auch männer brauchen pflege

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auch männer brauchen pflege
AUCH MÄNNER
BRAUCHEN
Foto: Dior Homme-Kampagne
Titelthema
PFLEGE
In der Kosmetikbranche zählt das Männerpflegesegment
zu den stärksten Wachstumsmärkten. Frauen-Produkte
lassen sich jedoch nicht einfach auf männliche Verbraucher übertragen.
Abgesehen von der regelmäßigen Rasur
scheint die Körper- und Gesichtspflege
bei den Herren noch nicht so richtig angekommen zu sein – obwohl gerade dieser Bereich zurzeit enorm wächst: „Das
Herrenpflegesegment erlebt aktuell ein
Wachstum von 37 Prozent zum Vorjahr
und ist damit das am stärksten wachsende Segment im Kosmetikmarkt“,
sagt Prof. Klaus-Peter Nebel, Pressesprecher der Beiersdorf AG in Hamburg.
Und auch von L'Oréal Paris heißt es:
„Der Männerpflegemarkt verzeichnet
seit fünf Jahren überdurchschnittliche
Wachstumsraten von plus 300 Prozent.“
Aktuelle Marktdaten aus der Typologie
der Wünsche (TdW) zeigen: Drei Viertel
aller Männer über 14 Jahre verwenden
täglich oder mehrmals wöchentlich Herrenkosmetikprodukte. Hierbei sind
neben Gesichtspflegeprodukten vor
allem Rasierwasser, Aftershave Balsam
und Crème sowie Eau de Cologne gemeint. Betrachtet man jedoch nur die
Gesichtspflege, ergibt sich ein ganz anderes Bild: Fast zwei Drittel aller Männer verwenden selten oder nie Gesichtspflegeprodukte (siehe Tabelle nächste
Seite).
Junge Männer ab 20 Jahre zeigen sich
relativ aufgeschlossen gegenüber der
Gesichtspflege: Über ein Viertel verwendet mehrmals wöchentlich Gesichtscrèmes und ähnliches, bei 30- bis 49-Jährigen sind es immer noch knapp ein Viertel. Ab 50 Jahren scheint das Interesse
an der Verwendung langsam zu sinken:
Je älter die Herren, desto geringer fällt
das Interesse an diesen Produkten aus.
50- bis 59-Jährige verwenden Gesichtscrèmes bereits zu 64,5 Prozent nur noch
selten oder nie. Die breite Zielgruppe bei
Männern ist also jünger als 50 Jahre.
Auch L'Oréal Paris-Sprecherin Heike
Leder sagt: „Der Trend bei der Verwen-
dung von Männerpflegeprodukten geht
weg vom After Shave hin zur klassischen Pflege. Ein Zukunftstrend im
Männersegment ist sicherlich der Bereich Anti-Aging.“
Zeitschriften nehmen Männerpflege ernst
„Wir haben immer an die Männerpflege
geglaubt“, sagt ‚Maxim‘-Chefredakteur
Florian Boitin, Axel Springer, zur Verleihung des ‚Maxim Grooming Award
2006‘. Seit 2004 würdigt das Münchener Männer-Lifestyle-Magazin innovative Männerpflegeprodukte. Florian Boitin: „Mit dem Maxim Grooming Award
setzt ‚Maxim‘ exklusiv auf eines der großen Trendthemen: Männerpflege.“
2006 freut sich Beiersdorf über den
Award für die ‚Marke des Jahres‘, die
‚Nivea for Men‘ heißt.
In diesem Jahr launchte Beiersdorf drei
neue Männer-Produkte: das Feuchtig-
12/06
Healthcare Marketing 17
Titelthema
keit spendende ‚Hydro Gel‘, die revitalisierende Augencrème ‚Q10‘ sowie im
Oktober die ‚Nivea for Men Summer
Look Feuchtigkeitscrème‘. Bei letzterer
handelt es sich um ein Produktkonzept,
das laut Pressesprecher Klaus-Peter
Nebel „im Frauenmarkt bereits große
Erfolge erzielt hat“.
