Überwachung von Lebensmitteln, Kosmetischen Mitteln

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Überwachung von Lebensmitteln, Kosmetischen Mitteln
Überwachung von Lebensmitteln, Kosmetischen Mitteln, Bedarfsgegenständen, Trinkwasser und Futtermitteln
JAHRESBERICHT 2006
Überwachung von
Lebensmitteln,
Kosmetischen Mitteln,
Bedarfsgegenständen,
Trinkwasser
und Futtermitteln
6
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Telefon: 0711. 126 - 0
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Ländlichen Raum Baden-Württemberg
A
Ministerium für Ernährung und
B
Herausgeber:
JAHRESBERICHT
2006
JAHRESBERICHT
Überwachung
von Lebensmitteln,
Kosmetischen Mitteln,
Bedarfsgegenständen,
Trinkwasser
und Futtermitteln
2006
2
Lebensmittelüberwachung BW
Teil I: Vorspann
Grußwort des Ministers
Jahresbericht 2006
Sehr geehrte Leserinnen,
sehr geehrte Leser,
Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung sind aktiver Verbraucherschutz. Daher misst die Landesregierung der amtlichen Lebensmittelund der Futtermittelüberwachung eine hohe Bedeutung zu und tritt
dafür ein, dass diese auch weiterhin ihre Aufgaben als schlagkräftige
und effiziente Einheit erfüllt.
Die Verbraucher erwarten zu Recht
Im vergangenen Jahr wurden in Ba-
gesunde, qualitativ hochwertige und
den-Württemberg im Rahmen der Le-
sichere Lebensmittel. Um dies zu
bensmittelüberwachung wieder mehr
gewährleisten, müssen die Lebens-
als 90 000 Betriebskontrollen durchge-
mittelunternehmer im Rahmen ihrer
führt und mehr als 60 000 Proben an
Sorgfaltspflicht betriebliche Eigen-
den Chemischen und Veterinärunter-
kontrollen durchführen. Die amtliche
suchungsämtern (CVUAs) untersucht
Überwachung ist die „Kontrolle der
und begutachtet. Die Proben werden
Kontrolle“, sie überwacht die Wirksam-
von den Lebensmittelkontrolleuren
keit dieser betrieblichen Eigenkontrol-
auf allen Stufen der Herstellung und
len. Nach diesem Grundsatz findet in
des Handels erhoben, aber auch Ver-
Baden-Württemberg die Kontrolle der
braucherbeschwerden werden in die
Lebensmittelsicherheit „vom Acker
Untersuchung einbezogen. Die not-
bis auf den Teller“ auf allen Produkti-
wendigen Maßnahmen zur Beseiti-
onsstufen statt. Das Ziel ist der opti-
gung von Mängeln werden von den
male Schutz der Verbraucher sowohl
unteren Lebensmittelüberwachungs-
vor gesundheitlichen Beeinträchti-
behörden veranlasst.
gungen als auch vor wirtschaftlicher
Beim CVUA Freiburg wurden das
Dioxin-Labor und das Labor für Pestizid-Rückstände in Lebensmitteln
tierischer Herkunft und beim CVUA
Stuttgart wurde das Labor für Pestizid-Rückstände in pflanzlichen Lebensmitteln benannt. Die gemeinschaftlichen Referenzlaboratorien sollen zur
Erreichung einer hohen Qualität und
Einheitlichkeit der Untersuchungsergebnisse in den Mitgliedstaaten bei-
Eine sichere Lebensmittelproduktion
tragen. Dies ist ein erneuter Beweis
ist aber nur möglich, wenn die zur
für die Leistungsfähigkeit der baden-
Lebensmittelgewinnung dienenden
württembergischen Untersuchungs-
Lebensmittel, kosmetische Mittel, Be-
Tiere zuvor mit einwandfreien Futter-
ämter und deren europaweite Aner-
darfsgegenstände, Tabakerzeugnisse,
mitteln ernährt wurden. Dieses sicher-
kennung.
Trinkwasser sowie Futtermittel, sie al-
zustellen, ist Aufgabe der amtlichen
le unterliegen den lebensmittel- und
Futtermittelüberwachung, die auf al-
futtermittelrechtlichen Vorschriften
len Stufen der Herstellung, des Han-
und werden von der amtlichen Über-
dels und in den landwirtschaftlichen
wachung in Baden-Württemberg risi-
Betrieben erfolgt. Im Jahr 2006 wur-
koorientiert kontrolliert. Dieser Jah-
den von den Futtermittelkontrolleuren
resbericht soll über die wichtige und
an den Regierungspräsidien mehr als
vielfältige Arbeit der amtlichen Le-
1300 Betriebsprüfungen durchgeführt
bensmittel- und Futtermittelüberwa-
sowie über 1300 Proben gezogen und
chung in Baden-Württemberg infor-
an den landwirtschaftlichen Untersu-
Ich wünsche Ihnen nun eine kurzwei-
mieren. Der Bericht zeigt, dass trotz
chungsanstalten bzw. den CVUAs un-
lige Lektüre unseres Jahresberichts
der Negativschlagzeilen der „Lebens-
tersucht.
2006.
Übervorteilung durch Irreführung und
Täuschung.
mittelskandale“ bei der überwiegenden Zahl der Überprüfungen erfreulicherweise keine oder nur sehr wenige
Beanstandungen festzustellen sind.
Dies kann durchaus auch als Qualitätsmerkmal für den hohen Standard des
Verbraucherschutzes im Land gesehen werden.
Mein Dank gilt an dieser Stelle allen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
in der amtlichen Lebensmittel- und
Futtermittelüberwachung in BadenWürttemberg. Sie alle haben durch
ihr großes Engagement zu dem seit
Jahren hohen Qualitätsniveau beigetragen.
Ich bin stolz darauf, dass die EU-Kommission im Berichtsjahr nach einer
europaweiten Ausschreibung drei
Laborbereiche der Chemischen und
Veterinäruntersuchungsämter in Baden-Württemberg mit der wichtigen
Peter Hauk MdL
Aufgabe eines europäischen Gemein-
Minister für Ernährung und Ländlichen
schafts-referenzlabors betraut hat.
Raum Baden-Württemberg
Stuttgart, im Juli 2007
3
4
Lebensmittelüberwachung BW
Teil I: Vorspann
66
Kosmetische Mittel
66
Chemische Untersuchung von kosmetischen
I
Vorspann
3
Grußwort des Ministers
4
Inhaltsverzeichnis
6
Zusammenfassung: Highlights u. Sorgenkinder
II
Betriebskontrollen und Vollzug
11
Betriebskontrollen und Vollzug
73
Spielwaren und Scherzartikel
14
Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB
74
Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt
25
Lebensmittelüberwachung – grenzenlos
77
Bedarfsgegenstände zur Reinigung und Pflege
Mitteln
70
Mikroorganismen in kosmetischen Mitteln
71
Bedarfsgegenstände
71
Bedarfsgegenstände mit Körperkontakt und
zur Körperpflege
sowie sonstige Haushaltschemikalien
III
Produktgruppen
27
Themenübersicht
28
Übersicht Untersuchungsergebnisse
30
Lebensmittel
30
Milch und Milchprodukte
32
Fleisch, Wild, Geflügel und -Erzeugnisse
34
Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere und
-Erzeugnisse
35
Fette und Öle
36
Brühen, Suppen, Saucen und Feinkostsalate
37
Getreide, Backwaren und Teigwaren
39
Obst, Gemüse und -Erzeugnisse
40
Kräuter und Gewürze
43
Alkoholfreie Getränke
45
Wein und Erzeugnisse aus Wein
47
Alkoholische Getränke (außer Wein)
49
Eis und Desserts
50
Zuckerwaren, Schokolade, Brotaufstriche
53
Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse und
Nusserzeugnisse
54
Fertiggerichte
56
Diätetische Lebensmittel, Säuglingsnahrung
78
Tabakwaren
IV
Spezielle Untersuchungsbereiche
81
Themenübersicht
82
Krankheitserregende Mikroorganismen und
mikrobiologische Besonderheiten
88
Mykotoxine
92
Marine und Süßwasser-Biotoxine
93
Pflanzenschutzmittel und Organische
Kontaminanten
104
Öko-Monitoring
107
Pharmakologisch wirksame Stoffe
111
Nachweis von Lebensmittelallergenen
114
Gentechnik in Lebensmitteln
120
Bestrahlung von Lebensmitteln
122
Radiochemische Untersuchungen
125
Industrie- und umweltbedingte Kontaminanten:
125
Dioxine und dioxinähnliche PCB
129
Schwermetalle u. toxische Spurenelemente
131
Herstellungsbedingte Kontaminanten:
131
Nitrosamine
132
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe
(PAK)
und Sportlernahrung
58
Nahrungsergänzungsmittel
60
Funktionelle Lebensmittel (Functional Food)
61
Neuartige Lebensmittel (Novel Food)
63
Zusatzstoffe und Aromastoffe
133
Acrylamid
134
3-Monochlorpropandiol (3-MCPD)
136
Furan in Lebensmitteln
138
Stabilisotopen-Analytik
Perfluorierte Tenside (PFT)
141
Metaboliten von Pflanzenschutzmitteln
VI
Futtermittel
143
Futtermittelüberwachung
150
Autorenverzeichnis
152
Impressum
Wo steht was?
I
II
III
IV
V
VI
3
11
27
81
139
143
Futtermittel
140
Trinkwasser
Trinkwasserüberwachung
Spezielle Untersuchungsbereiche
139
Inhalt :
Produktgruppen
Trinkwasser
5
Betriebskontrollen und Vollzug
V
Jahresbericht 2006
Vorspann
Inhaltsverzeichnis
6
Lebensmittelüberwachung BW
Teil I: Vorspann
Zahlen aus der Lebensmittelüberwachung
37 %
Ziel der amtlichen Lebensmittelüberwachung ist
es, gesundheitliche Gefahren, Verunreinigungen
und Verfälschungen zu erkennen und zu beseitigen, und hierfür das qualifizierte Personal sowie
… aller EU-Referenz-
die Analysengeräte optimal einzusetzen und aus-
Laboratorien für Pestizide
zulasten. Die Steuerung erfolgt über die risikoorientierte Betriebskontrolle und zielorientierte
und Kontaminanten sind
Probenahme mit wechselnden Untersuchungs-
in Baden-Württemberg
schwerpunkten.
ansässig.
Die amtliche Lebensmittelüberwachung in Baden-
93
Württemberg hat im Jahr 2006 insgesamt 94 987
Kontrollen in Betrieben und bei Lebensmitteltransporten durchgeführt. Dabei wurden 57 282
von 206 320 in Baden-Württemberg registrierten
Betrieben (28 %) überprüft. Bei 15 556 Betrieben
(27 % der kontrollierten Betriebe) wurden insgesamt 23 948 Verstöße festgestellt.
Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung wurden insgesamt 53 208 Proben chemisch, physikalisch und mikrobiologisch untersucht: 48 030 Lebensmittel (19 % = 8 926 Proben
beanstandet), 2 041 kosmetische Mittel (21 % =
422 Proben), 2 819 Bedarfsgegenstände (31 %
= 875 Proben), 231 Tabakerzeugnisse (3 % = 7
Proben) und 85 sonstige Produkte, die wegen der
möglichen Gesundheitsgefahr durch Verwechselbarkeit mit Lebensmitteln überprüft wurden (71 %
90 t
… Futtermittel
wegen gentechnisch
verändertem Reis
unschädlich gemacht.
147
= 60 Proben).
Geeignet, die Gesundheit zu schädigen, waren
insgesamt 136 (0,3 %) Proben (Lebensmittel, kosmetische Mittel und Bedarfsgegenstände). Als
gesundheitsschädlich wurden Proben insbesondere wegen pathogener Keime (Salmonellen,
Staphylococcus aureus und Bacillus cereus),
überhöhten Gehalten an Histamin und wegen
scharfkantiger Fremdkörper beurteilt.
Außerdem wurden 11 948 Proben im Rahmen des
Nationalen Rückstandskontrollplanes für Lebensmittel tierischer Herkunft, bei dem unter anderem
Fleisch, Milch, Eier und Honig auf Rückstände
unerwünschter Stoffe untersucht werden, sowie
1 351 Proben auf Radioaktivität und 10 626 Proben im Rahmen der Trinkwasserüberwachung
untersucht.
Zahlen aus der Futtermittelüberwachung
Im Jahr 2006 wurden 1 132 Betriebe, in denen
Futtermittel hergestellt, gehandelt, eingeführt
oder verfüttert wurden, kontrolliert (davon 674 tierhaltende Betriebe, insbesondere im Rahmen der
48
… Strafverfahren
wegen Badezimmer-
spray, der bei den Kunden
Atemwegsvergiftungen
hervorrief.
77
Zusammenfassung
Jahresbericht 2006
7
Zusammenfassung:
60
… Sekunden
oder 60 Minuten?
Wie lange hält sich
Highlights und
Sorgenkinder
des Jahres 2006
essbare Unterwäsche?
71
107 t
… spanische Paprika
wurden vernichtet!
Sie enthielten das
in Europa nicht zugelassene Insektizid
Isophen-methyl.
95
1…
… Injektionsstelle
in der Muskulatur
reichte aus, um dem
Besitzer die zu frühe
Schlachtung des
behandelten Tieres
nachzuweisen.
15
8
Lebensmittelüberwachung BW
Teil I: Vorspann
Cross-Compliance-Kontrollen). Dabei wurden verschiedene
nicht den Vorschriften entsprachen. Beprobt wurden 450
Betriebe auch mehrfach geprüft. Insgesamt wurden 1 319
Einzelfuttermittel, 809 Mischfuttermittel, 55 Vormischungen
Betriebsprüfungen und 47 Buchprüfungen durchgeführt
und Zusatzstoffe.
sowie 1 314 Futtermittelproben gezogen, von denen 247
Beispiele aus der Futter- und Lebensmittelüberwachung
Rückstände von Tierarzneimitteln in Schlachtfleisch
Noroviren in gekochtem Reis
„Der routinemäßigen Fleischuntersuchung entgeht nichts!“
Nach dem Verzehr von Reisgerichten in einem indisch-cey-
Eine Injektionsstelle in der Muskulatur eines Schlachttieres
lonesischem Restaurant erkrankten 16 von 21 Schülern an
erweckte beim Kontrolleur den Verdacht, dass das Tier vor
Gastroenteritis. Die Symptome sowie die eintägige Inku-
nicht allzu langer Zeit einer medikamentösen Behandlung
bationszeit entsprachen denen einer Norovirus-Infektion.
unterzogen worden ist. In den daraufhin zur Untersuchung
Im gekochten Reis wurden die Molekularbiologen fündig:
eingesandten Proben konnten Rückstände eines Antibioti-
Noroviren positiv. Parallel dazu wurden im Regierungspräsi-
kums nachgewiesen werden.
dium Stuttgart (Abteilung 9 Landesgesundheitsamt) Stuhl-
Die nachfolgenden Ermittlungen durch die Lebensmittel-
proben von 6 Erkrankten ebenfalls mit positivem Ergebnis
überwachung bestätigten, dass der Landwirt das Tier auf-
auf Noroviren untersucht. Zur Abklärung der Infektionskette
grund einer akuten Erkrankung behandeln ließ und nach
wurden sowohl die Noroviren-Patientenisolate als auch das
eigenen Angaben versehentlich zu früh zur Schlachtung
Isolat aus dem gekochten Reis auf klonale Identität (gene-
gegeben hatte. Die durch den Tierarzt und in den Anwen-
tische Übereinstimmung) untersucht. Die Untersuchung
dungshinweisen vorgegebenen Wartezeiten wurden nicht
ergab zu 100 % übereinstimmende Gensequenzen zwi-
beachtet. Gegen den Landwirt wurde Strafanzeige erstat-
schen den Virenisolaten der Patienten und aus dem Reis:
tet. Der Schlachtkörper musste unschädlich beseitigt wer-
ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Konsum der
den.
Reisspeisen im Restaurant und den Erkrankungen der 16
Schüler ist damit bewiesen. Der gekochte Reis wurde als
Beim Räuchern entsteht unerwünschtes
gesundheitsschädlich beanstandet.
3-Monochlorpropandiol (3-MCPD)
Im Rahmen einer Stufenkontrolle bei einem Fleischwaren-
Dem „Gammelfleisch“ auf der Spur …
hersteller und in umfangreichen Laborversuchen konnte ge-
Ausgehend vom ersten Fleischskandal in Bayern Ende
zeigt werden, dass beim Räuchern 3-MCPD entsteht: Pfef-
2005, folgten mit dem Begriff „Gammelfleisch“ 2006 wei-
ferknacker (kleinkalibrige geräucherte Rohwurst), die noch
tere Schlagzeilen. Zwei Schwerpunktprogramme wurden
nicht geräuchert waren, enthielten kein 3-MCPD. Dieselben
in Baden-Württemberg ins Leben gerufen, um eine inten-
Pfefferknacker, die mit Kaltrauch von ca. 28 °C geräuchert
sivierte Kontrolle in diesem Bereich zu ermöglichen. Für
wurden, wiesen nach der Räucherung einen 3-MCPD Ge-
diese Aufgabe wurden gesondert Tierärzte und im Rahmen
halt von 133 µg/kg auf. Die zur Herstellung verwendeten
des Kooperationsmodells mit der Polizei ehemalige WKD-
Zutaten und Zusatzstoffe enthielten kein 3-MCPD. Eine
Beamte eingesetzt.
Probe „Wandabkratzung“ aus der Räucherkammer war mit
U.a. tauchten bei den zahlreichen Kontrollen in Kühl- und
einem sehr hohen 3-MCPD Gehalt (2455 µg/kg) belastet.
Gefrierhäusern immer wieder Fleisch auf, das überlagert
Die zur Räucherung verwendeten Holzspäne waren frei von
und verdorben war. Manche Fleischstücke hatten einen
chlororganischen Verbindungen, die evtl. eine Quelle für
langen Transportweg hinter sich. Auch vor 2 Jahren aus
das gebildete 3-MCPD darstellen könnten und waren auch
Brasilien importiertes Rindfleisch war durch zu lange Ge-
frei von 3-MCPD. Die Holzspäne wurden anschließend im
frierlagerung ranzig geworden. Neben physikalischen und
Labor unter kontrollierten Bedingungen verschwelt. Dabei
chemischen Vorgängen im Fleisch sind die Unterbrechung
zeigte sich, dass der aufgefangene Rauch große Mengen
der Kühlkette oder die Verwendung von mikrobiell belaste-
an 3-MCPD enthielt. Damit war klar: Beim Räuchern ent-
ter Ausgangsware als Ursachen für den Verderb zu nennen.
steht 3-MCPD. Die bisherigen Untersuchungsergebnisse
Tiefgefrieren kann die Haltbarkeit von Fleisch verlängern,
deuten auch darauf hin, dass der Bildungsweg für 3-MCPD
aber nur wenn frische Ausgangsware sachgerecht verpackt
bei der Verschwelung von Holz ein anderer ist, als z.B. in
(am besten vakuumiert) tiefgefroren wird.
Sojasoßen und Backwaren. Da 3-MCPD sehr gut wasserlöslich ist, bleibt es nicht an der Oberfläche, sondern es
dringt schnell auch in die inneren Schichten des geräucherten Erzeugnisses ein. Durch Entfernen der Wursthaut
lässt sich also leider keine nennenswerte Reduktion der
Kontamination mit 3-MCPD erreichen.
Zusammenfassung
Jahresbericht 2006
Verbotenes Pestizid in spanischem Gemüsepaprika
entdeckt
Zimt gegen Zucker?
Die Ergebnisse von medizinischen Studien deuten darauf
Im Rahmen der Rückstandsuntersuchungen bei Gemü-
hin, dass durch den Verzehr von mehreren Gramm Cassia-
sepaprika hat das CVUA Stuttgart Ende des Jahres 2006
Zimtpulver bzw. -Zimtextrakt pro Tag der Blutzuckerspiegel
Rückstände des in der EU nicht zugelassenen Insektizids
von Diabetikern günstig beeinflusst werden kann. Etliche
Isofenphos-methyl festgestellt. Auffallend war, dass die-
Firmen brachten - vor einer Zulassung als Arzneimittel! -
ses Insektizid ausschließlich in den spanischen Proben
bereits „Zimtkapseln“ zur Senkung des Blutzuckers als
nachgewiesen wurde. In 12 der knapp 40 Proben wurde
diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel
Isofenphos-methyl nachgewiesen. Die Rückstandsgehalte
für Diabetiker in den Verkehr. Mit den Zimtkapseln werden
lagen in 8 Proben über der allgemeinen Höchstmenge von
täglich Gramm-Mengen von Zimt verzehrt, das ist erheblich
0,01 mg/kg.
mehr, als durch mit Zimt gewürzte Lebensmittel aufgenom-
Der Wirkstoff Isofenphos-methyl wurde in China herge-
men wird. Um mögliche Gefahren durch einen erhöhten
stellt und ohne Zulassung und damit ohne toxikologische
Cumaringehalt abschätzen zu können, wurden 26 Proben
Bewertung illegal nach Spanien eingeführt und angewen-
überprüft. 14 Proben enthielten hohe Cumaringehalte, 2
det. Aufgrund der toxikologischen Relevanz konnten ge-
Proben wurden als gesundheitsschädlich beanstandet, da
sundheitliche Risiken nicht mit der erforderlichen Sicher-
der TDI-Wert (Tolerable Daily Intake = tolerierbare täg-
heit ausgeschlossen werden. Die Ergebnisse wurden in
liche Aufnahmemenge) über 100 % ausgeschöpft war.
das Schnellwarnsystem der Europäischen Kommission
Hinsichtlich des Cumaringehaltes unauffällig waren nur die
eingestellt und zeigten Wirkung: Nach dem Bericht der
Proben, die wässrigen Zimtextrakt enthielten.
spanischen Behörden wurden im 1. Quartal 303 Firmen
kontrolliert, 107 203 kg Paprika vernichtet, 24 Betriebe mit
Abbauprodukte von Pflanzenschutzmitteln in
Vermarktungsverbot belegt und 11 Strafverfahren einge-
Trinkwasser
leitet.
Chloridazon-desphenyl ist ein Metabolit (Abbauprodukt)
des Unkrautvernichtungsmittels Chloridazon, das im Zu-
EU-Referenzlaboratorien (CRL) in Baden-
ckerrübenanbau eingesetzt wird. Bei 28 von 80 untersuch-
Württemberg
ten Trinkwässern wurden Gehalte bis zu 3,4 µg/l nachge-
Zur Weiterentwicklung der Lebensmittelüberwachung und
wiesen. Die offene Frage, ob Chloridazon-desphenyl als
Tierseuchendiagnostik wurde 2005 die Einrichtung von Ge-
„relevanter“ Metabolit im Sinne der Trinkwasser-Verord-
meinschafts-Referenzlaboratorien (Community Reference
nung anzusehen ist und damit dem Grenzwert von 0,1
Laboratories, CRLs) von der Europäischen Union u.a. für
µg/l unterliegt, wird derzeit auf Bundes- und EU-Ebene
verschiedene rückstandsanalytische Arbeitsgebiete aus-
geklärt.
geschrieben. Die EU-Referenz-Laboratorien sollen sowohl
Aus dem im Obstanbau eingesetzten Fungizid Tolylfluanid
richtungsweisend als auch koordinierend und beratend wir-
kann der Metabolit N,N-Dimethylsulfamid entstehen.
ken. Ziel ist eine EU-weite Verbesserung der Qualität von
Gehalte deutlich über 0,1 µg/l wurden nachgewiesen. Bei
analytischen Ergebnissen.
der Aufbereitung von Wasser mit Ozon kann aus diesem
Nach Abschluss des strengen Auswahlverfahrens auf na-
Metaboliten das krebserregende N-Nitrosodimethylamin
tionaler und EU-Ebene wurden Anfang 2006 drei der acht
entstehen. Das N-Nitrosodimethylamin wird durch die üb-
CRLs im Bereich „Rückstände und Kontaminanten“ an das
licherweise der Ozonierung nachgeschalteten Filterstufen
CVUA Stuttgart und das CVUA Freiburg vergeben: Dabei
teilweise wieder entfernt. Bei N,N-Dimethylsulfamid han-
deckt das CVUA Stuttgart den Bereich „mit Einzelbestim-
delt es sich um einen bislang unbekannten Pflanzenschutz-
mungsverfahren zu analysierende Pestizidrückstände“ ab,
mittelmetaboliten; weil sich bei Ozonierung daraus das ge-
das CVUA Freiburg ist für den Bereich „Pestizidrückstände
sundheitsbedenkliche N-Nitrosodimethylamin bilden kann,
in Lebensmitteln tierischer Herkunft und Waren mit hohem
muss der Metabolit als „relevanter Metabolit“ im Sinne der
Fettanteil“ benannt. Das CVUA Freiburg wurde zudem für
Trinkwasser-Verordnung angesehen werden.
den Bereich „Dioxine und PCB in Lebensmitteln und Futtermitteln“ benannt. Inzwischen sind die Arbeitsprogramme
mit der Kommission abgestimmt, und die Arbeit als CRL
wurde zum 1. Juli 2006 aufgenommen. Die eindrucksvolle
Bilanz des ersten halben Jahres: 4 Ringversuche, Aufbau eines Internet-Portals (www.crl-pesticides.eu
), eine „me-
thod validation database“ und erste Workshops in Freiburg
und Fellbach mit Teilnehmern aus allen EU-Ländern.
9
10
Lebensmittelüberwachung BW
Teil I: Vorspann
Nicht zugelassener GVO-Reis macht Schlagzeilen
Orientalischer Modetrend „Shisha“ (Wasserpfeife)
Amerikanische Behörden informierten die EU-Kommissi-
24 Proben Wasserpfeifentabak wurden auf ihre Gehalte an
on darüber, dass in amerikanischen Reisprodukten Spu-
Feuchthaltemitteln überprüft. Die gesetzliche Höchstmen-
ren der nicht zugelassenen gentechnisch veränderten (gv)
ge von 5 % in der Summe aller Feuchthaltemittel wurde
Reissorte LL 601 nachgewiesen wurden und vermutlich in
bei 7 Proben überschritten. Vermehrt gelangen tabakfreie
die Lebensmittel- und Futtermittelkette gelangt seien. In 3
Produkte zum Rauchen in der Wasserpfeife in den Handel.
der 10 untersuchten Futtermittelproben konnte in Baden-
Es handelt sich dabei um Fruchtmischungen mit hohem
Württemberg Reis LL 601 nachgewiesen werden. Die 3
Honig- bzw. Melasseanteil. In Deutschland gibt es deutli-
positiven Befunde bezogen sich auf eine Partie Reisfutter-
che Hinweise auf eine weite Verbreitung, nicht nur unter
mehl von 50,6 t, die von einer Reismühle als Futtermittel
den Mitbürgern aus Afrika bzw. Asien. Insbesondere unter
abgegeben worden war. Die Restbestände von 1,6 t beim
Jugendlichen hat das Rauchen von Wasserpfeifen einen
Hersteller wurden gesperrt und die Vertriebswege ermit-
Kultstatus eingenommen.
telt. Über einen Zwischenhändler waren 25,0 t an einen
Bei der Wasserpfeife wird der Tabak nicht direkt verbrannt
Handelsbetrieb in Nordrhein-Westfalen ausgeliefert wor-
wie bei der Zigarette, sondern er wird durch die glühende
den. Weitere 24,0 t waren an einen Mischfuttermittelher-
Holzkohle erhitzt bzw. verschwelt. Die glühende Holzkoh-
steller in Baden-Württemberg geliefert worden. Insgesamt
le trägt somit zur Zusammensetzung des Hauptstromrau-
mussten 7,6 t Reisfuttermehl und 80,4 t Ergänzungsfutter-
ches bei. Die Nikotinkonzentration im Wasserpfeifentabak
mittel für Pferde unschädlich beseitigt werden.
weist erhebliche Unterschiede auf. Die Gehalte schwanken
Die parallel aufgenommene Untersuchung von Lebensmit-
zwischen 3,4 mg Nikotin/g Tabak bis ca. 30 mg Nikotin/g
teln lohnte sich: In insgesamt 31 von 195 Proben wurden
Tabak. Das Bundesinstitut für Risikobewertung untersucht
Verunreinigungen durch nicht zugelassenen gv Reis festge-
in Zusammenarbeit mit dem CVUA Sigmaringen die Gehal-
stellt. Die Verunreinigungen bewegten sich zwar durchweg
te an Feuchthaltemitteln und Nitrosaminen im Tabak. Mit
im sehr niedrigen Spurenbereich, aber derzeit sind selbst
dem Nachbau einer Wasserpfeife im Labor sollen Untersu-
solche Spuren von nicht zugelassenem gentechnisch ver-
chungen auf die Gehalte von verschiedenen toxikologisch
ändertem Reis verboten.
relevanten Substanzen im Hauptstromrauch erfolgen. Für
diese Untersuchung wurde eine spezielle analytische Ab-
Atemnot auf Knopfdruck – Vergiftungsfälle durch ein
rauchmaschine entworfen.
Badezimmerspray
Es begann Ende März 2006: in einer Angebotsaktion kom-
Kurioses
men zwei brandneue Produkte auf den Markt: die Aerosol-
Müsliriegel mit Sicherheitsnadel – ein besonders
sprays „Magic Nano Bad und Keramik Versiegeler“. Nach
sicheres Lebensmittel?
Angaben der Firma sollen mit den Sprays Unebenheiten auf
Glas und Keramik mit kleinsten Nanoteilchen verschlossen
und die behandelten Flächen so schmutzabweisend werden. Doch schon am ersten Tag der Markteinführung zeigt
sich ein anderer Effekt. Kunden, die das Produkt zu Hause
anwenden, spüren – nach ein bis zwei Stunden – zunächst
Kratzen im Hals, dann stellt sich ein unangenehmer Husten ein, schließlich kommt es zu Atemnot. Viele Betroffene
werden im Krankenhaus behandelt, in Einzelfällen werden
Lungenödeme diagnostiziert.
Nachdem Beschwerden bekannt wurden, hat die Firma
einen Rückruf eingeleitet und die Öffentlichkeit gewarnt.
In einem Müsliriegel aus einer Bäckerei war eine offene
Sicherheitsnadel eingebacken. Die Sicherheitsnadel soll
mit dem speziellen Verschlussmechanismus das gefahrlose und sichere Aneinanderheften zweier Textilien ermöglichen. Eine offene Nadel im Lebensmittel birgt allerdings
ein erhebliches Verletzungspotenzial, wenn sie nicht vor
dem Verzehr entdeckt wird. Diese Probe musste daher als
gesundheitsschädlich und damit als unsicheres Lebensmittel beurteilt werden.
Unterwäsche: ausgesprochen körpernah!
Dennoch konnte nicht mehr verhindert werden, dass Kun-
Um Wäsche der „anderen Art“ handelte es sich bei den
den zum Teil schwere Vergiftungen erlitten. Bislang sind 48
vorgelegten Verdachtsproben „essbare Unterwäsche“.
Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung eingeleitet
Hier stellte sich die Frage: Gegenstand für den nicht nur vor-
worden. Die Staatsanwaltschaft Tübingen hat die Ermittlun-
übergehenden Hautkontakt, also Bedarfsgegenstand, oder
gen aufgenommen.
Lebensmittel? Rechtlich gesehen gilt „sowohl als auch“. Für
die Beurteilung sind aber vor allem die Kennzeichnungsvorschriften sowie die zusatzstoffrechtlichen Anforderungen
für Lebensmittel relevant, die von den untersuchten Proben
aber nicht eingehalten wurden.
Jahresbericht 2006
11
Teil II:
Betriebskontrollen
und Vollzug
der Lebensmittelüberwachung
Themen:
Betriebskontrollen und Vollzug
12
Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB
14
Lebensmittelüberwachung – grenzenlos
25
12
Lebensmittelüberwachung BW
Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug
Betriebskontrollen und Vollzug der
Lebensmittelüberwachung
Das Jahr 2006 der Lebensmittelüberwachung war geprägt von zwei wesentlichen Ereignissen, nämlich dem
Inkrafttreten des neuen Lebensmittelrechts der Europäischen Union und den Folgen des Gammelfleischskandals.
Seit 1. Januar 2006 gelten europaweit einheitliche Vorgaben, die die Sicherheit der Verbraucher im Lebensmittelbereich gewährleisten sollen. Das so genannte „EU-Hygienepaket“, das im Wesentlichen aus drei für alle
EU-Mitgliedstaaten verbindliche Verordnungen besteht, kam zur Anwendung. Das Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz und viele andere lebensmittelrechtlichen Gesetze wurden durch das Lebensmittel-,
Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch abgelöst. Viele der bisher in Deutschland geltenden speziellen Hygienegesetze und -verordnungen haben in diesem Zusammenhang ihre Gültigkeit verloren. Die neuen
Vorschriften und Anforderungen gelten jedoch nicht nur für die Lebensmittel- und Futtermittelunternehmer,
sondern auch für die Tätigkeit der amtlichen Überwachungsbehörden. Erschwerend kam für die Lebensmittelüberwachungsbehörden jedoch hinzu, dass teilweise die für die Umsetzung der Vorschriften notwendigen
Durchführungsvorschriften noch fehlten. Es ergaben sich Rechtslücken, die die Arbeit der Lebensmittelüberwachungsbehörde, insbesondere den Verwaltungsvollzug, belasteten.
Ausgehend vom ersten Fleischskandal in Bayern Ende 2005, folgten mit dem Begriff „Gammelfleisch“ 2006
weitere Schlagzeilen. Zwei Schwerpunktprogramme wurden in Baden-Württemberg ins Leben gerufen, um
eine intensivierte Kontrolle in diesem Bereich zu ermöglichen. Für diese Aufgabe wurden gesondert Tierärzte
und im Rahmen des Kooperationsmodells mit der Polizei ehemalige WKD-Beamte eingesetzt.
Die Lebensmittelüberwachung in Baden-Württemberg wird
bis hin zur Abgabe an den Verbraucher. Die Überprüfungen
von insgesamt 44 unteren Lebensmittelüberwachungsbe-
erstrecken sich auf die gesamte Palette der Lebensmittel-
hörden durchgeführt. Fachlich koordiniert werden diese von
betriebe. Dazu gehören u. a. Groß- bzw. Wochenmärkte,
den vier Regierungspräsidien, welche ihrerseits wiederum
Gaststätten, Imbisseinrichtungen, Lebensmittelstände
dem Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum un-
auf Straßen- sowie Vereinsfesten, Küchen in Schulen und
terstehen. Die Überwachung erfolgt durch die Lebensmit-
Heimen. Aber auch Lebensmittel „auf der Straße“ bleiben
telkontrolleure und Amtstierärzte der Stadt- und Landkrei-
nicht außen vor. Gezielt werden Lebensmitteltransporte in
se, die in besonderen Fällen durch Sachverständige der
das routinemäßige Kontrollprogramm einbezogen. Doch
Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter des Landes
auch wenn sich Verbraucher beschweren – sei es, weil ih-
unterstützt werden.
nen verdorbene Ware verkauft wurde, oder weil ihnen nach
Lebensmittelsicherheit und Gesundheit des Verbrauchers
Genuss eines Lebensmittels übel geworden ist, werden
sind untrennbar miteinander verbunden und somit für die
die Lebensmittelüberwachungsbehören aktiv und gehen
Bürger von großer Bedeutung. In einer zu-
der Sache auf den Grund. Besonders im Zusammenhang
nehmend globalisierten Welt sind die
mit Erkrankungsfällen wird, teils mit großem Erfolg, de-
komplexen Sachverhalte allerdings
tektivisch auf Ursachensuche gegangen. So konnte häufig
für den Einzelnen kaum noch
Schlimmeres verhindert werden, indem verdorbene Le-
nachvollziehbar. Umso wichti-
bensmittel sofort aus dem Verkehr gezogen wurden oder
ger ist es, dass sich der Verbrau-
krankes Personal bis zu seiner Genesung „Zwangsurlaub“
cher auf einen wirkungsvollen
genießen konnte. Auch bei Rückrufaktionen von Lebens-
Schutz durch die Behörden ver-
mitteln, die beispielsweise Rückstandshöchstmengenüber-
lassen kann.
schreitungen aufwiesen, werden Verbraucher direkt und
Die Überwachung von Lebens-
nachhaltig durch die Arbeit der Lebensmittelüberwachung
mitteln beginnt bereits bei der
geschützt.
Urproduktion und endet schließlich
Die Lebensmittelüberwachungsbehörden sind jedoch nicht
bei der direkten Abgabe eines Lebens-
nur für Überwachungsaufgaben zuständig. Ein weiterer
mittels an den Verbraucher, so auch das
Teil ihrer Arbeit betrifft Zulassungen von Betrieben sowie
Überwachungskonzept der europäischen Gemeinschaft
Beratungen von Bauvorhaben, die im Zusammenhang mit
„From the stable to the table“.
