PrEP FÜR ALLE?

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PrEP FÜR ALLE?
Das Gesundheitsmagazin / Ausgabe Nr. 16
PrEP FÜR ALLE?
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Hepatitis C sollt
Warum? Weil Hepatitis C zu schweren Leberschäden führen
kann. Besonders bedeutsam ist das Thema, wenn du
HIV-positiv bist, weil eine Hep C sich dann leichter
übertragen lässt. Da es derzeit keine Schutzimpfung gibt, und man sich auch nach einer
erfolgreichen Behandlung wieder anstecken
kann, ist es wichtig, Bescheid zu wissen.
ICH WEISS WAS ICH TU erklärt dir das
Wichtigste rund um Übertragungswege,
EDITORIAL MÄNNER
ÜBERWÄLTIGEND!
ÜBERFÄLLIG!
Am 1. Februar war es so weit! Aus der Zentrale des USPharmakonzerns Gilead ging die Nachricht in die Welt,
dass das Unternehmen bei der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) einen Antrag auf Zulassung der
blauen HIV-Pille Truvada als Präexpositionsprophylaxe
(PrEP) gestellt hat – also als Therapiemaßnahme, die
HIV-negative Risikopatienten vor einer Infektion schützt.
Nach Ansicht von AIDS-Hilfen und Aktivisten kommt
der Antrag mindestens zwölf Monate zu spät. Die Resultate der Studien PROUD und Ipergay ergaben bereits vor einem Jahr, dass die Schutzwirkung von PrEP
bei Männern, die Sex mit Männern haben, dem Schutz
von Kondomen gleicht. Abgesehen davon, dass PrEP
in Amerika bereits seit 2012 zum Einsatz kommt und
seit 2014 von US-Gesundheitsbehörden ausdrücklich
als Präventionsmaßnahme empfohlen wird. Diese Vorzeichen sprechen für sich. Hinzu kommt, dass Truvada
auch hierzulande kein neues Medikament ist. Als Teil der
Kombitherapie bei HIV-Positiven wird es bereits seit 2005
angewendet. Undercover-PrEPs lassen sich via Schwarzmarkt und Online-Handel also schon jetzt organisieren.
Diese Situation bringt Schwerpunktärzte immer wieder in
die Zwickmühle: Sollen sie bei Risikopatienten Off-LabelVerschreibungen auf eigene Verantwortung vornehmen
oder weiter dabei zusehen, wie HIV-Patienten ihre Truva-
da-Packungen „verlieren“, während sie sie in Wirklichkeit
gewinnbringend auf dem Schwarzmarkt verticken?
Das ist hoffentlich bald Schnee von gestern. Wenn nichts
schiefgeht, wird die deutsche PrEP-Zulassung noch
dieses Jahr von der EMA durchgewinkt und das „Blaue
Wunder“ kann seinen Lauf nehmen. Die Frage ist allerdings, in welcher Form. Muss die Kondomindustrie in naher Zukunft tatsächlich auf schwule Kunden verzichten?
Gehört man als Homo zwangsläufig zur Risikogruppe?
Und ist Sex auf PrEP der bessere Sex?
Wir nähern uns all diesen Fragen von verschiedenen Seiten an. Es kommen PrEP-Aktivisten, Mediziner und User
zu Wort. Gleichzeitig wird mit ein paar Mythen Schluss
gemacht, die sich durch die Debatten der letzten Jahre
eingeschlichen haben. Der ironische Unterton, den der
Titel „Das Blaue Wunder“ dabei bekommt, ist ausdrücklich gewollt – nicht zuletzt, weil viele Fragen nach erfolgter Zulassung noch mal neu diskutiert werden müssen.
Eins hat PrEP aber schon jetzt erreicht: Das Verhandeln
von (schwuler) Sexualität hat eine grundlegend neue
Qualität bekommen. Und das ist tatsächlich ziemlich
wundervoll.
Viel Spaß beim Lesen wünschen:
Paul Schulz & Christian Lütjens
Schutzmöglichkeiten und Therapien.
GRAFIK/ILLUSTRATION
Mathias Zillig
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HERAUSGEBER
Frank Zahn (V.i.S.d.P.)
CHEFREDAKTION
Christian Lütjens (cl), Paul Schulz (pasch)
ART DIRECTOR
Mathias Zillig
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REDAKTION
Christian Lütjens (cl)
Paul Schulz (pasch)
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AUTOREN DIESER AUSGABE
Dirk Ludigs,
Axel Neustädter
KORREKTUR
Tilman Reger
FOTOGRAFEN DIESER AUSGABE
Jamie McCarthy,
Andres Serrano, Tessy Steffen
COVER-BILD
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Michael Graupner
zwei G consult
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M+ ist ein Sonderheft der MÄNNER,
die monatlich zum Heftpreis von € 7,95
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unverlangt eingesandtes Material wird nicht
gehaftet, es wird nicht retourniert. Nachdruck nur mit schriftlicher Genehmigung
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für jegliche Verlosung im Heft ist ausgeschlossen. Namentlich gekennzeichnete
Artikel geben nicht unbedingt die Meinung
der Redaktion wieder.
Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 24
vom 01. Oktober 2015
© 2016: Bruno Gmünder GmbH
ISSN 0935-8838
MÄNNER
INTRO
WAS
IST DAS?
Manchmal braucht man ein
bisschen Abstand, um unbequeme
Wahrheiten glasklar zu erkennen.
Wie die Ausstellung „Art AIDS
America“ ein Land aufrüttelt
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www.mplus-magazin.de
FOTO: OLIVER KILLIG / DHMD
P
lötzlich steht man vor dieser
30 mal 30 Zentimeter großen
Schwarz-Weiß-Zeichnung,
auf der ein riesiger Fisch und
eine nackte Frau mit den Naturgewalten ringen und in der
zwei Sätze prangen, um die es in dieser
Ausstellung überall geht. Erstens (in
verspielter Handschrift): „„Will Art Save
My Life?“. Zweitens (in trotzig kleingeschriebenen Druckbuchstaben): „and
will it bring my fucking friends back?“ –
„Wird Kunst mein Leben retten? Und
bringt sie meine verdammten Freunde
zurück?“ Das waren Fragen, die viele
Künstler umtrieben, als das Werk entstand. Es wurde von Nancer LeMoins
gemalt, die mit HIV kämpfte und bereits
viele Weggefährten verloren hatte. Wenig später kam die Kombitherapie und
es gab neben der Kunst andere Wege,
um am Leben zu bleiben. LeMoins ist
trotzdem überzeugt, dass sie die AIDSÄra ohne Malen nicht überstanden hätte.
Das gilt für viele Künstler in „Art AIDS
America“. Die epochale Ausstellung verfolgt die These, dass AIDS die US-Kunst
ebenso beeinflusst hat wie Vietnam und
Pop Art. Gezeigt werden Homo-Klassiker von Mapplethorpe bis Haring und
Geheimtipps. Auch Serumfotograf Andres Serrano (machte das Metallica-Cover
zu „Load“) ist mit „Blood and Semen III“
vertreten (Bild) – ein Motiv von 1990, das
die Gefahr symbolisierte, die damals von
Körpersäften ausging. Nach einer bejubelten Premiere in Tacoma zieht „Art
AIDS America“ nun nach Kennesaw, im
Sommer geht’s nach New York.
20. Februar bis 22. Mai, Kennesaw, USA
zuckerman.kennesaw.edu
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MÄNNER
TERMINE
DIE TERMINE IM
WORKSHOP
FRÜHJAHR
Rollenspiele
Wie prägt die HIV-Infektion mein Selbstbild und welche Auswirkungen hat das
auf mein Umfeld? Mit dieser Frage nähert
sich im Mai das nordrhein-westfälische
Bündnis POSITHIV HANDELN beim
XL-Wochenende mit Theater-Workshop
den Rollenspielen im wahren Leben an.
Großes Theater auch ohne Bühne.
26. bis 29. Mai, posithiv-handeln.de
GALA
MUSICAL
Arien für alle
Jubiläumsshow
Barocksopranistin Simone Kermes unterstützt
in diesem Frühling gleich zwei Charity-Events
mit ihrem Gesang. Bevor die Diva im Mai
bei der Festlichen Operngala der Deutschen
AIDS-Stiftung in Bonn auftritt, steht sie beim
10. AIDS-Konzert des Münchner Kammerorchesters auf der Bühne des Prinzregententheaters. Sie singt unter anderem Arien von Rossini. Vielleicht erklärt die oft als Schwulenikone
gehandelte Sängerin dabei ja auch, warum sie
die Liebe im Vorwort ihres neuen Albums
„Love“ auf die biologistische „Vereinigung
von Mann und Frau“ reduziert.
München: 28. April, m-k-o.de
Bonn: 21. Mai, aids-stiftung.de
Am 29. April ist es 20 Jahre her, dass die
Urfassung des Musicals „Rent“ im New
Yorker Nederlander Theatre Premiere feierte, wo sie bis 2008 lief. Das Stück gewann
vier Tony Awards und gehört zu den zehn
langlebigsten Broadway-Shows aller Zeiten.
2005 wurde es verfilmt. Die Handlung: „La
Bohème“ im Angesicht der AIDS-Krise.
Autor und Komponist Jonathan Larson
(der am Tag der Premiere an den Folgen
einer unerkannten Bindegewebserkrankung
starb) verarbeitete in dem Stück seine eigenen Erlebnisse während der AIDS-Ära. Das
Jubiläum wird mit einer US-Tour gefeiert.
worklightproductions.com
FOTOS: HARBOR LIGHTS THEATER COMPANY / BITTENBYAZEBRA, SONY MUSIC / GREGOR HOHENBERG, MATTHIASKABEL, BZGA, LOUGANISDOC.COM
KONFERENZ
Römische Perspektiven
Vielleicht kann man das 14. Europäische Treffen zu den Themen „HIV und Hepatitis“
in Rom ja nutzen, um zwischendurch für die Homoehe zu demonstrieren. Italien tut
sich diesbezüglich bekanntlich schwer. Der Rückwärtsgewandtheit setzen die Experten der Vereinigung Virology Education neue medizinische Erkenntnisse zu Behandlungsstrategien sowie Resistenzen gegen anitvirale Wirkstoffe entgegen.
25. bis 27. Mai, virology-education.com
AUSSTELLUNG
Sexwerkstatt
Die Erlebnisausstellung „GROSSE FREIHEIT – liebe.lust.leben“ macht in diesem
Sommer in sieben Städten Station. Los
geht’s im April in Brandenburg, das Finale
folgt im Oktober im fränkischen Erlangen.
Dazwischen liegen Stationen in Lübeck,
Düsseldorf, Berlin, Schwäbisch-Hall und
Dessau. Ziel des Projekts ist, auf spielerische Weise über sexuell übertragbare Infektionen (STIs) aufzuklären. Die Besucher
treffen auf acht virtuelle Rollenmodelle,
von denen jedes für eine andere Form von
Sexualität und deren Umsetzung steht. So
werden Identifikationsfiguren etabliert, die
zum Mitmachen einladen. Danach geht’s in
die „Kondomschule“ oder zum Videodreh,
der Rest ist „Anfassen, Hören und Mitmachen“ bis zur Erkenntnis, dass Safer Sex
sogar ohne nackte Tatsachen Spaß macht.
