Anerkennung von Trainingslizenzen für Präventionskurse

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Anerkennung von Trainingslizenzen für Präventionskurse
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17.04.2007
10:50 Uhr
HEALTH-MANAGEMENT
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TRAININGSLIZENZEN
Die Lizenz zum
Abrechnen
Leistungen zur Gesundheitsprävention mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen zu können, ist ein interessanter Aspekt für Trainer, Studioinhaber und alle, die im
Gesundheitssektor tätig sind.
Welche Leistungen abgerechnet werden können, was
dabei zu beachten ist und
welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen, erfahren
Sie von Godehard Hoevels.
Foto: ArmaSport
Anerkennung von Trainingslizenzen für Präventionskurse
rävention ist seit der Neufassung
des Präventionsparagraphen (§ 20
Sozialgesetzbuch V) im Jahr 2000
ein Schlagwort der Fitnessbranche. Vor allem Studiobesitzer, die planen mit Krankenkassen zu kooperieren, sollten sich intensiv mit Begriffen wie Primärprävention
und betriebliche Gesundheitsförderung
beschäftigen. Wie interessant der Gesundheitsmarkt für unsere Branche ist,
belegt die Tatsache, dass die gesetzlichen
Krankenkassen (GKV) im vergangenen
Jahr 192 Mio. Euro für Maßnahmen der individuellen Prävention und betrieblichen
Gesundheitsförderung zur Verfügung
stellten. Umgerechnet sind das 2,74 Euro
pro Versichertem.
a Bewegungsgewohnheiten
(§ 20 SGB V (1))
Handlungsfelder Prävention
d Arbeitsbedingte körperliche
Belastungen (§ 20 SGB V (2))
P
Im § 20 SGB V (Absatz 1 und 2) findet man
Regelungen zu den geförderten Maßnahmen, die für die Fitnessbranche unmittelbar bedeutsam sind. Sie gliedern sich in
verschiedene Handlungsfelder und Präventionsprinzipien auf:
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1. Reduzierung von Bewegungsmangel
durch gesundheitssportliche Aktivität
2. Vorbeugung und Reduzierung spezieller gesundheitlicher Risiken durch geeignete verhaltens- und gesundheitsorientierte Bewegungsprogramme
b Ernährung (§ 20 SGB V (1))
1. Vermeidung von Mangel- und Fehlernährung
2. Vermeidung und Reduktion von Übergewicht
c Stressbewältigung/Entspannung
(§ 20 SGB V (1))
Förderung individueller Kompetenzen zur
Vermeidung stressbedingter Gesundheitsrisiken: Maßnahmen zur Entspannung
Vorbeugung arbeitsbedingter Belastungen des Bewegungsapparates
Jedem Präventionsprinzip wurden Kriterien zugeordnet, die sich auf Bedarf, Wirksamkeit, Zielgruppe, Ziele, Inhalte, Me-
thodik und Anbieterqualifikation beziehen. Bevor die Maßnahme in das Förderprogramm aufgenommen wird muss die
jeweilige GKV anhand dieser verbindlichen Qualitätskriterien prüfen, ob den geforderten Voraussetzungen in den unterschiedlichen Bereichen entsprochen wird.
Ist dies nicht gegeben, darf eine Maßnahme nicht zu Lasten der Krankenkassen
durchgeführt werden, sprich: Sie kann sich
allerhöchstens an Selbstzahler richten.
Zusätzlich sind folgende Aspekte als grundsätzliche Voraussetzungen anzusehen:
쐍 Es muss ein Trainer-Manual vorliegen,
in dem der Aufbau, die Ziele, die Inhalte und Methoden der Einheiten fixiert
sind,
쐍 es müssen Teilnehmerunterlagen vorliegen,
쐍 es werden angemessene räumliche Bedingungen gefordert,
쐍 die Gruppen müssen eine angemessene Personenzahl umfassen,
쐍 Kursleiter sollen über die später noch
ausführlicher beschriebenen Anbieter-
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qualifikationen hinaus eine Einweisung in das jeweilige Programm durchlaufen,
die Angebote müssen weltanschaulich neutral ausgerichtet sein,
es muss ein nachvollziehbarer Zielgruppenbezug bestehen,
eine wissenschaftliche Evaluation dient als Nachweis der Wirksamkeit des verwendeten Konzeptes,
Präventionsmaßnahmen/Kurse umfassen in der Regel acht bis
zwölf Kurseinheiten.
Welche Qualifikationen sind erforderlich?