Männermarkt folgt Frauenmarkt
Im Frauenmarkt haben Pflegeprodukte
immer noch eine weitaus größere Chance sich durchzusetzen: Laut TdW verwenden 79,2 Prozent aller Frauen über
14 Jahre täglich oder mehrmals wöchentlich pflegende Damenkosmetikprodukte, bei den 50- bis 59-Jährigen
Frauen sind es sogar 84,4 Prozent, das
sind 4 Millionen Frauen. Die Vermutung
liegt nahe, dass das Herrenpflegesegment entsprechend seinem weiblichen
Vorbild nach und nach entwickelt wird.
Klaus-Peter Nebel: „Insgesamt kann
man sagen, dass relevante Produktkonzepte aus dem Frauen- zunehmend auf
den Männermarkt übertragen werden.“
Er schränkt jedoch ein: „Innerhalb des
Herrenpflegesegments sehen wir einen
Trend hin zu Produktkonzepten, die
dem Mann neben der Basispflege einen
weiteren Zusatznutzen bieten.“ Das
heißt: Während Frauen also mehrere
Produkte nebeneinander verwenden,
wünschen Männer sich ein Produkt, das
alle ihre Bedürfnisse an die Gesichtspflege abdeckt.
Männer mögen's einfach
Das bestätigt auch Markus Potsch, Pressesprecher der Dr. Kurt Wolff GmbH
und Co. KG, Bielefeld, zu welcher auch
die Haarpflegemarke ‚Alpecin‘ gehört:
„Männer wünschen sich einfache, wirksame Produkte, sie bevorzugen die Allin-one-Lösung.“ Der Wunsch nach Einfachheit bedeutet auch eine hohe Kundenbindung – besonders bei Produkten
mit medizinischen Wirkstoffen, so genannte ‚Cosmoceuticals‘ (aus Cosmetics
und Pharmaceuticals) wie Shampoos
gegen Haarausfall und Schuppen.
„Wenn Männer wissen, dass es ein wirksames Mittel gibt, werden sie schnell zu
Stammkunden“, sagt Markus Potsch.
Das kommt ‚seinem‘ Produkt, dem ‚Alpecin After Shampoo Liquid‘, besonders
zugute, denn: „Wir haben das erste
Shampoo mit Wirkstoff gegen Haarausfall auf den Markt gebracht.“
Bei diesem Wirkstoff handelt es sich um
Koffein, das Shampoo wurde bereits
lange vor der Tour de France mit dem
Slogan ‚Doping für die Haare‘ beworben. Der Slogan wie auch der so genannte ‚Glatzenrechner‘ auf der Internetseite, mit dem bereits 1,2 Millionen
Der ‚Nivea-Shop‘ für Männer, die
einen schnellen Überblick wollen
User berechnet haben, in welchem Alter
sie vollständig kahl sein werden, stammt
von der Brandmeyer Markenberatung,
Hamburg. Bei dieser Produktinnovation
ist es der Dr. Wolff-Gruppe sogar gelungen, ein Männer-Produkt auf den Frauenmarkt zu übertragen.
Eitelkeit ist für Männer ein Thema
Während die Alpecin-Kampagne für das
Produkt gegen Schuppen und Haarausfall bei Männern recht erfolgreich ist,
musste die Kampagne für ‚Plantur 39‘,
das bei Frauen ab 40 Haarausfall lindert, bereits nach zwei Wochen wieder
abgesetzt werden. „Das Produkt schlug
Mit zunehmendem Alter sinkt das männliche Interesse an Gesichtspflege, nicht aber das an Herrenkosmetik
Basis
Mio.
Basis: Männer ab 14 Jahren
14-19 Jahre
% vert. Index Mio.
31,18 100
100
2,6
20-29 Jahre
% vert. Index Mio.