25. April bis 29. Oktober, diverse Städte
Tourplan: gib-aids-keine-chance.de
FILM
Legende im Licht
Greg Louganis (Foto) war die Olympialegende der 80er. Seit er 1995 bei Oprah
über sein Schwulsein und seine HIVInfektion sprach, ist er als Aktivist bekannt. Seine Biografie wurde unter dem
Titel „Breaking the Surface“ verfilmt. Die
Doku „Back on Board“ zeigt den ehemaligen Turmspringer heute (Foto). Sie
läuft im März bei den Roze Filmdagen
Amsterdam und ist auf DVD erhältlich.
Infos: louganisdoc.com
EVENT
Pausenmusik
Kleine Erinnerung für alle Gewohnheitstiere: Nach 25 Jahren findet dieses Jahr
erstmals kein Life Ball im Wiener Rathaus statt. Veranstaltungsgründer Gery
Keszler verkündete nach der 2015erAusgabe, das Event müsse sich neu erfinden, drum werde man 2016 pausieren.
Immerhin: Ein „Red Ribbon Celebration
Concert“ soll Mitte Mai stattfinden.
Termin & Infos: lifeball.org
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MÄNNER
SCHWERPUNKT
DAS BLAUE WUNDER
PrEP, PrEP, Hurra? Über wenig wurde unter schwulen Männern in den letzten drei Jahren so viel gestritten, wie über eine kleine blaue Pille namens
Truvada. Die wird als Präexpositionsprophylaxe, kurz PrEP, noch innerhalb
dieses Jahres auch in Deutschland dafür sorgen, dass sich weniger Männer,
die Sex mit Männern haben, mit HIV infizieren. Bisheriger Beziehungsstatus zwischen schwuler Community und PrEP: Es ist kompliziert. Das wird
so bleiben. M+ erklärt, warum das gut so ist
T
ruvada ist kein neues Medikament. Der darin
enthaltende Wirkstoff Tenofovir wird schon
seit 2004 zusammen mit anderen Medikamenten in Kombinationstherapien dazu benutzt, das HI-Virus in Patienten daran zu hindern, sich zu vermehren. Truvada ist derzeit
sogar das meistverschriebene HIV-Medikament in Europa.
Hunderttausende Menschen in Frankreich, Deutschland,
Schweden, Italien und zwei Dutzend anderen Ländern nehmen seit mehr als zehn Jahren jeden Tag Truvada als Teil
ihrer HIV-Therapie. Denn Truvada funktioniert gut und ist,
verglichen mit Medikamenten, mit denen HIV bis dahin
behandelt worden war, relativ nebenwirkungsarm und gut
verträglich. In den USA wird Truvada seit 2012 erfolgreich
als PrEP eingesetzt und ist dort Teil eines Regierungsprogrammes zur HIV-Prävention, das Präsident Obama fröhlich unterschrieben hat und für das er lange gestritten hatte.
Was Truvada als PrEP auch ist: der größte Zankapfel, den
es in der deutschen Community seit Jahren gegeben hat.
„Truvada-Hure“ schimpfen die einen, „Endlich wieder richti-
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ger Sex, so wie früher“ jubeln die anderen. Beides sind die,
wie immer stumpfsinnigen, äußeren Enden einer Debatte,
bei der es um einen noch nicht vollständig vollzogenen Paradigmenwechsel geht. Der lautet schlicht: Sex ohne Kondom
kann Safer Sex sein. PrEP ist nur eine weitere Variante davon.
Seit die EKAF-Studie 2008 klar benannte, dass HIV-Positive,
die eine Kombinationstherapie nehmen und deren Viruslast
unter der Nachweisgrenze liegt, nicht mehr infektiös sind,
haben Negative wieder Sex mit Positiven, ohne dabei das
Risiko einzugehen, sich mit HIV anzustecken. Jeder Positive auf Therapie schützt auch seine Sex-Partner vor dem
Virus. Mit Truvada können nun auch Negative, die das wollen, selbst darüber entscheiden, ob sie zu ihrem Schutz und
dem ihrer Partner ein Kondom benutzen oder lieber eine
Pille. Dass es einige Jahre dauern wird, das in den Köpfen
zu verankern und die Möglichkeiten klarzumachen, um die
es hier geht, darf niemanden wundern. Denn die Präventionsbotschaft der letzten 25 Jahre war viel, viel einfacher:
Kondom drauf, und fertig. Wer zwölf oder jünger war, als
das Virus 1984 auf der Bildfläche erschien, für den ist das
ILLUSTRATION: MATHIAS ZILLIG
TEXT: PAUL SCHULZ
ständige Miteinbeziehen von HIV in sexuelle Wünsche und
Handlungen selbstverständlicher Teil seiner sexuellen Biografie. Der Griff zum Kondom ist, will man ficken, schlicht
Teil des sexuellen Aktes. Diese in Deutschland so erfolgreich wie kaum irgendwo sonst vermittelte Haltung und der
zum großen Teil angstfreie Umgang damit, ist der Hauptgrund dafür, dass die deutschen Infektionszahlen im internationalen Vergleich zu den niedrigsten weltweit gehören.
Dass vielen in der Gruppe derer, die diesen Griff jetzt im
dritten Jahrzehnt selbstverständlich praktizieren, die medikamentengestützte „Rückkehr zur Normalität“ per Schutz
durch Therapie und PrEP, so wenig natürlich vorkommt
wie die Rückkehr zu einem sonnigen Allgemeinbefinden
per Antidepressiva, darf da nicht verwundern. Hieße die
Annahme, dass Sex mit Kondom ein Ausnahmezustand
ist, von dem aus eine Rückkehr zur kondomfreien Normalität überhaupt möglich wäre, doch nichts weiter, als dass
Millionen schwuler Männer in Deutschland seit 30 Jahren Sex eigentlich so haben, wie er nicht gemeint ist. Was
selbstverständlich Schwachsinn ist. Die Postulierung „na-
türlicher“ Sexualität ist, 30 Jahre nachdem Michel Foucault
selbige in hübsche, gut funktionierende Einzelteile zerlegt
hat, aus denen sich jeder seine ganz eigene basteln darf,
nichts weiter, als das Moralaposteln einer gottlosen Gruppe
mit einer bestimmten Vorliebe: der für kondomfreien Sex.
Auf die in einem ohnehin moralinsauren Klima die wahren
Gotteskrieger genauso aggro reagieren, allerdings aus der
anderen Richtung. Wer „Truvada-Schlampe“ sagt, meint: „Ich
nehme an, deine Sexualität ist lustvoller und freier als meine. Da das ungezügelt ist, und Sexualität, besonders deine,
nur in den enggesteckten Grenzen stattfinden darf, die ich
vorgebe, verachte ich dich dafür, dass du anders vögelst als
ich.“ Dass die Truvada-Diskussion dazu führt, dass wir diesen ganzen Mist als Community nochmal diskutieren, und
uns dabei damit auseinandersetzen, was schwule Sexualität
eigentlich ist, kann, soll und darf, ist eine gute Sache. Dass
Truvada, denen, die lieber ohne ficken, dabei helfen kann,
sich vor HIV zu schützen, ist auch eine. Auf den nächsten
Seiten finden sich Interviews, Erfahrungsberichte und eine
Geschichtsstunde zum Thema.
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MÄNNER
SCHWERPUNKT
„DAS WÄRE MIT
PREP ANDERS“
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Eine
persönliche
Frage
vorweg: Dass ihr euch getrennt
habt, hatte nichts mit Stefans
HIV-Infektion zu tun, oder?
Null. Wir haben uns einfach auseinandergelebt, so wie das vielen Paaren
passiert. Es gab überhaupt keinen Ärger oder Streit. Wir sind nach wie vor
eng befreundet und machen auch weiter die Kampagne zusammen. Jetzt erzählen wir unsere Geschichte eben mit
dem Präfix „Als wir noch zusammen
waren …“.
Hast du durch eure Beziehung etwas
Wichtiges über deine eigene Sexualität gelernt?
Das lässt sich so klar gar nicht trennen,
weil ich mich ja ohnehin für das Thema interessiere. Ich studiere Soziologie
und setze mich auch im Studium viel
mit Sexualität auseinander. Außerdem
arbeite ich für eine sozialpsychologische Organisation im Bereich Unter-
drückung, Diskriminierung und Gerechtigkeit, wo solche Dinge auch oft
Thema sind. Es ist spannend, auf diese
Weise immer wieder auf die Verbindungen von Soziologie, Psychologie
und Sexualität gestoßen zu werden.
Das Thema HIV ist hier, wegen der
Tabuisierung und Moralisierung, die es
immer beinhaltet, besonders produktiv, wenn man beobachten will, wie wir
Sexualität leben, wie wir darüber reden
oder anders kommunizieren. Meine,
aber auch unsere gemeinsame Erfahrung als Paar, war und ist immer wieder:
Unglaublich viele Leute wollen wirklich
gern über das Thema sprechen, aber
sie haben massive Hemmungen. Die
sind froh, wenn da jemand ist, der offen und verständlich mit ihnen über die
Dinge redet, die sie wissen wollen. Der
Leidensdruck in dem Bereich scheint
viel größer zu sein, als ich angenommen hätte. Die Erleichterung ist sofort
spürbar.
Worüber sind diese Menschen erleichtert?
Darüber, dass da jemand ohne Urteile oder Vorurteile ist, dass sie Fehler
machen dürfen und Nichtwissen beim
Thema Sexualität nicht bestraft wird.
FOTO: TESSY STEFFEN ILLUSTRATION: MATHIAS ZILLIG
J
eff Mannes (26) und sein
Exfreund Stefan waren
lange für die IWWITKampagne der Deutschen AIDS-Hilfe als
Paar und Beispiel dafür
unterwegs, wie ein negativer Partner
(Jeff) durch die Kombinationstherapie, die sein Freund (Stefan) nimmt,
mit vor HIV geschützt ist. Die beiden lebten eine offene Beziehung,
hatten miteinander Sex ohne Kondom und außerhalb der Beziehung
mit. Sie haben sich vor längerer Zeit
getrennt und Jeff muss nun wieder
allein navigieren, wie er sich vor HIV
und anderen STDs schützt. Er setzt
sich sehr dafür ein, dass PrEP für ihn
dazu bald eine Option ist.
Welche Fragen werden in diesem Zusammenhang zu Safer Sex gestellt?
Das ist sehr unterschiedlich. Das Unwissen ist in manchen Bereichen nach
wie vor groß, bei Heteros noch größer
als bei Schwulen. Ich höre zum Beispiel
immer wieder, dass Kondome ja auch
vor allen anderen sexuell übertragbaren Infektionen schützen, nicht nur
HIV. Natürlich reduzieren sie die Wahrscheinlichkeit. Wenn man Leuten dann
aber sagen muss, dass man sich Tripper
oder Syphilis auch bei Kondomgebrauch holen kann, und zwar eigentlich
relativ leicht, sind viele überrascht. Und
dann natürlich die relativ frische Frage,
ob der Schutz durch Therapie, oder seit
kurzer Zeit eben auch die PrEP, wirklich so sicher sind wie Kondome. Was
ja statistisch gesehen so ist. Trotzdem
erscheint vielen das Kondom nach wie
vor vertrauenswürdiger.
Woran, glaubst du, liegt das?
An seiner Stofflichkeit. Ein Kondom ist
einfach etwas, das man sich über den
Schwanz stülpt, eine sichtbare Barriere gegen das Virus. Der Akt des Kondomgebrauchs selbst gibt einem das
Gefühl, man tut im wahrsten Sinne des
Wortes etwas, um sich zu schützen.
PrEP und Schutz durch Therapie sind
viel schwerer zu vermitteln. Der Schutz
ist hier unsichtbar.
Du setzt dich sehr für die PrEP ein.
