Der vergessene Krieg: Die Schlacht von Dien Bien Phu

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Der vergessene Krieg: Die Schlacht von Dien Bien Phu
Der vergessene Krieg: Die Schlacht von Dien Bien Phu (Vietnam)
Flughafen Hanoi, 23. April 2012: Ich bin Millionär! Die Freude über diesen Geldreichtum währt
jedoch nicht lange. Das Taxi in die Stadt kostet 400’000 Dong (20 US-Dollars). Und schon ist
fast die Hälfte meines Vermögens wieder weg.
Soeben angekommen und schon Millionär!
Ich kenne Hanoi von früheren Besuchen, letztmals vor zehn Jahren. Mir hatte damals der
Charme der Altstadt im Stadtdistrikt Hoan Kiem nördlich vom Hoan Kien See mit diesem
Gewirr von kleinen Strassen sehr gut gefallen. Ich möchte wieder dahin Mit Strassenkarte
gewappnet starte ich zur ersten Erkundungstour. Um sich nicht in diesem Labyrinth von
Strassen zu verlieren, sollte man sich bei der ersten Erkundung nicht allzuweit weg des Hotels
wagen. Der Verkehr ist seit meinem letzten Besuch noch schlimmer geworden. Das Heer der
Fahrräder ist einem Heer von hupenden Rollern gewichen. Es geht wie einem Bienenhaus zu.
Das Laufen auf dem Gehsteig ist oft durch parkierende Roller oder essende Leute, die auf
kleinen Plastikschemmel sitzen, versperrt. Ich muss auf die Strasse ausweichen. Bei jedem
Hupen zucke ich zusammen. Es wird um mich herum so viel gehupt, ich weiss gar nicht, ob es
mir gilt. Eine Strasse zu überqueren ist eine waghalsige Angelegenheit. Anfänglich habe ich
dabei immer gezögert. Dies darf man nicht. Die Rollerfahrer in Hanoi sind gute Fahrer. Sie
haben Dich von weitem auf ihrem Radar erfasst und weichen Dir elegant aus. Zögerst Du,
kommt es meistens zu Zusammenstössen.
Wer es etwas ruhiger haben möchte geht zum naheliegenden See. Es gibt dort Sitzbänke und
Gartenrestaurants. Viele Vietnamesen kommen über die Mittagszeit hierher um sich von der
Hektik zu erholen. Wo Touristen sind gibt es auch Strassenverkäufer. In Kathmandu wird
Tigerbalsam, in Manila oder Bangkok die Potenzmittel Cialis und Viagra angeboten. Hier sind
es Postkarten und Donuts. Einige Schuhputzer haben es auf meine weissen Adidas abgesehen.
Auch Schlepper sind präsent und sprechen mich mit „you bumbum Madame Vietnam?“ an.
Ho Hoan Kiem See
Eine der Sehenswürdigkeiten der Altstadt sind die Handwerkerstrassen. Jede Gilde hatte
früher seine Strasse. Viele der Handwerkerbuden sind in der Zwischenzeit durch Reisebüros,
Hotels und Restaurants verdrängt worden. Einige wenige sind übriggeblieben. Die Strassen
heissen Hang (Ware) und die entsprechende Warenbezeichnung. Kopfbedeckungen sind an
der Hang Non, Körbe an der Hang Bo, Schuhe an der Hang Giay, Seide an der Hang Gai und
Silber an der Hang Bac zu finden.
Hang Thiec: Strasse der Klempner
Bat Su: Strasse der Bambusse
Hang Mam: Strasse der Grabsteine
Hang Non: Strasse der Spielwaren
Phung Hung: Strasse der Bestattungsinstitute
Das traditionelle und bekannteste Gericht Vietnam’s heisst „Pho“ – Aussprache Fu, eine
Reisnudelsuppe die fast an jeder Strassenecke erhältlich ist. Es ist das Frühstück der
Vietnamesen. Die Webseite „CNN – die besten Gerichte der Welt“ rangiert die Suppe sogar
auf Position 28. Ein Grund sie daher zu probieren. Nun, von Thailand herkommend ist man
kulinarisch halt schon etwas verwöhnt. Was nicht heisst, dass man in Hanoi nicht gut essen
kann. Im Gegenteil. Meistens besuchte ich das „Gecko“, dessen Bananen-Crêpes mit Vanilla
Eiskrem wirklich lecker sind.
