Widder-Bauanleitung

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Widder-Bauanleitung
CERPCH – CENTRO NACIONAL DE REFERÊNCIA EM PEQUENOS
APROVEITAMENTOS HIDROENERGÉTICOS
HYDRAULISCHER WIDDER
WAS IST DAS
UND
WIE BAUT MAN EINEN
Prof. Geraldo Lúcio Tiago Filho
Revision: Prof. Augusto Nelson Carvalho Viana
CERPCH - 2002
Hydraulischer Widder 2
WAS IST EIN HYDRAULISCHER WIDDER ?
Der hydraulische Widder ist eine der einfachsten und zugleich kostengünstigsten
Vorrichtungen, um Wasser zu pumpen. Er ist einfach zu handhaben und benötigt so gut wie keine
Wartung. Für seine Funktion benötigt der hydraulische Widder weder elekrische Energie noch fossile
Brennstoffe. Es handelt sich um eine automatisch arbeitende Maschine, die sich einen physikalischen
Effekt zunutze macht, um Wasser zu pumpen.
Der physikalische Effekt ist der “Widderstoß”, eine plötzliche Druckwelle, die immer dann
auftritt, wenn bei einem von Wasser durchströmten Rohr plötzlich den Auslass verschlossen wird.
Der hydraulische Widder geht auf den französischen Erfinder und ersten Ballonfahrer
Montgolfier zurück, ist eine ganz einfache Maschine und kann entweder fertig gekauft werden oder
mit einfachen Mitteln für den Einsatz in ländlichen Gebieten gebaut werden. Aus der Abbildung 1 ist
ersichtlich, aus welchen Teilen der hydraulische Widder besteht:
Einer Treibleitung 1
Einem Stoßventil
2
Einem Druckventil 3
Einem Windkessel 4
Einer Steigleitung 5
UND WIE FUNKTIONIERT DER HYDRAULISCHE WIDDER ?
Nach der Installation ist das Stoßventil (2) des hydraulischen Widders durch den Druck des
Wassers in der Treibleitung (1) geschlossen. Um den hydraulischen Widder in Betrieb zu nehmen,
reicht es aus, das Stoßventil mit der Hand zu öffnen. Der weitere Betrieb des hydraulischen Widders
ist automatisch.
Zum Anhalten des Widders braucht nur das Stoßventil für kurze Zeit geschlossen gehalten
werden.
Die Größe des Widders hängt davon ab, welche Zulaufhöhe (h) und welche Wassermenge (Q)
zur Verfügung stehen.
Die geförderte Wassermenge (q) hängt ihrerseits wieder von der Größe des Widders und vom
Verhältnis der Zulaufhöhe zur Förderhöhe (h/H) ab.
Tabelle 1 enthält die Durchmesser der Treib- und Steigleitung, die abhängig von der
verfügbaren Wassermenge (Q) erforderlich sind.
Tabelle 2 enthält den Förderfaktor (R), der abhängig vom Verhältnis der Zulaufhöhe zur
Förderhöhe (h/H) erreicht werden kann.
Tab.2 Förderfaktor
Tab.1 Durchm. Treib- und Steigleitung
Q
∅e
∅s
Verfügbare
Wassermenge
(Zulauf) in l/h
Treibleitungsrohr in
Zoll
Steigleitung
in Zoll
420 bis 900
660 bis 1.560
1.320 bis 2.700
4.200 bis 7.200
1”
1 ¼”
2”
3”
½”
½”
¾”
1 ¼”
Höhenverhältnis
Förderfaktor (Fördermenge/Zulaufmenge)
(h/H)
R
1/2
1/3
1/4
1/5
1/6
1/7
1/8
0,60
0,55
0,50
0,45
0,40
0,35
0,30
Durch den Druck wird am Anfang das Druckventil (3) geöffnet und Wasser strömt in den
Windkessel (4). Dadurch wird die dort befindliche Luft komprimiert, bis ein Druckausgleich entsteht.
Unter dieser Bedingung ist der hydraulische Widder betriebsbereit.
Dazu muss lediglich einige Male das Stoßventil (2) von Hand betätigt werden.
Bei offenem Stoßventil beginnt das Wasser zunächst langsam auszufließen und mit
zunehmender Ausströmgeschwindigkeit schließt das Stoßventil plötzlich.