30-39 Jahre
% vert. Index Mio.
% vert.
100
100
3,94 100
100
5,54 100
Verwendungshäufigkeit von Herrenkosmetik, ohne Körperpflege
täglich oder mehrmals wöchentlich
23,46 75,2
100
1,33
51,3
68
2,86 72,6
96
4,44 80,1
mindestens einmal monatlich
3,71 11,9
100
0,47
18,2
153
0,56 14,3
120
0,63 11,4
selten oder nie
3,55 11,4
100
0,75
28,9
254
0,45 11,3
100
0,39
7,0
keine Angabe
0,47
100
0,04
1,7
112
0,07
1,7
116
0,08
1,5
1,5
Verwendungshäufigkeit von Gesichtspflegeprodukten
täglich oder mehrmals wöchentlich
6,55 21,0
100
0,55
21,2
101
1,05 26,7
127
1,3 23,4
mindestens einmal monatlich
3,83 12,3
100
0,34
13,2
108
0,51 13,0
106
0,74 13,5
19,38 62,1
100
1,59
61,2
99
2,19 55,6
90
3,31 59,8
100
0,11
4,3
94
0,18
selten oder nie
keine Angabe
1,43
4,6
4,6
102
0,19
3,4
Quelle: Typologie der Wünsche TdW 2006, befragt wurden 9.657 Männer ab 14 Jahren, diese repräsentieren alle 31,18 Mio. Männer ab 14 Jahren und
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Healthcare Marketing
12/06
Titelthema
Einen wichtigen Unterschied zur Werbeansprache von Frauen nennt BeiersdorfSprecher Klaus-Peter Nebel: „Männer
schauen eher zu älteren Vorbildern auf,
als sich an den jungen ihres Geschlechts
zu orientieren, wie beispielsweise Frauen
es tun. Deshalb sind männliche Models,
anders als die weiblichen, eher im tatsächlichen Alter der Zielgruppe.“ Ein
weiterer Unterschied zur Ansprache der
weiblichen Zielgruppe manifestiere sich
in der Tatsache, dass der Mann schnelle
Entscheidungen liebt. Das bedeutet:
Wenn sich ihm ein Produktnutzen nicht
auf den ersten Blick erschließt, reagiert
er mit Konsumverweigerung.
Männer brauchen eine klare
Ansprache
Der Mann sucht nicht gern
ein wie eine Bombe“, freut sich Markus
Potsch. Die Firma kam mit der Produktion nicht hinterher. Potsch: „Haarausfall ist für Frauen ein viel größeres Problem als für Männer.“
Wie verhält es sich mit der ZielgruppenAnsprache bei Männern? Dazu der Alpecin-Sprecher: „Generell ist auch bei
Männern der allgemeine Wellness-Trend
zu beobachten. Schönsein und Eitelkeit
sind ebenfalls für Männer ein Thema –
man darf es nur nicht sagen.“ Das erfuhr
die Firma, als sie die Kampagne für Alpecin-Shampoos mit dem Slogan „Dann
bin ich eben eitel“ wieder absetzen musste – sie kam einfach nicht gut an.
40-49 Jahre
Klaus-Peter Nebel sagt: „Beim Packaging, im Handel und in der klassischen
Kommunikation ist ein klarer Produktbenefit wichtig, der sich dem Mann sofort erschließen muss, da er nicht gerne
sucht.“ Dies spielt auch für den Point of
Sale eine Rolle, wo Männer – übrigens
genau wie Frauen – ungern suchen.
Während Frauen dennoch gern zwischen mehreren Produkten auswählen
können wollen und auch am Ball bleiben, wenn sie das gewünschte Produkt
nicht auf der Stelle finden, muss der
männliche Konsument unverzüglich mit
‚seinem‘ Produkt konfrontiert werden.
