„Disc-Elektrophorese “von löslichen Pflanzenproteinen

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„Disc-Elektrophorese “von löslichen Pflanzenproteinen
„Disc-Elektrophorese“ von löslichen Pflanzenproteinen
J.
B
e se m e r
und H.
C
la u ss
Pflanzenphysiologisches Institut der Freien Universität Berlin
(Z . Naturforsch. 23 b, 707— 716 [1968]; eingegangen am 31. August 1967)
The soluble proteins from tissues of chicory roots and pea seedlings were analysed by disc
electrophoresis.
In extracts of chicory root tissue 19 proteins were found by staining with amido-blaek, also up
to 10 esterases, 4 to 5 phosphatases, 1 to 2 glutamic dehydrogenases (G D H ) and one leucinaminopeptidase. The amount of the particular proteins and the activities of the main esterases and the
G D H could be determined quantitatively.
Reproducible separations of the proteins from chicory root and pea seedlings could be obtained
only when the extraction medium contained mercaptoethanol (M A ) besides polyvinylpyrrolidone
or polyethylenglykol. While chicory extracts gave good separations without further treatments,
extracts of pea tissue have to be dialysed in the presence of M A to split all existing protein
complexes. It then became evident that pherograms of pea root tissues of different ages (in a
distance of 1 to 6 mm from the apex) are nearly identical concerning the non-specific proteins
stained with amido-black. Also the zymograms of malate dehydrogenase are identical for all root
tissues. In contrast, some peroxidases appear only in older root cells.
Seit der Einführung von Stärke als Trägermate­
rial für die Zonenelektrophorese 1 hat der Gebrauch
gelierender Agenzien zur Stabilisierung des Elektro­
phoresemediums weitreichende Anwendung bei der
Analyse von Eiweißmischungen gefunden 2’ 3.
Bei der von O rnstein 4> 5 und D avis 6> 7 entwickel­
ten „Disc-Elektrophorese“ dient Polyacrylamid als
Träger, das den großen Vorteil gegenüber Stärke
hat, daß seine Konzentration, und damit auch die
für die Siebung der Proteine wichtige Porengröße,
in weiten Grenzen variiert werden kann.
Mit dieser, besonders gut auflösenden Form der
Elektrophorese, können in Pflanzenextrakten im all­
gemeinen 20 — 30 Proteinbanden nachgewiesen wer­
den, und es hat sich gezeigt, daß unter standardi­
sierten Bedingungen die Auftrennungen ein- und
desselben Proteingemisches vollständig reproduzier­
bar sind 8.
1 O . S m ith ie s , Biochem. J. 61, 629 [1955].
2 F . N. F u e n e s s (Edit.), Multiple Molecular Forms of En­
zymes, Ann. N.Y . Acad. Sei. 94, 655 [1961].
3 H. E. W h ip p le (Edit.), Gel Electrophoresis, Ann. N.Y.
Acad. Sei. 121, 305 [1964].
4 L. O r n s t e in , Disc Electrophoresis, Part I, Preprinted by
Distillation Products Industries, Rochester (1961).
5 L. O r n s t e in , Ann. N. Y . Acad. Sei. 121, 321 [1964].
6 B . J . D a v is , Disc Electrophoresis, Part II, Preprinted by
Distillation Products Industries, Rochester (1961).
7 B . J . D a v is , Ann. N . Y . Acad. Sei. 121, 404 [1964].
8 F. C . S t e w a r d u . J. T. B a r b e r , Ann. N. Y. Acad. S e i. 121,
525 [1964].
9 L. B eckm an , J. G. S c a n d a lio s u . J. L. B r e w b a k e r , Science
[Washington] 146, 1174 [1964].
10 C . B. C o u ls o n u . A. K. Sim, Nature [London] 202, 1305
[1964].
Die Gel-elektrophoretische Methode wurde in der
Botanik bisher insbesondere von den angewandten
Richtungen zur Lösung genetischer und phylogene­
tischer Fragen9-14, aber auch zur Klärung entwick­
lungsphysiologischer Probleme eingesetzt15-19.
Die Möglichkeit, sehr kleine Unterschiede in der
elektrophoretischen Beweglichkeit der Proteine in
Gelen aufzulösen, macht andererseits die Interpreta­
tion der Ergebnisse außerordentlich schwer.
Nicht selten wurden Unterschiede in den Elektropherogrammen mit biologischen Unterschieden der
untersuchten Objekte gleichgesetzt16,18,19. Doch be­
vor
derartige
Schlußfolgerungen
gezogen
werden
können, müssen viele andere Faktoren berücksich­
tigt werden. Die Verteilung der Proteine auf den
Elektrophoresegelen kann durch zahlreiche äußere
Einflüsse verändert werden, wie z. B. durch die Ex11 B. J. Johnson u . O . H a l l , Amer. J . Bot. 52, 506 [1965].
12 M . P . Tom bs, Biochem. J. 96, 119 [1965].
13 S. L . D e s b o ro u g h
[1965].
14 S. L . D e s b o r o u g h
[1966].
u.
u.
S. J. P elc h ju in , Amer. J. Bot. 52, 626
S. J. P e lo q u in , Amer. J . Bot. 53, 618
u . J. M . W a r d , Nature [London] 198, 389
[1963].
F. C. S t e w a r d , R. F. L y n d o n u . J. T . B a r b e r , Amer. J. Bot.
52, 155 [1965].
T . C. S p e ls b e r g u . I. V. S a r k is s ia n , Amer. J. Bot. 53, 606
[1966].
R. O c k e r s e , B . Z . S i e g e l u . A. W . G a ls t o n , Science [W ash­
ington] 151,452 [1966].
R. O . M o r r i s , Biochim. biophysica Acta [Amsterdam] 127,
273 [1966].
15 M . H . Z e l d i n
16
17
18
19
Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung
in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der
Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:
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traktionsmethode, die Elektrophorese-Bedingungen
und die Gelbeschaffenheit20, 21.
