Presseheft als PDF - Arne Höhne. Presse + Öffentlichkeit

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Presseheft als PDF - Arne Höhne. Presse + Öffentlichkeit
Mit Charles Chaplin Paulette Goddard Jack Oakie Reginald Gardiner Henry Daniell Billy Gilbert
Buch, Regie, Produzent Charles Chaplin Musik Charles Chaplin Musikalische Leitung Meredith Willson Kamera Karl Struss, Roland Totheroh
Regieassistenz Dan James, Robert Meltzer, Wheeler Dryden Ausstattung J. Russell Spencer Weltvertrieb MK2 Im Verleih der Piffl Medien
Restaurierte Fassung – Jetzt im Kino! www.der-grosse-diktator.de
Im Ghetto: Hannah (Paulette Goddard) und der Friseur (Charlie Chaplin)
Besetzung und Stab
Im Palast
Roland Totheroh, Charles Chaplin
„Kein Ereignis in der
Geschichte des Films ist
mit mehr hoffnungsfroher
Spannung erwartet worden
wie die Premiere dieses
Films. (...) Die Aussicht,
den kleinen Charlie, die
meistgeliebte Figur der ganzen
Welt, zu erleben, wie er sein
superbes Talent nutzt, um
den gefährlichsten lebenden
Bösewicht der Lächerlichkeit
zu übergeben, erschien wie ein
gigantischer Scherz, wie ein
transzendentales Paradox.
Heute morgen sind wir
glücklich berichten zu können,
dass das Unterfangen großartig
gelungen ist. (...) Die wahrhaft
superbe Leistung eines
wahrhaft großen Künstlers
– und unter einem bestimmten
Gesichtspunkt vielleicht
der wichtigste Film, der je
hervorgebracht wurde.“
New York Times, 1940
Adenoid Hynkel, Diktator von Tomania
Charles Chaplin
Benzino Napaloni, Diktator von Bacteria
Jack Oakie
Schultz
Reginald Gardiner
Garbitsch
Henry Daniell
Herring
Billy Gilbert
Botschafter von Bacteria
Carter De Haven
Madame Napaloni
Grace Hayle
Im Ghetto
Der jüdische Friseur
Charles Chaplin
Hannah
Paulette Goddard
Mr. Jaeckel
Maurice Moskovich
Mrs. Jaeckel
Emma Dunn
Mr. Mann
Bernard Gorcey
Mr. Agar
Paul Weigel
Stab
Buch, Regie, Produzent Charles Chaplin
Musik Charles Chaplin
mit Motiven von Wagner und Brahms
Musikalische Leitung Meredith Willson
Kamera Karl Struss, Roland Totheroh
Regieassistenz Dan James, Robert Meltzer,
Wheeler Dryden
Ausstattung J. Russell Spencer
Schnitt Willard Nico
Ton Percy Townsend, Glenn Rominger
Produktion Chaplin – United Artists
USA 1940, 124 min, sw, 1:1,33, Mono, OMU
Weltvertrieb der restaurierten Fassung: MK 2
Im Verleih der Piffl Medien
Die Restaurierung von Der große Diktator
Seit einigen Jahren arbeiten die Cineteca di Bologna und
das Kopierwerk Immagine Ritrovate im Auftrag der Chaplin Association an der Restaurierung der Filme Chaplins.
Das Ausgangsmaterial für die Bild-Restaurierung von
Der Große Diktator war eine vom Original-Negativ
gezogene, gut erhaltene Filmkopie, die es ermöglichte,
die originalen Kontraste und die Lichtbestimmung
wiederherzustellen. Für die Tonbearbeitung stand ein
Band der originalen Endmischung zur Verfügung. Mit
Hilfe digitaler Technologien wurden Kratzer und andere
Beschädigungen der Tonspur beseitigt. Als Ergebnis
stehen heute Filmkopien in einer den Original-Vorgaben
entsprechenden, bisher nicht gekannten, brillanten Bildund Tonqualität zur Verfügung. (www.charliechaplinarchive.org)
Synopsis
Dreharbeiten der Ghetto-Szenen
Tomania wird mit eiserner Hand vom Diktator Adenoid
Hynkel regiert. Uniformen, Aufmärsche und eine gewaltige Aufrüstung: Man will die Welt erobern. Unbarmherzig
verfolgen Hynkel und seine Schergen die Juden im
Land, für die kein Platz sein soll im tomanischen Reich.
Von all dem weiß der kleine jüdische Friseur nichts,
der nach 20 Jahren aus dem Hospital entlassen wird.
Nach seiner Verwundung im Ersten Weltkrieg hat er das
Gedächtnis verloren. Es ist ihm, als habe er erst gestern
seinen Laden im jüdischen Ghetto verlassen. Woher soll
er wissen, dass Hynkels Polizisten nun nach Gutdünken
ungestraft plündern und zerstören dürfen?
Beherzt setzt er sich gegen die Übergriffe zur Wehr –
und kommt nur durch ein Wunder mit dem Leben davon.
Der Offizier Schultz, dem er im Ersten Weltkrieg das
Leben gerettet hat, kommt zufällig vorbei, als Hynkels
Schergen den renitenten Friseur kurzerhand aufhängen
wollen. Er ist ein mächtiger Mann im neuen Tomania geworden und stellt den Friseur und dessen Freunde unter
seinen persönlichen Schutz. Im Ghetto hält ein kaum
mehr für möglich gehaltener Frieden Einzug.
Sogar für die Liebe ist wieder Zeit. Der Friseur ist
ganz verzaubert von Hannah, dem Mädchen aus dem
Nachbarhaus. Doch am Abend ihrer ersten Verabredung
bricht die Katastrophe wieder ins Ghetto ein, schlimmer
als je zuvor. Denn Schultz ist in Ungnade gefallen, weil
er sich Hynkels Plänen zur Invasion des Nachbarlandes
Osterlich widersetzt hat. Er flieht zu seinem alten Freund
ins Ghetto. Dort versucht man alles, um Schultz zu
retten. Doch schließlich wird er von Hynkels Männern
gefasst und zusammen mit dem Friseur ins Konzentrationslager gebracht.
Hynkel muss derweil alles diplomatische Geschick aufwenden, um seinem Diktatoren-Kollegen Benzino
Napaloni aus Bacteria beim Einmarsch in Osterlich
zuvorzukommen. Beim Besuch Napalonis in Hynkels
Palast wird eine Allianz geschlossen – der Weg für die
tomanischen Truppen ist frei. Hynkel begibt sich, als
Entenjäger getarnt, ins Grenzgebiet.
Schultz und der Friseur entkommen in tomanischen
Uniformen aus dem Konzentrationslager. Sie geraten in
die Invasion Osterlichs. Doch die tomanischen Soldaten
verwechseln den Friseur mit Hynkel. Und während der
echte Diktator auf der Entenjagd von seinen eigenen
Truppen als entlaufener KZ-Häftling verhaftet wird, führt
man den Friseur auf den Paradeplatz von Osterlichs
Hauptstadt. Er soll eine Rede halten. “Reden Sie”, fleht
Schultz. “Es ist unsere einzige Hoffnung...”
Über Der große Diktator
Die Ähnlichkeit zwischen der Tramp-Figur Chaplins und
Adolf Hitler, manifestiert im absurden Schnurrbart, war in
den 30er Jahren immer wieder Gegenstand von Karikaturen und Witzen. 1938 greift Chaplin diese Ähnlichkeit
auf, um eine Filmsatire auf Grundlage der Verwechslung
zwischen dem Diktator Adenoid Hynkel und einem
kleinen jüdischen Friseur zu entwickeln. Am 1. September 1939, dem Tag des deutschen Einmarschs in
Polen, ist die Drehfassung des Filmskripts fertig, am 9.
September beginnen die Dreharbeiten.
Mit Der große Diktator hat Chaplin ein Meisterwerk
der Filmgeschichte geschaffen: Eine, wie Eisenstein
schrieb, “großartige, vernichtende Satire, dem Sieg des
menschlichen Geistes über die Unmenschlichkeit zum
Ruhm”. Der Film war in vielerlei Hinsicht ein gewagtes
Unterfangen: Der große Diktator ist nicht nur Chaplins
erster Dialog-Film, zum ersten Mal bekennt er hier auch
offen seine politischen Überzeugungen. Die größte
Herausforderung freilich lag im Sujet selbst: die Balance
zu halten zwischen Chaplins erklärtem Wunsch, die Welt
möge über Hitler lachen – und dem Respekt gegenüber
den Opfern des Nazi-Terrors. Die während der Dreharbeiten fast täglich eintreffenden Schreckensmeldungen
aus Europa machten diese Aufgabe immer schwerer.
Chaplin meistert die Herausforderung in jeder Hinsicht.
Niemals ist die Darstellung des Demagogen und seiner
willigen Verehrer eindringlicher gelungen. Der Kaiser ist
nackt. Im Tanz Hynkels mit der Weltkugel offenbart sich
die erbärmliche Leere der immergleichen Diktatorenseele in einer zum Schreien komischen Schärfe, neben
der sich etliche thematisch ähnlich gelagerte Filme jüngeren Datums wie cineastische Seminararbeiten ausnehmen. Das Lachen ist in Der große Diktator das Privileg der Menschlichkeit, der Barbarei bleibt das Bellen.
Chaplins Film hat eine Haltung und ein Ziel: er bezieht
Stellung angesichts der unübersehbaren größten Katastrophe der Menschheitsgeschichte. Er führt die befreiende Kraft des Lachens an ihr äußerstes Ende: jetzt
muss der kleine jüdische Friseur, die Filmfigur, den Platz
räumen für den Menschen Charles Spencer Chaplin, der
in seiner Schlussrede unverstellt und leidenschaftlich
für die Vision einer friedlichen Welt eintritt. Und deshalb,
wegen der unverwüstlichen Verwurzelung in seiner Zeit
und den Umständen seiner Entstehung, ist Chaplins
Der große Diktator bis heute der beste, bewegendste,
komischste und wahrhaftigste Propagandafilm für die
Menschlichkeit. Überzeugen Sie sich – im Kino!