Weitere Strassenbilder
Der Vietnamkrieg (1965 – 1975)
Auszug aus der Autobiographie von Robert McNamara, früherer US-Verteidigungsminister: "...
wir haben uns geirrt, schrecklich geirrt. Und wir sind künftigen Generationen eine Erklärung
schuldig, warum das so war." Ein Irrtum der auf Seiten der Amerikaner 58'191 Tote forderte.
Bis Ende 1973 wurden 223'748 südvietnamesische Soldaten getötet. Die Verluste der
Nordvietnamesen und des Vietcongs wurden auf über eine Million geschätzt. Etwa 4 Millionen
Zivilisten wurden während des Krieges getötet. Insgesamt warfen die Amerikaner 7,8 Mio
Tonnen Bomben ab und setzten 75 Mio Liter Agent Orange und chemische Mittel ein. Auch
fünfzig Jahren nach dem Krieg leiden heute noch über drei Millionen Vietnamesen an den
Folgen des hochgiftigen Pflanzengiftes „Agent Orange“, welches die Amerikaner über Vietnam
versprühten um die Urwälder zu entlauben. Kein US-Präsident hat sich bis zum heutigen Tage
beim vietnamesischen Volk für diese Verbrechen entschuldigt. Im Vergleich zu diesen
Gräueltaten scheint dem neutralen Beobachter das „Theater“ der Amerikaner um 9/11 etwas
unangemessen.
Auf dem Weg ins Militärmuseum
Der Besucher Vietnams wird nicht darum herum kommen eines der zahlreichen
Militärmuseen im Lande zu besuchen. Das Militärmuseum an der Dien Bien Phu Strasse ist
leicht zu finden. Es steht in unmittelbarer Nähe der kaiserlichen Zitadelle und ist mit seinem
33 Meter hohen Flaggenturm, auf dessen Spitze die Vietnamesische Flagge weht,
unübersehbar. Es ist auch das Wahrzeichen Hanoi’s. Gleich links nach dem Eingang, wird eine
russische Mig-21 ausgestellt. Als Detail, für jedes abgeschossene feindliche Flugzeug, wurde
auf der „Nase“ ein roter Stern aufgemalt. Diese Mig hat daher vierzehn Flugzeuge
abgeschossen! Ein guter Überblick über das Ausstellungsgelände hat man vom 2. Stock des
Flaggenturms. Wer noch weiter hinauf will, sollte Schwindelfrei und über eine gute Kondition
verfügen. Ich habe darauf verzichtet! Auffallend ist ein Haufen von Schutt, Wrackteile eines
amerikanischen Jagdbombers F111 der in der Nacht vom 17. Oktober über Hanoi
abgeschossen wurde. Intakt sind dagegen zwei Douglas AD-5 Skyraider. Dahinter sticht eine
Raketenstartrampe ins Auge. Mit dieser Rampe wurden drei amerikanische B-52 in der Nacht
vom 20. Dezember 1972 abgeschossen. Als weitere Attraktion ist der Tank No 843 ausgestellt.
Es war dieser Tank der am 30. April 1975 die Eingangsgitter zum Präsidentenpalast in Ho Chi
Minh City (Saigon) niederriss. Der 1. Stock des Nebengebäudes ist dem ersten Indochina Krieg
gewidmet. Mit einer eindrücklichen Ton und Bildschau wird die Schlacht von Dien Bien Phu
von 1954 nachgestellt. Der Besuch des Museums ist ohne Zweifel ein Besuch wert.
Aufgepasst: dieses ist am Montag und Freitag geschlossen.
Air Defence Museum
Vom 5. August 1964 bis 17. Januar 1973 haben die Nordvietnamischen Streitkräften 4181
Flugzeuge, wovon 88 B-52 Bomber und 13 Jagdbomber F.111 abgeschossen
Wrackteile abgeschossener US Flugzeuge
Während der Weihnachtsbombardierungen vom 27. Dezember 1972 wurde um 23.05 Uhr ein amerikanischer
B-52 über Hanoi abgeschossen. Wrackteile sind im Stadtteil Ngoc Ha im Huu Tiep See zu sehen
Die Besichtigung Hanois wäre ohne den Besuch des Ho Chi Minh Mausoleums sowie des Hanoi
"Hilton" nicht komplett. Das Mausoleum habe ich bereits früher besucht, nicht aber das
"Hilton". In Anlehnung an die Hilton Hotels bezeichneten die amerikanischen Kriegsgefangenen das Hoa-Lo-Gefängnis als das „Hanoi Hilton“. Während des Vietnamkriegs diente das
1904 von den Franzosen erbaute Gefängnis den Nordvietnamesen als Gefängnis für amerikanische Kriegsgefangene.
