Verantwortungsethik - Robert-Koch

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Verantwortungsethik - Robert-Koch
Texte aus Schülerduden Philosophie
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Verantwortungsethik: auf Max Weber zurückgehende Konzeption von Ethik, die eine Verbindung zwischen deontologischer Ethik und teleologischer Ethik herstellt. Während in der deontologischen Ethik nur die Handlung selbst
ohne Berücksichtigung ihrer Folgen und in der teleologischen Ethik nur die Folgen einer Handlung unabhängig von
dem moralischen Wert der Handlung selbst bewertet werden, wird in der Verantwortungsethik beides berücksichtigt.
Für Max Weber gibt es zwei grundsätzlich verschiedene ethische Positionen: die Gesinnungsethik und die Verantwortungsethik. Ein Gesinnungsethiker beurteilt bei einer Handlung immer nur, ob diese selbst der reinen Gesinnung
entspricht, also aufgrund ihres innermoralischen Wertes, ihre Folgen sind ohne Bedeutung. Er muß also jede Handlung verurteilen, die sittlich bedenkliche Mittel anwendet, auch wenn dies die einzige Möglichkeit zur Realisierung
eines moralischen Wertes ist. Die gesinnungsethische Denkweise wird für Max Weber v. a. in der Liebesethik deutlich, wie sie in der Bergpredigt gefordert wird. Angesichts der Konsequenzen, zu denen die Gesinnungsethik in der
Realität, die weder vollkommen noch ideal ist, führen kann (vgl. Rigorismus), stellt sie für Max Weber keine sinnvolle ethische Position dar. - Ein Verantwortungsethiker berücksichtigt die Welt mit ihren Mängeln. Für ihn ist es
also durchaus akzeptabel, manchmal sogar dringend notwendig, sittlich bedenkliche Mittel anzuwenden und die
Möglichkeit schlechter Nebenfolgen in Kauf zu nehmen. Im Gegensatz zum Utilitaristen hat der Verantwortungsethiker kein Kriterium, „wann und in welchem Umfang der ethisch gute Zweck die ethisch gefährlichen Mittel und
die Nebenerfolge heiligt" (Max Weber). Genügt die Handlung eines Utilitaristen dem Prinzip der Nützlichkeit, so
sind damit gleichzeitig alle Mittel und Nebenfolgen gerechtfertigt; seine Ethik entbindet ihn also der Verantwortung
dafür. Genau an dieser Stelle unterscheiden sich Verantwortungsethik und Utilitarismus. Zwar besagt Verantwortungsethik auch, daß man unter bestimmten Bedingungen ethisch bedenkliche Handlungen tun soll, aber hier muß
jeder die Verantwortung für den Einsatz dieser Mittel selbst tragen. Ein Verantwortungsethiker hat bestimmte positive Werte (Ideale, Normen), für deren Realisierung er sich einsetzt, die das Motiv seines Handelns sind. Er ist aber
bereit, unter bestimmten Umständen gegen seine positiven Werte zu verstoßen, nämlich genau dann, wenn nur durch
die kurzfristige Übertretung einer Norm langfristig ein positiver Wert realisiert werden kann. Er ist sich dabei darüber im klaren, daß er dadurch Schuld auf sich lädt und bereit sein muß, auch dafür die Verantwortung zu tragen. Er
hält es für verantwortungslos und damit für ethisch nicht vertretbar, die Realisierung eines entscheidenden positiven
Wertes nur deswegen zu verhindern, um eine Norm nicht zu verletzen. Befindet sich ein Verantwortungsethiker in
einer Entscheidungssituation, muß er versuchen, mit Hilfe rationaler Erwägungen die möglichen Handlungen (und
deren vorhersehbare Folgen) gegeneinander abzuwägen, um die zu finden, die am ehesten geeignet ist, seine Ideale
zu verwirklichen, und die er außerdem vor sich und anderen rechtfertigen kann. Vorhersehbar bedeutet, daß der
Handelnde die Folgen bei bestmöglicher Information hätte voraussehen können, nicht, daß er sie wirklich vorausgesehen hat. Die Verantwortungsethik fordert in vielen Fällen ein anderes Verhalten als die Gesinnungsethik, die ja
grundsätzlich den Gebrauch ethisch bedenklicher Mittel ablehnt. Die Verantwortungsethik verlangt von jedem einzelnen eine je konkrete Entscheidung nach bestem Wissen und Gewissen und deren Rechtfertigung vor sich und
anderen. Gerade hierin zeigt sich die Würde des Menschen.
Aufgaben:
Betrachten Sie die Graphik; benützen Sie sie als Gliederungshilfe.
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Definieren Sie mit eigenen Worten deontologische und teleologische Ethik. (deontolische zu griech. tò déon
= das Erforderliche, die Pflicht; teleologisch zu griech. telos = Zweck, Ziel). Konkretisieren Sie die beiden
Ansätze mit einem Beispiel.
Setzen Sie Gesinnungsethik und Utilitarismus von Verantwortungsethik ab. Finden Sie auch dafür ein geeignetes Beispiel.
Beschreiben Sie mit eigenen Worten das Spannungsfeld von Ideal, Norm, Schuld und rationalem Verhalten.
Finden Sie ein möglichst realistisches Beispiel für den Einsatz von Verantwortungsethik.
Was hat Verantwortungsethik mit der Würde des Menschen zu tun?
Der Begriff teleologisch ist uns schon begegnet. (Sie haben ihn wahrscheinlich als „theologisch“ gelesen.)
Finden Sie die Stelle und erläutern Sie diese mit ihrer neuen Kenntnis.