröde Liebe sein,
und jeder kommt sicher irgendwann
einmal zu dem Punkt, an dem man etwas demotiviert ist. Dann heisst es aber,
gerade im Basisjahr, Biss zu zeigen und
sich nicht entmutigen zu lassen. Sie sollten natürlich nicht das Gefühl haben unterzugehen. Für den einen oder anderen
ist es auch wichtig zu erkennen, wenn
das Physikstudium dann vielleicht doch
nicht das richtige ist und sich dann umorientieren – für einen jungen Menschen
gibt es viele spannende Möglichkeiten.
Das ist besser als wenn man mit 30 Jahren oder so merkt, dass dieses Studium
dann doch nicht das Richtige für einen
war.
Was machen Sie, wenn Sie sich
einmal gerade nicht mit ihrer
Arbeit beschäftigen, oder gibt es
solche Momente überhaupt?
Als Professor geht es letztendlich darum, Ideen zu haben und diese weiterzuentwickeln. Ideen kommen Ihnen nicht,
wenn Sie einem Berg von Administration hinterherlaufen, und deshalb müssen
Sie sich schon aus diesem Grund Freiräume schaffen. Bekannterweise kommen einem die besten Ideen oft unter
der Dusche.
Meine Freizeit verbringe ich gerne
mit meiner Freundin, wir gehe auch
gerne einmal ins Kino. Des Weiteren liebe ich Jazz Musik und versuche, da auf
dem Laufenden zu bleiben. Dazu muss
man jedoch in einer gewissen Stimmung
sein, damit man es geniessen kann. Ein
grosses Hobby von mir ist das Segeln,
vor allem im Mittelmeer. Einmal im Jahr
gehe ich mit meinen Freunden und Bekannten segeln. Das Segeln ist für mich
wirklich die Gelegenheit abzuschalten.
Wie Tucholsky sagt, die Seele baumeln
zu lassen.
Wir danken Herrn Professor Wallny recht
herzlich dafür, dass er sich die Zeit genommen hat, dieses Interview mit uns zu führen.
44
Off Topic
Jeannine Kühnle
Überlebenstipps für Nichtschweizer: Nahrung
Nachdem ich nach langem Suchen
eine Wohnung gefunden hatte und
mich mit der Sprache schon ein wenig
auskannte, war der nächste logische
Schritt: Ausfindig machen, wo man etwas zu essen herbekommt.
Da gibt es natürlich verschiedene
Möglichkeiten, von Coop, Migros, Migrolino, Denner, bis zu verschiedenen
Märkten und dem, was man noch alles
unter der Couch finden kann.
Mein erster Einkauf gestaltete sich
dann ungefähr so: Ich hatte unglaublich
Hunger, bin durch den Laden gelaufen,
habe mir alles schön zusammengesucht,
was ich essen wollte – nur, um dann an
der Kasse einen kleinen Herzinfarkt zu
erleiden.
Das mit dem Essen-Einkaufen in
der Schweiz ist so eine Sache. Gut, es
kommt auch darauf an, woher man
kommt, aber im Vergleich zu den mir
gewohnten deutschen Preisen steht
man hier manchmal kopfschüttelnd vor
dem Regal und weint innerlich.
Wenn man mal alles abwägt, dann
bleibt fast nur noch die gesunde Ernährung übrig, so seltsam sich das auch
anhört. Wenn man sein Geld nicht für
Fastfoodprodukte aus dem Fenster
Vamp Winter 2012
werfen will (und das ist hier definitiv
hinausgeworfen), dann reicht für den
durchschnittlichen Studenten ohne Nebeneinkommen nur noch der Griff ins
Regal, sodass man sich am Nachmittag
oder Abend selbst etwas kocht. Vorausgesetzt, man hat einen Herd.
Das ist meiner Meinung nach relativ
ungewöhnlich.
