kreative weinetiketten

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kreative weinetiketten
Etikettieren & Kennzeichnen |
Marken & Marketing
INTERNATIONALE WEINETIKETTEN
Die Kraft der Gestaltung
Etikettendesign. Brandever ist ein Beratungsunternehmen für strategisches Markendesign
in Vancouver (British Columbia, Kanada), das die Welt der Weinverpackung seit seiner
Gründung im Jahre 2001 gehörig aufgemischt hat. So gewann das Unternehmen im Juni
vergangenen Jahres auf der berühmten San Francisco International Wine Competition unerhörte sieben von acht Top-Auszeichnungen für seine Weinetiketten.
von LANNY SOMMESE, USA-Korrespondent, novum World of Graphic Design
Bilder 1 & 2: Therapy
Vineyards. Art Direktor:
Bernie Hadley-Beauregard. Grafik: Ben O‘Mera.
Foto: Alistair Bird
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Bild 3: 8th Generation
Vineyards. Art Direktor:
Bernie Hadley-Beauregard. Grafik & Foto:
Laurie Millotte
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opf und Herz von Brandever
sind Bernie Hadley-Beauregard und Laurie Millotte. Neben zwei Wirtschaftsabschlüssen verfügt der Gründer und Direktor Hadley-Beauregard über tiefgreifende
Packaging-Erfahrung aus der Zusammenarbeit mit vielen erfolgreichen
High-End-Verbrauchermarken im pazifischen Nordwesten der USA und Kanada, beispielsweise Purdy’s Chocolates oder Starbucks Coffee. Die Chefdesignerin Millotte stammt ursprünglich aus Frankreich und studierte dort
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an der Pariser Hochschule für Kunstgrafik, der École Estienne. Bei Brandever lebt die Avantgarde-Designerin
nun ihre Leidenschaft für Typografie
aus und beweist ihren scharfen Blick
für neue Verpackungs- und Designtrends.
Das Duo kooperiert mit einer Fülle verschiedener Illustratoren, Texter,
Webdesigner und anderer Experten,
die genau auf die individuellen Anforderungen des Projekts zugeschnitten werden. Hadley-Beauregard sagt:
„Für die Entwicklung einer klaren Mar-
ken-Identity, für ihren unverkennbaren
Ausdruck und Stil ist diese enge Zusammenarbeit einfach unerlässlich.“
Unkonventionell & kreativ
Brandever hat sich einer simplen Philosophie verschrieben: „Wir kreieren
verkaufsstarke Marken.“ Die Gestalter hauchen dem Produkt auf vielerlei
Art und Weise neues Leben ein – durch
unverwechselbare Verpackungen, aber
auch durch fesselnde Namen und interessante Hintergründe, die ihm eine
eigene Welt und Perspektive sowie ei-
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Bild 4 & 6: Backyard
Vineyards. Art Direktor:
Bernie Hadley-Beauregard. Grafik: Laurie
Millotte. Illustration:
Fabien Barral. Foto:
Laurie Millotte
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Bild 5 & 7: Stage Left
Cellars. Art Direktor:
Bernie Hadley-Beauregard. Grafik: Laurie
Millotte. Foto: Alistair
Bird.
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Bilder 8 & 9: Blasted
Church Vineyards. Art
Direktor: Bernie HadleyBeauregard. Grafik &
Foto: Laurie Millotte.
Illustration: Chris Sickels
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nen individuellen Charakter verleihen.
Zu den vielen Projekten des Unternehmens gehören unter anderem Blasted
Church, Dirty Laundry, Laughing Stock
und Megalomaniac in Kanada, Frankreich, Neuseeland, Australien und den
USA.
