Artikel Bauernzeitung 16.03.2012

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Artikel Bauernzeitung 16.03.2012
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B AUERN Z EITUNG
16. MÄRZ 2012
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Bis der Faden seidig glänzt
Seide / Ihr hochwertiger Faserstoff hat sie berühmt gemacht. Die Produkte der Seidenraupe sind aber auch in Kosmetik und Medizin gefragt.
DIERIKON ■ Das Ursprungsland
der Seide ist China. Einer Sage
nach soll die chinesische Kaiserin Si-Ling-Chi um 3000 vor
Christus aus Angst vor einer
Schlange auf einen Maulbeerbaum geklettert sein. Dort beobachtete sie, wie sich eine unscheinbare Raupe in einen glänzenden Faden wickelte.
Die Kaiserin dachte bei sich,
wie schön es doch wäre, sich
selbst in einen so prächtigen Faden einzuhüllen und beauftragte
ihre Gefolgsleute mit der Erforschung des Insekts.
Nicht nur als Stoff ist die Seide
für den Menschen nützlich. Das
Produkt der Raupen ist schon
lange in den Bereich der Hautpflege eingezogen und entfaltet
dort seine wohltuende Wirkung.
Seidenpuder
für eine feine Haut
Ein Kilogramm Seide
für ein Kilogramm Gold
So wurde Si-Ling-Chi durch
ihre Entdeckung zur Schutzherrin und Göttin der Seidenraupen. Es gelang, die Raupen zu
züchten und die Fäden zu wunderschönen Stoffen zu verspinnen. Der Stoff erfreute sich
schnell auch ausserhalb des
Reichs der Mitte grösster Beliebtheit und wurde im alten
Rom regelrecht mit Gold aufgewogen. Zu dieser Zeit kostete ein
Kilogramm Seide ein Kilogramm
Gold.
Um 300 n. Chr. wurde die
Seidenraupe auch in Japan und
Persien gezüchtet. Zweihundert
Jahre später sollen zwei Mönche
Raupeneier in ihren Wanderstäben aus China nach Byzanz, dem
heutigen Istanbul, geschmuggelt
haben, um sie dem Kaiser Justinian zu schenken. Aufgrund dieser Geschichte gilt Byzanz als die
Wiege der europäischen Seidenraupenzucht.
Rohseide ist optisch sehr stumpf und noppig. Grund dafür ist der teilweise noch vorhandene Seidenleim. Er ist auch für die gelbliche Färbung verant(Bild pixelio)
wortlich, die jedoch beim Kochen in Seifenlaufe, dem so genannten Entbasten, verschwindet.
300 000 Kopfbewegungen
für einen Kokon
Wie die Wolle gehört Seide
zu den tierischen Faserstoffen.
Doch im Unterschied zur Wolle
ist sie keine Faser, sondern ein
Faden, der bis zu 4000 Meter
Länge erreichen kann. Um diesen Faden zu erhalten, braucht
man den Maulbeerseidenspinner-Schmetterling.
Im Frühjahr, wenn die Blätter
des Weissen Maulbeerbaums
spriessen, schlüpfen die Raupen
aus den Eiern. Bei der heutigen,
kontrollierten Züchtung bebrüten die Züchter die Eier etwa zwei
Wochen lang in kleinen Brutkästen. Nach rund acht Tagen
schlüpfen die Raupen und fangen sofort an, Maulbeerbaumblätter zu fressen. Die Seidenraupen haben nach vier Wochen
Fressen ihr ausgewachsenes Stadium erreicht. Sie sind jetzt etwa
neun Zentimeter lang und zehntausendmal schwerer als zum
Zeitpunkt des Schlüpfens.
Die Raupen stellen jetzt die
Nahrungsaufnahme ein, klammern sich mit ihrem hinteren
Enzyme für die Medizin
Serrapeptidase ist ein Enzym, das
aus Seidenraupen gewonnen
wird. Es entwickelt sich zunehmend zu einer Alternative zu entzündungshemmenden Medikamenten. Die Serrapeptase kann
alles nicht lebende Gewebe, wie
etwa Blutverklumpungen, Zysten
und Ablagerungen in Arterien
Ende an einem Ast fest und beginnen, sich einzuspinnen. Den
Kokon bauen sie mit Hilfe zweier
länglicher Spinndrüsen. Diese
Drüsen produzieren ein Sekret,
das aus dem Maul in zwei Speichelfäden austritt, die zusammengeführt werden und sich zu
einem Seidenfaden verfestigen.