Warum?
Ich glaube, wir können uns über jedes
zusätzliche Instrument, das Infektionen verhindert, freuen. Es gibt so viele verschiedene Sexualitäten, wie es
Menschen gibt. Bedürfnisse ändern
sich, Menschen wollen nicht immer das
Gleiche. Und wenn wir mit der PrEP etwas haben, mit dem sich nun auch Negative absichern können, falls mal was
passiert, ist das doch super.
Wenn PrEP erstmal in Deutschland
erhältlich ist, wirst du sie dann selbst
nehmen?
Ich denke schon. Ich habe, seit ich
wieder Single bin, wechselnde Sexualpartner, gern Sex und fühle mich dabei,
obwohl ich natürlich Kondome gebrauche, nicht immer hundertprozentig
sicher. Das wäre mit PrEP anders. Da
brauche ich nicht gleich Panik zu bekommen, wenn mal ein Kondom reißt,
weil ich ja weiß: Ich bin trotzdem geschützt. Das ist für mich einfach eine
zusätzliche Sicherheit, die mir dann die
Freiheit gibt, ganz entspannt zu sein.
Sicherlich nichts für jeden, aber ich
werde es bestimmt benutzen.
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MÄNNER
SCHWERPUNKT
„MUSST DU DOCH AUCH
GAR NICHT“
PrEP
Holger Wicht, der Pressesprecher der Deutschen AIDS-Hilfe und Dr. Dirk
Sander, der Fachbereichsleiter für Männer, die Sex mit Männern haben, waren
gewarnt: M+ würde ihnen ein paar fiese Fragen über Truvada stellen, die wir
in sozialen Netzwerken gesammelt hatten. Ein Gespräch über „Drecksäue“,
enthusiastische Ärzte und Männer, die mit Kondom nicht können
Tablets
30 tablets
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D
as
Interviewkonzept ist ganz einfach. Ich stelle euch
all die Fragen, die
Menschen
unter
Posts zur PrEP in
sozialen Netzwerken haben. Viele
von denen sind aggro, einige moralisch, aber Leute haben sie, und
ich hätte gern eine Antwort. O. K.?
Wicht: Leg los.
Die erste lautet: Wozu braucht man
das denn nun schon wieder?
Wicht: Um HIV-Infektionen zu verhindern. Und zwar bei Menschen, bei
denen sie sonst mit hoher Wahrscheinlichkeit auftreten würden.
Das sind doch sowieso bloß so
Schlampen, denen ohnehin nicht zu
helfen ist, oder?
Wicht: Das sind Menschen, die ein
sehr hohes HIV-Risiko haben, weil es
ihnen schwerfällt, sich auf herkömmliche Weise vor HIV zu schützen, zum
Beispiel mit Kondomen. Aber die
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PrEP kann hier helfen.
Sander: Diese Gruppe hat es immer
gegeben, die findest du seit 30 Jahren in jeder Studie. Ungefähr zehn
Prozent aller Männer, die Sex mit
Männern haben, gehen einfach mehr
Risiken ein. Und denen kann man eben
nicht sagen: „Hier, nimm einfach ein
Kondom.“ Die haben ja eben Probleme damit.
Wicht: Über die Männer, die bisher an
PrEP-Studien teilgenommen haben,
wissen wir: Die meisten würden sich
innerhalb relativ kurzer Zeit mit HIV
infizieren, wenn sie keine PrEP bekommen. Das möchten wir ihnen ersparen.
Man kann doch nicht so viel Geld
ausgeben, nur, weil diese „Drecksäue“
sich nicht zusammenreißen können.
Wir würden Menschen nie so verurteilen. Unabhängig davon: Wenn sich
jemand mit PrEP schützen will, ist es
billiger, sie ihm zu geben, als ihn später
lebenslang mit HIV-Medikamenten zu
versorgen. PrEP spart am Ende Geld,
Punkt. Auch wenn die Medikamente
im Moment noch viel zu teuer sind.
Truvada kostet unfassbare 800 Euro
im Monat. Können diese Leute nicht
einfach für weniger Geld eine Psychotherapie machen und so lernen, mit
Kondomen klarzukommen?
Sander: Es ist nicht so, dass diese Leute
nie probiert hätten, Kondome zu nehmen, oder sich nicht schützen wollen.
Hinter dem Wunsch nach PrEP steckt
der Wunsch sich zu schützen – und oft
eine lange Geschichte von missglückten
Versuchen. Kondome haben oft einfach nicht zu den Praktiken, Vorlieben
und Fähigkeiten dieser Menschen gepasst. PrEP heißt auch, dass wir dieser
Gruppe endlich ein Angebot machen
können, ihre Sexualität erfüllt zu erleben
und sich gleichzeitig zu schützen. Es hat
überhaupt keinen Sinn, diese Männer
zu pathologisieren und ihre Sexualität
verändern zu wollen, das hat noch nie
irgendwo funktioniert. Erfolgreiche Prävention – und wir machen in Deutschland
im weltweiten Vergleich verdammt erfolgreiche Prävention – holt Leute da ab,
wo sie sind, und versucht ihnen zu helfen,
statt ihnen Vorschriften zu machen.
ILLUSTRATION: MATHIAS ZILLIG
INTERVIEW: PAUL SCHULZ
Alles schön und gut. Aber ich will das
nicht nehmen müssen. Amerikanische Ärzte wollen ja die halbe Community unter PrEP setzen. Da mach
ich nicht mit.
Wicht: Musst und sollst du doch auch
gar nicht. Bei der PrEP in Deutschland
geht es wahrscheinlich um ein paar Tausend Männer, nicht um die große Masse.
Die allermeisten kommen wunderbar mit
Kondomen klar und schützen sich jetzt
seit Jahrzehnten sehr erfolgreich damit.
Und das darf gerne auch so bleiben.
Sander: Auf der Welt-AIDS-Konferenz
in Washington vor vier Jahren, lagen
sich die Ärzte in den Armen, weil es in
den USA nun endlich die PrEP gab. Sie
dachten, das würden jetzt alle Schwulen
nehmen und wir würden so innerhalb
weniger Jahre HIV besiegen. Menschen,
die in der Szene Prävention machen, haben schon damals gesagt, dass das nicht
klappen wird. Bei der darauf folgenden
Konferenz in Melbourne, lagen sich die
Mediziner wieder in den Armen, allerdings weinend, weil nicht alle ihre geliebte PrEP nehmen wollten. Will sagen: Nie-
mand konsumiert diese Pillen leichtfertig.
Den Leuten ist bewusst, dass Truvada
Nebenwirkungen hat und sie überlegen
sich sehr gut, ob sie die in Kauf nehmen.
Sind Ärzte also einfach zu blöd?
Wicht: Es gibt ein großes Bedürfnis, Patienten zu helfen. Jeder Schwerpunktarzt
weiß genau, wie schwer es einigen Menschen fällt, sich zu schützen. Wenn du alle
paar Monate hörst „Ich brauch wieder einen Test. Ich wollte Kondome nehmen,
aber das hat einfach nicht geklappt“, und
du kannst nichts tun, dann ist das frustrierend. Wenn für diese Menschen dann
endlich etwas im Angebot ist, reagieren
einige eben überenthusiastisch. Wir wissen aus Studien: PrEP funktioniert nicht
bei allen. Aber bei einer bestimmten
Gruppe mit einem hohen Risiko funktioniert sie sehr gut.
Das heißt also, in ein paar Jahren bekommt man auch in Deutschland auf
Grindr angezeigt, ob wer auf PrEP ist
und also ohne Gummi vögelt?
Wicht: Wie sich die PrEP in Deutsch-
land entwickelt, ist im Moment schwer
zu sagen. Vermutlich werden sie relativ
wenige Männer dauerhaft nehmen, mehr
wahrscheinlich anlassbezogen, zum Beispiel vor einer Sexparty. Darüber muss
man dann natürlich reden, auch online. Wichtig ist: Die PrEP des anderen
schützt nur ihn, nicht mich. Vielleicht hat
er sich schon vorher oder aufgrund von
Anwendungsfehlern infiziert. Für meinen
eigenen Schutz muss ich weiterhin selbst
sorgen.
Sander: Wir glauben nicht, dass die PrEP
zu dramatischen Verhaltensänderungen
führt. Es mag das im Einzelfall geben,
aber bisher gehen Leute sehr verantwortungsbewusst mit der PrEP um. Es
gab das „Jetzt werden alle ohne Gummi
vögeln!“-Argument bei der Kombinationstherapie, dann bei der PEP und jetzt
auch wieder. Immer wieder hat sich gezeigt: Medikamente führen nicht dazu,
dass das Schutzverhalten einbricht oder
Leute völlig anders Sex haben als vorher,
sondern nur dazu, dass es für einige eine
Möglichkeit mehr gibt, sich vor HIV zu
schützen.
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MÄNNER
SCHWERPUNKT
DIESES
HEILSAME GEFÜHL
Dirk Ludigs, Journalist und Autor, lebt in Berlin und Kalifornien und hat dort seit zwei Jahren
wieder Sex ohne Kondom. Safer Sex, ohne Kondom. Und er wird die PrEP nehmen, wenn es sie
in Deutschland gibt. Wir haben ihn gebeten zu erklären, warum
J
üngere Leser aufgepasst: In diesem Artikel erzählt
Opa vom Krieg! Genauer gesagt: über die Zeit vor
dem Krieg, die Zeiten vor AIDS und Safer Sex. Weil
ich mich noch erinnern kann, wie es war, als mein
Sex ein Kondom bekam.
Vor AIDS waren Gummis das letzte, an was schwule Männer
beim Sex dachten. Präservative, das waren peinliche „Lümmeltüten“, die sich Heteros überziehen mussten, wenn sie Sex
mit Frauen hatten. „Pariser“ brauchten wir nun wirklich nicht,
und das war unsere Genugtuung dafür, dass die meisten dieser
Kondombenutzer uns im Gegenzug für „unnormal“ hielten.
Bis dann die Angst einzog. Auch daran kann ich mich noch
gut erinnern. Das ist jetzt ziemlich genau 30 Jahre her, ich war
Anfang 20, hatte gerade meinen ersten New-York-Besuch
hinter mir und war in jeder Hinsicht geflasht von der wilden
Großstadt, die Manhattan damals noch war. Am meisten beeindruckt aber war ich von einem sterbenden schwulen Mann,
für den ich noch ein paar Tage Sorbet-Eis im Supermarkt besorgte, weil er sonst nichts mehr schlucken konnte, bevor er in
den Armen eines Freundes aus dem Leben schied. Da ahnte
ich: So werde ich bestimmt auch enden, wenn ich nicht anfange, Gummis zu benutzen.
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Das Kondom, das wussten alle, auch die frisch gegründeten
AIDS-Hilfen, hat eine Menge Nachteile. Man muss es mit
dem Partner verhandeln, man muss es beim Sex rausholen,
die Packung aufreißen, richtig überstülpen und abrollen, was
mit glitschigen Pfoten gar nicht leicht ist, dabei muss man hart
bleiben. Es erinnert daran, dass man sich beim Sex was einfangen kann. Es verringert beim Ficken die Lustgefühle, auch
wenn tausendmal „gefühlsecht“ draufsteht, und es kann platzen und dann hat man den Salat. Im Grunde wussten alle, wir
ziehen die Dinger über, weil wir uns keine tödliche Krankheit
einfangen wollen, und wenn die Gefahr vorüber ist, hören wir
auch wieder damit auf.