Ich kann das jetzt nur einseitig aus
deutscher Sichtweise beschreiben, aber
ich kenne auch Kollegen aus Frankreich
und England, die mit ihrer ungesunden
Lebensweise praktisch prahlen, sich
stolz erzählen, dass sie die kalten Burger
von am Vortag zum Frühstück verspeist
haben.
Und was bleibt mir übrig? Nett nicken, lächeln und daran denken, was ich
mir am Abend Gesundes zum Essen kochen darf.
Falls man nicht auf Fastfood verzichten will, hier nur als Geheimtipp: Die
Hotdogs im IKEA sind hier genau so gut
und sogar günstiger als im Euroraum.
Das ist eine Alternative, man muss nur
noch hinkommen.
45
Anastasia Gavrilova
Meine Erstiesünden
Es ist schon über zwei Jahre her, als
ich – damals noch ein Teenager mit 19
– mein erstes Semester an der ETH begonnen habe. Jung, unerfahren und unbekümmert bin ich ins Basisjahr gestartet. Wie alle Ersties musste ich natürlich
erst viel lernen, bevor ich zu einer (mittlerweile hoffentlich) waschechten Studentin geworden bin… Wenn ich jetzt
an meine Erstiesünden zurückdenke,
muss ich einerseits rot anlaufen, andererseits aber einfach lachen, weil sie eben
schon sehr lustig sind. Damit unseren
neuen Ersties solches nicht mehr unterläuft – und damit die älteren Semester
sich amüsieren können, habe ich meine
Erstiesünden aus den ersten paar Wochen für euch niedergeschrieben.
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46
Enjoy!
Noch bevor ich an die ETH
kam, habe
ich mich stets über das Na
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bäuden
gewundert. Anhand von
HG, CAB, ML
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phantasievolle Theorie daz
u aufgestellt.
Nämlich: Jedes Gebäude
besteht aus
mehreren kleinen, die alp
habetisch
benannt sind. Das grösse
re (wichtigere)
kommt beim Gebäuden
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zuerst. Zum Beispiel das
CAB, das aus
drei Blöcken A, B und C bes
teht und
von welchen C das grösste
ist…
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Von der Existenz der Kup
Bibliothek)
die
es nicht dasselbe ist wie
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habe ich auch erst
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Off Topic
Gymnasiibsel aus dem ne süsse
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e mir motivi
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Heute bin ich doch ein bisschen weiser geworden, was das Studentenleben
betrifft. Jeder von uns hat diese Phase
hinter sich (oder befindet sich gerade
mitten drin), und ich würde mein erstes
Semester gerne noch einmal erleben.
Nochmals neue Freunde nach dem
Gymnasium kennenlernen, mich an einer grossen Hochschule zurechtfinden,
einen Professor erstmals aus der Nähe
Vamp Winter 2012
sehen, das Studentenleben endlich aus
eigener Perspektive erfahren. All das
sind einmalige Erlebnisse, und wenn sie
mit lustigen Vorfällen verbunden sind,
sind sie umso wertvoller! Denn diese
Vorfälle liefern natürlich wunderbaren
Gesprächsstoff – und eine gute Gelegenheit, wieder mal über sich selbst zu
schmunzeln.
47
Halloween Party
48
Photograph: Jan-Grimo Sobez
Off Topic
Vamp Winter 2012
49
Zum Weltuntergang,
VMP und Studieren in
den USA
50
ETH life
Simon Schöller
Fragen an Thomas Gersdorf
Er hat seinen Master in Physik an der ETH Zürich abgeschlossen und
sich eine ganze Weile um die VMP IT-Infrastruktur und die Quästur
gekümmert.
Was ist deine Theorie zum Weltun- suggerieren das einige Professoren in ihrer Vorlesung.
tergang 2012?