Die bei den einzelnen Präventionsprinzipien geforderten Anbieterqualifikationen sind im sogenannten SPIKK-Leitfaden ausführlich
beschrieben. So ist zumeist ein staatlich anerkannter Abschluss in
einer bewegungs- und sportbezogenen Berufsausbildung für den
Kursleiter gefordert. Die Tabelle auf Seite 48 liefert eine Übersicht,
über welche Abschlüsse und ggf. Zusatzqualifikationen Kursleiter
verfügen müssen, um bestimmte Kurse anleiten zu dürfen:
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass Übungsleiter mit der
2. Lizenzstufe lediglich in Vereinen Krankenkassen anerkannte Kursangebote durchführen dürfen, die mit dem Qualitätssiegel „Sport
Pro Gesundheit“ versehen wurden. Bezüglich der Entspannungsangebote gilt, dass Angebote wie Yoga oder Qi-Gong von Angehörigen
eines Gesundheits- oder Sozialberufs mit einer einschlägigen Zusatzqualifikation angeboten werden dürfen (z.B. Yoga mind. 500 Unterrichtseinheiten).
Ärzte und Diplom-Sportlehrer können mit dem Erwerb von A-Lizenzen anerkannter Aus- und Weiterbildungsinstitutionen die Voraussetzungen schaffen, förderungsfähige Präventionskurse anzubieten. Als Beispiele hierfür können Nordic Walking-, Pilates- und
Rückenschullizenzen genannt werden.
Ziel der Präventionsmaßnahmen
Diese Anforderungen werden gestellt, damit nachhaltige Ergebnisse im Sinne einer „Hilfe zur Selbsthilfe“ erzielt werden können. Die
Teilnehmer sollen nach Abschluss des Kurses in der Lage sein, das
erworbene Wissen bzw. die erworbenen Fertigkeiten und Übungen
selbstständig anwenden und fortführen zu können. Die dauerhafte
Inanspruchnahme solcher Kurse kann von den GKV nicht finanziert
werden. In Folge dessen ist z.B. die Bezuschussung von Mitgliedsbeiträgen im Sinne des § 20 SGB V nicht vorgesehen. Reines oder
überwiegend gerätegestütztes Krafttraining ist (noch) nicht förderungsfähig.
Was ist bei Präventionsmaßnahmen zu bedenken?
Zu bedenken sind die Risiken, die bei einem Engagement im Präventionsbereich auftreten können. Diese liegen überwiegend in der
nicht unbedingt hohen Planungssicherheit. Im Gesundheitswesen
ist derzeit noch keine klare Linie auszumachen. Zudem ist aufgrund
unterschiedlicher Strukturen der gesetzlichen Krankenversicherungen die Ebene, auf der die relevanten Entscheidungen über konkrete Kooperationen oder Förderung getroffen werden, bei den Versicherungen sehr unterschiedlich. Bei den einzelnen Niederlassungsleitern erfolgt dies teils zentral, teils dezentral. Ist der zuständige
und verantwortliche Ansprechpartner bekannt, so sollte man über
die konkreten Voraussetzungen sprechen und sich auch darüber informieren, welche Leistungen die GKV zu übernehmen bereit ist
(z.B. Werbung, Empfehlung an die Versicherten, Bereitstellung von
Manuals usw.). Dabei ist auch die Berücksichtigung von bereits abgegebenen Präventionsangeboten und solchen von Konkurrenten
von Bedeutung.
Der Aufwand für die laufende Evaluierung von Präventionsmaßnahmen sollte vorab mit den Vertretern der GKV besprochen und 쑺
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TRAININGSLIZENZEN
überprüft werden. Ein wichtiger Aspekt ist
beispielsweise, ob in der eigenen Anlage
alle Voraussetzungen für die Maßnahmen
erfüllt sind bzw. mit vertretbarem Aufwand
geschaffen werden können. Nicht zuletzt
sollte man prüfen, ob die über Präventionskurse angesprochenen Zielgruppen in
das Gesamtkonzept einer Anlage und zu
der eigenen Positionierung passen.