Lebensmitteln selbst, oder deren Verarbeitung stehen. So
Dementsprechend beginnt die Kontrolle z. B. von fleisch-
können und sollen baubedingte Mängel bereits bei der Pla-
liefernden Tieren bei der Haltung und Fütterung im land-
nung vermieden werden. Teure Nachbesserungen werden
wirtschaftlichen Betrieb, über die hygienische Schlachtung,
unnötig. Doch auch Schulungen und Beratungen führen die
den Transport des Fleisches in geeigneten Fahrzeugen, der
tierärztlichen Sachverständigen und die Lebensmittelkon-
Verarbeitung und den Vertrieb im Groß- oder Einzelhandel,
trolleure der Landratsämter bzw. der Bürgermeisterämter
Betriebskontrollen und Vollzug
Jahresbericht 2006
13
Abb.:
der Stadtkreise durch. So kann z. B. durch Ratschlag an die
Verfügung gestellt. Für das zweite Schwerpunktprogramm
Eltern bei einem Schulfest vermieden werden, dass die
„Fleisch“ wurden zeitlich befristet zusätzliche Tierärzte ein-
Auf Megaveranstal-
Grillwürstchen stundenlang ungekühlt in der Sonne auf
gestellt, die speziell die Überprüfungen der Vertriebswege
tungen werden die
der Bierbank gelagert werden.
von Fleisch und von tierischen Nebenprodukten übernah-
Lebensmittelüber-
Daher konnte schon manches Fest zu einem vollen Erfolg –
men. So wurden zusätzlich zu den regulären Betriebskon-
wachungsbehörden
auch hinsichtlich der Gesundheit der Besucher – werden.
trollen zahlreiche Kontrollen außerhalb des üblichen Über-
ganz besonders
Diese beschriebenen Aufgaben sind jedoch nur Teilberei-
wachungsauftrages durchgeführt, um neue Erkenntnisse
gefordert.
che der vielfältigen Arbeitsfelder der Lebensmittelüberwa-
über Warenströme und Gepflogenheiten der Lebensmit-
chungsbehörden.
tel- / Fleischwirtschaft zu gewinnen. Diese Aktionen führten
Leider wurde das Vertrauen der Bürger in die Lebensmittelüberwachung durch diverse Missstände, die in der Presse als „Gammelfleischskandale“ diskutiert wurden, in den
Jahren 2005 und 2006 teils getrübt. Die vermehrt bekannt
zwar zu Mehrbelastungen der in der Überwachung tätigen
Personen und Dienststellen, hatten aber zur Folge, dass die
Verbraucher im „Ländle“ vor abgelaufenem und ungenießbarem Fleisch maximal geschützt werden konnten.
gewordenen Verstöße gegen das Lebensmittelrecht wur-
Das öffentliche Interesse an der Entwicklung der Lebens-
den vielfach als Zeichen einer unzureichenden Lebensmit-
mittelüberwachung in Baden-Württemberg war selbst im
telkontrolle interpretiert. Zur Ermittlung der Sachlage aber
zweiten Jahr nach ihrer Neuorganisation durch die Verwal-
auch zur Vermeidung weiterer Fälle grober Verstöße gegen
tungsreform ungebrochen. Die politische Diskussion dazu
das Lebensmittelrecht und die Verbraucherbelange wurden
ist auch im Zusammenhang mit den Fleischskandalen noch
im Berichtsjahr in Baden-Württemberg zwei Schwerpunkt-
nicht verstummt. Die Ziele dieser Umstrukturierungen wur-
programme mit Unterstützung der Landesregierung und in
den und werden allerdings konsequent verfolgt. So konnte
Zusammenarbeit mit der Polizei geplant und durchgeführt.
ein Teil der abgeordneten Polizisten des ehemaligen Wirt-
Im Rahmen der interministeriellen Konzeption „Kooperati-
schaftkontrolldienstes Ende 2006 zurück in ihren Dienst
onsmodell“ wurden vonseiten der Polizei ehemalige Beam-
bei der Polizei gehen. Diese Beamten wurden durch neu
te des Wirtschaftskontrolldienstes zur Unterstützung der
ausgebildete Lebensmittelkontrolleure ersetzt. Einiges an
Lebensmittelüberwachungsbehörden als Kontrolleure zur
Wissen und Erfahrung der polizeilichen Lebensmittelkon-
Lebensmittelüberwachung BW
14
Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug
trolleure konnte den neuen Lebensmittelkontrolleuren in
bei der Akademie der Polizei in Freiburg. Etwa 170 verschie-
der zweijährigen Ausbildung mit auf den Weg gegeben
dene Fachleute aus der Landesverwaltung, den Untersu-
werden. Ergänzt wird dieses Know-how durch eine fundier-
chungsämtern, aber auch aus Kreisen der Lebensmittel-
te Vorbildung dieser Kontrolleure. Nur wer bereits Meister
wirtschaft und des Handwerks unterrichten als Dozenten
in einem Lebensmittelhandwerk ist oder über eine ver-
die angehenden Kontrolleure. Das Ausbildungsprogramm
gleichbare berufliche Qualifikation verfügt, kann von den
ist anspruchsvoll und sichert ein hohes fachliches Können
Lebensmittelüberwachungsbehörden angestellt und zum
des Überwachungspersonals. Dieser Umstand ist eine gu-
amtlichen Lebensmittelkontrolleur weitergebildet werden.
te Grundlage für die zukünftige Gewährleistung des Ver-
Diese Fachausbildung teilen sich die Unteren Verwaltungs-
braucherschutzes in Baden-Württemberg.
behörden mit der zentralen Ausbildungsstelle des Landes
Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB
Zahl der Betriebe
landwirt-
Hersteller
Großhändler
Dienst-
handwerkliche Gesamt
schaftliche
und
und
leistungs-
Hersteller
Erzeuger
Abpacker
Transporteure
betriebe
und Direkt-
Einzelhändler
(Urproduktion)
Betriebe
vermarkter
57 135
2 653
3 060
50 047
80 231
13 194
206 320
kontrollierte Betriebe
1 672
1 067
998
18 534
30 279
4 732
57 282
Kontrollbesuche
2 142
9 534
3 715
30 409
41 171
8 016
94 987
162
359
230
3 566
9 538
1 701
15 556
Betriebe mit Verstößen
Tabelle:
Die Kontrollfrequenzen der amtlichen Lebensmittelüberwa-
Anzahl der
chung in den einzelnen Betrieben leiten sich von der Risiko-
von Anordnungen oder anderen Maßnahmen zur Gefah-
Betriebskontrol-
bewertung ab. Jeder Betrieb wird vom Kontrollpersonal
renabwehr – im Berichtsjahr in 26 476 Fällen – dafür, dass
len (gemäß § 2
der zuständigen Verwaltungsbehörden auf der Basis aktu-
rechtskonforme Zustände wiederhergestellt werden. Dies
Nr. 1.1 AVV-DÜb)
eller Erkenntnisse einer Bewertung der Risiken unterzogen,
ist oftmals verbunden mit der Einleitung von Maßnahmen
die von dem Betrieb für den Verbraucher ausgehen kön-
zur Ahndung der Verstöße. Bei Verdacht des Vorliegens
hörden mit ihren verwaltungsrechtlichen Mitteln in Form
nen. Aus dieser Einstufung folgern Kontrollintervalle, die
einer Straftat wird die Sache an die zuständige Staatsan-
zwischen arbeitstäglich und 36 Monaten variieren können.
waltschaft weitergeleitet, die über das weitere Vorgehen
Nach derzeitiger Einteilung sollten knapp über 40 % der
entscheidet.
vorhandenen Betriebe im Jahr inspiziert werden, um die
Kontrollvorgaben einzuhalten, die sich an bundeseinheitlichen Vorgaben orientieren. An den Betriebskontrollen, die
in der Regel von Lebensmittelkontrolleuren durchgeführt
In Zahlen ausgedrückt ergaben sich – soweit bei den unteren Lebensmittelüberwachungsbehörden bekannt – aus
der o. g. Tätigkeiten im Jahr 2006 insgesamt
wurden, sind je nach Betriebsart und aktueller Situation
• 832 Strafverfahren (mit Geldstrafen bis zu 3 000,– 1),
die Amtstierärzte der unteren Lebensmittelüberwachungs-
• 2 420 Ordnungswidrigkeitsverfahren, die zu über
behörden als Sachverständige beteiligt. Regelmäßig sind
1 530 Bußgeldbescheiden (mit Bußgeldern bis zu
Vertreter (Lebensmittelchemiker und Tierärzte) der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter sowie Ärzte der
Gesundheitsämter an den Kontrollen beteiligt. Hier handelt
es sich insbesondere um Kontrollen besonders großer oder
risikoreicher Betriebe wie z. B. Molkereien, Großküchen in
Krankenhäusern oder Pflegeheimen.
Insgesamt fanden 94 987 Kontrollbesuche statt, bei denen
57 282 der insgesamt 206 320 in Baden-Württemberg erfassten Betriebe ein- oder mehrmals überprüft wurden. In
15 556 Betrieben wurden Verstöße festgestellt, die Zahl
der Beanstandungen betrug 23 948.
2 500,– 1) führten, und
• 5 825 Verwarnungen mit oder ohne Verwarngeld.
218 Betriebe mussten aufgrund der dort herrschenden unhygienischen Umstände zum Schutz der Verbraucher sofort
geschlossen werden oder wurden durch den verantwortlichen Betreiber vorübergehend „wegen Krankheit“ freiwillig
geschlossen.
Die nachfolgenden Fallbeispiele vermitteln einen Einblick
in die Arbeit der baden-württembergischen Lebensmittelund Fleischhygieneüberwachung. Diese Beispiele stellen
allerdings – zum Teil drastische – Einzelfälle dar, die nicht
Führen Kontrollen zu Beanstandungen, die nicht sofort
repräsentativ für die jeweilige Branche sind und keine
oder freiwillig durch den Betreiber abgestellt werden, sor-
Rückschlüsse auf die Lebensmittelunternehmen in Baden-
gen die verantwortlichen Lebensmittelüberwachungsbe-
Württemberg insgesamt erlauben.
Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB
Jahresbericht 2006
15
Landwirtschaftliche Erzeuger (Urproduktion)
Rückstände von Tierarzneimitteln in Schlachtfleisch
„Der routinemäßigen Fleischuntersuchung entgeht nichts!“
eigenen Angaben versehentlich zu früh zur Schlachtung
Eine Injektionsstelle in der Muskulatur erweckte beim Kon-
gegeben hatte. Die durch den Tierarzt und in den Anwen-
trolleur den Verdacht, dass das Tier vor nicht all zu langer
dungshinweisen vorgegebenen Wartezeiten wurden nicht
Zeit einer medikamentösen Behandlung unterzogen wor-
beachtet. Gegen den Landwirt wurde Strafanzeige erstat-
den ist. Die daraufhin zur Untersuchung eingesandten Pro-
tet. Der Schlachtkörper musste unschädlich beseitigt wer-
ben brachten die Sache ans Licht. Es wurde die Anwendung
den.
eines Antibiotikums beim Schlachttier nachgewiesen.
Die nachfolgenden Ermittlungen durch die Lebensmittelüberwachung bestätigten, dass der Landwirt das Tier auf-
Tabelle: Art der festgestellten Verstöße bei Betriebskontrollen
grund einer akuten Erkrankung behandeln ließ und nach
(gemäß § 2 Nr. 1.1 AVV-DÜb)
Art der Verstöße
landwirt-
Hersteller
Großhändler
Dienst-
handwerkliche Gesamt
(Mehrfachnennungen
schaftliche
und
und
leistungs-
Hersteller
möglich)
Erzeuger
Abpacker
Transporteure
betriebe
und Direkt-
Einzelhändler
(Urproduktion)
Hygiene (HACCP, Ausbildung)
vermarkter
19
116
60
729
2 180
590
3 694
Hygiene allgemein
130
264
129
2 800
8 783
1 522
13 628
Zusammensetzung
7
42
47
201
39
43
379
(nicht mikrobiologisch)
Kennzeichnung, Aufmachung
30
95
74
1 094
2 989
476
4 758
Andere
22
54
51
365
855
142
1 489
Verstärkte Milchkammerkontrollen
So manche durch die Milchkammer flitzende Maus wurde
hatten auch die Wahl ungeeigneter Reinigungsmittel, der
nun auf Nimmerwiedersehen aus der Milchkammer ver-
nicht ausreichende Wechsel zwischen basischen und sau-
bannt. Milcherzeugerbetriebe, die von den Molkereien im
ren Präparaten und die fehlerhafte Dosierung der Reini-
Rahmen der Eigenverantwortung wegen erhöhter Keim-
gungs- und Desinfektionsmittel. Bringt der Landwirt den
oder Zellzahlen der Liefermilch von der Milchlieferung aus-
Hygienestatus seiner Milcherzeugung nicht rechtzeitig in
geschlossen worden waren, hatte die Lebensmittelüber-
Ordnung brachte ihm diese Kontrolle weitere Verluste in
wachung genauer unter die Lupe genommen. Die Milchge-
Form von 1 % bis 5 % Prämienabzug ein. Nur derjenige
winnung, die Lagerung der Milch in der Milchkammer und
Landwirt, der in Übereinstimmung mit den Vorschriften
die für die Milchproduktion verwendeten Gerätschaften
des Umweltschutzes, des Tierschutzes, der Tiergesundheit
werden dabei einer gründlichen Inspektion unterzogen. Gründe für die Grenzwertüberschreitungen
sollen im Rahmen dieser Kontrollen ermittelt und der betreffenden Milcherzeuger
über Möglichkeiten zur Beseitigung der
Probleme informiert und angehalten
werden. Dies konnten beispielsweise bezogen auf die Keimzahl im einen
oder anderen Fall die defekte Kühlung
oder auch hygienisch problematische
Verunreinigungen sein, weil Winkel und
Ecken des „Milchgeschirrs“ oder der Rohrleitungen und Lagertanks bei der Reinigung
übersehen oder nicht ausreichend behandelt
wurden. Probleme ergaben sich aus mangelhafter
oder fehlender technischer Wartung der Melkanlage, die
zu Entzündungen der Euter bei den Kühen und damit zu
erhöhten Zellzahlen in der Milch führten. Negative Folgen
und des gesundheitlichen Verbraucherschutzes handelt und produziert, hat in vollem
Umfang Anspruch auf die öffentlichen
Fördermittel.
Abb.:
Unhygienische
Milchkammer
16
Lebensmittelüberwachung BW
Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug
Hersteller
Milcherzeugnisse und Milchbe- und -verarbeitungs-
Bäckereien und Konditoreien
Jahr für Jahr die gleichen Mängel
betriebe
Wasserstoffperoxid auf H-Milchpackungen verursachte beim Verbraucher Verätzungen
Wasserstoffperoxid ist ein gängiges Desinfektionsmittel
in der Lebensmittelherstellung. Es wird insbesondere bei
der Packstoffentkeimung eingesetzt. Bei sachgerechter
Anwendung erweist es sich als absolut unproblematisch.
Doch in einem Fall trat in einer Molkerei bei der Abfüllung
von H-Milch ein Fehler auf. Es blieben feine Tröpfchen des
Desinfektionsmittels auf der Kunststofföffnung im Ausgießer der Verpackung zurück. Nach Hautkontakt führte die
Flüssigkeit beim Öffnen der Verpackung zu unangenehmen,
allenfalls leicht juckenden, weißen Fingerspitzen. Grund
dafür war die ätzende Wirkung des Wasserstoffperoxids.
Die Öffentlichkeit wurde über das Problem bei den betroffenen Chargen informiert. Bei Versuchen zeigte sich, dass
sich das Desinfektionsmittel nach Kontakt mit der Außenluft beim Stehenlassen der Milchpackungen in wenigen
Tagen verflüchtete. Durch eine geänderte Justierung des
Luftstroms, der das Wasserstoffperoxid von dem Verpackungsmaterial blasen soll, konnte das Problem vollständig
behoben werden.
Bäckereien und Konditoreien gehören immer noch zu
den Sorgenkindern der Lebensmittelüberwachung. 90
von 395 überprüften Bäckereien bzw. Konditoreien, mithin 23 % der Betriebe, gaben Anlass zu behördlichen
Auflagen sowie zu Bußgeld- und Strafverfahren. Sowohl
handwerkliche Betriebe (s. u., Kapitel Handwerkliche
Hersteller und Direktvermarkter) als auch namhafte,
zertifizierte, europaweit liefernde Großbäckereien nahmen es mit der Hygiene nicht so genau. Angesichts der
keimabtötenden Wirkung im Backofen wurde die Einhaltung von Hygienenormen eher als lästige Sache der
Behörde angesehen. Zwar konnten die Großbetriebe
im Gegensatz zu den handwerklichen Bäckereien meist
ein gut ausgearbeitetes Eigenkontrollkonzept vorlegen,
doch beim Kontrollgang durch die Produktionsräume
war von der Umsetzung des Konzeptes nicht viel zu
merken. Starker Schädlingsbefall, desolate, nicht funktionsfähige Bodenabflüsse und verschimmelte Wände
in der „Sterilabpackung“ wurden bei Betriebskontrollen
bemerkt. Ungeniert wurden auf verschmutzten Arbeitsflächen Kuchen und Torten hergestellt, Teiglinge auf verschimmelte Gärtücher und Gärbretter aufgesetzt und
Backwaren mit Einschießern (eine Art flacher Riesen-
Wegfall der amtlichen Milcherhitzergenehmigung
Nachdem die obligatorische amtliche Genehmigung für Milcherhitzungsanlagen
aufgrund des EU-Rechtes weggefallen
ist, werden diese Anlagen nur noch im
Rahmen der Zulassung eines Betriebes
und auch bei routinemäßigen Kontrollen
vom technischen Sachverständigen des
Regierungspräsidiums geprüft. Das Angebot,
freiwillig eine amtliche Erhitzerabnahme durchführen zu lassen, wurde bisher von den meisten Betrei-
Holzlöffel) aus dem Ofen geholt, die zuvor ausgerechnet
mit der Lebensmittel-Kontaktseite auf dem schmutzverkrusteten Fußboden abgestellt waren.
Neben der mangelnden Hygiene lag auch die bauliche
Situation in manchen Betrieben schwer im Argen. So
blätterte in einem Betrieb der Gipsmantel einer Rohrisolierung großflächig in darunterstehende Säcke mit
Haselnüssen und anderen Backzutaten ab. Dem nicht
genug, gelangte Laub, Schmutz und Schädlinge durch
fehlende oder beschädigte Gitter an Kellerfenstern in
die Lagerräume und in Löchern, Ritzen und Spalten
verbargen sich Schaben und andere Schadinsekten.
bern aufgrund der eigenen Verantwortlichkeit und auch
zum Nachweis gegenüber Kunden genutzt. Für die Wärmebehandlung von Rohmilch kommen daher in zugelassenen Betrieben ausschließlich typgeprüfte und amtlich
abgenommene Anlagen zum Einsatz, die dem Stand der
Technik entsprechen. Obwohl die bisher geltenden und
bewährten Vorschriften weggefallen sind, hat dies in Baden-Württemberg praktisch zu keiner Verschlechterung des
Verbraucherschutzes geführt. Die große Erfahrung, die die
Milchwirtschaft mit dem hoch empfindlichen und leicht verderblichen Lebensmittel Milch hat, sowie die Kenntnis um
die enorme Breitenwirkung einer fehlerhaften Produktionscharge führen dazu, dass bewährte Hygienestandards der
Produktionsprozesse nicht aufgegeben werden.
Industrielle Hersteller von Backwaren bzw. Teigwaren
Großbäckereien und große Teigwarenhersteller
haben ihre Hausaufgaben nicht gemacht
Schimmelpilze sind Mikroorganismen des täglichen Lebens. Ihre Sporen finden sich überall in der Außenluft.
Als Schadorganismen, die giftige Stoffwechselprodukte (Mykotoxine) freisetzen können, treten sie vor allem
durch Befall von Lebensmitteln und anderen organischen
Materialien in Erscheinung. Ein besonders beliebter Nährboden für Schimmelpilze ist das Getreide. Deshalb sind
Großbäckereien und große Teigwarenhersteller europaweit
verpflichtet, im Rahmen der Eigenkontrollen auf Schimmelpilze untersuchen zu lassen. Bei den Betriebskontrollen
musste jedoch festgestellt werden, dass die überprüften
Großbetriebe ihre Hausaufgaben noch nicht gemacht hat-
Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB
Jahresbericht 2006
Städtische Baubehörde versäumte Anhörung
Zwischen Backofen und Gärraum lagen brechend volle
der Fachbehörde
Schabenfallen, mehrere Tiere krabbelten umher. Diese Zu-
Das Versäumnis einer städtischen Baubehörde, die
stände waren Anlass genug, den Betrieb sofort so lange
amtliche Lebensmittelüberwachung mit in das Bau-
zu schließen, bis eine Generalreinigung, die Entsorgung
vorhaben einzubeziehen, hatte schlimme Folgen. Ein
sämtlicher Lebensmittelvorräte und die dringendsten
Stehcafé war so konzipiert, dass Kunden ungehindert
Renovierungsarbeiten durchgeführt waren. Angesichts
an bzw. hinter die Theke treten konnten. Sie mussten
dieser Umstände hat der einzige Bäcker, der vorher ver-
mangels geeigneter Vorrichtungen ihr Schmutzgeschirr
geblich gegen den Schlendrian seiner Kollegen und der
auf die Ablagefläche der Theke stellen. Auf einer Ar-
Verantwortlichen gekämpft hatte, den Betrieb verlassen.
beitsplatte standen ohne jeglichen Schutz verschiedene
Kuchen zur Auswahl. Die Personaltoilette ohne Fenster
Tiergarten in einer Bäckerei
und Abzugsmöglichkeit mündete direkt in den Bereich,
In einer Bäckerei in höchst desolatem Zustand wurden bei-
in dem Geschirr gespült und auch Teiglinge aufgelegt
nahe unvorstellbare hygienische Missstände angetroffen.
wurden. Der frei im Raum stehende Backofen war an
Aus dem Gärraum drang ein penetranter fäkalischer Ge-
der Rückseite zum Vorbereitungsraum nicht verschalt,
stank. Eine stark durchgebogene Gipskartondecke droh-
sodass sämtliche Leitungen, Rohre und Armaturen be-
te herabzufallen. Auf den Fußboden tropfte Wasser. Eine
reits nach kurzer Zeit dicke Staub- und Schmutzkrusten
Maus flitzte an der Wand entlang und in den Kabelkanälen
aufwiesen. Bei Sichtung der Planzeichnungen durch die
waren gleich mehrere bei ihren Aktivitäten zu hören. Eine
Fachleute der Lebensmittelüberwachung wären die
weitere Maus hatte sich schon tot gelaufen. Dem war nicht
Probleme rechtzeitig vor der Bauausführung bekannt
genug. Durch gekippte Oberlichter ohne Schutznetz kamen
geworden und der Bauherr und Planverfasser auf die
auch noch vier Spatzen zu Besuch.
Mängel hingewiesen worden. Teure Nachbesserungen
wären ihm bzw. dem Betreiber erspart geblieben.
In einer Mühlenbäckerei war das Maß voll!
Eine Bäckerei, die zu einer Getreidemühle gehörte,
war zunehmend sowohl baulich als auch im Hinblick
auf die Hygiene heruntergekommen. Zwar wurde seitens der verantwortlichen Betriebsleitung Besserung
zugesichert, dringend notwendige Maßnahmen sind
jedoch angesichts der schlechten Finanzlage der Mühlengenossenschaft immer wieder verschoben worden.
Bei einer Kontrolle im Sommer flogen Motten aus verschiedenen Zutatensäcken heraus, klebte am Schrank
des Heizraumes, in dem Altbrot für Weckmehl aufbewahrt wurde, eine tote Kakerlake, waren große Flächen
in den Produktions- und Lagerräumen verschimmelt.
In einer kleineren Brauerei lagen die Reinigung der Betriebsräume und der Gerätschaften sowie die Schädlingsbekämpfung erheblich im Argen. Dicke Gespinste, zahlreiche Mehlmotten, tote Mäuse, Mäusekot bzw. Fraßspuren
von Mäusen sowie dicke Malzstaubkrusten, nicht gewechselte Filterplatten waren Zeichen nicht mehr duldbarer unhygienischer Zustände.
Auch in der Leerflaschenkontrolle gab es Probleme, die
vornehmlich die kleineren Brauereien betrafen. Sie beschränkten sich lediglich auf eine visuelle Kontrolle vor einem Leuchtschirm. Dies stellt aber nicht mehr den Stand
der Technik dar. Eine schwierige Situation für die kleineren
Brauerein, da eine apparative Anlage für sie meist zu teuer
ist bzw. nicht wirtschaftlich betrieben werden kann.
Hersteller von Säuglings- und Kleinkindernahrung
ten. Als Überprüfungsparameter wurden ausschließlich die
produktionstechnisch relevanten Grundqualitäten wie beispielsweise der Kleber- und Wassergehalt angetroffen. Die
Verantwortung für die Herstellung eines sicheren Lebensmittel wurden zwar in detaillierten Spezifikationen auf die
Mühlen übertragen, doch Unterlagen, die die geforderten
Qualität bestätigt hätten, lagen in den Verarbeitungsbetrieben nicht vor.
Brauereien
Schimmelpilzgift in Säuglingskarottensaft
Patulin ist ein Schimmelpilzgift, das vor allem in angefaultem Kernobst und Gemüse gebildet werden kann. Es ist
im Tierversuch krebserregend, weshalb darauf geachtet
werden muss, dass kein Obst und Gemüse verarbeitet
wird, das faule Stellen aufweist. Außerdem haben Hersteller bzw. Verarbeiter solcher Produkte durch betriebliche
Eigenkontrollen eine Kontamination durch Patulin zu überwachen. In einem Fall wurde dies wohl nicht sehr ernst
genommen. Ein Hersteller von Säuglings- und Kleinkin-
„Reinheitsgebot“ nicht beachtet
dernahrung brachte Karottensaft für Säuglinge gewerbs-
In den meisten überprüften Brauereien wurden wie auch
mäßig in Verkehr, der die dreifache Menge des zulässigen
in den Vorjahren keine gravierenden hygienischen Mängel
Höchstgehaltes an Patulin enthielt. Die betroffene Charge
vorgefunden. Doch auch in dieser Branche gibt es Aus-
wurde umgehend europaweit zurückgerufen.
reißer:
17
18
Lebensmittelüberwachung BW
Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug
GVO in Lebensmitteln – Wie wirksam ist die betriebliche Eigenkontrolle?
Lebensmittelhersteller oder -händ-
chung von Cornflakes, Maltodextrinen
doch zu prüfen. Als vertrauenswürdig
ler scheuen sich davor, Produkte als
oder gereinigten Sojalecithinen hat.
angesehen wurden vor allem aktuelle
Bescheinigungen von unabhängigen
„gentechnisch verändert“ kennzeich-
Solche Zutaten enthalten kaum oder
nen zu müssen und verzichten lieber
keine Erbsubstanz, und dementspre-
Zertifizierungs- und Akkreditierungs-
auf solche Zutaten und Erzeugnisse.
chend können gentechnische Verände-
stellen, die das GVO-Eigenkontrollsys-
Damit dies auch der Wahrheit ent-
rungen oft nicht mit einer ausreichen-
tem bei den Lieferanten auditiert und
spricht, müssen – je nach Betriebs-
den Empfindlichkeit nachgewiesen
anerkannt haben. Außerdem haben ei-
art – mehr oder weniger umfangrei-
werden.
nige Lieferanten Rückverfolgungssys-
che Vermeidungs- und Eigenkontroll-
Nur die Untersuchung der Rohstoffe
teme eingerichtet, welche die Identi-
maßnahmen erfolgen. Wie auch in
kann hier klären, ob ein daraus herge-
tät des Rohstoffs bestätigen können.
den Vorjahren wurde dies unter die
stelltes Lebensmittel zu kennzeichnen
Bei kleineren Betrieben und selten
Lupe genommen. 2006 waren diese
ist. Die amtliche Überwachung unter-
verwendeten Zutaten wurden einfa-
Kontrollen erstmals auch Gegenstand
sucht daher bevorzugt Rohstoffe wie
che Lieferantenbescheinigungen, so-
eines bundesweiten Überwachungs-
Sojabohnen, Maiskörner oder Raps-
fern sie aktuell waren, häufig als aus-
programms. Viele Hersteller haben
saat. Wenn allerdings kein Zugriff
reichend angesehen. Nicht akzeptiert
mittlerweile risikoorientierte Stich-
besteht – etwa weil der Lieferant in
wurden dagegen veraltete Belege, die
probenpläne festgelegt, die in ihrem
Frankreich ansässig ist – müssen zu-
aus 2004 datierten, also dem ersten
Umfang zumeist als ausreichend be-
nächst Lieferantenbescheinigungen
Geltungsjahr der europäischen Kenn-
wertet wurden. Neben den Konzer-
genügen. Ihre Aussagekraft ist je-
zeichnungsregelung.
nen sind inzwischen auch mittelständische Betriebe dazu übergegangen,
ihre Lieferanten vor Ort zu möglichen
gentechnischen Veränderungen zu
Hersteller und Importeure von Bedarfsgegenständen
Unliebsame Wanderung
Atemnot auf Knopfdruck:
auditieren. Solche Maßnahmen sind
Bei Kontrollen von Betrieben, die Be-
Vergiftungsfälle durch ein Bade-
oft wirksamer als manche Analyse bei
darfsgegenstände herstellen, stehen
zimmerspray
stark verarbeiteten Produkten wie in
in der Regel nicht die hygienischen
Es begann Ende März 2006: Erstmals
einem nachfolgend aufgeführten Fall
Belange im Vordergrund. Vielmehr
kommen in einer Angebotsaktion zwei
ersichtlich wird.
sind anhand der Rezepturen und der
brandneue Produkte auf den Markt:
Produktionsbedingungen spezielle
die Aerosolsprays „Magic Nano Bad
Viel Papier und wenig Inhalt
Produktrisiken, wie die sensorische
und WC Versiegeler“ sowie „Magic
Lebensmittel, die aus gentechnisch ver-
Beeinträchtigung verpackter Lebens-
Nano Glas und Keramik Versiegeler“.
änderten Organismen hergestellt wer-
mittel oder der Übergang von Stoffen
Nach Angaben der Firma sollen mit
den, müssen gekennzeichnet werden –
von Gegenständen mit Lebensmittel-
den Sprays Unebenheiten auf Glas-
soweit die europaweite Regelung.
kontakt im Zuge der Eigenkontrollen
und Keramik mit kleinsten Nanoteil-
Nicht selten lässt sich das im ferti-
zu prüfen. Aber auch dies sollte ge-
chen verschlossen und die behandel-
gen Lebensmittel auch mit den emp-
lernt sein. Oftmals wird mangels aus-
ten Flächen so wasser- und schmutz-
findlichsten Analysenmethoden nicht
reichenden chemischen und rechtli-
abweisend werden. Doch schon am
mehr überprüfen. Wichtige Beispiele
chen Hintergrundwissens auf falsche
ersten Tag der Markteinführung zeigt
sind Speiseöle, aber auch modifizierte
Parameter geprüft. Untersuchungen
sich ein ungewollter, anderer Effekt.
Stärken und Stärkeverzuckerungspro-
realer, mit dem jeweiligen Gegen-
Kunden, die das Produkt zu Hause an-
dukte, wie Glucose oder Maltodextri-
stand oder Verpackungsmaterial in
wenden, spüren – meist nach ein bis
ne. Letztere werden häufig aus Mais
Kontakt kommender Lebensmittel
zwei Stunden – zunächst Kratzen im
hergestellt und sind Zutaten in der
wurden gar nicht in Auftrag gegeben,
Hals, dann stellt sich ein unangeneh-
Rezeptur von vielen industriell herge-
was bei bestimmten Kombinationen,
mer Husten ein, schließlich kommt es
stellten Lebensmitteln vom Gummi-
z. B. ölhaltigen Lebensmitteln in Glä-
zu Atemnot. Viele Betroffene werden
bärchen bis hin zur Tütensuppe.
sern mit Twist-off-Deckeln, fatale Fol-
im Krankenhaus behandelt, in Einzel-
Zertifikate mit Untersuchungsergeb-
gen hatte. Deshalb wurden gezielt in
fällen werden Lungenödeme diagnos-
nissen, besonders wenn ein negativer
Baden-Württemberg ansässige Her-
tiziert.
Befund für gentechnische Veränderun-
steller / Importeure überprüft, die in
Die Produkte wurden von einer Firma
gen bescheinigt wird, sind jedoch im
risikobehafteten Produktionszweigen
vertrieben, die ihren Sitz in einer klei-
Lebensmittelsektor viel wert. Nach
tätig sind, die durch Beanstandungen
nen Gemeinde auf der Schwäbischen
wie vor fragen nur wenige Betriebe
von Marktproben auffielen oder bei
Alb hat. Nach Bekanntwerden der Be-
nach, welche Aussagekraft ein nega-
denen sich Verbraucherbeschwerden
schwerden und wirkungsvollen Aktivi-
tives Ergebnis etwa bei der Untersu-
häuften.
täten der Lebensmittelüberwachungs-
Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB
Jahresbericht 2006
behörden hat die Firma umgehend
verantwortliche Betriebsinhaber ist je-
sowohl im öffentlichen Auftrag wie
einen umfangreichen Rückruf einge-
doch zwischenzeitlich im Alter von 53
auch im Auftrag der beteiligten Firmen
leitet und die Öffentlichkeit gewarnt.
Jahren verstorben.
an einer wissenschaftlich fundierten
Dennoch konnte nicht mehr verhin-
Bis heute ist noch völlig unklar, welche
Aufklärung der Vergiftungen.
dert werden, dass Kunden zum Teil
Chemikalie(n) die Vergiftungen ausge-
schwere Vergiftungen erlitten. Bislang
löst haben – und ob die Vergiftungen
sind 48 Verfahren wegen fahrlässiger
tatsächlich auf neuartige Nanotechno-
Körperverletzung eingeleitet worden.
logien zurückzuführen sind oder auf
Die Staatsanwaltschaft Tübingen hat
Chemikalien „im klassischen Sinne“.
die Ermittlungen aufgenommen. Der
Inzwischen arbeiten mehrere Labore
Großhändler und Transporteure
Dem „Gammelfleisch“ auf der Spur …
Besonders die Lebensmittelgroßhändler standen verstärkt im Visier der Lebensmittelkontrollen, da dort wohl
„üble Machenschaften“ zu vermuten waren, wenn man den zahlreichen veröffentlichten Skandalen Glauben
schenken kann.
Passauer Firma hat auch in Baden-Württemberg
den, dass dieses offensichtlich verdorbene Fleisch auf kei-
„gewildert“
nen Fall in den Handel kommt. Im Laufe der Ermittlungen
Der große „Wildfleischskandal“ einer Passauer Firma En-
stellte sich heraus, dass der Fahrer schon einige Tage zuvor
de 2005 erschütterte nicht nur die Verbraucher, sondern
seine Tour mit dem mit Fleisch beladenen Lkw aus Spanien
auch die Fleischindustrie. So kam es, dass das Bayerische
nach Deutschland begonnen hatte. Der Fleischverarbei-
Staatsministerium Anfang Januar 2006 mitteilte, dass meh-
tungsbetrieb, der die Annahme verweigert und die Behörde
rere Chargen Wildfleisch genussuntauglich seien und somit
eingeschaltet hatte, war bereits die vierte Abladestelle.
zurückgerufen werden müssten.
Beim Öffnen der Laderaumtür des Lkws kam dem herbei-
Auch in Baden-Württemberg rückten die Lebensmittelkon-
gerufenen Lebensmittelkontrolleur ein intensiv ekelhafter,
trolleure aus, um diese Rückrufaktionen aus Supermärkten,
fauliger Geruch aus dem Laderauminneren entgegen.
Metzgereien und anderen Vermarktern zu überprüfen. Da-
Es war festzustellen, dass der Lkw bereits ca. eine Ton-
bei waren die Kontrolleure angehalten, Proben von solchen
ne Retourenware geladen hatte. Dem Fahrer war jedoch
Produkten bzw. Chargen zu nehmen, die von den Rückru-
wohl nicht klar, dass es sich dabei um Fleisch handelte, das
faktionen noch nicht betroffen waren. Im Nachhinein zeigte
sich wegen fortgeschrittener „Reifung“ nicht mehr für den
sich, dass diese präventive Probenahme durchaus ange-
Genuss des Menschen eignete, also verdorben war. So la-
bracht war. Es wurden nämlich 20 der 26 Verdachtsproben
gerte er diese Kisten, von denen ein stark fauliger Geruch
beanstandet, was den ursprünglichen Verdacht der Lebens-
ausging, direkt neben der „Frischware“, sofern man diese
mittelkontrolleure bestätigte. Die Rückrufaktionen wurden
überhaupt noch als solche bezeichnen konnte.
infolge dieser Erkenntnisse erheblich ausgeweitet.
Die gesamte Fleischladung wurde als „ekelerregend“ und
„für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet“ beur-
„Gammelfleisch“ oder missverstandene spanische
teilt und deren Vernichtung angeordnet. Wegen des be-
Spezialitäten?
gründeten Verdachts des Vorliegens einer Straftat wurde
Dass viele Betriebe im Vergleich auch sauber und korrekt
Strafanzeige erstattet.
arbeiten, zeigte sich im Oktober 2006, da einem deutschen
Fleischverarbeitungsbetrieb das von einer spanischen Fir-
Landesweit verstärkte Kontrollen der Warenströme
ma per Lkw gelieferte Schweinefleisch wortwörtlich „ganz
und Entsorgungswege bei Fleisch
schön gestunken“ hat. Die Annahme von ca. 4 Tonnen stin-
Aufgrund des Gammelfleischskandals verschärften Lebens-
kendem und nicht ausreichend gekühltem Schweinefleisch
mittelkontrolleure und Tierärzte landesweit die Kontrollen
in einem schlichtweg schmutzigen Lkw wurde abgelehnt.
von Fleischbe- und -verarbeitungsbetrieben sowie von Le-
Der deutsche Fleischverarbeitungsbetrieb verhielt sich auch
bensmitteltransporten. Das Augenmerk der Inspekteure
insofern vorbildlich, als er das zuständige Veterinäramt um-
war vornehmlich auf die verschiedenen Warenströme der
gehend von der Beobachtung unterrichtete.
Lebensmittel und auf die Entsorgungswege von Abfällen
Da zu befürchten war, dass der spanische Fahrer weiterhin
gelegt. Im Resultat wurden bei etwa einem Fünftel der
seine Ware verkaufen wollte, musste sichergestellt wer-
kontrollierten Betriebe Mängel unterschiedlicher Schweregrade vorgefunden.