Dieses letzte Problem wird in der vorliegenden
Arbeit behandelt.
Material und Methode
Versuchsmaterial waren Kambiumstücke — mit
Phloem- und Xylemparenchym — aus den Rüben von
Cichorium intybus (var. Zwaans Edeloof) und Gewebe
aus Erbsenkeimlingen. Die Erbsen ( Pisum sativum,
Sorte Alaska, Asgrow Seed Company) wuchsen drei
Tage in Vermiculite im Dunkeln bei 25 °C, ehe die
ersten sechs 1 mm langen Wurzelsegmente (Abschnitte
1 —6), die übrige Wurzel (7 ), Epikotyl (8), Plumula
(9) und Kotyledonen (10) auf ihre Proteingarnitur
hin untersucht wurden 16.
Extraktion der Proteine: Die Proteine der Cichoriengewebe wurden aus gefriergetrocknetem, die Erbsen­
proteine aus frischem Material extrahiert. Kontrollversuche zeigten, daß die Gefriertrocknung keinen Ein­
fluß auf die elektrophoretische Verteilung der Cicho­
rienproteine hat.
Für die Extraktion wurde der jeweilige Puffer des
„spacer“ -Gels der Disc-Elektrophorese benutzt: für
anionische Auftrennungen nach Ornstein 4> 5 und
Davis 6>7 Tris-Phosphat pH 6,9 (32 mM H3P 0 4) und
für kationische Auftrennungen 22 KOH-Glycin pH 10,3
(60 mM K O H ). Er enthielt zusätzlich 20% Saccharose
und 5% Polyvinylpyrrolidon (P V P ) (Cichorie) oder
1% Polyäthylenglykol M G 20 000 (PÄG )
(Erbse).
PV P und PÄG sollten die Proteindenaturierung ver­
hindern, die durch Polyphenolasen oder Gerbstoffe her­
vorgerufen wird 23~ 27.
Das Verhältnis Gewebe/Extraktionsmedium wurde so
gewählt, daß 0,1 ml Extrakt ca. 200 /ug Protein enthiel­
ten. Die Gewebe wurden in Mörsern zerrieben, der Ge­
webebrei in Korbzentrifugenbechern 30 min bei 30 000 g
in der Kälte zentrifugiert, und die Proteine des Extrak­
tes entweder sofort aufgetrennt, oder durch Dialyse in
Visking-Schläuchen gegen den jeweils verwendeten Puf­
fer gereinigt. Im letzteren Falle wurde zur Extraktion
die doppelte Menge an Puffer benutzt, der Extrakt zwi­
schen zwei Dialysezeiten mit aquacide II (Calbiochem)
auf die Hälfte eingeengt und anschließend durch Zen­
trifugation bei 30 000 g vom ausgefallenen Eiweiß be­
freit. Pro Röhrchen wurden 170 —180 /ug Protein auf­
20 E. S. V e s e ll
u . I. A . Brody, Ann.
N . Y . A cad. Sei. 121,
544 [1964].
21 C. P o lt e r , Z. Naturforschg. 22 b, 340 [1967].
22 M itteilung der C anal Industrial Corporation (C a n a lc o ),
Bethesda.
23 J. D. Jones, A . C. Hulme u . L . S. C. W ooltorton, Phytochem.
4, 659 [1965].
24 R. E. Young, A rd i. Biochem. 111, 174 [1965].
25 A . M . Badran u . D. E. Jones, N ature [L o n d o n ]
[1965].
26 I. R. L . W a lk e r
u
.
206, 622
A . C. Hulme, Phytochem. 4, 677 [1965] .
getrennt. Die Proteinbestimmung erfolgte im K j e 1 d a h 1- Aufschluß des mit 10-proz. TCE gefällten Nie­
derschlags mit NEssLER-Reagenz28.
Auftrennung und Färbung der Proteine: Die Poly­
acrylamidgele („running-gel“ , „spacer-gel“ ) wurden
nach der Vorschrift von Davis 6 (anionisches System
pH 8,9) bzw. nach den Angaben der Canalco 22 (katio­
nisches System pH 6,6) hergestellt. Der Proteinextrakt
wurde jedoch nicht mit dem „sample-gel“ zusammen
polymerisiert, — Pflanzenextrakte verhindern häufig
die Polymerisation des Acrylamids — sondern mit zwei
Teilen einer Sephadex G-200-Puffer-Saccharose-Mischung auf das „spacer-gel“ aufgetragen 29.
Die Elektrophorese im anionischen Gel wurde bei
4 °C bei einer Stromstärke von 2 mA pro Röhrchen
durchgeführt und solange fortgesetzt, bis die Ionen­
front 27 mm in das „running-gel“ eingewandert war.
Im kationischen Gel betrug die Elektrophoresezeit drei
Stdn. bei einer Spannung von 200 Volt.
Anschließend kamen die Gele zur Fixierung und
Anfärbung der unspezifischen Proteine mindestens
12 Stdn. in eine 1-proz. Lösung von Amidoschwarz
10B in 7-proz. Essigsäure. Der überschüssige, nicht an
Proteine gebundene, Farbstoff wurde elektrophoretisch
mit 10 mA pro Röhrchen bei inverser Stellung der Gele
in 7-proz. Essigsäure entfernt.
Esterasen wurden mit a-Naphthylacetat und Fast
Blue RR 30, Phosphatasen (pH 5) mit a-Naphthylphosphat und Fast-Garnet GBC 31* 32, Leucinaminopeptidase
(L A P ) mit L-Leucyl-/?-Naphthylamid-HCl und Naph­
thanil Diazo Blue B 31, Glutaminsäure- (GDH) und
Malat-Dehydrogenase (MDH) mit Nitroblautetrazolium 31* 33 und Peroxydase mit Benzidin 31 angefärbt.