Wahrscheinlich wird das Winternachtsfest wieder gut und wir können in
den Weltuntergang hineinfeiern :-)
Abgesehen davon ist es aber nur einer
von den tausenden von Weltuntergängen, die es jedes Jahr gibt. Ich glaube
nicht, dass die jetzigen Theorien im Internet irgendetwas mit der weit fortgeschrittenen Astronomie der Maya zu
tun hat. Die werden da, glaube ich, völlig
unterschätzt. Daher taugt der Weltuntergang am 21. oder 23. Dezember meiner
Meinung gerade noch als Party-Motto
oder Running Gag.
Was würdest du heute machen,
wenn morgen Weltuntergang
wäre, und du davon wüsstest?
Ihn natürlich noch schnell verhindern. Als Physiker bekommt man eine
sehr breite Ausbildung, die Welt retten
gehört natürlich auch dazu. Zumindest
Vamp Winter 2012
Trotz der breiten Ausbildung hattest du anscheinend noch Zeit für
anderes. So warst du zwei Semester im VMP Vorstand tätig, zuerst
als Quästor und später in der IT.
Wie bist du ursprünglich dazu
gekommen?
Seit Beginn meines Studiums war ich
hier und da mal dabei, ich erinnere mich
etwa an das Reinigen von 30 Caquelons
zusammen mit Jannick Griner nach dem
VMP-Fondue. Das war die typische Aufgabe für Erstsemester, die beim VMP
etwas mithelfen wollten (inzwischen
werden diese ungereinigt zurückgegeben und vom Verleihservice gereinigt).
Wir hatten trotzdem viel Spass und ich
wollte am liebsten auch im Vorstand
mitarbeiten. Allerdings habe ich anschliessend für 2 Jahre interdisziplinäre
Naturwissenschaften studiert, sodass ich
51
noch etwas warten musste. Sobald ich
dann im Physik-Master angekommen
war, wurde ich dann direkt aufgenommen. Florian Andritsch hat Roman und
mich rekrutiert. Mir hätte sowohl IT als
auch die Quästur Spass gemacht, aber
wir haben uns darauf geeinigt, dass ich
die Quästur mache.
Wie kam es, dass du trotzdem später die IT übernommen hast?
Da ich dann für 1 Jahr in die USA gegangen bin, habe ich die Quästur wieder
an Markus abgegeben und als ich wieder
zurückgekommen bin, wurde gerade das
Ressort IT frei, und ich konnte da direkt
weiter machen.
Welches von beiden Ämtern hat
dir mehr Spass gemacht, welches
war zeitaufwendiger?
Beim VMP hat mir beides super viel
Spass gemacht, ich wüsste echt nicht,
was besser war. Die Quästor war ein eher
regelmässige Tätigkeit, während man als
IT-Vorstand immer dann viel zu tun hat,
wenn etwas nicht geht oder die PVKAnmeldungen beginnen. Unterm Strich
ist aber beides sehr vergleichbar.
Wie viele Leute braucht es, um
die VMP Website am Laufen zu
halten?
Wenn kein Problem auftritt und man
52
keine neuen Inhalte braucht: Keine. Da
beides nicht der Fall ist, hat der IT-Vorstand schon seine Daseinsberechtigung.
Wir machen ja auch nicht nur die Homepage, sondern kümmern uns um die ganzen PCs des VMP und programmieren
Tools für den VMP.
Was möchtest du deinem IT-Nachfolger mit auf den Weg geben?
Am Besten ab und zu mal ein paar
BOFH Excuses („Bastard Operator
From Hell“, Anm. der Redaktion) als
Antwort auf eine der „s goht nöd“-Anfragen schreiben und die Pinguine regelmässig füttern.
Als IT-ler hattest du sicherlich viel
programmiert. Muss man, deiner
Meinung nach, allgemein als Physiker programmieren können?
Nein, aber es hilft. Siehe Graphik.
Wie vorher erwähnt, hast du zwei
Auslandssemester in den USA,
genauer am MIT, verbracht. Gibt
es auffallende Unterschiede zwischen dem Studieren an der ETH
und dort?