Um die männlichen Verbraucher mit
allem Gewünschten zu versorgen, bietet
Beiersdorf die ‚One-stop-Shopping‘Möglichkeit, also die in etwa 20 deutschen Städten installierten ‚Nivea-Shops‘
innerhalb großer Kaufhäuser. KlausPeter Nebel: „Die ‚Nivea Männersache‘Displays bieten dem Mann, der ungerne
im Laden sucht, die optimale Möglichkeit, an einer Stelle all das zu bekommen,
was er für die Körperpflege benötigt.“
Wie steht es um die Entwicklungsmöglichkeiten, welche Männerpflegeprodukte fehlen noch auf dem Markt?
Klaus-Peter Nebel sagt: „Produkte, die
in die kosmetische Richtung gehen, gibt
es bislang kaum im Männer-Massenmarkt.“ Wie steht es um die Nachfrage
für solche Produkte? „Anti-Falten-Produkte für Männer gibt es zwar, doch
sehen Männer Falten weniger als Problem an als Frauen.“ Dennoch glaubt
der Beiersdorf-Sprecher an die Zukunft
der Herrenkosmetik. Anders wird dies
in der Clarins GmbH, Starnberg, gesehen: „Es werden weitere Spezialprodukte für das Gesicht auf den Markt kommen“, heißt es aus der Produktentwicklung. „Dieser Trend entsteht jedoch weniger durch eine erhöhte Nachfrage der
männlichen Verbraucher, sondern mehr
durch die Vorgabe und ein entsprechendes Angebot des Marktes.“
Ulrike Maris
50-59 Jahre
60-69 Jahre
Index Mio. % vert. Index
Mio. % vert. Index
Mio.
100
5,83 100
100
4,61 100
100
5,02 100
100
3,65 100
100
107
4,64 79,5
106
3,58 77,7
103
3,88 77,4
103
2,73 74,8
99
96
0,62 10,6
89
0,55 12,0
101
0,5
10,1
85
0,36 10,0
84
61
0,5
8,6
75
0,44
9,5
83
0,55 10,9
96
0,48 13,2
116
100
0,08
1,3
88
0,03
0,8
51
0,09
1,7
114
0,07
2,0
136
111
1,36 23,3
111
0,88 19,1
91
0,84 16,7
79
0,57 15,8
75
109
0,86 14,7
120
0,56 12,1
98
0,49
9,7
79
0,33
9,1
74
96
3,38 58,0
93
2,97 64,5
104
3,4
67,8
109
2,52 69,2
111
73
0,23
87
0,2
96
0,3
5,9
129
0,22
130
4,0
4,4
70 Jahre und älter
% vert. Index Mio.
% vert. Index
5,9
48,1 Prozent der Bevölkerung
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Healthcare Marketing 19
MÄNNER
WOLLEN GESUNDHEIT
KRAFTVOLL UND AKTIV
–
Foto: Tobias Kleinschmidt
Titelthema
Männer haben einen anderen Zugang zur Gesundheitspflege als Frauen. In puncto Wellness-Angebote z.B. wollen sie
sich nicht verwöhnen lassen, sondern Leistung zeigen, Erfolge spüren und sich darüber Wohlbefinden erarbeiten.
Autor: Alexander Kiock
Trendforscher beschwören derzeit den
kommenden Megamarkt Gesundheit.
Neben der klassischen Medizin wächst
die Boombranche gesundheitsnaher Angebote, die Gesundheit im positiven,
ganzheitlichen Sinne verstehen und
Menschen gesünder, ausgeglichener, leistungsfähiger oder glücklicher machen
wollen. Der Hype des Begriffes Wellness
ist ein eindrucksvoller Beleg für jene
neuen Bedürfnisse in der Bevölkerung.
Wellness-Angebote werden bislang
überdurchschnittlich häufig von Frauen
genutzt. Auch in der Werbung für das
ganzheitliche Wohlbefinden treten überwiegend Frauen auf. Männer gelten
hingegen oft als Gesundheitsmuffel.