Nun, die Gefahr ist nicht vorüber, aber sie ist beherrschbar geworden und es gibt Alternativen zum Gummi. Seit zwei Jahren
habe ich wieder Sex ohne Kondom. Das war zu Anfang sehr,
sehr seltsam, ich fühlte mich sogar ein bisschen schuldig, wie
ein Kind das verbotene Sachen macht. Mein Lieblings-Dauer-Sexpartner ist HIV-positiv und unter der Nachweisgrenze.
Acht HIV-Tests später, alle negativ natürlich, ist die Angst weg
und das Schuldgefühl auch und der Spaß am Sex zurück, genau so, wie ich ihn einmal vor den Gummis hatte, mit diesem
Ausmaß an Intensität, dem Austausch von Körpersäften, dem
Sich-vergessen-Dürfen und An-nichts-denken-Müssen.
Das Verrückte ist: Natürlich habe ich auch weiter Sex mit
Gummi. Es ist eben bloß kein Automatismus mehr, es ist eine
bewusste Entscheidung geworden. Als promisker schwuler Mann manage ich mein Risiko. Die Erfahrung, Sex ohne
Kondom haben zu können, hat mich nicht verführt, von jetzt
ab nichts anderes mehr zu wollen. Im Gegenteil: Sie hat mir
überhaupt erst die Freiheit zurückgegeben, mich beim Sex für
ein Gummi entscheiden zu können, anstelle mich in eine Notwendigkeit fügen zu müssen. Meist greife ich zum Kondom,
weil der andere ungetestet ist oder nicht unter der Nachweisgrenze, weil ich ihn nicht gut genug kenne, um zu wissen, was
er wirklich meint, wenn er sagt, er sei „sauber“ oder „gesund“,
ILLUSTRATION: DESIGNED BY FREEPIK.COM FOTOS: PRIVAT, ISTOCKPHOTOS.COM / KOKOROYUKI
TEXT: DIRK LUDIGS
weil der andere grundsätzlich nichts ohne Gummi macht, weil
ich keinen Bock auf den Stress im Kopf habe, der losgeht, wenn
man nicht weiß, ob man sich eine blöde Krankheit eingefangen
hat – und damit meine ich nicht nur HIV, auch wenn Gummis
davor effizienter schützen als vor, sagen wir, Tripper (ein bisschen) oder Filzläusen (gar nicht).
Nein, zwei Jahre gummifreier Sex mit meinem Lieblingssexpartner haben mich nicht zu einer hemmungslosen BareSchlampe gemacht und auch die PrEP, wenn sie denn kommt,
wird mich und die anderen, die sie nehmen werden, nicht zu
jenen Truvada-Huren machen, die in den Köpfen von Moralaposteln und Pornoproduzenten herumspuken. Eine Pille
verändert keine sexuellen Wünsche, und schon gar nicht macht
sie aus schwulen Männern verantwortungslose Sklaven ihrer Libido. Wer das behauptet, verrät ausschließlich etwas über das
im Kern schwulenfeindliche Zerrbild, das er in sich trägt.
Die PrEP ist nicht für jeden geeignet. Das hat sich in den fast
vier Jahren gezeigt, in denen sie nun in meiner zweiten Heimat,
den USA, zumeist auf Krankenkasse zu haben ist. Aber sie hilft
dort einer kleinen und vor allem hoch gefährdeten Minderheit,
die viel Sex mit wechselnden Partnern hat und aus so persönlichen wie unterschiedlichen Gründen keine Kondome benutzt.
Solche Männer gibt es natürlichauch in Deutschland und bisher schreiben die mir, wenn ich sie auf Planetromeo treffe und
nachfrage, Sätze wie: „Wenn ich HIV+ werde dann ist das halt
so. Bekommt man halt, wenn man bare fickt, irgendwann, und
Medis bekommt man ja erst verschrieben, nachdem man sich
angesteckt hat.“ Vielleicht bin ich ja ein unverbesserlicher Gutmensch, aber ich kann nicht finden, dass dem Mann mit einem
„Dann nimm halt ein Gummi, du Trottel!“ wirklich geholfen ist.
Sondern eher mit Truvada kostenfrei auf Rezept.
Seit es in den USA die PrEP auf Krankenkasse gibt, sind dort
vor allem zwei Sachen passiert, die der schwulen Welt extrem
gut getan haben. Erstens: Es hat sich gezeigt, dass viele, wenn
nicht die allermeisten Männer, die keine Kondome benut-
zen, dies nicht tun, weil ihnen HIV und ihre Sexpartner egal
sind, sondern: weil sie eben keine Kondome benutzen. Gibt
man diesen Männern eine Alternative an die Hand, mit der
sie besser umgehen können, schützen sie sich und andere.
Das hat wiederum, zweitens, zu einer deutlichen Entspannung untereinander geführt. HIV/AIDS und Safer Sex haben
die schwule Community lange geteilt: In HIV-Positive versus
HIV-Negative, in Kondomnutzer versus Barebacker. Es sind
Trennwände, gebaut aus Angst, zusammengezimmert mit
einer wilden Mischung aus Gesundheit und Moral. Mit den
neuen Möglichkeiten, mit Safer Sex durch Therapie und mit
PrEP sind diese Trennwände zwar auch in den USA noch nicht
ganz verschwunden, aber sie sind doch um einiges niedriger
geworden. PrEP ist ein hervorragendes Mittel nicht nur gegen
die Ansteckung mit HIV, sondern vor allem auch gegen die
Angst vor der Ansteckung, die der Diskriminierung von HIVPositiven genauso Vorschub leistet, wie der moralischen Abwertung von Menschen, die beim Sex kein Kondom benutzen.
Die PrEP hat, weil sie die Angst nimmt, einen heilenden Effekt
auf die schwule Welt als Ganzes.
Dieses heilsame Gefühl hatte ich bereits nach meinem ersten
Sex mit einem HIV-Positiven unter der Nachweisgrenze. Kondomfreier Sex, Sex mit einem Positiven allzumal, ohne diese
vermaledeite Angst im Nacken – nach dreißig Jahren – das
war eine wunderbare Befreiung. Was mir die PrEP darüber
hinaus zurückgeben wird, und das kann ich gar nicht hoch
genug einschätzen, ist meine sexuelle Autonomie. Beim kondomfreien Sex ohne PrEP muss ich mich bisher auf meinen
Partner verlassen, er bleibt Vertrauenssache. Erst mit der PrEP
werde ich als HIV-negativer Mann in die Lage versetzt, für
meine HIV-Prävention auch dann die Verantwortung selbst zu
übernehmen, wenn ich – warum auch immer – aufs Kondom
verzichte. Zugegeben: Mit der PrEP ist dann vielleicht immer
noch nicht wirklich Frieden, aber Opas Krieg ist doch fürs Erste vorbei.
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15
MÄNNER
SCHWERPUNKT
EIN HELDENEPOS
Die Geschichte der HIV-Medikation lässt sich an einem einzigen Menschen
festmachen. Dem Aktivisten Peter Staley verdanken Millionen Menschen
weltweit ihr Leben. Ohne ihn gäbe es weder Kombinationstherapien, noch
PrEP. Trotzdem kennt diesen Mann kaum jemand. Das möchte M+ ändern
M
anchmal ist das Leben ungerecht: Die
richtig großen Helden kennt kein Mensch.
Für Peter Staley gilt das nicht ganz, er hat
immerhin fast 4.000 Facebook-Fans, die
sich Sachen ansehen wie die Kommentare des 55-Jährigen zu den US-Präsidentschaftswahlen oder Ein-Bild-Comics die nörgeln: „Stören Sie
meine politische Kommentare? Entschuldigung, ich dachte,
die Zukunft des Planeten wäre der Rede wert. Aber, posten
Sie doch bitte noch ein Foto ihrer letzten Mahlzeit.“
Der „AIDS -and gay-rights activist“ echauffiert sich gern. Seit
fast 35 Jahren. Und zwar sehr erfolgreich. Staley hat mehr
oder weniger im Alleingang dafür gesorgt, dass schwulen
Männern wie ihm heute Medikamente zur Verfügung stehen,
die HIV zu einer chronisch, nicht mehr notwendigerweise
tödlichen Krankheit machen. Und das kam so: Peter Staley
kommt am 9. Januar 1961 als drittes Kind eines wohlhabenden Leiters einer Fabrik des Chemieunternehmens Procter
& Gamble in Sacramento im US-Bundesstaat Kalifornien zur
Welt. Er ist zart und künstlerisch begabt. Während die Familie
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mehrfach umzieht und Papa immer erfolgreicher und wohlhabender wird, studiert Klein-Peter bei unterschiedlichen
Lehrern klassisches Klavier. Schließlich ist er so gut, dass er
am Oberlin-Konservatorium, einer der besten Musikschulen
der Welt, angenommen wird, um dort sein Können zu perfektionieren. Doch er bleibt nur für ein ein Semester, wechselt
stattdessen an die Oberlin School of Economics, absolviert
zwischendurch ein Studienjahr an der prestigeträchtigen
London School of Economics und macht schließlich einen
fabelhaften Abschluss in Ökonomie und Politik. 1983 fängt
er an für J.P. Morgan zu arbeiten, eines der größten Finanzunternehmen der Welt. Zielsetzung: Selfmade-Millionär mit
unter 30. Peters Bruder Jes Staley hat die selben Schulen
besucht, gleichzeitig mit Peter bei J.P. Morgan angefangen
und ist jetzt als CEO von Barclays einer der einflussreichsten
Manager der globalen Finanzindustrie.
Bei Peter jedoch kommt bei der Karriereplanung eine hartnäckige Erkältung dazwischen, die 1985 als Folge einer HIVInfektion diagnostisiert wird. Für Staley ein Grund, sich gegenüber seiner Familie als schwul zu outen. Im Büro bleibt
FOTO: IFC FILMS / SURVIVEAPLAGUE.COM ILLUSTRATION: MATHIAS ZILLIG
TEXT: PAUL SCHULZ
er aber, ganz erfolgreicher Aktienhändler, im Schrank. 1987
drückt ihm ein Unbekannter auf seinem Weg zur Arbeit an
der Wall Street einen Flyer in die Hand, der zu einem Meeting von ACT UP (AIDS Coalition To Unleash Power) einlädt. Peter geht hin und wird als talentierter Fundraiser schnell
eines der führenden Mitglieder der Organisation. 1987 hat er
auch auf der Arbeit sein Coming-out, lässt sich gleichzeitig
dauerhaft krankschreiben und widmet seine gesamte Energie
nun ACT UP. Er beginnt sich in medizinische Fachliteratur
einzuarbeiten und wird zum Experten bei allen Fragen, die
HIV-Medikamente betreffen.