19
20
Lebensmittelüberwachung BW
Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug
Beispielsweise wurden in einem registrierten Metzgereibetrieb wegen Überlagerung und Gefrierbrand etwa 23 kg
Fleisch und Fleischerzeugnisse „freiwillig“ aus dem Verkehr genommen und unschädlich beseitigt. In einem an-
Einzelhändler
Unsere kleinen „Freunde“
deren Betrieb konnte nachgewiesen werden, dass es sich
Maus-Eldorado zieht weitere Besucher an
bei dem als „S-Fleisch für Hackfleisch“ ausgezeichneten
Wenn mehr als 19 Tonnen Ware (überwiegend Lebens-
Fleisch in Wirklichkeit nicht um Hackfleisch, sondern um
mittel und Tierfutter) „freiwillig“ entsorgt werden, müs-
maschinell vom Knochen abgetrenntes Fleisch mit kno-
sen schon gravierende Hygienemängel vorliegen. So
chenhaltigem Ausgangsmaterial handelte. Diese
Art von Fleisch ist auch unter dem Namen
Seperatorenfleisch bekannt und darf nicht
geschehen in einem großen Supermarkt. Gravierende Mängel bei der Eigenkontrolle und im
Hygienemanagement hatten zu einem
folgenschweren Schädlingsbefall ge-
als Hackfleisch angeboten werden. Bei
der Überprüfung einer Frischfleisch-
führt. Die für die regelmäßige Schäd-
abteilung wurde erkannt, dass
lingsbekämpfung engagierte Fach-
Fleisch und Fleischerzeugnisse von
firma hatte hier ebenso versagt wie
einem nicht zugelassenen Betrieb
die Marktleitung selbst.
aus Österreich bezogen worden
Eine Verbraucherbeschwerde auf-
war. Schließlich wurde in mehre-
grund herumlaufender Mäuse in
ren Betrieben die Entsorgung von
der Gemüseabteilung nahmen Amts-
Abfällen beanstandet. Sie reichte von
der unerlaubten Abfallentsorgung über
eine bayrische Gerberei, die hier Rinderhäute aufkaufte, bis hin zu einem österreichischen
tierärztin und Lebensmittelkontrolleur
zum Anlass, dem Betrieb einen Besuch
abzustatten. Der auf den ersten Blick saubere Supermarkt erwies sich bei näherem Hinsehen
Unternehmen, über das Knochen, Schwarten und sogar
als reinstes Schädlingsparadies. In nahezu allen Berei-
Materialien der Risikogruppe 2 entsorgt wurden. In den
chen, in denen Lebensmittel oder Tiernahrung gelagert
genannten Fällen wurde gegen die Verantwortlichen ein
wurden, hatten Mäuse ihre Spuren hinterlassen.
Verfahren eingeleitet sowie die zuständigen Behörden in
Nachdem die ersten Regale ausgeräumt waren, wurden
Österreich in Kenntnis gesetzt. Die Kontrollaktionen im
nicht nur Mäusenester und tote Tiere gefunden, son-
Straßenverkehr gemeinsam mit der Polizei deckten in ei-
dern auch zahlreiche angefressene, mit Mäusekot und
nigen Fällen Lebensmitteltransporte mit Temperaturabwei-
Mäuse-Urin durchtränkte Lebensmittelverpackungen.
chungen auf.
Eiskalt erwischt
Wechseltransporte von Rapsöl und Bio-Diesel in
Ein Anfangsverdacht führte dazu, dass sich die Lebensmit-
Tankfahrzeugen
telüberwachung auch von eisiger Kälte nicht an ihrer Arbeit
hindern ließ. So wurden während der Betriebskontrolle eines Tiefkühllagers mehrere Tonnen tiefgekühlte Fisch- und
Fleischprodukte in unterschiedlichen Fertigpackungen vorgefunden, bei denen der Verdacht bestand, dass die Ware
zum Verzehr durch den Menschen nicht mehr geeignet
war. Daraufhin wurde der Lagerbestand kurzum komplett
beschlagnahmt und diverse Proben entnommen. Durch die
Untersuchungen des zuständigen amtlichen Laboratoriums
konnte der ursprüngliche Verdacht auch prompt bestätigt
werden. Nachdem zum Zeitpunkt der Kontrolle ein Teil der
ursprünglichen Ware bereits verkauft und ausgeliefert war,
wurden die Produkte durch den Betriebsinhaber selbst von
seinen Kunden zurückgerufen und gemeinsam mit der verdorbenen Lagerware unter behördlicher Aufsicht entsorgt.
Das Nachspiel für den verantwortlichen Betriebsinhaber
endete in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren,
welches eingeleitet wurde. Zum Jahresende 2006 hat der
eiskalt erwischte Inhaber dann den Betrieb seines Tiefkühllagers freiwillig eingestellt.
Ein Verkehrsunfall eines für den Lebensmitteltransport
gekennzeichneten Tankfahrzeuges brachte die Kugel ins
Rollen. Die amtliche Lebensmittelüberwachung hatte
Zweifel an dem angegebenen Transportgut und ließ es
beim Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt in
Stuttgart untersuchen. Das Ergebnis war, dass es sich
bei der Ladung nicht – wie angegeben – um Rapsöl als
Lebensmittel, sondern um raffinierten Bio-Diesel-Kraftstoff handelte. Weitere Ermittlungen ergaben, dass von
der verantwortlichen Spedition wöchentlich bis zu 10 so
genannte Wechseltransporte durchgeführt wurden. Dabei
wurde regelmäßig raffinierter Bio-Diesel-Kraftstoff in Fahrzeugen für den Lebensmitteltransport befördert und als
Folgeladungen wurden verschiedene Lebensmittel geladen. Hierdurch ersparte sich die Spedition teure Leerfahrten und verschaffte sich einen nicht unerheblichen Wettbewerbsvorteil. Nach den gültigen lebensmittelrechtlichen
Bestimmungen dürfen Lebensmittel, die als Massengüter
befördert werden, ausschließlich in gesondert gekennzeichneten Lebensmitteltanks transportiert werden. Der
Fall wurde der Staatsanwaltschaft übergeben.
Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB
Jahresbericht 2006
Auch Milben, Motten und Maden hatten schon von einigen
Frischware sicherheitshalber entsorgt. Dass diese präven-
Lebensmitteln Besitz ergriffen und führten zu einer Erwei-
tiven Maßnahmen genau richtig waren, zeigte sich später
terung des Schädlingsrepertoires. Dies führte letztlich dazu,
durch die Untersuchung des zuständigen Untersuchungs-
dass der gesamte Laden ausgeräumt, gereinigt und neu
amtes. In der vorrätig gehaltenen Frischware konnten Spu-
bestückt werden musste.
ren der Lösungsmittel nachgewiesen werden. Der Verkauf
neuer Frischware konnte erst wieder aufgenommen wer-
„Es liegt was in der Luft“
den, nachdem Lüftungsfilter ausgetauscht und durch eine
Dass etwas „in der Luft“ lag, bemerkte ein Lebensmit-
Messung der Innenraumschadstoffe die Unbedenklichkeit
telkontrolleur bei der Routinekontrolle eines Supermark-
der Raumluft nachgewiesen worden war.
tes schnell. Die Ursache für den stechenden Geruch war
schnell ermittelt. Zur selben Zeit wurden nämlich in dem
Käferwandertag
Supermarkt Umbauarbeiten durchgeführt. Dabei kamen
Im Grunde wäre es seitens der Reiskäfer gar nicht nö-
stark riechende Lösungsmittel zum Einsatz. Die Frage,
tig gewesen, „Käferstraßen“ auf den Regalen und dem
ob sich bereits gesundheitsschädliche Stoffe auf die Le-
Fußboden eines großen Supermarktes auszubauen. In der
bensmittel niedergeschlagen hatten, konnte vor Ort nicht
groß konzipierten Teigwarenabteilung bestand nämlich ein
ausgeschlossen werden. Im Zuge eines vorsorgenden
sehr reichhaltiges Nahrungsangebot für sie, sodass einer
Verbraucherschutzes wurden unverzüglich entsprechen-
massenhaften Vermehrung nichts im Wege stand. Die Le-
de Maßnahmen eingeleitet. Die Verwendung der kritischen
bensmittelüberwachung jedenfalls schritt auch in diesem
Lösungsmittel wurde im Einvernehmen mit dem Betrieb
Fall massiv ein und ordnete eine fachgerechte Schädlings-
sofort eingestellt und die für den Verkauf vorrätig gehaltene
bekämpfung an.
Dienstleistungsbetriebe
Gastronomie
Im Wein liegt nicht immer die
Schweißtreibender Thunfischsalat
Gegen die Verantwortlichen der Gast-
Wahrheit
Von Bauchkrämpfen geschüttelt, von
stätte wurde natürlich eine Strafanzei-
In einer Besenwirtschaft wird von
Durchfall und Erbrechen geplagt, fer-
ge erstattet.
Winzern und Weinbauern saisonal
ner mit Schweißausbrüchen und star-
über einen befristeten Zeitraum selbst
ken Hautrötungen bis hin zu Herzra-
Salmonellose in Speiselokal
erzeugter Wein direkt ausgeschenkt.
sen und Kreislaufproblemen gepeinigt
Ebenfalls lange in Erinnerung bleiben
Zumeist sind für die Kunden kleine,
wurde eine Gästegruppe nach einem
wird einer Gruppe von mehr als 20
gemütliche Weinkellerlokale einge-
Restaurantbesuch. Schuld an dieser
Personen ihr Besuch in einem als „re-
richtet, in denen diese mit Wein und
Lebensmittelvergiftung war einzig und
nommiert“ bekannten Speiselokal mit
allerlei kulinarischen Köstlichkeiten der
alleine der Verzehr von Thunfischsalat
gut bürgerlicher Küche. Diese hatten
Region versorgt werden.
dieses Lokals.
ein vorbestelltes, einheitliches Mittag-
Dass im Wein nicht immer „die
Die Lebensmittelkontrolleure unterzo-
essen und als Dessert ebenfalls im
Wahrheit liegt“, musste ein Lebens-
gen die Gaststätte natürlich umgehend
Gasthof hergestellte Torten verzehrt.
mittelkontrolleur erkennen, der eine
einer Betriebskontrolle. Dabei konnten
Fast die Hälfte der Gäste litten kurz
Probe Tafelwein aus dem offenen
sie eine umfangreiche Restmenge
danach an sich ähnelnden Magen-
Ausschank einer solchen Besenwirt-
Thunfischfleisch in einer großen an-
Darm-Beschwerden. Einige Personen
schaft entnommen hatte. Bei der Un-
gebrochenen Dose sicherstellen und
mussten sogar im Krankenhaus statio-
tersuchung im Labor wurde nicht nur
als Verdachtsprobe in das zuständige
när behandelt werden. Bei 6 erkrank-
ein zu niedriger Gesamtalkoholgehalt
Untersuchungsamt übersenden.
ten Personen konnte durch Untersu-
festgestellt, sondern auch, dass sich in
Thunfischfleisch, das in der Gastrono-
chung von Stuhlproben „Salmonella
diesem Wein mindestens 10 % Fremd-
mie gerne für Salate und als Pizza-Be-
enteritidis“ isoliert werden. Jedoch
wasser befand. Durch weiterführende
lag verwendet wird, ist dafür bekannt,
konnten im Zuge weiterer Ermittlun-
aufwendige Untersuchungen wurde
dass sich in ihm bei zu warmer oder
gen unter den Küchenmitarbeitern
der Wein zudem mit dem im Betrieb
zu langer Lagerung durch mikrobiellen
keine Ausscheider von Salmonellen
entnommenen Leitungswasser ver-
Verderb bedenklich hohe Gehalte an
gefunden werden. Die Betriebskon-
glichen, sodass der genaue Fremd-
Histamin bilden können.
trolle durch die zuständige Lebens-
wassergehalt, nämlich 15 %, ermit-
Durch die Sicherstellung der Rest-
mittelüberwachungsbehörde deckte
telt werden konnte. Die Panscherei
menge konnte zumindest verhindert
aber grobe Mängel bei der Arbeits-
brachte dem Verantwortlichen einen
werden, dass sich noch weitere Gäste
und der Produkthygiene in dem Lokal
Strafbefehl über 3 000,- 1 ein.
eine Histaminvergiftung zuziehen.
auf. Fehlende Möglichkeiten, Hände
21
22
Lebensmittelüberwachung BW
Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug
und Oberflächen nach der Reinigung
zu desinfizieren sowie Mängel in der
Lagerung von Lebensmitteln und fertigen Speisen könnten zum Eintrag von
Salmonellen in die fertigen Speisen
geführt haben. So wurde gegen den
Inhaber des Speiselokales schließlich
ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Küchenbetriebe in Einrichtungen
zur Gemeinschaftsverpflegung
Fußball-WM in Stuttgart:
„54 – 74 – 90 – 2006 – ja so stimmen wir alle ein …“
Auch auf Megaveranstaltungen sind gastronomische Dienstleistungsbetriebe groß im Geschäft. Die Lebensmittelüberwachungsbehörden
werden dort ganz besonders gefordert. Im Jahr 2006 kam die Landeshauptstadt Stuttgart in den besonderen Genuss, Austragungsort von
Fehlplanung: mangelhafte Bau-
insgesamt sechs Spielen der Fußballweltmeisterschaft zu sein. Ein außer-
ausführung
gewöhnliches Ereignis war das Spiel der deutschen Nationalmannschaft
Bei der ersten Kontrolle in einer neu
gegen Portugal, das mit dem dritten Platz für die deutsche Elf gekrönt
gebauten Küche eines kommunalen
wurde. Die Spiele selbst sowie die Fanfeste, bei denen alle Spiele auf
Altenheims wurden gleich mehrere
Videoleinwänden gezeigt wurden („public viewing“), lockten Millionen
Baumängel festgestellt. Im Trockenla-
WM-Begeisterte nach Stuttgart. Allein auf den Schlossplatz kamen ins-
ger mit Südfenster herrschten subtro-
gesamt mehr als 1,5 Millionen Besucher, um die Liveübertragungen mit-
pische Temperaturen von annähernd
zuerleben. Unter dem Motto „zu Gast bei Freunden“ feierten Fußballfans
30 °C, die allenfalls für die Geschirrla-
aus aller Welt vier Wochen lang ein unvergleichliches Fest.
gerung hätten akzeptiert werden kön-
Doch obwohl Stuttgart häufiger Austragungsort von Großereignissen, wie
nen. Hinzu kam, dass in allen Arbeits-
z. B. Wasen oder Frühlingsfest, ist, war die Organisation der Lebensmittel-
und Lagerräumen an den Leitungen
sicherheit im Rahmen der WM eine besondere Herausforderung, zumal
und Wanddurchführungen die Isolier-
das sommerliche Wetter mit Höchsttemperaturen zu Problemen bei der
wolle offen hervortrat.
Wahrung der Sicherheit der Lebensmittel führte. Nicht immer konnten
Im Zubereitungsraum für die Kaltver-
die Kühleinrichtungen gegen die hohen Temperaturen ankämpfen.
pflegung der Bewohner waren eben-
Insgesamt wurden an den wichtigsten Fantreffpunkten und im Stadi-
so wie in der Spülküche stets große
on Küchen und Imbissstände vor Inbetriebnahme sowie während der
Wasserlachen auf dem Fußboden zu
Betriebszeiten im Rahmen von insgesamt 995 Kontrollen überprüft. Zu-
finden. Der Dunstabzug über dem
sätzliche spezielle Vorgaben für die Lebensmittelunternehmer trugen
Heißluftdämpfer hatte wohl eher ei-
dazu bei, dass dieses internationale Fest auch aus kulinarischer Sicht
ne Alibifunktion, da der Überstand
kein Nachspiel hatte.
so gering war, dass die Dämpfe noch
nicht einmal theoretisch aufgenom-
Mitglied einer Fußballnationalmannschaft erkrankte nach
men werden konnten. Doch weder
Restaurantbesuch
das ausführende Planungsbüro, noch
Auch die Lebensmittelkontrolleure und Veterinäre außerhalb der Lan-
der städtische Betreiber konnten von
deshauptstadt hatten während der Weltmeisterschaft ordentlich zu tun,
der Notwendigkeit der Abhilfe der
nachdem bekannt wurde, dass ein Mitglied einer Fußballnationalmann-
Baumängel überzeugt werden. Ein-
schaft nach einem Restaurantbesuch unter sehr starkem Durchfall litt
zig für die Pfützen wurde immerhin
und ärztlich behandelt werden musste. Mithilfe einer Stuhluntersuchung
ein Nass-Sauger angeschafft!
wurde klar, dass sich der Fußballer eine bakterielle Infektion mit Campy-
Da sich jedoch die hygienerechtlichen
lobacter jejuni eingefangen hatte. Diese gelten neben den Salmonellen
Erfordernisse teilweise auch mit den
als häufigste Verursacher für Darmentzündungen beim Menschen.
Vorgaben der gesetzlichen Unfallver-
Daraufhin wurde natürlich sofort die Küche des entsprechenden Restau-
sicherung deckten, wurde die Unfall-
rants durch die amtlichen Kontrolleure inspiziert. Rückstellproben von Le-
kasse Baden-Württemberg zu dem
bensmitteln, die in dem infrage kommenden Zeitraum verzehrt wurden und
Fall hinzugezogen. So konnten die Ver-
die Träger des Erregers sein konnten, wie Rohmilchkäse oder Entenbrust,
antwortlichen letztlich doch zu Nach-
wurden noch am selben Tag zur Untersuchung an das zuständige CVUA ge-
besserungen „bekehrt“ werden.
bracht. Die Untersuchung der Lebensmittelproben verlief jedoch negativ,
d. h. die genannten Bakterien wurden nicht gefunden. Die wahre Ursache
der Campylobacter-Infektion konnte letztendlich nicht ermittelt werden –
vielleicht hatte dem Nationalspieler auch etwas ganz anderes auf den
Magen geschlagen?!
Betriebskontrollen im Rahmen des LFBG
Jahresbericht 2006
Handwerkliche Hersteller und Direktvermarkter
Bäckereien und Konditoreien
Mohnsamen regelmäßig zu hohe Morphin-
Morphin in Backmohn
gehalte aufweisen, ausgelistet werden
Morphin wirkt als Opioid und wird
können (siehe auch Teil III, Kapitel Hül-
aus dem getrockneten Milchsaft der
senfrüchte, Ölsamen, Nüsse und -Er-
Schlafmohnpflanze gewonnen. Ent-
zeugnisse).
sprechend seiner Wirkung wurde
dieser Stoff nach Morpheus, dem
Betriebsschließung einer Bäcke-
griechischen Gott der Träume, be-
rei – „Wie bei Hempels unterm
nannt. Missbräuchlich wird Mor-
Sofa“
phin zur Herstellung der Droge He-
Nicht nur große Betriebe, die ein
roin verwendet. In der Medizin ist
umfangreiches Angebot an den ver-
es als eines der stärksten natürlichen
schiedensten Lebensmitteln aufweisen,
Schmerzmittel bekannt. Jedoch kann es
werden von den Mitarbeitern der Lebensmit-
auch unerwünschte Nebenwirkungen, wie
beispielsweise Abhängigkeit, Atemdepression und Bewusstseinsstörungen, verursachen. Eine Überdosierung
führt zu Atemstillstand. Der Backmohn für die Backindustrie wird hingegen aus den Samen der Schlafmohnpflanze
gewonnen. Die Untersuchungen der Vergangenheit an den
Untersuchungsämtern in der Bundesrepublik Deutschland
haben gezeigt, dass verschiedene Backmohnchargen verschieden hohe Morphingehalte aufwiesen, deren Höhe
in Abhängigkeit zu der Gewinnung, dem Ernteverfahren,
der Mohnsorte oder der geografischen Herkunft standen.
Die Untersuchungsergebnisse im vergangenen Jahr bestätigten erneut diese Ergebnisse. In einigen Fällen wurden
sogar Morphingehalte nachgewiesen, die auch unter Berücksichtigung empfindlicher Personenkreise (Schwangere,
Stillende, Kleinkinder) durch eine Risikoanalyse des bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und eine toxikologischen Bewertung des
Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) als gesundheitsschädlich beurteilt wurden.
Um gesicherte Erkenntnisse bei der Untersuchung des
Backmohns zu erlangen, müssen beim Importeur vor Ort
repräsentative Proben durch die Mitarbeiter der Lebensmittelüberwachung gezogen werden. Entsprechen die
Untersuchungsergebnisse nicht den Vorschriften des europäischen Lebensmittelrechts, muss die betroffene Backmohncharge, die sich meist aufgrund der hohen Umsätze
und kurzen Umschlagsfristen nur noch teilweise im Han-
telüberwachung kontrolliert. Auch handwerklich
strukturierte Betriebe und Direktvermarkter müssen die
Anforderungen des Lebensmittelrechts einhalten. Werden die Lebensmittel nicht entsprechend den Vorschriften
hergestellt und behandelt, muss die Lebensmittelüberwachungsbehörde handeln. Diese kostspielige und unangenehme Erfahrung musste beispielsweise ein Betreiber
einer Bäckerei erfahren. Die bei einem Kontrollgang vorgefundenen, untragbar unhygienischen Verhältnisse in der
Backstube und den Lagerräumen, der erkennbare Schädlingsbefall, die Lagerung von Unmengen nicht mehr im Gebrauch befindlicher Gerätschaften und von nicht
zur Verarbeitung gehörendem Gerümpel
sowie die Verwendung verdorbener
Brezellauge führten zur Untersuchung von Verdachtsprobenmaterial und zur vorübergehenden Betriebsschließung.
Die Behebung der baulichen
Mängel erforderte eine förmliche Ordnungsverfügung mit
mehr als 1 400,- 1 für verwaltungsrechtliche Aufwendungen.
Zusätzlich wurde ein Bußgeld von
2 000,- 1 festgesetzt.
Metzgereien
del befindet, aus allen belieferten Betrieben zurückgerufen
Früh am Morgen schlafen die Maden im Fleischsalat
werden. Dieser Ablauf ist sehr zeitintensiv und beschäftigte
noch
beispielsweise im vergangenen Jahr die Mitarbeiter der Le-
Bereits um 6:45 Uhr hatte sich ein Berufspendler in ei-
bensmittelüberwachung eines Landkreises, in dessen Zu-
ner Metzgereifiliale zwei Brötchen sowie einen Becher
ständigkeitsbereich ein zentraler Direktimporteur verschie-
Fleischsalat besorgt, welcher von einer Verkäuferin abge-
dener Backgrundstoffe liegt, als Aufgabenschwerpunkt
füllt wurde. An seinem Arbeitsplatz angekommen, verzehr-
über mehrere Monate. Jedoch haben mittlerweile auch
te er diesen nahezu vollständig. Hierbei verspürte er ein
Untersuchungslaboratorien, die in der Qualitätskontrolle
leichtes „Bizzeln“. Vier Stunden später beabsichtigte er,
des Mohnhandels und -Importes tätig sind, die Analytik
den verbliebenen Rest aufzuessen, unterließ dies jedoch
zur Überprüfung der Morphingehalte etabliert, sodass nun
voller Ekel, da er leider erst jetzt den Madenbefall des Sa-
belastete Lieferungen schon vor der Verteilung in Handwerk
lates bemerkte. Nach seiner Beschwerde wurde die Filiale
und Handel ausgesondert werden und Zulieferer, deren
der Metzgerei von der Lebensmittelüberwachungsbehörde
23
Lebensmittelüberwachung BW
24
aufgesucht. Zunächst bestritt man, den besagten Fleischsalat verkauft zu haben, allerdings konnte eine zweifelsfreie Herkunftsbestimmung erbracht werden. Eine
Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug
Verkehrskontrollen
Billig eingekauft – teuer bezahlt
Vergleichsprobe von dem beanstandeten
Anlässlich einer routinemäßigen Verkehrskontrolle auf der
Fleischsalat konnte nicht mehr gezogen
Autobahn während des abendlichen Berufsverkehrs wurde
werden, da hiervon nichts mehr in
eine herkömmliche Stufenhecklimousine, untere Mittelklas-
der Metzgerei vorlag. Zur Sicher-
se, älterer Bauart von der Polizei überprüft. Angesichts der
heit wurde der zum Kontrollzeit-
deutlich wahrnehmbaren überdurchschnittlichen Belastung
punkt vorliegende Fleischsalat
der Hinterachse wurde der Kofferraum näher begutachtet.
durch das zuständige Untersu-
Die Polizisten entdeckten 3 übereinander gestapelte Kunst-
chungsamt untersucht. Hierbei
stoffsteigen, gefüllt mit 20 „Säcken“ umhülltem Fleisch.
wurde zwar kein Madenbefall
Das Umhüllungsmaterial war sehr dünn und bereits an
festgestellt, jedoch wurde der
seinen Verschweißstellen aufgerissen, wodurch das Fleisch
Fleischsalat als irreführend bean-
teilweise in den deutlich verschmutzten und ungekühlten
standet, da in diesem die Gurken-
Kofferraum gerutscht war, der noch weiteres diverses La-
einlage, die laut den Leitsätzen für
degut enthielt. Zusätzlich ließ der Zustand des Kofferrau-
Feinkostsalate des Deutschen Lebensmit-
mes befürchten, dass während der Fahrt Abgase und ver-
telbuchs hätte enthalten sein müssen, fehlte. Ge-
schmutzte Außenluft in diesen Fahrzeugbereich gelangen
Abb.:
gen den Verantwortlichen wurde nicht zuletzt wegen des
könnten. Die hinzugezogene Lebensmittelüberwachungs-
Maden im
Inverkehrbringens eines ekelerregenden Lebensmittels ein
behörde stellte fest, dass es sich grobsinnlich und ange-
Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet.
sichts der mitgeführten Papiere um Geflügelfleischteile
Fleischsalat
handelte, die vermutlich wenig zuvor in einem nah gelegeSchnittfest muss der Döner sein – Verwendung von
nen Verarbeitungsbetrieb der Region erworben worden wa-
nicht zugelassenem Zusatzstoff: Karottenfasern
ren. Die Außen- und Kerntemperatur des Geflügelfleisches
Immer wieder erscheint eine neue Variation eines Döner-
betrug +10 bis +10,5 °C und überschritt somit weit die un-
spießes auf dem Lebensmittelmarkt. Die Rezepte, insbe-
bedingt einzuhaltende Lager- und Transporttemperatur. Auf-
sondere die Zusammenstellung der verwendeten Gewürz-
grund der ekelerregenden und untragbar unhygienischen
mischungen sind ein strenges Betriebsgeheimnis. Jedoch
Transportbedingungen wurde das Fleisch beschlagnahmt
müssen bei jeder Ideenvielfalt auch die Vorschriften des
und am folgenden Tag auf Kosten des Verantwortlichen der
Lebensmittelrechtes eingehalten werden. So manche Her-
unschädlichen Beseitigung zugeführt.
steller sind sich bezüglich der Antwort auf die Frage – wie
Die weiterführenden Ermittlungen des Lebensmittelkon-
muss ein Dönerspieß sein? – einig: „Günstig herzustellen,
trolleurs ergaben, dass diese Geflügelfleischteile für die
saftig und schnittfest muss er sein“. So startete in einem
Herstellung von Drehspießen in einem ca. 150 km entfern-
Landkreis ein Hersteller einen neuen Versuch mit wenig
ten Döner-Imbiss bestimmt waren. Der Imbissbetreiber
Aufwand mehr Wasser in Dönerspießen zu binden. Um
hatte diese Art und Weise der Beschaffung des Fleisches
Wasser schnittfest zu machen, arbeitete er Karottenfasern
aus Kosten sparenden Gründen seinem Verwandten in Auf-
in den Fleischteig ein. Jedoch konnte dies vonseiten der Le-
trag gegeben. Die zuständige Behörde des Bestimmungs-
bensmittelüberwachung nicht akzeptiert werden, da Karot-
ortes wurde verständigt und die entsprechende Ahndung
tenfaser nach dem Lebensmittelrecht bei der gewerblichen
der Verstöße in die Wege geleitet.
Herstellung von Lebensmitteln einen nicht zugelassenen
Zusatzstoff darstellt. Auch der „hehre“ Versuch, hier eine
ballaststoffreiche Ernährungsform kreiert zu haben, schlug
fehl, da anhand der Untersuchung einer amtlich gezogenen
Probe festgestellt werden konnte, dass der Gehalt an Karottenfasern nicht im Entferntesten ausreichte, um hierin
eine sinnvolle und gezielte Ballaststoffzufuhr für den Menschen zu erkennen. Somit wurden die unter Verwendung
von „Karottenfasern“ hergestellten Puten- und HähnchenFleischspieße als „nicht verkehrsfähig“ beurteilt, d. h. sie
durften nicht gewerbsmäßig als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden. Zusätzlich wurde dem Hersteller die
Verwendung dieses „nicht zugelassenen Zusatzstoffes“
zur gewerbsmäßigen Herstellung von Dönerspießen durch
eine Ordnungsverfügung untersagt.
Angetaute Döner-Kebap-Spieße auf großer Fahrt
Bei einer Verkehrskontrolle fiel ein Kühlfahrzeug auf, das 38
tiefgefrorene Döner-Kebap-Spieße mit jeweils einem Gewicht zwischen 5 und 20 kg geladen hatte. Der Laderaum
selbst war derart verschmutzt, dass es offensichtlich war,
dass das Fahrzeug nicht nur zum Transport von Lebensmitteln verwendet wurde und seit längerer Zeit nicht gereinigt
worden war. Das im Fahrgastraum angebrachte Kontrollthermometer des Laderaumes zeigte lediglich –3 °C an. Bei
den Ermittlungen stellte sich heraus, dass das Fahrzeug zu
einer Döner-Produktionsfirma in Brandenburg gehörte. Der
ausländische Fahrer, ein in Baden-Württemberg ansässiger
Döner-Händler, konnte das Kühlsystem des ihm anvertrauten Transportfahrzeuges nicht bedienen. Die Überprüfung
des Temperaturprotokolls durch die Lebensmittelkontrol-
Lebensmittelüberwachung – grenzenlos
Jahresbericht 2006
leure ließ erkennen, dass das Kühlaggregat bei der Verla-
lung der Spieße angeordnet. Anfangs sollten die „Spieße“
dung der Spieße bis zu Beginn der Kontrolle ausgeschaltet
weiterhin zum Verkauf angeboten werden. Für diesen Fall
war. Die Döner-Spieße, insgesamt 285 kg empfindliches
hätte der Verantwortliche zum Schutz des Verbrauchers
Fleischerzeugnis, wiesen eine Oberflächentemperatur
nach Maßgabe der Lebensmittelüberwachungsbehörde
von –6,3 °C auf. Dies entsprach bei weitem nicht der vor-
die Unterbrechung der Kühlkette kennzeichnen und auf das
geschriebenen Temperatur von –18 °C. Folglich mussten
nicht mehr gewährleistete Verbrauchsdatum bzw. auf die
die Mitarbeiter der Lebensmittelüberwachungsbehörde
Notwendigkeit des sofortigen Verbrauchs hinweisen müs-
aufgrund der über längere Zeit unterbrochenen Kühlkette
sen. Schlussendlich wurde ein freiwilliger Verkaufsverzicht
das auf dem Etikett angegebene Verbrauchsdatum infrage
erwirkt, der Fahrer gemaßregelt und die für den Herstel-
stellen. Im weiteren Verlauf wurde vor Ort eine weitere
lerbetrieb zuständige Behörde verständigt.
Auslieferung untersagt und die sofortige fachgerechte Küh-
Lebensmittelüberwachung – grenzenlos
Lebensmittelsicherheit durch Überwachung von Produkten, die aus aller Herren
Länder ins „Ländle“ kommen.
Zusammenarbeit der Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärämter
mit den Zollbehörden
Nicht nur die Handelsaktivitäten der
chungsbehörde hinzugezogen und in
Importfirmen beschäftigen die deut-
manchem Fall eine aufwendige Unter-
schen Hauptzollämter mit kniffligen
suchung an dem zuständigen CVUA
Aufgaben. Auch die verschiedensten
eingeleitet.
Waren, die von Privatpersonen nach
Deutschland mitge bracht werden,
können, insbesondere wenn diese
aus Drittländern importiert werden,
„Gammelfleisch“ oder „viande périmée“?
Lebensmittelüberwachung im Grenzbereich
schier unlösbare Fragen aufwerfen.
Bei der Routinekontrolle eines in
der Kontrolle in Deutschland wegen
Einige Beanstandungsgründe bezo-
Grenznähe zum Elsass befindlichen,
ihres abgelaufen Mindesthaltbarkeits-
gen sich bei den eingeführten Pro-
EU-zugelassenen Betriebes mit gro-
datums amtlich beschlagnahmt. Durch
dukten im Jahr 2006 auf die Nicht-
ßem Tiefkühllager stellten Veterinär-
das Landratsamt wurden umfangrei-
einhaltung der Kosmetikverordnung,
beamte eines Landratsamtes fest,
che Proben gezogen und zur Untersu-
der Textilkennzeichnungsverordnung
dass dort kurz zuvor palettenweise
chung an das zuständige Chemische
oder der Lebensmittelkennzeichnungs-
Fleischwaren und andere tiefgefro-
und Veterinäruntersuchungsamt ge-
verordnung. Im Zuge der fortschrei-
rene Lebensmittel mit abgelaufenem
bracht. Hierbei stellte sich einerseits
tenden Globalisierung wurden im
Mindesthaltbarkeitsdatum eingelagert
heraus, dass zwar ein beträchtlicher
vergangenen Jahr den Hauptzollbe-
worden waren. Als Verfügungsberech-
Teil der überlagerten Lebensmittel be-
hörden häufiger Waren vorgelegt, bei
tigte wurde eine französische Firma
reits gravierende substanzielle Män-
denen man sich nicht klar war, ob die-
ermittelt, welche in Deutschland ledig-
gel aufwiesen, jedoch andererseits
se überhaupt nach Deutschland bzw.
lich durch eine „Postkastenadresse“
einige der untersuchten Chargen nur
in die EU eingeführt werden dürfen.
repräsentiert wurde. Diese hatte von
mehr oder weniger geringfügige Män-
In den meisten Fällen scheiterte die
Frankreich aus eine ebenfalls franzö-
gel aufzeigten und wiederum weite-
Frage der Einfuhr bereits an den Pro-
sische Logistikfirma mit der Auslie-
re Chargen vergleichbarer Produkte
dukten selbst. So war teilweise nicht
ferung der Ware beauftragt. Die Lo-
unbeanstandet blieben. Es ergab ein
eindeutig feststellbar, ob es sich um
gistikfirma hatte wiederum freie La-
perfektes Durcheinander. Zur Bereini-
ein Lebensmittel des allgemeinen
gerkapazitäten in einem deutschen
gung der Situation musste zuerst eine
Verzehrs oder ein Nahrungsergän-
Fremdbetrieb genutzt, um vorüber-
Erlaubnis von der französischen Re-
zungsmittel, diätetisches Lebensmit-
gehend einen Teil der auszuliefernden
gierung eingeholt werden, den Teil der
tel bzw. kosmetisches Mittel handelte,
Ware einzulagern. Geplant war, diese
einwandfreien Ware nach Frankreich
welche wiederum von Arzneimitteln
zu einem späteren Zeitpunkt wieder
rückführen zu dürfen. Dies wurde mit
abgegrenzt werden müssen. Treten
zurück nach Frankreich zu verbringen
der Maßgabe einer amtlichen Über-
derartig spezielle Fragen auf, wird
und dort an Endkunden auszuliefern.
wachung genehmigt. Die nachweis-
die zuständige Lebensmittelüberwa-
Allerdings wurde die Ware im Rahmen
lich verdorbenen Produkte wurden
25
26
Lebensmittelüberwachung BW
Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug
in Deutschland unschädlich beseitigt. Die Frage, wie mit
beispielsweise Käse oder Joghurt, mitbringen. Grund dafür
denjenigen Chargen weiterverfahren werden soll, welche
ist die Gefahr der Einschleppung von Tierseuchen, wie die
bei der amtlichen Untersuchung mehr oder weniger gering-
Maul- und Klauenseuche, Schweinepest oder Vogelgrip-
fügige Mängel aufzeigten, bei der Untersuchung der Ge-
pe, da erfahrungsgemäß viele Tierseuchenausbrüche auf
genproben aber unbeanstandet blieben, befindet sich noch
diesen Einschleppungsweg zurückzuführen sind. Neben
in Abklärung. Allerdings ließ sich schlussendlich die Frage,
diesem generellen Einfuhrverbot für Fleisch- und Milchpro-
ob es sich hier nun um deutsches „Gammelfleisch“ oder
dukte gibt es auch für weitere Lebensmittel tierischer Her-
um französisches „viande périmée“ gehandelt hatte, doch
kunft Beschränkungen im Reiseverkehr: Andere von Tieren
recht eindeutig beantworten. Aufrechterhal-
stammende Lebensmittel, für die das oben beschriebene
ten bleibt die Erkenntnis, dass gerade auf
generelle Verbot nicht gilt, wie z. B. Fisch, Eier oder Honig,
die Überwachung von Tiefkühllagern,
dürfen nur bis zu einer Obergrenze von 1 kg im Reisever-
Speditionslagern und so genannten
kehr mitgeführt werden. Werden bei Reisenden größere
Brokern ohne eigene Betriebsräu-
Mengen durch den Zoll sichergestellt, müssen diese kos-
me ein erhebliches Augenmerk
tenpflichtig beseitigt werden, es sei denn, die Anforderun-
zu richten ist.
gen an eine gewerbliche Einfuhr sind eingehalten. Hierbei
ist jedoch zu beachten, dass das Herkunftsland und der
„Ausländische Käsemilben“
An einer Grenzkontrollstelle wurde eine Sendung mit 105 kg Hartkäse aus einem Drittland zurückgewiesen, da bei einer bestimmten Käsesorte ein makroskopisch erkennbarer
Milbenbefall aufgefallen war. Der Exporteur hatte
versucht, durch Abschaben der Käserinde den Befall
zu kaschieren. Dennoch waren deutliche Fraßspuren und Milbenlöcher mit bröseligem
Inhalt zu erkennen, die bis in den Käseteig reichten. Der Käse wurde an die
Käserei zurückgeschickt.