Auf der Flucht: Hannah und der kleine Friseur
Charlie Chaplin als Adenoid Hynkel
„Was das Komische an Hitler
betrifft, möchte ich nur sagen,
dass es, wenn wir nicht ab
und zu über Hitler lachen
können, noch viel schlechter
um uns bestellt ist als wir
glauben. Es ist gesund
zu lachen, auch über die
dunkelsten Dinge des Lebens,
sogar über den Tod. (...)
Lachen ist ein Stärkungsmittel,
Lachen erleichtert; Lachen
ist eine Atempause, die es
ermöglicht, den Schmerz
auszuhalten.“
Charlie Chaplin; New York Times, 1940
Der Diktator und der Tramp
Der kleine Soldat als Kanonenfutter
„Vanderbilt schickte mir eine
Serie Postkarten, die Hitler
zeigten, während er eine Rede
hielt. Das Gesicht war in
obszöner Weise komisch – eine
schlechte Imitation von mir, mit
dem absurden Schnurrbart, den
ungekämmten, strähnigen
Haaren und dem widerwärtigen
dünnen kleinen Mund. Ich
konnte Hitler nicht ernst
nehmen. Jede Postkarte zeigte
eine andere Pose: Einmal griff
er mit klauenartigen Händen in
die Menschenmasse, dann
wieder hatte er wie ein Kricketspieler beim Schlag den einen
Arm steil emporgereckt, während der andere schlaff herabhing. Auf der nächsten Karte
sah man ihn mit ausgestreckten
Händen, die Fäuste geballt, als
hebe er eine Hantel.
Der Diktator in Kellner-Haltung
Die Gebärde des Grußes, bei
der er die Hand über die Schulter zurückwarf, wobei die Handfläche nach oben gerichtet war,
erweckte in mir den Wunsch,
ein Tablett mit schmutzigen
Tellern draufzustellen. Das ist
ein Verrückter, dachte ich.“
Charlie Chaplin,
Die Geschichte meines Lebens
Lange hatte Chaplin seinen Tramp gegen den
unaufhaltsam aufkommenden Tonfilm verteidigt, zuletzt
in Modern Times. 1967 schilderte er in einem LifeInterview sein damaliges Dilemma: „Die Stimme ist
so verräterisch; sie bringt etwas Künstliches mit sich
und reduziert jedermann auf ein gewisses Maß an
Zungenfertigkeit, auf etwas Unwirkliches. Pantomime
ist für mich ein Ausdruck von Poesie, komischer
Poesie. Ich wusste, dass ich in den Tonfilmen viel
von meiner Eloquenz verlieren würde... Ich würde
niemals meinen Tramp wiederauferstehen lassen.
Er könnte nicht sprechen – ich wüsste nicht, was für
eine Art Stimme er haben sollte. Wie würde er einen
Satz zusammenstellen? Also musste der Tramp
verschwinden.“
Nach Modern Times arbeitet Chaplin an der Idee eines
Napoleon-Films, kann sie aber nicht zu einem ihn
befriedigenden Abschluss bringen. 1937 schlägt ihm,
wie er sich in seiner Autobiographie erinnert, Alexander
Korda vor, „einen Hitler-Film zu machen, dessen Story
sich um eine Personenverwechslung drehen sollte, da
Hitler denselben Schnurrbart habe wie der Tramp. Er
meinte, ich könne beide Personen darstellen. Damals
hielt ich nicht sehr viel von der Idee, doch jetzt war sie
aktuell, und ich brannte darauf, wieder an die Arbeit zu
gehen. Ganz plötzlich wurde es mir klar. Natürlich! Als
Hitler konnte ich die Massen großtuerisch bearbeiten
und so viel sprechen, wie ich wollte. Als Tramp konnte
ich dann mehr oder minder still bleiben. In einem HitlerFilm konnte ich Burleske und Pantomime miteinander
verbinden.“
Im Frühjahr 1938 lernt Chaplin den angehenden Schriftsteller Dan James kennen und berichtet ihm von seiner
Filmidee. Im September wird James eingeladen, als
Assistent an der Entwicklung des Buchs mitzuarbeiten.
Die Arbeit beginnt umgehend. Schon am 12. November
1938 wird ein erstes Treatment bei der CopyrightBehörde eingereicht. Die Gerüchte über das neue
Chaplin-Projekt sorgen weltweit für Aufsehen: Eine
Sensation, die der Chaplin-Biograph David Robinson so
beschreibt: „Ein einzigartiges Phänomen, ein herausragendes Ereignis in der Geschichte der Menschheit.
Der größte Clown, die beliebteste Persönlichkeit der
damaligen Zeit forderte den Mann heraus, der in
der neuen Geschichte mehr Böses und mehr menschliches Leid angestiftet hat als irgendein anderer.“
Frühe Widerstände
Auf der Gegenseite reagiert man empfindlich. In
Deutschland sind Chaplins Filme seit 1934 verboten,
er selbst wird von der deutschen Presse in Übernahme
einer Falschmeldung aus den USA „der Jude Karl
Tonstein, besser bekannt unter dem Namen Charlie
Chaplin“ genannt. (Das Gerücht von Chaplins jüdischen
Wurzeln hat sich lange gehalten. Er selbst hat später
dazu bemerkt, dass die jüdische Herkunft eine große
Ehre bedeute, die ihm jedoch nicht zuteil geworden
sei.) Der deutsche Film-Kurier fordert das Einschreiten
gegen Chaplins Film: „Die jüdische Minderheit darf
also in den USA unbehelligt den Führer einer fremden
großen Nation verhöhnen. In Frankreich ist vor
einigen Tagen eine Anordnung herausgekommen, die
die Verächtlichmachung fremder Staatsoberhäupter
verbietet. Wann wird Amerika diese selbstverständliche
Anstandspflicht zwischen Völkern aufbringen, derartige
Unverschämtheiten, wie sie der Jude Charlie Chaplin im
Schilde führt, zu verhindern?“
Auch in den USA ist man alles andere als begeistert von
Chaplins Plänen, die auf dem Höhepunkt der Appeasement-Politik kurz nach dem Münchner Abkommen bekannt geworden sind. Pro-faschistische und antisemitische Stimmungen sind in den USA zu dieser Zeit
durchaus salonfähig, die große Mehrheit der Amerikaner
spricht sich noch lange nach Kriegsbeginn gegen eine
Einmischung in Europa aus. Das Hays-Office, die amerikanische Zensurbehörde, äußert starke Bedenken gegen
den Film. Selbst bei der United Artists, an der Chaplin
mit 25 Prozent beteiligt ist, hat man die Befürchtung, der
Film könne weder in den USA noch in England aufgeführt werden. „Doch ich war entschlossen weiterzumachen“, schreibt Chaplin in seiner Autobiographie,
„denn über Hitler sollte gelacht werden. Hätte ich etwas
von den Schrecken in den deutschen Konzentrationslagern gewusst, ich hätte Der große Diktator nicht
zustandebringen, hätte mich über den mörderischen
Wahnsinn der Nazis nicht lustig machen können. Aber
ich wollte unbedingt ihren mystischen Unsinn über eine
reinblütige Rasse zum Gespött werden lassen.“
Die Entwicklung des Drehbuchs
Die Grundidee des Films basiert auf der Verwechslung
des namenlosen jüdischen Friseurs mit dem Diktator.
Auch der Anfang des Films steht bald fest: Die ersten
Treatments beginnen mit der Heimkehr jüdischer
Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg – der Tramp ist dabei
der einzige, der zuhause nicht erwartet wird. Auch die
Idee der rivalisierenden Diktatoren Hynkel und Napaloni
wird früh konzipert; die Idee, Hynkel eine jüdische Ehefrau an die Seite zu stellen, hingegen wieder verworfen.
Im Dezember 1938 steht die Geschichte im wesentlichen
fest, einschließlich des Schlusses. Hier ist es allerdings
Hynkel übt sich in einer bis heute sehr beliebten Diktatoren-Disziplin
noch der Vater Hannahs, mit dem der Friseur aus dem
Konzentrationslager flieht und auf dem Palastplatz
von Osterichs Hauptstadt Vanilla landet, wo er als
falscher Hynkel eine Rede halten muss. Nach etlichen
Überabeitungen wird Dan James beauftragt, den letzten
Stand des Treatments und die umfangreichen Notizen
zu einem Fünfakter mit Epilog umzuarbeiten. Vom
ursprünglich geplanten Titel The Dictator muss Chaplin
Abstand nehmen, da er bereits an die Paramount
vergeben und nicht zu verhandeln ist. Eingetragen
werden schließlich The Great Dictator sowie als
mögliche Alternativen Ptomania, The Two Dictators,
Dictamania und Dictator of Ptomania.
Ungewohnte Anforderungen
Im Januar 1939 beginnt die Arbeit im Studio. Zunächst
muss die Bühne für die Tonaufnahmen schalldicht
gemacht werden – Chaplin unterhält das letzte
Stummfilm-Studio in Hollywood. Die neue Technik bringt
eine Reihe von Veränderungen mit sich, an die Chaplin
sich nur schwer gewöhnen wird: Nicht nur das deutlich
erweiterte Studio-Team, der gesamte Arbeitsablauf hat
sich verändert. Konnte Chaplin früher eine Sequenz
nach der anderen ausarbeiten und drehen, Ideen im
Verlauf der Arbeit entwickeln, verändern oder verwerfen,
muss nun ein vollständig ausgearbeitetes Skript vor
Beginn der Dreharbeiten vorliegen. Neben den gewohnten Vorbereitungen wie der Anfertigung von
Miniaturen für Spezialeffekte, dem Kulissenbau und dem
Casting setzt sich deshalb die Arbeit am Drehbuch bis
zum Drehbeginn fort. An den täglichen Skriptbesprechungen mit Dan James nimmt nun auch Charlies
Bruder Sydney teil. Er gehört zum ersten Mal seit vielen
Jahren wieder zum Studio-Team.