Die berühmteste Aktion, an der Peter Staley teilnahm, fand
am 14. September 1989 statt. Staley und sechs andere Aktivisten enterten als Aktienhändler getarnt die New Yorker Börse, ketteten sich an den Balkon, entrollten ein Banner auf dem
dazu aufgerufen wurde, die Aktien des Pharmaunternehmens
Burroughs Wellcome zu verkaufen, und bewarfen die Händler unter sich mit falschen Hundert-Dollar-Noten, auf denen
stand: „Fickt euch, ihr profitgeilen Arschlöcher. Wir sterben,
während ihr Big Business spielt.“
Auslöser für die Aktion waren die astronomischen Preise des
HIV-Medikaments AZT (seinerzeit 8000 -12000 Dollar pro
Jahr). Innerhalb von Tagen senkte die Firma den Preis um 20
Prozent. Ein erster, großer, politischer Sieg, der zu weiteren
Aktionen führte. 1989 war Staley auf der fünften Welt-AIDSKonferenz in Montreal an der Stürmung einer für Ärzte und
Wissenschaftler vorbehaltenen Kommission beteiligt, bei der
der erste „Treatment and Data-Report“ von ACT UP verlesen wurde und anschließend heftige Diskussionen mit den
anwesenden Medizinern entbrannten, wie schneller Zugang
zu HIV-Medikamenten ermöglicht werden sollte. Da gleichzeitig das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens
stattfand, bekam die Demonstration nicht die gewünschte
Aufmerksamkeit, aber sie führte dazu, dass Staley einer der
Hauptredner auf der sechsten Welt-AIDS-Konferenz wurde,
die im folgenden Jahr in San Francisco stattfand. Während
seiner Arbeit mit ACT UP wurde Staley ein gutes Dutzend
mal verhaftet, kam aber nie länger ins Gefängnis.
Anfang der 90er kam es zu größeren Auseinandersetzungen
bei ACT UP, die zur Folge hatten, dass Staley zusammen
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17
SCHWERPUNKT
mit anderen Wegbegleitern die Treatment Action Group 2004 war Staley wieder in den Schlagzeilen. Für seine künst(TAG) ins Leben rief. Die Gruppe wollte explizit mit Phar- lerische Werbekampagne gegen Crystal Meth in New York,
mafirmen an medizinischen Lösungen für die AIDS-Krise hatte der ehemalige Meth-Junkie Staley, Plakate in Telefonarbeiten, was viele innerhalb von ACT UP ablehnten. Die zellen gehängt, auf denen stand: „Spar dir alles! Kauf Crystal
Gründung von TAG wurde am 5. September 1991 gefeiert, Meth und bekomm HIV umsonst dazu!“ Er erntete viel Zuindem Staley und seine Mitstreiter ein riesiges Kondom über spruch, aber auch viel Kritik aus der Community.
das Haus des homophoben Senators Jesse Helms stülp- 2012 wurde ein weltweit viel beachteter Dokumentarfilm
ten. Nach dem Eintreffen der Polizei halfen die Aktivisten, über Staleys Leben und Arbeit („How to survive a plague“)
das riesige Nylonzelt wieder zu entfernen. Bezahlt hatte die für den Oscar nominiert. Staley reist mit dem Film weiterhin
Aktion der offen schwule Musikunternehmer David Geffen. um den Globus, hält Vorträge und weist dabei immer wieTAG wurde schnell eine von ACT UP unabhängige Orga- der darauf hin, dass PrEP nur ein weiterer Schritt auf dem
nisation, als deren Co-Chef Staley mit
Weg ist, den er als Forschungs- und
Forschern und Medizinern an schnellstMedizinexperte vor 30 Jahren begonmöglichen medizinischen Lösungen
nen hat. Im Dezember gelang Staley
„PREP IST HOCHGRADIG WIRKarbeitete. Staley bedauerte die Abspalein weiterer Coup: Er und vier andere
SAM (...), UM MENSCHEN VOR
tung. Er war noch immer mit ganzem
AIDS-Aktivisten trafen sich dort, wo
HIV ZU SCHÜTZEN. (...) DENEN,
Herzen Aktivist.
1982 die Gay Men’s Health Crisis, die
„ACT UP war meine Kirche, meine Faerste HIV-Selbsthilfeorganisation der
DIE SIE WOLLEN, SOLLTE DER
milie, die Quelle meines Sex- und LieWelt, gegründet worden war: in der
ZUGANG DAZU SO EINFACH WIE
beslebens. Ich lernte alle meine Männer
New Yorker Wohnung des SchriftstelMÖGLICH GEMACHT WERDEN,
bei ACT UP-Meetings kennen. Nach
lers Larry Kramer („Schwuchteln“, „A
OHNE DASS MAN SIE BE- ODER
der Diagnose hatte ich total zugeNormal Heart“). An historischer Stelle
GAR VERURTEILT!“
macht. Aber bei ACT UP gab es dieverfassten die fünf Männer bei Rotse schöne, kluge und progressive Art
wein, Boeuf Bourguignon und Mousse
zu lebe, die mich wieder öffnete. Wir
au Chocolat ein kleines Manifest: „Wir
wussten schon, dass Safer Sex funktio– AIDS-Aktivisten zwischen 24 und 80
niert. Das war alles sehr befreiend.“
Jahren – haben gerade zusammen unser täglich Brot dort
In den nächsten fünf Jahren verteilte Staley als eines der gegessen, wo die GMHC gegründet wurde, und uns erneut
Führungsmitglieder von amfAR (The Foundation for AIDS- darüber ausgetauscht, wie man die HIV-Infektionszahlen bei
Research), einer NGO, die Spenden für die AIDS-Forschung schwulen Männern und Trans* wirksam reduzieren kann. Auch
und Weiterbildung sammelte, über 350 Millionen Dollar an wenn wir uns dabei in vielem nicht einig waren, eines ist uns
verschiedene Forschergruppen und half auf diese Weise, allen klar: Die Präexpositionsprophylaxe (PrEP) ist hochgraentscheidende Fortschritte an der medizinischen Front des dig wirksam, wenn es darum geht, einen Menschen vor HIV
Kampfes gegen AIDS zu bewirken. Dass die Regierung unter zu schützen. PrEP ist nichts für alle, aber denen, die sie wollen
Präsident Bill Clinton völlig anders mit dem Thema HIV um- und brauchen, sollte der Zugang dazu so einfach wie möglich
ging als die republikanischen Vorgänger, lag auch an Staley, gemacht werden, ohne dass man sie be- oder gar verurteilt.
der eins der 18 Mitglieder von Clintons „National Task Force Wir haben es satt, wie der Hersteller an der Preisschrauon AIDS Drug Development“ war.
be dreht, weil er ein Fast-Monopol bei der Herstellung
Aber Staley war nicht nur für Regierungsorganisationen ge- von HIV-Medikamenten hat. Truvada als PrEP einzumacht. Noch immer wollte er Menschen helfen, die so waren setzen, war nicht ihre Idee. Es passierte auf Grundlawie er. 1999 gründete er AIDSmeds.com, eine der allerersten gen einer Forschung, für die sie nicht bezahlt haben. Ihre
Internetseiten, auf der sich Patienten umfassend und kompe- Profitsucht muss ein Ende haben. Freier Zugang zu lebenstent über ihre eigenen Therapieoptionen, medizinische Fort- rettenden Medikamenten, ist eine Grundfeste unserer Beschritte und stagnierende Entwicklungen informieren konn- wegung und wir werden uns erneut mit Aktivisten im ganten. Teil der Seite war die Dokumentation von Staleys eigener zen Land und rund um die Welt verbünden, um Gleichheit
Arbeit sowie der Beiträge von TAG und ACT UP in Bezug und Gerechtigkeit im Gesundheitswesen zu erreichen.
auf die Forschung und Herstellung von HAART (Kombithe- PrEP ist, zusammen mit dem Schutz durch Therapie, Konrapien). Heute sagt er: „Es gibt nichts, worauf ich in meinem domgebrauch und einem freien Zugang zu GesundheitsverLeben so stolz bin wie auf unsere Arbeit daran. Wir haben sorgung, ein gutes Mittel, um die Infektionsrate bei schwulen
das Klima geschaffen, in dem es möglich war, so viel Geld Männern, Trans* und Frauen zu senken. Wir müssen die Mögzu investieren, dass es so schnell ging, wie es gehen konnte.“ lichkeit haben, jedes dieser Mittel einzusetzen, um dem Virus
AIDSmeds.com war für ein halbes Jahrzehnt eine Institution ein für alle Mal Einhalt zu gebieten. ACT UP, Fight Back, Fight
für jeden, der sich mit dem Thema beschäftigte. Die Seite AIDS. Larry Kramer, Jim Eigo, Matt Ebert, James Krellenstein,
half Patienten, Aktivisten und Medizinern in aller Welt. 2006 Peter Staley“
wurde AIDSmeds.com zu POZ, ein Online-Magazin, das es Alles verstanden? Wenn nicht, einfach noch mal lesen. Die
bis heute gibt. Hauptthema: Leben mit HIV.
Jungs wissen, wovon sie reden.
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Uwe Michael Bänsch
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Mi
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Do
9-12 und 15-19 n.V.
Fr
9-13
Sa
10-12
Vermächtnis eines Überlebenden
FOTO: JAMIE MCCARTHY / GETTY IMAGES FOR GLAAD
MÄNNER
Peter Staley (heute 55) sorgt dafür, dass seiner
aktivistischen Tätigkeit engagierte Erinnerungsarbeit folgt. Immer wieder spricht er öffentlich über
die ACT UP-Ära oder bringt über soziale Netzwerke und eigene Online-Foren Erfahrungen aus
der Vergangenheit in aktuelle Debatten ein. Er tut
das nicht, weil er rückwärtsgewandt oder übermäßig eitel wäre, sondern weil ihm klar ist, dass die
Welt aus den Ereignissen von damals lernen kann
– die schwule Welt im Besonderen. Wer sich in
der Szene also über politische Verflachung oder
aktivistische Lethargie beklagt, braucht nur auf
Staleys Facebook-Seite vorbeizuschauen, um zu
erkennen, dass es immer noch genug Angelegenheiten gibt, um die es sich zu kämpfen lohnt.
Ein besonders denkwürdiges Vermächtnis des
Peter Staley geht allerdings nur indirekt auf sein
eigenes Konto. Mit „How to Survive a Plague“
wollte Autor und Filmemacher David France eine
Doku über den AIDS-Aktivismus von ACT UP
drehen. In gewisser Weise ist der Film aber eine
große Verneigung vor Peter Staley und dessen
Verdiensten geworden. Nicht umsonst geht Staley inzwischen selbst mit dem Film in Schulen und
Unis, um mithilfe des Aktivismus von damals den
Aktivismus von heute zu beleben.
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MÄNNER
DEBATTE
#SOWHAT?
„Verbrecher“, „Mörder“, „Kastrieren!“ – Das waren nur einige der Beschimpfungen, die auf die FacebookPinnwand von Christian Neumann niederprasselten, nachdem der 24-Jährige im vergangenen Herbst
den Satz „Ich habe HIV und regelmäßig Sex ohne Kondom!“ gepostet hatte. Durch den Launch der
Facebook-Gruppe „Wir machen’s ohne!“ erfuhr er aber auch viel Zuspruch. Ein Fazit in Interview-Form
D
ie Reaktionen im Rahmen des Shitstorms
nach Deinem „Sex
ohne Kondom“-Post
waren drastisch. Hättest Du unsere Gesellschaft für aufgeklärter gehalten?
Natürlich war mir nicht klar, dass die
Antwort auf diesen Post ein Shitstorm
gegen meine Person sein würde. Im
Vorfeld habe ich mir keine Gedanken
darüber gemacht, ob andere das richtig
oder falsch finden. Das Statement war
eine Reaktion auf die stigmatisierenden
und diskriminierenden Aussagen nach
Charlie Sheens Zwangs-Outing. Unter
dem Statement stand auch der Hashtag #sowhat – Was ist schon dabei? Es
stand auch da: „Schutz durch Therapie
macht es möglich.“ Viele wollten das
nicht lesen oder verstehen.
Was hat Dich bei den Beschimpfungen am meisten schockiert?
Am meisten hat mich überrascht, dass
die Leute mit ihrem Klarnamen Gewaltfantasien wie Kastrationen oder
Zusammenschlagen geäußert haben.