Als bekanntester Inhaftierter zählte John McCain, (Senator und Präsidentschaftskandidat der
Republikaner bei der Präsidentschaftswahl 2008) der einen Teil seiner fünfeinhalbjähriger
Gefangenschaft als Kriegsgefangener hier verbrachte.
Eingang zum „Hanoi Hilton“
Die Gefangenen wurden an Ketten gehalten
Die Guillotine
Der Indochinakrieg (1946 – 1954)
Es gibt in der Geschichte Vietnams einen weiteren schrecklichen Krieg: der Indochinakrieg. Die
Franzosen hatten seit 1862 in Vietnam geherrscht. 1941 mussten sie ihre Kolonie, die sie als
„Perle Indochinas“ bezeichneten, kampflos den Japanern abtreten. Dies war eine grosse
Demütigung. Nach dem 2. Weltkrieg versuchte Frankreich seine ehemalige Kolonie
wiederzuerlangen. Nach der Kapitulation Japans am 6. August 1945 änderte sich die Lage in
Vietnam jedoch schlagartig. Keine Woche nach dem Abwurf der Atombombe über Hiroshima,
war Ho-Chi-Minh’s Armee auf dem Weg nach Hanoi, wo er am 2. September die
„Demokratische Republik Vietnam“ als unabhängiger Staat ausrief. Frankreich wollte aber
nicht begreifen, dass ihre Zeit in Indochina abgelaufen war. Der Indochinakrieg begann. Nach
dem Fall von China (1949) und dem Koreakrieg (1950-1953) schienen sich die Befürchtungen
der Amerikaner zu bestätigen, dass die kommunistische Ideologie auf die Nachbarländer
Vietnam, Laos, Kambodscha, Thailand, Burma, Malaysia, Indonesien überschwappen würde.
Man sprach von der „Domino-Theorie“. Die Wiederbesetzung Frankreichs seiner ehemaligen
Kolonie stiess, entgegen Präsident Roosevelt, bei Präsident Truman auf Verständnis. Die
Amerikaner unterstützten fortan die Franzosen finanziell sowie mit Waffen, hauptsächlich mit
Restbeständen aus dem Koreakrieg. Aus dem Kolonialkrieg wurde ein Krieg gegen den
Kommunismus. Was als Kolonialkrieg begann, wurde zu einem Krieg gegen den
Kommunismus. Rund 35‘000 Deutsche sowie 1'300 Schweizer waren mit der Fremdenlegion
daran beteiligt.
Der Konflikt währte schon sieben Jahre und die Viet Minh setzten dem französischen
Expeditionskorps mit ihrer Guerillataktik immer mehr Verluste zu. General Navarre,
Oberbefehlshaber der französischen Truppen hatte den Plan (Operation Castor) die Viet Minh
in eine offene Feldschlacht zu locken um dem Gegner seine Art der Kriegsführung
aufzuzwingen. In dieser Entscheidungsschlacht sollte die französische Überlegenheit an
Ausrüstung und Technik dem Gegner eine empfindliche Niederlage zufügen die es Frankreich
ermöglichen würde bei den geplanten Friedengesprächen in starker Position zu verhandeln.
Als Ort der Schlacht wird eine von hohen Bergen umgebene, 16 Kilometer und 8 Kilometer
breite Talmulde nahe der laotischen Grenze, in Dien bien Phu, ausgewählt.
Lage von Dien Bien Phu
Dien Bien Phu liegt auf dem Weg nach Laos. Die westliche Welt ist davon überzeugt, dass die
Vietnamesen in Kürze in Laos einmarschieren werden. Damit müssten Sie bei Dien Bien Phu
vorbei. Die Garnison der Franzosen wird für sie eine wunderbare Beute sein, eine Falle, der sie
nicht widerstehen werden können.
Der Ausbau Dien Bien Phu‘s zu einer grossen Festung mit zahlreichen Aussenposten, die nach
Namen von vietnamesischen Prostituierten benannt wurde, begann am 20. November 1953.
An diesem Tag setzten die Franzosen die ersten 9.000 Fallschirmjäger über der Talmulde ab.
