In Memoriam Marion Landwehr Marion Landwehr wurde dem Leben

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In Memoriam Marion Landwehr Marion Landwehr wurde dem Leben
In Memoriam Marion Landwehr
Marion Landwehr wurde dem Leben entrissen. Wohl kurz nach dem 18. Dezember 2012
endete es. Erst jetzt wurden ihre sterblichen Überreste gefunden, nachdem ihr Mann die
Tötung gestanden hat. Unfassbar, schrecklich, unvorstellbar – so sind die Reaktionen von
allen, die sie gekannt haben. Wir, die wir fast 20 Jahre mit ihr zusammen arbeiten durften,
sind geschockt und unendlich traurig.
Marion Landwehr war Mitarbeiterin des CHE von Anfang an. Schon bevor es losging, haben
wir gemeinsam den Aufbau geplant. Unser erstes Treffen fand in Dortmund statt, im Zimmer
des Rektors. Wir haben beide sofort gespürt, da geht was zusammen. Sie brachte eine
unendliche Erfahrung mit durch die Arbeit im Büro von Reinhard Mohn und wollte noch
einmal einen neuen Aufbruch wagen, etwas bewegen. Das traf sich gut, denn auch wir, Klaus
Neuvians, Burkhard Kölsch und ich, als Mitarbeiter der ersten Stunde im CHE, wollten etwas
zu neuem Leben bringen, nämlich das erstarrte Hochschulsystem entfesseln.
Unglaublich schnell lernte sie von uns, die Kultur, Denkweisen und Motivationslagen der
Hochschulen und ihrer Angehörigen zu verstehen. Und ich lernte von ihr die
Gepflogenheiten der Bertelsmann Stiftung und der Familie Mohn kennen. Ohne sie wäre ich
in so manche Verhaltensfalle getappt.
Marion Landwehr war zu einem guten Teil das CHE. Das sagt sich leicht und häufig. Aber sie
hat die Kultur tatsächlich entscheidend mitgeprägt. Mit ihrer absoluten Zuverlässigkeit und
Null-Fehler-Arbeit war sie Vorbild und Messlatte für alle nachfolgenden Assistentinnen. Aber
auch die Referenten und ich, wir unterwarfen uns gerne ihren Ablauf- und Reiseplanungen
mit immer größerer Dankbarkeit, enthielten sie doch nicht nur die Ankunfts- und
Abfahrtszeiten, sondern gingen in der Detailtreue bis zu Wetterinformationen und
Kleidungshinweisen. Genauso betreute sie bis zu ihrem Ausscheiden den Beirat des CHE,
unauffällig, zielstrebig, wirkungsvoll und, wenn es notwendig war, auch mitfühlend und
herzerwärmend. Die jungen Praktikantinnen und Praktikanten, ob aus Shanghai, New
Hampshire oder Gütersloh nahm sie unter ihre Fittiche und wies, wenn erforderlich,
zupackend Wege.
Überstunden waren für Marion Landwehr ein Fremdwort. Sie blieb im CHE, bis alles
abgearbeitet war. Den Rest nahm sie mit nach Hause. Das war für sie eine
Selbstverständlichkeit, denn es ging um die Sache, um den Erfolg der CHE-Arbeit. Das war
auch unser starkes verbindendes Element: wir wollten den Erfolg. Ihn zu sichern, war sie hart
gegen sich, aber, wenn es sein musste, auch gegenüber Kolleginnen und Kollegen. Und die
selbstverständliche Loyalität mir gegenüber beinhaltete auch die klare Ansage von
abweichenden Meinungen oder Vorschlägen.
Derjenige, der ihr das Leben nahm, erzählt immer wieder – im wahrsten Sinne des Wortes unglaubliche Geschichten. Die letzte: Marion Landwehr hätte ihn um die Tötung gebeten,
weil sie ihre Krankheit nicht mehr ertragen könne. Ich persönlich kann das nach dem
Auslöschen des Lebens nur als zusätzlichen Rufmord empfinden. Denn Marion Landwehr
war eine Frau, die so lange ich sie kannte, Krankheiten und Versehrtheiten hinten an stellte.
Mit einem unbändigen Lebenswillen, einer nie versiegenden Fröhlichkeit und
Lebenszugewandheit überstand sie auch schlimme Krankheitskrisen und erschien stets
wieder früher am Arbeitsplatz, als es der Arzt geraten hatte – oder sie erledigte die Arbeit
eben von zu Hause aus.
Mittlerweile erreichen mich eine Vielzahl von Zuschriften und E-Mails. In allen wird der
Schock über das Geschehen zum Ausdruck gebracht, aber auch, dass sie ein ganz besonderer
Mensch war. Sie musste viel zu früh gehen, aber in unserer Erinnerung wird sie weiter
präsent bleiben.
Detlef Müller-Böling