Ja, auf jeden Fall. Allerdings habe ich
dort offiziell keine Vorlesungen gehört,
sondern meine Masterarbeit gemacht.
Ein paar Vorlesungen habe ich aus Spass
jedoch auch mitgemacht.
ETH life
http://www.geeksaresexy.net/2012/01/05/geeks-vs-non-geeks-pic/ 11.11.2012 (16:21).
Ein grosser Unterschied ist die Interaktivität der Vorlesungen. Zitat Prof.
Batlogg: “Um ETH-Studenten in Vorlesungen aufzuwecken und zum Fragenstellen zu bewegen, gibt es an der ETH
nur eine Möglichkeit: Fehler an der Tafel machen.” Das trifft in etwa zu, hier
spricht in der Vorlesung meistens nur
der Professor. Am MIT wird man konsequent dazu erzogen, Fragen zu stellen. Es
gibt im Durchschnitt 10-15 Leute in den
höheren Physikvorlesungen, da bleibt
einem nichts anderes übrig als mitzumachen und es entsteht eine richtig lebhafte Diskussion.
Ausserdem arbeitet man viel früher
Vamp Winter 2012
im Labor bzw. in einer Forschungsgruppe. Bereits im Bachelor arbeiten viele
Studenten dauerhaft neben den Vorlesungen in einem Labor und zwar an
aktueller Forschung. Das ist schon ein
Unterschied zu der dreiwöchigen Semesterarbeit, die hier im Physik-Bachelor die einzige Möglichkeit ist, an aktueller Forschung teilzunehmen.
Ist das MIT tatsächlich so legendär
gut wie sein Ruf?
Gerade die Forschung ist schon auf
dem allerhöchsten Niveau, das kann
man sagen. Aber nicht alles am MIT. Die
53
Infrastruktur dort ist nicht unbedingt
so gut wie die an der ETH. Der Strom
fällt doch ab und zu mal aus (auch wenn
sie ein eigenes Kraftwerk und unterirdische Stromleitungen haben, im Gegensatz zum Grossteil der USA) und
das Netzwerk funktioniert auch nicht
immer besonders gut. Es regnet in einigen Räumen bei starken Regen herein
und man muss sehr aufpassen, dass einem nicht die Computer oder auch die
Forschungsaustattung geklaut werden
(wie z.B. eine 150kg-Rolle Stromkabel,
die um 17:00h am Nachmittag vor meinem Büro gestohlen wurde). Die ganze
Administration und die Dienste an der
ETH machen einen sehr guten Job, eine
so tolle Infrastruktur muss man weltweit
sehr lange suchen.
Ist es dir schwer gefallen dich danach wieder an der ETH zurechtzufinden?
Nein, gar nicht. Mir gefällt es auf beiden Seiten des Atlantiks.
Dass an der ETH alles so gut funktioniert, hängt sicher auch mit
den Fachvereinen und ihrer konstruktiven Zusammenarbeit mit
den Departementen zusammen
;-). Was zeichnet deiner Meinung
nach den VMP aus?
aus Vertretung der Studierenden und einem lustigen Verein mit vielen lustigen
Veranstaltungen für die Mitglieder ist.
Auf was hättest du dabei gerne
verzichten können?
Da gibt‘s nicht so viel. Vielleicht nur
ein paar zu lange, inhaltslose, studienpolitische Diskussionen.
Warum sollte man sich als neuer
Mathe- oder Physikstudent bei
VMP engagieren?
Es macht einfach einen Riesenspass,
gemeinsam etwas zu machen. Egal ob
man den LHC am CERN anschauen
geht, nachts um 02:00 Uhr am ESF an
der Bar steht, eine Bootstour mit den
Fizmati in Lettland macht (Fizmati ist
das VMP-Äquivalent an der Universität
in Riga) oder mal für das Erstsemestrigenwochenende ins Tessin fährt. Keinen
dieser Augenblicke möchte ich vermissen. Man muss auch nicht gleich einen
Vollzeitjob annehmen, sondern kann
sich hier und da engagieren.