Hydraulischer Widder 3
Der mit steigender Geschwindigkeit auszufließende Wasserstrom wird schlagartig
unterbrochen, was den schon erwähnten “Widderstoß” verursacht, eine Druckwelle, die sich durch
den gesamten Widder und das Treibleitung (1) fortpflanzt.
Durch diese Druckwelle wird das Druckventil (3) geöffnet, das nun seinerseits Wasser in den
Windkessel (4) einlässt. In dem Maße, wie die Luft im Inneren dieser Kammer komprimiert wird,
baut sich am Einlass ein Widerstand gegen das durch die Druckwelle einfließende Wasser auf, bis der
Druck in der Kammer sich ein wenig erhöht und das Druckventil (3) dadurch wieder geschlossen
wird. Das Wasser im Inneren des WIndkessels kann nun nicht mehr in den Widder zurückfließen und
beginnt deshalb in der Steigleitung als einziger Auslass anzusteigen.
Sofort nach dem Schließen des Druckventils kommt es zur Bildung einer negativen
Druckwelle, die zur Öffnung des Stoßventils führt und damit den Beginn eines erneuten Zyklus
einleitet.
Im Verlauf der nachfolgenden Zyklen wird die Steigleitung (3) immer weiter durch das
Komprimieren der Luft in den Windkessel (4) mit Wasser gefüllt.
Abbildung 1 – Schema und Beispiel für die Installation eines hydraulischen Widders
Hydraulischer Widder 4
SO BESTIMMT MAN DIE FÖRDERMENGE
Beispieldaten
Verfügbare Zuflussmenge ...................................Q = 1.800 Liter je Stunde
Zulaufhöhe.......... ................................................ h = 2 Meter
Förderhöhe, die überwunden werden muss ....... H = 10 Meter
⇒ Verhältnis zwischen Zulaufhöhe und Förderhöhe:
(h/H) = 2/10 = 1/5
Aus der Tabelle 2 kann nun der zum Höhenverhältnis gehörende Förderfaktor entnommen
werden:
R = 0,45
⇒ Die erreichbare Fördermenge kann nun anhand der nachstehenden Formel berechnet werden:
⎛h⎞
q = Q ⋅⎜ ⎟ ⋅ R
⎝H⎠
wobei: Q = 1.800 Liter/h
h = 2 Meter
H = 10 Meter
R = 0,45
oder:
⎛2⎞
q = 1.800 ⋅ ⎜ ⎟ ⋅ 0,45
⎝ 10 ⎠
oder: q = 162 Liter pro Stunde
Hydraulischer Widder 5
SO BESTIMMT MAN, WIEVIEL WASSER GEBRAUCHT WIRD
Als “Pi-mal-Daumen”-Richtwerte enthält die Tabelle 3 den “ungefähren Wasserbedarf in
ländlicher Umgebung”, und liefert uns somit die für eine Dimensionierung erforderlichen Werte. Der
Wasserbedarf hängt stark davon ab, was und wieviel an Tieren gehalten wird und wie groß die zu
bewässernde Fläche ist. Bitte beachten, dass der Bedarf immer “pro Kopf” angegeben ist.
Tab. 3 – Ungefährer Wasserverbrauch in ländlicher Umgebung
Wofür
Liter pro Tag
Haushalt, je Person
70 bis 100
Geflügel – pro Kopf
0,2 bis 0,3
Ziegen – pro Kopf
4 bis 5
Schweine – pro Kopf
5 bis 8
Rinder – pro Kopf
30 bis 35
Pferde – pro Kopf
35 bis 50
Schweine, Stallhaltung – pro Kopf
12 bis 15
Gemüse, Blumen – je m2
3 bis 5
BEISPIEL FÜR DIE DIMENSIONIERUNG EINES HYDRAULISCHEN WIDDERS
⇒ Kleiner Landwirtschaftbetrieb:
Haushalt
6 Pers.
Hühnerstall
100 Hühner
Schweinestall
20 Schwe.
Weide
15 Rinder
Gemüsegarten
200 m2
GESAMT
x 100 Liter pro Tag
x 0,3 Liter pro Tag
x 15 Liter pro Tag
x 30 Liter pro Tag
x
4 Liter pro Tag
=
=
=
=
=
=
600 Liter pro Tag
30 Liter pro Tag
300 Liter pro Tag
450 Liter pro Tag
800 Liter pro Tag
2.180 Liter pro Tag
⇒ Daraus ergibt sich eine Mindestförderleistung von:
q = 2.180 Litern protag =
2.180
= 90,83 Liter pro Stunde
24
q = 90,83 Liter pro Stunde
⇒ Geländedaten:
Zulaufhöhe: h = 2,5 Meter
Förderhöhe H = 15 Meter
•
Verhältnis von Zulauf zu Förderhöhe:
⎛ h ⎞ 2,5 1
=
⎜ ⎟=
⎝ H ⎠ 15 6
•
Förderfaktor:
⎛h⎞ 1
→ R = 0,4
⎟=
⎝H⎠ 6
gemäß Tabelle 2 für ⎜
•
Mindestwassermenge, die für die benötigte Fördermenge am Zulauf vorhanden sein muss:
Q.
q ⎛ h ⎞ 90,83 ⎛ 15 ⎞
.⎜ ⎟ =
.⎜ ⎟ = 1.362,45 Liter pro Stunde
R ⎝ H ⎠ 0,40 ⎝ 25 ⎠
Q = 1.362,45 Liter pro Stunde
Hydraulischer Widder 6
•
Aus Tabelle 1 können wir nun entnehmen, welche Durchmesser wir für die Treib- bzw. die
Steigleitung benötigen: bei Q = 1.362,45 Litern pro Stunde benötigen wir:
Durchmesser Treibleitung: ∅e = 1 ¼" Durchmesser Steigleitung: ∅s = ½"
Die Größe eines industriell gefertigten hydraulischen Widders wird abhängig vom Durchmesser des
Ein- und Ausgangs angegeben. Anhand der folgenden Tabelle 4 kann nun die benötigte Größe des
hydraulischen Widders bestimmt werden.
Tab. 4 – Größen und Eigenschaften industriell gefertigter hydraulischer Widder.
Hersteller: Cleverson, Queiroz Júnior und Marumby.
Hersteller: Jordão
Hydraulischer Widder 7
SO BAUT MAN EINEN HYDRAUL. WIDDER AUS INSTALLATIONSMATERIAL
Mit den aus der Tabelle 1 gewonnenen Durchmessern für Treibleitung und Steigleitung kann
man sich nun das Material aus Tabelle 5 im Baumarkt besorgen. Abbildung 2 zeigt ein Foto der Teile.
Tab. 5 – Erforderliches Material für den Bau eines hydr. Widders mit Zulauf-∅ zwischen 1”, 2” u. 3”.
Teil Nr.
Material
Treibleitungsdurchmesser
Menge
1”
2”
3”
1
2-Liter-PET-Flasche
---------------1
2
---------------1
Flaschendeckel mit Bohrung ∅ 15mm
3
Adapterbuchse
-----1” auf ¾” 2” auf ¾”
1
4
PVC T-Stück, weiß mit Gewinde
¾”
1”
1”
1
5
Adapterbuchse, PVC, weiß mit Gewinde
¾” auf ½” 1” auf ¾” 2” auf 1”
1
6
Schlauchadapter, schwarz
½”
¾”
1”
1
7
Verbindungsstück, PVC, weiß
¾”
1”
2”
1
8
Adapterbuchse, PVC, weiß mit Gewinde
1” auf ¾” 2” auf 1” 3” auf 2”
1
9
Rückschlagventil für Vertikalbetrieb,
1”
2”
3”
1
30101000 30102000 30103000
Messing (Hersteller und Teilenr. Docol)
10, 12 Verbindungsstück, galvanisert
1”
2”
3”
2
11
T-Stück, galvanisisert
1”
2”
3”
1
13
Brunnenansaugventil, Messing (Hersteller
1”
2”
3”
1
30011000 30012000 30013000
Docol, Teilenummer Docol)
14
Schraubemit 3 Muttern und einer
5/16 oder 5/16 oder 5/16 oder
1
Beilegscheibe, Messing
M8
M8
M8
15
Feder aus der Toilettenspülkasten1
Betätigung (Hersteller Hydra)
Nun kann mit dem Zusammenbau der Teile gemäß Abbildung 2 begonnen werden, an dessen
Ende man einen hydraulischen Widder gebaut hat, der vollständig aus Rohrleitungszubehör besteht
(von der PET-Flasche einmal abgesehen).
Besonderer Augenmerk ist dabei der Montage des Stoßventils (Teil Nr. 13 in Tabelle 5) zu
schenken.