Die Inkubationszeit betrug für Phosphatasen und Per­
oxydasen 12 Stdn. bei 4 °C, für LA P, GDH und MDH
1 Stde., für Esterasen 25 min, jeweils bei 25 °C. Die
Medien für alle Enzyme wurden während der Inkuba­
tion öfters gewechselt.
Quantitative Auswertung der Elektropherogramme:
Zur quantitativen Auswertung der Elektropherogramme
diente das für die Disc-Elektrophorese eingerichtete
Densitometer der Photovolt Corp. N. Y. mit automati­
schem Integrator. Die unspezifischen Proteine wurden
bei 610 nm, die Dehydrogenasen bei 505 nm und die
Esterasen bei 485 nm registriert, während die Messung
der Phosphatasen und Peroxydasen ohne vorgeschalte­
tes Filter erfolgte.
27 W . D. L oomis u . J. B attaile , Phytochem. 5, 423 [1966].
28 R. A . C leghorn u . L . Jendrassik, Biochem. Z. 274, 189
[1934].
29 J. B roome, Nature [London] 199, 179 [1963].
30 D. L. M arkert u . R. L. H unter, J. Histochem. Cytochem.
7, 42 [1959].
31 A . G. E. P earse, Histochemistry, Theoretical and Applied,
J. u. A . Churchill Ltd., London 1961.
32 T. B arka , J. Histochem. Cytochem. 9, 542 [1961].
33 J. H. F ine u. L. A . C ostello, Methods in Enzymology 6,
958 [1963].
Ergebnisse
A ) A u f trennung der löslichen Proteine
veränderten sich. Es gelang demnach nicht, alle P ro ­
teine vollständig aus dem Polyacrylamidgel zu
eluieren (Abb. 1).
aus Cichoriengewebe
Klare und reproduzierbare Auftrennungen der Ci­
chorienproteine gelangen nur dann, wenn das Ex­
traktionsmedium Mercaptoäthanol (M A , 0,01-m.)
enthielt. M A stabilisiert die freien SH-Gruppen der
Proteine und hemmt die Polyphenoloxydasen, deren
Aktivität für das Zusammentreten von Proteinen
und damit für die unklaren Auftrennungen verant­
wortlich zu sein scheint.
Aus Cichorienextrakten mit M A konnten mit der
Disc-Elektrophorese 19 Proteinbanden getrennt wer­
den, deren Wanderungsgeschwindigkeiten bei ver­
schiedenen Rüben verhältnismäßig konstant waren,
deren relative Konzentrationen aber variierten. Auf
eine Dialyse der Cichorienextrakte konnte verzichtet
werden, da die Rohextrakte gleich gute, meist jedoch
klarere Elektropherogramme lieferten als die gerei­
nigten.
Über die Natur der 19 verschiedenen Proteinban­
den aus Cichoriengeweben kann nach einer einfachen
Auftrennung und Färbung mit Amidoschwarz nichts
ausgesagt werden. Es wäre möglich, daß verschiede­
nen Banden ein- und dasselbe Protein zugrundeliegt,
das in verschiedenen Aggregationsstufen vorhanden
ist. Um das zu überprüfen, wurden die einmal auf­
getrennten Proteine aus den in flüssigem Stickstoff
zerkleinerten Polyacrylamidgelen über Nacht eluiert,
anschließend dialysiert und erneut unter gleichen
Bedingungen in dem normalen 7,5-proz., und einem
15-proz. Gel aufgetrennt. Durch den stärkeren Sieb­
effekt des letzteren ist zu erwarten, daß Protein­
aggregate weiter aufspalten.
Die Anzahl und Verteilung der Banden blieb nach
zweimaliger Elektrophorese erhalten. Das kann als
ein Hinweis dafür gelten, daß die 19 Proteinbanden
der Cichorie heterogen sind34. Nur die mit der
Anionenfront laufende Sammelbande niedermoleku­
larer Proteine spaltete im 15-proz., in geringerem
Maße auch im 7,5-proz. Gel bei der erneuten elek­
trophoretischen Auftrennung in zwei Fraktionen
auf. Ihre Wanderungsgeschwindigkeit vergrößerte
sich, wodurch die Rf- Werte aller anderen Banden
kleiner wurden. Auch die relativen Konzentrationen
34 J. R. C a n n
[1964].
u
.
W . B.
G
oad,
Arch. Biochemistry 108, 171
Abb. 1. Zweifache elektrophoretische Auftrennung der lös­
lichen Proteine des Cichoriengewebes in 7,5-proz. (a — d)
und 15-proz. (e — g) Gelen, a: erste Auftrennung, b — g:
zweite Auftrennung. In b und e wurden alle Proteine von
1 — 19, in c und f die Proteine 9 — 19, in d und g die Proteine
1 — 8 erneut aufgetrennt.
Die Färbung der Cichorienproteine mit Am ido­
schwarz kann zu deren quantitativen Bestimmung
herangezogen werden (Tab. 1, Abb. 2 ). Für die
Werte in Tab. 1 wurden die Flächen unter den M a­
xima der Densitometerkurven mit H ilfe der vergrö­
ßerten Photos der Elektropherogramme umgrenzt
(Abb. 2 ). Dieses Verfahren ist ungenau und mit
großen subjektiven Fehlern behaftet. Es mußten da­
her mehrere Zählungen an Parallelauftrennungen
gemacht werden, um zuverlässige Werte zu erhalten.
aufgetrennte
Eiweißmenge
Proteinbande
Nr.