Herzlichen Dank für das Interview!
Der VMP ist als Studentenorganisation super, weil er so das richtige Mittel
54
ETH life
Michael Stadelmann
ETH Alumni Math • Phys
Mathematik und Physik sind Interessenstudien. Die Mehrheit der Mathematikund Physikstudierenden – ich würde sogar sagen alle – haben noch keine genaue
Vorstellung, welchen Beruf sie nach dem Studium ausüben möchte. Zwar ist es sehr
angenehm, sich noch nicht mit dieser Thematik auseinandersetzen zu müssen, jedoch kommt eines Tages diese Frage auf – spätestens nach dem ersten Post-Doc.
Wirtschaft? Akademie? Bildung?
So unterschiedlich diese drei Teilgebiete sind, so unterschiedlich sind auch ihre
Untergebiete. Zum Beispiel offeriert die Bildung auch diverse Optionen – Hochschule, Gymnasium, Wirtschaft. Und wenn man nun diese Gebiete erneut hinunterbricht, tun sich wiederum neue Welten auf.
Daher ist es auch als Mathematik- oder PhysikstudentIn relevant, möglichst früh
erste Arbeitserfahrungen zu suchen. Dies erlaubt einem das „Aus-„ respektive „Einschluss-Verfahren“ zu beschleunigen und erleichtert den Berufseinstieg enorm. Sei
es ein Praktikum oder ein Arbeitstag pro Woche: erste Berufserfahrung ist zentral.
Einige werden Ihren ersten Job nach dem Studium lieben – andere werden ihren
ersten Job nicht ausstehen können. Das hat nichts mit der persönlichen Leistung
zu tun, sondern hier spielen viele Faktoren mit, wie beispielsweise Lokation, Thematik, Umfeld, Lohn, Firmenkultur – meines Erachtens ist der Punkt Firmenkultur
ausschlaggebend.
Wie an einem ETH Alumni Math • Phys Stammtisch diskutiert, ist es falsch zu
denken, dass ein Bewerbungsverfahren nur da ist, um sich zu bewerben – es ist
wichtig zu beachten, dass das Unternehmen sich auch bei einem bewirbt.
Vamp Winter 2012
55
Nach jedem Vorstellungsgespräch sind die folgenden Fragen mit einem „Ja“ zu
beantworten, oder man sollte den Job nicht annehmen:
• Ist mir das Unternehmen sympatisch?
• Kann ich mir vorstellen, mit diesen Personen jeden Tag zusammen zu arbeiten?
Schliesslich wählt nicht nur das Unternehmen die Arbeitnehmer aus, sondern
auch die Arbeitnehmer das Unternehmen.
Mit dieser Haltung erhält das erste Interview eine ganz andere Gewichtung.
Solche Erfahrungen werden gerade von jüngeren Alumni gerne am Stammtisch
diskutiert. Man ist immer wieder überrascht, welche Meinungen und insbesondere andere Ansichten hier auftauchen, die man oft als Tipp interpretieren kann.
Wir freuen Euch, nach Eurem Abschluss oder als Juniormitglied bei uns begrüssen zu dürfen.
Euer Math • Phys Team
56
ETH
Michael Stadelmann
5 Fragen an Matthias Degen,
Dr. sc. ETH 2009
Matthias Degen ( Jahrgang 1981) ist
in Rehetobel Appenzell Ausserrhoden
aufgewachsen und besuchte die Kantonsschule in Trogen. Danach studierte er Mathematik an der ETH Zürich
und schloss 2009 seine Doktorarbeit
in Mathematik mit Schwerpunkt Finanzmathematik ab. Danach fügte er
ein Postdoc an der Cornell University
an. Seit 2010 arbeitet er bei KPMG als
Manager im Bereich Financial Services.
Warum haben Sie Mathematik
studiert?
