PAPUNYA TULA ARTISTS UND DIE WESTERN DESERT
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PAPUNYA TULA ARTISTS UND DIE WESTERN DESERT
PAPUNYA TULA ARTISTS UND DIE WESTERN DESERT KUNSTBEWEGUNG Vor mehr als 35 Jahren kam es in der unerbittlichen Wüste Zentralaustraliens zu einer Initialzündung,aus der sich eine richtungsweisende Veränderung in der zeitgenössischen australischen Kunst entwickelte. Der Impuls der Western Desert Kunstbewegung – unter diesem Begriff wurde die Entwicklung bekannt – ist inzwischen auf der ganzen Welt spürbar. In ihrem Zentrum steht [das Kunstzentrum] Papunya Tula Artists, das heute mehr als 120 Künstlerinnen und Künstler repräsentiert, von denen viele auch international sehr erfolgreich sind. Im Jahre 1971 ermunterte Geoffrey Bardon, ein junger Lehrer, der gerade erst in Papunya, einer kleinen Siedlung in der Wüste, 240 Kilometer nordwestlich von Alice Springs, angekommen war, seine Schüler, ihre Geschichten in ihrem eigenen traditionellen Stil zu malen. Es dauerte nicht lange bis eine Gruppe von Stammesälteren, die in der Gemeinde arbeitete, begann, mehrere großformatige Bilder auf die Wand der Schule zu malen. Das bedeutendste war ein Honigameisen Dreaming. Diese Schöpfungsgeschichte ist von Bedeutung für alle verschiedenen Sprachgruppen, die zu dieser Zeit in Papunya lebten (in erster Linie Luritja, Anmatyerr, Warlpiri und Pintupi). Das Malen der Wandbilder begeisterte die Männer und bald malten sie auf Bretter, Paneele und alle möglichen anderen Materialien, die sie auf den umliegenden Baustellen finden konnten, sogar auf Bodenfliesen. Zuvor hatten einige der Männer schon Landschaften in westlich orientiertem Stil gemalt. Aber jetzt wurden die Männer zum ersten Mal ermutigt, sich auf ihre eigenen kulturellen Wurzeln und ihre eigenen traditionellen Zeichen und Muster zu beziehen, die sich von der traditionellen Körperbemalung und den Sandmalereien für Zeremonien ableiteten. Die kleinen frühen Werke waren ausführliche Schilderungen des zeremoniellen Lebens und der Kultur. In ihnen tauchten häufig gegenständliche Elemente auf, die mit den Geschichten, die erzählt wurden, verbunden waren. Geoffrey Bardons Verbindung zu den Künstlern ging bald darüber hinaus, ihnen Malmaterialien zur Verfügung zu stellen und sie mit praktischen Tipps zu unterstützen. Er suchte auch Käufer für die Arbeiten. Er lud die Arbeiten in sein Auto, fuhr nach Alice Springs – 480 km hin und zurück auf holprigen, unbefestigten Straßen – und versuchte die Arbeiten im Stuart Art Centre zu verkaufen, das auf dem lokalen Campingplatz angesiedelt war. Trotz viel versprechender erster Erfolge überstieg das fruchtbare Schaffen der Künstler die Nachfrage bei weitem. Und so sollte esauch noch viele Jahre bleiben. In diesen ersten Jahren erfolgten viele der Verkäufe durch zwei staatliche Organisationen: das Aboriginal Arts Board des Australia Council, das, gegründet im Jahre 1973, selbst Arbeiten kaufte, um sie auszustellen und die Verkaufsorganisation Aboriginal Arts and Crafts Pty. Ltd. Wenn sich nicht mehrere Kunstberater, – Peter Fannin, Dick Kimber und John Kean – die mit diesen beiden staatlichen Organisationen arbeiteten, so stark eingesetzt hätten, hätte die prekäre finanzielle Situation zum Niedergang dieser jungen Kunstbewegung geführt, bevor sie überhaupt eineChance gehabt hätte, sich richtig zu entwickeln. Im Jahre 1972 hatten die Künstler ihre eigene Firma gegründet, Papunya Tula Artists Pty. Ltd., deren Name von einigen von ihnen gewählt wurde, als sie zusammen am Charles Creek in Alice Springs waren. Aber schon zu dieser Zeit brachte Geoffrey Bardons Einsatz für die Künstler ihn in einen – wie er selbst es nannte – "erbitterten Konflikt mit Papunyas weißer