Der Entscheid die Festung in einer von Hügeln umgebenen Talmulde anzusiedeln, brachte die
französischen Truppen jedoch noch vor dem ersten Schuss ins Hintertreffen. Die Franzosen
waren von der Tatsache ausgegangen, dass die Viet Minh niemals in der Lage sein würden,
ihre Artillerie in die Nähe von Dien Bien Phu in Position zu bringen.
Situationsplan der französischen Stützpunkten in Dien Bien Phu
Am 13. März eröffneten die Viets ihren Angriff durch Artilleriefeuer von den umliegenden
Berghängen. Das Artilleriefeuer auf die Flugplätze liess ab dem 28. März keine Landung mehr
zu. Die Versorgungsgüter mussten per daraufhin unter feindlichem Flakfeuer abgeworfen
werden. Die Lage spitzte sich im März 1954 dramatisch zu und die französische Regierung
musste einsehen, dass der Plan von General Navarre gescheitert war. Alleine konnten sie den
Krieg in Indochina nicht mehr gewinnen. Regierungsvertreter werden in die USA entsandt um
Hilfe zu erbitten. Die US-Militärführung bietet der Einsatz von Atomwaffen an, die USRegierung will den Abwurf von Atombomben aber nur befehlen, wenn andere Länder dies
akzeptieren und unterstützen würden. Churchill lehnt den Einsatz von Atomwaffen aber ab.
Übersetzte Aussagen aus dem Film „La guerre oubliée“ von Peter Hercombe
Brief vom 20. Januar 1954 nach Frankreich: Liebe Eltern, Wir sind hier seit zwei Monaten.
Ungeachtet was ihr in den Zeitungen lest, es gibt keinen Grund Euch Sorgen zu machen. Hier ist
es ruhig. Wir sind gut beschützt. Unsere 28 schweren Kanonen werden die Viets vernichten,
wenn sie es überhaupt wagen uns anzugreifen. Wir möchten dass sie kommen. Wir wollen sie
auf ein vorbereitetes Schlachtfeld locken. Was die Artillerie anbelangt, wenn sie überhaupt
eine haben, wie könnten sie diese bis hierhier durch Hunderte Kilometer von Dschungel und
Berge transportieren?
Brigitte Friang, Journalistin in Dien Bien Phu: Wir hatten ganz vergessen, dass die Russen
dahinter steckten, dass die chinesischen Kommunisten an die Macht kamen etc. etc, wir hatten
alles vergessen. Wissen Sie, ich war am 30 Januar abends anwesend als man gegen 18.00 Uhr
verkündete, dass sie in der Nacht angreifen würden. Sie können sich nicht vorstellen, welche
Freude herrschte, wir haben getanzt. Sie greifen heute Nacht an ..., wenn man denkt was
danach geschah..., es ist schrecklich.
Brigitte Friang, Journalistin in Dien Bien Phu: Navarre glaubte nicht daran. Dies, obwohl er
selber Nachrichtenoffizier war, glaubte er überhaupt nicht an die Informationen seiner
Nachrichtendienste. Eine Kombination von Fakten, ein Schachsinn, nein Sturheit, ja kriminelle
Sturheit von Navarre. Dien Bien Phu war gar keine Festung, es war ein Talboden umgeben von
Bergen und für einen Angriff aus den Bergen gar nicht geeignet. Die Vietminhn hatten sich
jedoch auf allen umliegenden Bergen postiert und haben begonnen Dien Bien Phu zu
beschiessen. Ich erinnere mich an diesen armen Colonel welcher die Artillerie kommandierte,
Colonel Piroth, als ich ihm sagte, aber Herr Oberst, und wenn uns die Viets von den Bergen
herab beschiessen? Er antwortete: aber liebe Frau, man schiesst nicht so einfach von den
Bergen hinunter! Wäre ich Ihr Vater, würden Sie ein Tracht Prügel erhalten“. Sie können sich
den Schock im ganzen Lager vorstellen, als sie das Feuer eröffneten mit einer Artillerie an die
wir nicht geglaubt hatten. Mehr als 30‘000 Granaten werden in den nächsten Wochen auf Dien
Bien Phu niedergehen. Es ist der Angriff vom 13. März. Die Überraschung ist total. Eine der
stärksten Festung « Beatrice » mit einem Bataillon von Fremdenlegion, fällt innert wenigen
Stunden.
General Marcel Bigeard, Kommandant in Dien Bien Phu: Als « Beatrice » und « Gabrielle »
fielen, war klar dass es aus war, ja aus. Dann die Moral, alle diese Tote, alle diese Verletzten,
nein es war bereits zu diesem Zeitpunkt verloren.