1
2
3+4
5+ 6
7
9
10
11/12
13
14
15
16
Gesamtfläche
A
B
B
170 /ug
85 |Mg
A
= 0,50
Flächen unter den Maxima
(Zahl der vom Integrator
aufgezeichneten Striche,
Abb. 2)
16
6
20
50
32
36
36
29
31
29
18
10
641
7
3
9
24
17
20
19
13
17
17
9
5
339
0,44
0,50
0,45
0,48
0,53
0,56
0,53
0,45
0,55
0,59
0,50
0,50
0,53
Tab. 1. Quantitative Bestimmung der einzelnen Cichorien­
proteine. Mittelwerte aus drei (170 [Mg) und zwei (85 jug)
Auftrennungen.
iH ]
In den Extrakten einiger Cichorienrüben konnten
10 verschiedene Banden mit Esterasenaktivität ge­
funden werden, meist waren es jedoch weniger
(Abb. 3 ). Der Nachweis, daß es sich dabei vorwie­
gend um individuelle Enzyme handelte, und nicht
um Anlagerungsprodukte, gelang dadurch, daß die
einzelnen Banden auf verschiedene Substrate und
den Hemmstoff der Cholinesterase, dem Eserin,
unterschiedlich reagierten. Die Esterasenbande E 9
wurde durch diesen Hemmstoff stärker unterdrückt
als die übrigen Esterasen, und nur die Banden E 6
und E 7 spalteten das Substrat Naphthyl-AS-D-Acetat31,35. Die Esterase E 6 scheint darüberhinaus
mit der einzigen LAP-Bande identisch zu sein, die in
Cichorienextrakten nachgewiesen werden konnte
(Abb. 3 ). Die Esterasenbanden E l , E 2 und E 3
und die Proteinbanden 2, 3 und 4 haben dieselben
R f Werte und sind wahrscheinlich miteinander iden­
tisch, während die schwachen, nicht immer sicht­
baren Banden E 4 und E 5 dagegen nur Anlagerun­
gen von Esterasen an die Proteinbanden 5 und 6 zu
sein scheinen.
-
O .O -i
19
(P h 5 )
0. 2 E10
O .U -
E9
E8
15
1
Ph3
E7
0. 6 -
E6
E5
EU
0.8
E3
E2
Ph-I 77/7
E *1
Abb. 2. Densitometrie und quantitative Bestimmung der lös­
lichen Proteine aus Cichoriengewebe, a: 170 /ug, b : 85 /ug
Protein. Die Zahlen bezeichnen die Proteine, deren Konzen­
trationen bestimmt wurden (vgl. Tab. 1).
M it histochemischen Methoden konnten auf den
Polyacrylamidgelen Esterasen, Phosphatasen, Glut­
aminsäuredehydrogenasen (G D H ) sowie eine Leucinaminopeptidase nachgewiesen werden. Alle ge­
nannten Enzyme ließen sich wieder nur dann repro­
duzierbar auftrennen, wenn das Extraktionsmedium
Mercaptoäthanol enthielt. Für die Elektrophorese
der Phosphatasen wurde, an Stelle des Tris-Phosphat-Puffers, Tris-HCl (pH 6,9; 60 mM H Cl) für
Sephadex, „spacer-gel“ und Extraktion benutzt.
+ *1.0-1
Abb. 3. Elektropherogramme der Cichorienextrakte, a : un­
spezifische Esterasen, Substrat: a-Naphthylacetat; b : Ester­
asen, Substrat: Naphthyl-AS-D-Acetat; c: Leucinaminopeptidase; d: unspezifische Phosphatasen (pH 5) ; e: Glut­
aminsäuredehydrogenasen; f : unspezifische, mit Amidoschwarz
angefärbte Proteine.
Die Anzahl und die Verteilung der Esterasen ver­
änderte sich auch bei zweimaliger Auftrennung in
7,5- und 15-proz. Gelen nicht.
Die Menge des von den Esterasen aus cx-Naphthylacetat und Fast-Blue RR gebildeten Diazofarbstoffes
aufgetrennte
Eiweißmenge
Esterasen Nr.
A
100 /ug
B
75 /ug
C
50 /ug
Flächen unter den Maxima,
konstruiert nach P e d e r s e n 36,
beredinet nach H ö x t e r u. M u n g i o l i
war der aufgetrennten Proteinmenge proportional.
Die Aktivitäten der Esterasenbanden können dem­
nach quantitativ gemessen werden (Tab. 2, Abb. 4 ).
Von den drei bis vier Phosphatasen korrespon­
37
diert die am weitesten laufende Bande Ph 1 mit den
E 1
E 2
E 1
E 2
599 mm2
715 mm2
B / A = 0,75
0,78
0,81
466 mm2
576 mm2
C /A = 0,50i
0,56
0,56
336 mm2
401 mm2
C / B = 0,67
0,72
0,70
Tab. 2. Quantitative Bestimmung der Esterasenbanden E 1
und E 2, vgl. Abb. 4.
Esterasenbanden E 1 + E 2 + E 3 ( R f =
0,79), und
die vierte Bande Ph 4 mit der Proteinbande 14 (R f
= 0,31). Nur die Bande Ph 3 liegt isoliert ( R f =
0,43). Oberhalb des Rf- Wertes von 0,25 ist die
Phosphatasenaktivität nicht mehr in einzelnen Ban­
den lokalisiert (P h 5 ), (Abb. 3 ). Die Aktivität der
Phosphatasen konnte erst nach längerer Inkubations­
zeit nachgewiesen werden ( ^ 1 Stde.), und die ein­
zelnen Banden wurden zu verschiedenen Zeiten auf
den Gelen sichtbar. Die Bande Ph 1 erschien erst,
nachdem die Färbung bei Ph 4 nahezu voll aus­
entwickelt war. Dieses unterschiedliche Verhalten
ist wahrscheinlich der Grund dafür, warum es nicht
gelang, die Proportionalität zwischen PhosphatasenAktivität und der aufgetrennten Proteinmenge für
die einzelnen Banden exakt nachzuweisen.