Am 1. September 1939 – dem Tag des deutschen
Einmarschs in Polen – ist das Skript des Großen
Diktators fertig. Mit 300 Seiten ist es ungewöhnlich
umfangreich; im Laufe der Arbeit wird es immer wieder
verändert.
Die Dreharbeiten
Am 9. September, sechs Tage nach der Kriegserklärung
Großbritanniens an Deutschland, beginnen die Dreharbeiten. Paulette Goddard spielt wie schon in Modern
Times die weibliche Hauptrolle. Sie ist – was erst später
bekannt wird – seit 1937 mit Chaplin verheiratet; zu
Beginn der Dreharbeiten ist die Trennung in freundschaftlichem Einvernehmen allerdings bereits vollzogen.
Mit Jack Oakie als Benzino Napaloni verpflichtet Chaplin
zum ersten Mal einen veritablen Star als seinen Gegenpart – eine Komiker-Konkurrenz, die sich den Beteiligten
zufolge sehr positiv auswirkt.
Die beiden Rollen Chaplins werden während der Dreharbeiten strikt voneinandender getrennt. Bis Ende Oktober 1939 wird der Großteil der Ghetto-Szenen gedreht,
im November folgen einige komplizierte Aufnahmen wie
die Flugzeug-Sequenz mit Schultz. Die Dreharbeiten
sind einer viel strikteren Planung und Vorbereitung unterworfen als bei allen Chaplin-Film davor. Die geregelte
Arbeitszeit im Studioablauf bleibt dennoch eher die Ausnahme. Zum einen ist die Ankunftszeit Chaplins im
Studio eine offenbar unberechenbare Größe, zum anderen kann er nicht ganz von seiner gewohnten Arbeitsweise lassen: Ideen umwerfen, überarbeiten, hinzufügen.
Mit dem Skript-Girl – eine ihm bis dahin völlig unbekannte Instanz – liegt er im Dauer-Clinch: Die Wirkung einer
Szene geht ihm über die Diktatur der continuity.
Probleme mit der Dicken Berta
„Man mag es als eine Ironie
des Schicksals ansehen, dass
vor 50 Jahren um diese Zeit
in einem Abstand von nur vier
Tagen Charlie Chaplin und
Adolf Hitler ihren Einzug in
diese Welt hielten. (...)
Hynkel und Napaloni (Jack Oakie)
Jeder hat auf seine Art und
Weise die Ideen, Gefühle und
Hoffnungen der mühebeladenen
Bürger zum Ausdruck gebracht,
der Millionen, die zwischen
dem oberen und dem unteren
Mühlstein der Gesellschaft zermalmt werden. (...) Beide spiegeln dieselbe Wirklichkeit wider
– die Not des ‚kleinen Mannes‘
in der modernen Gesellschaft.
Beide sind Zerrspiegel, der eine
zum Guten hin, der andere zum
unsagbar Bösen.“
Spectator, 21.4.1939
Hannah im Kampf mit Hynkels Schergen: “Der große Diktator ... frevelt in der Szene, wo ein jüdisches Mädchen SA-Männern der Reihe nach eine Bratpfanne auf den Kopf haut, ohne dass es in Stücke gerissen würde”, schrieb Adorno.
„Es fällt mir schwer, meine
Reaktion auf ‚Der große Diktator‘ zu beschreiben. Ich musste
so lachen und war so tief bewegt. Wenn man den emotionalen Bogen bedenkt, den er
schlägt... es ist ein Wunder.
Der Maschine ausgeliefert
Die Fähigkeit, einen von der
Dicken Berta am Anfang bis zu
diesem Schluss zu führen! Der
Schluss kommt nicht abrupt,
Chaplin baut ihn behutsam auf,
er bereitet uns so behutsam
auf die eigenen Gefühle vor,
bis sie auf einer anderen Ebene
wirksam werden.
Die Verwechslung
Natürlich, Lachen ist auch ein
Gefühl, es ist sogar ein außerordentliches Gefühl – aber das
Lachen hinter sich und langsam, unterirdisch dieses andere
Gefühl entstehen zu lassen... Es
ist ein großartiger Film sowohl
hinsichtlich der Konzeption als
auch der Inszenierung.“
Sydney Lumet
Im Dezember 1939 beginnen die Dreharbeiten der
Hynkel-Szenen. Während der Produktionsvorbereitung
hatte sich Chaplin anhand der verfügbaren Wochenschauen eingehend mit dem Auftreten, der Redeweise
und Gestik Hitlers beschäftigt. Chaplins legendäre
Hynkel-Reden entstehen nun, nach Aussagen der
Anwesenden, offenbar aus dem Stegreif. Wie sich
Dan James erinnert, werden die Kundgebungsszenen
zunächst vor Statisten im San Fernando Valley aufgenommen, in mehrminütigen, durchlaufenden Einstellungen: „Es hatte über 3o Grad, aber er konnte
offenbar endlos weitermachen (...). Am Ende des Tages
war er leichenblass im Gesicht, durchgeschwitzt, erschöpft, mit einem Handtuch um den Hals. Er sank in
sein Auto, und man dachte: Mein Gott, der kommt morgen nie und nimmer wieder. Aber er kam wieder.“
Letztlich werden die im San Fernando Valley gedrehten
Sequenzen jedoch nicht verwendet, weil ihr Licht mit den
Studio-Einstellungen nicht zu kombinieren ist.
Ende Dezember dreht Chaplin die Tanzsszene mit der
Weltkugel, Retakes für die Szene entstehen im Januar
und Februar 1940. Im Januar werden die Szenen mit
Jack Oakie gedreht – wegen dessen hoher Gage versucht man, die Anzahl seiner Studiotage so gering wie
möglich zu halten. Mitte Februar sind die meisten Studioszenen abgedreht. Es folgen die Außenaufnahmen für
die Sequenz aus dem Ersten Weltkrieg und Hynkels
Entenjagd.
überall in Europa auf dem Vormarsch; in den USA
mehren sich die Stimmen für ein Eingreifen Amerikas.
Chaplin wird nun von vielen Seiten gedrängt, seinen Film
abzuschließen.
Überarbeitung und Fertigstellung
Bis zur Fertigstellung von Der große Diktator vergehen
jedoch noch Monate. Ende Juni 1940, die deutschen
Truppen haben gerade Paris besetzt, dreht Chaplin die
Schlussrede. Die ganze Zeit über werden Retakes für
andere Sequenzen aufgenommen. Im Juli komponiert
Chaplin unter Mitarbeit von Meredith Willson die Filmmusik, die Ton- und Musikaufnahmen beginnen Ende
des Monats. Am 1. September liegt die erste vollständige
Kopie des Films vor.
Nach internen Vorführungen überarbeitet Chaplin den
Film noch mehrere Male. Für die Ghetto-Szenen setzt
er aufwendige Nachdrehs an, die Kulisse muss neu
aufgebaut, die nötigen Schauspieler zusammengesucht
werden. Am 3. Oktober wird der Film einem exklusiven
Publikum, u.a. James Roosevelt, Aldous Huxley, John
Steinbeck und Lewis Milestones vorgeführt. Anschließend nimmt Chaplin noch kleinere Änderungen am Ton
vor. Insgesamt hat Chaplin zwei Millionen Dollar in
die Produktion investiert. Gedreht wurden im Lauf der
insgesamt 168 Drehtage fast 90 Stunden Filmmaterial.
Premiere
Die Hauptdreharbeiten sind im März 1940 abgeschlossen. Chaplin beginnt mit der langwierigen Arbeit am
Schnitt, daneben schreibt er am Text der Schlussrede,
die noch nicht gedreht ist. Die Weltlage hat sich inzwischen dramatisch verändert. Die Deutschen sind
Die Pressevorführung am Vorabend der Premiere ist
wenig aufschlussreich für Chaplin: „Ein besonderes
Charakteristikum der Pressevorführung einer Komödie
ist es, dass das Lachen immer mit einem Trotzdem auf
„Indem Chaplin den Schnurrbart Hitlers benutzte, um den Mythos Charlie zu reintegrieren,
löschte er den Mythos des Diktators aus. Es war notwendig, diesen Film zu machen, sei es
auch nur zum Spaß oder der guten Ordnung willen.“ La Revue du Cinema, 1948
die Welt kommt“, schreibt er in seiner Autobiographie.
„So war es auch bei dieser Vorführung mit dem Lachen
– soweit überhaupt gelacht wurde.“
Das politische Klima in den USA dieser Tage ist aufgeheizt. Die Befürworter des amerikanischen Eingreifens
stoßen nach wie vor auf harten Widerspruch, die
profaschistischen Kräfte treten, unterstützt von
Deutschland, sehr aggressiv auf. Chaplin hat unzählige
Drohbriefe bekommen. Für den Fall einer Störung der
Premiere durch Nazi-Sympathisanten wird mit Harry
Bridges, dem Chef der Hafenarbeiter-Gewerkschaft,
vereinbart, dass er einige erfahrene Männer bereit hält.