Oberst Jean Jean Adias, Unteroffizier in Dien Bien Phu: Die Flieger waren hatten mit dieser
grossen Anzahl von Flak-Geschützen nicht gerechnet. Das war eine grosse Überraschung.
Diejenigen welche am meisten darunter litten waren die Transportflugzeuge. Wir haben zudem
unseren Gegner unterschätzt. Stellen sie sich vor, man hat unsere Ankunft, unsere Abwurfhöhe
und den Inhalt der Ladung im Radio im Klartext durchgegeben. Sie können sich vorstellen, die
Viets hatten Radios und hörten mit.
Oberst Jean Luciani, Leutnant in Dien Bien Phu: Ab dem Monat April begannen die Viets mit
einer neuen Kriegstaktik indem sie von allen Seiten Schützengräben bauten und so immer
näher an die Stacheldrähte der Festungen herankamen um anschliessend den Anfgriff zu
lancieren. Sie haben in einem gewissen Sinn einen Krieg geführt, wie wir ihn 1914-18 geführt
haben.
Gegen Ende April 1954 sind nur noch wenige Stellungen der Festung rund um das
Hauptquartier unter französischer Kontrolle. Am 2. Mai gehen die Viet Minh zum
Generalangriff über. Der aussichtslose Kampf der Franzosen zieht sich noch fünf Tage hin. Am
7. Mai um 17.30 Uhr, nach 57 Tagen verzweifeltem Widerstand, kapituliert Oberst de Castries.
Mit dieser Niederlage war das Schicksal der französischen Kolonialmacht in Indochina
endgültig besiegelt.
Oberst Jean Liciani, Leutnant in Dien Bien Phu 2. April 1954: nach den ersten Angriffen, eine
Flaute. Der Krieg kann sein Gesicht noch ändern. Wir erfahren davon, dass eine Konferenz in
Genf stattfinden soll um über die Zukunft Vietnams zu verhandeln. Alle sprechen von
Waffenstillstand, es ist unser grösste Hoffnung. Geht es denn so lange um so etwas zu
organisieren? Und wenn die Regierung bereit zum verhandeln ist, weshalb stoppt sie denn
nicht sofort diese Schlacht. All diese verlorenen Leben! Wissen die denn nicht was hier vor sich
geht?
General René de Biré, Leutnant in Dien Bien Phu: Es war effektiv ein Verbrechen die Schlacht
von Dien Bien Phu fortzusetzen. Mit einer französischen Artillerie, die schon von Beginn weg
unterlegen war, wurde die Luftversorgung immer schwieriger, Munition und Verpflegung fielen
in die Hände des Gegners. Es war offensichtlich, dass französische Soldaten für Nichts sterben
würden. Mit etwas Vernunft hätte man zum Beschluss kommen sollen, Verhandlungen mit den
Viets zu führen.
Offizielle Webseite der Schlacht von Dien Bien Phu: www.dienbienphu.org
Empfehlenswerte Dokumentarfilme auf Youtube – www.youtube.com
- Dien Bien Phu french defeat in Vietnam
- Battlefield Vietnam: Dien Bien Phu – The legacy
- In fremden Diensten – Deutsche Legionäre
- Dien Bien Phu une guerre oubliée
Reise nach Dien Bien Phu
Ein Besuch des Schlachtfeldes von Dien Bien Phu steht schon seit mehr als zwölf Jahren auf
meinem Reiseprogramm. Der Aufenthalt in Hanoi ist daher DIE Gelegenheit. Beinahe wäre es
aber nicht dazu gekommen. Alle Flüge der Vietnam Airlines sind auf Tage hinaus ausgebucht.
Hätte die Umbuchung bei der Asia Airlines nicht 134 US Dollars gekostet, wäre ich wohl
vorzeitig nach Bangkok zurück geflogen. Ich hatte daher keine andere Wahl als mit dem
Nachtbus hinzureisen, zwölf Stunden! Die Fahrt wird zu einer reinen Qual! Die Liegesitze sind
recht komfortabel, doch als sich aber gegen 2 Uhr morgens meine Blase meldet, wird es
ungemütlich. Und der Drang wird durch die vielen Erschütterungen immer stärker. Mir wird
bewusst, dass ich es so nicht mehr lange aushalten kann. Auch wenn es im Bus einen WC
gäbe, es ist stockdunkel und wie könnte ich in diesem überfüllten Bus dahinkommen? Für den
Notfall gibt es nur eine einzige Lösung: ich müsste in meine Wasserflasche „brünzle“. Als eine
Stunde später der Bus anhält um Leute aussteigen zu lassen, bin ich nicht mehr zu halten. Von
der hintersten Reihe turne und balanciere ich mich über die Köpfe der schlafenden Passagiere
nach vorne. Und endlich... Welche Erleichterung! Endlich kann ich auch ein Auge zudrücken.