Die GDH war meist nur mit einer Bande vertre­
ten, die wenig weit wanderte ( R f = 0,15). In selte­
nen Fällen war jedoch noch eine zweite Bande mit
dem i?f-Wert von 0,32 zu erkennen (Abb. 3 ). Bei
einem Verhältnis der aufgetrennten Eiweißmengen
von 85 /ug/170 /ug = 0,50 betrug das Verhältnis der
vom Densitometer gemessenen Aktivitäten der lang­
sam laufenden GDH-Bande 9/18 = 0,50.
B) Auftrennen der löslichen Proteine aus E rbsen­
geweben
Abb. 4. Densitometrie und quantitative Bestimmung der
Esterasen von Cichorium. Die G a u ß sehen Kurven wurden
nach der Methode von P e d e r s e n 36 konstruiert, a: 100 fxg,
b : 75 /ug Protein, vgl. Tab. 2.
35 K.-G. A u g u s t in s s o n , Ann. N. Y. Acad. S e i . 94, 844 [1961].
36 T. S v e d b e r g u. K. 0. P e d e r s e n , The Ultracentrifuge, Oxford
University Press 1940.
Die elektrophoretische Analyse der löslichen Pro­
teine der Erbsengewebe ist in vieler Hinsicht nicht
einfach. So gelang es nicht, die von S t e w a r d und
M itarb.16 dargestellten Auftrennungen zu reprodu­
zieren, auch wenn die von den Autoren angegebenen
Methoden der Proteingewinnung genau befolgt wur­
den: Extraktion im Tris-Glycin-EIektrodenpuffer,
Zentrifugation bei 3000 g, Dialyse gegen den Elek­
trodenpuffer. Die Elektropherogramme waren stark
verschleiert, und die beschriebenen Unterschiede in
der Proteinausstattung der einzelnen Erbsenwurzelsegmente fehlten.
37
Zit. in: L. P. R i b e i r o , E. M i t i d i e r i u . O . R . A f f o n s o , Paper
Electrophoresis, Elsevier Publishing Company Amsterdam,
London, N. Y., Princeton 1961.
Klare und reproduzierbare Elektropherogramme
konnten hier nur erreicht werden, wenn die Erbsen­
gewebe mit dem Tris-Phosphat-Puffer in Gegenwart
von 0,01 M Mercaptoäthanol, 1% PÄ G und 20%
Saccharose extrahiert, und der Extrakt auch gegen
den Tris-Phosphat-Puffer + M A dialysiert wurde.
Ohne M A traten insbesondere die schneller wandern­
den Proteine zu Aggregaten zusammen. Bei den ver­
schiedenen Abschnitten der Erbsenwurzel werden o f­
fenbar unterschiedlich viel Proteinbanden davon be­
troffen, wodurch eine gewebespezifische Proteinaus­
stattung vorgetäuscht wird (Abb. 5 ). Auch eine kurz­
zeitige Behandlung mit M A während der Extraktion
reichte noch nicht aus, die Eiweißbanden im Bereich
von Rf > 0,6 vollständig zu trennen; das gelang
erst während der Dialyse in Gegenwart von M A
(Abb. 6 a ) .
Dann verschwanden alle bisher ersichtlichen
(Abb. 5) und von anderen Autoren 16,19, 21 beschrie-
0 .0 25
0 .2 :
21
OA-
:
18
o.6:
0 .8 ♦
1.0 -
Abb. 5. Elektropherogramme der löslichen Proteine aus E rb­
sengeweben. Die analysierten Proteinextrakte enthielten kein
Mercaptoäthanol und wurden nicht dialysiert. 1 — 6: Proteine
der ersten sechs 1 mm langen Wurzelabschnitte; 7: Proteine
der übrigen Wurzel.
benen Unterschiede in den Elektropherogrammen
der einzelnen Wurzelsegmente. Lediglich die P ro ­
teine der älteren Wurzel ( > 6 mm von der Spitze
entfernt, Abschnitt 7) hatten noch immer die Ten­
denz, zu größeren Einheiten zusammenzutreten. Das
ist sicherlich darauf zurückzuführen, daß die P ro ­
teinkonzentration in diesem Gewebe relativ gering
ist, und deshalb in dem Proteinextrakt wesentlich
mehr, die Elektrophorese störende, Begleitsubstan­
zen enthalten sein dürften als in den ersten M illi­
metern der Wurzel (Tab. 3 ).
1.
2.
3.
4.
5.
6. mm
10,6
26,5
23,7
17,5
8,4
5,6
Wurzelsegment
u g löslicher
Proteine/Segment
Tab. 3. Gesamtmenge der löslichen Proteine in den ersten
6 Millimetern der Wurzel (Mittelwerte aus 6 Bestimmungen).
Von den 30 verschiedenen Eiweißbanden der
Wurzel ist es nur die schwache Bande 26, die das
erste und zweite Millimeter dieses Organs charakte­
risiert (Abb. 6 a, b ) . Alle anderen, noch, erkennbaren
Unterschiede zwischen den verschiedenen Wurzel­
abschnitten können auf methodische Unsicherheiten
zurückgeführt werden.
Mit Sicherheit sind auch die Wurzelproteine 9,
18, 21 und 25 im Epikotyl und Plumula vorhanden.
Inwieweit eine weitergehende Homologisierung der
Proteinbanden über die Organgrenzen hinweg allein
aus der Wanderungsgeschwindigkeit zulässig ist,
bleibt fraglich (Abb. 6 b ).
-
O .O -i
30
26
25 //77V
0. 2[- 0 .0 25
0 .2 J 21
0 A :
i
!
-■
0.6 -
18
0 A -
18
15
15
0.6 -
9
1
0.8 -
!♦
i.o
■
T77/ /
Z./ .7/ /
21
12
9
71) I /
:
Abb. 6 a. Elektropherogramme der löslichen Proteine aus
Erbsengeweben. Die Proteine stammen aus dialysierten
Extrakten mit Mercaptoäthanol. 1 — 6: Proteine der ersten
sechs 1 mm langen Wurzelabschnitte; 7: Proteine der übrigen
Wurzel, 8: des Epikotyls, 9: der Plumula, 10: der Kotyle­
donen.