Um den Kokon zu bauen,
dreht die Raupe ihren Kopf in
Form einer Acht. Nach etwa
300 000 Kopfbewegungen und
drei bis vier Tagen ist sie in dem
auflösen und unterstützt die
Wundheilung. Weitere Einsatzgebiete des Enzyms können unter
anderem rheumatische Erkrankungen, entzündliche Darmerkrankungen, Infektionen und
Thrombosen sein. Die Wirksamkeit des Enzyms Serrapeptase ist
mit Studien belegt.
ah
Faden eingesponnen. Danach
schläft sie ein und verpuppt sich.
Nur wenige Schmetterlinge
dürfen schlüpfen
Nach zwei weiteren Wochen
schlüpft der fertige Schmetterling
aus seiner Behausung. Um sich
aus dem Kokon zu befreien,
sondert die Schmetterlingspuppe mit ihrem Speichel das
Enzym Serrapeptidase ab, das die
Fadenschichten aufweicht und
zerreisst.
Produktion in der Schweiz
Die Seidenproduktion hat in der
Schweiz eine lange Tradition. Im
Tessin war die Seidenraupenzucht bis ins 19. Jahrhundert ein
wichtiger Wirtschaftszweig. Mitte des 19. Jahrhunderts vernichtete die so genannte Fleckenkrankheit die Seidenraupen in
ganz Europa.
Will der Züchter jedoch die
hochwertige Seide erhalten,
muss er das Zerreissen des Fadens verhindern, denn er würde
sonst wertlos werden. Daher lässt
er nur wenige Schmetterlinge
schlüpfen, die eine Lebensdauer
von etwa zwei Wochen haben.
Alle anderen Kokons, deren
Schmetterlinge nicht zur Weiterzüchtung benutzt werden, werden mit Heissluft oder kochendem Wasser behandelt, so dass
die Raupen dabei abgetötet wer-
Im Jahr 2009 ist die Vereinigung
Schweizer Seidenproduzenten
«swiss silk» gegründet worden.
Sie will die Schweizer Seidenproduktion wieder beleben und damit auch ein Nebeneinkommen in
der Landwirtschaft schaffen. ah
[www] www.swiss-silk.ch
den. Dann wird der Kokon gebürstet, um den Anfang des Fadens zu finden und die Seide abzuhaspeln. Dieser Faden wird
auf eine Haspel gewickelt, und
man erhält die Rohseide, die
noch von Sericin, dem Seidenleim, umgeben ist. Beim so genannten Entbasten wird der
Leim durch das Eintauchen in
eine heisse Seifenlösung entfernt und man erhält einen glänzenden Seidenfaden, mit dem
der Seidenstoff gewebt wird.
Wieder einmal waren die östlichen Länder die Vorreiter: Seidenpuder wird in China schon
seit vielen Hundert Jahren bei
Hautproblemen eingesetzt. Aus
der indischen Ayurveda-Lehre
kommt Garshan, ein sanftes Peeling mit einem Handschuh aus
Rohseide, das die Durchblutung
der Haut steigern und die Poren
verfeinern soll.
Dass die Seide in die modernen Kosmetikprodukte einzog,
ist einem Zufall zu verdanken,
der sich in den 1930er-Jahren in
Japan ereignete: In einer Seidenfabrik in Tokio bemerkte der Unternehmer, dass alle seine Mitarbeiterinnen in der Fertigung
ausnahmslos zarte, weiche Hände hatten. Ihm war eigentlich
schon von Anfang an klar, dass
dies etwas mit dem Produkt zu
tun haben musste, das die Frauen tagtäglich in ihren Händen
hielten: dem Seidenrohstoff. Er
hatte daraufhin die Idee, aus den
Bestandteilen des Kokons Pflegeprodukte herzustellen, und
somit war die erste Seidenkosmetik geboren, die unter den
Verbrauchern riesigen Anklang
fand.
Seidenkosmetik kann eine
Wohltat für die Haut sein, denn
sie enthält Fibroine. Das sind
spezielle Eiweisse, die denen der
menschlichen Haut sehr ähnlich
sind. Seidenwirkstoffe sollen
auch einen gewissen Schutz gegen UV-Strahlung gewährleisten.