Belgische Maus im Spinat
konserviert
Herkunftsbetrieb, aus dem die Produkte stammen, für die
Einfuhren zugelassen sind, die Warensendung von einem
entsprechenden Zertifikat begleitet ist und die Einfuhr nur
über veterinärrechtlich zugelassene Grenzkontrollstellen
erfolgt. Allein dort kann die Einfuhrfähigkeit der Waren
von Sachverständigen der Lebensmittelüberwachung geprüft und die Lebensmittel freigegeben werden. Diese
Grenzkontrollstellen sind jedoch nicht automatisch an jedem Flughafen eingerichtet. Sie befinden sich an
den großen, frequentierten Flughäfen wie
beispielsweise Stuttgart (mit Einschränkungen), Frankfurt und München. Im
Zweifelsfall empfiehlt es sich, vorher
beim Zoll oder auch beim zuständigen Veterinäramt nachzufragen,
welche Lebensmittel unter welchen
Bedingungen und in welcher Men-
Eine Verbraucherin bereitete aus
ge über welchen Flughafen mitge-
tiefgekühltem Spinat aus Belgien
bracht werden dürfen. Ansonsten ist
ein köstliches Mal. Nachdem sie zwei
Drittel der zubereiteten Speise bereits
verzehrt hatte, fiel ihr im Spinat ein dunkler Fremdkörper auf. Angeekelt reichte sie eine
die Enttäuschung oft sehr groß, wenn
beispielsweise der teuer eingekaufte und
im Schweiße des Angesichts im Koffer mitgeschleppte Käse am Flughafen kostenpflichtig
Verbraucherbeschwerde ein. Bei der näherer Betrachtung
entsorgt werden muss und unter Umständen auch noch ein
stellte sich heraus, dass es sich hier um eine halbe Maus
hohes Bußgeld zu begleichen ist. Mancher Angler, der im
handelte. Das Gutachten dieses Befundes wurde an die
vergangenen Jahr Wildlachs aus Alaska über den Flughafen
für die Importfirma zuständige Lebensmittelüberwachungs-
Friedrichshafen nach Deutschland bringen wollte, hat sich
behörde übersandt.
im Nachhinein gewünscht, er hätte sich rechtzeitig über die
Einfuhrvorschriften erkundigt. So hätte er die erforderlichen
Reiseproviant – Einfuhrverbote im Reiseverkehr
Papiere mitgeführt, seinen Rückflug in Frankfurt beendet,
für Lebensmittel aus Drittländern
die Ware der dortigen Grenzkontrollstelle vorgestellt und
Den meisten Bürgern ist es durchaus bekannt, dass man
bei Reisen in die USA kein Wurstbrot mitbringen darf oder
dass Australien beispielsweise auch die Einfuhr von Äpfeln
als Reiseproviant verbietet. Vielen ist aber nicht klar, dass
auch bei Reisen aus Drittländern in die EU strenge Einfuhrregelungen gelten, die vom Zoll überwacht werden. So darf
man aus Drittländern generell keine Fleisch- oder Wurstwaren und auch keine Milch oder Erzeugnisse daraus, wie
sich zu Hause noch eine längere Zeit an den selbst gefangenen, delikaten Fischen erfreuen können.
Jahresbericht 2006
27
Teil III :
Produktgruppen
Themen:
Übersicht Untersuchungsergebnisse
28
Lebensmittel
30
Milch, Milchprodukte
30
Fleisch, Wild, Geflügel
32
Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere
34
Fette, Öle
35
Brühen, Suppen, Saucen, Feinkostsalate
36
Getreide, Backwaren, Teigwaren
37
Obst, Gemüse
39
Kräuter, Gewürze
40
Alkoholfreie Getränke (außer Wein)
43
Wein, Erzeugnisse aus Wein
45
Alkoholische Getränke
47
Eis, Desserts
49
Zuckerwaren, Schokolade, Brotaufstriche
50
Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse
53
Fertiggerichte
54
Diätetische Lebensmittel …
56
Nahrungsergänzungsmittel
58
Funktionelle Lebensmittel
60
Neuartige Lebensmittel
61
Zusatzstoffe, Aromastoffe
63
Kosmetische Mittel
66
Chemische Untersuchung v. kosmet. Mitteln
66
Mikroorganismen in kosmetischen Mitteln
70
Bedarfsgegenstände
71
Bedarfsgegenstände mit Körperkontakt
71
Spielwaren, Scherzartikel
73
Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt
74
Bedarfsgegenstände zur Reinigung u. Pflege
77
Tabakwaren
78
Lebensmittelüberwachung BW
28
Teil III: Produktgruppen
Untersuchungsergebnisse: Übersicht in Zahlen
Der Begriff „Beanstandung“ umfasst jede festgestellte
3 339
Abweichung von der Norm, unabhängig von der Art oder
916
dem Ergebnis der weiteren Verfolgung. Die Feststellungen,
Lebensmittel
5 654
die im Gutachten ihren Niederschlag finden, unterliegen
gegebenenfalls noch der richterlichen Nachprüfung. Ins-
19 % beanstandet
2 175
besondere sind hier nicht nur Abweichungen in stofflicher
Hinsicht, sondern auch Verstöße gegen Kennzeichnungsvorschriften und Kenntlichmachungsgebote aufgeführt.
81 %
Die Art der Beanstandung ist aus den nachfolgenden Ta-
nicht
beanstandet
126
Beanst. Lebensmittel
38
bellen erkennbar. Die Entnahme von Proben und deren
Untersuchung im Rahmen der Lebensmittelüberwachung
erfolgt häufig gezielt. Die Zahl der Beanstandungen ist des-
Beanst. Lebensmittel
halb nicht repräsentativ für das Marktangebot und erlaubt
nur eingeschränkt Rückschlüsse auf die Qualität unserer
Lebensmittel insgesamt.
Beanst. Lebensmittel
Kosmetische Mittel
412
90
Durch Zusammentreffen mehrerer Beanstandungsgründe
bei einer Probe kann die Anzahl der Beanstandungsgründe
höher sein als die der beanstandeten Proben.
Obwohl Trinkwasser das wichtigste Lebensmittel darstellt
unterliegt Trinkwasser rechtlich der Trinkwasserverordnung
21 % beanstandet
und nicht dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch.
Der große Bereich Trinkwasser wird deshalb separat dar-
79 %
gestellt.
nicht
beanstandet
1
Proben im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung
Lebensmittel
Beanst. Kosmetik
48 030
Kosmetische Mittel
2 041
Bedarfsgegenstände (z. B. Verpackungsmaterial,
2 819
Spielwaren, Gegenstände mit Hautkontakt,
Beanst. Kosmetik
Bedarfsgegenstände
Reinigungs- und Pflegemittel)
Kein Erzeugnis nach LFGB
85
Tabakerzeugnisse
477
510
Beanst. Kosmetik
31 % beanstandet
Gesamt
Beschwerde- und Erkrankungsproben
231
53 206
2 440
Davon beanstandet
783
Sonstige Proben
69 %
Nationaler Rückstandskontrollplan
nicht
beanstandet
9
11 948
Radioaktivität
1 351
Trinkwasser
10 626
Grafik:
Anteil der beanstandeten Proben
an der Gesamtprobenzahl und
Verteilung der
Beanstandungsgründe
Beanst. Bedarf
Kennzeichnung, Aufmachung
Mikrobiologischer Verderb
Beanst.
Bedarf
Zusammensetzung,
Beschaffenheit
Verstöße gegen vorbeugenden Gesundheitsschutz
Andere Verunreinigungen oder Verderbsursachen
Gesundheitsschädliche Eigenschaften
Beanst. Bedarf
Übersicht
Jahresbericht 2006
29
Übersicht: Untersuchungsergebnisse
Ergebnisse der Untersuchungen an Lebensmitteln, kosmetischen Mitteln, Bedarfsgegenständen und Tabakwaren
Produktgruppe
Lebensmittel
Milch und Milchprodukte
Eier und Eiprodukte
Beanstandung
Gesamtzahl
Beanstandete
Beanstandung
der Proben
Proben
aufgrund
aufgrund
Zusammensetzung /
Kennzeichnung /
Beschaffenheit
Aufmachung
Zahl
%
48 030
8 926
19
5 411
5 654
5 592
1 088
19
771
602
691
111
16
31
94
Fleisch, Wild, Geflügel und -Erzeugnisse
7 686
2 247
29
1 728
1 146
Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere und -Erzeugnisse
2 406
425
18
349
162
Fette und Öle
1 413
209
15
161
65
Brühen, Suppen, Saucen, Feinkostsalate
1 065
211
20
123
143
Getreide, Backwaren, Teigwaren
4 271
657
15
381
346
Obst, Gemüse und -Erzeugnisse
5 091
552
11
349
285
Kräuter und Gewürze
1 096
166
15
123
72
Alkoholfreie Getränke (inkl. Mineral- und Tafelwasser)
3 401
528
16
195
437
Wein
2 553
307
12
72
284
Alkoholische Getränke (außer Wein)
3 027
596
20
261
584
Eis und Desserts
2 150
412
19
262
183
Zuckerwaren, Schokolade, Kakao, Brotaufstriche,
2 305
457
20
119
484
Hülsenfrüchte, Nüsse und Nusserzeugnisse
1 179
199
17
190
28
Fertiggerichte
1 493
322
22
165
213
Diätetische Lebensmittel, Säuglingsnahrung
Kaffee, Tee
1 944
227
12
45
254
Nahrungsergänzungsmittel
366
175
48
55
266
Zusatzstoffe
301
37
12
31
6
2 041
422
21
91
412
Reinigungs- und Pflegemittel für die Haut
945
201
21
9
233
Haarbehandlungsmittel
388
63
16
10
68
Nagelkosmetik
82
25
30
16
10
Reinigungs- und Pflegemittel für die Mundhygiene
33
7
21
0
10
Deodorants und Parfüms
67
17
25
2
19
524
107
20
54
70
Kosmetische Mittel
Mittel zur Beeinflussung des Aussehens
(Make-up, Sonnenschutz)
Rohstoffe für kosmetische Mittel
2
2
100
0
2
Bedarfsgegenstände
2 819
875
31
486
510
Materialien mit Lebensmittelkontakt
1 005
381
38
215
177
Gegenstände mit Körperkontakt
853
184
22
159
90
Spielwaren und Scherzartikel
509
119
23
107
56
Reinigungs- und Pflegemittel
452
191
42
5
187
85
60
71
15
51
231
7
3
0
0
Kein Erzeugnis nach LFGB
Tabakwaren
30
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Lebensmittel
Milch und Milchprodukte
Milchprodukte
Metallabrieb im Milcherzeugnis
Eine Verbraucherbeschwerde betraf Metallspäne in einer
auch Schaf-, Ziegen- oder Büffelmilch eingesetzt werden.
Jedoch ist bei Käse, der neben oder anstatt Kuhmilch auch
Milch anderer Tiere enthält, ein Hinweis auf die jeweilige
Tierart verpflichtend vorgeschrieben. Käse, der mit einer
Kefir-Fruchtzubereitung. Die spitz zulaufenden Metallspi-
ausschließlichen Bezeichnung wie „Schafskäse“ oder „Zie-
ralen aus Chrom-Nickel-Stahl, die vermutlich durch Me-
genkäse“ in den Verkehr gebracht wird, muss ausschließ-
tallabrieb in das Lebensmittel gelangten, waren geeignet,
lich aus Milch der genannten Tierart hergestellt sein – die
beim Verzehr die Gesundheit zu schädigen. In den Ver-
Mitverwendung von Kuhmilch ist bei diesen Erzeugnissen
gleichsproben waren dagegen keine Späne vorzufinden.
unzulässig.
Im Rahmen einer Schwerpunktaktion 2006 wurden Proben
Käse
Lose Abgabe von Käse: nachlässige Kennzeichnung!
verstärkt aus dem Einzelhandel, aus Gaststätten, Imbissbetrieben und an Marktständen erhoben; daneben sind auch
einige zur Weiterverarbeitung bestimmte Erzeugnisse zur
Ein echter „Kennzeichnungs-Dauerbrenner“ ist die offene
Untersuchung vorgelegt worden. Insgesamt 229 Proben
(= unverpackte) Abgabe von Käse. Die Kennzeichnungs-
„Käse“ wurden auf den Zusatz von milchfremdem Fett
elemente, die auf einem Schild bei der Ware angegeben
untersucht, bei 18 Proben (8 %) konnte dabei Fremdfett
werden müssen, sind gesetzlich vorgeschrieben. Nahezu
nachgewiesen werden. Solche Erzeugnisse dürfen nicht als
50 % der untersuchten Proben waren wiederum auffällig.
„Käse“ bezeichnet werden, es handelt sich um so genann-
Fehlende Angaben, wie z. B. das bei der Abgabe von
te „Käseimitate“. Bei 220 Proben wurde auch überprüft,
Frischkäse und Frischkäsezubereitungen vorgeschriebene
inwieweit die angegebene Tierart tatsächlich zutrifft. Dies
Mindesthaltbarkeitsdatum, führten erneut zu zahlreichen
war bei 17 Proben (8 %) nicht der Fall, die jeweilige Angabe
Beanstandungen. Die vorhandenen Angaben zur Fettge-
war bei diesen Produkten zur Täuschung geeignet.
haltsstufe waren nach dem Ergebnis der analytischen Un-
Bei einem Großteil der vorgelegten Erzeugnisse, insge-
tersuchungen häufig nicht korrekt und mussten daher als
samt 184 Proben, handelte es sich um Feta bzw. um an-
zur Täuschung geeignet beurteilt werden.
dere Weichkäse in Lake. 77 Proben waren Fertigpackun-
Eine weitere Auffälligkeit: Bei der Herstellung von Käse
und Erzeugnissen aus Käse dürfen verschiedene Zusatzstoffe verwendet werden. So z. B. der Konservierungsstoff
Sorbinsäure zur Konservierung von Frischkäse / Frischkäsezubereitungen, der Konservierungsstoff Natamycin zur
Oberflächenbehandlung von Hartkäse, Schnittkäse und
gen oder wurden direkt beim Hersteller erhoben. Von der
restlichen, offen angebotenen Ware stammten 78 Proben
aus Gaststätten und Imbissbetrieben und 29 Proben aus
dem Handel. Insbesondere bei den Proben aus Gaststätten
und Imbissbetrieben kam es zu häufigen Beanstandungen
(45 %), so z. B.:
halbfestem Schnittkäse oder einige Farbstoffe bei bestimm-
• Zubereitungen aus Milchproteinen und Pflanzenfett (so
ten Käsesorten. Bei der losen Abgabe von Lebensmitteln
genannte Käseimitate) wurden irreführend auf den Spei-
an den Verbraucher müssen jedoch Konservierungsstoffe
und Farbstoffe durch die Angabe „mit Konservierungsstoff“
und „mit Farbstoff“ auf dem Schild an der Ware kenntlich
gemacht werden. Diese Kenntlichmachung der Zusatzstoffe fehlte in zahlreichen Fällen.
sekarten als „Käse“ geführt,
• Käse aus Kuhmilch wurde häufig in irreführender Weise
als „Schafskäse“ bezeichnet,
• in einigen Fällen traf beides zu: Auf der Speisekarte stand
„Schafskäse“, serviert wurde hingegen ein Käseimitat,
welches aus 90 % Fremdfett (z. B. Palmöl) bestand und
Schwerpunkt 2006: Nachweis von milchfremdem
Fett und Überprüfung der angegebenen Tierart
Die Bezeichnung „Käse“ ist einem Erzeugnis vorbehalten,
welches durch Zusatz von Lab und /oder Säuerungskulturen
dessen verbleibender Milchanteil zudem ausschließlich
aus Kuhmilch stammte,
• zahlreiche Proben waren auch mikrobiologisch und sensorisch auffällig.
aus Milch hergestellt wird. Die auf diese Weise dickgelegte
Fertigpackungen aus dem Einzelhandel waren dagegen nur
Masse wird anschließend von der Molke abgetrennt und
selten zu beanstanden. Hier fielen ein bulgarisches und ein
je nach Art des erwünschten Erzeugnisses weiterbehan-
griechisches, in beiden Fällen als „Schafkäse“ angebote-
delt oder gereift. Die erlaubten Zutaten und Zusätze sind
nes Produkt auf, bei denen Kuhmilch in geringen Mengen
rechtlich genau festgelegt. Die Verwendung von anderen
nachweisbar war. Alle direkt vom Hersteller stammenden
Stoffen, wie z. B. Pflanzenfett oder Pflanzenöl, ist demzu-
Proben waren im Rahmen der durchgeführten Untersu-
folge nicht erlaubt. Als Käsereimilch kann neben Kuhmilch
chungen unauffällig.
Milch, Milchprodukte
Jahresbericht 2006
Information: „Feta“ oder „Käse in Lake“
Mit der Verordnung (EG) Nr. 1829 / 2002 hat die EUKommission die Bezeichnung „Feta“ als geschützte Ursprungsbezeichnung zugunsten Griechenlands
aufgenommen. Die Eintragung hat zur Folge, dass in
Griechenland hergestellter Käse nur dann unter der
Bezeichnung „Feta“ vermarktet werden darf, wenn
er den Anforderungen der Spezifikation entspricht.
Nach dieser Spezifikation muss Feta aus Schafmilch
bzw. Schaf- und Ziegenmilch hergestellt sein (der Zie-
Weichkäse aus Kuhmilch (cremefarben, mit Bruchlöchern)
genmilchanteil darf dabei 30 % nicht überschreiten)
und aus einem abgegrenzten, geografischen Gebiet
Griechenlands stammen. Griechischer Käse in Lake,
der Kuhmilch enthält, darf nicht unter der Bezeichnung
„Feta“ vermarktet werden. Für deutsche aus Kuhmilch
hergestellte Erzeugnisse läuft die 5-jährige Übergangsfrist für die Vermarktung unter der Bezeichnung „Feta“
zum 15. Oktober 2007 ab.
Wie kann ich als Verbraucher ein Imitat erkennen?
Imitate und Kuhmilchkäse unterscheiden sich von „ech-
Feta aus Schafsmilch (weiß, mit Bruchlöchern, leicht bröckelig)
tem“ Feta oft schon im Aussehen (s. Abbildung). Feta
aus Schafsmilch ist in der Regel weiß und oft etwas
bröckelig. Kuhmilchweichkäse ist dagegen eher cremefarben. Beide Käse zeigen mehr oder weniger große
Bruchlöcher oder Risse. Die in unseren Untersuchungen auffälligen Imitate sind hellweiß wie Feta, zeigen
aber in der Regel ein glattes, gleichmäßiges Schnittbild
und keine Bruchlöcher. In zerkleinerter Form ist es allerdings sehr schwierig einen Unterschied festzustellen.
Wenn Sie Zweifel haben, fragen Sie den Verkäufer nach
Imitat (hellweiß, ohne Bruchlöcher, gleichmäßiges Schnittbild)
den verwendeten Zutaten.
Ausführlich wird unter www.untersuchungsämterbw.de
(Aktuelle Meldungen – Archiv: 08.02.2007
„Schafskäse – Weder vom Schaf noch ein Käse?“)
über das Schwerpunktprogramm berichtet.
„Geriebener Hartkäse“ mit Milchzucker und
Ballaststoffen
Im Verlaufe des Reifungsprozesses von Käse wird die enthaltene Laktose (= Milchzucker) im Normalfall durch die
Käsehalbimitate
Mikroorganismenkulturen abgebaut. In lange gereiftem Käse ist Laktose folglich nicht mehr zu erwarten. Natürlicher-
Untersucht wurden weiterhin „Käsehalbimitate“. Dabei han-
weise enthalten Käse auch keine Ballaststoffe. Zu diesen
delt es sich meist um Mischungen aus geriebenem Käse,
zählen Stoffe wie Cellulose, Hemicellulose, usw., die durch
Pflanzenfett und weiteren Zutaten. Die entsprechenden
das körpereigene Enzymsystem im Dünndarm nicht zu re-
Produkte lassen sich optisch jedoch nicht von echtem ge-
sorbierbaren Komponenten abgebaut werden können.
riebenem Käse unterscheiden, was insbesondere auch für
Bei der Untersuchung von geriebenem Hartkäse aus Italien
den verarbeiteten Zustand gilt. Beim Erhitzen oder Überba-
mussten insgesamt 14 von 64 Proben (22 %) beanstandet
cken zeigen diese Imitate bessere Schmelzeigenschaften
werden. 7 Erzeugnisse fielen durch den nicht deklarier-
und werden daher gerne als Zutat für Backwaren, Pizza und
ten Einsatz von Cellulose auf. 5 Proben zeigten deutlich
andere überbackene Gerichte verwendet. Lebensmittel, die
überhöhte Laktosegehalte, die auf die Verarbeitung von
unter Verwendung solcher Halbimitate hergestellt werden,
Milch- oder Molkepulver schließen ließen. Bei fehlender
vermitteln dem Verbraucher daher den Eindruck, es handle
Deklaration solcher Zusätze handelt es sich allerdings
sich bei der Auflage um Käse. Um einer Täuschung des
um eine massive Verbrauchertäuschung. Der durch den
Verbrauchers vorzubeugen, muss die Verwendung solcher
Milchzucker bedingte süßliche Geschmack der Produkte
Produkte ausdrücklich angegeben werden – ein „Käseimi-
wurde durch die unzulässige Zugabe von Zitronensäure
tat“ darf nicht als „Käse“ bezeichnet werden!
abgeschwächt.
31
32
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Butter
Bei einem ansässigen Schmelzkäsehersteller wurde die
Gemäß der Milch-Bezeichnungsschutz-Verordnung (VO
zur Herstellung von Schmelzkäse vorgesehene Butter be-
(EWG) Nr. 1898 / 87) ist die Bezeichnung „Butter“ einem
probt. Es bestand der Verdacht, dass die aus Süditalien
Erzeugnis vorbehalten, das ausschließlich aus Milch ge-
importierte Ware aus Fremdfett hergestellt worden war. Bei
wonnen wird. Zur Herstellung dürfen erforderliche Stoffe
den erhobenen Proben wurde ein milchfremder Fettanteil
zugesetzt werden, sofern diese nicht verwendet werden,
von 18 % festgestellt. Dabei handelte es sich größtenteils
um einzelne Milchbestandteile vollständig oder teilweise zu
um raffiniertes Schweinefett und in geringeren Mengen
ersetzen. Die Verwendung von pflanzlichem Fett ist unzu-
um pflanzliche Fette. In den jeweiligen Endprodukten des
lässig. Die Bezeichnung „Butter“ darf bei einem Erzeugnis
Herstellers (in Schmelzkäse und Schmelzkäsezubereitun-
aus Milch, bei dem ein Milchbestandteil (hier: Milchfett)
gen) konnte jedoch kein Zusatz von Fremdfett nachgewie-
ersetzt wurde – und sei es auch nur teilweise – nicht ver-
sen werden.
wendet werden. Der Europäische Gerichtshof entschied
mit seinem Urteil vom 16.12.1999 (EuGH 6. Kammer,
Rechtssache C-101 / 98) entsprechend.
Fleisch, Wild, Geflügel und -Erzeugnisse
Tiefgekühlt und doch verdorben!
Im Jahr 2006 sorgten erneut „Gammelfleisch“-Skandale für Schlagzeilen.
Kontrollen in Kühl- und Gefrierhäusern brachten immer wieder überlagertes und verdorbenes
Fleisch zutage.
Im Februar 2006 war hauptsächlich
regehalt, Peroxidzahl (Maß für Fettran-
zum verstärken Keimwachstum, der
Wildfleisch betroffen. Fasanenbrust-
zigkeit) und mikrobiologische Untersu-
schließlich zum Verderb führt. Tiefge-
filet, Hirschkeule, Hirschkalbrücken,
chung (erhöhte Keimgehalte) bestätigt
frieren kann die Haltbarkeit von Fleisch
Hirschgulasch, Rehkeule, Rehbraten,
werden. Bei einigen Proben wurden
verlängern, aber nur wenn frische
Rehrücken, Rehschulter, Wildschwein-
zudem Salmonellen (S. Typhimurium),
Ausgangsware sachgerecht verpackt
keule, Frischlingsrücken, Hasenrücken
ein Hinweis auf mangelnde Hygiene,
(am besten vakuumiert) tiefgefroren
gespickt, Hasenkeulen – die ganze
nachgewiesen.
wird. Wie lange das Fleisch tiefgefro-
Palette beliebter Wildfleischspezialitäten wurde zur Untersuchung vorgelegt. Auch zahlreiche Verbraucher
beschwerten sich über verdorbenes
Wildfleisch und Fleisch mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD), wobei ein Lebensmittel
mit einem abgelaufenen MHD nicht
zwangsläufig verdorben ist.
Bei den zahlreichen Kontrollen in
Kühl- und Gefrierhäusern tauchte immer wieder Fleisch auf, das überlagert
und verdorben war. Manche Fleischstücke hatten einen langen Transportweg hinter sich. Auch vor 2 Jahren aus
Brasilien importiertes Rindfleisch war
durch zu lange Gefrierlagerung ranzig
geworden.
ren gelagert werden kann, orientiert
sich an der Tierart (Rindfleisch kann
länger tiefgefroren gelagert werden
als Schweinefleisch), am Fettgehalt
(durch hohen Fettgehalt ist die Lagerfähigkeit eingeschränkt) und am Zerkleinerungsgrad (zerkleinertes Fleisch
wie Hackfleisch besitzt eine geringere
Lagerfähigkeit als Fleisch am Stück).
Das Ergebnis der Untersuchungen
Als Ursache für den Verderb sind phy-
war dann auch wenig erfreulich. Im
sikalische Vorgänge wie Austrocknung
Lauf des Jahres wurden im Zusam-
(Gefrierbrand durch beschädigte Ver-
menhang mit dem Fleischskandal von
packung bzw. offene Lagerung von
Kochschinken ist ein sehr beliebtes,
den Chemischen und Veterinärunter-
Fleisch) oder chemische Prozesse
hochwertiges Fleischerzeugnis, das
suchungsämtern in Baden-Württem-
(Fettranzigkeit) zu nennen, die durch
aus den wertvollen Teilstücken der
berg 488 Proben untersucht und
die Tiefkühllagerung nur verlangsamt
Hinterkeule bzw. bei Vorderschinken
davon 201 (41 %) beanstandet. Die
aber nicht gestoppt werden. Weitere
aus der Vorderkeule hergestellt wird.
beanstandeten Proben verströmten
Faktoren, die zum Verderb führen, ist
Um die Ausbeute und somit den Ge-
unangenehme Gerüche (sauer, fau-
die Unterbrechung der Kühlkette oder
winn zu erhöhen, wird von einigen
lig, alt, ranzig) und wiesen graugrüne
die Verwendung von mikrobiell belas-
Herstellern versucht, bei der Herstel-
Verfärbungen bzw. schmierige Ober-
teter Ausgangsware, deren Zustand
lung mehr Wasser als zulässig ins
flächen auf. Der Verderb konnte durch
durch das Tiefgefrieren nur konserviert
Produkt einzubringen und / oder wert-
chemische Analysen, z. B. D-Milchsäu-
wird. Beim Auftauen kommt es dann
volles Muskeleiweiß des Schinkens
Fremdwasser und andere
Verfälschungen in Kochschinken
Fleisch, Wild, Geflügel
Jahresbericht 2006
Wasser in den Kochschinken eingear-
gewiesen werden. Wie sich bei der
beitet wird. Bei der Herstellung von
eingeleiteten Betriebskontrolle jedoch
Kochschinken wird üblicherweise eine
herausstellte, war der Nachweis von
wässrige Pökellake in den Schinken
Puten-DNA auf die enge Lagerung von
eingespritzt, die als Zutaten neben
Kochschinken neben Putenfleisch in
dem Wasser auch Nitritpökelsalz,
der Verkaufstheke zurückzuführen.
sowie andere würzende Stoffe und
Zusatzstoffe enthalten kann. Bei dem
sich anschließenden Koch- und ggf.
Räucherprozess verliert das Produkt
wieder Feuchtigkeit (Kochverlust), sodass das Endprodukt ungefähr dasselbe Gewicht wie das Ausgangsfleisch
haben sollte. Der Wassergehalt des
fertigen Schinkens ist durch den Gehalt an Fleischeiweiß im fettfreien Anteil begrenzt.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass bei 3 von
17 Proben rohen panierten Geflügelprodukten, wie Chicken
Nuggets und panierten Hühnerbrüsten, sehr hohe Gehalte an 3-MCPD bis 1 150 µg / kg
festgestellt wurden. Der Grund
für diese Kontamination könnte
eine unzulässige Verwendung
Bei 3 Proben wurde der erforderliche
von Salzsäure-Proteinhydroly-
Wert von 19 % nicht erreicht. Eine
saten sein, wodurch eine zu-
dieser Proben musste als Imitat be-
sätzliche Einlagerung von Was-
urteilt werden, denn hier lagen zahlrei-
ser erreicht wird. Die Untersu-
che weitere Abweichungen zu einem
chungsergebnisse wurden der
Schinken vor, unter anderem die Her-
für den Hersteller zuständigen
stellung aus zerkleinertem Fleisch mit
Behörde übermittelt.
hohem Brätanteil und einem Fleischgehalt von lediglich 51 %.
durch andere pflanzliche oder tierische
Eiweiße zu ersetzen.
Die unzulässige Verwendung von
Verschiedentlich war über den Zusatz
Blutplasma wird durch einen erhöh-
einzelner Aminosäuren zu Fleisch-
ten Gehalt an Citronensäure, die zur
erzeugnissen berichtet worden, um
Stabilisierung von Blut eingesetzt
auch hierdurch wiederum für die Ana-
wird, angezeigt. Immerhin waren 7
lyse einen höheren Eiweißanteil vorzu-
Proben Kochschinken diesbezüglich
täuschen. Bei den untersuchten Pro-
auffällig. Eine abschließende Beurtei-
ben waren keine deutlich erhöhten
lung, ob es sich um eine Verfälschung
Gehalte an einzelnen Aminosäuren
handelt, kann jedoch nur im Rahmen
feststellbar.
einer Betriebskontrolle beim Herstel-
Schwieriger ist der Nachweis einer
Bei 51 Proben Kochschinken wurde
Verfälschung mit tierischen Proteinen
daher auf eine mögliche Verfälschung
(an Knochen anhaftende Fleischreste,
überprüft. Ziel einer Verfälschung ist
Schwarten, Schlachtabfälle) in Form
die Anreicherung von Wasser, damit
von Hydrolysaten, den so genannten
sich das Gewicht und der Gewinn
„Hydrolyzed Animal Proteins“ (HAP)
erhöht. „Einfache“ Verfälschungen
bzw. „Functional Meat Proteins“
sind z. B. über den erhöhten Wasser-
(FMP) oder von Blutplasma, da in die-
Fleischeiweiß-Quotienten oder die er-
sen Fällen die übliche Stickstoffanalytik
höhte P-Zahl (Hinweis auf Zugabe von
keinen Hinweis auf eine Verfälschung
Diphosphat zum Zweck der Wasser-
liefert. Eine Möglichkeit Hydrolysate
bindung) gut erkennbar. So wurde bei
nachzuweisen, besteht indirekt über
einer Probe eine erhöhte P-Zahl von
die Anwesenheit von 3-Monochlor-
2,8 festgestellt. Bei Kochpökelwaren
propandiol (3-MCPD), einem uner-
geht man ab einer P-Zahl von 2,2 von
wünschten Nebenprodukt der Säure-
einem Diphosphatzusatz aus. Die Ver-
hydrolyse, oder über die Tierartbestim-
wendung von Diphosphaten ist jedoch
mung. In keinem Kochschinken wurde
grundsätzlich unter Kenntlichmachung
3-MCPD gefunden, jedoch konnte in
erlaubt, sofern damit nicht zusätzlich
einer Probe DNA von der Pute nach-
ler erfolgen, da Citronensäure auch
legal als Zusatzstoff (Stabilisator) eingesetzt werden kann. Die zuständigen
Behörden wurden von diesem Untersuchungsergebnis informiert.
33
34
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere
und -Erzeugnisse
„Dekorative Kosmetik“ bei Thunfisch und Lachs
Durch die unzulässige Behandlung von rohem Thunfisch
und Lachs mit Kohlenmonoxid entsteht eine hellrote Farbe, die eine hohe Lagerstabilität aufweist. So wird der
Verbraucher über Qualität und Frische des Erzeugnisses
getäuscht.
Die kräftig rote Farbe des Thunfischfleisches besitzt eine
große ökonomische Bedeutung, da sie dem Verbraucher
Frische signalisiert. Bei Thunfischen und anderen dunkelfleischigen Fischarten sind der Blutfarbstoff Hämoglobin und
der Muskelfarbstoff Myoglobin für die natürliche rote Farbe
des Fischfleisches verantwortlich. Kohlenmonoxid zeigt eine hohe Affinität zum Eisenatom des Blutfarbstoffs Hämoglobin bzw. des Muskelfarbstoffs Myoglobin. Ergebnis der
Bindung von Kohlenmonoxid an Hämoglobin und Myoglobin ist eine stabile, hellrote Farbe. Rohes Thunfischfleisch
wird daher beispielsweise mit so genanntem gereinigtem
Rauch behandelt, indem durch geeignete Verfahrensführung (Filtration) die Aromabestandteile des Rauches weitgehend entfernt werden und dem Kohlenmonoxid ungehinderter Zutritt zum Muskelfarbstoff ermöglicht wird. Die
dadurch entstehende hellrote Farbe des Thunfischfleisches
erweist sich auch nach längerer Gefrierlagerung als stabil.
Sie vermittelt dem Verbraucher den Eindruck eines frischen
Erzeugnisses, da die Farbveränderung von Rot nach Braun,
die bei unbehandeltem Thunfischfleisch ein natürlicher Indikator für Qualitätsverlust ist, unterbleibt. Kohlenmonoxid
ist daher als Zusatzstoff EU-weit nicht zugelassen. Auch
die Anwendung von Kohlenmonoxid über modifizierte Räucherverfahren ist damit verboten. Von 19 Proben rohem
Thunfisch- und Lachsfleisch aus Großhandel und Gastronomie konnte bei Lachsfleisch keine Behandlung mit Kohlenmonoxid nachgewiesen werden. Bei zwei Thunfischproben
aus der Gastronomie wurde eine Behandlung mit Kohlenmonoxid nachgewiesen. Diese beiden Proben fielen bereits
durch ihre leuchtend rote Fleischfarbe auf.
Nematodenlarven in Wildlachs – Renaissance eines
alten Problems
20 Proben Wildlachs wurden auf Nematodenlarven mit
dem so genannten Digestionsverfahren untersucht. Bei
dieser Methode werden die Larven durch Auflösung des
umgebenden Fischfleisches durch eine Verdauungslösung
isoliert. In allen Proben waren Larven vom Anisakistyp (Heringswurm) nachweisbar. Die Mengen schwankten zwischen 4 und über 80 Larven pro kg Fischfilet. Aus der Literatur sind Befallstärken von bis über 200 Larven / kg bekannt.
Wildlachs wird in Deutschland nach unserer Kenntnis ausschließlich tiefgefroren gehandelt. Durch das Tiefgefrieren
werden die Larven abgetötet, sodass eine Gesundheitsgefährdung für den Verbraucher nicht besteht. Auch wenn sich
bei Wildfischen das Vorkommen von Parasitenstadien nicht
vollkommen vermeiden lässt, wird ein massiver Befall mit
Nematodenlarven als ekelerregend eingestuft. Dementsprechend wurde ein großer Teil der Proben beanstandet.
Eine Untersuchung auf Parasiten durch den Lebensmittelunternehmer ist bei Fischen zwar vorgeschrieben, jedoch
lediglich in Form einer Sichtkontrolle, ggf. nach Durchleuchten mit einer starken Lichtquelle. Aufgrund ihrer Eigenfarbe
sowie ihrer undurchsichtigen Muskulatur lassen sich Wild-
Fast alle im Meer lebenden Speisefischarten können von
lachsfilets jedoch nicht durchleuchten. Außerdem sind die
Nematoden (Rundwürmern) bzw. ihren Larven befallen
Anisakis-Larven aufgrund ihrer Größe und Farbe (ca. 25 mm
sein. Bestimmte Arten können Erkrankungen bei Men-
lang, weiß, meist spiralig aufgerollt) in der Fischmuskulatur
schen verursachen, sofern sie lebend aufgenommen
generell nicht leicht zu entdecken. Wesentlich erfreulicher
werden. Nachdem sich Nematodenfunde in Fischen und
war die Situation bei marinierten Heringserzeugnissen (z. B.
Fischerzeugnissen seit geraumer Zeit bei den klassischen
Bismarckhering, Rollmops, Sahneheringsfilet): In 18 von
Speisefischen aufgrund strenger rechtlicher Vorgaben auf
24 Proben waren überhaupt keine Nematodenlarven nach-
Einzelfälle beschränken, steigen die Nachweise seit eini-
weisbar, in den restlichen Proben nur vereinzelt.
gen Jahren drastisch an, seitdem das Produkt „Wildlachs“
verstärkt untersucht wird.
Fische, Krusten-, Schalentiere, … / Fette, Öle
Jahresbericht 2006
Fette und Öle
Jeder Bundesbürger verbraucht im Durchschnitt jedes Jahr ca. 30 kg Speisefette und -öle. Davon ist
etwa ein Drittel tierischer Herkunft (hauptsächlich Butter), die anderen zwei Drittel sind pflanzlicher
Herkunft, dabei handelt es sich hauptsächlich um Speiseöle und Margarine. Diese 30 kg stellen
übrigens nur einen kleinen Bruchteil der gesamten Fettzufuhr dar, denn der überwiegende
Teil wird als „verstecktes Fett“ mit anderen Lebensmitteln aufgenommen.
Im Jahr 2006 wurden insgesamt 1 413 Proben untersucht, davon waren 209 (= 15 %)
zu beanstanden, wobei 65 Beanstandungen aufgrund der mangelhaften Kennzeichnung
bzw. Aufmachung ausgesprochen wurden.
Olivenöl
Die meisten der in Deutschland verkauften Olivenöle werden als „Natives
Olivenöl extra“ vermarktet. Olivenöle
dieser Kategorie müssen bestimmte
chemische Vorgaben einhalten, eine
wahrnehmbare Fruchtigkeit aufweisen
Obwohl Olivenöl nicht mehr offen,
sondern nur noch vorverpackt in Fertigpackungen verkauft werden darf,
war der offene Verkauf auch im Jahr
2006 immer wieder anzutreffen.