0. 8 -
+
1. 0 - 1
/ // / i
7/7/77/7777.
1-7
10
Abb. 6 b. Diagramme der Proteinspektren von W u rz e l(l — 7),
Epikotyl (8 ), Plumula (9) und Kotyledonen (10) der Erbsen­
keimlinge.
M it der fortschreitenden Differenzierung der W ur­
zelzellen verändert sich dagegen die quantitative Zu­
sammensetzung der löslichen Proteinfraktion. Die
relativen Konzentrationen der Banden 2, 12, 18 und
21 stiegen vom ersten bis zum sechsten Millimeter
der Wurzel um 100, 70, 70 und 135% an, während
die Konzentrationen der Banden 10/11, 14, 15/16
und 19/20 in der gleichen Zeit auf 26, 66, 64 bzw.
0 % ihrer Anfangs werte (1. mm) gefallen waren
(Tab. 4 ). Dabei ist die Verstärkung der Bande 12
sowie 18 und 21 teilweise auf die Anlagerung der
benachbarten Banden 10/11 bzw. 19/20 zurückzu­
führen. Das wird besonders deutlich bei den Pro­
teinen 19/20, die im 5. und 6. mm der Wurzel über­
haupt nicht mehr nachgewiesen werden können.
1L
A BC
Z Z I
E F
m
Gl H □ K L
n
2L
n
I
r
i
r l
3
11 n
T T 1
1 1 1
m
ui
11
m
i i
■
n
■■
T I
Wurzelabschnitt
Protein Nr.
1
2
3+
5+
7+
9
10 +
12
13
14
15 +
18
19 +
21
25
4
6
8
11
16
20
1.
2.
0,12
0,42
0,33
1,57
1,35
3,15
2,69
1,13
2,25
2,95
5,18
3,67
3,55
3,49
1,57
0,35
0,19
1,63
0,83
2,22
0,19
1,43
0,98
2,78
5,93
5,14
2,93
3,95
1,55
_
3.
4.
5.
6. mm
0,13
0,55
0,39
1,04
0,60
2,21
0,77
1,98
1,60
1,99
3,70
5,46
2,77
5,52
1,30
0,22
0,68
0,50
1,85
1,06
2,21
1,05
1,96
1,85
2,09
2,93
7,49
2,57
6,04
1,12
0,21
0,94
0,69
1,40
1,37
2,94
0,88
2,02
1,61
1,58
3,86
8,59
—
6,06
1,28
0,14
0,82
0,07
1,05
0,96
2,62
0,69
1,90
1,59
1,65
2,82
6,25
—
8,22
1,07
Tab. 4. Relative Konzentrationen der Proteine 1 — 25 in Pro­
zent für die ersten 6 mm der Erbsenwurzel. Mittelwerte aus
zwei Versuchsserien. Die Konzentrationen der einzelnen
Banden wurden wie in Abb. 2, Tab. 2 ermittelt.
Aus der weitgehenden qualitativen Identität der
Elektropherogramme der einzelnen Erbsenwurzelsegmente darf nicht geschlossen werden, daß es keine
Unterschiede in der Proteinausstattung gibt. Die 30,
mit Amidoschwarz sich färbenden, Banden stellen
nur einen Teil der Wurzelproteine dar.
So gelingt es sehr leicht, die erwartete unter­
schiedliche Proteingarnitur der Wurzelsegmente
nachzuweisen, wenn Peroxydasen auf den Elektro­
phoresegelen angefärbt werden. Sowohl unter den
kationischen als auch unter den anionischen Peroxy­
dasen gab es Banden, die erst mit dem Älterwerden
der Wurzelzellen aktiv wurden. Auch die Organ­
unterschiede traten deutlich hervor (Abb. 7 ).
Die Peroxydase-Auftrennungen waren unter stan­
dardisierten Bedingungen gut reproduzierbar, wenn
m
II
Abb. 7. Zymogramme der anionischen und kationischen Per­
oxydasen aus Erbsengeweben. 1 — 6: 1. bis 6. mm der Wurzel;
7: übrige W urzel; 8: Epikotyl; 9: Plum ula; 10: Kotyle­
donen.
die Extrakte dialysiert wurden. M A durfte aber nicht
zugegen sein, da es die Aktivität hemmte. Durch M i­
schung von Extrakten aus verschiedenen Geweben
konnte sichergestellt werden, daß die wiedergege­
bene Gewebe- und Organspezifität der Peroxydasen
allein durch die An- oder Abwesenheit der Enzyme,
nicht aber durch unterschiedliche Verteilung von
Hemmstoffen in den Homogenaten bestimmt wird.
Dennoch bleibt es fraglich, ob die wahre Verteilung
der Peroxydasen in den Erbsengeweben erfaßt
wurde. Wenn die kationischen Peroxydasen, statt
mit dem KOH-Glycin-Puffer pH 10,3, mit dem Elek­
trodenpuffer, 2.6-Lutidin-Glycin pH 8,3, oder mit
KOH-Glycin pH 8,3 extrahiert wurden, so ver­
änderte sich die Verteilung der Peroxydasen auf den
Polyacrylamidgelen (Abb. 8 ).
9
zzz
10
s
Abb. 8. Zymogramme der kationischen Peroxydasen aus E rb­
sengeweben, die Enzyme wurden mit verschiedenen Puffern
extrahiert: a: KOH-Glycin pH 10,3; b : KOH-Glycin pH 8,3;
c: 2.6-Lutidin-Glycin pH 8,3 7: Wurzel ohne die 6 mm lange
Spitze; 8: Epikotyl; 9: Plumula; 10: Kotyledone.
