Popstar Phil Collins über seine vielleicht letzte CD, die Liebe zu

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Popstar Phil Collins über seine vielleicht letzte CD, die Liebe zu
Zurück
zu den
Wurzeln
VON REINHOLD HÖNLE
Popstar Phil Collins über seine
vielleicht letzte CD, die Liebe
zu Soulmusik, zur Schweiz und
vor allem zu seinen Kindern
Er ist einer der erfolgreichsten Popmusiker aller Zeiten – als Solokünstler,
aber auch als Schlagzeuger und Sänger
der Band Genesis: Phil Collins. Bereits
vor Jahren hat der britische Wahlschweizer seine musikalische Karriere
für beendet erklärt. Im Interview mit
Reader’s Digest erzählt der 59-Jährige,
warum er nun mit Going Back doch
noch ein weiteres Album mit Interpretationen von Songs veröffentlicht
hat, die alle ursprünglich beim berühmten Soul-Musik-Label Motown
erschienen sind. Und warum er trotz
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Trennung von seiner Frau Orianne
und einer festen Freundin in New York
lieber am Genfer See wohnt.
Reader’s Digest: Phil, Sie sind an
der Halswirbelsäule operiert worden.
Wie geht es Ihnen?
Phil Collins: Ich bin okay – wenigstens geistig. (schmunzelt) Ich habe
ein paar körperliche Probleme, die ich
überwinden will, speziell mit meinen
Armen. Im Moment kann ich kein
Schlagzeug oder Piano spielen und
bin auch nicht davon überzeugt, dass
FOTO : © WARNER MUSIC GROUP
ich es je wieder können werde. Ich
habe schon alle Operationen hinter
mir, die möglich waren. Nun heißt es
abwarten ... aber mit einem Lächeln
auf dem Gesicht!
RD: Wie kam es, dass Sie trotz allem
RD: Glauben Sie wirklich, dass Sie nun
Kind die Disney-Serie über Davy Crockett und später den Western Alamo
mit John Wayne gesehen habe, fasziniert mich die Geschichte von Texas.
Ich sammle Dokumente, Briefe, Kanonen, Gewehre und Schwerter aus
dieser Epoche und bin Ko-Autor eines Buchs zum Thema, das in einem
Jahr veröffentlicht wird.
keine Platten mehr machen werden?
Collins: Nein, aber ich bin an einem
Punkt in meinem Leben, an dem ich
nicht mehr gezwungen werden möchte,
etwas zu tun. Ich will meine eigenen
Entscheidungen treffen. Ich werde immer Songs schreiben und in meinem
Heimstudio Demos aufnehmen. Das
ist für mich wie ein Bild zu malen. Ich
mache das sehr gerne, aber ich werde
mit diesen Songs sicher nicht zu meiner Plattenfirma rennen, weil das unheimlich viel Arbeit nach sich zieht.
drei Konzerte in den USA und eines
beim Montreux Jazz Festival gaben?
Collins: Eigentlich war ich schon zurückgetreten. Als ich meine ironisch
als „First Final Farewell Tour“ (Erste
endgültige Abschiedstournee) betitelte Solotournee angekündigt hatte,
dachte ich ehrlich, dass es die endgültig letzte sein würde. Danach ha- RD: Wozu wollen Sie mehr Zeit haben?
ben wir die Genesis-Comeback-Tour Collins: Um meine Söhne großzunur noch gemacht, weil wir uns nicht ziehen. Außerdem gibt es andere
von unserem Publikum verabschiedet Dinge, die mich interessieren. Es mag
hatten. Die Gruppe war nie offiziell langweilig klingen, doch seit ich als
aufgelöst worden, sondern
hatte einfach nur ihre AkAuch auf
tivitäten eingestellt. Und
seiner „ersten
nun ist diese Motown-Platte
endgültigen
gekommen, die ich schon
Abschiedsimmer machen wollte. Es
tournee“ gibt
ist beinahe, als wäre sie
der Popstar
nicht Teil der Phil-Collinsalles
Karriere ...
RD: Erwägen Sie, als Frühpensionär
zurück nach England zu ziehen?
Collins: Nein, ich möchte in der Nähe
von Nick und Matt bleiben, die nur 15
Autominuten von mir bei ihrer Mutter
aufwachsen – nicht 15 Flugstunden entfernt wie meine älteren Kinder, die in
Vancouver und Los Angeles aufgewachsen sind. Mit denen ist es schwierig, in Kontakt zu bleiben, obwohl ich
mich mit all meinen Ex-Partnerinnen
gut verstehe. Orianne und ich haben
uns sogar noch sehr gern. Ehrlich gesagt: Ich bin nicht einmal sicher, warum wir nicht mehr verheiratet sind.
Das müssen Sie Orianne fragen ...
RD: Hat sie wieder geheiratet?
Collins: Ja, und ich habe eine Freun-
Karriere ist vorbei. Bei Going
Back handelt es sich um
einen Spezialfall, einige
meiner Lieblingslieder, mit
denen ich in den 60er-Jahren aufgewachsen bin. Ich
musste diese CD einfach
machen. Mit ihr hat sich der
Kreis geschlossen.
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FOTO: © MICHAEL KALLINGER
RD: Wie meinen Sie das?
Collins: Die Phil-Collins-
din, die seit 16 oder 17 Jahren beim USamerikanischen Fernsehsender CBS
die Nachrichten moderiert und ihren
Job nicht aufgeben möchte. Dana ist
deshalb an New York gebunden, ich
Steckbrief:
Phil Collins
Beruf: Sänger, Musiker & Songschreiber
Geburtsdatum: 30. Januar 1951 in London
Zivilstand: liiert mit der US-Nachrichtenmoderatorin Dana Tyler (51), dreimal geschieden, vier leibliche Kinder, die jüngsten
zwei (9 und knapp 6 Jahre) mit der Schweizerin Orianne Cevey
Wohnort: Féchy, Schweiz
Laufbahn: 1970 stieß Collins als Schlagzeuger zu Genesis, wo er nach dem Ausstieg von
Peter Gabriel 1975 auch zum Sänger wurde.
Seine Solo-CDs veröffentlicht er seit 1981 im
Wechsel mit Band-Alben und landete Hits
wie In The Air Tonight
Aktuell: Going Back, eine Hommage an den
Motown-Soul der Sixties
www.philcollins.com
RH
durch meine Kinder an die Schweiz.
Mein Leben ist – milde ausgedrückt –
etwas kompliziert.
RD: Sind Sie glücklich?
Collins: Ich wäre zweifellos glücklicher, wenn ich nicht allein leben
würde. Nur Lindsay, die Nanny meiner Jungs, wohnt bei mir im Haus. Sie
ist für mich wie eine WG-Partnerin
und eine tolle Freundin. Aber eigentlich hatte ich gehofft, nun mit meinen
Kindern und ihrer Mutter unter einem
Dach zu leben. Immerhin ist dies die
zweitbeste Variante ...
M AG I S C H E Z A H L
Filler
Mit dem Aberglauben ist es so eine Sache. Ich habe noch keinen
Menschen getroffen, der sein 13. Monatsgehalt zurückgegeben hätte.
F r i t z M u l i a r, österr. Schauspieler, Regisseur und Autor (1919-2009)
READER’S DIGEST
November 2010
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