Busfahrt Hanoi – Dien Bien Phu (420 Km – 12 Stunden)
Halt zum Nachtessen
Ohne Hotelreservation stehe ich um 05.30 Uhr am Busbahnhof in Dien Bien Phu. Überall auf
der ganzen Welt wird man als ankommender Tourist üblicherweise von einer Schar
Hotelvermittler bestürmt. Nicht aber hier. Es versteht auch keiner das Wort „Hotel“! Nach
kurzem Palaver fährt mich einer der zahlreichen Mofa-Taxifahrer in die Stadt zu einem
grossen, noblen Hotel. 900‘000 Dong (45 US-Dollars) für das billigste Zimmer. So was liegt klar
ausserhalb meines Budgets. Das Zweite Hotel will 700‘000 Dong. Schlussendlich landen wir
erneut beim Busbahnhof. Vis-a-vis davon gibt es einige Gästehäuser für 250‘000 Dong mit
Aircon und TV. Ok für vier Tage und schon ist wieder eine Million weg. Der Mofa-Taxifahrer
verlangt für seine Herumfahrerei die kaum zehn Minuten gedauert hat 200‘000 Dong, 10 USDollars. So eine Frechheit. Der erste Kontakt endet mit einem Misston. Es wird nicht der Letzte
sein.
Meine ersten Eindrücke sind gemischt. Ohne Stadtplan fühle ich mich etwas verloren. Wo
befindet sich das Stadtzentrum, wo das Tourist office, wo die Reisebüros, die Restaurants, die
Internets ? Die Stadt ist wie ausgestorben. Neben meinem Gästehaus gibt es ein paar kleine
Imbissstuben. Zeit zum Frühstücken. Doch auch dies ist eine Enttäuschung. Knusprige
Baguettes mit Butter und Marmelade und einem Milchkaffe gibt es nicht, nur Nudelsuppen.
Die Verständigung ist äusserst mühsam. Ich lasse mich von einem Mofa-Taxifahrer zu einer
Stadtrundfahrt überreden. Der Preis von 200‘000 Dong scheint mir diesmal angemessen.
Leider spricht auch dieser nur sehr wenige Brocken Englisch. Egal, mit der Rundfahrt werde ich
mir ein erstes Bild machen können, wo und wie weit die verschiedenen Sehenswürdigkeiten
liegen. Die Rundfahrt endet eher enttäuschend. Von den französischen Stützpunkten ist nicht
viel zu sehen, alles ist zudem nur auf Vietnamesisch angeschrieben. Als Hauptattraktionen
gelten die Hügel „Dominique“ und „Eliane, das Hauptquartier vom Kommandeur von Dien
Bien Phu, Oberst de Castries, sowie der vietnamesische Kriegsfriedhof. Das Museum ist wegen
Renovationsarbeiten leider zu.
„Normale“ Touristen haben denn hier auch nicht viel verloren. Diese reisen sowieso lieber zur
Halong Bay. Seit der naheliegende laotische Grenzposten für Touristen offen ist, treffen in
Dien Bien Phu vermehrt Rucksacktouristen ein. Diese sind aber meistens auf der Durchreise
nach Sapa.
Dien Bien Phu City: breite und saubere Strassen
Die Schützengräben wurden zugedeckt und durch Reisplantagen ersetzt. Von einem Schlachtfeld ist nichts
mehr zu sehen
Hügel „Dominique“ mit seinen 319 Treppenstufen
Ausblick vom Top nach Westen, Süden und Norden
Etwa einen Kilometer südlich von „Dominique“ befindet sich der Hügel „A1 – Eliane“. Von den
insgesamt 49 französischen Militärstützpunkten im Tal von Dien Bien Phu wurde „Eliane“ die
als stärkste ausgebaute Befestigungsanlage betrachtet.