Auch der Nachweis, daß die Peroxydasen-Aktivität der aufgetrennten Proteinmenge proportional ist,
gelang nicht vollständig. Uber die quantitativen
Veränderungen innerhalb des Peroxydasespektrums
während der Entwicklung der Wurzelzellen kann
deshalb Sicheres nur für die anionischen Banden A,
B und C gesagt werden (Abb. 7 ). A und B konnten
erst in älteren Wurzelgeweben nachgewiesen werden
(A ^ 3 mm, B > 6m m von der Spitze entfernt),
während C in der Wurzelspitze (l.m m ) die fünf­
fache relative Aktivität besaß als in der übrigen
Wurzel.
A u f den kationischen Gelen konnten einige
schwache Banden mit Amidoschwarz, besser jedoch
mit Coomassie Brilliant Blue R-250 38 angefärbt wer­
den, die aber nicht mit den Peroxydasebanden kor­
respondierten.
Das zweite untersuchte Enzym der Erbsenkeim­
Die komplexe Zusammensetzung der Protein­
extrakte ist eine der Hauptschwierigkeiten, um zu
gesicherten Aussagen zu kommen. Die zahlreichen
Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Be­
standteilen eines Pflanzenhomogenates sind unbe­
kannt und schwer zu kontrollieren. Deshalb ist die
Zusammensetzung des Extraktionsmediums von ent­
scheidender Bedeutung für das Aussehen der Elek­
tropherogramme. Die meist hohe Aktivität der P o ly­
phenoloxydasen und die Gegenwart ihrer Substrate
sowie zahlreicher anderer, unbekannter Stoffe aus
den Vakuolen, führt schon bei der ersten Berührung
von Vakuolensaft mit dem Cytoplasma während der
Homogenisation zur Denaturierung von Proteinen.
Zusätze von Mercaptoäthanol ( M A ) , Polyvinylpyrrolidon (P V P ) oder Polyäthylenglykol (P Ä G ), die
die Aktivität der Polyphenoloxydasen hemmen und
die Denaturierung durch Gerbstoffe verhindern, sind
dann notwendig.
linge, die Malatdehydrogenase, ließ sich wieder nur
dann reproduzierbar auftrennen, wenn von dialysierten, M A
wurde.
enthaltenden Extrakten ausgegangen
Nur dann zeigte sich, daß alle Wurzel­
segmente nahezu identisch mit diesem Enzym ausge­
stattet sind. Die Auftrennungen der Erbsen-MDH
waren
auch
unter
standardisierten
Bedingungen
variabel, und es bleibt fraglich, ob die Zymogramme
die richtigen Verhältnisse wiedergeben, insbeson­
dere was die Zahl der Isozyme anbetrifft. Während
nämlich die Aktivität der frisch dialysierten Wurzel­
extrakte im /?/-Bereich von 0,35 — 0,5 diffus verteilt
war, erschien sie in gealterten Proteinlösungen in
Form dreier Banden.
Diskussion
Die vorliegenden Versuche wurden unternommen,
um die Bedingungen kennenzulernen, unter denen
Pflanzenproteine mit der „Disc-Elektrophorese“ re­
produzierbar und mit maximaler Auflösung und
Klarheit aufgetrennt werden können.
Diese Bedingungen waren für beide Objekte —
Cichorium und P isu m
— verschieden, und die ein­
zelnen Punkte der Technik: Homogenisation, Ex­
traktion, Auftrennung und Färbung, bedürfen daher
noch einer Erörterung.
38 F. d e S t . G r o t h , R. G . W e b s t e r u. A. D a t y n e r ,
biophysica Acta [Amsterdam] 71, 377 [1963].
Biochim.
Dabei hat sich M A als besonders wirksam erwie­
sen. Ohne diesen SH-Gruppen stabilisierenden Zu­
satz besaß die mit der Anionenfront laufende erste
Bande der Cichorienextrakte sowohl Ersterasen- und
Phosphatasen-, als auch MDH- und GDH-Aktivität.
Auch die Vervielfältigung der MDH-Banden in ge­
alterten Erbsenextrakten scheint auf solche Anlage­
rungen des Enzyms an nichtspezifische Proteine zu­
rückzuführen sein.
Die Reinigung der Cichorienextrakte durch Dia­
lyse war nicht notwendig, oder wirkte sich sogar
nachteilig auf die Klarheit der Trennung aus, ein
Verhalten, das auch für Erbsenextrakte beschrieben
wurde8i 21. Ein Grund dafür dürfte sein, daß die
einzelnen Proteine während der langen Dialysezeit
(2 — 3 Tage) z .T . denaturieren und aggregieren.
Bei den Erbsenproteinen konnte dies in vorliegenden
Versuchen verhindert werden, wenn in Gegenwart
von M A extrahiert und dialysiert wurde. Dann war
die Dialyse sogar notwendig, um die Eiweißaggre­
gate vollständig zu trennen.
Der Zusatz solcher Stoffe wie M A oder P V P und
PAG zum Extraktionspuffer hat jedoch auch Nach­
teile. Es ist sehr gut möglich, daß einheitliche Pro­
teinbanden durch M A aufgespalten werden, wodurch
eine Vielzahl unterschiedlicher Proteine nur vorge­
täuscht würde 20. Auffällig war auch, daß in Extrak­
ten mit M A die Erbsenwurzelproteine Nr. 18 und 21
in wesentlich höherer Konzentration Vorlagen als
ohne diese Substanz (vgl. Abb. 5 mit Abb. 6 a ) . Of-
fenbar ist erst durch M A das Protein dieser Banden
nicht geschlossen werden, daß die Zellen verschiede­
in größerer Menge in elektrophoretisch bewegliche
nen Entwicklungszustandes auch durch den Besitz
Form gebracht oder aber selektiv extrahiert worden.
spezifischer
Den umgekehrten Effekt scheinen P V P und P Ä G zu
Nachweis gelang hier für die Erbsenwurzelabsdmitte
haben. Beide Substanzen verringerten die Unter­
erst,
grundfärbung am kathodischen Ende der Gele. Bei
auf ge trennt wurden. Für die von Amidoschwarz an­
Proteine
nachdem
gekennzeichnet
Proteine
mit
sind.