Andere Pflanzenöle
und frei von Fehlern sein. Im Berichts-
Eine ganze Reihe von pflanzlichen
Frittierfette
jahr wurden 252 Olivenöle untersucht,
Speiseölen und -fetten wurden auf
davon waren 65 (26 %) zu beanstan-
Sortenreinheit, Verderb, Raffination
Von 245 gebrauchten Frittierfetten
den, etwa die Hälfte davon wegen
und thermische Belastung geprüft.
mussten 85 (= 35 %) beanstandet
fehlerhafter Kennzeichnung.
werden. Die Verwendung von verdorbenem Frittierfett kann vermieden
werden, wenn beim Frittieren einige
Grundregeln eingehalten werden. Mit
handlichen elektronischen Messgeräten können potenziell verdorbene Frittierfette recht gut erkannt und gezielt
als Probe gezogen werden. Für eine
rechtsverbindliche Beurteilung der Frittierfette ist jedoch auch weiterhin eine
qualifizierte Untersuchung im chemischen Labor absolut unverzichtbar.
Einige Speiseöle wurden als „kaltge-
Viele Olivenöle der Kategorie „Natives
presst“ oder „nativ“ angepriesen, ob-
Olivenöl extra“ wiesen sensorisch
wohl sie einer Raffination unterzogen
wahrnehmbare Fehler auf (stichig,
wurden. Zwei Proben Traubenkernöl
schlammig, ranzig etc.), obwohl die
waren mit anderen Pflanzenölen ver-
chemischen Kennzahlen unauffällig
schnitten.
waren. In einigen kritischen Fällen wurde der sensorische Befund zusätzlich
durch ein unabhängiges Olivenölpanel
an der Bundesforschungsanstalt für
Ernährung und Lebensmittel (BFEL)
Bei ausländischen Ölen fehlte häufig
die deutsche Kennzeichnung. Auch die
Nährwertangaben waren nicht immer
korrekt.
bestätigt. Auch die chemischen Kenn-
Bei einem Hanföl wurden 60 mg / kg
zahlen (z. B. Säuregehalt, UV-Absorp-
des rauscherzeugenden Wirkstoffes
In Bäckereien wird zum Frittieren von
tion, Peroxidzahl) von Ölen der Kate-
THC festgestellt, das Zwölffache des
Fettgebäck häufig gehärtetes Erdnuss-
gorie „Natives Olivenöl extra“ ent-
Richtwertes.
fett mit sehr hohem Gehalt an trans-
sprachen in einigen Fällen nicht den
Fettsäuren (> 30 %) eingesetzt.
Vorgaben der EU-Verordnung; einige
Öle dieser Kategorie sind mit großer
2 Proben Sonnenblumenöl aus Russland wiesen Gehalte an Benzo(a)pyren
über dem Grenzwert von 2 µg / kg
Offene Speiseöle in der
Gastronomie
Wahrscheinlichkeit auch unzulässiger-
Von 63 offenen Speiseölen, die in Gast-
In einem Olivenöl im Tetrapak wurden
stätten und Kantinen auf den Tischen,
311 mg / kg des Photoinitiators ITX, ei-
an der Theke oder am Salatbüffet zur
nem Bestandteil der Druckfarbe, nach-
Im Handel werden zunehmend flüs-
Selbstbedienung angeboten wurden,
gewiesen. Ein natives Olivenöl extra
sige Fettemulsionen zum Braten an-
waren 14 (22 %) so stark ranzig, dass
aus Griechenland war nicht nur ranzig,
geboten. Die 12 untersuchten Proben
sie nicht mehr zum Verzehr geeignet
sondern enthielt auch 77 mg / kg an Di-
wiesen nur Spuren an trans-Fettsäu-
waren. Offensichtlich werden diese
isodecylphthalat, einem Weichmacher
ren auf. Allerdings erwiesen sich 2
Öle, die ja empfindliche Lebensmittel
für Kunststoffe, der toxikologisch nicht
Proben bereits deutlich vor Ablauf
darstellen, nicht immer mit der erfor-
unbedenklich ist. Beide Öle wurden
des Mindesthaltbarkeitsdatums als
derlichen Sorgfalt behandelt.
beanstandet.
stark ranzig.
weise hitzebehandelt worden.
auf.
Emulgierte Bratfette
35
Lebensmittelüberwachung BW
36
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Margarine
Tierische Fette
Der Gehalt an trans-Fettsäuren lag bei
In Griebenschmalz war in keinem Fall
Butter aus Italien, die für die industri-
den meisten Proben unter 2 %. Ledig-
eine Streckung mit Pflanzenöl nach-
elle Weiterverarbeitung vorgesehen
lich bei einigen Margarinen für spezi-
weisbar.
war, war mit ca. 20 % Schweinefett
elle gewerbliche Anwendungen (be-
Ein Hühnerfett enthielt gleich 3 ver-
gestreckt.
stimmte Back- und Ziehmargarinen)
schiedene Antioxidantien, die nicht
finden sich deutlich höhere Gehalte an
deklariert waren. Die Gehalte lagen
trans-Fettsäuren, bis zu 30 %.
teilweise deutlich über den zulässigen
Höchstmengen.
Brühen, Suppen, Saucen und Feinkostsalate
Brühen, Suppen und Saucen
Feinkostsalate
Bei einer Verbraucherbeschwerde Tomatensaft zur Herstel-
Ein Verbraucher kaufte in einer Landmetzgerei auf dem
lung von Tomatensuppe wurden beim Verzehr der
Suppe 3 Nägel festgestellt. Nachforschungen
im Herstellerbetrieb ergaben, dass Metalldetektoren zur Endkontrolle eingesetzt
Weg zu seiner Arbeitsstelle einen „Fleischsalat“
und aß unmittelbar davon. Als er die Packung nach wenigen Stunden wieder
öffnete, stellte er hierin zahlreiche
werden, die bei der Herstellung der
lebende Maden fest. Da die Grö-
abgegebenen Charge funktionsfä-
ße ca. 6 bis 8 mm betrug, konn-
hig waren. Dies konnte anhand der
ten sie sich nicht innerhalb die-
angegebenen Losnummer rückver-
ser kurzen Zeit entwickelt haben,
Abb.:
folgt werden. Vermutlich gelangten
sondern waren schon beim Kauf
Nägel im
die Nägel bei der Zubereitung in die
vorhanden. Darüber hinaus war
Tomatensaft
Suppe (siehe Foto).
Nach dem Kauf verschiedener Trockensuppen und Trockensaucen hatte ein Verbraucher bemerkt, dass jede Packung mit
einem Etikett überklebt war. Das Zutatenverzeich-
der Salat auch hinsichtlich seiner
weiteren Zusammensetzung kein
Fleischsalat: Die Majonäse war verwässert und Gurken fehlten.
Marinierte Oliven in einer Fertigpackung oh-
nis und die nährstoffbezogenen Angaben auf dem Origi-
ne Konservierungsstoffe wurden bis zum Ablauf des Min-
naletikett und dem nachträglich überklebten Etikett waren
desthaltbarkeitsdatums (MHD) unter kontrollierten Bedin-
nicht identisch. Die Produkte waren mit der werbenden
gungen gelagert (knapp drei Wochen). Nach Ablauf dieser
Auslobung „ohne Glutamat“ versehen. Jedoch waren sie
Lagerfrist war die Ware mit trüben schleimigen Belägen
unter Verwendung von Hefeextrakt bzw. Würze hergestellt,
behaftet und sehr unansehnlich. Es konnten in großer Zahl
die natürlicherweise Glutamat / Glutaminsäure enthalten.
die Verderbniserreger Pseudomonas aeruginosa und Pseu-
Aufgrund der nachgewiesenen Glutaminsäure ist deren
domonas putida nachgewiesen werden. Die Mindesthalt-
Herkunft zu überprüfen. Eine Aussage über einen mittelba-
barkeitsfrist war offensichtlich zu lange kalkuliert worden.
ren oder unmittelbaren Zusatz der Glutaminsäure lässt sich
nur anhand der Rezeptur klären. Im Falle eines mittelbaren
Eintrages der Glutaminsäure über Hefeextrakt oder Würze,
ist die Werbung „ohne zugesetzte Geschmacksverstärker“
möglich. Andernfalls ist die Werbeangabe „ohne Glutamat“
als irreführend zu beurteilen.
Fleischsalat aus eigener Herstellung einer Metzgerei wurde
mit der Angabe „DLG-prämierte Wurstwaren“ auf der Fertigpackung beworben. Abgesehen von den sensorischen,
mikrobiologischen und qualitativen Eigenschaften, die beanstandet werden mussten, ergaben sich auch Zweifel an
der Zulässigkeit der Werbung mit einer Prämierung durch
Weitere Beanstandungen bezogen sich auf überlagerte Pro-
die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG). Die
ben, die bereits sensorische, physikalische und chemische
DLG hat in ihren Prüfbestimmungen klare Vorgaben für
Abweichungen aufwiesen. Die Kennzeichnung asiatischer
die Werbung mit erzielten Preisen getroffen. Dies betrifft
Suppen und Saucen wurde wie in vergangenen Jahren
zum einen die ausschließliche Werbung mit den von der
häufig beanstandet.
DLG vergebenen Mustern oder Urkunden und anderer-
Brühen, Suppen, Saucen … / Getreide, Back-, Teigwaren
Jahresbericht 2006
37
Getreide, Backwaren und Teigwaren
Getreide und
Getreideprodukte
In einem Müsliriegel aus einer Bäckerei war eine offene
Sicherheitsnadel eingebacken.
seits die enge Verbindung des Prämierungszeichens,
Die Probe musste als gesundheitsschädlich und damit als
Abb.:
den Prämierungs- oder textlichen Hinweisen mit der
unsicheres Lebensmittel beurteilt werden. In vielen Fällen
Offene Sicher-
Nennung des prämierten Erzeugnisses und dem Jahr
handelte es sich bei den beanstandeten Proben um Ver-
heitsnadel aus
der Prämierung. Der Hinweis darf vom Verleihungstag
braucherbeschwerden, wovon ein Großteil berechtigt war.
einem Müsli-
auf die Dauer von 24 Monaten verwendet werden.
Einige weitere Beschwerdeproben mussten als gesund-
Riegel aus einer
Durch Einsicht in die öffentlich zugängliche Liste der
heitsgefährdend beanstandet werden, da sie Fremdkörper
Bäckerei
Preisträger konnte festgestellt werden, dass die Vor-
enthielten, die aufgrund ihrer Beschaffenheit (scharfkantig,
aussetzungen für die Werbung mit einer Auszeichnung
spitz, hart) Verletzungen hervorrufen können. Auch der Be-
nicht vorlagen. Die Metzgerei hatte seit 1998 an keiner
fall mit Schädlingen führte vielfach zu Beanstandungen. Bei
DLG-Prüfung mehr teilgenommen und hatte nur in der
Mehlproben aus Mühlen stimmten die Typenangaben nicht
Sparte Schinken und Wurst eine Prämierung erhalten,
mit den ermittelten Mineralstoffgehalten überein.
jedoch noch nie in der Sparte Feinkost. Die Werbung
war daher irreführend.
Brot, Kleingebäck, Feine Backwaren
Verschiedene verzehrsfertige Salate in Fertigpackungen
Auch bei den beanstandeten Backwaren handelte es sich
wie beispielsweise Schnittsalate oder Nudelsalate wur-
vielfach um Verbraucherbeschwerden, von denen mehre-
den einem Lagerversuch bis zum angegebenen Min-
re als gesundheitsschädlich zu beurteilen waren. Sie ent-
desthaltbarkeitsdatum unterzogen. Die sensorischen
hielten so gefährliche Dinge wie spitze Metallsplinte oder
als auch die mikrobiologischen Untersuchungen zeigten
Metallklammern, Glassplitter oder auch Steine. Zahlreiche
erhebliche Abweichungen auf, die zum einen auf ein zu
andere „Fremdkörper“ wie Kunststoffstreifen, Mäusekot,
lange bemessenes Mindesthaltbarkeitsdatum und zum
Vogelfedern, Wespen und andere Insekten, lebende Mot-
anderen auf unzureichende hygienische Bedingungen
tenlarven, Sand und kleine Glasperlen führten zu Bean-
im Herstellerbetrieb zurückzuführen waren. Bei hand-
standungen wegen ekelerregender Beschaffenheit. Auch
werklichen Betrieben sind diese Mängel häufig auf eine
Schimmelbefall führte zu zahlreichen Beanstandungen. Die
zu warme oder zu lange Lagerung bzw. auf die Ver-
bei Beschwerdeproben festgestellten Mängel sind vielfach
wendung ungeeigneter Ausgangsware, beispielsweise
auf unhygienische Zustände bei der Herstellung der Back-
Wurstresten und Anfangs- / Endstücken von Würsten
waren oder auf unsachgemäßen Umgang bei Transport und
mit mangelnder Frische, zurückzuführen.
Lagerung zurückzuführen.
Offene Feinkostsalate, besonders von Marktständen
wurden wiederholt ohne Kenntlichmachung von Zusatzstoffen, hier besonders Konservierungsstoffen, in den
Verkehr gebracht.
„Mistelbrot“ wurde unter Mitverwendung von Mistelkraut
hergestellt. Mistelkraut gilt als Arzneimittel; der Zusatz von
Arzneimitteln zu Lebensmitteln ist nicht zulässig.
Wie in den Jahren zuvor wurde Laugengebäck auf erhöhte Aluminiumgehalte untersucht. Werden unbeschichtete oder schadhafte teflonbeschichtete Aluminiumbleche
zusammen mit den Laugengebäckrohlingen in Lauge getaucht oder werden darauf in Lauge getauchte Gebäckrohlinge ausgebacken, so kommt es zu einem Übergang von
Aluminium auf das Lebensmittel. Üblicherweise enthalten
Lebensmittelüberwachung BW
38
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Backwaren Aluminium nur in Spuren. Liegt der Alumini-
schätzt. Bei Zimtsternen wurde von täglich 4 Stück (ent-
umgehalt in der Kruste deutlich über dem in der Krume,
sprechend 22,4 g) und bei Frühstückscerealien und Müsli
so ist von einem nennenswerten Aluminiumübergang auf
von einem durchschnittlichen täglichen Verzehr von 75 g
die Backware auszugehen. Diese vermeidbaren Aluminium-
ausgegangen.
übergänge führten zu Beanstandungen.
(Weitere Ergebnisse zu Aluminium in Lebensmitteln siehe
Kapitel III, Zusatzstoffe und Aromastoffe).
Im Berichtsjahr wurden 114 zimthaltige Proben aus den
Bereichen Getreideerzeugnisse und Feine Backwaren auf
ihren Cumaringehalt untersucht (s. Tabelle).
Cumarin – ein kritisch bewerteter Aromastoff in
Weitere Ergebnisse zu Cumarin in Lebensmitteln siehe
Lebensmitteln
Kapitel III, Nahrungsergänzungsmittel.
Cumarin ist ein natürlicher Aromastoff, der in einer Vielzahl
von Pflanzen natürlich vorkommt, z. B. in Waldmeister, in
Zimt und in der Tonka-Bohne. Hohe Cumarin-Konzentrationen kann Cassia-Zimt oder chinesischer Zimt aufweisen,
während der teurere und seltenere Ceylon-Zimt Cumarin
nur in Spuren enthält. Aufgrund früherer toxikologischer
Daten lässt die Aromenverordnung für Lebensmittel einen Cumarineintrag aus Pflanzenteilen von maximal zwei
Milligramm pro Kilogramm Lebensmittel zu. Die diesem
Grenzwert zugrunde liegende toxikologische Bewertung
Teigwaren
Schön bunt aber eklig
Gekochte Spaghetti aus dem Kühlraum eines Gasthauses
waren über und über mit grau-, grün-, rot- und gelbfarbenen
Schimmelkolonien überzogen und rochen entsprechend
ekelerregend.
Neben zahlreichen Beanstandungen gegarter Teigwaren
aus Gaststätten wegen mikrobiologischer
von Cumarin wurde inzwischen weitgehend re-
Verunreinigungen und ekelerregender
vidiert. Bei einer toxikologischen Neubewer-
Beschaffenheit waren fehlende oder
tung geht das Bundesinstitut für Risiko-
fehlerhafte Kennzeichnung von Ei-
bewertung (BfR) heute davon aus, dass
bei normalen Verzehrsgewohnheiten
erteigwaren die Hauptbeanstan-
eines erwachsenen Menschen die
dungsgründe. In 3 Nudelproben
aus toxikologischer Sicht akzeptab-
aus China und in einer Teigware
le tägliche Aufnahmemenge an Cu-
aus einer Bäckerei konnten die
marin nicht überschritten wird, es je-
künstlichen Farbstoffe Tartra-
doch bei übermäßiger Aufnahme von
zin, Chinolingelb und / oder Gelb-
Cumarin bei besonders empfindlichen
orange nachgewiesen werden.
Personen zu reversiblen Leberschäden
Diese Farbstoffe sind für Teigwaren
kommen kann. Als tolerierbare tägliche
nicht zugelassen, da sie einen höhe-
Aufnahmemenge (TDI-Wert – tolerabel daily
ren Eigehalt vortäuschen können.
intake) werden maximal 0,1 mg Cumarin je Kilogramm Körpergewicht (KG) angesehen. Für die lebensmit-
Abb.: Gekochte Spaghetti aus dem Kühlraum eines
telrechtliche Bewertung der untersuchten Proben wurde
Gasthauses
ein für Kleinkinder durchschnittliches Körpergewicht von
15 kg zugrunde gelegt und die durchschnittliche tägliche
Verzehrsmenge des untersuchten Lebensmittels abgeTabelle:
Cumarin in
Probenart
Lebensmitteln
Frühstückscerealien
Müsli
Feine Backwaren (o. Zimtsterne)
Zimtsterne
Gesamt
A
B
C
Gesamtzahl
Anzahl
%
Anzahl
%
Anzahl
%
14
3
21
5
36
6
43
2
0
–
0
–
2
100
6
0
–
2
33
4
67
92
2
2
81
88
9
10
114
5
4
88
77
21
18
A: als gesundheitsschädlich beurteilte Proben (TDI > 0,1 mg / kg KG)
B: Proben mit Gehalten über dem Grenzwert der Aromenverordnung (> 2 mg / kg), aber TDI < 0,1, mg / kg KG
(Gutachten ohne Beanstandung aber Hinweis an Hersteller mit Aufforderung, Maßnahmen zu ergreifen, den Cumaringehalt
unter den Wert der Aromenverordnung zu senken)
C: Proben ohne Beanstandung (Gehalt < 2 mg / kg oder unter der Bestimmungsgrenze)
Obst, Gemüse
Jahresbericht 2006
Obst, Gemüse und -Erzeugnisse
Tigerlilie – nicht nur beliebte
Gartenpflanze?
Offene Konserven im Gastronomiebereich
Die Tigerlilie, die in Europa wegen ihrer auffälligen Blüten
Im Rahmen der mikrobiologischen Untersuchung
als Gartenpflanze sehr beliebt ist, wird in China und Japan
wurden schwerpunktmäßig offene Gemüse-
als Heilpflanze sowie zur Würzung von Speisen verwen-
erzeugnisse aus der Gastronomie beprobt.
det. Die Prüfung, ob „Tigerlilien“ als neuartige Lebensmit-
Gemüseerzeugnisse aus Konserven verderben
tel im Sinne der Novel-Food-Verordnung einzustufen sind
nach dem Öffnen der Konservendose leicht. Werden
und damit eine Genehmigung für das Inverkehrbringen
diese Erzeugnisse z. B. aufgrund einer mangelhaften
erforderlich ist, ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Un-
Betriebs- oder Produktionshygiene kontaminiert, fin-
abhängig davon wurde die eingehende Probe „getrocknete
den die Bakterien aufgrund der weichen Konsistenz
Blütenknospen der Tigerlilie für die Würzung chinesischer
sowie der fehlenden Produktflora gute Vermehrungsbe-
Gerichte“ als nicht verkehrsfähig beurteilt, da sie unzulässi-
dingungen vor. Um einen mikrobiell bedingten Verderb zu
gerweise den Konservierungsstoff Schwefeldioxid enthielt.
verzögern und um im Einzelfall die Vermehrung von Krank-
Der Gehalt von beinahe 7 000 mg / kg überschritt selbst
heitserregern oder die Bildung von bakteriellen Toxi-
die für andere „Würzmittel“ erlaubten Höchstmengen an
nen zu unterbinden, sollten derartige Erzeugnisse in
Schwefeldioxid (z. B. Dijon-Senf: 500 mg / kg, Meerrettich-
den Lebensmittelunternehmen nach dem Öffnen
pulpe: 800 mg / kg) um ein Vielfaches.
der Konservendose in geeignete, verschließbare
Behältnisse umgefüllt und konsequent bei einer
Wirklich „echte“ schwarze Trüffel
Frische Trüffel gehören zu den teuersten Lebensmitteln
überhaupt. Beim Kauf von frischen Trüffeln ist daher besondere Vorsicht geboten. Als wertvollste Trüffelart gilt die
Perigordtrüffel (Tuber melanosporum Vittadini), für die ein
Kilogrammpreis von über 1000 Euro üblich ist. Nicht selten
werden jedoch weniger wertvolle Trüffelarten unter dieser
Bezeichnung verkauft. Wer weiß schon, dass es neben
dieser „echten“ schwarzen Trüffel noch ca. zehn weitere
genießbare Arten schwarzer Trüffeln gibt, die allerdings zu
einem deutlich niedrigeren Preis gehandelt werden.
Auch die deutschen Leitsätze für Pilze, in denen die allgemeine Verkehrsauffassung in Deutschland zum Ausdruck
kommt, sind hier nicht besonders hilfreich. So dürfen
nach den Leitsätzen z. B. preiswerte chinesische Trüffel als
schwarze Trüffel in den Verkehr gebracht werden.
Eine leidvolle Erfahrung musste auch ein Verbraucher machen, der sich über den auffälligen, desinfektionsmittelartigen Geruch der von ihm erworbenen schwarzen Trüffel
wunderte. Makroskopische und mikroskopische Untersuchungen ergaben, dass es sich dabei um Tuber mesentericum Vittadini handelte, die auch als Teertrüffel bezeichnet
wird. Bei der Vergleichsprobe handelte es sich ebenfalls
nicht um Perigordtrüffel, sondern vermutlich um Tuber aestivum Vittadini. Beide Trüffelarten dürfen nach den Leitsätzen
als Sommertrüffel in den Verkehr gebracht werden.
Aufbewahrungstemperatur von maximal +7 °C
nicht über eine angemessene Zeit hinaus aufbewahrt werden.
Im Berichtsjahr wurden mehrere Gemüseerzeugnisse (Konservenware) wie beispielsweise Artischocken, Paprikasticks, Schältomaten und
Oliven im Rahmen von Betriebskontrollen in Gaststätten
als Verdachtsproben erhoben. Die Erzeugnisse waren ausnahmslos verdorben und wiesen dementsprechend hohen
Keimzahlen auf bzw. sie waren verschimmelt. Als mögliche
Ursache konnte in der Regel eine unsachgemäße Aufbewahrung (ungekühlt bzw. in korrodierten Weißblechdosen)
sowie eine Überlagerung festgestellt werden.
Überdies kam es in den bereits geöffneten Konservendosen – begünstigt durch das fruchtsaure Füllgut sowie
den Zutritt von Luftsauerstoff – zu elektrochemischen Reaktionen zwischen dem Doseninhalt und der zinnhaltigen
Dosenlegierung und damit zu erhöhten Zinn-Gehalten im
Lebensmittel. Um eine verstärkte Zinnkorrosion wirkungsvoll zu verhindern, ist der Inhalt von Obstkonserven unmittelbar nach dem Öffnen der Dosen in korrosionsbeständige
und verschließbare Behältnisse wie z. B. Plastikdosen
umzufüllen.
Zinnkontamination in ArtischockenKonservendosen
Um Unklarheiten und böse Überraschungen beim Kauf
Artischockenherzen in originalverschlossenen Do-
von frischen Trüffeln zu vermeiden, sollte deshalb stets
sen wiesen einen Zinngehalt von fast 400 Milli-
nach dem exakten botanischen Namen der Trüffel gefragt
gramm pro Kilogramm auf. Der zulässige Höchst-
werden.
wert war um etwa das Doppelte überschritten. Die
Dosen wiesen im Inneren deutliche Materialablösungen
und beginnende Lochfraßkorrosion auf bei einem angegebenen Mindesthaltbarkeitsdatum von Ende 2010.
39
Lebensmittelüberwachung BW
40
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA)
in Kirschpaprika
Der Mitbewerber eines Importeurs von Gemüseerzeug-
Komplexbildner bei verschiedensten technischen Prozes-
nissen gab den Hinweis, wonach der Importeur in großem
sen zum Einsatz kommt. Sie ist in der EU als Lebensmit-
Umfang Kirschpaprika, die den in der EU für derartige Er-
telzusatzstoff mit stabilisierender Wirkung auf Farbe und
zeugnisse nicht zugelassenen Zusatzstoff EDTA enthalten,
Geschmack jedoch nur in Konserven von Hülsenfrüchten,
nach Deutschland einführen würde. Aus diesem Anlass
Pilzen, Artischocken, Krebs- und Weichtieren sowie Fischen
wurden in einem Verarbeitungsbetrieb, der entsprechende
und emulgierten Soßen, bestimmten Streichfetten und ge-
Ware erhalten hatte, gezielt Proben erhoben. Der Verdacht
frorenen Krebstieren zugelassen, jedoch nicht für Früchte
konnte durch die Untersuchung der Proben bestätigt wer-
der Gattung Capsicum.
den. Bei EDTA handelt es sich um eine Substanz, die als
Kräuter und Gewürze
Ist beim Genuss weniger oft mehr?
Alles Kümmel?
Als Gewürze werden neben Kümmel (Echter Kümmel, bot. Carum carvi)
auch Kreuzkümmel (Römischer Kümmel, Cumin, bot. Cuminum cyminum) und Schwarzkümmel (bot. Nigella sativa) verwendet.
Abb. oben:
Diese Namen finden sich in den Leit-
7 von 30 Proben (23 %) enthielten zu
Diese Abweichungen waren als Wert-
Kümmel,
sätzen für Gewürze des Deutschen
wenig ätherisches Öl, 2 Proben ent-
minderung zu beurteilen. Die Gewür-
Kreuzkümmel,
Lebensmittelbuches und sind damit
hielten gleichzeitig zu viel säureunlösli-
ze sind dennoch verkehrsfähig, wenn
Schwarzkümmel
die „nach allgemeiner Verkehrsauffas-
che Asche („Sand“), 1 Probe Kümmel
auf die Wertminderung hingewiesen
(v. l. n. r.)
sung übliche Bezeichnung“. Die drei Ar-
enthielt ca. 10 % Unkrautsamen.
wird.
ten unterscheiden sich im Aussehen
und insbesondere im Aroma ganz wesentlich, dennoch werden sie immer
wieder falsch bezeichnet. 4 von 33
Proben (12 %) mussten aus diesem
Grund beanstandet werden.
Nach den Leitsätzen für Gewürze ist
deren Gehalt an ätherischem Öl in der
Regel wertbestimmend. Dies trifft
auch bei Kümmel und Kreuzkümmel
zu. Mindestgehalte an ätherischem Öl
sind in den Leitsätzen jedoch nicht auf-
Echter und falscher Safran
Der Safran (bot. Crocus sativus) ist eine Krokusart, die im Herbst
blüht. Die Hauptanbaugebiete sind Iran, Griechenland, Spanien und
Indien. Die blauen Safranblüten enthalten 3 ca. 10 cm lange Griffel.
Als Gewürz werden die getrockneten ca. 3 cm langen roten Narbenäste, die sich am Ende der Griffel befinden, verwendet. Die Ernte ist
Handarbeit. Für 1 kg Safran werden ca. 600 000 dieser Narbenfäden
benötigt. Dies macht Safran mit einem Kilopreis von ca. 2 000,– 3
zum teuersten Gewürz.
geführt. Zur Feststellung der Verkehrs-
Von den 18 Proben waren 16 bei
Beide Proben wurden als irreführend
auffassung können aber die Normen
der mikroskopischen Untersu-
bezeichnet beurteilt.
der International Standard Organisati-
chung und der Prüfung auf mit
Hohe Dosen von Safran (ab 5 g) kön-
on (ISO) und die Mindestanforderung
Farbstoffen gefärbte andere Pflan-
nen bei Schwangeren zum Abort füh-
der European Spice Association (ESA)
zenteile unauffällig. Bei 2 Proben
ren. Die tödliche Dosis für den Men-
herangezogen werden. Diese Doku-
handelte es sich allerdings um äu-
schen liegt bei 5 – 20 g. Todesfälle
mente enthalten Mindestgehalte an
ßerst plumpe Fälschungen. Hier
wurden in der Literatur beschrieben.
ätherischem Öl für die wichtigsten
wurden Blüten der Färberdistel
Bei Verwendung der als Gewürz übli-
Gewürze.
(Saflor, bot. Carthamus tinctorius),
chen Dosen besteht nach bisherigen
die auch als „Falscher Safran“ be-
Erkenntnissen allerdings keine akute
zeichnet werden, als Safran ange-
oder chronische Toxizität.
boten.
Kräuter, Gewürze
Jahresbericht 2006
41
Zimt – Gift im Backrezept?
Nach den Leitsätzen für Gewürze ist Zimt die getrocknete Rinde von
Abb.:
Holzzimtarten aus der Familie der Lorbeergewächse. Ceylon-Zimt oder
Cassia (l.),
Canehl ist die Innenrinde von Cinnamomum ceylanicum. Cassia ist die
Ceylon-Zimt (r.)
Innenrinde von C. aromaticum oder C. loureirii. Zimt gemahlen wird
überwiegend aus Cassia hergestellt.
Zimt wurde bereits 2700 v. Chr. im
In 4 von 9 untersuchten Proben Cey-
Kräuterbuch des chinesischen Kaisers
lon-Zimt (44 %) wurden Gehalte an
Shen Nung erwähnt und erfreut sich
Schwefeldioxid von 40 bis 60 mg / kg
seitdem großer Beliebtheit. In den
festgestellt. Auch wenn – wie vom
letzten Jahren ist der Zimt allerdings
Bundesministerium für Ernährung,
immer wieder ins Gerede gekommen.
Landwirtschaft und Verbraucherschutz
In Stangenform sind Ceylon-Zimt und
(BMELV) mitgeteilt – die EU Bestre-
Cassia leicht zu unterscheiden. Beim
bungen des Codex Alimentarius un-
Dieser Höchstwert stammt allerdings
Ceylon-Zimt werden Stücke der sehr
terstützt, Schwefeldioxid für Zimt zu-
aus den 80er-Jahren, als man muta-
dünn geschälten Innenrinde in einan-
zulassen, mussten diese Zimtproben
gene und kanzerogene Wirkungen
der gesteckt. Beim Cassia-Zimt wer-
wegen der Verwendung eines nicht
von Cumarin vermutete. Nach neu-
den dickere Stücke der nur oberfläch-
zugelassenen Zusatzstoffes beanstan-
eren Forschungsergebnissen ist die
lich geschälten Rinde eingerollt. Auch
det werden. Zudem war der Zusatz-
wesentliche gesundheitsschädliche
im Aroma und Geschmack unterschei-
stoff Schwefeldioxid nicht, wie vorge-
Wirkung des Cumarins seine Leber-
den sich beide Zimtarten erheblich.
schrieben, kenntlich gemacht. Auch
toxizität, die eine reversible Leber-
Vor allem beim Ceylon-Zimt wird z.T.
eine von 23 Proben Cassia-Zimt (4 %)
entzündung zur Folge haben kann.
bei der Herstellung Schwefeldioxid
enthielt 47 mg / kg Schwefeldioxid.
Die Europäische Behörde für Lebens-
verwendet, um eine schöne gleich-
In 13 von 30 Zimtproben (43 %) wur-
mittelsicherheit (EFSA) kam im Jahr
mäßig helle Färbung zu erzielen und
de Styrol mit Gehalten von 0,4 bis 5,6
2004, ebenso wie das Bundesinstitut
um Insekten und Mikroorganismen
mg / kg nachgewiesen. 2 Proben (7 %)
für Risikobewertung (BfR) im Jahr
abzutöten. Nach der ZZulV ist die Ver-
mit einem Gehalt von 32 mg / kg Sty-
2006 zu einer unbedenklichen tägli-
wendung von Schwefeldioxid für Zimt
rol fielen zudem durch einen ausge-
chen Aufnahmemenge (TDI-Wert) von
jedoch nicht zugelassen.
prägten Geruch nach „Lösungsmittel“
0,1 mg / kg Körpergewicht. Beide Ab-
oder genauer nach Styrol auf. Diese
schätzungen enthalten einen Sicher-
beiden Proben mussten als wertge-
heitsfaktor von 100, sodass auch beim
mindert beurteilt werden. Styrol kann
Überschreiten dieser Aufnahmemen-
sich bei zu feuchter Lagerung aus dem
ge in der Regel nicht von einer akuten
natürlich im Zimt enthaltenen Zimtal-
oder chronischen Gesundheitsschädi-
dehyd durch Abbauvorgänge bilden.
gung auszugehen ist.
Im Herbst 2006 geriet der Zimt in die
Cassia-Zimt ist die bedeutendste Auf-
Pressemeldungen. Ursache war das
nahmequelle für Cumarin aus der Nah-
Cumarin, ein natürlicher Inhaltsstoff
rung. Im Lehrbuch heißt es aber auch
des Cassia-Zimts. Für das Gewürz
hier: Bei Verwendung der als Gewürz
Zimt selbst gibt es keinen Höchst-
üblichen Dosen besteht nach bisheri-
wert an Cumarin. Für die meisten mit
gen Erkenntnissen keine akute oder
Zimt hergestellten Lebensmittel gilt
chronische Toxizität. Eine der 10 als
jedoch nach der Aromenverordnung
Canehl oder Ceylon-Zimt bezeichnete
ein Höchstwert von 2 mg / kg. Reines
Proben (10 %) musste als irreführend
Cumarin darf zur Aromatisierung von
gekennzeichnet beurteilt werden, da
Lebensmitteln nicht verwendet wer-
es sich um Cassia-Zimt handelte.
den.
(Weitere Ergebnisse zu Cumarin in Lebensmitteln siehe Kapitel III, Getreide,
Backwaren, Teigwaren und Nahrungs-
Abb.:
Narbenschenkel mit Griffelrest;
Safrangewürz;
Saflorblüten (v. o. n. u.)
ergänzungsmittel).
Lebensmittelüberwachung BW
42
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Muskat: Von Blüten und Nüssen
Der Muskatbaum (bot. Myristica fragrans) bildet eine einsamige, pfirsich-ähnliche Frucht. Der Samen dieser Frucht wird als Muskatnuss
bezeichnet. Der Samen wird eingehüllt von einem roten, zerschlitzten
Samenmantel (Arillus), der Macis oder Muskatblüte.
Abb.:
Von den 14 Proben Muskatnuss und
Muskatnuss (l.),
Macis mussten 2 Muskatnussproben
Macis (r.)
mit einem zu niedrigen Gehalt an ätherischem Öl als wertgemindert beurteilt werden.
Nach den Leitsätzen für Gewürze
gibt der Gehalt an säureunlöslicher
Asche („Sand“) Hinweise darauf, ob
das Gewürz durch mineralische Bestandteile wie Erde und Sand, über
das technisch unvermeidbare Maß hinaus verunreinigt oder verfälscht ist.
Für Muskatnuss gilt ein Höchstgehalt
von 0,5 g / 100 g.
Sahnemeerrettich – zu wenig Sahne, zu viel Schwefel
Nach der Zusatzstoffzulassungsver-
Meerrettich kommt frisch und als Dau-
zeugnis zwar unter dem Wert von 800
ordnung (ZZulV) dürfen Siliciumdioxid
erware (Glas, Tube) in den Verkehr. Ta-
mg / kg Schwefeldioxid, aber bezogen
und Silicate („Sand“) in einer Menge
felmeerrettich enthält ca. 60 – 70 %
auf die verwendete Meerrettichpulpe,
von 1 g / 100 g „Trockenlebensmitteln
Meerrettich, Sahnemeerrettich oft nur
ergaben sich Werte von bis zu 4 000
in Pulverform“ und damit auch ge-
15 % Meerrettich sowie mind. 2 % aus
mg / kg. 8 von 10 Sahnemeerrettichen
mahlenen Gewürzen zugesetzt wer-
der Sahne stammendes Milchfett. Der
(80 %) wurden daher beanstandet.
den. Damit ist eine „Verfälschung“
Sahneanteil muss auf dem Etikett an-
durch Verwendung von Siliciumdioxid
gegeben sein. Dabei ist Sahne nicht
und Silicaten legal. Von den 6 Proben
gleich Sahne. Steht im Zutatenver-
gemahlener Muskatnuss enthielten
zeichnis Sahne, muss die Sahne nur
2 Proben weniger als 0,01 g / 100 g
10 % Milchfett enthalten. Nur wenn
„Sand“. 4 Proben enthielten zwischen
Schlagsahne draufsteht, muss der
0,2 und 2,1 g / 100 g „Sand“, bei diesen
Milchfettgehalt der Sahne 30 % betra-
war im Zutatenverzeichnis der Zusatz-
gen. Bei 2 von 10 Sahnemeerrettichen
stoff Siliciumdioxid angegeben. Die
(20 %) lag der analytisch über den But-
Probe mit 2,1 g / 100 g lag über der
tersäuregehalt ermittelte Sahneanteil
„summarischen Höchstmenge“ von
deutlich (bis zu 30 %) unter dem de-
1,5 g / 100 g. Es wäre u. E. sinnvoll,
klarierten Wert.
Gewürze in die Liste der Lebensmittel
Zur Herstellung von Meerrettichdau-
Der Auffassung der Deutschen Feinkostindustrie, dass die in der ZZulV
genannte Höchstmenge für Meerrettichpulpe so zu interpretieren sei,
dass unter Meerrettichpulpe auch das
fertige Meerrettichenderzeugnis gemeint sei, kann nicht gefolgt werden.