Angriff der Vietminh auf „Eliane“: die Explosion von 970 Kg Dynamit hinterliess diesen Krater
Französisches und vietnamesisches Kriegsmaterial
Gleich nebenan befindet sich der vietnamesische Friedhof. Die Vietminh beklagten rund 20‘000 Opfer
Noong Nhai Memorial zu Ehren der 444 Einwohner die am 25. Mai 1954 durch eine französische Bombe
getötet wurden
Einen Tag nach der Kapitulation der Franzosen fällt auch die letzte Bastion der Franzosen „Isabelle“
Französisches Kriegsmemorial
In der Schlacht um Dien Bien Phu standen auf französischer Seite rund 20.000 Soldaten im
Einsatz. Ein grosser Teil davon waren Senegalesen und Nordafrikaner sowie Truppen der
Fremdenlegion. Diese bestand hauptsächlich aus Soldaten der Wehrmacht und der SS, welche
dem Ruf der Legion in den französischen Kriegsgefangenenlagern in den besetzten Gebieten
folgten. Es wurde ihnen eine neue Heimat, eine neue Identität, ein neues Vaterland oder auch
nur das blosse Abenteuer versprochen. Ganze Einheiten gehen geschlossen in die Legion über.
Männer, die soeben noch gegen die Franzosen kämpften. Die Verluste sind gross. Rund 8.200
Soldaten auf französischer Seite werden getötet oder vermisst. Nach der Kapitulation geraten
ca. 10.300 in die Gefangenschaft. Nur 3.290 werden überleben.
Gleich um die Ecke befindet sich das Hauptquartier von Oberst Christian de Castries
Am 7. Mai 1954 um 17.30 Uhr kapitulierten die Franzosen - Im Innern des Bunkers
Französisches Kriegsmaterial in der Umgebung des HQ von de Castries
Muong Thang Brücke: Links neben der Brücke stand der Bunker von Artilleriekommandant Charles Piroth
Fast unbemerkt steht hinter dem Markt das Denkmal zu Ehren von Piroth. Der ausweglosen Situation
bewusst, beging dieser in seinem Bunker Selbstmord
Vom Besuch General Giap‘s Hauptquartier in den Bergen rund 40 Kilometer nordöstlich von
Dien Bien Phu hatte ich mir ebenfalls mehr erhofft. Herr Van Minh, fährt mich dahin. Ausser
einigen Bambushütten und einem 69 m langen Tunnel der die HQ’s von General Giap und
General Van Thai verbindet, gibt es nichts Spezielles zu sehen. Um 10 Uhr sind wir bereits
wieder in Dien Bien Phu zurück.
Fahrt ins Hauptquartier von General Giap mit Herrn Minh
Zum 55. Jubiläum des Sieges über die Franzosen wurde im Dorf ein Monument errichtet
Mount Puttuot: General Giap plazierte auf dem Berg Beobachtungsposten von wo aus die Vietminhs mit
Feldstechern die Stellungen der Franzosen im Tal beobachteten
Weg ins HQ von General Giap
Ein 69 m langer Tunnel verbindet die HQ’s von General Giap und General van Thai
Artilleriestellungen H6 und 105 der Vietminh in der Umgebung von Dien Bien Phu
Obwohl die Verständigung auch mit Herr Van Minh mühsam ist, verstehen wir uns recht gut.
Es kommt sofort Sympathie auf. Nach dem Ausflug zu General Giap‘s HQ glaube ich
verstanden zu haben, dass er mich am Nachmittag zu einem Kaffee einlädt. Grund dafür hätte
er schon, denn er hat für diesen Ausflug ein fürstliches Trinkgeld erhalten. Er erzählt mir, so
gut es geht, über sich und seine Familie. Er war Sportlehrer. Seine Frau wohnt in Hanoi. Stolz
zeigt er mir ihr Foto. Er gehört zum Stamm der Tai’s, eine ethische Minderheit in Vietnam, die
während des Krieges loyale Verbündete Frankreichs waren. Er erzählt mir von seinem Vater
der als Signalhornbläser im Dienste der Franzosen stand. Wir tauschen E-Mail Adressen aus.
Als es ums Bezahlen geht, berappe ich die Rechnung. Etwas anderes wäre wohl auch eine
Überraschung gewesen.