Dieser
Peroxydasenaktivität
hohen Konzentrationen (P V P 20%, P Ä G 10%) wur­
gefärbten Proteine der Erbsenwurzel ist vielmehr
den die weniger weit wandernden Proteine deutlich
charakteristisch, daß sie extrem organspezifisch sind,
zurückgehalten, sei es nun dadurch, daß sie nicht ex­
ihre Zahl also in der Wurzel konstant bleibt, gleich
trahiert wurden, oder unter den gegebenen Bedin­
ob sich die Zellen teilen, strecken oder differenzie­
gungen nicht in das Gel eindringen konnten.
ren. Offenbar lassen sich mit Amidoschwarz auf den
Nicht nur die Zusammensetzung, sondern auch
die Menge des Extraktionsmediums kann das Trennergebnis beeinflussen. Nicht immer ist die Aktivität
eines Enzyms, oder die Konzentration einzelner P ro­
Polyacrylamidgelen nur solche Proteine nachweisen,
deren Konzentrationen relativ hoch sind, und daher
nicht einfach völlig verschwinden oder neu erschei­
nen können.
teine, der Menge des Gewebes im Homogenat pro­
Die relativen Konzentrationen einzelner Eiweiß­
portional 20, 39. Dies konnte auch bei den Cichorien­
banden der Erbsenwurzel veränderten sich dagegen
extrakten beobachtet werden. Deshalb war es wich­
mit fortschreitender Zelldifferenzierung, doch bleibt
tig, das Verhältnis von Extraktionsmedium zur P ro­
dabei unklar, ob es sich tatsächlich um einen echten
teinmenge der Gewebe stets konstant zu halten.
Auf- und Abbau von Proteinen handelt oder nur um
A udi durch die Beschaffenheit der Gele, die Be­
Veränderungen in den Löslichkeitseigenschaften.
(Strom­
Die gleiche Frage muß gestellt werden, wenn V er­
stärke, Temperatur) und die Zusammensetzung der
änderungen innerhalb von Enzymspektren beobach­
dingungen
während
der
Elektrophorese
Inkubationsgemische für den Nachweis der verschie­
tet werden. Dennoch scheint gerade die Auftrennung
denen
von Enzymen bei physiologischen Fragestellungen
und
Enzyme
desselben
Aussehen
können
Elektropherogramme
Proteingemisches
bekommen 20,21,40.
ein-
unterschiedliches
Diese
der Auftrennung unspezifischer Proteine überlegen
Unterschiede
zu sein, weil hierbei auch Proteine sichtbar zu ma­
können durch standardisierte Bedingungen verhin­
chen sind, deren Konzentrationen so gering sind,
dert werden, doch muß dann klar sein, daß das E r­
daß sie mit Amidoschwarz nicht mehr angefärbt wer­
gebnis nur eines von mehreren möglichen ist.
den können. W ie am Beispiel der Peroxydasen der
Es muß die Frage gestellt werden, welchen Wert
die Gel-Elektrophorese, insbesondere die Disc-Elek­
trophorese, für die Analyse Undefinierter, komplexer
Pflanzenextrakte hat.
Genetisch bedingte,
aber auch organspezifische
Unterschiede in der Proteinausstattung können mit
der Gel-Elektrophorese leicht und sicher nachgewie­
sen werden 9-11,13,14, 41. Schwierig ist es jedoch,
durch physiologische Faktoren bedingte Veränderun­
gen zu erfassen und richtig zu bewerten. Die von
S
t e w a r d
und M ita rb .16 und
M
o r r is
19 beschriebe­
Erbsenwurzel gezeigt wurde, scheinen physiologisch
bedingte Veränderungen in der Proteinausstattung
der Zellen am ehesten unter Enzymproteinen sicht­
bar zu werden.
Doch ehe Schlußfolgerungen gezogen werden kön­
nen, müssen Fehlermöglichkeiten ausgeschaltet wer­
den. Eine Schwierigkeit stammt daher, daß ein- und
dasselbe Enzym sich an verschiedene andere, unspe­
zifische Proteine anlagern kann. Um diese Möglich­
keit zu überprüfen, müssen die einzelnen Isozyme
durch ihre unterschiedliche Reaktion auf verschie­
nen, mit dem Alter der Erbsenwurzelzellen korrelier­
dene Substrate, Kofaktoren und Hemmstoffe charak­
ten Veränderungen innerhalb des mit Amidoschwarz
terisiert werden.
angefärbten Eiweißspektrums sind gewiß Ausdrude
sollte weiterhin sichergestellt werden, daß nicht Be­
Durch Mischung von Extrakten
für die Verschiedenheit dieser Gewebe. W ie die vor­
gleitstoffe aus dem Homogenat die Aktivität einer
liegenden Versuche zeigen, durfte daraus aber noch
oder mehrerer Banden unterdrückt haben, und be-
39 N .
40 V. M a c k o u . A . N o v a c k y , Biolögia 21, 128 [1966].
41 J. G. S c a n d a l i o s , J. Heredity 55, 281 [1964].
G. A
nderson
u
.
J.
G. G
reen,
Enzyme Cytology (D. B.
R o o d y n , Edit.), 475, Academic Press London, N. Y. 1967.
vor
über
Aktivitätsveränderungen
von
Isozymen
Aussagen gemacht werden, muß nachgewiesen wor­
Erst wenn diese Faktoren berücksichtigt werden,
kann die Gel-elektrophoretische Analyse komplexer
den sein, daß die Aktivität jeder einzelnen Enzym­
Pflanzenextrakte bei physiologischer Fragestellung
bande der Proteinkonzentration proportional ist.
sinnvoll sein.