Die Premiere von Der große Diktator am 15. Oktober
1940 in New York verläuft schließlich ohne Zwischenfälle. Die Reaktion auf den Film ist gespalten: Begeisterten Äußerungen steht die Kritik gegenüber, dass der Film
den Ereignissen in Nazi-Deutschland und Europa nicht
angemessen sei. Dem Erfolg des Films tut dies keinen
Abbruch: Der große Diktator wird zum größten Erfolg
Charlie Chaplins, nur Vom Winde verweht verzeichnet
zu dieser Zeit höhere Einspielergebnisse. Die EuropaPremiere findet am 16. Dezember 1940 in London statt,
auf dem Höhepunkt der deutschen Luftangriffe. Der New
Statesman schreibt über den Film: „Die beste Ermutigung, die man uns geben konnte.“
Motiven zu fragen: Wie weit war es der Schauspieler in
mir gewesen, den es danach verlangt hatte, die Reaktion
eines lebendigen Publikums zu erleben? Hätte ich diese
Donquichoterie begonnen, wenn ich keinen Anti-NaziFilm gemacht hätte? War es vielleicht eine Sublimierung
all meiner Irritationen und Reaktionen beim Erscheinen
des Tonfilms? Ich glaube, all diese Elemente spielten
eine Rolle, doch das stärkste Motiv waren mein Hass
und meine Verachtung gegenüber dem Nazi-System.“
Paulette Goddard
In Deutschland wird Der große Diktator – sieht man von
einer Filmkopie ab, die sich Goebbels angeblich besorgt
und an die Reichskanzlei ausgeliehen haben soll – erstmals kurz nach Kriegsende in einer von den Allierten für
ausgewählte Filmschaffende und Intellektuelle organisierten Vorstellung gezeigt. Man befindet, dass es für
eine Aufführung des Films in Deutschland noch zu früh
sei. Erst 1958 kommt Der große Diktator in die westdeutschen Kinos, in der DDR wird er erstmals 1980 im
Fernsehen aufgeführt.
„Hütet euch vor den Verführungskünsten der Nazis! Diese
Nazi-Wölfe werden sich bald in
einen Schafspelz hüllen. Sie
werden uns den Frieden sehr
schmackhaft machen, und
bevor wir dessen gewahr
geworden sind, werden wir
der Nazi-Ideologie erlegen
sein. Dann werden wir zu
Sklaven geworden sein. Sie
werden uns unsere Freiheit
nehmen und unser Bewusstsein
kontrollieren. Die Welt wird von
der Gestapo beherrscht werden.
Sie werden uns aus der Luft
regieren. Ja, das ist die Macht
der Zukunft.
Nachwirkungen
Fachkundige Abnahme der Militärparade
Chaplin engagiert sich in den nächsten Jahren leidenschaftlich für den Kriegseintritt der USA. Im Januar
1941 nimmt er mit einer Delegation aus Hollywood an
den Feierlichkeiten zur Amtseinführung Roosevelts
teil. Dessen einziger Kommentar bezieht sich nach
Chaplins Erinnerung auf die Schwierigkeiten, die die
USA wegen des Films mit den Staaten Südamerikas
bekommen hätten. Dennoch darf Chaplin aus Anlass
der Feierlichkeiten die Schlussansprache aus Der große
Diktator vor einem Radio-Publikum von 60 Millionen
Menschen verlesen.
Nach dem Kriegseintritt der USA Ende 1941 fordert
Chaplin auf zahlreichen öffentlichen Auftritten die sogenannte zweite Front und die Unterstützung der Sowjetunion im Krieg gegen Hitlerdeutschland. Sein Engagement stößt vielerorts auf Kritik – nach dem Krieg begründet es den Vorwurf, Chaplin sei Kommunist. „Infolge meiner Reden für die zweite Front wurde das
gesellschaftliche Leben in New York merklich ruhiger
für mich“, erinnert sich Charlie Chaplin in seiner Autobiographie. „Jetzt hatte ich das Gefühl, in eine politische
Lawine geraten zu sein. Ich begann, mich nach meinen
(...) Lasst uns auf einen Sieg
im Frühjahr hinarbeiten. Wenn
wir an diesem Gedanken festhalten, mit ihm arbeiten und
leben, dann wird er in uns
den Geist erzeugen, der
unsere Energie stärken und
unseren Schwung beflügeln
muss. Lasst uns nach dem
Unmöglichen streben. Wir
wollen daran denken, dass es
die größten Errungenschaften
in der Geschichte waren, das zu
bezwingen, was unbezwinglich
schien.“
Charlie Chaplin, Rede auf dem Madison
Square Garden, 22. Juli 1942
Die Schlussrede in Der Große Diktator
Dreharbeiten der Schlussrede, Juni 194o
Begrüßung in Osterlich
„Aus dieser nicht endenwollenden und für meinen
Geschmack zu kurzen Einstellung hat sich mir ausschließlich eingeprägt das
verzaubernde Timbre einer
Stimme um die beunruhigendste aller Metamorphosen.
Nach und nach verschwindet
die leuchtende Maske Charlies,
zerrieben von den Nuancen der
Panchromatie und decouvriert
durch die nahegerückte Kamera,
welcher Effekt noch durch das
Teleskop der großen Leinwand
verstärkt wird. Hinter der
Maske erscheint wie in einer
Überblendung das Gesicht
eines schon alten Mannes,
durchzogen von ein bißchen
bitterem Lächeln, die Haare von
weißen Strähnen durchzogen:
das Gesicht von Charles
Spencer Chaplin. Dieser Vorgang einer fotografischen
Psychoanalyse wird mit
Sicherheit einer der wichtigsten
Augenblicke der Filmgeschichte
bleiben.“
André Bazin, La Revue du Cinema, 1948
Wie Der große Diktator enden sollte, hat Chaplin schon
in der ersten Treatment-Fassung vom Dezember 1938
beschrieben: „Charlie tritt vor. Er beginnt langsam – er
hat eine Heidenangst. Aber seine Worte verleihen ihm
Kraft. Beim Reden verwandelt sich der Clown in einen
Propheten.“ Bis die Szene ihre endgültige Gestalt findet,
dauert es jedoch noch lange. Entworfen, zum Teil sogar
gedreht wurden verschiedene Szenen, mit denen die
Rede unterlegt werden sollte: Soldaten, die aus dem
Stechschritt in einen Walzer verfallen; ein Exekutionskommando, das die Waffen niederlegt; die aufmarschierten Truppen, die während der Rede in Freudentänze ausbrechen. Chaplin schrieb die Rede nach Abschluss der Haupt-Dreharbeiten, zwischen April und
Juni 1940. Gedreht wurde die Szene Ende Juni. Die
Kriegssituation in Europa hatte sich wenige Tage zuvor
mit dem Einmarsch der deutschen Truppen in Paris
grundlegend geändert.
Im Chaplin-Umfeld war der Schluss umstritten, wie sich
Tim Durant erinnert: „Es gab eine große Diskussion
darüber, dass das nicht in den Film gehörte. Es war
geschmacklos. Es war nicht richtig, dass Charlie sich
dazu hergab, Propaganda zu machen.“ Man befürchtete,
die bis dahin anti-interventionistische Mehrheit in den
USA zu provozieren und einen Flop an der Kinokasse
zu riskieren. Andere, wie Chaplins orthodox linke Assistenten Dan James und Robert Meltzer, stießen sich am
ungehemmten Idealismus der Rede – beide wurden von
den Aufnahmen der Rede ausgeschlossen, weil Chaplin
sich durch ihre Ablehnung gestört fühlte. In der Endfassung des Films nimmt die Rede volle sechs Minuten
ein. Im Oktober 1940, wenige Tage nach der Weltpremiere, nimmt Chaplin in der New York Times zur Kritik
an der Rede Stellung: „Es ist die Rede, die der Friseur
gehalten hätte, die er hätte halten müssen. (...) Es wäre
viel einfacher gewesen,den Friseur und Hannah in einen
fernen Horizont verschwinden zu lassen, unterwegs zum
gelobten Land, vor der untergehenden Sonne. Aber es
gibt kein gelobtes Land für die Unterdrückten dieser
Erde. Es gibt keinen Ort jenseits des Horizonts, wo sie
eine Zuflucht finden könnten.“
Klaus Mann sieht in der Schlussrede die Konsequenz
eines gescheiterten Films: „Der Film hat keinen Stil,
keinen roten Faden, keine überzeugende Kraft. (...) Er ist
eine lächerliche Farce, ausgeschmückt mit geschwollenen Bekenntnissen. Chaplins Rede am Schluss des
Films ist unerträglich banal.“ Adorno, ein Bewunderer
Chaplins, befand: „Die wogenden Ährenfelder am
Ende von Chaplins Hitler-Film desavourieren die
antifaschistische Freiheitsrede. Sie gleichen der blonden
Haarsträhne des Mädels, dessen Lagerleben im Som-
merwind von der UFA photographiert wird.“
Am eindringlichsten beschreibt Sergej Eisenstein in
seinem Essay Charlie, The Kid von 1945 die Schlussrede: „Im Diktator spielt er [Chaplin] beide Parteien,
beide entgegengesetzten Pole der Infantilität: den
triumphierenden wie den unterlegenen. (...) Deswegen
hat wohl gerade dieser Film eine so erstaunliche Wirkung. Und deswegen spricht Chaplin gerade in diesem
Film zum erstenmal mit lebendiger Stimme. (...) Die
Worte des Aufruhrs im Finale des Diktators symbolisieren gleichsam die Neugeburt des Kindes Chaplin als
Tribun. (...) Und damit tritt er den großen Meistern des
jahrhundertelangen Kampfes der Satire mit der Finsternis würdig und gleichberechtigt zur Seite (...) Und
vielleicht ist er sogar der Größte von ihnen, weil er dem
Golgatha finsterster faschistischer Reaktion sein vernichtendendes Lachen entgegenschleudert, er, der jüngste der Davids: Charles Spencer Chaplin aus Hollywood,
der von nun an heißen soll: Charlie the Grown-up.“
Die Schlussrede im Wortlaut
Schultz: „Sie müssen reden!“ – Friseur: „Ich kann nicht.“
Schultz: „Sie müssen! Es ist unsere einzige Hoffnung!“
Friseur: „Hoffnung… Es tut mir leid, aber ich will kein
Kaiser sein. Das ist nicht meine Sache. Ich möchte
niemanden beherrschen und niemanden bezwingen.