Ich hatte das Glück zwei tolle Mathematiklehrer im Gymnasium zu haben,
welche einen sehr abwechslungsreichen und engagierten Unterricht boten.
Sie haben die Materie nicht nur sehr gut
vermitteln können, sondern konnten
uns auch für die Materie begeistern.
Dadurch wurde mein zu einem gewissen Grad schon bestehendes Interesse
an Mathematik noch weiter vertieft.
Nebst meiner Affinität zu den exakten
Wissenschaften wollte ich unbedingt
Vamp Winter 2012
auch etwas studieren was nicht alle anderen auch studieren um nicht Gefahr
zu laufen als Absolvent in der Masse unterzugehen.
Welche Erinnerungen an Ihr Studium an der ETH sind für Sie am
wichtigsten?
Am wichtigsten sind für mich die vielen
kleinen, wunderbaren Erinnerungen aus
57
dem Studentenleben im Allgemeinen.
Dazu gehören einerseits tolle Erinnerungen an bestimmte Vorlesungen und
Übungen, an gewisse Professoren und
ihre Maroden andererseits natürlich
auch Erinnerungen an zahlreiche Studentenparties, den Polyball oder das tolle Angebot vom ASVZ.
Wenn ich ans Mathematikstudium
als solches zurückdenke so bleibt mir
vor allem Folgendes in Erinnerung:
Nach dem 2-jährigen relativ trockenen
Grundstudium mit vielen Pflichtvorlesungen, wo man sich etwas durchbeissen
musste, folgte ein sehr interessantes und
abwechslungsreiches Hauptstudium.
Für mich ging das Studium erst dann so
wirklich los, da man sich nun auf die Gebiete fokussieren konnte, die einen wirklich interessieren.
ten Probleme lösbar sind, wenn sie zu
Beginn auch noch so komplex erscheinen mögen.
Was haben Sie mit Ihrem Mathematikstudium an der ETH fürs
Leben gelernt?
Seid offen für Neues, besucht mehr als
nur gerade das Minimum an Vorlesungen und schreibt eure Masterarbeit nach
Möglichkeit bei einem Unternehmen,
um herauszufinden, in welche Richtung
es nach dem Hochschulabschluss gehen
soll.
Man lernt sich durchzubeissen und
nicht aufzugeben – auch bei anfänglich
vermeintlich unlösbaren Problemen.
Während dies im Studium natürlich
mathematische Probleme waren, die
es zu lösen gab, lässt sich die Fähigkeit,
schwierige Probleme anzupacken und zu
lösen, sehr gut ins „richtige“ Leben ausserhalb des Studiums übertragen. Das
Mathematikstudium hat mir insgesamt
vor allem eine gewisse Gelassenheit und
Grundsicherheit gegeben, dass die meis-
58
Warum sind Sie Mitglied bei ETH
Alumni Math • Phys?
Die insgesamt 9 Jahre, welche ich an der
ETH verbrachte, haben mich geprägt,
und ich fühle mich mit dieser Hochschule sehr verbunden. Die Mitgliedschaft
bei ETH Alumni Math • Phys ist daher
für mich eine tolle Möglichkeit, diese
Verbundenheit mit der ETH aufrecht zu
erhalten. Zudem bietet sich mir dadurch
die Gelegenheit, mich immer mal wieder mit Gleichgesinnten auszutauschen.
Welchen Tipp können Sie Studierenden für Ihre Karriere geben?
ETH
Enrico Del Re
ArXiv vs. SnarXiv
Fun Ecke
To most of you arXiv.org is a well-known website, used as an archive for preprints
of scientific papers. But for someone not familiar with reading those, exploring the
arXiv can be like going to a foreign country, since it will be impossible to understand
even the titles. Although English is indeed a foreign language to most of us, even
native speakers may consider arXiv‘s English as an alien language.