Verwaltung". Diese Verwaltung, deren Ziel es zu dieser Zeit war, die Assimilationspolitik aufrechtzuerhalten, versuchte seiner Meinung nach, der Geltendmachung der Kultur und des traditionellen Lebens durch die Künstler einen Riegel vorzuschieben, indem sie die Verkaufserlöse einbehielt und dadurch Zwietracht und Not unter die Künstler brachte. Bardon hatte den Eindruck, dass seine Arbeit sabotiert wurde, fühlte sich in die Enge getrieben und verließ daher Papunya 1972 bitter enttäuscht. Er kam erst viele Jahre später wieder zurück. Viele der frühen Gemälde aus Bardons Zeit in Papunya wurden für ihre ethnographischen Qualitäten gelobt, obwohl sie doch "jewel-like qualities" besaßen, wie der Journalist Nicholas Rothwell es so anschaulich beschrieb. Trotzdem wurden die Arbeiten der Papunya Tula Artists fast von Beginn an als Werke der bildenden Kunst ausgestellt, obgleich mit unterschiedlicher Gewichtung ihrer ethnographischen Bedeutung. Im Jahre 1971 war der Maler Kaapa Tjampitjinpa einer der Preisträger des Alice Springs Caltex Art Award. Im gleichen Jahr kauften die "Museums & Art Galleries of the Northern Territory" 78 Gemälde für ihre Sammlung. In den 70er Jahren wurden durchgängig Werke der Papunya Tula Künstler ausgestellt, wobei der Schwerpunkt auf dem Gemeinschaftswerk der Künstler lag. Viele der Werke aus dieser frühen Phase sind hoch geschätzt in öffentlichen und privaten Sammlungen. Eines dieser Werke des frühen Papunya Tula Künstlers Johnny Warangkula Tjupurrula mit dem Titel "Water Dreaming at Kalipinpa" aus dem Jahr 1972 wurde auf einer Auktion bei Sotheby´s im Juni 1997 für AUD 210.000 versteigert und im Jahr 2000 für knapp eine halbe Million Australische Dollar weiterverkauft. Nach Bardons Weggang übernahm sein Lehrerkollege Peter Fannin die Rolle des Kunstberaters der "malenden Männer", wie sie inzwischen genannt wurden. Als Fannin 1973 begann, mit den Künstlern zu arbeiten, waren viele der Pintupi von Papunya nach Yayayi, etwa 42 km entfernt, umgezogen. Das brachte sie näher an ihr traditionelles Land und erlaubte es ihnen, den desolaten und oft traumatisierenden Zuständen in Papunya, die durch Überbelegung, Armut, Gesundheitsprobleme und Drogenmissbrauch hervorgerufen wurden, zu entfliehen. Fannin arbeitete nun hauptsächlich mit Anmatyerr und Warlpiri Künstlern zusammen, die in Papunya geblieben waren, fuhr aber auch immer wieder nach Yayayi, um Arbeiten von den Pintupi Künstlern zu kaufen. Peter Fannin sah sich selbst als "Organisator" für die Künstler, wohingegen die Kunstberater Dick Kimber und John Kean, die von Mitte bis Ende der 70er Jahre mit den Künstlern arbeiteten, einen größeren Schwerpunkt auf die Durchführung von Reisen mit den Künstlern zu deren angestammten Land legten, insbesondere zu speziellen Stätten, die für die Künstler aus kulturellen und zeremoniellen Gründen wichtig waren. Es ist bis heute so, dass diese Reisen die Künstler inspirieren und häufig die Gemälde, die nach einer solchen bedeutsamen Wiedervereinigung [mit ihrem Land] entstehen, zu den besten Werken gehören. Eines der wichtigen Ereignisse, die eine Veränderung in der Anerkennung für die Western Desert Künstler und die Bekanntheit ihrer Arbeiten mit sich brachte, war 1981 der Verkauf aller Arbeiten der Ausstellung "Mr. Sandman Bring Me a Dream" an den Geschäftsmann und Sammler Robert Holmes à Court aus Perth. Andrew Crocker, der zu dieser Zeit Kunstberater war, legte großen Wert auf die strategische Förderung der Künstler. Die Ausstellung ging in die Vereinigen Staaten und 1983 nach Paris, wo sie in der australischen Botschaft gezeigt wurde. Die Kunst der Western Desert wurde somit einem völlig neuen Publikum präsentiert. Mittlerweile hatte sich die Kunst beträchtlich