Viele nutzten auch die Gelegenheit, um
im Sinne der „Besorgten Eltern“ gegen
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das deutschlandweit erfolgreiche Aufklärungsprojekt SchLAu zu hetzen, für
das ich einer von mehreren SprecherInnen war. Das war aber nie mein Projekt,
sondern eins von etwa 200 lesbischen,
schwulen, trans* und bisexuellen Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen.
Mein Outing auf Facebook steht ganz
klar in keinem Zusammenhang mit
meinem damaligen Engagement bei
SchLAu NRW. Ich kann daher nur alle
dazu aufrufen, die Arbeit von SchLAu
mit zu unterstützen, denn genau das
wollen die „Besorgten Eltern“ nicht.
Meinst Du, die offensive Diskussion
um Deinen „Fall“ hat zu mehr Offenheit in Bezug auf das Verhandeln des
HIV-Status beigetragen?
An dieser Stelle muss ich erst ein Mal
Danke sagen! Ich habe sehr viel Rückhalt bekommen. Und das nicht nur von
AIDS-Hilfen und Positiven. Auch viele
lesbische Freundinnen und Mitstreiterinnen in der Community haben sich
bei mir gemeldet. Viele haben mir gesagt, dass sie von Schutz durch Therapie nichts wussten, dass sie viel gelernt
haben und hinter mir stehen. Das freut
mich, vor allem weil ohne lesbische
Mitstreiterinnen mein bisheriges Engagement nie möglich gewesen wäre.
Genauso denke ich, dass die Bedeutung
der heutzutage guten HIV-Therapien
endlich bei der Politik in NRW angekommen ist. Die HIV-Therapie bedeutet
für mich nicht nur, dass ich lang und unbeschwert leben werde, sie befreit mich
auch von der Angst vor der Weitergabe
von HIV beim Sex und strafrechtlicher
Verfolgung durch den Staat.
FOTO: ADOBE STOCK ILLUSTRATION: MATHIAS ZILLIG
INTERVIEW: CHRISTIAN LÜTJENS
Immerhin kam überhaupt eine kontroverse Debatte über das Thema
zustande. War es das wert, sich dafür
bedrohen und beschimpfen zu lassen?
Ich werde mich auch weiterhin nicht
verstecken, nur weil ich HIV habe und
es mir damit sehr gut geht. HIV hat sich
verändert und das ist gut so. Aber viele
finden das eben nicht gut. Die stigmatisieren und grenzen aus. Egal wie sehr
HIV an Bedeutung verliert: Das Stigma
bleibt. Um dagegen anzugehen, brauche ich Unterstützung. Die ShitstormDebatte hat sehr deutlich gezeigt, dass
wir auch weiterhin AIDS-Hilfen brauchen. Ich hoffe, dass auch die Politik das
erkennt und berücksichtigt, wenn mal
wieder Gelder gekürzt werden sollen.
Als Zeichen der Solidarität mit dir
wurde die Facebook-Kampagne „Wir
machen’s ohne“ gegründet, die die
„Schutz durch Therapie“-Maxime unterstreicht. Kommen hier Punkte zur
Sprache, an denen AIDS-Hilfen bisher vorbeigeredet haben?
Meiner Meinung nach haben die AIDSHilfen daran nicht vorbeigeredet. Zum
Beispiel gab es im Januar 2013 die Kampagne „Fuck Positive“ von der Schweizer Aidshilfe, die auch in Deutschland
ein großes Thema war. Darin kam Sex
ohne Kondom zur Sprache. Ich muss
dazu sagen, dass ich mich damals extrem darüber aufgeregt habe. Ich war
einer von den Leuten, die heute gegen
mich brüllen. Vier Wochen danach bekam ich meine HIV-Diagnose. Nun
stand ich auf der anderen Seite. Plötzlich
spielte Schutz durch Therapie für mich
eine wichtige Rolle und ich hab mich
bei der AIDS-Hilfe Köln gezielt danach
erkundigt. Bei der DAH-Kampagne
„Ich weiß, was ich tu“ gibt es schon seit
zwei Jahren Rollenmodelle zum Thema
Schutz durch Therapie. Das wird also
durchaus angesprochen. Für mich persönlich war „Wir machen’s ohne“ trotzdem sehr wichtig. Ich habe mich riesig
gefreut, dass andere Menschen mit HIV
hinter mir stehen und Flagge zeigen.
Die Kampagne stellt der Stigmatisierung Menschen entgegen, die selbstbewusst mit HIV leben und zu ihrer Sexualität stehen, Menschen, die sagen: Für
Schutz durch Therapie müssen wir uns
nicht entschuldigen oder verstecken.
Hat die Kampagne eine Zukunft?
Ich kann nicht für die AIDS-Hilfen oder
andere Positiven-Gruppen sprechen,
aber ich denke ja. Ich bekomme ja schon
mit, dass das Thema die Leute bewegt.
Warum ist der Status „unter der Nachweisgrenze“ so schwer vermittelbar?
Das Problem geht ja schon bei Kondomen los. Wenn ich bei einem Sexdate sage, dass ich HIV habe, lehnen
viele Männer den Sex mit mir auch mit
Kondomen ab. So habe ich das früher
auch gemacht. Kein Sex mit positiven
Schwulen, war meine Devise. Ich fand
die Vorstellung mit einem HIV-Positiven
zu schlafen abtörnend. Und ich hatte
Angst, ich könnte mich trotz Kondomen
infizieren, die ich damals bei Sexdates
fast immer benutzt habe. So brauchte
ich den HIV-Status des anderen nicht
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21
MÄNNER
DEBATTE
zu kennen und musste nicht über HIV
sprechen. Das Stichwort „Schutz durch
Therapie“ hätte mir damals überhaupt
nichts gesagt. Mir hätte sicher geholfen, jemanden mit HIV zu kennen, über
den ich meine Vorurteile abbauen kann.
Aber diese Person gab es nicht. So hatte ich ein ganz falsches Bild von HIV.
... das mit welchen konkreten Ängsten verbunden war?
Meine Angst war, dass es mir nach einer
Infektion sofort schlecht geht, ich krank
werde und sterbe. Dieses Vorurteil begegnet mir auch jetzt immer wieder. Oft
fragen Leute mit Bezug auf meine HIVInfektion ganz besorgt, ob es mir gut
geht. Ich kann da nur sagen, es geht mir
super. Es gibt keinen Grund zur Sorge.
Es hat sich also keine deiner Ängste
nach der Infektion bestätigt?
Nein, es hat sich nichts bestätigt. Eher
fühle ich mich freier, weil die Angst vor
HIV weg ist. Ich weiß jetzt halt, dass ich
keine Angst vor HIV haben muss. In
meinem Leben ist HIV voll okay.
War deine Therapiegeschichte immer
komplikationsfrei?
Von der Therapie merke ich bis jetzt
nichts. Keine Kopf- oder Bauchschmerzen, keine Verdauungsprobleme, kein
Schwindel, keine Komplikationen. Wirklich alles bestens. Nachdem ich mit der
Therapie angefangen hatte, hat es nur
vier Wochen gedauert, bis ich unter die
Nachweisgrenze gekommen bin.
Du bist aber auch schon vor dem
Shitstorm wegen HIV diskriminiert
worden, richtig?
Ja, ich wurde diskriminiert, wenn ich
offen über die Infektion gesprochen
habe. Meistens im Gesundheitswesen.
Beispielsweise hatte meine Akte bei
einer hautchirurgischen Praxis in Düsseldorf neben meinem Namen eine
Aids-Schleife. Bei einem Zahnarzt und
Kieferchirurgen in Düsseldorf wurde mir
eine reguläre Behandlung verweigert.
Ich sollte nur als letzter Patient behandelt werden, damit ich keine Patienten
nach mir gefährde. Eine HNO-Ärztin in
der Uni-Klinik Düsseldorf brüllte mich
an, als ich ihr beim zweiten Termin von
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der Infektion erzählte. Das hätte sie bereits beim ersten Termin wissen müssen
und ich hätte sie gefährdet. Dabei trug
sie sowieso Handschuhe. Einen Arzt in
der Hautklinik der Uni-Klinik Düsseldorf
habe ich vehement gebeten, er möge
HIV nicht in meine Akte eintragen,
damit ein befreundeter Arzt, der dort
arbeitete, nichts von meinem Status
erfährt. Hat aber nichts gebracht. Auch
beim Dating erlebe ich Diskriminierung.
„FRÜHER HABE ICH SEX OHNE
KONDOM ALS RÜCKSICHTSLOSEN VERDORBENEN SEX BETRACHTET. SOLCHE VORBEHALTE
GEHEN AUCH DURCH EINE PILLE
NICHT WEG. ES MÜSSTE BERATUNG GEBEN, DIE AUF SCHWULE
MÄNNER ZUGESCHNITTEN IST“
Wenn ich mich oute, will ein Großteil
keinen Sex mehr mit mir – beleidigende
Nachrichten inklusive.
Du hast dir deine Offenheit trotzdem
nicht nehmen lassen. Hast du eine
Strategie, wie man Diskriminierung
am effektivsten entgegentritt?
Bei Diskriminierung im Gesundheitswesen hat mir vor allem die Antidiskriminierungsstelle der Deutschen AIDS-Hilfe sehr geholfen! Bei Sexdate-Absagen
wegen HIV bleibe ich gelassen. Es gibt
auf der anderen Seite ja auch Männer,
die besser Bescheid wissen und sich
freuen, weil Sex ohne Kondom dank der
erfolgreichen Therapie möglich ist. Ich
kenne mittlerweile auch einige negative
Männer, die gezielt nach Sex ohne Kondom suchen. Sie suchen dann eher einen HIV-Positiven, der auf Therapie ist
wie mich, anstatt mit Leuten ins Bett zu
gehen, die ihren eigenen Status überhaupt nicht kennen. Ansonsten kann
ich mich nicht beklagen. Ich habe tolle
Freunde und Menschen in meinem Umfeld, die zu mir stehen. Das heißt nicht,
dass sie unkritisch sind. Aber es wird nie
beleidigend oder abwertend. Reden
hilft viel.
Wie stehst du zur bevorstehenden
Zulassung der PrEP? Würdest du sie
nehmen, wenn du negativ wärst?
Damals hätte ich sie nicht genommen.
Ich hab Sex ohne Kondom ja als rücksichtslosen und verdorbenen Sex betrachtet und wäre viel zu ängstlich gewesen. Solche Vorbehalte gehen auch
durch eine Pille nicht weg. Es müsste
also eine gezielte Beratung geben,
die auf die Bedürfnisse von schwulen
Männern zugeschnitten ist und bei der
schwuler Sex als normal angesehen
wird. An Stellen wie dem Checkpoint
in Köln und dem WIR in Bochum könnte eine PrEP-Abgabe aus meiner Sicht
also sinnvoll sein.
Meinst du, dass PrEP das Potenzial
mit sich bringt die Verantwortung im
Bezug auf HIV-Infektionen endlich
gleichmäßig auf den Schultern von
Negativen und Positiven zu verteilen
anstatt sie auf Positive abzuwälzen?
Ja, das Potenzial bietet die PrEP. Aber
Schutz durch Therapie bietet sie eigentlich auch schon. Ich wurde angefeindet,
weil ich Sex ohne Kondom bei Schutz
durch Therapie befürworte. PrEP-Unsern könnte es ähnlich ergehen. Es stellt
sich also die Frage: Wie gehen wir künftig damit um, wenn Schwule auf PrEP
als rücksichtslose Barebacker und Rumficker angefeindet werden?