Es ist mein Wunsch, einem jeden zu helfen – wenn es
möglich ist – sei er Jude oder Nichtjude, Weißer oder
Schwarzer. Wir alle haben den Wunsch, einander zu
helfen. Das liegt in der Natur des Menschen. Wir wollen
vom Glück des Nächsten leben – nicht von seinem
Elend. Wir wollen nicht hassen und uns nicht gegenseitig
verachten. In dieser Welt gibt es Raum für alle, und die
gute Erde ist reich und vermag einem jeden von uns das
Notwendige zu geben.
Wir könnten frei und anmutig durchs Leben gehen, doch
wir haben den Weg verloren. Die Gier hat die Seelen der
Menschen vergiftet – sie hat die Welt mit einer Mauer
aus Hass umgeben – hat uns im Stechschritt in Elend
und Blutvergießen marschieren lassen. Wir haben die
Möglichkeit entwickelt, uns mit hoher Geschwindigkeit
fortzubewegen, doch wir haben uns selbst eingesperrt.
Die Maschinen, die uns im Überfluss geben sollten, haben uns in Not gebracht. Unser Wissen hat uns zynisch,
die Schärfe unseres Verstandes hat uns kalt und lieblos
gemacht. Wir denken zuviel und fühlen zu wenig. Dringender als der Technik bedürfen wir der Menschlichkeit.
Güte und Sanftmut sind wichtiger für uns als Intelligenz.
Mit dem Verlust dieser Eigenschaften wird das Leben
immer gewalttätiger, und alles wird verloren sein.
Kurz vor dem Untergang: Hynkel auf Entenjagd
Das Flugzeug und das Radio haben uns näher gebracht.
Das innerste Wesen dieser Dinge ruft nach den guten
Eigenschaften im Menschen – ruft nach weltweiter Brüderlichkeit – fordert uns auf, uns zu vereinigen. In diesem Augenblick erreicht meine Stimme Millionen Menschen in der ganzen Welt – Millionen verzweifelter Männer, Frauen und kleiner Kinder –, die die Opfer sind eines Systems, das Menschen dazu bringt, Unschuldige
zu quälen und in Gefängnisse zu werfen. Denen, die
mich hören können, rufe ich zu: Verzweifelt nicht! Das
Elend, das über uns gekommen ist, ist nichts als Gier,
die vorübergeht, die Bitterkeit von Menschen, die den
Fortschritt der Menschheit fürchten. Der Hass der Menschen wird aufhören, Diktatoren werden sterben, und
die Macht, die sie dem Volk genommen haben, wird
dem Volk zurückgegeben werden. Solange Menschen
sterben, kann die Freiheit niemals untergehen.
Soldaten! Unterwerft euch nicht diesen Gewalttätern,
die euch verachten und versklaven, die euer Leben
in starre Regeln zwingen und euch befehlen, was
ihr tun, was ihr denken und was ihr fühlen sollt! Sie
drillen euch, sie päppeln euch auf und behandeln euch
wie Vieh, um euch schließlich als Kanonenfutter zu
verbrauchen. Unterwerft euch nicht diesen Unmenschen
– Maschinenmenschen mit Maschinengehirnen,
Maschinenherzen. Ihr seid keine Maschinen! Ihr
seid Menschen! In euren Herzen lebt die Liebe zur
Menschheit! Hasst nicht. Nur der Unglückliche kann
hassen – der Ungeliebte, der Pervertierte!
Soldaten! Kämpft nicht für die Sklaverei! Kämpft für die
Freiheit! Im siebzehnten Kapitel des Lukas-Evangeliums
steht geschrieben, das Reich Gottes sei im Menschen
– nicht in einem Menschen oder in einer besonderen
Gruppe von Menschen, sondern in allen! In euch!
Ihr, das Volk, habt die Macht – die Macht, Maschinen
zu erschaffen. Die Macht, Glück hervorzubringen. Ihr,
das Volk, habt die Macht, das Leben frei und schön
zu gestalten – aus diesem Leben ein wundersames
Abenteuer werden zu lassen. Lasst uns also – im Namen
der Demokratie – diese Macht anwenden – vereinigt
euch! Lasst uns kämpfen für eine neue Welt, für eine
gesittete Welt, in der jedermann die Möglichkeit hat zu
arbeiten, die der Jugend eine Zukunft und die dem Alter
Sicherheit zu geben vermag.
Die Gewalttäter sind zur Macht gekommen, weil sie euch
diese Dinge versprochen haben. Doch sie lügen! Sie
halten ihre Versprechungen nicht. Sie werden das nie
tun! Diktatoren befreien sich selbst, aber sie versklaven
das Volk. Lasst uns nun dafür kämpfen, die Welt zu
befreien – die nationalen Schranken niederzureißen
– die Gier, den Hass und die Intoleranz beiseite zu
werfen. Lasst uns kämpfen für eine Welt der Vernunft
– eine Welt, in der Wissenschaft und Fortschritt zu
unser aller Glück führen sollen. Soldaten, im Namen der
Demokratie, lasst uns zusammen stehen!
Hannah, kannst du mich hören? Wo auch immer du
bist, blicke nach oben. Blicke auf, Hannah! Die Wolken
zerstreuen sich. Die Sonne bricht durch! Wir kommen
aus der Finsternis in das Licht! Wir kommen in eine neue
Welt – in eine freundlichere Welt, wo die Menschen
sich über ihre Gier, ihren Hass und ihre Gewalttätigkeit
erheben. Blicke empor, Hannah! Die Seele des
Menschen hat Flügel bekommen, und nun endlich
beginnt er zu fliegen! Er fliegt in den Regenbogen, in
das Licht der Hoffnung. Blicke empor, Hannah! Blicke
empor!“
„Und heute ist es Charlie,
ja, Charlie Chaplin, der mit
seinem nicht nur naiven,
sondern auch kindlich-klugen,
immer aufs Leben gerichteten
Blick – ich kann nicht sagen,
mit welcher Methode, mit
welchen künstlerischen Mitteln
oder auf welchem Wege – in
seinem Diktator eine großartige,
vernichtende Satire schafft, dem
Sieg des menschlichen Geistes
über die Unmenschlichkeit zum
Ruhm.“
Sergej Eisenstein: Charlie The Kid, 1945
(VII) Er ist völlig hingerissen von all der Schönheit.
Im Gegensatz zu den
Hynkel-Reden, die Charlie
Chaplin den Aussagen
der Beteiligten zufolge
weitgehend aus dem
Stegreif gehalten hat, ist der Tanz Hynkels mit der Erdkugel exakt ausgearbeitet und choreographiert. Die
Szene taucht zunächst als Randbemerkung in einem
frühen Skript Anfang 1939 auf. In der ersten vollständigen Drehbuchversion ist die Szene auf vier Skriptseiten ausgeschrieben, als Musik ist hier noch Peer
Gynt vorgesehen. Im folgenden arbeitet Chaplin weiter
an der Ausgestaltung der Szene. In der Fassung vom
Dezember 1939 ist sie mit Tanz-Nummer überschrieben
und in zehn Sätzen arrangiert. Die Musik basiert auf
Wagners Lohengrin-Vorspiel, das im Film auch die
Schlussrede einleitet.
Der Tanz mit der Weltkugel
(I) Hynkel geht wie hypnotisiert zur Erdkugel
„Der Tanz mit der Weltkugel
schließlich ist zu Recht als
ein unübertreffliches Symbol
für jede Art von Größenwahn
bekannt geworden. Spätestens
in dieser Szene wird jedoch
auch die bedenkliche
Faszination, die seine
Hauptfigur auf Charlie ausübt,
überdeutlich. Die Grazie, mit
der Hynkel tanzt, ist nicht die
seine, sondern die
Chaplins.“
Wolfram Tichy: Chaplin
Vom 21. bis 23. Dezember 1939 nimmt Chaplin die
Tanzszene auf. Am 6. Januar 1940 dreht er Retakes,
Anfang Februar sichtet er das Material noch einmal
mehrere Tage. Die letzten Retakes der Szene entstehen
am 6. und 15. Februar 1940.
Tanz-Nummer
I Hynkel geht wie hypnotisiert zur Erdkugel (die eine
Hand an der Hüfte – die andere ausgestreckt). Er hebt
sie von ihrem Ständer. Einen Augenblick lang herrscht
eine magische Konzentration. Die Erdkugel verwandelt
sich in einen Ballon. Hynkel lässt ihn hochschnellen
– von Handgelenk zu Handgelenk zu Kopf. Er sieht,
dass er alles damit machen kann, was er will. Die Welt
liegt ihm zu Füßen. Er lacht ekstatisch, während er lässig
mit ihr spielt.
II Jetzt zeigt er seine Macht. Er packt den Globus,
stampft leicht mit dem Fuß. Er verändert seinen Griff, so
dass seine rechte Hand oben ist – seine linke unten.
III Dann schlägt seine Stimmung um – er entwickelt
sinnliche Gefühle für die Welt. Sie entgleitet ihm fast.
IV Voller Rache packt er sie zornig, tritt sie böse von
sich weg.
V Sie kehrt zu ihm zurück. Befriedigt von seiner
offensichtlichen Macht über sie, spielt Hynkel wieder beiläufig mit der Weltkugel – mit albernen Gesten. Stößt sie
mit einem komischen Tritt fort.
VI Er fängt die Kugel – energisch lässt er sie von
Handgelenk zu Handgelenk springen, während er vor
seinem Schreibtisch steht.
VII Anmutig lehnt er sich rücklings über den Tisch
und gibt sich plötzlich ganz griechisch. Er lässt den Globus von der Fußspitze zum Kopf, dann zum Hintern
springen. Er ist völlig hingerissen von all der Schönheit.
VIII Er kommt hinter dem Tisch auf die Füße –
entwickelt mystische Gefühle für die Welt, wirft sie hoch
in die Luft, springt ihr nach, auf die Tischplatte hinauf, wo
er sie fängt.