weiterentwickelt im Vergleich zu den Arbeiten vor zehn Jahren. Als die Künstler begannen zu malen, "war der größte Teil dieser Kunstwerke …. nicht für den Verkauf gemalt, sondern vielmehr einfach aus Freude am Tun und an der Erinnerung und Überlieferung. Sobald die Arbeiten verkauft wurden, begann die Kunst sich zu verändern." erklärt Dick Kimber im Katalog der "Mr. Sandman" Ausstellung. Ein wesentlicher Grund war, dass geheime sakrale Details nicht auf den Gemälden zu sehen sein sollten. Deshalb benutzten die Künstler bei der Gestaltung ihrer Gemälde mehr "dots" [Punkte] – was die Zurschaustellung verschiedener sakraler Elemente vermied – und weniger gegenständliche Elemente. Die Künstler benutzten auch bald Leinwand anstelle von Tafeln, was den Übergang zu größeren Arbeiten wesentlich erleichterte. Als Ende 1981 Daphne Williams die Nachfolgerin von Andrew Crocker als Kunstberater wurde – ihre Rolle wurde schnell die eines Managers – war dies der Beginn einer wesentlich stabileren Entwicklung für Papunya Tula Artists. Die Verkäufe der Kunstwerke stiegen in den 80er Jahren ständig an, begleitet von einer zunehmenden Anzahl regionaler und nationaler sowie einiger internationaler Ausstellungen. Um zu überleben, bedurfte das Unternehmen aber immer noch Williams sorgfältiger Führung, da die Anforderungen an Papunya Tula Artists permanent zunahmen. Mit dem Anbruch der "Homeland-Bewegung" [Rückkehr in das angestammte Land] übersiedelten viele der Pintupi Künstler in die neu geschaffenen Gemeinden Walungurru (Kintore) und Kiwirrkura, mehr als 500 bzw. 670 Kilometer west-nordwestlich von Alice Springs, andere nach Mount Liebig, das 75 Kilometer westlich von Papunya liegt. Daher reiste Williams von Alice Springs nach Papunya und von dort über Mount Liebig und Kintore nach Kiwirrkura, um die Künstler zu unterstützen, sie mit Malmaterialien zu versorgen und ihre Bilder zu kaufen. Mitte der 80er Jahre wurden einige geradezu ikonische Werke der Western Desert Kunstbewegung von Künstlern wie Uta Uta Tjangala, Clifford Possum Tjapaltjarri, Tim Leura Tjapaltjarri, Simon Tjakamarra, Anatjari Tjakamarra und Ronnie Tjampitjinpa geschaffen, um nur einige zu nennen, und bedeutende nationale Institutionen kauften einige dieser Arbeiten. Im Jahre 1987 eröffnete Papunya Tula Artists seine eigene Galerie in der Todd Street in Alice Springs, die fast 18 Jahre lang als Galerie für Endkunden fungierte, bevor sie 2004 an ihren heutigen Platz in der Todd Mall umzog. Gegen Ende der 80er Jahre hatten die Künstler von Papunya Tula und ihre Werke großes öffentliches Interesse auf sich gezogen, sowohl in Australien als auch international. Wichtige Ausstellungen und Übersichtsausstellungen wurden national, jedoch auch in anderen Teilen der Welt, veranstaltet, von denen eine besonders erwähnenswert ist: "Dreamings: The Art of Aboriginal Australia". Berichten zufolge waren die Kunstbetrachter von der Ausstellung gefesselt, als sie 1988 in New York, Chicago und Los Angeles gezeigt wurde. Ähnliche Reaktionen gab es auf Ausstellungen in London, Auckland, Paris und Venedig. Die beeindruckende Ausstellungshistorie der Western Desert Künstler und ihrer Kunst und die Aufnahme in bedeutende öffentliche Sammlungen führten dazu, dass private Sammler Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre ein zunehmendes Interesse an Arbeiten der Western Desert Kunstbewegung entwickelten. Bereits Mitte der 80er Jahre begann Papunya Tula Artists Beziehungen zu wichtigen nationalen Galerien wie der Galerie Gabrielle Pizzi in Melbourne und Utopia Art in Sydney aufzubauen, die Ende der 80er Jahre regelmäßig Gruppen- und Einzelausstellungen veranstalteten. Bereits Anfang der 90er Jahre malten Künstler wie Turkey Tolson Tjupurrula