Die Fibroine sind es auch, die
Seide zu einem angenehmen
Stoff auf der Haut machen. Seide
wirkt hautberuhigend, temperaturausgleichend und leitetFeuchtigkeit schnell weiter. Man sagt
unbehandelter Seide eine heilsame und entzündungshemmende Wirkung nach, und gerade
für Menschen mit empfindlicher
Haut ist diese Faser besonders zu
empfehlen.
Annelis Häcki
Die Autorin ist Mitglied
der Redaktionskommission des
Schweizerischen Bäuerinnenund Landfrauenverbands
(SBLV)
NEUES AUS DEM SCHWEIZERISCHEN BÄUERINNEN- UND LANDFRAUENVERBAND (SBLV)
rauenrechte: SBLV-Präsidentin
FChristine
Bühler hat an der 54.
CSW-Session in New York teilgenommen. Der internationale UnoKongress zum Thema «Die Rolle
der Frau im ländlichen Raum» dauerte vom 27. Februar bis 9. März
2012. Der Inhalt der Resolution
folgt.
An der DelegiertenverW
sammlung im April 2012 wird für
ahlen:
Elsbeth Enderlin, Bühler, neu
Ursula Egli, Rossrüti, für den Vorstand vorgeschlagen. Vorstandsfrau Marianne Jungo, Schmitten,
wird auch zurücktreten. Vreny
Schilter, Rickenbach, soll die
Nachfolgerin von Rechnungsrevisorin Therese Büeler, Küssnacht,
werden. Als neue Mitglieder der
Präsidentinnenkonferenz werden
vorgeschlagen: Sylvia Sahli, Jura
bernois, Madlen Barmettler-Gut,
Nidwalden, Rahel Brütsch, Schaffhausen, und Corinne Gerber, Jura.
Ihr Amt werden die Kantonalpräsidentinnen Patricia Läser, Genf,
Annemarie Hämmerli, Jura bernois, Maja Werner, Schaffhausen,
Dominique Bory, Waadt, und Judith Odermatt, Nidwalden, abgeben. In die Kommission Familienund Sozialpolitik wurde mit Gisela
Favre-Leuenberger, Belmont, ein
Mitglied aus der Romandie gewählt. Ruth Frei, Präsidentin der
Kommission für Agrarpolitik, erklärte die bisherige Arbeit und das
weitere Vorgehen des SBLV betreffend der Agrarpolitik 2014/17.
herausgegeben vom Kochbuchverlag Culinea, feiert an der DV
am 24. April in Cham Vernissage.
Es ist zum Vorzugspreis von 35
Franken zu beziehen. Mehr Infos
unter www.landfrauen.ch.
Jresrechnung 2011 DieschlossSBLV-JahA
positiv Ziel,
ahresrechnung:
ab und wurde für die Beschlussfassung an der Delegiertenversammlung (DV) genehmigt.
KKochbuch» Dasmit neue
«Landfrauen
120 saisonalen
ochbuch:
Rezepten und weiteren Highlights,
lltagskompetenzen: Mit
dem
die Wichtigkeit der Alltagskompetenzen zu erkennen
und die Anliegen des SBLV ernst
zu nehmen, wird an die Vorsteherinnen und Vorsteher der kantonalen Bildungsdepartemente
der deutschen Schweiz ein Brief
mit Fragen gesandt. Die Regierungs- und Staatsräte werden
um eine schriftliche Antwort gebeten.
Das 6-LänSder-Treffen der deutschsprachigen
G
Das Projekt «Gesund essen – wir wissen wie» und
Bäuerinnen- und Landfrauenverbände (Deutschland, Liechtenstein, Österreich, Luxemburg und
Südtirol) wird dieses Jahr vom 5.
bis 7. September in der Schweiz
durchgeführt.
esund essen:
die Produkttage werden fortgesetzt. Projektleiterin Silvia Amaudruz erinnerte an den Internetauftritt mit Rezepten: www.landwirtschaft.ch/ernährung.
V2012
erbandsreise: Die SBLV-Reise
führt in die Normandie.
Sie findet statt vom 20. bis
24. August und vom 26. bis
30. August.
echs-Länder-Treffen:
A
An der Olma in St.
Gallen, die vom 11. bis 21. Oktober
usstellung:
stattfindet, ist unter dem Titel
«Fensterblicke – Bäuerinnen machen Kunst» eine Ausstellung mit
rund 30 Künstlerinnen aus der
ganzen Schweiz geplant.
SBLV