Welche technologische Notwendigkeit
sollte gegeben sein, auch die Sahne
zu schwefeln? Die Schwefelung von
Sahne oder Schlagsahne ist in der
ZZulV nicht zugelassen.
im Anhang 4, Teil A der ZZulV, bei de-
erwaren wird vorzerkleinerter Meer-
nen diese Zusatzstoffe nicht verwen-
rettich (Meerrettichpulpe) eingesetzt.
det werden dürfen, aufzunehmen.
Meerrettich verfärbt sich beim Zer-
Muskat enthält im ätherischen Öl die
kleinern bei Luftzutritt rasch bräun-
Im Jahr 2006 wurden insgesamt 118
Phenylpropanderivate Myristicin, Sa-
lich-grau. Um dies zu unterbinden, ist
Proben Paprika, Chilli, Kurkuma, Curry,
frol und Elemycin. Diese sind für die
die Verwendung von Schwefeldioxid
sowie Würzmittel und Würzsoßen, die
toxische Wirkung von Muskat verant-
und Sulfiten bis zu einer Höchstmen-
Chili oder Paprika als Zutaten enthiel-
wortlich. Für eine Vergiftung sind etwa
ge von 800 mg / kg in der Meerrettich-
ten, untersucht. Aufgrund gezielter
5 g Muskat (entspricht einer kleinen
pulpe zugelassen. Die 3 untersuchten
Probenahme konnten immer noch in
Muskatnuss) ausreichend. Todesfälle
Proben Tafelmeerrettich waren mit Ge-
6 Proben (5,1 %) verbotene Farbstoffe
wurden z. B. infolge einer Verwendung
halten um 220 mg / kg im Enderzeug-
im Bereich von 2 bis 19 mg / kg aufge-
von Muskat als Rauschdroge beobach-
nis, dies entspricht einem Gehalt von
funden werden. Dies sind geringfügig
tet. Bei Verwendung der als Gewürz
ca. 150 mg / kg in der verwendeten
mehr Proben als im Vorjahr (4,4 %).
üblichen Dosen von Muskatnuss und
Meerrettichpulpe, unauffällig. Anders
Bei den nachgewiesenen Farbstoffen
Macis besteht nach bisherigen Er-
beim Sahnemeerrettich. Alle 10 un-
handelte es sich um Sudan I, Sudan IV,
kenntnissen aber keine akute oder
tersuchten Produkte lagen im Ender-
Pararot und Rhodamin B.
chronische Toxizität.
Farbstoffe in Chilli und Paprika –
Fortsetzung folgt
Alkoholfreie Getränke
Jahresbericht 2006
Alkoholfreie Getränke
Fruchtsäfte, Fruchtnektare und alkoholfreie Erfrischungsgetränke
Patulin, Benzol und trans-1,3-Pentadien –
unerwünschte Inhaltsstoffe und ihre Ursachen
Benzol wird als krebserregender und keimzellschädi-
Unvollständige Verkehrsbezeichnung
Nach der Fruchtsaftverordnung muss zwischen den Verkehrsbezeichnungen „Fruchtsaft“ und „Fruchtsaft aus
gender Stoff beurteilt. In der Trinkwasserverordnung
Fruchtsaftkonzentrat“ streng unterschieden werden. Un-
ist ein Grenzwert für Benzol von 1 µg / l festgelegt, der
zulässig ist daher die Praxis einiger Hersteller, eine für aus
von der WHO empfohlene Richtwert für Trinkwasser
Konzentraten hergestellte Fruchtsäfte korrekte Verkehrsbe-
beträgt 10 µg / l.
zeichnung wie „Orangensaft aus Orangensaftkonzentrat“
Berichten zufolge wurden in Großbritannien Benzolgehalte
von 11 und 28 µg / l in Erfrischungsgetränken festgestellt. Eine mögliche Bildung von Benzol aus dem Konservierungsstoff Benzoesäure bei Anwesenheit von Ascorbinsäure sowie Kupfer- oder Eisen-Ionen wird in Erwägung gezogen.
nur an einer Stelle des Etiketts anzugeben und an anderen,
hervorgehobenen Etikettenpositionen die besser klingende
Bezeichnung „Orangensaft“ zu verwenden.
Getränke aus Schankanlagen
Zu dieser Fragestellung wurden vom CVUA Karlsruhe 108
Zur Überprüfung der Betriebshygiene wurden auch in die-
Erfrischungsgetränke auf ihren Benzolgehalt untersucht.
sem Jahr offen an den Verbraucher abgegebe-
Bei einer Nachweisgrenze von 0,12 µg / l war bei 52 % der
ne alkoholfreie Getränke aus Gaststät-
Proben ein Benzolgehalt im Bereich der Nachweisgrenze
ten, Kantinen und ähnlichen Betrie-
feststellbar, der höchste Gehalt lag bei 2,8 µg / l. Die ermit-
ben untersucht. Teilweise war das
telten Benzolgehalte in Erfrischungsgetränken sind nach
Vorkommen hoher Gehalte an
derzeitigem Kenntnistand als sehr gering einzustufen und
coliformen Keimen, Milchsäu-
erscheinen in Anbetracht der Gesamtbenzolbelastung der
rebakterien und Hefen zu be-
Verbraucher aus gesundheitlicher Sicht nicht relevant.
anstanden. Dieses Keimspek-
In mehreren Erfrischungsgetränken wurden weißliche,
trum weist auf Mängel in der
watteartige Verunreinigungen sowie ein stechend-süßli-
Personal- bzw. Betriebshygiene
cher, an Kunststoff erinnernder Geruch festgestellt. Bei
und eine damit verbundene se-
der chemischen Untersuchung war als Hauptkomponente
kundäre Kontamination der Ge-
trans-1,3-Pentadien nachweisbar. Zwischen beiden Beob-
tränke, z. B. durch unzureichende
achtungen besteht ein Zusammenhang: So bestanden die
Reinigung der Getränkeschankanla-
weißlichen Verunreinigungen aus Schimmelpilzen der Gat-
gen, hin. In einigen dieser Proben ergab
tung Penicillium, die den in den Getränken vorhandenen
die chemische Untersuchung zusätzlich erhöhte
Konservierungsstoff Sorbinsäure zu trans-1,3-Pentadien
Gehalte an Milchsäure und Ethanol. Ein weiterer Bean-
abzubauen vermögen.
standungsgrund war die fehlende Kenntlichmachung der in
Zu Patulin siehe Teil IV, Kapitel Mykotoxine.
den Erfrischungsgetränken enthaltenen Zusatzstoffe, wie
Konservierungsstoffe, Farbstoffe, Süßungsmittel, Koffein
Ananassäfte aus Konzentrat – fehlende Aromastoffe
Ananassäfte fielen bei der sensorischen Prüfung durch
ein nur schwach ausgeprägtes Ananasaroma auf. Die chemisch-analytische Untersuchung zeigte, dass in den Proben
die typischen flüchtigen Aromastoffkomponenten fehlten
und somit bei der Rückverdünnung der Säfte aus Konzentrat die fehlenden Aromen wohl nicht wieder zugesetzt
worden waren. Dies entspricht nicht den in der Fruchtsaftverordnung festgelegten Herstellungsanforderungen
an einen Fruchtsaft aus Konzentrat, wonach dem Saft die
bei der Konzentrierung verloren gegangenen Aromastoffe
wieder hinzuzufügen sind.
oder Chinin.
43
Lebensmittelüberwachung BW
44
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Mineralwasser, Quellwasser, Tafelwasser
Weniger Schwermetalle durch neue Grenzwerte
Nicht alle natürlich in einem Mineralwasser vorkommenden
Bestandteile sind toxikologisch unbedenklich. Um gesundheitliche Gefahren durch diese Bestandteile beim Genuss
natürlicher Mineralwässer auszuschließen, werden ihre Gehalte über Grenzwerte begrenzt. Zum 1. Januar 2006 wurden einige dieser Grenzwerte aus Vorsorgegründen weiter abgesenkt. Niedrigere Konzentrationen müssen
seitdem für Antimon, Arsen und Cadmium
eingehalten werden. Ein besonderes
Augenmerk gilt hierbei dem Arsen, da
sogar einen Mineralstoffgehalt unter 100 mg / l auf. Der
niedrigste Gehalt lag bei 13 mg / l Mineralien. Der Verzehr
von nur leicht mineralisierten Wässern wird zurzeit in der
Öffentlichkeit als besonders empfehlenswert beworben.
Rechtliche Vorgaben für einen Mindestmineralstoffgehalt
gibt es derzeit nicht, die gesundheitliche Bewertung eines
dauerhaften Verzehrs niedrigst mineralisierter Wässer steht
noch aus.
Zu viel Geruch: Abweichungen bis zur
öffentlichen Warnung
es in vielen unbehandelten Mineral-
Im Berichtsjahr beschwerten sich zahlreiche Verbraucher
Rohwässern in Gehalten deutlich
über bestimmte französische Quellwässer. Immer wieder
über dem Grenzwert vorkommt.
trat in einzelnen Flaschen ein penetranter Geruch nach
Neu in Kraft getreten ist ein Grenz-
Diesel oder Maschinenöl oder ein deutlich schweißiger
wert für Mangan, nach Eisen das
Geruch auf. Es handelte sich um Kunststoff-Flaschen, die
zweithäufigste Schwermetall der
alle am selben Quellort abgefüllt worden waren. Einzelne
Erdkruste und daher auch in vielen
Verbraucher klagten nach dem Genuss des Wassers über
Rohwässern enthalten. Natürliche
gesundheitliche Probleme wie Schwindel, Unwohlsein
Mineralwässer, in denen die Konzen-
und Magenbeschwerden. Die Auffälligkeiten, die sich oft
trationen dieser Schwermetalle zu hoch
erst einige Zeit nach dem Öffnen der Flaschen bemerkbar
sind, werden in den Brunnenbetrieben zum
machten, traten nur bei Verbrauchern auf. Vergleichspro-
Schutz der öffentlichen Gesundheit einer Behand-
ben derselben Chargen waren ebenso wie Rückstellproben
Abb.:
lung zum Ausfällen dieser Stoffe unterzogen, dies zum
des Herstellers unauffällig. Auch nach längerer Lagerung
Sensorische
Teil mit erheblichem Aufwand. Die Untersuchungen im
der im Labor geöffneten Flaschen traten keine Auffälligkei-
Untersuchung von
Jahr 2006 ergaben, dass in allen untersuchten natürlichen
ten auf. Die Ursache konnte trotz intensiver Bemühungen
Mineralwässern
Mineralwässern bei der Abfüllung die neuen Grenzwerte
nicht ermittelt werden, da die sensorischen Abweichungen
eingehalten wurden.
chemisch-analytisch nicht zu fassen waren. Vom Hersteller
Zum 12.12.2006 trat für abgefüllte Wässer, die mit der be-
erfolgte ein Rückruf der betroffenen Chargen. Die Öffent-
sonderen Angabe „geeignet zur Zubereitung von Säug-
lichkeit wurde durch Pressemitteilungen informiert.
lingsnahrung“ werben, ein Grenzwert für das Schwerme-
Eine zweite Serie mit Beschwerdeproben begann gegen
tall Uran von 2 µg / l in Kraft. Begründet ist dieser niedrige
Ende des Jahres. Mineralwasser in PET -Flaschen vorwie-
Wert mit dem nierentoxischen Potenzial von Uran. Die
gend eines Herstellers wies einen dumpfen, muffigen Ge-
Strahlenbelastung ist bei diesem Gehalt vernachlässigbar
ruch und Geschmack auf. Auch hier waren aus verschiede-
gering. Bei der überwiegenden Zahl der untersuchten Pro-
nen Chargen immer nur einzelne Flaschen betroffen. Im
ben wurde der Grenzwert bereits vor seinem Inkrafttreten
Unterschied zu der ersten Beschwerdewelle traten auch
eingehalten. Außerhalb der speziellen Kennzeichnung „für
in Flaschen, die originalverschlossen im Labor eintrafen,
Säuglinge“ gibt es für den Urangehalt keinen Grenzwert.
Abweichungen auf. Als mögliche Verursacher kamen zwei
Jede fünfte Probe enthielt mehr als 2 µg / l, der höchste
Verbindungen in Betracht: 4-Allylanisol und 2,4,6-Trichlora-
Gehalt lag bei 35 µg / l Uran bei Mineralwasser ohne den
nisol. Letztere verursacht auch den unerwünschten „Kork-
speziellen Hinweis „für Säuglingsnahrung“.
geschmack“ im Wein. Auf welchem Weg die Kontamination
in das Mineralwasser gelangte, konnte noch nicht abschlie-
Weniger Mineralien: Trend zum leichten Mineral-
ßend geklärt werden. Möglicherweise führte der Weg über
wasser
die Verschlüsse der Flaschen. Einzelne Großbehälter aus
Nur etwa die Hälfte der im Berichtsjahr untersuchten natürlichen Mineralwässer wiesen einen Mineralstoffgehalt über
1 000 mg / l auf. Dieser Mindest-Gehalt war lange Jahre
für deutsche Wässer eine Voraussetzung für die amtliche
Anerkennung als natürliches Mineralwasser.
Fast 30 % betrug im Untersuchungsjahr der Anteil an Mineralwässern, die weniger als 500 mg / l Mineralstoffe aufwiesen und daher mit einem niedrigen Mineralstoffgehalt
werben könnten. Jedes zehnte untersuchte Wasser wies
Karton, in denen die Verschlüsse verpackt waren, wurden
auf mit Holzschutzmittel behandelten Paletten gelagert.
Hierdurch könnte ein Teil der Verschlüsse geruchlich beeinträchtigt worden sein. Dies würde auch erklären, dass immer nur wenige Flaschen einer Charge betroffen waren.
Wein, Erzeugnisse aus Wein
Jahresbericht 2006
Wein und Erzeugnisse aus Wein
Eingeschenkter Wein – nicht
(17 %) aus stofflichen Gründen bean-
immer rein
standet: 2 Proben waren überangereichert, eine dieser Proben war au-
Ein Winzer hatte eine Teilmenge ei-
ßerdem – unter Umständen im Zuge
nes angereicherten Qualitätsweines
der Anreicherung – mit Fremdwasser
mit Wasser versetzt und als Besen-
versetzt worden. Immerhin 7 mol-
wein ausgeschenkt. Ein Anfangsver-
dawische Weine fielen jedoch durch
dacht hatte sich bei der Kontrolle der
fehlerhafte Kennzeichnung auf. Bei
Weinbuchführung durch den zustän-
einem bulgarischen Weißwein wurde
digen Weinkontrolleur ergeben. Es
ein Zusatz sowohl von Fremdwasser
konnte nachgewiesen werden, dass
als auch von traubenfremdem Zucker
der Wässerungsgrad bei etwa 10 %
zur Süßung festgestellt.
lag. In einigen Fällen fielen Weine,
einschließlich Perlwein und offener
Bei einigen, größtenteils deutschen
Besenwein, negativ durch Schimmel-
Perlweinen waren erneut Überdrü-
note, Essigstich, Böckser oder Geruch
cke jenseits des maximal zulässigen
nach freiem Schwefeldioxid auf. Eini-
Überdrucks von 2,5 bar festzustellen.
ge Tafelweine waren überangereichert
Offensichtlich weisen die Kontroll- und
und damit nicht verkehrsfähig. Die
Steuerungsmaßnahmen beim Füllvor-
Anreicherung erfolgt zulässigerweise
gang in den Lohnverperlbetrieben im-
zum Zwecke der Alkoholerhöhung,
mer noch Lücken auf.
z. B. mittels Zugabe von Saccharose
zu Traubenmost, allerdings ist dies nur
Im Wein liegt Wahrheit – der
bis zu einer genau geregelten Höchst-
Schwindel liegt im Etikett
menge zulässig.
Die Flaschenausstattung ist ein wich-
Berechtigter Beschwerdegrund über
tiges Entscheidungskriterium beim
einen Württemberger Trollinger war
Kauf von Wein. So sind Flaschen et-
ein beißender und stechender Ge-
wa mit großformatigen Abbildungen
ruch. Chemisch konnte ein deutlich
des Heidelberger Schlosses vor allem
erhöhter Gehalt an Schwefeldioxid
auch für ausländische Besucher die-
festgestellt werden, sodass die Probe
ser Touristenattraktion eine beliebte
als von nicht gesunder Beschaffenheit
Urlaubserinnerung. Die Abbildungen
beanstandet werden musste. Weite-
von alten Stichen des Heidelberger
re Recherchen der Weinkontrolle im
Betrieb ergaben, dass die Ursache
in einem technischen Mangel des
Tauchbadsterilisators für die Leerflaschen lag. Da noch eine weitere Flasche aus einer anderen Abfüllcharge
als Verbraucherbeschwerde vorgelegt
wurde, erfolgte eine öffentlichen Information des Herstellerbetriebes über
diesen Abfüllfehler.
Weitere begründete Beschwerden
aus anderen Betrieben betrafen Trü-
verstärkt Weine aus ehemaligen Sowjetrepubliken wie Moldawien und Georgien auf den europäischen Markt.
Ein Überwachungsschwerpunkt wurde deshalb auf diese Erzeugnisse gelegt. Die meisten Beanstandungen
entfielen auf georgische Weine: Von
18 Proben waren 17 zu beanstanden.
Jede der beanstandeten Proben wies
vielfältige Kennzeichnungsmängel auf.
Bei 10 georgischen Weinen wurden
Schlosses sind aber nicht immer ein
Indiz für Heidelberger Wein. Manche
untersuchten Flaschen enthielten verbotenerweise überhaupt keinen Wein
aus der Region, z.T. sogar von ganz
anderen Anbaugebieten, etwa aus
der Pfalz.
Irreführung macht auch nicht vor
Grenzen Halt: Spanier mit russischem Akzent
außerdem stoffliche Beanstandun-
Bewohner der ehemaligen Sowjetu-
gen ausgesprochen: In 7 Proben wur-
nion bevorzugen oft liebliche bis sü-
de durch Stabilisotopenuntersuchun-
ße Weine, wie sie sie auch von ihrer
gen der Zusatz weinfremden Zuckers
Heimat her kennen. Weine aus den
nachgewiesen, 2 Proben waren nicht
dortigen Anbaugebieten des Schwarz-
Durch Importverbote auf russischer
identisch mit dem zur Einfuhr vorge-
meergebietes, Georgiens und Molda-
Seite mussten sich osteuropäische
legten Analysenzertifikat.
wiens sind meist mit hoher Restsüße
Länder alternative Absatzmärkte er-
Im Vergleich dazu wurde bei 12 mol-
im Handel. Schaumweine und Weine
schließen. Deswegen gelangten 2006
dawischen Weinen lediglich zweimal
dieser Art werden russischen Kun-
bungen infolge von Nachgärung oder
deutlich erhöhte Gehalte an Essigsäure und Ethylacetat (Lösungsmittelgeruch).
45
Lebensmittelüberwachung BW
46
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
den zum Verkauf in speziellen Läden
Weine fehlten darüber hinaus die vor-
Glühwein – Entwarnung bezüglich
angeboten. Die Etikettierungen sind
geschriebenen Aufzeichnungen in der
Cumarin
vordergründig in kyrillischer Schrift
Weinbuchführung.
gehalten, um eine Herkunft aus der
ehemaligen russischen Heimat zu
belegen oder aber auch nur vorzutäuschen. Bei einem als „Stalins Wein“
sierender Lebensmittelinhaltsstoff in
Weihnachtsstimmung über-
Zimt. Im Gegensatz zu Ceylon-Zimt
deckt manchen Weinfehler
sind im „Cassia-Zimt“ teilweise sehr
aufgemachten Erzeugnis handelte es
In vorweihnachtlicher Stim-
sich irreführenderweise um einen bil-
mung auf dicht gedrängten
ligen spanischen Tafelwein, wie sich
Weihnachtsmärkten bemerkt
nach genauerem Studium des Klein-
manch einer nicht, welches
gedruckten auf dem Rückenetikett
Getränk er sich für teures Geld
herausstellte.
als stimmungsaufhellenden
„Glühwein“ hat ausschenken
Mehr Schein als Sein:
lassen. Bei Glühwein handelt
Kreativität bei der Verwendung
es sich um ein aromatisiertes
der amtlichen Prüfungsnummer
weinhaltiges Getränk aus Wein
Deutscher Qualitätswein darf nur
nach Erteilung einer amtlichen Prüfungsnummer (A.P.Nr.) in den Verkehr
gebracht werden. Die Vermarktung
war aber in einigen Fällen erfolgt, obwohl erst gar keine A.P.Nr. beantragt
worden war oder aber der angestellte Wein bei der sensorischen Prüfung
von der Prüfbehörde abgelehnt worden war und deswegen keine A.P.Nr.
erteilt werden konnte. Die z.T. frei erfundene A.P.Nr. und die unzutreffende Angabe „Qualitätswein“ wurden
als irreführend beurteilt. In einem
besonders dreisten Fall hatte ein Betrieb sein gesamtes Sortiment von 31
Weinen mit frei erfundenen amtlichen
Prüfungsnummern in den Verkehr gebracht. Weiterhin mussten 3 Weine eines Betriebes beanstandet werden,
die zwar mit der beantragten amtlichen Prüfungsnummer ausgestattet
waren, diese aber aufgrund von sensorischen Mängeln bei der Qualitätsweinprüfung gar nicht erhalten hatten.
In einem weiteren besonders schwerwiegenden Fall hatte der verantwortliche Kellermeister einer Winzerge-
Cumarin ist ein natürlicher, aromati-
unter Verwendung von Gewürzen, hauptsächlich Zimt und
Gewürznelke. Andere beigegebene aromatisierende Lebensmittel wie Orange oder Zitrone
sind üblich. Durch die Aromatisierung wird der ursprüngliche
Weincharakter weitgehend zurückgedrängt und die Gewürze
überwiegen das Geschmacksbild. Ein Glühwein fiel durch einen deutlichen Essigstich auf.
Analytisch wurde in dem Wein
ein deutlich erhöhter Gehalt an
flüchtiger Säure (u. a. Essigsäure) ermittelt. Der zur Herstellung des Glühweines verwendete Ausgangswein war somit
nicht mehr von handelsüblicher
Beschaffenheit, d. h. er hätte
als Wein nicht mehr verkauft
hohe Konzentrationen zu finden. Bei
der toxikologischen Bewertung geht
das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) heute davon aus, dass Cumarin bei besonders empfindlichen
Personen schon in relativ kleinen Mengen reversible Leberschäden verursachen kann. Als tolerierbare tägliche
Aufnahmemenge (TDI-Wert – tolerabel daily intake) werden maximal 0,1
mg Cumarin je Kilogramm Körpergewicht angesehen.
Die Aromenverordnung lässt für Lebensmittel einen Cumarineintrag aus
Pflanzenteilen von maximal 2 Milligramm pro Kilogramm Lebensmittel
zu. Bei Verwendung von Cassia-Zimt
kann also auch Glühwein Cumarin
enthalten. Aufgrund der Untersuchungsergebnisse kann Entwarnung
für Glühwein gegeben werden. 53
Proben Glühwein wurden untersucht.
Bei den Untersuchungen wurden unter Berücksichtigung des TDI-Wertes
keine erhöhten Werte festgestellt.
Bei den untersuchten 5 Proben Kinderpunsch waren die festgestellten
Gehalte ebenso unauffällig.
Aus der Arbeit der Weinkontrolle
Wie in den Vorjahren richtete die Wein-
werden dürfen, sondern ver-
kontrolle auch im Jahr 2006 ein Au-
nichtet werden müssen bzw.
genmerk auf die Verwendung negativ
zu Essig weiterverarbeitet wer-
beschiedener Erzeugnisse sowie auf
den können. Um dies zu um-
die Wiederholungsprüfungen vormals
gehen, wurde der Wein einer
abgelehnter Weine (vgl. oben).
Pfälzer Kellerei ins Badische als
Glühwein „entsorgt“.
Infolge der zunehmenden Nachfrage seitens der Weinwirtschaft nach
nossenschaft über ein Jahr hinweg
Buchführungsverfahren mittels elek-
nur knapp 25 % der erzeugten Weine
tronischer Datenverarbeitung wurden
zur amtlichen Qualitätsweinprüfung
im Jahr 2006 zwei neue Systeme zur
angestellt. Die restliche Menge von
Weinbuchführung mittels Computer
Abb.:
ca. 1,4 Millionen Litern wurde mit
erstmals zum Einsatz in Württemberg
Glühwein zur
frei erfundenen Prüfungsnummern
angemeldet. Nach entsprechender
Weihnachtszeit:
versehen und verbotswidrig als Qua-
Eignungsprüfung durch die Weinkon-
manchmal eine
litätswein bzw. als Qualitätswein mit
trolle und der Beseitigung der fest-
geruchliche Dis-
Prädikat in den Verkehr gebracht. Bis
gestellten formellen und inhaltlichen
harmonie
auf die Liste über die Abfüllungen der
Fehler der Systeme konnte in beiden
Alkoholische Getränke
Jahresbericht 2006
47
Fällen einer Zulassung der Systeme
Bei einigen Partien Wein, für die we-
Fremdkohlensäure zahlreiche Proben
als offizielle Weinbuchführung zuge-
gen unzulässigerweise angewende-
zu entnehmen und in den jeweiligen
stimmt werden. In der Herbstkampa-
ter oenologischer Verfahren behördlich
Sektkellereien umfangreiche für die
gne 2006 wurde seitens der württem-
die Vernichtung angeordnet worden
Auswertung des Projektes bedeutsa-
bergischen Weinwirtschaft erstmals
war, hatte die Weinkontrolle den Voll-
me Daten zu erheben.
rektifiziertes Traubenmostkonzentrat
zug dieser Anordnungen zu überwa-
zum Zwecke der Erhöhung des natür-
chen. Zu überwachen war auch die
lichen Alkoholgehaltes eingesetzt. Die
Einhaltung der Versuchsbedingun-
Überprüfung der hierfür notwendigen
gen bei der Fortsetzung der amtlich
Dokumentationen und die Kontrollen
genehmigten Versuche zur – mittler-
während der Anwendung des Verfah-
weile zulässigen – Aromatisierung
rens führten jedoch in keinem Fall zu
von Wein mittels Eichenholzspänen.
einer Beanstandung.
Schließlich hatten die Weinkontrol-
In einigen Fällen musste die Weinkon-
leure im Rahmen eines Projektes zur
trolle mangelnde Wahrnehmung der
Untersuchung von mittels des Transva-
Buchführungspflichten beanstanden.
sierverfahrens hergestelltem Sekt auf
Eine defekte Vorfiltration während der
Abfüllung führte in einem Fall dazu,
dass das Erzeugnis nachträglich biologisch belastet wurde. Neben der
Beanstandung des Erzeugnisses wurde nachdrücklich auf die Überprüfung
der betrieblichen Kontrollstandards
hingewirkt.
Alkoholische Getränke (außer Wein)
Produkt
Probenzahl
Untersuchungsparameter
Grenz- / Richtwert
Grenzwert-
Anteil
überschrei-
in %
tungen
Steinobstbrände
294
Ethylcarbamat
0,8 mg / l (Maßnahmewert)
Obstbrände
592
Methanol
1 000 – 1 350 g / hl reiner Alkohol,
72
3
24
0,5
je nach Produkt
Liköre
Emulsionsliköre
Alkoholische
237
63
14
Angabe des Alkoholgehaltes
± 0,3 Vol.- %
92
16
erhöhte Anteile an Gärungs-
(Vorlauf, Nachlauf unsauber
27
5
nebenprodukten
abgetrennt, Maische verdorben)
Angabe des Alkoholgehaltes
± 0,3 Vol.- %
18
8
Allergenkennzeichnung Milch,
(Kennzeichnung muss vorhanden
7
11
Sahne
sein)
Cumarin
10 mg / kg
0
0
Getränke
Ethylcarbamat in Steinobstbränden
Das Internationale Krebsforschungszentrum IARC („International
Es bildet sich unter anderem aus Blau-
Tabelle:
Agency for Research on Cancer“) hat vor kurzem eine Neubewertung
säure, die beim Brennvorgang in das
Untersuchungs-
von Ethylcarbamat vorgenommen. Ethylcarbamat wurde dabei
Destillat übergehen kann und zuvor
schwerpunkte bei
als krebserregende Substanz bestätigt und sogar in die Gruppe 2A
aus natürlichen Vorläufersubstanzen
Spirituosen
(„wahrscheinlich krebserregend für den Menschen“) hochgestuft.
freigesetzt wird, die besonders in
Diese Bewertung unterstreicht die Wichtigkeit der Vermeidung von
Obststeinen vorkommen.
Ethylcarbamat in Steinobstbränden.
Daher wurde schon im Jahr 1986 ein
Richtwert von 0,4 mg / l Ethylcarbamat
Ethylcarbamat wurde bereits 1974 von der IARC als „mög-
in trinkfertigem Brand festgelegt. Bei Überschreitung die-
licherweise krebserzeugend für den Menschen“ (Gruppe
ses Wertes um mehr als das Doppelte (0,8 mg / l) wird der
2B) eingestuft. In nachfolgenden Untersuchungen wurde
Obstbrand von der Lebensmittelüberwachung als nicht
Ethylcarbamat in geringen Konzentrationen in allen Arten
sicheres Lebensmittel beurteilt. Die betroffene Charge
von fermentierten Lebensmitteln nachgewiesen, bedenkli-
wird dann aus dem Verkehr gezogen und kann evtl. nach
che Gehalte im Milligramm pro Liter-Bereich wurden jedoch
Umbrennen wieder freigegeben werden. Zurzeit müssen
nur in Spirituosen gefunden. Insbesondere in Steinobst-
immer noch 24 % aller untersuchten Proben wegen ihres
destillaten kommt Ethylcarbamat bei mangelhafter Her-
Ethylcarbamatgehaltes beanstandet werden.
stellungsweise vor.
48
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Mittlerweile liegen umfangreiche Erkenntnisse über den
Es ist unbestritten, dass Ethylcarbamatvorstufen aus den
Wirkungsmechanismus von Ethylcarbamat vor. In zahlrei-
Steinen der Früchte kommen. Schonendes Einmaischen
chen Tierversuchen wurde die krebserregende Wirkung
und kurze Maischestandzeiten haben sich deswegen be-
bestätigt, und es konnte gezeigt werden, dass die Wir-
währt. Was nicht in der Maische landet, muss hinterher
kungsweise von Ethylcarbamat in Versuchstieren und
auch nicht entfernt werden.
im Menschen identisch ist. Ein besonderes Problem ist
die gleichzeitige Aufnahme von Ethylcarbamat und Alkohol, da durch Ethanol die krebserregende Wirkung von
Ethylcarbamat verstärkt werden kann. Aufgrund dieser
Erkenntnisse wurde Ethylcarbamat von der IARC jetzt in
Gruppe 2A eingestuft, die vergeben wird, wenn keine direkten Daten über die Wirkung im Menschen vorliegen,
jedoch im Tierversuch ein ausreichender Nachweis für die Karzinogenität erfolgt ist, und
starke Belege über die Übertragbarkeit
Panscherei und Betrug beim Ausschank
alkoholischer Getränke
Anlässlich von Gaststättendurchsuchungen aufgrund
Betrugsverdachts werden den Chemischen und
Veterinäruntersuchungsämtern Baden-Württemberg
Proben zur Untersuchung übergeben.
Als Beispiele für gefälschte Produkte seien
weißer Rum einer hochwertigen Marke
der Wirkmechanismen auf den Men-
wegen Verdachts auf „Panscherei“
schen vorliegen (Näheres unter:
und Verdünnung oder mit einer Dis-
http://monographs.iarc.fr/ENG/
count-Marke gestreckter hochwertiger Wodka genannt. Auch Bier wur-
Meetings/vol96-summary.pdf).
de in betrügerischer Absicht unter
Die baden-württembergischen Un-
der Bezeichnung Export angebo-
tersuchungsergebnisse über Ethyl-
ten, obwohl es den nach baden-
carbamat wurden im Rahmen einer
württembergischer Verkehrsauf-
2006 gestarteten Datensammlung
fassung vorgeschriebenen Stamm-
an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zur toxikologischen Bewertung übermittelt.
Insbesondere auch die möglichen Wechselwirkungen mit Alkohol verlangen weiterhin alle Anstrengungen, um Ethylcarbamat in Spirituosen zu vermeiden. Die
Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter BadenWürttemberg hatten anhand einer umfangreichen Untersuchung einfache und wirkungsvolle Tipps zur Vermeidung
von Ethylcarbamat in der Brennerei aufgezeigt und veröffentlicht (siehe Jahresbericht 2005).
Die Ethylcarbamatgehalte werden vor allem durch die
Brennanlage und die Herstellung beeinflusst. Es hat sich
gezeigt, dass Anlagen mit automatischer Spülvorrichtung
besser abschneiden als Anlagen, die manuell gereinigt
werden. Außerdem reduziert ein Kupferkatalysator die
Ethylcarbamatgehalte. Diese Einrichtungen sind vor allem
in neueren Anlagen zu finden. Bei Problemen mit hohen
Ethylcarbamatgehalten lohnt die Nachrüstung mit einem
Katalysator und / oder einer Spülvorrichtung.
Bei der Herstellung von Steinobstbränden sollte man auch
den Nachlauf nicht aus den Augen verlieren. Ethylcarbamat ist schwerflüchtig und reichert sich im Nachlauf an.
Nachlauf ist also Ethylcarbamat-Konzentrat! Wer zu spät
anfängt, auf den Nachlauf umzuschalten, macht sich unnötig Probleme. Bewährt hat sich die Nachlaufabtrennung
spätestens bei einem Alkoholgehalt von 50 % vol. Nachläufe von früheren Brennvorgängen sollte man nicht zugeben,
weil man so die Ethylcarbamatkonzentration in der Maische
erhöht. Besser ist es, die Nachläufe zu sammeln, gemeinsam umzubrennen und dabei sehr großzügig abzutrennen.
würzegehalt von 12 % nicht erreichte
und auf dem Faß eine andere Biersorte
angegeben war.
Mit dem zur Verfügung stehenden Analysenspektrum kann dem Markenbetrug jedoch einfach auf die
Schliche gekommen werden. Bereits ein einfaches physikalisches Messverfahren, eine Leitfähigkeitsmessung,
erlaubt in vielen Fällen eine eindeutige Unterscheidung zwischen echter Marke und gefälschtem Produkt. Die Unterscheidungsmöglichkeit beruht darauf, dass Spirituosen aus
hochprozentigen Destillaten hergestellt und mit Wasser
auf Trinkstärke verdünnt werden. Je nach Ionengehalt des
verwendeten Wassers und markenspezifischen Zusätzen
sind charakteristische Unterschiede in der Leitfähigkeit festzustellen. Sehr vorteilhaft ist die Leitfähigkeitsmessung
insbesondere bei extraktfreien Spirituosen wie Wodka
und weißem Rum anzuwenden. Eine Absicherung der
Befunde kann durch die Bestimmung von Anionen mittels
Ionenchromatografie erfolgen. Eine weitere Möglichkeit
ist, durch das gaschromatografisch bestimmte Profil der
Gärungsbegleitstoffe eine Übereinstimmung mit der Markenware zu prüfen.
Bei einem positiven Nachweis eines solchen Markenbetrugs wurden die Aufmachung und Kennzeichnung der Probe sowie die Angabe der Marke oder der Verkehrsbezeichnung in der Getränkekarte als irreführend beurteilt.
Eis, Desserts
Jahresbericht 2006
Hygienemängel im offenen Ausschank
von Bier
Eis und Desserts
Im Gaststättenbereich sind weiterhin Mängel bei der
Eis
Hygiene zu verzeichnen, insbesondere werden die
Reinigungs- und Desinfektionsintervalle von Schankanlagen in vielen Fällen von den Gewerbetreibenden
zu lange bemessen, so z. B. 12-Wochen-Intervalle.
Bei den insgesamt 1907 untersuchten Eisproben überwiegend aus handwerklicher Herstellung lag die Beanstandungsquote bei 21 %. Rund 11 % der Proben waren aus
mikrobiologischen Gründen auffällig, überwiegend wegen
Nach der EU-Hygieneverordnung (VO (EG) Nr. 852 / 2004) ha-
hoher Gehalte an Enterobacteriaceen bzw. coliformen Kei-
ben Lebensmittelunternehmer Gegenstände und Ausrüstun-
men. Erhöhte Gehalte an coliformen Keimen / Enterobacte-
gen, mit denen Lebensmittel in Berührung kommen, gründ-
riaceen sprechen dafür, dass zur Herstellung des Speise-
lich zu reinigen und erforderlichenfalls zu desinfizieren. Die
eises kontaminierte Rohstoffe verwendet wurden und die
Reinigung und Desinfektion muss so häufig erfolgen, dass kein Kontaminationsrisiko besteht.
Die Neufassung der DIN-Normen für Getränkeschankanlagen sieht bei Schank-
Eismasse während des Herstellungsvorgangs nicht
in ausreichendem Maße einem keimreduzierenden Verfahren, z. B. durch Erhitzung
vor dem Ausfrieren, unterworfen wur-
anlagen für Bier Reinigungs- und
de. Eine Kontamination kann jedoch
Desinfektionsintervalle von max. 7
auch durch eine Sekundärkontami-
Tagen vor. Falls notwendig (gerin-
nation des bereits ausgefrorenen
ger Ausstoß, längere Schankpau-
Speiseeises zustande kommen.
sen, höhere Lagertemperaturen,
In keiner der untersuchten Speise-
schlechte Umgebungsbedingun-
eisproben waren Krankheitserreger
gen, Art des Reinigungsverfahrens)
sind sogar kürzere Reinigungsintervalle zu wählen. In den DIN-Normen
sind auch zur Bestimmung des Reinigungsbedarfs einer Schankanlage mikrobiologische Kriterien genannt, deren Überschreitung
nachweisbar.