IX Wieder wirft er sie hoch, springt vom Tisch in die Luft,
um sie zu holen (Zeitlupe).
X Er fängt sie grob (spielt wilder Mann). Lacht teuflisch.
Der Globus platzt. Entgeistert hebt er die Hand und
bricht in Tränen aus
Chaplins Leben und Filme
(1889-1902) Kindheit
Am 16. April 1889 wird Charles Spencer Chaplin in
London geboren. Die Eltern Charles Chaplin sr. und
Hannah Hill, mäßig erfolgreiche Music Hall-Künstler,
trennen sich nach kurzer Zeit. Die Mutter ist wegen
psychischer Probleme immer wieder für längere Zeit in
Heilanstalten. 1886 wird Charles Chaplin mit seinem
älteren Bruder Sydney zum ersten Mal ins Armenhaus
eingewiesen. Im folgenden, je nach Krankheitszustand
der Mutter, wechselnde Unterbringung bei der Mutter,
in Armenhäusern oder beim Vater. Der kommt jedoch
wegen schwerer Alkoholprobleme seinen Fürsorgepflichten nur sporadisch nach.
am 2. Februrar 1914 Premiere. Insgesamt dreht Chaplin
in diesem Jahr 35 zumeist sehr erfolgreiche Filme für
Keystone. Bei Twenty Minutes For Love, uraufgeführt
im April 1914, ist Chaplin erstmals auch für Buch, Regie
und Schnitt verantwortlich.
1915 wechselt Chaplin für eine Wochengage von
1.250 $ zur Essanay Film Company. 14 Filme entstehen
im Rahmen dieses Vertrags, u.a. Work und The Tramp,
mit dem er seine Filmgestalt endgültig etabliert. Die
ersten Statuetten des Tramps werden verkauft. Chaplin,
der seine Filme nun selbst schreibt und inszeniert, ist
binnen zweier Jahre zum Weltstar geworden.
(1916-1922) Mutual und First National
Am 26. Dezember 1898 tritt der neunjährige Charlie
Chaplin, wahrscheinlich durch Vermittlung seines
Vaters, mit der Varieté-Truppe Eight Lancashire Ladds
im Theatre Royal in Manchester auf. In den nächsten
beiden Jahren ist er fast durchgängig auf Tournee. 1901
stirbt Chaplins Vater im Alter von 37 Jahren. Charlies
Bruder Sydney hat zu diesem Zeitpunkt die Famile
bereits verlassen und verdient seinen Lebensunterhalt
als Hilfskellner und Kapellmusiker auf Überseedampfern.
(1903-1912) Erste Bühnenerfolge
Im Mai 1903 wird Chaplins Mutter für geisteskrank
erklärt und in die Heilanstalt von Cane Hill überwiesen.
Chaplin stellt sich der renommierten BlackmoreKünstleragentur vor. Er bekommt eine kleine Rolle am
Royal County Theatre in Kingston. Im Anschluss wird
er für das Bühnenstück Sherlock Holmes am Pavilion
Theatre in London besetzt, eine ausgedehnte Tournee
schließt sich an. Im Dezember 1903 wird auch der von
seinen Seereisen zurückgekehrte Sydney für Sherlock
Holmes engagiert. Weitere Tourneen und wechselnde
Engagements in den Folgejahren. Im Juli 1906 heuert
Sydney bei der erfolgreichen Music Hall-Truppe von Fred
Karno an, Charlie Chaplin folgt ihm im Februar 1908.
Nach Tourneen in Großbritannien und Frankreich geht
die Karno-Truppe 1910 erstmals in die USA. 1912 folgt
die zweite Amerika-Tournee.
(1913-1915) Keystone und Essenay
Im Frühjahr 1913 wird die New Yorker Filmgesellschaft
Keystone auf Charlie Chaplin aufmerksam. Im September wird ein Einjahres-Vertrag abgeschlossen,
Chaplin erhält eine wöchentliche Gage von 150 $. Im
November verlässt er Fred Karno, im Januar 1914
beginnt seine Arbeit im Studio der Keystone Company.
Making A Living, der erste Film mit Charlie Chaplin, hat
1916 wechselt Chaplin zur Mutual Film Corporation. Er
erhält jetzt eine Wochengage von 10.000 $; dazu wird
ihm ein einmaliger Bonus von 150.000 $ ausgezahlt.
Chaplin arbeitet jetzt auch als Produzent seiner Filme.
Mit der Mutual entstehen 12 Filme, darunter The
Vagabond und The Immigrant. In dieser Zeit beginnt
die Zusammenarbeit mit dem Kameramann Roland
Totheroh, die Chaplin bis zu Limelight (1951) fortsetzt.
Nach Beendigung seines Mutual-Vertrags schließt
Chaplin mit der First National im Juni 1917 den ersten
Millionen-Vertrag der Filmgeschichte ab. Als gemeinsame Produktionen von Chaplin–First National entstehen
u.a. A Dog`s Life, Shoulder Arms, Sunnyside und
A Day’s Pleasure. Im Oktober 1918 heiratet Chaplin
Mildred Harris, die Scheidung erfolgt im November 1920.
Am 6. Februar 1921 hat Chaplins erster Langfilm The
Kid mit Edna Purviance und Jackie Coogan Premiere. Im
März übersiedelt Charlie Chaplins Mutter Hannah in die
USA, wo sie bis zu ihrem Tod 1928 bleibt. Im Frühherbst
1921 ist Chaplin auf Europa-Reise, am 24. September
besucht er zum ersten Mal Berlin.
(1923 –1925) The Gold Rush
Chaplin trägt sich längst mit dem Gedanken, seine
Filme völlig unabhängig zu produzieren. Gemeinsam mit
Mary Pickford, Douglas Fairbanks und D.W. Griffith hat
er deswegen bereits 1919 die United Artists gegründet.
Seinen Vertrag mit der First National erfüllt er unter
zunehmenden Spannungen, seine letzten First NationalFilme sind The Pilgrim und der teilweise aus Out-Takes
anderer Filme zusammengesetzte The Professor.
1923 dreht Chaplin als erste Produktion mit United
Artists A Woman Of Paris. Er konzentriert sich auf die
Regie und übernimmt selbst nur eine kleine Nebenrolle.
Adenoid Hynkel ganz oben
„Nun bleibt noch das
Wichtigste zu sagen; dass
nämlich alles Gesagte, auch
wenn es tausendmal richtiger
und besser gesagt wäre, doch
an das Geheimnis der ChaplinWirkung nicht rühren würde.
Ganz gewiss liegen da die
Dinge komplizierter, ganz gewiss liegen sie auch einfacher.
Der kleine Friseur ganz unten
Es ist ein Echtheits-Zeichen
der Genialität, dass die
kommentier-hungrigen Worte
sie immer nur, in mehr oder
minder engen Kreisen, ohnmächtige Raubvögel, umfliegen,
aber nie in ihr Wesentliches
stoßen können. Ließe sich das
Phänomen Chaplin erklären,
wäre es keines. Sonach bleibt
als einzig sicher gültiges
Ergebnis, als Quintessenz
dieser und aller Betrachtungen
über Charlie Chaplin: Seien wir
froh, dass es ihn gibt!“
Alfred Polgar: Der neue Chaplin, 1928
„Es ist ein Geheimnis von Chaplins darstellerischer Kunst, dass, von ihr bestimmt, alle Bewegung immer
wie Reflexbewegung erscheint. Jedes Zucken im Gesicht, jede winzigste Gebärde wird so Spiegel inneren
Vorgangs. Und alles Spiel: Charakter. Chaplins Stummheit ist artikuliert. Wenn die Schrift auf der weißen
Fläche Bewegung seiner Lippen in Lautzeichen wiedergibt, wirkt das nur störend, gleichsam als Rückfall in
eine primitivere Ausdrucksform. Wort, ihm „in den Mund gelegt“, ist dort Fremdkörper.“ Alfred Polgar, 1926
Chaplins Ankunft in Berlin, 1931
„Über Nacht verlangte jedes
Kino nach dem Tonfilm. Es
war die Abenddämmerung
des Stummfilms. Das war
ein Jammer, denn gerade
begannen die stummen Filme
besser zu werden. Der deutsche
Regisseur Murnau hatte
große Wirkungen erzielt, und
auch unsere amerikanischen
Regisseure begannen das
Gleiche zu tun.
Garbitsch, Hynkel und Herring
Ein guter Stummfilm gefiel
dem intellektuellen Publikum
ebenso wie der großen Masse
der Kinobesucher. Nun sollte
all das verloren sein. Ich war
entschlossen, auch weiterhin
Stummfilme zu produzieren,
denn ich glaubte, dass alle
Arten der Unterhaltung
nebeneinander bestehen
könnten. Zudem war mein Fach
die Pantomime, und ich war
auf diesem Gebiet einzigartig,
ohne falsche Bescheidenheit,
ein Meister.“
Charlie Chaplin,
Die Geschichte meines Lebens
selbst nur in einer kleinen Nebenrolle auftritt. Ende des
Jahres macht sich Chaplin an die Vorbereitungen für
The Gold Rush. Die Dreharbeiten beginnen am
8. Februar 1924, werden im September jedoch für
einige Monate unterbrochen. Im November heiratet
Chaplin die Hauptdarstellerin Lita Grey. Im Dezember
wird bekannt gegeben, dass Georgia Hale anstelle von
Lita Grey die weibliche Hauptrolle übernehmen wird.
Die frischvermählte Mrs. Chaplin ist schwanger. Die
Dreharbeiten von The Gold Rush werden im Januar
fortgesetzt. Charles Chaplin jr. kommt am 5. Mai 1925
auf die Welt. Im August wird The Gold Rush in New York
uraufgeführt.
(1926-1928) The Circus
Bereits im Januar 1926 beginnt Chaplin mit den
Dreharbeiten zu seinem nächsten Film The Circus.