und Ronnie Tjampitjinpa überzeugende minimalistische Arbeiten, die völlig anders waren als die Arbeiten aus der Mitte der 80er Jahre, die als großformatige "Landkartengemälde" bezeichnet wurden. Seit dieser Zeit werden von anderen Künstlern Arbeiten ähnlich reduzierter Art gemalt, insbesondere von Mick Namarari Tjapaltjarri in den 90ern und von George Tjungurrayi, der bis heute mit großer Wirkung in diesem Stil arbeitet. Als 1996 die Frauen begannen, regelmäßig für Papunya Tula Artists zu malen, entstand ein neuer lebendiger und dynamischer Stil, der vorher in der Western Desert unbekannt war. Viele der Frauen bekamen ihre erste Einführung in die Kunst des Malens [auf Leinwand] zwei Jahre zuvor, als sie zusammen mit Künstlerinnen aus Haasts Bluff, mit denen viele von ihnen verwandt waren, am ersten von zwei Workshops von Marina Strocchi teilnahmen. Diese war in dieser Zeit Kunstkoordinatorin am Ikuntji Women´s Centre in Haasts Bluff. Bis zu diesem Zeitpunkt war Malen bei Papunya Tula Artists eine reine Männerdomäne gewesen. Abgesehen von wenigen Frauen, hauptsächlich aus der Gegend von Papunya, die als eigenständige Künstlerinnen arbeiteten, war der Beitrag der Frauen darauf beschränkt, ihren Männern zu helfen, die Zwischenräume mit Punkten auszufüllen, nachdem die Geschichte gemalt war. Eine der nennenswerten Ausnahmen war Pansy Napangati, die nicht nur bereits 1988 ihre erste Einzelausstellung in der Galerie Gabrielle Pizzi in Melbourne hatte, sondern dann im folgenden Jahr auch noch den National Aboriginal Art Award gewann. Die Künstlerinnen fanden schnell Anerkennung und viele von ihnen – Künstlerinnen wie Tatali Nangala, Inyuwa Nampitjinpa, Makinti Napanangka und Naata Nungurrayi – waren seniore Mitglieder ihrer Gemeinde und gelangten schnell zu großem Ansehen. Die Art Gallery of New South Wales erwarb einige der Werke von der ersten nationalen Ausstellung der Papunya Tula Künstlerinnen. Diese Gruppenausstellung bei Utopia Art in Sydney, die in dem Jahr stattfand, in dem die Frauen mit Malen begonnen hatten, war der Wegbereiter für eine ganze Reihe von Einzelausstellungen in Sydney und Melbourne für Makinti Napanangka, Inyuwa Nampitjinpa, Ningura Napurrula, Tjunkiya Napaltjarri, Pirrmangka Napanangka und Walangkura Napanangka. Die jetzige Ausstellung [von ARTKELCH] zeigt eine Synthese der Arbeiten der Künstler, die zur Zeit für Papunya Tula Artists malen und ist eine Hommage an alle Künstler, die über die letzten 38 Jahre Teil der Western Desert Kunstbewegung waren. Sie offenbart die Dynamik und Entwicklung dieser bis heute andauernden Kunstbewegung, die immer wieder faszinierende Arbeiten großer Vitalität und Schönheit hervorbringt. Die Arbeiten des senioren Kiwirrkura Künstlers Patrick Tjungurrayi, dessen Triptychon im Jahre 2008 den ersten Western Australian Indigenous Art Award gewann, sind lebendige und leuchtende Beispiele hierfür. Paul Sweeney, der derzeitige Manager von Papunya Tula Artists, schreibt in seinem Vorwort zum Buch "Beyond Sacred" über die Sammlung von Colin und Elizabeth Laverty: "Junge Menschen besuchen (das Studio in Kintore) regelmäßig, um ihre älteren Verwandten zu beobachten und von ihnen zu lernen. Diese sitzen dort Stunde um Stunde und übersetzen vorsichtig das überlieferte Wissen ihrer Vorfahren in eine zeitgenössische Kunstform mit Acryl auf Leinwand. Diese junge Generation hat jetzt begonnen, sich einen Namen in der Geschichte der Western Desert Art zu machen und wird von all denen genau beobachtet und erwartet, die die Kunst der Papunya Tula Artists so bewundern." Marg Bowman Gallery Manager, Papunya Tula Artists (übersetzt ins Deutsche von ARTKELCH) If you are interested in Marg Bowman‘s original essay, please contact ARTKELCH.