Starres Schubladendenken vermeiden die Kreativen unter allen Umständen. „Kellereien leben von gefühlter
Rarität. Die Umsätze eines Unternehmens, das seinen Wein genau nach
Schema F an den Mann bringt, sind mit
hoher Wahrscheinlichkeit niedriger als
die eines Weinguts, das seine Tore mit
einem krassen Besucher-unerwünschtSchild verrammelt.“ Brandever arbeitet vorzugsweise mit gleichgesinnten
Kunden und widmet potenziellen Auftraggebern besonders viel Zeit, um alle
Anforderungen und Zielsetzungen von
vornherein genau abzustimmen. „Im
Laufe des Projekts zahlt sich diese Vorarbeit immer wieder tausendfach aus.“
Der unkonventionelle Ansatz des
Unternehmens reflektiert sich im Erfolg: „Bis auf zwei Winzer sind uns seit
der Eröffnung von Brandever im Jahre
2001 alle Kunden treu geblieben. Na,
wenn das nichts über die Schlagkraft
unserer Gestaltungsprozesse und Ergebnisse aussagt …“
Und in Zukunft?
„Geplant sind weiterhin viele schlaflose Nächte, in denen wir uns in spannende Projekte vertiefen können“, so
Hadley-Beauregard.
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www.novumnet.de
Getränke! 02 | 2011
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Eine Kolumne von
Dr. BURKHARD SCHÄFER
Marken & Marketing. Klangvolle Namen wie „Top Model“, „Schönheitsfarm “ und
„Geistesblitz“ stehen auf der Getränkekarte. Der Becher wirbelt kunstvoll durch die
Luft und wird mit einem geschickten Handgriff auf dem Tresen abgestellt. Während
sich davor bereits eine längere Schlange bildet, dröhnt das Geräusch eines Mixers
durch die Bar und deutet auf die Besonderheit des in dunkel-pink und apfelgrün gehaltenen Ortes hin: Hier werden keine alkoholischen Getränke zusammen gemixt,
nein, hier begibt sich der Durstige in einen wahren „Fruchtrausch“! Unter diesem
Namen nämlich sorgt eine Smoothie-Bar in Ulm für Furore und gesunde gute Laune.
EINFACH TRENDY
Wenn Getränke zu
Kultmarken werden
Fruchtgetränke –
gesund und stylish
„In ist, wer drin ist“ könnte auch das
Motto für „Fruchtrausch“ gelten, da
sich Jung und Alt dort die Türklinke
in die Hand geben, um den Durst zu
löschen. Ob in der Bar, kombiniert mit
Brot oder Suppe oder „to go“ auf die
Hand – längst hat das Ideal des gesunden Getränkes auch Einzug in die
Gastronomie gehalten. Vorbei also die
Zeit, in der Saftpressen als Synonym
für umständlich, unconvenient und
nur für „Öko-Bewegte“ stand. Vor
den Augen des interessierten Kunden
wird im „Fruchtrausch“ der Saft nach
der Bestellung direkt frisch zubereitet.
Wo sonst kann die Herstellung eines
Getränkes so genau verfolgt werden?
Mit Erfolg gelingt es den Gründern der
Smoothie-Bar Siegfried Listander und
Roland Kremer, einem alltäglichen Getränk, das mit etwas Aufwand auch
zu Hause hergestellt werden kann,
eine neue, attraktive Identität zu verschaffen. So bleibt der Mix aus frischem Apfel, Orangen, Erdbeere und
Banane nicht nur schlichtes püriertes
Obst, sondern wird zum „Top Model“
und damit Träger einer Botschaft an
alle Jungen, Junggebliebenen und Gesundheitsbewussten. „Top Model“
und „Geistesblitz“ sind gesund und
stylish, frisch und hip – und die Herstellung ist bereits ein kleines Event.
Synergieeffekte und das
Schneeballsystem
Das Wetter ist angenehm warm, die
Freiluftsaison beginnt, und wer im besagten Ulm über den Münsterplatz
schlendert, sieht immer mehr Passanten mit den durchsichtigen Plastikbechern mit langem bunten Strohhalm
und einer aufgedruckten Ananas als
Symbol. Viele positive Synergieeffekte
treffen aufeinander und schließen ein
geschicktes, erfahrenes Marketing ein.
So spricht sich etwa die Kunde vom leckeren und süffigen Smoothie schnell
herum und im Schneeballsystem erhöht sich die Nachfrage. Solch eine
einzelne pfiffige Geschäftsidee zeigt in
verkürzter Form, wie sich, begünstigt
durch mehrere positive Faktoren, ein
einfaches Getränk auf den Weg macht
und das Potenzial besitzt, ein Kultgetränk zu werden.