Zwei Tage würden für einen Besuch von Dien Bien Phu völlig genügen. Bis zu meinem Rückflug
nach Hanoi muss ich mich aber noch zwei weitere Tage herumschlagen. Zum Entsetzen, wohl
auch Unverständnis der mir ständig auflauernden Mofa-Taxifahrer, werde ich heute die Stadt
auf eigene Faust besichtigen. Die verschiedenen Sehenswürdigkeiten kann man aber ohne
weiteres zu Fuss besuchen, sollte dazu aber nicht um die Mittagszeit starten. Die Hitze ist
mörderisch. Als guter Orientierungspunkt gilt der Hügel „Dominique“ mit seiner grossen,
zwanzig Tonnen schweren Bronzestatue. Die 319 Treppen hinauf sind recht anstrengend, zur
Belohnung gibt es aber einen schönen Rundblick auf die Stadt und die umliegenden Berge.
Etwa einen Kilometer südlich befindet sich “Eliane”. An den Souvenirs Verkaufsständen
werden „Piastre de commerce“, alte französische Geldmünzen als Souvenirs verkauft. Wer es
noch nicht weiss, es sind Fälschungen. Von „Eliane“ ist es nicht weit zum französischen
Kriegsdenkmal und dem HQ von de Castries. In der naheliegenden Umgebung liegen einzelne
französische Tanks und Artillerie verstreut. Um die Ecke, nur etwa dreihundert Meter weiter,
ist die alte französische Brücke. Hier stand das Hauptquartier von Artilleriekommandant
Piroth. Damit wäre die Besichtigungstour abgeschlossen. Einige Kilometer südlich befinden
sich noch „Isabelle“ und das „Noong Nhai“ Memorial, welches an die 444 Opfer einer
französischen Bombe erinnern.
Auf dem Rückweg ins Gästehaus, entdecke ich ein nettes kleines Cafe-Restaurant. Das
Angebot auf der Tafel lautet verlockend: Sandwich und Deutsche Wurst mit Brot. Dies wäre
doch mal eine willkommene Abwechslung nach den Nudelsuppen und gebratenem Reis der
letzten Tage. Mit grosser Freude bestelle ich eine Deutsche Wurst. „No have – haben wir
nicht“. So gibt es erneut gebratener Reis mit Hühnerfleisch. Heute fliege ich nach Hanoi
zurück. Der Abflug ist erst um 16.00 Uhr. Ich steige nochmals die 319 Treppen zu „Dominique“
hinauf. An Sonntagen herrscht hier recht viel Betrieb. Vietnamesische Touristen aus nah und
fern kommen hierher um das Siegesdenkmal zu besuchen. Ein Erinnerungsfoto zusammen mit
einem Ausländer scheint sehr beliebt zu sein. Ich werde einige Male dazu gebeten. Ab und zu
kommt es sogar zu einem Gespräch.
„Where do you come from? – woher kommst du?“
“Aus der Schweiz”
„Ah, from Sweden?“
„Nein, from Switzerland, Uhren, Omega, Rolex, Schokolade, Roger Federer“
„Oh, I see, thank you“.
Siegesdenkmal auf „Dominique“
Victory monument auf „Dominique“
Herr Minh wird mich um 14.00 Uhr abholen und zum Flughafen fahren. Der ist eigentlich
gleich um die Ecke, aber damit kann er noch etwas verdienen. Mehr als 20‘000 Dong sollte die
kurze Fahrt ja nicht kosten und abzocken wird er mich sicher nicht. Inzwischen habe ich
dazugelernt und frage immer zuerst nach dem Preis. 100‘000 Dong! Ich bin geschockt, ja
enttäuscht. Wie kann er mir eine solche Summe verlangen, ich habe doch gedacht wir seien
Freunde. Ich bin doch etwas enttäuscht. Einmal mehr hat sich bewahrheitet, dass Du als
Reisender niemandem trauen kannst. Sorry Herr Minh, so nicht.
Airport Dien Bien Phu
Abflug in Dien Bien Phu mit Blick auf „Dominique“ – Eine Stunde später bin ich in Hanoi zurück
Obwohl es für den historisch interessierten Besucher in Dien Bien Phu eigentlich sehr wenig zu
sehen gab, hat sich der Besuch dennoch gelohnt. Ich kann mir jetzt ein umfangreicheres Bild
der damaligen Situation machen. Die Stadt Dien Bien Phu ist in einer Hinsicht auch einzigartig:
sie ist wohl die einzige Stadt auf der ganzen Welt, die auf einem Schlachtfeld erbaut wurde.
Weitere Vietnamreiseberichte findest Du unter der Rubrik „Mabuhay“
Nr. 9/10 Bangkok – Phnom Penh (Kambodscha) – Ho Chi Minh City – Hué
Nr. 16/17 Vientiane (Laos) – Hué – Hanoi – Halong Bay