A less known website, snarXiv.org is dedicated to illustrate this problem in a highly
sophisticated way: the author, David Simmons-Duffin, created a random high energy
theory paper generator for titles and abstracts.1
This generator is then used for a guessing game, called arXiv vs. snarXiv.2
The rules are fairly simple: two titles are shown and the task is to find out which
one is a real paper and which one has been randomly generated.
Sounds simple? Here are just some examples, so you won’t clogg up the internet...
A
1. An extended model for monopolecatalysis of nucleon decay
2. The Formulation of Superconformal Matrix Models
B
1. The Phenomenological Law
2. The Ridge, the Glasma and Flow
C
1. From Scattering Amplitudes in String Theory on T^n to the Compactification of Unruh’s Equations in Heterotic Strings
2. Generalized Bunching Parameters and Multiplicity in Restricted Phase-Space Bins
D
1. Supersymmetric Potentials in Einstein-Cartan-Brans-Dicke Cosmology
2. New Approaches to the Confinement Problem
E
1. Progress in a Conical Singularity at $\Lambda_{QCD}$
2. Invisible Decay of Orthopositronium vs Extra Dimensions
F
1. Fields
2. Quantum Approaches to the Hierarchy Problem
1
2
The exact description can be found on http://davidsd.org/2010/03/the-snarxiv/
http://snarxiv.org/vs-arxiv/
Vamp Winter 2012
Solutions on page 61.
59
Fun Ecke
http://xkcd.com
http://spikedmath.com
http://spikedmath.com
60
Fun
http://spikedmath.com
http://xkcd.com
Solutions:
Real papers: A1, B2, C2, D1, E2, F1.
trickier than you thought?
You can find nice statistics on http://davidsd.org/2010/09/the-arxiv-according-to-arxiv-vs-snarxiv/
Vamp Winter 2012
61
VAMP
Wir brauchen dich!
Wer sind wir? 10 Redakteure und Redakteurinnen, die Lust am Schreiben haben.
Wie oft trifft sich die Redaktion? Dreimal pro Semester
Was machen wir? An den Redaktionssitzungen vereinbaren wir das Titelthema für die nächste Ausgabe des
VAMP, verteilen die Themen und das alles bei leckerem Kuchen und Getränken.
Was suchen wir? Wir sind immer auf der Suche nach neuen Gesichtern, die gerne schreiben, lustige Nerdwitze kennen, ein Faible für Rechtschreibung haben oder gerne auf VMP Events gehen und darüber gerne
berichten.
Was uns noch fehlt? Wir würden gerne im kommenden Semester mehr englischsprachige Artikel anbieten
können, aber auch für unsere Leser aus dem Tessin und der Westschweiz wären Artikel auf Italienisch und
Französisch natürlich super.
Highlight der Redaktionssitzungen ist das Pizzaessen als Belohnung für die getane Arbeit in der letzten
Redaktionssitzung des Semesters, und ihr werdet natürlich auch zum Kommissionsessen des VMP eingeladen
– ein unvergessliches Erlebnis . Denn so lecker, habt ihr schon lange nicht mehr gegessen!
Hast du Lust bekommen einfach mal bei uns vorbeizuschauen, dann schreib uns eine Mail an vamp@vmp.
ethz.ch, und du wirst automatisch von uns zur nächsten Redaktionssitzung eingeladen.
We need you!
Who are we? The editorial team consisting of 10 members
How frequently do we meet? Three times per semester
What do we do? At the editorial meetings we decide on a main topic for the upcoming issue and distribute
the articles' subtopics among our team while enjoying delicious pie and beverages.
What are we looking for? We are constantly looking for new authors who enjoy writing articles, know funny
or nerdy jokes, who are into orthography and grammar or who often attend VMP-events and would like to
report on them.
What is really missing? We would like to offer more articles in English to our non German-speaking readers,
furthermore we are in favour of including articles in French or Italian, for example by writers from western
Switzerland or Ticino.
The Highlight of our editorial meetings is a pizza-dinner as some sort of reward for the effort you put into
your articles and the time spent on discussing topics. Of course all team members are also invited to the VMP's
commission-dinner, which always is an unforgettable experience.