„Altmeister“ auf dem
Getränkemarkt
Während die Getränkebranche immer
wieder neue, junge Ideen braucht, um
sich weiterzuentwickeln, gibt es auf
dem Markt wahre „Altmeister“ unter den Getränken, mit deren Namen
schon mehrere Generationen groß geworden sind. Natürlich fallen bei diesem Stichwort Namen wie Coca-Cola,
Jägermeister, Tannenzäpfle-Bier oder
Tri Top. So ist Coca-Cola schon seit
1886 auf dem Markt vertreten und
kann deshalb als ein Klassiker bezeichnet werden. Wer erinnert sich nicht als
Kind an die geheimnisvolle braune Limonade, deren Genuss im zarten Kindesalter wegen des Koffeins von den
Eltern verboten wurde und deshalb
umso attraktiver erschien? Bei soviel
Geheimnis geht heute bei manchen
Kindern gar noch die Kunde um, CocaCola hätte den Weihnachtsmann er-
funden, weil die Coca-Cola Company
ab 1931 den Weihnachtsmann als
Werbeträger für das Getränk einsetzt.
So verschwimmt mitunter Fantasie und
Wirklichkeit und die Kultmarken schaffen sich in den verschiedensten Lebensbereichen ihren Platz.
Die Sache mit dem Hirsch
Während vor Jahren in den Medien
eine Meldung die Runde machte, dass
der Hirsch und sein Konterfei nun in
den New Yorker-Szene Bars angekommen und völlig hip sei, rieb sich mancher hier ob dieser Vorstellung verwundert die Augen. Doch mittlerweile ist
auch Deutschland auf den Hirsch gekommen und Deko-Hirsche in allen Variationen sind gegenwärtig: Ein Hirschgeweih aus Filz, Frühstücksbrettchen
für den „Platzhirsch“ oder Hirschmo-
Bild: Mast-Jägermeister SE
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tive auf Damen-Jacken. Vor allem ein
Getränke-Unternehmer dürfte diese
Hirsch-Manie mit stiller Freude wahrgenommen haben: Günter Mast von
Jägermeister. Sein Kräuterlikor aus
Wolfenbüttel war seit jeher dem Hirsch
treu. „Jägermeister“ ist seit 1935 auf
dem Markt vertreten und so zeichnete sich die Kultmarke durch viele Jahre hindurch mit unternehmerischem
Spürsinn aus. Schließlich sorgte die
Mast-Jägermeister SE mit ihren sprechenden Hirschen Rudi und Ralf in der
Werbung für Abwechslung und einen
neuartigen Hingucker, der Kult-Status
erlangte.
Angekommen im
neuen Jahrtausend
Nach einer bewegten Geschichte gibt
es bei afri cola zur Jahrtausendwende
einschneidende Veränderungen. Die
Marke bekommt mit der Mineralbrunnen Überkingen-Teinach AG einen
neuen Besitzer. Zum siebzigjährigen
Jubiläum 2001 drehte Wim Wenders
eine Werbeclip-Hommage, die sowohl
im Fernsehen, als auch im Kino erfolgreich gezeigt wird. Im gleichen Jahr erweitern sich die Verpackungsmöglichkeiten des Kultgetränkes: afri cola ist
nun auch in der leichten und handlichen PET-Flasche erhältlich.
Der Jubilar unter den
Kultgetränken
Mitten im Schwäbischen ist dieses
Jahr unter den Kultmarken ein herausragendes Jubiläum zu verzeichnen: „afri cola“ feiert „80 Jahre anders“. Den Anfang dieser erfolgreichen „afri Story“ bildete 1864 die
Gründung der F. Blumhoffer Nachfolger GmbH in Köln, die als regional
ausgerichtetes Unternehmen Essenzen für Schnaps, Liköre und Limonaden herstellte. Ende der 1920er Jahre wurde der damalige Geschäftsführer bei seiner USA-Reise auf den Erfolg
der koffeinhaltigen Cola-Getränke aufmerksam und entwickelte in Deutschland auf Basis der Kolanuss das Grundrezept von „afri cola“. Und so wurde vor 80 Jahren „afri cola“ und die
stilisierte Palme zum Markenzeichen
dieses neuartigen deutschen ColaGetränkes. Im Jahr 1962 wurde die
auffällige Taillen-Flasche entwickelt,
die afri cola heute auch rein äußerlich
von der Konkurrenz unterscheidet.