Geburt des zweiten Sohns Sydney im März. Im
November zieht Lita Grey mit den beiden Kindern aus
Chaplins Haus aus. Die Dreharbeiten von The Circus
werden u.a. wegen Steuerproblemen für mehrere
Monate unterbrochen. Im Juni wird die gegen Chaplin
verhängte Zwangsverwaltung und Bewachung des
Studios aufgehoben. Scheidung von Lita Grey im
August. Im September werden die Dreharbeiten wieder
aufgenommen. Im November 1927 beendet Chaplin The
Circus, die Weltpremiere findet am 6. Januar 1928 in
New York statt.
(1929-1932) City Lights
Seit Mai 1928 beschäftigt sich Chaplin mit den Vorbereitungen zu City Lights. Die Dreharbeiten beginnen
Ende Dezember. Obwohl der Tonfilm seit 1927
Erfolge feiert, konzipiert Chaplin City Lights erneut
als Stummfilm; die neue Technik ist ihm lediglich zur
synchronen Integration seiner Filmmusik willkommen.
Im Laufe des Jahres1929 werden die Dreharbeiten
von City Lights immer wieder unterbrochen: zunächst
wegen einer Erkrankung Chaplins, dann wegen eines
notwendigen Studioumbaus. Im November wird die
Hauptdarstellerin Virginia Cherrill kurzzeitig entlassen.
Chaplin lässt Probeaufnahmen mit Georgia Hale
drehen, entscheidet sich wenig später aber wieder für
Cherrill. Erst im Oktober 1930 ist der Film abgedreht,
im November beginnt Chaplin mit der Komposition der
Filmmusik.
Im Anschluss an die Uraufführung von City Lights am
30. Januar 1931 in Los Angeles bricht Chaplin zu einer
ausgedehnten Europareise auf. Im März kommt er zum
zweiten Mal nach Berlin, wo er von einer riesigen Men-
schenmenge empfangen wird. Von Europa aus reisen
Chaplin und sein Bruder Sydney nach Asien; Rückkehr
nach Hollywood im Juni 1932. Im Juli lernt Chaplin
Paulette Goddard kennen.
(1933-1937) Modern Times
Seit Anfang des Jahres 1933 arbeitet Chaplin an Modern
Times. Im September 1934 wird Paulette Goddard für die
weibliche Hauptrolle verpflichtet, die Dreharbeiten
dauern von Oktober 1934 bis August 1935. Erstmals experimentiert Chaplin mit Dialogszenen, kehrt jedoch bald
zur Idee eines Stummfilms mit Geräuscheffekten zurück.
In einer einzigen Sequenz am Ende des Films ist die
Stimme des Tramps zu hören, als er ein Lied in einer
Nonsens-Sprache vorträgt und die Handlung pantomimisch darstellt.
Nach der Premiere von Modern Times im Februar
1936 reist Chaplin mit Paulette Goddard für einige
Monate nach Fernost. Jahre später wird bekannt,
dass die beiden unterwegs heirateten. Zu Beginn der
Dreharbeiten von Der große Diktator sind sie wieder
getrennt, bleiben sich aber freundschaftlich verbunden.
In den Jahren 1936 und 1937 arbeitet Charlie Chaplin
intensiv an seinem Napoleon-Projekt, das jedoch nie
realisiert wird.
(1938-1942) The Great Dictator
Nach ausgedehnten Aufenthalten im kalifornischen
Pebble Beach beginnt Chaplin im September 1938
mit der Arbeit an seinem ersten Dialog-Film Der große
Diktator. Die Dreharbeiten beginnen im September 1939
trotz eines negativen Bescheids der Zensurbehörde. Das
politische Klima in den USA verschärft sich, der Ausschuss zur Untersuchung unamerikanischer Umtriebe
nimmt die Arbeit auf. Abschluss der Dreharbeiten im
März 1940, in den Folgemonaten lässt Chaplin jedoch
immer wieder, parallel zum Schnitt, Szenen nachdrehen.
Weltpremiere am 15. Oktober 1940 in New York, in
London wird Der große Diktator am 16. Dezember 1940
uraufgeführt, inmitten der deutschen Luftangriffe.
In den nächsten Jahren tritt Chaplin immer engagierter
für den Kriegseintritt der USA und die zweite Front ein.
Im Rahmen der Feierlichkeiten zur Amtseinführung
Roosevelts verliest er die Schlussrede aus Der große
Diktator vor 60 Millionen Radio-Zuhörern. Im Juni 1941
beginnt Chaplin mit der Ton-Neufassung von The Gold
Rush, die 1942 vorgestellt wird. Das politische Engagement Chaplins, vor allem sein Aufruf zur Unterstützung
der Sowjetunion im Krieg gegen Nazi-Deutschland,
Naives Rechtsbewußtsein: Noch weiß der Friseur nicht, welche Stunde in Tomania geschlagen hat
(1943-1947) Monsieur Verdoux
Seit 1943 arbeitet Chaplin an Monsieur Verdoux. Im
Juni heiratet er Oona O’Neill, inmitten einer erbitterten
Pressekampagne wegen einer an sich haltlosen Vaterschaftsklage. Die öffentliche Ablehnung in den USA
verschärft sich, Prozesse und Vernehmungen bestimmen
Chaplins Leben bis weit ins Jahr 1945. Geburt von
Geraldine Chaplin, dem ersten der acht Kinder von
Charles und Oona Chaplin, am 1. August 1944.
Die Dreharbeiten zu Monsieur Verdoux beginnen im Mai
1946 und sind bereits im September abgeschlossen. Der
Weltpremiere am 11. April 1947 folgt eine feindselige
Pressekonferenz, bei der Chaplin vor allem auf seine
politischen Überzeugungen und den Umstand angesprochen wird, dass er noch immer britischer Staatsbürger ist. Chaplin erhält mehrere Ankündigungen zur
Vorladung durch den Ausschuss zur Untersuchung
unamerikanischer Umtriebe. Er erklärt öffentlich seine
Bereitschaft, vor dem Ausschuss zu erscheinen, wird
jedoch nie vernommen. Vehement tritt Chaplin für
befreundete Künstler ein, vor allem für Hanns Eisler.
die am 23. Oktober 1952 in New York und London
stattfindet, verlassen die Chaplins die USA. Zwei Tage
nach ihrer Abreise wird Chaplins Genehmigung zur
Wiedereinreise von den US-Behörden annulliert.
(1953-1957) A King in New York
Im Januar 1953 setzen viele Kinos in den USA
Limelight auf Druck rechter politischer Kräfte ab. Die
Chaplins lassen sich in Vevey am Genfer See nieder.
Oona Chaplin verzichtet im Februar 1954 auf die
amerikanische Staatsbürgerschaft. Sydney Chaplin und
Wheeler Dryden sichern das von Chaplin in den USA
zurückgelassene Material. Chaplin beginnt mit der Arbeit
an seiner Abrechnung mit der USA der McCarthy-Ära:
A King in New York wird von Mai bis Juli 1956 gedreht,
bis in den Sommer 1957 arbeit Chaplin intensiv an
Schnitt und Vertonung. Die Uraufführung findet am 12.
September 1957 in London statt. Während der Pariser
Premiere am 24. September kommt es zum Eklat, als
auf Anweisung Chaplins die US-Presse ausgeschlossen
wird.
(1958-1964) Die Chaplin Revue
(1948-1952) Limelight
1948 beginnt Chaplin mit der Arbeit an Limelight, die
sich über mehrere Jahre erstreckt. Im September 1950
wird das Drehbuch zum Copyright eingereicht, im
Dezember setzt sich Chaplin an die Komposition der
Filmmusik. Nach etlichen Probeaufnahmen beginnen
die Dreharbeiten im November 1951 und sind in
Rekordzeit bis Januar 1952 abgeschlossen. Es ist die
letzte Zusamenarbeit Chaplins mit seinem Kameramann
Roland Totheroh. Noch vor der Premiere von Limelight,
Chaplin wird die Aufnahme in den Walk of Fame in Los
Angeles verweigert. Im September 1959, Chaplin ist in
diesem Jahr siebzig geworden, erscheint die Chaplin
Revue, eine von ihm selbst zusammengestellte und
bearbeitete Kompilation von Tramp-Kurzfilmen. 1962
wird Christopher James, das letzte der 8 Kinder von
Charles und Oona Chaplin geboren. Die nächsten
Jahre verbringt Chaplin mit dem Verfassen seiner Autobiographie. Die Geschichte meines Lebens erscheint im
September 1964.
„ Man nimmt Charlie Chaplin
nicht ernst, man verkennt ihn,
weil er die Menschen zum
Lachen bringt. Korrigieren wir
diesen letzten Irrtum: Charlie
Chaplin bringt die Menschen
zum Lachen, das stimmt, aber
über die Tatsache hinaus, dass
das die schwierigste Sache der
Welt ist, ist es auch noch eine
der wichtigsten – vom sozialen
Standpunkt aus gesehen.
Hynkel und Napaloni mit Sekundanten
Außerdem ist Chaplin auch
und oft in der Lage, die Menschen zu rühren. Ist er nicht
schließlich im Moment der
Künstler, der am besten das
‚realisiert’ hat – um ein Wort
Bergsons zu verwenden – was
man als das höchste Ziel der
Kunst bezeichnet hat: Uns
die Natur und – das gilt es
hinzuzufügen – das Leben zu
entdecken.“
Philippe Soupault 1928
Diktatoren-Diplomatie auf höchstem Niveau: Garbitsch (Henry Daniell), Hynkel (Charles Chaplin) und Napaloni (Jack Oakie)
„Während der letzten zwanzig
Jahre habe ich erlebt,
was Glück bedeutet. Ein
freundliches Schicksal hat
mir die Ehe an der Seite einer
wunderbaren Frau beschert.