Angeblich leben sie ungesund und scheren sich nicht um ihr Wohlbefinden.
Daher stellt sich die Frage: Sind Männer
im Megamarkt Gesundheit als Marke-
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Healthcare Marketing
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ting-Zielgruppe zu vernachlässigen?
Wie relevant sind Angebote zur Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden
für Männer wirklich? Und was bedeutet
das für die Vermarktung von Healthund Wellness-Angeboten?
Männer sind doch gesundheitsbewusst
In der Tat sind Männer weniger gesundheitsbewusst als Frauen. Aber man kann
nicht behaupten, Männer seien nicht an
ihrer Gesundheit interessiert. Aufschlussreich sind hier besonders die großen Markt-Media-Studien wie die Verbraucheranalyse (VA) oder die Typologie der Wünsche (TdW). Ihre repräsentativen Ergebnisse belegen, dass eine
deutliche Mehrheit der Männer von
rund 70 Prozent behauptet, auf ihre Ge-
sundheit zu achten – bei den Frauen sind
es ca. 80 Prozent. Aber es ist auch bekannt, dass die Deutschen insgesamt zu
ungesund leben. So sind diese Aussagen
anscheinend bloße Lippenbekenntnisse.
Aufschlussreicher ist der Blick darauf,
was Männer und Frauen wirklich tun,
um ihre Gesundheit zu fördern.
Die Zahl der Deutschen, die sich durch
Sport fit halten wollen, ist in den vergangenen fünf Jahren gestiegen – bei
Männern besonders stark. Deutlich
mehr Männer als Frauen möchten sich
durch Sport fit halten. Bei gesunder Ernährung liegen die Frauen vorn. Aber
die Zahl der Männer, die auf gesunde
Ernährung und auf ihr Gewicht achten,
ist seit 2004 um fast 10 Prozent gestiegen. Und für über die Hälfte der Männer ist gesunde Ernährung mittlerweile
ein relevantes Thema. Männer haben
Titelthema
also auch ein ausgeprägtes Interesse an
ihrer Gesundheit und haben hier in vergangenen Jahren gegenüber den Frauen
aufgeholt. Wenn man das Bemühen um
körperliche Fitness, gesunde Ernährung
und allgemeine Pflege der eigenen Gesundheit zusammen betrachtet, sind
mindestens 40 Prozent der Männer im
engeren Sinne gesundheitsaffin – und
damit prinzipiell eine relevante Zielgruppe für den Gesundheitsmarkt.
Gesundheit wird wichtiger für
Männer
Schon jetzt wächst also das Interesse und
Engagement von Männern für ihre Gesundheit und wird wohl noch weiter zunehmen. Denn es wird immer mehr
Männer in reifen Lebensphasen geben,
die lange jung bleiben wollen. Außerdem
werden die Anforderungen an die Leistungsfähigkeit durch den Wandel in Ge-
gibt. Sie werden von Männern nur ungefähr halb so oft genutzt wie von Frauen
– auch das belegt die Präferenz der Männer für aktive Gesundheitsförderung.
Das einzige Wellness-Angebot, das bei
Männern populärer ist als unter Frauen,
ist die Sauna. Hier entscheidet der Mann
selbst, wie lange er drin bleiben möchte,
denn über ‚Wer hält es am längsten aus‘
kommt der Sportsgeist ins Spiel. Das bei
Frauen beliebte ‚Wohlfühlprogramm für
zuhause‘ ist für Männer genauso uninteressant wie der Besuch bei der Kosmetikerin. Männer wollen sich nicht verwöhnen lassen, sondern Leistung zeigen,
Erfolge spüren und sich darüber Wohlbefinden erarbeiten.