Dafür musste eine Speiseeisprobe
aus einem Eiscafé als gesundheitsschädlich beurteilt werden. Der im Eis
gefundene Glassplitter konnte als Teil eines am betreffenden Tag im Eiscafé zerbrochenen
im Getränk signalisiert, dass eine Reinigung angebracht
Kelchglases identifiziert werden.
oder dass der Reinigungszustand der Anlage als schlecht
Kennzeichnungsmängel bei lose verkauftem Speiseeis sind
zu bezeichnen ist.
nach wie vor ein Problem. Bei zahlreichen Proben fehlte
Abweichend von dem in der Norm genannten pauschalen
die Kenntlichmachung der zugesetzten Farbstoffe. Auch auf
Kriterium „Gesamtkeimzahl“ wird in Baden-Württemberg
die Verwendung von kakaohaltiger Fettglasur wurde nicht
in Bier wegen deren Bedeutung die Gesamtzahl der gram-
entsprechend hingewiesen. Zur Herstellung von Milcheis
positiven und -negativen bierverderbenden Bakterien so-
wurde weniger als die vorgeschriebene Menge an Vollmilch
wie die Zahl der coliformen Keime, Escherichia coli mit
(70 %) verwendet. Der überwiegende Anteil der untersuch-
eingeschlossen, ermittelt.
ten Vanilleeise wurde nicht mit Vanille (Vanilleschote oder
Betrachtet man die Gesamtzahl von 233 untersuchten of-
natürliches Aroma), sondern ausschließlich oder überwie-
fenen Bierproben, ergibt sich eine Beanstandungsquote
gend mit Vanillin aromatisiert. Solche Erzeugnisse dürfen
von 19 %. Mängel in der Betriebshygiene, v. a. im Schank-
nicht als „Vanilleeis“ bezeichnet werden. Um die Irrefüh-
anlagenbereich, führen dazu, dass offene Bierproben ge-
rung auf die Spitze zu treiben, werden solche Eise vielfach
genüber in Flaschen abgefüllten Bieren besonders häufig
mit gemahlenen, aber extrahierten Vanilleschoten versetzt,
beanstandet werden müssen. Dabei waren in 2 Proben aus
denen das wertgebende Aroma entzogen worden war, um
derselben Brauereigaststätte E.-coli-Keime nachweisbar,
so den Eindruck natürlicher Vanille noch zu verstärken.
was als grober Hygieneverstoß anzusehen ist.
Insgesamt lässt sich zu offenen Getränken aus Schankanlagen feststellen, dass kurze Reinigungsintervalle keinesfalls
zwangsläufig mit niedrigen Keimzahlen verbunden waren:
Auf die sachgerechte Reinigung kommt es an!
49
50
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Zuckerwaren, Schokolade und Brotaufstriche
Honig
Beanstandungsquote aufgrund neuer Kennzeichnungsvorschriften weiter gestiegen
Von 483 untersuchten Honigproben wurden im Berichtsjahr 173 beanstandet (36 %). Die Auswirkungen der im
Jahr 2004 in Kraft getretenen Honigverordnung waren
auch im Berichtsjahr im Hinblick auf die geänderten Kennzeichnungsvorschriften verstärkt festzustellen. 94 % der
beanstandeten Proben (im Vorjahr lag die Quote bei 90 %)
wiesen fehlende oder fehlerhafte Kennzeichnungselemente auf. So waren keine Angaben über das Mindesthaltbarkeitsdatum vorhanden bzw. nicht in der vom Gesetzgeber
vorgegebenen Art und Weise. Ebenso verhielt es sich bei
der nun vorgeschriebenen Angabe über den Ursprung des
Honigs. Teilweise fehlte auf der
Fertigpackung auch die Angabe
der Nennfüllmenge oder die Losangabe.
Süßwaren
Brause-Lolly verursacht blutige
Aluminium in Süßwaren –
Zungen
ein vernachlässigtes Thema?
ländern beanstandet werden, da
Nachdem eine Mutter bei ihren Kin-
Bei einer toxikologischen Neubewer-
Waben verwendet wurden, die
dern beim Lutschen von Brause-Lollys
tung des gemeinsamen Expertenko-
nicht brutfreie Zellen aufwiesen.
blutige Zungen festgestellt hatte, über-
mitees von FAO und WHO (JECFA) im
Aus diesen Wabenzellen konnten
gab sie die Lutscher der zuständigen
Sommer 2006 wurde die „vorläufige
zahlreiche Puppenhüllen isoliert
Lebensmittelüberwachungsbehörde.
wöchentlich-tolerierbare Aufnahme-
werden. Weitere Honige wiesen
Bei der Untersuchung von Beschwer-
menge“ (PTWI-Wert) für Aluminium
Hydroxymethylfurfuralgehalte
de und Vergleich wurden sehr niedrige
von bislang 7 auf 1 mg / kg Körperge-
(HMF) bis zu 208 mg / kg auf. Die
pH-Werte und hohe Weinsäuregehalte
wicht herabgesetzt. Zwar konnte eine
Honigverordnung erlaubt einen
festgestellt. Gleichzeitig war ein Auf-
Beziehung zwischen der Aluminium-
HMF-Gehalt von höchstens 40
schäumen, wie es bei Brauseerzeug-
aufnahme und der Alzheimer-Erkran-
mg / kg für Honige mit nicht tropi-
nissen üblich ist, kaum zu beobachten.
kung bisher nicht bestätigt werden, es
schem Ursprung. Eine Überschrei-
Die hohe Säurekonzentration in Ver-
liegen aber Hinweise vor, dass hohe
tung des Höchstgehaltes deutet
bindung mit einer geringen Konzen-
Aluminiumaufnahmen zu Störungen
auf eine zu lange Lagerung oder
tration an pufferndem Natriumhydro-
bei der Fortpflanzung und der Ent-
auf eine Wärmeschädigung des
gencarbonat und die Reizung durch
wicklung des Nervensystems führen
Honigs hin. 2 Honigerzeugnissen
das Lecken an der rauen Oberfläche
können. Aufgrund der Herabsetzung
wurde Propolis, das Kittharz der
der Lutscher waren die Ursachen für
des PTWI wird seitens des Komitees
Bienen, zugesetzt. Propolis wird in
die Verletzungen im Mundbereich.
befürchtet, dass es insbesondere bei
Deutschland grundsätzlich als Arz-
Die Brause-Lollys wurden als ge-
Kindern zu einer deutlichen Über-
neimittel eingestuft, ein Zusatz zu
sundheitsschädlich beurteilt. Grund
schreitung der tolerierbaren Alumini-
Lebensmitteln ist nicht zulässig.
für die hohe Weinsäurekonzentrati-
umaufnahme vor allem durch Lebens-
In 2 Honigen aus Drittländern wur-
on war ein Dosierfehler bei der Her-
mittelzusatzstoffe kommen könnte.
den Rückstände von Sulfonami-
stellung der Lollys. Die Weinsäure
Aluminium ist das dritthäufigste Ele-
den nachgewiesen. Sulfonamide
wurde versehentlich doppelt dosiert.
ment der Erdkruste und natürlicher
werden als Tierarzneimittel einge-
Der betroffene Hersteller veranlasste
Bestandteil vieler Lebensmittel.
setzt, sind aber in der EU für die
umgehend einen öffentlichen Rückruf
Grenzwerte für den Aluminiumgehalt
Anwendung an Bienen nicht zuge-
der betroffenen Ware. Im Hersteller-
in Lebensmitteln gibt es nicht. Höhe-
lassen.
betrieb wurden entsprechende Siche-
re Aluminiumgehalte in Süßwaren
rungsmaßnahmen ergriffen, um eine
sind in der Regel nicht natürlichen
Fehldosierung von Zutaten in Zukunft
Ursprungs sondern stammen aus
ausschließen zu können.
den verwendeten aluminiumhaltigen
Auch in diesem Jahr mussten
wieder Wabenhonige aus Dritt-
Zuckerwaren, Schokolade, Brotaufstriche
Jahresbericht 2006
Konfitüren, Gelees, Fruchtaufstriche
Nach wie vor viele Beanstandungen bei
Direktvermarktern
Im Jahr 2006 wurden 250 Proben untersucht, davon waren
66 (26 %) zu beanstanden. Hauptsächlich betroffen waren
wie in den vergangenen Jahren Erzeugnisse aus der Direktvermarktung, die wegen Kennzeichnungsmängeln
(59 Proben), insbesondere wegen fehlender Kenntlichmachung des verwendeten Konservierungsstoffes Sorbinsäure (23 Proben), auffielen. Den Direktvermarktern ist
vielfach der Unterschied zwischen Konfitüre, Gelee, Marmelade und Fruchtaufstrich nicht klar. Oftmals wird der
handelsübliche Gelierzucker 2:1 zur Herstellung verwendet,
der Sorbinsäure als Konservierungsmittel enthält. Da der
Gesamtzuckergehalt bei so hergestellten Erzeugnissen weniger
als 60 g / 100 g beträgt, dürfen sie
Zusatzstoffen (z. B.: Trennmittel, Füll-
erscheint es schon allein aus gesund-
mittel in Kaugummis; Überzugsmittel,
heitlichen Vorsorgegründen ratsam,
Aluminiumfarblacke).
die Verwendung aluminiumhaltiger
Im Jahr 2006 wurde in 32 Proben aus
Zusatzstoffe auf technologisch unver-
dem Süßwarenbereich der Alumini-
meidbare Mengen zu beschränken
umgehalt bestimmt. Die höchsten
und die Zulassung aluminiumhaltiger
Gehalte wiesen gefärbte und dragier-
Zusatzstoffe neu zu bewerten.
te Erzeugnisse auf: dragiertes Lakritz
(Weitere Ergebnisse zu Aluminium in
zwischen 30 und 120 mg / kg, dragier-
Lebensmitteln siehe Kapitel III, Zusatz-
te, gefärbte Kaubonbons bis zu 190
stoffe, Aromen).
mg / kg und Schokolinsen sogar bis
zu 320 mg / kg. Daneben wurden
aber auch vergleichbare Produkte mit
deutlich niedrigeren Gehalten festgestellt.
Legt man den PTWI von 1 mg / kg Körpergewicht zugrunde, so ist für ein
Kind bei einem Körpergewicht von
20 kg eine wöchentliche Aufnahmemenge von 20 mg tolerierbar. Diese
Aufnahmemenge würde beispielsweise durch den täglichen Konsum von
knapp 20 g Schokolinsen (mit durchschnittlich 150 mg / kg Aluminium) bereits erreicht. Die von der JECFA befürchtete Überschreitung des PTWI
insbesondere bei Kindern scheint je
nach Verzehrsgewohnheiten damit
nicht unrealistisch. Auch wenn derzeit
für einen kausalen Zusammenhang
zwischen Aluminiumaufnahme und
neurodegenerativen Erkrankungen
keine eindeutigen Belege existieren,
nicht als Konfitüren oder Gelees
bezeichnet werden. Es handelt
sich vielmehr um Fruchtaufstriche. Diese dürfen im Gegensatz
zu Konfitüren und Gelees zwar mit
Sorbinsäure konserviert werden,
der Zusatz muss jedoch durch korrekte Angabe im Zutatenverzeichnis kenntlich gemacht werden.
Bei Zwei- und Mehrfrucht-Konfitüren oder -Gelees aus industrieller
Bei einer originalverschlossenen Pro-
und handwerklicher Herstellung,
be Halva, einer Süßwarenspezialität
bei denen die enthaltenen Früchte
aus dem vorderasiatischen Raum,
namentlich in der Verkehrsbezeich-
wurde ein ekelerregender Befall mit
nung angegeben oder selektiv
Maden und Gespinsten festgestellt.
durch Bilder hervorgehoben wur-
Eine weitere Probe war muffig und
den, fehlte die mengenmäßige An-
überlagert. 5 Halvaproben wurden
gabe (Quid-Angabe) der einzelnen
beanstandet, weil sie mit dem sapo-
Früchte. Vonseiten der Wirtschaft
ninhaltigen Aufschlagmittel „Seifen-
wird teilweise die Auffassung ver-
krautextrakt“ hergestellt wurden,
treten, dass die Angabe des laut
welches in Deutschland nicht zuge-
Konfitürenverordnung vorgeschrie-
lassen ist. Die Sachverständigen in
benen Gesamtfruchtgehaltes auch
Baden-Württemberg beurteilen Seifen-
in diesen Fällen ausreichend sei.
krautextrakt einheitlich als nicht zuge-
Nach Ansicht der Lebensmittel-
lassenen Zusatzstoff.
überwachung ist es für die Wahl
des Verbrauchers jedoch durchaus
ausschlaggebend, ob der Gesamtfruchtgehalt beispielsweise einer
Erdbeer-Mango-Konfitüre zu 90 %
oder zu 50 % aus Erdbeeren besteht. Mehrere Erzeugnisse wurden diesbezüglich beanstandet.
51
52
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Schokolade
Nussallergiker: Vorsicht bei Schokolade!
Nach geltendem Recht sind allergene Zutaten, die in Anlage
3 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung aufgelistet
sind, ohne Ausnahme im Zutatenverzeichnis anzugeben.
Diese Verpflichtung gilt selbst für kleinste Mengen, die z. B.
über Trägerstoffe von Aromen und Zusatzstoffen absichtlich in das Lebensmittel gelangen. Kontaminationen, d. h.
unbeabsichtigt in Lebensmittel gelangte Allergene müssen dagegen nicht gekennzeichnet werden. Schwerpunktmäßige Untersuchungen von Schokoladenerzeugnissen
insbesondere auf die Allergene Erdnuss und Haselnuss
zeigten, dass Kontaminationen mit Haselnuss zum Teil erheblich sind.
In 153 auf Erdnuss untersuchten Schokoladenerzeugnissen war in 11 Proben (7 %) Erdnuss nachweisbar. Die Gehalte lagen zwischen 6 und 960
mg / kg. Die Kennzeichnung von zwei der
positiv getesteten Proben enthielt keinen
Spurenhinweis auf Erdnuss. Bei Betriebskontrollen wurde festgestellt, das Schokoladenhersteller im Überwachungsgebiet große Anstrengungen zur Vermeidung von Kontaminationen mit dem
Allergen Erdnuss unternehmen. Teilweise wird Erdnuss aus dem Produktionsbetrieb komplett „verbannt“. So
konnte auch in keinem der untersuchten Schokoladenerzeugnissen
aus Herstellerbetrieben in BadenWürttemberg Erdnuss nachgewiesen werden.
Ein ganz anderes Bild ergibt sich bei Haselnuss. Hier
waren von 140 auf Haselnuss untersuchten laut Zutatenverzeichnis eigentlich haselnussfreien Proben 81 (58 %)
positiv. Davon trugen alle einen Warnhinweis auf Spuren
an Nüssen. Bei 37 Proben (26 %) lag der Haselnussanteil
unter 100 mg / kg. In 14 Proben wurden Gehalte zwischen
1000 – 10 000 mg / kg gefunden und bei 4 Proben lagen die
Gehalte sogar über 10 g / kg (höchster Wert 23 g / kg). Solche
In Ermangelung von Grenzwerten wurden formale Beanstandungen bei Kontaminationen mit allergenen Bestandteilen nicht ausgesprochen. Bei Kontaminationen über 100
mg / kg (0,01 %) wurde der Hersteller zu einer Optimierung
seines Allergenmanagementkonzeptes aufgefordert.
Gehalte können keinesfalls mehr nur als „Spur“ angesehen
Für Verbraucher, Hersteller und Überwachung wäre eine
werden. Offensichtlich sind Haselnusskontaminationen,
Festlegung von Grenzwerten für allergene Bestandteile
schon allein aufgrund der häufigen Verwendung in Schoko-
wünschenswert, unabhängig davon, ob sie als Zutat oder
ladenerzeugnissen wesentlich schwieriger auszuschließen
durch Kontamination in das Lebensmittel gelangen. Da-
als Erdnusskontaminationen. Auch wird das Risiko für den
durch wäre eine verbindliche Beurteilung von allergenen
Verbraucher durch versteckte Haselnussallergene von den
Bestandteilen möglich, ohne die Frage der technologischen
Herstellerfirmen in der Regel wesentlich niedriger einge-
Machbarkeit oder der Zumutbarkeit von Minimierungskon-
stuft und deshalb auch weniger konsequent verfolgt als
zepten mühsam in jedem Einzelfall abklären zu müssen.
bei Erdnüssen.
Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse, Nusserzeugnisse
Jahresbericht 2006
53
Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse und Nusserzeugnisse
Morphin in Speisemohn
Süße und Bittere Aprikosenkerne
Überhöhte Morphingehalte in Speise-
lich erhöhte Sorgfaltspflicht walten
In den Jahren 1970 bis 1985 kam es
mohn hatten zu ernsthaften gesund-
ließen. Insbesondere Ware aus der
immer wieder zu Blausäure-Vergif-
heitlichen Problemen geführt. Ein
Türkei war Ende des Jahres kaum
tungen durch bittere Mandeln, die als
Baby, das zur Beruhigung von seiner
noch zu beanstanden: Die Einhaltung
Aromakomponente, vor allem in der
Mutter Mohnmilch verabreicht bekom-
einer guten landwirtschaftlichen Her-
Weihnachtsbäckerei, dienten. Die-
men hatte, musste ebenso wie eine
stellungspraxis bis hin zur manuellen
ses Problem wiederholt sich, da seit
Frau, die mit Mohn bestreute Knödel
Ernte, kombiniert mit einer sorgfälti-
den letzten Jahren verstärkt Apriko-
gegessen hatte, medizinisch betreut
gen Aufbereitung der Rohware und
senkerne auf dem Markt angeboten
werden.
einer effektiven Exportuntersuchung
werden.
Morphin ist nur in den mohnsaftfüh-
in der Türkei, machten sich sehr positiv
Blausäure kommt in Form von Gly-
renden Teilen der Mohnpflanze enthal-
bemerkbar.
kosiden (z. B. Amygdalin der bitteren
ten. Die Mohnsamen selbst enthalten
Untersuchungen des CVUA Stuttgart
Aprikosenkerne) natürlich in Lebens-
natürlicherweise kein Morphin. Bei der
belegen, dass der Verbraucher im Rah-
mitteln vor. Die Glykoside an sich sind
Ernte und Gewinnung der Mohnsaat
men der küchentechnischen Bearbei-
relativ wenig toxisch, solange keine
muss darauf geachtet werden, dass
tung auch selbst einen erheblichen
Blausäure freigesetzt wird. Bei der
möglichst kein Mohnsaft auf die Sa-
Anteil zur Reduzierung der Morphin-
Zerstörung der Zellstruktur, z. B. beim
men gelangt und die Kontamination
belastung beitragen kann, indem die
Kauen der Samen, findet durch eine
der Samen mit staubigem Abrieb der
Mohnsamen vor der Verarbeitung mit
enzymatische Hydrolyse die Aufspal-
vegetativen Pflanzteile so weit wie
heißem Wasser überbrüht werden.
tung in Blausäure, Benzaldehyd und
möglich reduziert wird. Dies kann
So reduziert sich der Morphingehalt
Glukose statt. Blausäure ist sowohl in
durch eine selektive Ernte von nur
auf weniger als 10 %; zugleich verbes-
flüssiger als auch in gasförmiger Form
reifen Mohnkapseln und die sorgfälti-
sert sich die sensorische Qualität des
außerordentlich giftig. Sie blockiert
ge Reinigung der Mohnsamen vor der
Mohns erheblich.
das Eisen des Hämoglobins der roten
Abpackung erreicht werden. Eine wei-
Untersuchungen der CVUAs Karlsruhe
Blutkörperchen und stört dadurch die
tere Vorsichtmaßnahme ist der Anbau
und Stuttgart deuten aber auch dar-
Sauerstoffaufnahme bei der Atmung.
Grafik:
von morphinarmen Mohnsorten.
auf hin, dass die Morphinreduzierung
Die Zelle kann den Sauerstoff nicht
Morphingehalt
Dem Richtwert des Bundesinstituts
beim Backprozess deutlich geringer
mehr verwerten. Größere Blausäu-
in einer Mohn-
für Risikobewertung (BfR) von 4 µg
(im Bereich von 55 bis 80 %) ausfällt
remengen können unter Atemnot,
probe in % nach
Morphin je Gramm Mohnsamen ge-
als in der Literatur beschrieben (bis zu
Pupillenerweiterung und Krämpfen in
unterschiedlichen
nügte Anfang 2006 keine der unter-
90 %). Wer bei der Herstellung sei-
wenigen Sekunden zum Tod führen
Waschvorgängen
suchten Mohnproben. Die intensive
nes Mohnkuchens ganz sicher gehen
(innere Erstickung).
Beprobung und regelmäßige Bean-
will, der sollte anstelle von frischen
Deshalb muss – wie bei Mandeln –
standung von Mohnsamen aus dem
Mohnsamen eine handelsübliche
eine eindeutige Unterscheidung zwi-
Einzelhandel wie auch aus handwerk-
Mohnbackmischung verarbeiten. Al-
schen „süßen“ und „bitteren“ Apriko-
lichen Betrieben führte dazu, dass
le untersuchten Mohnbackmischun-
senkernen getroffen werden!
die Importeure und Hersteller von
gen wiesen deutlich weniger als 4 µg
Alle 8 Proben süße Aprikosenkerne,
Speisemohn die erforderliche deut-
Morphin / g auf.
die im Berichtszeitraum untersucht
ganz
100
100
90
90
80
80
70
70
60
60
50
50
40
40
30
30
20
20
10
10
0
0
Morphin_Mohn 2006
Probe
kalt
30 s
sauer
30 s
kochend
30 s
kalt
30 min
sauer
30 min
kochend
30 min
kochend
2 min
fließend
60 °C
fließend
100 °C
Prozent
gemahlen
54
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
wurden, wiesen einen freisetzbaren
Blausäuregehalt von 20 – 30 mg / kg
auf und liegen damit im gleichen Be-
Fertiggerichte
reich wie Mandeln. Sie sind damit un-
Besondere Ernährungsform
doch ausdrücklich versichert, dass
eingeschränkt genusstauglich und völ-
Veganismus – mögliche Folgen
die Erzeugnisse für Veganer geeig-
lig ungefährlich. Aprikosenkerne sind
kleiner als Mandeln, schmecken leicht
holziger und etwas fruchtiger nach
Aprikose und sind eine Alternative zu
Mandeln. Sie stammen vor allem aus
kontrolliert biologischem Landbau mit
Herkunft Türkei und werden in Reformhäusern und in Bioläden vertrieben.
Dagegen enthielten 4 Proben bittere
Aprikosenkerne erhebliche Gehalte
an freisetzbarer Blausäure zwischen
1 800 und 2 300 mg / kg.
Durch diesen hohen Gehalt an frei-
Eine Veganerin (Veganer lehnen aus
ethischen Gründen den Verzehr von
tierischen Lebensmitteln ab) gab an,
dass sie nach dem Verzehr einer Broccoli-Nuss-Ecke mit Kartoffelstückchen
(potato wedges) in einer Studentenkneipe gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten habe. Sie vermutete, dass diese Beeinträchtigungen
auf das Vorhandensein von Lactose
(Milchzucker) im Essen zurückzuführen wären. Die Bedienung hätte ihr je-
setzbarer Blausäure ist davon auszugehen, dass bei Verzehr bereits
geringer Mengen dieses Lebensmittels eine Blausäure-Zufuhr erfolgt, die
deutlich über den nach Einschätzung
relevanter internationaler Organisationen als unbedenklich anzusehenden
täglichen Aufnahmemengen liegen.
Bei Verzehr von ca. 15 bis 20 Gramm –
dies entspricht ca. 40 Kernen mit einem Durchschnittsgewicht von ca. 0,4
g pro Kern – kann die geringste tödliche Dosis für eine Person mit 60 kg
Körpergewicht erreicht werden.
Bei Kindern (16 kg, ca. 4 Jahre) würde
dies einer Aufnahme von ca. 4 g oder
10 Kernen entsprechen.
Die nach Einschätzung der WHO duldbare tägliche Aufnahmemenge für
einen Erwachsenen ist bereits nach
Aufnahme eines Kernes überschritten. Eine besondere Gefahr besteht
für Kinder, wenn bittere Aprikosenkerne ohne Vorsichtsmaßnahmen im
des täglichen Maximal-Verzehrs erfolgen, jeweils angepasst an den im Produkt enthaltenen Blausäuregehalt.
Die zur Untersuchung vorgelegten
bitteren Aprikosenkerne waren nicht
mit solchen Warnhinweisen bzw. nur
in seltenen Fällen mit Verzehrsempfehlungen versehen.
Der Verzehr von „bitteren“ Aprikosenkernen wird – zuallererst im Internet –
als paramedizinische Maßnahme für
die Prävention oder als Heilmittel in
der alternativen Krebstherapie propagiert. Die Empfehlungen zielen auf
nicht wissenschaftlich anerkannte,
therapeutische Wirkungen ab und lassen die für Lebensmittel anzuwendenden Sicherheitsaspekte in gefährlicher
Weise außer Acht.
Tofu aus dem Einzelhandel mit
ausreichender Haltbarkeitsreserve
Zahlreiche Tofuproben aus dem Ein-
Bei einem Kind würde der Verzehr ei-
zelhandel waren hinsichtlich ihrer
nes Kernes den Wert der duldbaren
mikrobiologischen Qualität und ihrer
Aufnahmemenge um mehr als das
sensorischen Eigenschaften nicht zu
Doppelte überschreiten.
beanstanden, sie wiesen eine ausrei-
Solche Produkte könnten jedoch dann
chende Haltbarkeitsreserve auf.
sie auf der Packung deutlich sichtbar
mit Warnhinweisen versehen werden,
die den Verbraucher über die Vermeidung bestimmter, die Gesundheit beeinträchtigender Wirkungen informieren. Weiterhin muss eine Empfehlung
die Broccoli-Nuss-Ecke unter der
Rubrik Vollwert aufgeführt. Auf der
Originalverpackung befand sich die
Angabe „geeignet zur ovo-vegetarischen Ernährung“. Beide Lebensmittel enthielten nachweislich vom
Hersteller aus keine Bestandteile
tierischen Ursprungs bzw. Lactose. Für Personen mit extremen Ernährungsformen wäre es jedoch
ratsam, entweder noch genauere
Informationen über die im Restaurant zubereiteten Lebensmittel
Haushalt vorrätig gehalten werden.
in den Verkehr gebracht werden, wenn
net seien. In der Speisekarte war
einzuholen oder Restaurants, die
nicht vegane Lebensmittel anbieten, zu meiden.
Fertiggerichte
Zusatzstoffe
Asiatische Trockenfertiggerichte, so
genannte Instant-Nudeln mit z. B.
Huhngeschmack, wurden verstärkt
auf einen Gehalt an Antioxidationsmitteln in den frittierten Nudeln sowie im der Packung beigefügten Fett
untersucht. Nach der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung sind die Antioxidationsmittel Butylhydroxyanisol
Jahresbericht 2006
verstärkernden Stoffes, wobei eine
lichkeit um ein Erzeugnis, das aus
Kenntlichmachung auf der Speisekar-
Fleischstücken zu einer größeren
te „mit Geschmacksverstärker“ häufig
Einheit zusammengefügt wird, wobei
fehlte. Bei einer Probe war die in der
der Gewebeverband der Fleischstücke
Zusatzstoff-Zulassungsverordnung an-
im Wesentlichen erhalten bleibt. Die
gegebene Höchstmenge von 10 g / kg
Bezeichnung „Schinken“ ist aufgrund
um mehr als die Hälfte überschritten.
der fehlenden weiteren Angaben zur
Derartige Lebensmittel sind nicht ver-
Kenntlichmachung der abweichenden
kehrsfähig und dürfen nicht an Ver-
Zusammensetzung zur Irreführung ge-
braucher abgegeben werden.
eignet. Die Kenntlichmachung muss in
Verbindung mit der Verkehrsbezeich-
(BHA) und Butylhydroxytoluol (BHT)
Bei Proben aus Handwerks- und Gas-
zugelassen. Antioxidationsmittel ver-
tronomiebetrieben wie beispielswei-
längern die Haltbarkeit von Lebensmit-
se belegte Brötchen aus Bäckereien
3 Brötchen mit Schnitzel wurden be-
teln, indem sie diese vor schädlichen
oder Metzgereien, Menüs und Menü-
anstandet, da der Panadeanteil des
Auswirkungen der Oxidation, wie
bestandteile aus Gaststätten, Kanti-
Schnitzels zu hoch war und somit nicht
Ranzigwerden von Fett und Farbver-
nen oder Imbissbuden, fehlte häufig
der Verkehrsauffassung der Leitsätze
änderungen schützen und damit die
die Kenntlichmachung von Zusatzstof-
für Fleisch und Fleischerzeugnisse
Lebensmittel vor wertmindernden Ver-
fen (Geschmacksverstärker, Konser-
entsprach.
änderungen in Aussehen, Geruch und
vierungsstoffe, Farbstoffe).
Geschmack schützen. Häufig fehlte
die vorgeschriebene Kennzeichnung
bzw. Kenntlichmachung der nachgewiesenen Antioxidationsmittel.
nung erfolgen.
Gefüllte Teigtaschen (Börek) mit Spi-
Weitere Kennzeichnungsmängel wur-
nat oder Schafskäse waren wiederholt
den bei Pizzen mit „Schinken“ und bei
ohne Kühlung gelagert und im Inneren
belegten Brötchen „mit Kochschin-
mäßig bis stark verschimmelt.
ken“ festgestellt, da „Formfleisch-
Im Rahmen einer Schwerpunktakti-
schinken“ ohne ausreichende Kennt-
on wurde der Gehalt an Glutamat in
lichmachung verwendet wurde. Bei
Lebensmitteln aus Chinarestaurants
einem Formfleischschinkenerzeugnis
untersucht. Diese hatten wiederholt
handelt es sich nach allgemeiner Ver-
hohe Gehalte dieses geschmacks-
kehrsauffassung und Herstellerüb-
Die meisten Beanstandungen betrafen wie in den vergangenen Jahren
Mängel in der Kennzeichnung, vor allem bei importierten asiatischen oder
osteuropäischen Produkten.
Verbraucherbeschwerdeproben: Von Fremdkörpern in Sternen bis hin zu kriechenden Käfern
• Eine Probe „Käse-Sterne“ wurde mit Verdacht auf Mäusekot abgegeben. Es handelte sich jedoch um fleischartige dunkelweinrote Fasern. Die ursprüngliche Bezeichnung des Produktes lautete: Cheese und Bacon Stars.
• Bei einem Käsebrötchen und einem Brot derselben Bäckerei waren auf der Unterseite Insektenbestandteile
identifizierbar.
• Eine italienische Hackfleischsoße im Glas enthielt einen etwa 2 cm großen „gummiartigen“ Bestandteil, der
als Blutgefäßwand identifiziert werden konnte. Dies lässt auf eine schlechte Rohstoffauswahl schließen.
• In einer Lasagneprobe war ein Milchzahn enthalten (siehe Foto).
• Eine Beschwerdeprobe Gemüsefrikadellen war aufgrund eines schwarzen, sehr harten, scharfkantigen und
kunststoffartigen Fremdkörpers als gesundheitsschädlich zu beurteilen (siehe Foto).
• Dürüm (gerollter Döner) aus einem Schnellimbiss wies einen muffigen Geruch und Schimmelbefall am Teig auf.
• Eine Pizza aus einem Schnellimbiss wurde vom Verbraucher wegen eines „hervorkriechenden Käfers“ als
Beschwerde abgegeben. Es handelte sich dabei jedoch um Pflanzenfasern.
55
56
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Diätetische Lebensmittel, Säuglingsnahrung und Sportler
Diätetische Lebensmittel
Vorbeugung oder / und eine günstige Beeinflussung bestehender ernährungsbedingter
Erkrankungen durch eine diätetische Behandlung ist vielfach möglich. Ob jedoch einzelne
Stoffe bzw. Stoffgemische wie „Zimt“ bei Diabetes oder Kollagen-Hydrolysate bei
degenerativen Gelenkerkrankungen wie Arthrose hilfreich sind, ist mehr als fraglich …
„Zimt gegen Zucker“
Für Diabetiker angebotene Zimtkapseln mit Hinweisen auf
eine „blutzuckerregulierende“ Wirkung wurden nicht mehr
als Lebensmittel sondern als Arzneimittel eingestuft. Der
in den Kapseln enthaltene Zimt wurde auch auf Cumarin untersucht, ein Erzeugnis wurde wegen des überhöhten Cumaringehalts als „gesundheitsschädlich“ beurteilt
(Weitere Ergebnisse zu Cumarin siehe Kapitel Getreide,
Backwaren,Teigwaren und Kapitel Nahrungsergänzungsmittel).
Diabetiker-Lebensmittel offen im Angebot?
Diätetische Lebensmittel einschließlich Diabetiker-Lebensmittel dürfen nur in Fertigpackungen in den Verkehr gebracht. Der Sinn dieser Regelung besteht darin, dass die
Verwechslungsgefahr mit „normalen“ Lebensmitteln möglichst gering gehalten wird und dass Diabetiker die für sie
wichtigen Informationen (z. B. Gehalt an Zucker, verwert-
wie „zur diätetischen Behandlung von Arthritis und Arthrose“ oder: „bei beanspruchten bzw. abgenutzten Gelenken
und Knorpeln“ zur Beurteilung vor.
Die Wirksamkeit derartiger Produkte soll laut Herstellerangaben auf der Zufuhr von Kollagen-Hydrolysat,
Glucosamin(sulfat) oder Chondroitin(sulfat) sowie von
Methylsulfonylmethan beruhen.
baren Kohlenhydraten, Broteinheiten) der Kennzeichnung
Ob bei Arthrosebeschwerden der Gelenke ein medizinisch
entnehmen können. Ausnahmen von der Fertigpackungs-
bedingter Nährstoffbedarf im Sinne der Diätverordnung
pflicht bestehen für Diabetiker-Lebensmittel nur, wenn sie
vorliegt, muss als sehr fraglich beurteilt werden. Von einer
an Ort und Stelle verzehrt werden (z. B. Eis in der Waffel,
wissenschaftlich hinreichend gesicherten positiven Wirkung
Diabetiker-Kuchen im Café) sowie für Diabetiker-Backwa-
kann derzeit nicht ausgegangen werden. Die Funktionalität
ren. Besonders um die Weihnachts- und Osterzeit werden
von Knochen und Gelenken ist an eine adäquate Nährstoff-
andere Diabetiker-Lebensmittel wie Pralinen, Schokoladen-
zufuhr gebunden. Für die „Ernährung“ der Knochen und
waren, Dauergebäck in der offenen Angebotsform ange-
Gelenke ist wie für den gesamten übrigen menschlichen
troffen – dies ist jedoch aus den beschriebenen Gründen
Organismus eine ausreichende Zufuhr von Wasser, Eiweiß,
nicht zulässig.
Kohlenhydraten, Fetten, essenziellen Fettsäuren, Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen erforderlich.
Bilanzierte Diäten bei degenerativen Gelenkerkrankungen wie Arthrose
Darüber hinaus besteht keine allgemeine Verkehrsauffassung, dass Glucosamin, Chondroitin oder Methylsulfonyl-
Gemäß der Definition in der Diätverordnung dienen Le-
methan überwiegend wegen ihres Nähr-, Geruchs- oder
bensmittel für besondere medizinische Zwecke (Bilanzierte
Geschmackswertes oder als Genussmittel verwendet
Diäten) der Deckung eines medizinisch bedingten spezifi-
werden. Diese Stoffe werden auch üblicherweise weder
schen Nährstoffbedarfs. Es erfolgt jedoch keine Therapie
selbst als Lebensmittel verzehrt noch als charakteristische
mit einem gegen die Krankheitsursache gerichteten Heil-
Zutaten eines Lebensmittels verwendet. In isolierter oder
mittel. Dennoch werden immer wieder Erzeugnisse in den
angereicherter Form handelt es sich um zulassungspflichti-
Verkehr gebracht, die dem Verbraucher laut Kennzeichnung
ge Zusatzstoffe. Eine lebensmittelrechtliche Zulassung für
eine Heilwirkung suggerieren.
bilanzierte Diäten besteht jedoch derzeit nicht. Daher sind
Degenerative Gelenkerkrankungen bzw. -verschleiß wie
Arthrose stellen eine häufige gesundheitliche Beeinträchtigung der Bevölkerung dar. Neben einer Vielzahl von Nahrungsergänzungsmitteln zur Vorbeugung lagen 2006 auch
ergänzende bilanzierte Diäten mit Anwendungsgebieten
derartig zusammengesetzte Lebensmittel für besondere
medizinische Zwecke (Bilanzierte Diäten) nicht verkehrsfähig.
Diätetische Lebensmittel, Säuglings-, Sportlernahrung
Jahresbericht 2006
nahrung
Sojaeiweiß ernährt wurden. Die festgestellten Gehalte an
Isoflavonen von in Deutschland angebotener Säuglingsnahrung lagen zwischen 10 und 18 mg je 100 g entsprechend
einer täglichen Aufnahmemenge von 10 – 18 mg. Die derzeit auf dem Markt befindlichen Produkte stellen bilanzierte
Diäten dar und sind diesbezüglich als sicher anzusehen.
Das bedeutet gleichzeitig auch, dass sie nur mit begründeter Indikation (z. B. seltene angeborene Laktoseintoleranz,
Galaktosämie) und „unter ärztlicher Aufsicht“ verwendet
werden sollen.
Sportlernahrung
Die Werbung für „Sportlergetränke“ ist breit gefächert –
sie reicht von moderaten Werbeaussagen mit „sportivem Touch“ (z. B. Sport-Schorle, Alles was Du beim Sport
brauchst) bis hin zu Getränken, die für Leistungssportler
extra ausgewiesen sind (z. B. Isotonischer Marathon-Drink).