#Shitstorm
Das ist der Post, mit dem Christian Naumann am 17. November
einen Shitstorm auslöste. Eigentlich wollte Naumann nur den Spekulationen Kontra geben, in denen sich Facebook-User nach dem
HIV-Coming-out von Charlie Sheen im US-TV (siehe Seite 30)
darüber ausließen, wie viele Frauen der Superstar wohl angesteckt
haben könnte. Sheen hatte im Interview eingeräumt, auch nach
seiner HIV-Diagnose Sex ohne Kondom gehabt zu haben. Jedoch:
Statt Verständnis zu ernten, wurde Naumanns gut gemeinter Kommentar zum Anlass für eine Welle von Hasskommentaren, in denen
User den 24-Jährigen für sein „verantwortungsloses“ Verhalten
anprangerten. Die Schweizer HIV-Aktivistin Michèle Meyer reagierte, indem sie mit einigen anderen Mitstreitern eine Gegenbewegung organisierte. Meyer gründete die Facebook-Community
„Wir machen’s ohne – Safer Sex durch Therapie“. Ziel der Aktion:
„Auf dieser Seite erklären Menschen mit HIV öffentlich: Auch wir
betreiben Schutz durch Therapie. Und wir reden darüber!“ Wer
mitreden will, kann sich noch immer den über 500 Usern anschließen, die die Kampagne bereits unterstützen.
www.facebook.com/Wir-machens-ohne-SaferSex-durch-Therapie
Wie definierst du persönlich „Verantwortung“ im sexuellen Kontext?
Mein Sex und alles, was dabei passiert, ist einvernehmlich. Meine Haltung ist, dass Jeder für sich selbst die
Verantwortung trägt, ob und wie er
sich selbst schützt. Ich verlasse mich
also darauf, dass die anderen wissen,
was sie tun. Ich für meinen Teil gehe
regelmäßig zum Test. Da ich keine
Kondome bei Oralverkehr benutze,
ist das sowieso Standard. Auch um andere sexuell übertragbare Infektionen
nicht unwissentlich weiterzugeben und
gegebenenfalls behandeln lassen zu
können. Ich würde aber nie davon ausgehen, dass alle anderen das genauso
konsequent durchziehen. Also gehe
ich alle drei Monate zum Arzt. Wenn
es irgendwo „juckt und brennt“ natürlich sowieso.
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MÄNNER
FORSCHUNG
Ära der Best Ager
Von 36,9 Millionen Menschen, die
weltweit mit dem HI-Virus leben, wohnen 83.400 in Deutschland, von denen
30 Prozent über 50 sind. Heißt: Rund
25.000 HIV-Positive hierzulande gehören zur Generation der „Best Ager“.
Noch vor 15 Jahren hätte man diesen
Begriff im Zusammenhang mit HIV als
zynisch empfunden. Da war die Kombitherapie noch zu neu, um zu wissen,
dass sich die Lebenserwartungen von
Negativen und gut therapierten Positiven nahezu gleichen. Inzwischen weiß
man es. Aber man weiß noch mehr.
Denn das unauffällige Attribut „nahezu“ unterscheidet die beiden Gruppen
eben doch voneinander. Zudem bringt
die stetig steigende Zahl von Langzeittherapierten Erkenntnisse mit sich, die
man in Zeiten niedriger Lebenserwartung bei Positiven noch nicht haben
konnte. Inzwischen gilt eine erhöhte
Anfälligkeit für altersbedingte Begleiterkrankungen, die nichts mit AIDS,
wohl aber mit HIV zu tun haben, bei
Positiven als erwiesen. Im Fachjargon
spricht man von „HIV-associated NonAIDS (HANA) Co-Morbidities“. Hinzu
kommen Altersgebrechen, die nicht auf
die Infektion zurückzuführen sind. Denn
die bleiben natürlich auch nicht aus.
Zumal Vergleichsstudien besagen, dass
der Anteil von Alkoholikern und starken
Rauchern unter Positiven höher ist als
unter Negativen. Was wiederum Rückschlüsse auf die psychischen Belastungen einer Infektion zulässt. Fakt ist: Eine
Europäische Studie von 2015 prognostiziert, dass die Anzahl von positiven Best
Agern bis 2030 auf 73 Prozent steigt. 84
Prozent davon werden an mindestens
einer Alterskrankheit leiden, 28 Prozent
an mindestens drei HANA-Komorbiditäten. Ein Grund näher hinzuschauen.
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ALTE
FEINDE
Dank PrEP muss also bald keiner mehr positiv werden.
Und was passiert mit denen, die es schon sind?
TEXT: AXEL NEUSTÄDTER
Gehirn und
Nervensystem
Etwa 52 bis 59 Prozent der
HIV-Patienten entwickeln mit der Zeit
neurokognitive Störungen, also funktionelle Beeinträchtigungen des Nervensystems. Davor schützt auch eine
erfolgreiche antiretrovirale Therapie
nicht. Dass sich eine Infektion auf die
Psyche auswirkt, zeigt, dass bis zu 26
Prozent der Positiven in Europa an Depressionen leiden – im Gegensatz zu 7
Prozent in der Allgemeinbevölkerung.
Einmal vorbeugen, bitte!
Die ersten zwei Gegenmaßnahmen gegen HANA-Komorbiditäten sind ebenso simpel wie einleuchtend. Erstens: ein
gesunder Lebensstil – nicht rauchen,
nicht trinken, viel Bewegung, ausgewogene Ernährung. Zweitens: Therapie.
Es war ein wichtiger Schritt in der HIVForschung des letzten Jahres, dass auch
die Deutsch-Österreichische AIDSGesellschaft empfahl, nach einer Positivdiagnose so schnell wie möglich mit
antiretroviralen Medikamenten anzufangen – unabhängig von der Zahl der
CD-4-Zellen (Helferzellen) im Blut. Die
Empfehlung resultierte aus den Ergebnissen einer „Strategic Timing of Antiretriviral Treatment“-Studie (START),
bei der weltweit 4.685 HIV-Patienten
über einen Zeitraum von drei Jahren beobachtet worden waren. Man hatte die
Teilnehmer in zwei Gruppen eingeteilt.
Die erste begann bei Studienstart mit
Medikamenten, die zweite erst bei Absenkung der CD-4-Zellen-Zahl auf 350
pro Tausendstel Liter Blut. Kernergebnis:
Das Risiko für schwere (AIDS-)Erkrankungen lag bei bei der zweiten Gruppe
um 57 Prozent höher als bei der ersten.
Keine weiteren Fragen. Dritter Vorbeugefaktor: der richtige Behandler. HIVPatienten brauchen Ärzte, die multidisziplinär und fachübergreifend arbeiten,
also Zusammenhänge zwischen Infektion und Alltagsleiden, physischen und
psychischen Problemen herstellen. Dafür ist individualisierte Betreuung nötig.
Die Berücksichtigung der (Therapie-)
Biografie eines Patienten unterbindet
Fehldiagnosen. Und damit zur Übersicht
der häufigsten Komorbiditäten.
Das Krebsrisiko
Menschen mit HIV haben ein doppelt so hohes Risiko an nicht HIVbedingten Krebsarten zu erkranken
wie die Allgemeinbevölkerung
(Verhältnis: 12 zu 6 Prozent). Dieses erhöhte Risiko bezieht sich
auf Krebsarten, deren Entstehung
durch Rauchen oder Viruserkrankungen begünstigt wird – zum Beispiel Lungenkrebs.
Die Leber
Etwa 30 Prozent der HIV-Positiven
sind auch mit Hepatitis C infiziert. HIV-Infizierte haben ein
achtmal höheres Risiko eine chronische Lebererkrankung zu entwickeln als Negative.
Herz und Kreislauf
HIV-Positive sind anfälliger für „kardiovaskuläre Erkrankungen“, sprich
Herz-Kreislauf-Beschwerden.
Die
Vergleichswerte zu HIV-Negativen
bei den häufigsten Leiden: Bluthochdruck (43 zu 30 Prozent), Angina pectoris (6 zu 4 Prozent),
Herzinfarkt (5 zu 1 Prozent), periphere
arterielle
Verschlusskrankheit (4 zu 1 Prozent).
Die Nieren
Die Gefahr von Nierenversagen ist
bei HIV-Infizierten erhöht. Im Gegensatz zu 1 Prozent in der Allgemeinbevölkerung leiden 5 Prozent
der HIV-Infizierten unter eingeschränkter Nierenfunktion.
Die Knochen
Das Risiko eines Knochenbruchs
ist für Menschen mit HIV um etwa
50 Prozent gegenüber der Allgemeinbevölkerung erhöht.
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MÄNNER
INTERVIEW
THE SLUT WE LOVE
INTERVIEW: CHRISTIAN LÜTJENS
E
s hätte niemand anders
diese Figur besser verkörpern können als Andy Bell.
Der 51-Jährige schlüpft für
das
Poptheater-Projekt
„Saint Torsten“ in die Rolle
eines semi-unsterblichen Polysexuellen
und singt dabei Lieder, die von der Euphorie nach dem Coming-out bis zur
Ernüchterung über die Flüchtigkeit
hastiger Sexdates kein Gefühl auslassen, das ein schwuler Werdegang mit
sich bringt. Bedenkt man, dass Bell seit
1998 HIV hat (seit 2004 spricht er öf-
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fentlich über die Infektion) und damit
zur ersten Generation von Positiven
gehört, die Zugriff auf antiretrovirale
HIV-Medikamente hatten, bekommt
das Motiv von Torstens Unsterblichkeit
eine tiefere Dimension. Die Grenzen
zwischen Figur und Darsteller verschwimmen und unweigerlich fragt
man sich, wie autobiografisch all die
Lieder über die verflossenen Liebschaften der Torsten-Figur sind. Die
Antwort ist ein Zwischending. Zwar
entwarf Songtexter Barney AshtonBullock die Figur des Torsten mit Bell
FOTOS: CHERRY RED RECORDS ILLUSTRATION: MATHIAS ZILLIG
Vor zwei Jahren überraschte Erasure-Frontmann Andy Bell als „Torsten the Bareback Saint“, nun kommt
das Sequel „Torsten the Beautiful Libertine“. Ein Ritt Richtung Horizont absoluter sexueller Freiheit
als Vorbild im Hinterkopf, trotzdem
basieren die meisten Inhalte nicht originär auf Bells Lebenserfahrungen, sondern auf denen des Autors. Über die
kontroverse Verquickung der Begriffe
„Bareback“ und „Saint“ sagt AshtonBullock: „Die Doppeldeutigkeit war gewollt. Erstens steckt die Vorstellung des
Bareback-Reiters, also des abenteuerlustigen, abgehärteten Cowboys drin,
der ohne Sattel durch die Prärie jagt.
Auch Torsten ist als erfahrener Flaneur
ein Abenteurer. Der zweite Aspekt ist
Barebacksex. Auch wenn Torsten in sei-
nen Vierzigern zu sein scheint, wurde
er bereits im Jahr 1906 geboren, also
in der Prä-HIV-Ära sozialisiert, wo Sex
ohne Gummi die Norm war. Es leuchtet ein, dass er als semi-unsterblicher
Mann gegen Krankheiten immun ist.