Damit der Verschluss dieses Ventils als Stoßventil einwandfrei funktioniert, müssen die
nachstehend beschriebenen Modifikationen am Ventil vorgenommen werden.
1- Den unteren Deckel des zum Ventil gehörenden Ansaugkorbs mit einem Bohrer durchbohren.
Der Durchmesser des Bohrer ist so zu wählen, dass anschließend ein Gewinde für die
Schraube (Teil Nr. 14) in die Bohrung geschnitten werden kann (5/16" oder M8).
2- Das Gewinde in die Bohrung schneiden.
3- Eine der 3 Muttern bis zur Mitte auf die Schraube (Nr. 14) aufschrauben.
4- Die Schraube (Nr. 14) nun von außen in das unter 2 geschnittene Gewinde eindrehen, bis die
Mutter an den Boden des Ansaugkorbs stößt.
5- Am freien Ende der Schraube (im Ansaugkorb) zwischen zwei Muttern die Beilegscheibe
befestigen.
6- Den Ansaugkorb wieder auf das Ansaugventil (Nr. 13) schrauben und dabei die Feder (Nr.
15) zwischen die Beilegscheibe am Schraubenende und den Verschluss des Ansaugventils
setzen. Die Feder drückt nach dem “Widderstoß” das Ventil wieder auf, bis es vom
fließenden Wasser erneut geschlossen wird.
Die Federkraft der Feder (Nr.15) muss im Betrieb so justiert werden, dass der “Pumpeffekt”
des Widders möglich groß wird, d. h. die Fördermenge pro Zeiteinheit möglichst hoch ist. Dazu die
“Kontermutter” außen am Boden des Ansaugsiebs lösen und die Schraube versuchsweise nach innen
oder außen drehen. Anschließend die Schraube mit der “Kontermutter” wieder sichern.
Hydraulischer Widder 8
Abbildung 2 – Hydraulischer Widder mit PET-Flasche (Teil 11 ist hier noch in PVC!)
Abbildung 3 – Fertig montierter hydraulischer Widder mit PET-Flasche (Justierschraube fehlt noch)
Hydraulischer Widder 9
WICHTIGE EMPFEHLUNGEN
1) Treibleitung:
Die Länge der Treibleitung LQ kann mit nachstehender Formel berechnet werden:
⎛H
⎞
.0,3 ⎟ + H
⎝h
⎠
LQ = ⎜
Für das vorige Beispiel:
H = 15 Meter
h = 2,5 Meter
⎛ 15
⎞
.0,3 ⎟ + 15 = 16,8 Meter
⎝ 2,5
⎠
LQ = ⎜
⇒ Die Treibleitung muss so gerade wie nur möglich verlaufen, sollte weder Bogenstücke noch Knie
aufweisen, um dem Wasserfluss so wenig Reibung wie möglich entgegenzubringen.
⇒ Die Treibleitung sollte in der Quellfassung oder dem aufgestauten Bach mindestes 30 cm unterhalb
der Wasseroberfläche liegen, so dass keine Luft angesaugt werden kann. der Einlass sollte
trichterförmig erweitert sein, um die Strömungsverhältnisse zu verbessern und mit einem Gitter
abgedeckt werden, denn mit dem Masser angesaugte Blätter, Ästchen etc. können die Funktion der
Ventile beeinträchtigen.
⇒ Die Treibleitung sollte idealerweise ein galvanisiertes Stahlrohr sein. PVC-Rohre oder andere
Materialien “federn” zu stark und können, abgesehen davon, dass der Wirkungsgrad des Widders
dadurch stark sinkt, im Extremfall durch die “Widderstöße” sogar platzen..
2) Steigleitung:
⇒ Die Länge der Steigleitung Lq darf maximal die zehnfache Länge der Treibleitung LQ aufweisen.
In unserem Beispiel also:
Lq = 10. LQ = 10 .16,8 = 168 Meter
Wenn die Länge der Steigleitung Lq größer sein muss, als die zehnfache Länge der
Treibleitung LQ , muss der Durchmesser der Steigleitung vergrößert werden.
⇒ Auch in der Steigleitung sind nach Möglichkeit Knie oder Bogenstücke zu vermeiden, um die
Verluste durch Reibung einzuschränken.
Außerdem empfiehlt sich der Einsatz eines Rückschlagventils direkt am Beginn der Steigleitung.
CERPCH – Centro Nacional de Referência em Pequenos Aproveitamentos Hidroenergéticos
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