Wellness ignoriert (derzeit noch)
Männer-Bedürfnisse
Die Zahl der Männer, die Wellness-Reisen buchen, nimmt zu, aber diese Män-
Eine Botschaft könnte lauten: „Du kannst Deine
Fähigkeiten mithilfe unseres Angebots unter Beweis
stellen und sogar noch steigern.“
Männer suchen Aktivität
Männer beschreiten andere Wege als
Frauen, um sich gesund zu halten. Sie
wollen sich ihr Wohlbefinden aktiv erarbeiten und lassen eher passive Wege der
Gesundheitspflege außen vor. Laut GfKStudie nehmen Männer empfohlene Vorsorgeuntersuchungen deutlich seltener
wahr als Frauen. Hauptgründe dafür
sind Unkenntnis und Unlust, ‚stundenlang‘ in einer Arztpraxis zu warten. Die
passive Rolle, die sie als Patienten haben,
scheint vielen Männern nicht zu behagen.
Auch Wellness-Angebote sind meist Anwendungen, denen man sich passiv hin-
ner sind meist lediglich Begleiter ihrer
Partnerinnen. Männer sind also bereit,
sich auf Wellness einzulassen, haben
aber noch nicht selber Feuer dafür gefangen. Befragungen zeigen, dass Männer sich in Wellness-Urlauben mehr
Sport und Fitness-Möglichkeiten wünschen. Auch im Urlaub ist Männern das
Verwöhnprogramm zu langweilig, weil
zu passiv. Entsprechend dürfte ein großer Teil der Werbung für Wellness-Pro-
Alexander Kiock
Foto: Maurice Weiss
sellschaft und Arbeitsmarkt eher steigen
als sinken. Schon jetzt fühlt sich knapp
die Hälfte der deutschen Männer regelmäßig gestresst – Tendenz steigend.
Mehr Eigenverantwortung durch Änderungen im Gesundheitssystem wird
Männern auch die wirtschaftlichen Vorteile eines gesundheitsorientierten Lebensstils bewusst machen.
dukte an den Interessen der Männer vorbeigehen – und nicht nur, weil dort
überwiegend Frauen gezeigt werden.
Vielmehr besteht das grundsätzliche Problem darin, dass die meisten WellnessAngebote sagen „Konsumier mich, entspann Dich, fühl dich besser!“. Dieses
Versprechen ist für Männer nicht attraktiv. Sie wollen sich zwar auch besser fühlen, brauchen aber das Gefühl, aktiv
dazu beizutragen.
Wie funktioniert Wellness auf männlich?
Ein beachtlicher und wachsender Anteil
der Männer ist also eine relevante Zielgruppe im Megamarkt Gesundheit. Sie
pflegen aber einen anderen Umgang mit
ihrer Gesundheit als Frauen. Dies hat
Implikationen für die Vermarktung von
Health- und Wellness-Angeboten:
Wellness-Produkte für Männer sollten
neben ausgleichenden Elementen auch
Optionen für Aktivität bieten. Sie sollten
Erfolgserlebnisse versprechen, die Mann
sich selbst erarbeitet, gerne auch im
Wettbewerb mit anderen.
Kommunikation für männerfokussierte
Wellness-Produkte darf emotional sein.
Doch die relevanten Emotionen heißen
nicht Entlastung, Ausgeglichenheit und
Geborgenheit. Vielmehr begeistert Männer die Freude an der eigenen Leistungsfähigkeit. Eine zentrale Botschaft der
Marketing-Kommunikation
könnte
somit lauten: „Du kannst Deine Fähigkeiten mithilfe unseres Angebotes unter
Beweis stellen und sogar noch steigern.
Du fühlst Dich gesünder und dadurch
immer besser“. Wer das berücksichtigt,
wird in Zukunft auch die bislang vernachlässigte Zielgruppe der Männer
nachhaltig für gesundheitsnahe Leistungen und Produkte begeistern können.
ist geschäftsführender Gesellschafter
der diffferent GmbH, Strategieagentur
für Marken und Kommunikation mit Sitz
in Berlin/Hannover. Diplom-Medienwissenschaftler Kiock gründete diffferent
nach dem Studium 1997 mit Partnern.
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