So hat er die Möglichkeit, persönlich
aus beiden Zeiten zu berichten. Das
unterscheidet ihn von denen, die ich
als schwule ‚Alltags-Heilige’ bezeichne,
weil sie uns durch ihren Tod während
der AIDS-Krise dazu ermahnen, vorsichtig miteinander umzugehen und
aufeinander achtzugeben.“
Beim Fringe Festival Edinburgh, wo
„Torsten the Bareback Saint“ 2014 uraufgeführt wurde, gab es viel Applaus
für so viel Mut zur emotionalen Entblößung. Auch die CD zum Stück war
ein Hit. So feiert am 3. März das Sequel
„Torsten the Beautiful Libertine“ im
Londoner „Above the Stag“-Theater
Premiere. Diesmal wird’s noch persönlicher. Oder wie Andy Bell es ausdrückt:
„Torsten wird von einer Fantasiegestalt
zum echten Menschen.“ Darüber wollten wir mehr hören. Auf der nächsten
Seite hat Herr Bell das Wort!
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INTERVIEW
Andy, die Torsten-Figur ist „semiunsterblich“. Fühlst du dich als Angehöriger der ersten Generation
von HIV-Positiven, für die die Diagnose kein Todesurteil mehr war,
manchmal selbst so?
Es ist in der Tat ein Glück und ein
Segen, dass ich mich sozusagen auf
dem Scheitelpunkt infiziert habe. Das
muss man sich zwischendurch immer
mal wieder vergegenwärtigen. Jeder
hat seine eigenen Tests und Traumas
durchzustehen und der Verlust von
Freunde schmerzt immer noch. Aber
das Leben geht weiter.
„Torsten“ singt über verschiedene
Formen von Liebe und Sex und wie
sie ihn beeinflusst haben. Kannst du
Faktoren nennen, die dein eigenes
Liebesleben verändert haben?
Ich denke, es ist ein universeller Prozess des Erwachsenwerdens auszuprobieren und zu erkennen, was einen
anmacht und was nicht. Der war bei
mir wahrscheinlich ähnlich wie bei jedem anderen. Aktuell kann ich sagen,
dass ich zuletzt eine sehr spirituelle
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aber platonische Beziehung hatte, in
der ich tun und lassen konnte, was ich
wollte. Das hat mir viel Ausgeglichenheit gegeben. Ich fühle mich jetzt bereit, sesshaft zu werden und mich nur
einer Person hinzugeben.
Wie stehst du zu dem Attribut Bareback und seiner durchaus kontroversen Verquickung mit dem Heiligenbegriff „Saint“?
Das ist eine echt schwierige Frage. Ich
bin nicht hier, um über irgendjemanden zu urteilen. Was Menschen in ihren Privatleben tun, ist ihre eigene Sache. Nur so viel: Ich bin der Meinung,
dass man kaum erfassen kann, was es
bedeutet positiv zu sein, bis man es
selber ist. Aus meiner Perspektive sehe
ich das als Anlass, an der behutsamen
Überzeugungsarbeit für Safer Sex festzuhalten. Ich finde, es hat etwas sehr
Erotisches, sich die Zeit zu nehmen
safe zu bleiben.
Du hast gesagt, dass die „Torsten“Songs eine „heilende“ Qualität haben. Kannst du das erklären?
Das ist eine persönliche Geschichte.
Ich kann mich mit vielen Songs einfach
wahnsinnig gut identifizieren. In „Torsten the Bareback Saint“ gab es zum
Beispiel „The Boy from the Sauna“,
ein Lied über die ambivalente Nähe
von flüchtigen Saunabekanntschaften.
Die Gefühle, von denen der Song erzählt, habe ich selbst so oft gespürt,
dass Dichtung und Erinnerung nahezu
deckungsgleich sind. In „Torsten the
Beautiful Libertine“ gibt es dementsprechend „The Slums We Love“, das
mich an meine Kindheit erinnert – auch
wenn die nicht ganz so krass war wie
der Song.
Torsten ist polysexuell. Meinst du,
es ist eine logische Konsequenz eines Lebens mit Überlänge, dass man
sich nicht mehr auf nur eine sexuelle
Präferenz festlegen mag?
Das scheint mir ziemlich logisch, ja.
Zweitens glaube ich, dass Aspekte
wie Freundschaft und Kameradschaft
im Laufe der Jahre ein immer größeres Gewicht bekommen. Bezogen auf
Torsten würde ich aber sagen, dass er
nie im eigentlichen Sinne schwul war. Er
kümmert sich generell nicht um Labels,
ist vielmehr ein Bohemien, der seinen Instinkten folgt.
Polysexualiät passt ganz gut zu den
derzeitigen queeren Tendenzen in der
schwulen Szene. Wie stehst du dazu?
Eigentlich geht es doch in beiden Fällen
um das intuitive Auflehnen gegen Ungerechtigkeiten und Vorurteile. So was finde
ich gut. Ich mag Leute, die ein bisschen
Feuer im Hintern haben und bereit sind,
für die Außenseiter der Gesellschaft ihre
Stimme zu erheben.
FOTOS: CHERRY RED RECORDS
MÄNNER
In „Bareback Saint“ gab es den Song
„This Gay Thing Isn’t Working“ über
Torstens Abwendung vom “Schwulending”. Kannst du das nachvollziehen?
Ich denke, jeder erlebt Momente, in
denen ihn die Szene einsam oder ratlos
zurücklässt. Bei mir sind diese Momente
schon eine Weile her. Als Schwuler muss
man halt erkennen, dass man sich nicht
dauerhaft über die Bestätigung von außen definieren darf. Man ist nun mal nicht
ewig jung und schön.
Würdest du dich selbst trotzdem
noch als schwul bezeichnen?
Nenn mich doch einfach altmodisch.
Und wenn du zwischen „Bareback
Saint“ und „Beautiful Libertine“ wählen müsstest, wofür würdest du dich
entscheiden?
Auf einer rein ästhetischen Ebene hat
der Begriff „Bareback Saint“ für mich
eine gewisse Romantik. Ich mag den
Gedanken, ihn als Ritter ohne Rüstung
zu sehen, als jemanden, der schonungslos offen und ehrlich ist. Der Freigeist
ist ein bisschen naiver, aber durchaus
risikofreudig. Ich liebe beide. Sie sind
zwei Seiten ein und derselben Person.
Für Autor Barney Ashton-Bullock
warst du die Blaupause für Torsten.
Hattest du selbst eigene Vorbilder
für die Rolle?
Ich neige dazu, zu Leuten aufzuschauen. Aber das legt sich langsam. Bei
Torsten war es auch nicht nötig. Die
Figur speist sich aus dem Hinabblicken
auf meine eigenen Liebschaften, Boyfriends und Erfahrungen.
Es ist ein dritter „Torsten“-Abend in
Planung. Was erhoffst du dir dafür –
für die Figur und für dich selbst?
Für alle beide: „Just to survive to stay
alive.“ Ohne dabei zu verbittern, sondern in Anmut und Würde.
Torsten the Beautiful Libertine
Show: 2. bis 27. März,
London, www.abovethestag.com
CD: Cherry Red Records
www.cherryred.co.uk
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MÄNNER
OUTRO
Checkpoint Charlie
Im Umgang mit seiner HIV-Infektion hat Charlie
Sheen eigentlich alles falsch gemacht, was man
falsch machen kann. Aber das hat auch Vorteile.
Eine Bestandsaufnahme
R
TEXT CHRISTIAN LÜTJENS
Diese Aussage von Fiyyaz Pirani sagt alles. Pirani ist Gründer
der US-Heimtest-Fabrik STDcheck.com. Um 70 Prozent soll
sich das Absatzvolumen des Unternehmens an jenem Tag gesteigert haben. Was das in Zahlen heißt, verriet Pirani nicht,
doch seine Botschaft war ohnehin nur das I-Tüpfelchen einer
erwartbaren Entwicklung. Die Sheen-Offenbarung brachte
HIV von heute auf morgen einen Stellenwert auf der Nachrichtenagenda westlicher Medien ein, den es spätestens seit
Einführung der Kombitherapie 1996 nicht mehr gehabt hatte.
Überall griff man das Thema auf. Auch hierzulande wurde der
Fall Sheen von der Freizeitrevue bis zur Süddeutschen behandelt – mal reißerisch („Wie viele Frauen hat er angesteckt?“),
mal aufklärerisch („Es gibt daher keinerlei Grund, alltägliche
Sozialkontakte zu Infizierten zu meiden.“), meist aber mit der
Anmerkung, dass HIV heute therapierbar ist. Das Jugendportal bento.de postete gar das Protokoll einer HIV-Test-Erfahrung, weil sich Bloggerin Valerie Herrmann durch Sheens
Auftritt an ihren eigenen ungeklärten Status erinnert fühlte.
Gleichzeitig kam in sozialen Netzwerken viel menschenverachtendes Halbwissen hoch, was aber wiederum dazu führte,
dass Massenmedien wie BILD mit erstaunlich ausgewogenen
„Wie gefährlich ist HIV heute?“-Storys konterten. Insgesamt:
Ein Aufschrei, der die Chance bot, Stigmata über Positive abzubauen und via Klatsch Präventionsbotschaften zu streuen.
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Tatsächlich ist die Sheen-Story eine Blaupause für Probleme,
zu denen Unaufgeklärtheit im Umgang mit HIV-Infektionen
führt. Erst der Rückfall in die Alkohol- und Drogensucht, den
Charlie infolge der Diagnose erlitt und der zum Rausschmiss
bei „Two and a Half Men“ führte. Dann die lange Geheimniskrämerei, die ihn so erpressbar machte, dass das TV-Geständnis überhaupt erst nötig wurde. Schließlich die Aktion,
die ihm im Januar einen erneuten viel beachteten TalkshowAuftritt in „The Dr. Oz Show“ einbrachte. Dort berichtete
Sheen, er habe seine HIV-Medikamente abgesetzt und sei
jetzt in Behandlung bei einem mexikanischen Naturmediziner, der ihn mit „alternativen Mitteln“ heilen wolle. Der Talk
war zum Zeitpunkt seiner Ausstrahlung bereits einen Monat
alt, das Projekt Wunderheilung längst gescheitert und abgeblasen worden. Trotzdem brandeten auch hier wieder Debatten über verantwortungsvollen Umgang mit HIV im privaten und öffentlichen Raum los, in denen auch prominente
Homo-Aktivisten wie Larry Kramer und Peter Staley zu Wort
kamen, die Sheens Verhalten als „Ohrfeige für dreißig Jahre
HIV-Aufklärung“ verurteilten.
Womit auch klar wäre, warum man den Affenzirkus nicht mit
einem „Was juckt mich als Schwuler das Getöse uninformierter Heteros?“ abtun sollte. Wer Wissenslücken belächelt, hat
nichts dazu beigetragen sie zu schließen. Genau dazu sollten wir die Sheen-Show nutzen. Oder um es mit Lady Gagas
Twitter-Kommentar vom 17. November zu sagen: „Das ist eine
Gelegenheit für Menschen in aller Welt sich über moderne
HIV-Prävention, Behandlungsmöglichkeiten und emotionale
Intelligenz zu informieren, die mit dem Stigma des Virus zusammenhängt.“
ILLUSTRATION: MATHIAS ZILLIG
ekordabsätze verzeichnen wir mit HIV-Heimtests
normalerweise nach Wochenenden oder Feiertagen. Allerdings haben wir noch nie so viele Tests
verkauft wie am 17. November 2015 – dem Tag,
nach dem sich Charlie Sheen in der ‚Today‘-Show
als HIV-positiv geoutet hat.“
Stand September 2015
Ist die Viruslast
der einzige Parameter
für den Therapieerfolg?
Keine echten Patientenbilder, keine vollständige Darstellung
der gesamten HIV-Patientenpopulation.
www.nochvielvor.de