Getränke, Style und Fashion
Seit jeher war das Gefühl der afri cola
Produzenten für Kunst und Design
eindrucksvoll. Und deshalb ist es eine
logische Konsequenz, dass die erfolgreiche Cola auch den künstlerisch begabten Nachwuchs fördert.
2007 wird der „afri Jungfilmer
award“ aus der Taufe gehoben und
damit die besten jungen Filmemacher
prämiert. 2008 werden mit dem „afri
Art Award“ die besten Kunstwerke
für eine Vernissage gekürt und 2009
überreicht die Kultmarke die Schwarze
Palme beim „afri fashion design contest“ für das „ultimative afri Outfit“.
Dies geschieht unter der Federführung des weltbekannten Modedesigners Michael Michalsky und x-ray. Ein
Jahr später geht „afri cola“ noch einen Schritt weiter und widmet sich
dem Hairstyle. Der Tübinger Hair Stylist Andreas S. Ehrle hatte die Schirmherrschaft des „afri hairstyle contest“,
unterstützt von Paul Mitchell und Top
Hair International.
Irgendwie anders
Die Verknüpfung des Getränks mit Style,
Lebensgefühl und Events – in einer
umsichtigen Verbindung dieser Komponenten hat afri cola sein Softgetränk
über Jahrzehnte förmlich in aller Munde gehalten. Wie feiert nun eine solche Kultmarke ihren achtzigsten Geburtstag? „80 Jahre anders“ – der Titel
impliziert die Absicht. Denn auch hier
setzt afri cola auf das Besondere und
betont den „rebellischen Geist der
Marke“. So geben verschiedene Aktionen dem Jubiläum den richtigen Rahmen. Ganz klar, dass im Mittelpunkt
die Flasche selbst steht. In einer auf
1000 Stück limitierten Edition ist eine
Jubiläumsflasche entstanden, bei der
das Palmen-Logo auf dem Kopf steht.
Gefeiert wird auch: mit fünf Partys in
ausgewählten Locations beweist afri
cola, wie sehr es mit den Jahren seine Verbindungen zur Szene ausgebaut
hat.
Von Nonnen, Madonna und
dem Papst
Für die afri-cola-Neulinge aus der jüngeren Generation hat die Kultmarke einen optisch hochglänzenden Rückblick
produziert. Auf 172 Seiten zeigt afri
cola in dem Jubiliäumsbuch „afri cola 80 Jahre anders“ die Zeitgeschichte ab
1931 aus dem Blickwinkel der koffeinhaltigen Limonade. Provokation, Rebellion, Zeitgeist und bewegende Momente sind den Bildern und Illustrationen eingeschrieben. Hierbei soll eine
Schlagzeile oder ein Foto Gefühle und
Erinnerungen beim Betrachter wecken
und darüber die Geschichte wieder lebendig werden. Natürlich darf dabei
das legendäre Werbemotiv mit den
Nonnen, das für das Jahr 1968 ausgewählt wurde, ebenso wenig fehlen wie
das „Material Girl“ Madonna zwanzig
Jahre später, die mit ihrem Auftreten
die Gender-Rollen in der Musik rebellisch auf den Kopf stellte. Und dass es
2005 hieß „Wir werden Papst“, haben
die Macher dieses üppig bunten Bilderrausches auch nicht vergessen.
Auch wenn bei solchen Anlässen die
Erfolgsstrategie im Nachhinein immer
ganz einfach erscheint: Alle Erfolgsgeschichten haben gemeinsam, dass viele Komponenten stimmig sein müssen,
damit ein Getränk zu einer Kultmarke
wird. Und trotzdem macht jeder dieser
Kultmarken aus, dass sie „irgendwie
anders“ ist. Afri cola gelingt dies nun
bereits seit achtzig Jahren. Herzlichen
Glückwunsch!
Bild: Mineralbrunnen Überkingen-Teinach AG
Getränke! 012 | 2011
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