(...) Von solchem Glück
erfüllt, sitze ich manchmal bei
Sonnenuntergang draußen auf
unserer Terasse und blicke
über den weiten, grünen Rasen
zum fernen See hinunter
und darüber hinaus auf die
Zuversicht einflößenden Berge,
und in dieser Stimmung denke
ich an nichts und freue mich
ihrer großartigen Gelassenheit.“
Charlie Chaplin,
Die Geschichte meines Lebens
(1965-1969) A Countess From Hong Kong
Am 16. April 1965 stirbt Chaplins Bruder Sydney.
Chaplin arbeitet an seinem letzten Film, A Countess
From Hong Kong, mit Marlon Brando und Sophia Loren
in den Hauptrollen. Er selbst hat nur einen kleinen
Auftritt als seekranker Stewart, ohne Dialog und von
berückender Eleganz. Die Dreharbeiten dauern von
Januar bis Mai 1966, die Uraufführung von A Countess
From Hong Kong findet am 2. Januar 1967 statt. Der
Film wird in England und den USA stark kritisiert, in
Italien und Frankreich hingegen gefeiert. Kurz darauf
beginnt Chaplin mit der Arbeit an einem neuen Projekt,
The Freak, in dem seine Tochter Victoria die Hauptrolle
spielen soll. 1969 gibt Victoria ihre Schauspielpläne auf.
Chaplin lässt die Arbeit am Skript vorerst ruhen.
1970 –1978 – Die letzten Jahre
1970 komponiert der nun 80jährige Chaplin eine neue
Musik für The Circus. Die neue Fassung wird noch
im gleichen Jahr aufgeführt. In den nächsten Jahren
verwendet er viel Zeit auf die Wiederaufführung seiner
alten Filme bei der neugegründeten Black Inc. Chaplin
wird nun weltweit mit Ehrungen überhäuft. 1971 erhält
er in Cannes den Ehrenpreis für sein Lebenswerk,
im März 1972 wird sein Name auf dem Walk of Fame
nachgetragen. Im April wird er mit dem Ehren-Oscar,
im September mit dem Goldenen Löwen in Venedig
ausgezeichnet. 1975 wird er von der britischen Königin
zum Ritter geschlagen. Seine letzte Arbeit ist – abgesehen von einigen Versuchen, das Skript von The Freak
fertigzustellen – die Komposition der Musik zu A Woman
Of Paris, womit er die nachträgliche Ausstattung seiner
langen Stummfilme mit synchronisiertem Ton abschließt.
Am 15. Oktober 1977 stirbt Charles Chaplin in seinem
Haus am Genfer See. Er wird am 27. Dezember in
Vevey beigesetzt. Am 2. März ist das Grab geöffnet und
der Sarg verschwunden. Nach einigen Tagen melden
sich die Grabräuber und fordern 600.000 Schweizer
Franken für die Rückgabe des Leichnams. Beim Anruf
aus einer Telefonzelle in Lausanne werden die beiden
Amateurentführer gestellt. Mit dem Lösegeld hatten sie
eine Autowerkstatt aufmachen wollen.
Literaturhinweise
Charles Chaplin: Die Geschichte meines Lebens
Frankfurt am Main 1964, Fischer Verlag
Wolfram Tichy: Charlie Chaplin
Reinbek 1974 (Neuauflage 1984), Rowohlt
David Robinson: Chaplin – Sein Leben, seine Kunst
Zürich 1989, Diogenes Verlag
Dorothee Kimmich (Hg): Charlie Chaplin – Eine Ikone
der Moderne
Frankfurt am Main 2003, Suhrkamp Verlag
Frank Scheide, Hooman Mehran (HG): Chaplin: The
Dictator And The Tramp
London 2004, British Film Institute
Michael Hanisch: Über ihn lach(t)en Millionen
Berlin 1974, Henschel Verlag
Wolfgang Gersch: Chaplin in Berlin
Berlin 1988, Henschel Verlag
Zeittafel zu Der große Diktator
16. April 1889 Charles Chaplin in London geboren.
Vier Tage später Geburt Adolf Hitlers in Braunau am Inn,
Österreich.
9. September 1939 Drehbeginn Der große Diktator. Die
Haupt-Dreharbeiten sind im März 1940 abgeschlossen.
Die letzten Nachdrehs erfolgen im September 1940.
24. September 1921 Erster Besuch Chaplins in
Berlin anlässlich der Welttournee seines ersten
langen Spielfilms The Kid. Im gleichen Jahr wird Hitler
Vorsitzender der NSDAP.
April 1940 Besetzung Dänemarks und Norwegens
durch das Deutsche Reich. Im Mai Kapitulation der
Niederlande und Belgiens. Den eingeschlossenen
britischen und französischen Truppen gelingt der
Rückzug nach England. Chaplin arbeitet inzwischen am
Schnitts sowie am Text der Schlussrede von Der große
Diktator.
1923 Chaplin beginnt mit der Arbeit an The Gold Rush.
Misslungener Hitler-Pusch in München.
30. Januar 1933 Hitler wird zum Reichskanzler ernannt.
24. März 1933 Ermächtigungsgesetz. In den folgenden
Monaten Etablierung der NSDAP als Staatspartei. Am
14.2.1934 Auflösung des Reichstags.
25. Juli 1934 Nationalsozialistischer Putschversuch
in Österreich gegen das „austrofaschistische“ Regime
von Engelbert Dollfuß, der dabei ermordet wird. Das
Deutsche Reich distanziert sich von der Aktion, als
italienische Truppen am Brenner aufmarschieren.
15. September 1935 Mit den Nürnberger Gesetzen wird
die Verfolgung der Juden in Deutschland systematisiert.
In den Folgejahren völliger Ausschluss der jüdischen
Bevölkerung aus dem Staatswesen.
Frühjahr 1938 Chaplin erzählt dem Schriftsteller Dan
James von seiner Idee, einen Hitler-Film zu machen.
Beginn der Drehbuchentwicklung im September.
9. November 1938 Reichskristallnacht: Organisierte
Pogrome gegen die jüdische Bevölkerung in ganz
Deutschland
12. November 1938 Einreichung des ersten Treatments
von Der große Diktator für das Copyright. Die Nachricht
von Chaplins Plänen verbreitet sich schnell und führt zu
heftigen Protesten Nazi-Deutschlands und Italiens.
Juni 1940 Kriegseintritt Italiens. Am 14. Juni besetzen
die deutschen Truppen Paris. Chaplin nimmt die
Schlussrede von Der große Diktator auf.
15. Oktober 1940 Weltpremiere Der große Diktator in
den Capitol and Astor Theatres, New York
16. Dezember 1940 Europapremiere in London, auf
dem Höhepunkt der deutschen Luftangriffe
Schultz rettet den kleinen Friseur
„Natürlich konnte kein anderer
als Chaplin den Diktator auf
die Leinwand bringen. Chaplin
musste ganz einfach diese
Wahnsinnsfigur verewigen, die
an der Spitze eines verblendeten Staates und kopflosen
Volkes stand. (...)
30. Dezember 1940 Chaplin wird vom Verband der New
Yorker Filmkritiker zum Besten Schauspieler gewählt. Er
lehnt die Auszeichnung ab.
1941 Der große Diktator wird für 5 Oscars nominiert,
gewinnt aber keinen. Im Juni deutscher Überfall auf die
UDSSR, im Dezember Kriegseintritt der USA nach dem
japanischen Angriff auf Pearl Harbour.
20. Januar 1942 Wannsee-Konferenz. Die lange
beschlossene Massenvernichtung der Juden Europas
wird in die Tat umgesetzt.
6. Juni 1944 Landung der Alliierten in der Normandie.
Ende des Jahres fordert General Eisenhower von
Chaplin zwei Kopien von Der große Diktator, die in
synchronisierter Fassung im befreiten Frankreich gezeigt
werden.
30. April 1945 Selbstmord Hitlers
29. September 1938 Münchner Abkommen zwischen
Hitler, Mussolini, Chamberlain und Daladier. Anschluss
des Sudetenlandes an das Deutsche Reich.
9. Mai 1945 Kapitulation des Deutschen Reichs.
Januar 1939 Beginn der Produktionsvorbereitung von
Der große Diktator
1946 Die Alliierten zeigen ausgewählten Filmschaffenden in Deutschland Der große Diktator. Die
Anwesenden empfehlen, den Film die nächsten Jahre in
Deutschland nicht aufzuführen.
15. März 1939 Einmarsch deutscher Truppen
in die Tschecheslowakei und Errichtung des
„Reichsprotektorats Böhmen und Mähren“
September 1958 Kinostart Der große Diktator in
Westdeutschland
22. Mai 1939 Beistandspakt zwischen Hitler und
Mussolini
April 1972 Chaplin wird mit dem Ehren-Oscar für sein
Lebenswerk ausgezeichnet
23. August 1939 Hitler-Stalin-Pakt
15. Oktober 1977 Chaplin stirbt in seinem Haus am
Genfer See.
1. September 1939 Einmarsch deutscher Truppen in
Polen. Beginn des Zweiten Weltkriegs. Am gleichen Tag
ist die Drehfassung des Diktator-Skripts fertig.
Wer bekommt Osterlich?
März 1980 Erstaufführung von Der große Diktator im
DDR-Fernsehen
In Hynkels Palast
Die kindliche Freiheit von der
Moral, die an Chaplins Blick
so verblüfft; die Freiheit von
den Fesseln der Moral, die
dem Autor die einzigartige
Möglichkeit bietet, jede Erscheinung komisch darzustellen, wird hier zur Charaktereigenschaft seines Helden,
und jeder kindliche Zug wirkt
geradezu ungeheuerlich, wenn
er dem leibhaftigen Hitler eigen
ist, und vernichtend satirisch,
wenn er in der Parodie auf
Hitler dem ‚Diktator’ Hynkel
beigelegt wird.“
Sergej Eisenstein: Charlie The Kid, 1945
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