If you can imagine to contribute to the VAMP and are now keen to join our team, please send an email to
[email protected], you will then be invited to the next meeting.
62
VAMP
VSETH-Kommissionen stellen
sich vor: Die Nightline
Bei Anruf Hilfe
Alltagssorgen, Klausurstress, Testatprobleme oder einfach planlos – das
Studentenleben birgt sowohl Probleme,
Fragen wie auch Hürden. Und nicht immer ist jemand da, dem man sein Herz
ausschütten kann. Nachts, wenn Freunde und Eltern nicht zur Verfügung stehen, bietet die Nightline eine Möglichkeit zum Gespräch.
Die Nightline ist ein Unterstützungsangebot von Studierenden für Studierende in Form einer Telefonhotline, bei
der während den Abendstunden bis in
die Nacht hinein ein offenes Ohr geboten wird, und man frei über das reden
darf, was einen gerade beschäftigt. Ganz
egal ob Probleme im Studium oder privat, ob simple Infoauskünfte, Dampf
ablassen oder lebensverändernde Entscheidungen anstehen, alles bleibt vollkommen anonym und vertraulich. Es
muss kein Name genannt werden und
auch die Rufnummer erscheint nirgends. Nightline berät nicht, sondern
bietet die Möglichkeit, sich auszusprechen und so Stress abzubauen. Wenn
du etwas loswerden möchtest, wenn du
vielleicht gerade Stress pur durchlebst
oder wenn du jemandem deine neue
Vamp Winter 2012
Nightline
Zürich
044 633 77 77
Weltordnung erklären möchtest, dann
bist du bei der Nightline an der richtigen Adresse. Abgesehen vom Zuhören
geben die MitarbeiterInnen der Nightline aber auch praktische Tipps, wenn
044
633
77geht,
77 welche
es zum
Beispiel
darum
Mensa am besten kocht, wo der nächste
Bancomat zu finden ist oder wo es eine
günstige
Übernachtungsmöglichkeit
gibt, wenn der letzte Zug einfach ohne
einen abgefahren ist. Informationen, die
du selbst bei Google nicht findest, findest du vielleicht bei uns. Während der
Vorlesungszeit sind wir wochentags von
20:00 bis 24:00 Uhr unter 044 / 633 77
77 erreichbar.
Nightline
Zürich
Wir suchen immer noch neue engagierte Studis, die mit uns zusammen das
Phoneteam verstärken oder auch gern
hinter den Kulissen die Fäden ziehen.
Weitere Informationen finden sich auf
unserer Website www.nightline-zuerich.
ch oder auf unserem Facebook-Profil.
63
Angehende Genies
starten Ihre Karriere
nicht im Berner Patentamt,
sondern bei Sensirion.
Und werden Teil der Sensirion-Story: Sie freuen
sich auf Herausforderungen, bei denen Sie Ihr ganzes Wissen und Ihre ganze Persönlichkeit einbringen
können. Dann heissen wir Sie herzlich willkommen
bei Sensirion.
Sensirion ist das weltweit führende und mehrfach
preisgekrönte Hightech-Unternehmen auf dem Gebiet der Feuchtesensoren und Durchflusssensoren
– mit Niederlassungen in Übersee und im Fernen
Osten. Dank unserer einzigartigen CMOSens® Tech-
nologie vereinen wir das Sensorelement mit der
digitalen Auswerteelektronik auf einem winzigen
Siliziumchip. Damit verschieben wir die Grenzen des
Messbaren ins schier Unermessliche.
Schreiben Sie Ihre eigenen Kapitel der SensirionErfolgsgeschichte und übernehmen Sie Verantwortung in internationalen Projekten. Schicken Sie uns
Ihre Bewerbungsunterlagen und stimmen Sie sich auf
www.sensirion.com/jobs auf eine vielversprechende
Zukunft ein.