Weiterbildung als Chance
Foto: Rückgrat Kenzingen
Die Chancen für Fitnessanbieter liegen
darin, das Personal mit einem geringen
Aufwand fortbilden zu können. Dadurch
besteht die Möglichkeit anerkannte Präventionskurse in der eigenen Anlage anzubieten. Dies kann sinnvoll sein, wenn man
mit Angeboten (keine Verträge, keine hohen Kosten, aufgrund des Gesundheitsbezuges gutes Image) neue Zielgruppen ansprechen möchte. Sollte das Personal
nicht die Grundvoraussetzungen erfüllen
und auch kein geeignetes Personal zu bekommen sein, so ist eine Kooperation mit
Godehard Hoevels – Diplom-Sportlehrer für den Fachbereich „Fitness,
Wellness & Gesundheit“ beim ISTStudieninstitut
Infos: www.ist.de
einem Anbieter, der über solche Kursleiter
verfügt, eine interessante Alternative. Beispielsweise kann ein solcher Anbieter
Räume für die Kursdurchführung anmieten und den Teilnehmern Empfehlungen
für die Fortführung der Bewegungsprogramme als Selbstzahler in der Fitnessanlage aussprechen.
Die Vorteile für die eigene Anlage sind
also nicht unbedingt unmittelbar in der
Durchführung einzelner Präventionskurse
und den somit getätigten Umsätzen oder
Mieteinnahmen zu sehen. Viel wichtiger
ist die mittel- und langfristige Steigerung
des Renommees und der Akquise neuer
Godehard Hoevels
Zielgruppen.
Übersicht Anbieterqualifikation und geforderte Maßnahmen
Abschluss
Maßnahme
Zusatzqualifikation
(lt. §20 SGB V;
vgl. S. 46)
Sportwissenschaftler/-in (Diplom/Magister/ Lehramt) mit
nachweislich gesundheitsorientierter Ausrichtung
a.1
a.2
c
d
–
–
–
mit spezieller Einweisung in das durchzuführende Programm
Sport- u. Gymnastiklehrer/-in mit nachweislich gesundheitsorientierter Ausrichtung
a.1
a.2
–
Zusatz, z.B. mit Rückenschullehrerlizenz bzw. vergleichbarer Zusatzqualifikation für andere Indikationsbereiche (Nordic Walking, Pilates usw.)
Zusatzqualifikation im Bereich Entspannung (z.B. Trainingsleiterlizenz)
mit spezieller Einweisung in das durchzuführende Programm und Zusatzqualifikation, wie z.B. Rückenschullehrerlizenz
c
d
Physiotherapeut/-in bzw. Krankengymnast/-in mit Zusatzqualifikation in der Methodik des Sports
a.1
a.2
c
d
Ergotherapeut/-in, Masseur/-in oder Motopäde/ Motopädin
mit Zusatzqualifikation in der Methodik des Sports
a.2
d
Ärzte, sofern diese in das durchzuführende Gesundheitssportprogramm eingewiesen wurden
a.1
a.2
c
d
48
–
Zusatz, z.B. mit Rückenschullehrerlizenz bzw. vergleichbarer Zusatzqualifikation für andere Indikationsbereiche (Nordic Walking, Pilates usw.)
Zusatzqualifikation im Bereich Entspannung (z.B. Trainingsleiterlizenz)
mit spezieller Einweisung in das durchzuführende Programm und Zusatzqualifikation, wie z.B. Rückenschullehrerlizenz
Zusatz, z.B. mit Rückenschullehrerlizenz bzw. vergleichbarer Zusatzqualifikation für andere Indikationsbereiche (Nordic Walking, Pilates usw.)
mit spezieller Einweisung in das durchzuführende Programm und Zusatzqualifikation, wie z.B. Rückenschullehrerlizenz
–
Zusatz, z.B. mit Rückenschullehrerlizenz bzw. vergleichbarer Zusatzqualifikation für andere Indikationsbereiche (Nordic Walking, Pilates usw.)
Zusatzqualifikation im Bereich Entspannung (z.B. Trainingsleiterlizenz)
mit spezieller Einweisung in das durchzuführende Programm und Zusatzqualifikation, wie z.B. Rückenschullehrerlizenz
Erzieher/-in, Gesundheitspädagoge/
-pädagogin, Heilpädagoge/-pädagogin
c
Zusatzqualifikation im Bereich Entspannung, z.B. Trainingsleiterlizenz
Übungsleiter 2. Lizenzstufe
„Sport in der Prävention“ mit den Profilen
– Herz-Kreislauf-Training
– Haltung und Bewegung
– Entspannung und Stressbewältigung
– Gesundheitsförderung im Kinderturnen
a.1
–
Für den Bereich Ernährung sind u.a. Diplom-Ernährungswissenschaftler wie auch Oecotrophologen anerkannt
b
–
body LIFE 5 I 2007