Die Unterschiede in der Zusammensetzung sind vergleichs-
Diätetische Lebensmittel für Säuglinge
und Kleinkinder
weise gering: die Zuckergehalte liegen zwischen 40 und
Da diese Erzeugnisse für eine besonders empfindliche Ver-
he von B-Vitaminen einige noch zusätzlich mit Calcium,
brauchergruppe bestimmt sind, werden sie regelmäßig auf
Magnesium und Kalium angereichert. Dagegen wird der
90 g pro Liter und die meisten sind mit einer ganzen Rei-
eine Vielzahl von Inhaltstoffen und Kontaminanten unter-
wichtige Mineralstoff Natrium – wegen der Schweißver-
sucht. Beanstandungen der Zusammensetzung waren er-
luste – nur bei einigen Erzeugnissen berücksichtigt. Die
freulicherweise selten, gelegentlich waren kleinere Mängel
meisten Sportlergetränke sind isoton bis leicht hypoton,
v. a. bei der Nährwert-Kennzeichnung feststellbar.
d. h. sie werden rasch resorbiert, weil das Getränk in etwa
die gleiche „gelöste Menge an Teilchen“ besitzt wie das
Eisengehalte in fleischhaltiger Beikost
Fleisch ist nach der Einführung von Beikost eine der wichtigsten Kostkomponenten für die Eisenversorgung von
Säuglingen und Kleinkindern. Entsprechend der rechtlichen
Vorgaben der Diät-Verordnung müssen derartige Erzeugnisse mindestens einen Fleischanteil von 8 % (ca. 15 g pro
190-g-Mahlzeit) enthalten, ein Mindest-Eisengehalt ist dagegen nicht vorgeschrieben. Die festgestellten Eisengehalte in diesen Produkten betrugen 0,2 – 1,2 mg / Mahlzeit, die
von der Deutschen, Schweizerischen und Österreichischen
Gesellschaften für Ernährung (DACH) empfohlene Tageszufuhr für Säuglinge im Alter von 4 – 12 Monaten beträgt
8 mg. Die untersuchten Mahlzeiten lieferten demnach nur
2,5 – 15 % des Tagesbedarfs an Eisen. Die Festlegung eines
Mindest-Eisengehaltes für derartige Erzeugnisse ist daher
wünschenswert.
Isoflavongehalte in Säuglingsnahrung auf Sojabasis
Sojaproteine enthalten Isoflavone, sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe mit östrogener Wirksamkeit – wenn auch in weit
geringerem Maße als die menschlichen Sexualhormone.
In der wissenschaftlichen Literatur finden sich Hinweise
auf mögliche unerwünschte Einflüsse auf den Hormonstatus bei Säuglingen, die mit Formulanahrung auf Basis von
Blutplasma. Für die meisten Anwendungen im Freizeitsport-Bereich können alternativ Mineralwasser oder verdünnte Fruchtsaftschorlen als rascher Flüssigkeitsersatz
verwendet werden. Lediglich im Leistungssportbereich
z. B. bei extremen Langzeit-Ausdauersportarten oder beim
„Gewichtmachen durch Flüssigkeitsentzug“ bei bestimmten Kampfsportarten kann ein speziell konzipiertes Getränk
für den dann zwingend erforderlichen raschen Flüssigkeitsersatz sorgen.
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58
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Nahrungsergänzungsmittel
Von 366 Proben waren 175 zu beanstanden (48 %). Wie schon seit vielen
Das BVL nimmt die Anzeigen nur
Jahren betrafen die meisten Beanstandungen irreführende Angaben
entgegen, führt aber selbst keinerlei
(etwa 30 % aller Proben) und Kennzeichnungsmängel (etwa 30 % aller
Überprüfungen durch. Es informiert le-
Proben). Verhältnismäßig oft wurde auch festgestellt, dass nicht zugelas-
diglich die für den Hersteller / Vertrei-
sene Zusatzstoffe wie z. B. stark angereicherte sekundäre Pflanzenstoffe
ber zuständigen Bundesländer über
verwendet wurden (11 % der Proben).
den Inhalt der Anzeigen, damit von
Bei immerhin 4 % der untersuchten, als „Nahrungsergänzungsmittel“
dort aus gegebenenfalls eine Über-
bezeichneten Proben handelte es sich aufgrund der Zusammensetzung
prüfung der Produkte vorgenommen
oder Aufmachung nicht um Lebensmittel, sondern um Arzneimittel.
werden kann.
Der Inhalt der Anzeigen spricht dafür,
Internethandel – ein rechtsfreier Raum?
Fast alle Nahrungsergänzungsmittel sind heute auch über
den Internethandel beziehbar. Hierbei ist mitunter das Erzeugnis in seiner originalen Verpackung lebensmittelrechtlich nicht zu beanstanden, während die Bewerbung
auf den zugehörigen Internetseiten – teilweise
grob – irreführend ist.
Folgt man den Aussagen der Werbung –
besonders im Internet – bietet die Produktgruppe der Nahrungsergänzungsmittel für jeden Verbraucherwunsch
das passende „Mittelchen“. Ob gegen
Alterung, Fettpölsterchen, Gelenkbeschwerden oder Herzinfarkt – mithilfe
dieser Präparate soll den unliebsamen
Begleiterscheinungen des Lebens angeblich beizukommen sein.
Die Anpreisungen sollten unbedingt kritisch
betrachtet werden. Je verlockender sie klingen,
umso mehr Vorsicht ist geboten. In vielen Fällen werden
Gesundheitsgefahren verschwiegen, oft ist auch nur das
Geld weg – ohne die versprochenen Wirkungen. Auf die Kulanz unbekannter Internetanbieter sollte man besser nicht
hoffen. Selbst berechtigte Reklamationen laufen häufig
ins Leere, weil die im Internet angegebene Adresse nicht
(mehr?) existiert oder die Ansprüche in fernen Ländern
durchgesetzt werden müssten.
dass vielen Firmen die lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht ausreichend bekannt sind und ihnen nicht klar
ist, wann ein Produkt als Arzneimittel und wann als Lebensmittel anzusehen ist. Etliche angezeigte „Nahrungsergänzungsmittel“ waren nämlich wegen den
ausgelobten Wirkungen als Arzneimittel
nach Bezeichnung, in Einzelfällen sogar wegen der Zusammensetzung
als Arzneimittel nach Funktion
einzustufen.
Obwohl den Firmen bekannt
ist, dass ihre Anzeigen an die
Lebensmittelüber wachung
weitergeleitet werden, waren
ihnen überraschend oft unzulässige Werbeaussagen oder unserer Auffassung nach unzulässige
Zutaten zu entnehmen. Z. B. werden
isolierte oder stark angereicherte sekundäre Pflanzenstoffe oder aus tierischem Material gewonnene Stoffe wie Glucosamine, Chondroitin oder
Methylsulfonylmethan verwendet, die u. E. bei Nahrungsergänzungsmitteln nicht zulässig sind. Bei diesen Stoffen
handelt es sich nicht um Nährstoffe oder charakteristische
Lebensmittelzutaten. Sie müssten daher erst lebensmittelrechtlich zugelassen werden, weil sie den Zusatzstoffen
gleichgestellt sind. Allerdings sind derzeit zur Frage der
Gleichstellung bestimmter Stoffe mit Lebensmittelzusatz-
Erfahrungen mit dem Anzeigeverfahren
für Nahrungsergänzungsmittel
stoffen noch einige Gerichtsverfahren anhängig, weil vom
Mit der Nahrungsergänzungsmittel-Verordnung (NEMV)
nächste Instanz entscheidet.
vom Mai 2004 wurde für Nahrungsergänzungsmittel ein
Von der Flut angezeigter Produkte aus Baden-Württemberg
Anzeigeverfahren eingeführt. Spätestens beim ersten In-
konnte aus Kapazitätsgründen erst ein kleiner Prozentsatz
verkehrbringen müssen sie nun beim Bundesamt für Ver-
überprüft werden. Schon die Probenahme gestaltete sich
BVL gegen anderslautende höchstrichterliche Urteile Revision eingelegt wurde. Es bleibt also abzuwarten, wie die
braucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) unter Vor-
in einigen Fällen recht schwierig. So waren bei den angege-
lage eines Etikettenmusters angezeigt werden. Obwohl
benen Adressen die Produkte nicht immer verfügbar oder
die Übergangsregelungen noch bis November 2005 liefen,
selbst bei mehrfachem Versuchen war niemand erreichbar.
wurden schon damals einige Produkte beim BVL angezeigt.
Einige Nahrungsergänzungsmittel waren auch schon relativ
Im Jahr 2006 kam es dann zu einer Anzeigenflut, die bisher
bald nach ihrer Anzeige nicht mehr im Handel.
noch nicht abgeebbt ist.
Nahrungsergänzungsmittel
Jahresbericht 2006
Lachsöl – wirklich vom Lachs?
Cumaringehalt von Zimtkapseln
Wie bereits im Vorjahr wurden als „Lachsöl“ bezeichnete
Die Ergebnisse von Humanstudien deuten darauf hin, dass
Proben auf die Identität des enthaltenen Fischöls geprüft.
durch den Verzehr von mehreren Gramm Cassia-Zimtpul-
Nur 2 von 13 Proben wiesen das charakteristische Fettsäu-
ver bzw. -Zimtextrakt pro Tag der Blutzuckerspiegel von
remuster von Lachsen auf.
Diabetikern günstig beeinflusst werden kann, allerdings
Verschiedene Rohstoffzertifikate belegen, dass es sich
sind weitere Studien zur Absicherung erforderlich. Dennoch
bei den im Zutatenverzeichnis deklarierten „Lachsölen“
bringen etliche Firmen nun „Zimtkapseln“ zur Senkung
oder „Lachsölkonzentraten“ um Öl von Fischen aus der
des Blutzuckers als „Nahrungsergänzungsmittel“ für Dia-
Ordnung Salmoni formes („Lachsfische“) oder um Öl des
betiker in den Verkehr. Mit dieser Zweckbestimmung sind
Capelin (Mallotus villosus) handelt. Die Standardisierung
Zimtkapseln jedoch nach einhelliger Auffassung des Bun-
auf den gewünschten Omega-3-Fettsäuregehalt erfolgt
desinstitut für Risikobewertung (BfR) und des Bundesins-
durch Kaltfiltration und durch Zusatz von Fischölen der
tituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) keine
Gattung Oncorrhynchus.
Lebensmittel mehr, sondern Arzneimittel. Sie dürfen dann
Welcher Fisch ist aus Sicht des Verbrauchers nun ein
nicht als „Nahrungsergänzungsmittel“ oder „diätetische
„Lachs“? Alle Recherchen zu dem Begriff – ob er traditio-
Lebensmittel“ vertrieben werden.
nell, umgangssprachlich, küchentechnisch, wissenschaft-
Mit den „Zimtkapseln“ werden täglich Gramm-Mengen
lich oder handelsrechtlich verstanden wird, ergaben, dass
von Zimt (oder die entsprechende Menge Zimtextrakt) ver-
im allgemeinen Sprachgebrauch ausschließlich Fische der
zehrt, das ist erheblich mehr, als durch mit Zimt gewürzte
Art Salmo salar und aus der Gattung Oncorrhynchus als
Lebensmittel aufgenommen wird. Es ist ferner bekannt,
„Lachs“ bezeichnet werden. Die Ausdehnung dieses Be-
dass Cassia-Zimt im Gegensatz zum Ceylon-Zimt sehr hohe
griffes auf die taxonomisch weit entfernte gesamte Ord-
Gehalte an Cumarin, einem toxikologisch problematischen
nung der „Lachsfische“ Salmoni formes ist nicht berech-
Inhaltsstoff, aufweist. Um die Cumarin-Belastung der Ver-
tigt.
braucher durch die „Zimtkapseln“ festzustellen, wurde ihr
Algen – Rundumversorgung mit
Nährstoffen?
le Kapseln Cassia-Zimtpulver, daher waren die gefundenen
Cumaringehalt überprüft. Erwartungsgemäß enthielten vieCumarinmengen bezogen auf die Tagesverzehrsmengen
Von 15 Proben, deren Angaben näher überprüft wurden,
waren nur 2 nicht zu beanstanden. Die Nährwertgehalte waren häufig zu hoch angegeben. Zudem wurde ver-
entsprechend hoch. Die Proben, die wässrigen Zimtextrakt
enthielten, wiesen dagegen nur geringe Cumaringehalte
auf.
schwiegen, dass bei Einhaltung der Verzehrsempfehlung
Da bei Zimtpräparaten mit einem Verzehr über einen länge-
(i. d. R. 3 –12 Tabletten) der Tagesbedarf an den meisten ge-
ren Zeitraum gerechnet werden muss, wurden die beiden
nannten Nährstoffen nur zu einem unbedeutenden Anteil
Proben, bei denen der TDI zu über 100 % ausgeschöpft
gedeckt wird. Insbesondere bei Internetangeboten werden
war, als gesundheitsschädlich beurteilt. Die zwei cumarin-
in irreführender Weise durch „frisierte“ Maßeinheiten ho-
freien Proben enthielten wahrscheinlich Ceylon-Zimt; bei
he Zahlenwerte dargestellt und so dem Verbraucher hohe
Ceylon-Zimt ist die blutzuckersenkende Wirkung allerdings
Gehalte suggeriert.
sehr fraglich.
Diese Algen enthalten die meisten der beworbenen Nähr-
(Weitere Ergebnisse zu Cumarin siehe auch Kapitel III, Ge-
stoffen nicht in so hohen Mengen, dass schon ein Verzehr
treide, Backwaren, Teigwaren)
von wenigen Gramm pro Tag zur Nahrungsergänzung ausreicht. In vergleichbaren Mengen wie Gemüse verzehrt,
Tabelle: Belastung des Verbrauchers mit Cumarin beim
könnten sie aber durchaus ein hochwertiger Ernährungs-
Verzehr von Zimtkapseln
beitrag sein.
* TDI = Tolerable Daily Intake, tolerierbarer täglicher Aufnahmewert (0,1 mg / kg bezogen auf Körpergewicht 60 kg)
Zimtkapseln
Gesamt
Anzahl
Cumaringehalt pro Tagesverzehrsmenge
Ausschöpfung des TDI *
Proben
in mg
in %
26
mit Zimtpulver
12
0,5 – 4,5
8 – 75
mit Zimtextrakt
10
0,1 – 0,5
1–8
mit Zimtextrakt
2
–
–
mit Zimtpulver
1
8,1
140
mit Zimtpulver
1
6,4
106
59
60
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Funktionelle Lebensmittel
ACE-Getränke mit und
ohne Ballaststoffe
(Functional Food)
Funktionelle Lebensmittel sollen neben ihrem Zweck zu Ernährung
Unter ACE-Getränken werden Erfri-
oder Genuss zusätzlich eine präventiv gesundheitsfördernde Wirkung
schungsgetränke auf Basis von Mehr-
aufweisen, die auf den Erzeugnissen entsprechend beworben wird.
fruchtsäften verstanden, die mit den
Vitaminen A (in Form des Provitamins
Probiotische Lebensmittel
Probiotische Lebensmittel werden
meist in Form von Milcherzeugnissen
Taurin – ein Stoff zur
Steigerung der mentalen
Leistungsfähigkeit ?
angeboten und enthalten spezifische
Taurin wird in verschiedenen Lebens-
Mikroorganismen, die einen günsti-
mitteln z. B. Getränken, Süßwaren
gen Einfluss auf die Darmflora haben
meist in Kombination mit Coffein,
sollen. Ein solcher probiotischer Efekt
Glucuronolacton und Inositol verwen-
ist nur dann zu erwarten, wenn die
det. Es soll die Konzentrations- und
Erzeugnisse regelmäßig – möglichst
Reaktionsfähigkeit oder die sportliche
täglich – verzehrt werden. Ein solcher
Leistungsfähigkeit steigern. Taurin =
Hinweis auf den „regelmäßigen Ver-
Aminoethylsulfansäure wird u. a. ei-
zehr“ findet sich mittlerweile auf fast
ne Funktion bei der Entwicklung des
allen Produkten.
Nervensystems zugeschrieben und es
Auffällig ist, dass die Werbeaussagen
wird in der wissenschaftlichen Litera-
von Jahr zu Jahr moderater werden
tur diskutiert, ob Taurin an der Reiz-
z. B. „kann bei regelmäßigem Verzehr
leitung als Neurotransmitter beteiligt
die natürlichen Abwehrkräfte unter-
ist. Gut kontrollierte Studien bezüglich
stützen“ bis dahin, dass gar keine
der Wirkungen auf die sportliche Leis-
Werbeaussagen mehr gemacht wer-
tung oder das Konzentrationsvermö-
den und nur noch auf einen „probi-
gen sind bislang allerdings nicht be-
otischen“ Mikroorganismus hinge-
kannt. Möglicherweise ist Taurin für
wiesen wird. Gelegentlich werden
Frühgeborene und Säuglinge essen-
auch die verwendeten probiotischen
ziell. Taurin darf Lebensmitteln als ge-
Stämme gar nicht mehr genannt. Of-
schmacksbeeinflussender Zusatzstoff
fensichtlich sind die „Probiotika“ beim
bis zu einer Menge von 300 mg / kg
Verbraucher mittlerweile so gut etab-
zugesetzt werden. Die Verwendung
liert, dass die Hersteller die Wirkungen
von Taurin für „ernährungsphysiolo-
gar nicht mehr ausloben müssen – die
gische Zwecke“ ist in Deutschland
Produkte werden trotzdem gekauft!
ausschließlich für diätetische Lebensmittel erlaubt, nicht dagegen für Lebensmittel des Allgemeinverzehrs. Für
den Einsatz in Erfrischungsgetränken
(z. B. Energy-Drinks) existieren einige
Allgemeinverfügungen und Ausnahmegenehmigungen. Die üblichen Einsatzkonzentrationen in diesen Getränken liegen zwischen 70 und 4 000 mg
pro Liter. Werbeaussagen, die sich auf
den Inhaltsstoff Taurin beziehen und
beim Erwachsenen „mehr Fitness,
Leistungssteigerung etc.“ in Aussicht
stellen, werden als „wissenschaftlich
nicht hinreichend gesichert“ und daher irreführend beurteilt.
β-Carotin), C und E angereichert werden. Dieser Mix aus den antioxidativ
wirkenden Vitaminen ist ebenfalls zur
Unterstützung der Abwehrkräfte gedacht. Auch bei dieser Produktgruppe
ist festzustellen, dass sie fast keine
Werbeaussagen mehr aufweist. Die
Vitamingehalte waren in den meisten
Fällen korrekt deklariert, die β-Carotin-Gehalte der untersuchten Proben
lagen zwischen 0,4 und 2,7 mg pro
100 ml und lagen durchschnittlich bei
1,3 mg pro 100 ml. Die Gehalte sind
gegenüber den Vorjahren unverändert.
ACE-Getränke können somit einen bedeutsamen Anteil an der Gesamt-Aufnahme an β-Carotin liefern, bei Verzehr
von 500 ml pro Tag bis zu 12 mg.
Bei mit Ballaststoffen angereicherten
Getränken sind gelegentlich die Nährwertangaben ein Problem: Die Menge
an Ballaststoffen, die in der üblichen
Verzehrsportion oder der empfohlenen
Tagesverzehrsmenge des Getränks
enthalten ist, sollte einen wesentlichen Beitrag (mindestens 3 g) zur
empfohlenen Gesamt-Ballaststoffzufuhr (30 g) leisten. Die Kennzeichnung
und Werbung sollte so erfolgen, dass
der Verbraucher den Beitrag eindeutig erkennen kann. Auch nach der
seit Januar 2007 in Kraft getretenen
„EG-Verordnung über nährwert- und
gesundheitsbezogene Angaben über
Lebensmittel“ ist künftig vorgesehen,
dass Lebensmittel als eine „Ballaststoffquelle“ beworben werden dürfen,
wenn sie mindestens 3 g Ballaststoffe je 100 g oder mindestens 1,5 g
Ballaststoffe je 100 kcal enthalten,
vorausgesetzt, das Lebensmittel entspricht auch den übrigen Anforderungen der Verordnung z. B. hinsichtlich
des Nährwertprofils.
Funktionelle Lebensmittel / Neuartige Lebensmittel
Jahresbericht 2006
Neuartige Lebensmittel
(Novel Food)
Zulassungen und Notifizierungen im Jahr 2006
Im Berichtszeitraum wurden von der EU sechs Zulassungsanträge für
neuartige Lebensmittel im Sinne der Verordnung der EU Nr. 258 / 97
von 1997 genehmigt: Roggenbrot mit Zusatz von Phytosterinen, Diacylglyceridöl pflanzlichen Ursprungs zur Verwendung in verschiedenen Lebensmitteln, Lycopin aus Blakeslea trispora zur Verwendung
in verschiedenen Lebensmitteln, Rapsöl und Maiskeimöl jeweils mit
hohem Anteil an unverseifbaren Bestandteilen zur Verwendung in
Nahrungsergänzungsmitteln.
Notifizierungen betrafen 34-mal mit Phytosterinen angereicherte verschiedene Lebensmitteln, 8 Nonisäfte, ein Arganöl und einmal Astaxanthin aus Haematococcus pluvialis (Blutregenalge aus der Klasse
der Grünalgen) in Nahrungsergänzungsmitteln.
Neuartige Lebensmittel als Zutaten
in Teemischungen
In einigen Teeproben mit zum Teil fantasievollen Bezeichnungen wurden Zutaten festgestellt, die bisher noch nicht
in nennenswertem Umfang zum menschlichen Verzehr
dienten und daher als zulassungspflichtige neuartige Lebensmittel zu beurteilen waren. Zu diesen neuartigen Zutaten zählten z. B. Königskerzenblüten oder Wollblumenblüten, (Verbascum densiflorum Bertol.), Birkenblätter (Betula
tisches Mittel zur Zahnpflege nach objektiven Maßstäben
pubescens Ehrh.), Zinnkraut (Equisetum arvense L., syn.
nicht gegeben. Ebenso konstruiert erschien der Einsatz
Schachtelhalm, Ackerschachtelhalm), Schlüsselblumenblü-
dieser Tabletten zur Herstellung von Hautkosmetik. Auf-
ten und -wurzel (Primula officinalis (L.) Hill. und Primula
grund der süßstofftypischen Darreichungsform war davon
veris (L.) Hill) oder Eibischblätter und -wurzel (Althaea of-
auszugehen, dass das Produkt auch zu diesem Zweck ver-
ficinalis L.).
wendet werden sollte.
Stevia
Neuartige Lebensmittel als Zutaten
in Nahrungsergänzungsmitteln
Der Pflanze Stevia rebaudiana Bertoni (Süßkraut, Süßblatt,
Honigkraut) wurde die Zulassung als Neuartiges Lebens-
2 Nahrungsergänzungsmittel enthielten Clinoptilolith-
mittel im Jahr 2000 von der EU verweigert. Trotzdem gibt
Zeolith. Clinoptilolith ist ein natürlich vorkommendes Silikat,
es immer wieder Versuche, steviahaltige Produkte zu ver-
das der Zufuhr von Mineralstoffen dienen soll. Für Clinop-
markten.
tilolith liegt der EU-Kommission ein Antrag aus dem Verei-
So wurden im Jahr 2006 Tabletten in einer für Süßstoff-
nigten Königreich auf Inverkehrbringen als Nahrungsergän-
produkte typischen Form und Größe in einer ebenso ty-
zungsmittel vor, über ihn wurde noch nicht entschieden.
pischen Kunststoffdose mit Dosierspender in den Verkehr
Die für die Erstprüfung zuständigen britischen Behörden
gebracht. In der Kennzeichnung wurde darauf hingewiesen,
vertreten derzeit jedoch die Auffassung, dass die Sicherheit
dass nach den EU-Bestimmungen Stevia als Lebensmittel
des Verzehrs von „Clinoptilolith“ nicht ausreichend belegt
nicht zugelassen sei. Nach mündlichen Angaben bei der
wurde und somit eine Zulassung als neuartiges Lebens-
Probenahme sollte das Produkt ein Mittel zum Zähneput-
mittel noch nicht erfolgen kann.
zen und zur Herstellung von Haut- und Dentalkosmetik
Interessanterweise sollen andere, gleichartige Produkte da-
sein. Da die Tabletten jedoch süß schmeckten und sich mit
zu dienen, Schwermetalle im Körper zu binden (dies stellt
Flüssigkeit wie Speichel sprudelnd auflösten und zudem
ohnehin eher einen arzneilichen als einen Ernährungszweck
keinen Putzkörper enthielten, war eine Eignung als kosme-
dar). Sie sind ebenfalls nicht legal auf dem Markt.
61
62
Lebensmittelüberwachung BW
Der Hauptbestandteil „Kulturextrakt von Natto“ eines
Nahrungsergänzungsmittels wurde ebenfalls als nicht zugelassene neuartige Lebensmittelzutat eingestuft. Natto
selbst ist ein japanisches Lebensmittel aus fermentierten
Sojabohnen, welches in der EU bereits eine Verbrauchsgeschichte vor 1997 hat und daher auch nicht neuartig ist.
Dagegen handelt es sich bei dem untersuchten Produkt
„Natto-Extrakt“ um ein gereinigtes Kulturfiltrat von Bacillus subtilis natto. Aus den von der Firma eingereichten
Unterlagen war zu entnehmen, dass dieser Extrakt durch
das darin aufkonzentrierte Protein Nattokinase u. a. eine
Minderung des Thromboserisikos sowie Verbesserungen
bei Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit und Schwindelgefühl
bewirken soll. Diese Zweckbestimmung ist eher die eines
Arzneimittels und nicht die eines Lebensmittels.
Je eine Probe „100 % Fulvinsäure“ und „100 % Huminsäure-Konzentrat“ waren als Nahrungsergänzungsmittel
aufgemacht. Bei beiden Stoffen handelt es sich um hochmolekulare chemische Verbindungen, die beim Abbau von
biologischem Material gebildet werden. Laut Hersteller
sind die „Fulvinsäure- und Huminsäure-Komplexe das fehlende Glied in der Nahrungskette, fördert der wundervolle
Zellnährstoffkomplex die Zellgesundheit und wirkt Alterungsprozessen entgegen, transportiert er lebenswichtige
Nährstoffe und Mineralien direkt in jede Zelle des Körpers.“
Sie wurden als nicht zugelassene neuartige Lebensmittel
beurteilt, sofern der Verantwortliche keinen Nachweis erbringen kann, dass sie vor Mai 1997 in nennenswertem
Umfang in der EU für den menschlichen Verzehr verwendet wurden.
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Noni-Saft – kein „Wunder der Natur“
Insgesamt wurden 6 Proben untersucht und wegen irreführender Bewerbung beanstandet. Wie auch in den Vorjahren
wird Nonisaft mit Heilversprechen in den Verkehr gebracht,
die einer wissenschaftlichen Grundlage entbehren.
Ein Hersteller in Baden-Wuerttemberg stellt Nonisaftgetränke in mehreren „Geschmacksrichtungen“ her. Zugesetzt werden je nach Produkt Vitamine, Ballaststoffe, Mineralstoffe, enzymhaltige und koffeinhaltige Pflanzenextrakte,
Taurin und / oder Glutaminsäure. 5 dieser Getränke wurden analysiert und unter Einbeziehung der Kennzeichnung,
Rezeptur und Herstellungsprotokoll samt umfangreichem
Werbematerial bewertet. Abgesehen von falschen Vitaminund Mineralstoffangaben, Verwechslung der Maßeinheiten
„µg“ und „mg“, unvollständigem Zutatenverzeichnis, nicht
korrekten Nährwertangaben etc. waren Teile der Kennzeichnung auch noch schlecht lesbar. Rezepturen und Produktionsdaten waren mit der Probenzusammensetzung nicht
in Einklang zu bringen. Schließlich war auch noch die irreführende Werbung zu beanstanden.
Zusatzstoffe, Aromastoffe
Jahresbericht 2006
Zusatzstoffe und Aromastoffe
Zusatzstoffe
Zusatzstoffe dürfen Lebensmitteln nur zugesetzt werden, wenn sie dafür ausdrücklich zugelassen sind. Die Zulassung beinhaltet eine toxikologische Bewertung.
Aluminium – sind Zusatzstoffe die Quelle für erhöhte Gehalte in Lebensmitteln?
Das Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives (JECFA) legte im Juni 2006 die tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge für Aluminium neu auf
1 mg pro Kilogramm Körpergewicht fest. Die Betrachtung der JECFA gilt jedoch nicht nur für Zusatzstoffe,
sondern die gesamte Nahrung. Warum?
In einem Übersichtsartikel nennt der Bundesverband der
Lebensmittelchemiker im öffentlichen Dienst (www.lebensmittel.org/lmmit297/alu.htm
) mögliche Quellen für die
Aluminiumzufuhr durch Lebensmittel: Neben natürlich bedingten Gehalten wie in Tee, sind auch Kontaminationen
durch aluminiumhaltige Gegenstände mit Lebensmittelkontakt (Gärtanks, Backbleche) aber auch Zusatzstoffe möglich. Als Beispiel hierfür werden aluminiumphosphathaltige
Backpulver genannt. Weitere mögliche Aluminiumquellen,
die der Artikel nicht erwähnt, sind Arzneimittel gegen den
übersäuerten Magen (Antacida), Zahncremes mit blutstillender Wirkung und haushaltsübliche aluminiumhaltige Küchengeräte wie Kochtöpfe, Metallbecher und -schüsseln
oder Bestecke.
Von den zugelassenen Zusatzstoffen kommen als
Aluminiumquellen infrage:
• Aluminiumsulfate (E 520-523): Diese sind zugelassen
gegen Verfärben vom technologischen Grundstoff Eiklar,
wobei dessen Anteil an der täglichen Nahrung gering ist
kret für den
Was bedeutet dies kon
Verbraucher?
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tatsächliche Gefährdu
können.
gruppen abschätzen zu
und damit die Aufnahme entsprechend gering. Ferner
sind diese Zusatzstoffe auch für kandierte Früchte zugelassen, die jedoch ebenfalls nur einen verschwindend
geringen Anteil an der täglichen Nahrung ausmachen.
• Saures Aluminiumphosphat (E 541) wird in Backpulvern
v. a. im englischen Raum eingesetzt. Hierbei handelt es
sich um eine lösliche Verbindung, die bis zu 1 mg Al / kg
Backware liefern kann. Hier gibt es genügend Alternativen, der Einsatz derartiger Backpulver ist vermeidbar.
• Aluminiumsilikate (E 554-559) sind als Trennmittel und
Trägerstoffe zugelassen, jedoch im menschlichen Organismus nahezu unlöslich.
• Aluminium als silberglänzender Farbstoff E 173 ist ebenfalls unlöslich.
• Aluminiumlacke von Farbstoffen können durch die Mitfällung von Aluminiumoxihydraten mit den Farbstoffen
lösliches Aluminium enthalten. Bei den üblichen Einsatzmengen von Farbstoffen und Verzehrsmengen damit gefärbter Produkte dürfte die Zufuhr an löslichem
Aluminium aber eher gering sein.
• Aluminium als Begleiter von Calciumsalzen (die zur Calciumanreicherung von Lebensmitteln eingesetzt werden)
kann je nach Aluminiumgehalt der Calciumsalze und deren Einsatzmenge und Verbraucherkreis einen Beitrag zur
Aluminiumversorgung liefern.
63
64
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Aromastoffe
Mehr Schein als Sein?
Aromastoffe gewinnen immer mehr Bedeutung bei der Herstellung von
Im Berichtsjahr 2006 wurden 15 Aro-
Lebensmitteln. Ihr Einsatz in industriell hergestellten Produkten dient
mamischungen, die nicht zur Abgabe
dazu, geringe Mengen und hohe Preise von Original-Rohstoffen auf dem
an den Verbraucher, sondern als Zu-
Weltmarkt auszugleichen bzw. dem produzierten Lebensmittel mehr Ak-
taten zur gewerblichen Lebensmittel-
zeptanz zu verleihen. Je nach Aromaintensität des eingesetzten Stoffes
herstellung vorgesehen waren, unter-
benötigt man oft nur kleinste Mengen, um einem Produkt die entschei-
sucht. Es handelte sich um Aromen zur
dende Note zu verleihen.
Erzielung von Geschmacksrichtungen
Was wird überwacht?
wie Gurke, Granatapfel, Honig, Kaki,
Pfirsich, Citrus, Apfel, Orange u. a. Da-
Die amtliche Überwachung von Aro-
bei wurden Zusammensetzung und
mastoffen konzentriert sich auf folgen-
Kennzeichnung überprüft. Keine Probe
de Bereiche:
gab Anlass zur Beanstandung.
• Konzentrierte Aromastoff-Mischun-
8 Milcherzeugnisse mit Fruchtanteil
gen, die bei der Herstellung von
und ein Aprikosennektar wurden mit-
Lebensmitteln eingesetzt werden.
tels enantioselektiver Gaschromato-
Aromastoffe müssen drei Bedingun-
Hier müssen gesetzliche Bestim-
grafie daraufhin überprüft, ob sie natur-
gen erfüllen, damit sie für die Wahr-
mungen bezüglich Kennzeichnung
identische Aromastoffe enthalten. Die-
nehmung von Lebensmitteln von
oder Zusammensetzung eingehal-
ses Verfahren beruht auf der Tatsache,
Bedeutung sind: Sie müssen flüch-
ten werden, die in der Aromenver-
dass manche Aromastoffe, die „natür-
tig sein, in ausreichender Menge im
ordnung niedergelegt sind.
lich“, also von der Pflanze produziert
Lebensmittel enthalten sein und das
• Aromatisierende Lebensmittel mit
werden, ein anderes Verhältnis der
geruchssensitive Organ des Men-
toxischen Bestandteilen. Zu die-
Spiegelbildisomeren (Enantiomeren)
schen – die Riechschleimhaut in der
sen gehören Verbindungen wie
aufweisen, als die entsprechenden
Nase – muss darauf ansprechen. Dies
Safrol (z. B. in Safran), Thujon (z. B.
naturidentischen „synthetischen“
trifft für zahlreiche Stoffe in Lebens-
Absinth) oder Cumarin (z. B. in Zimt-
Aromastoffe. Bei keiner der Proben
mitteln zu, die aber bezüglich ihrer Ei-
sternen), die in Gewürzen oder
fiel ein abweichendes Enantiomeren-
genschaften und der im Lebensmittel
Kräuterextrakten enthalten sind.
verhältnis auf und die Proben waren
vorhandenen Konzentrationen höchst
Die maximalen Gehalte dieser to-
dementsprechend nicht auffällig.
unterschiedlich sein können.
xischen Inhaltsstoffe im Lebens-
Lebensmittelrechtlich gesehen han-
mittel sind durch Grenzwerte in
delt es sich bei Aromastoffen um
der Aromenverordnung festgelegt.
Stoffe, die Lebensmitteln zur Erzie-
Für nähere Informationen über die
lung eines besonderen Geruchs oder
hierzu im Berichtsjahr durchge-
Geschmacks zugesetzt werden. Ein-
führten Untersuchungen wird auf
zelstoffe werden unterteilt in natürli-
die entsprechenden Kapitel dieses
che, naturidentische und künstliche
Jahresberichtes verwiesen (Kräuter
Aromastoffe. Als weitere Kategorien
und Gewürze, Backwaren, Spirituo-
werden in der Aromenverordnung
sen).
Aromaextrakte, Reaktionsaromen und
• Die unzulässige „Veredelung“ von
Raucharomen genannt.
Lebensmitteln mit Aromastoffen.
Natürliche Aromastoffe sind solche
Dies ist beispielsweise dann der
Stoffe, die in der Natur vorkommen
Fall, wenn Obstprodukte, die laut
und nicht über chemische Verfahren
Kennzeichnung oder aufgrund einer
synthetisiert wurden.
Rechtsvorschrift nur verarbeitetes
Als naturidentisch bezeichnet man sol-
Obst enthalten dürften, naturiden-
che Aromastoffe, die ein Vorbild in der
tische Aromastoffe enthalten.
Natur mit der gleichen Molekülstruktur
• Die Aufklärung von Fehlaromen, die
haben, jedoch mittels chemischer Syn-
den betroffenen Lebensmitteln ne-
these hergestellt wurden.
gative Aromaeigenschaften verlei-
Künstliche Aromastoffe sind mittels
hen (so genannten off-flavour).
chemischer Synthese hergestellt und
kommen nicht in der Natur vor.
Eine spezielle Studie zur Aufklärung des Fehlaromas „Kunststoffgeschmack“ ergab, dass diese Fehlnote
aus dem als Gleitmittel eingesetzten
Erucamid entsteht. Diese Verbindung,
ein Derivat der ungesättigten Fettsäure Erucasäure, neigt zum oxidativen
Abbau und es entstehen dabei die für
das Fehlaroma verantwortlichen Verbindungen 1-Octen-3-on, (E)-2-Nonenal, Octanal und γ-Nonalacton.
Zusatzstoffe, Aromastoffe
Jahresbericht 2006
65
Eine schwere Geburt – die neue EU-Aromenverordnung
Voraussichtlich noch im Laufe des
Jahres 2007 werden die die Aromen
gemäß
gemäß Entwurf
betreffenden Rechtsvorschriften
AromenVO
der EU-AromenVO
grundlegende Änderungen erfahren.
(bisher)
(zukünftig)
Eine neue – in allen Mitgliedsstaaten
direkt verbindliche – EU-Aromenverordnung soll die europäische AromenRichtlinie 88 / 388 sowie die deutsche
Aromenverordnung ablösen. Eckpunkte dieser neuen Rechtsvorschrift, die
inzwischen schon im dritten Entwurf
vorliegt, sind u. a.:
• Die Festschreibung einer Positiv-
natürliches Aroma
natürliches Aroma
liste analog dem Zusatzstoffrecht,
aus der Erdbeere
aus der Erdbeere
d. h. zukünftig dürfen Lebensmit-
(mind. 90 Gew.-%)
(mind. 90 Gew.-%)
teln nur noch die Aromastoffe zugesetzt werden, die in dieser Liste
ausdrücklich genannt sind.
• Die „Abschaffung“ der Aromastoffkategorien „künstlich“ und „naturidentisch“.
• Eine stärkere Risikoorientierung bei
der Festlegung von Grenzwerten für
toxische Verbindungen aus Lebensmitteln mit Aromaeigenschaften,
d. h. es werden im entsprechenden Anhang nur noch Lebensmittel berücksichtigt, die substanziell
zur Belastung mit entsprechenden
toxischen Stoffen beitragen; Grenzwerte für „sonstige Lebensmittel“
werden nicht mehr festgelegt.
sonstiges beliebiges
natürliches Aroma
sonstiges beliebiges
zur Abrundung, d. h.
natürliches Aroma,
darf Erdbeeraroma
d. h. darf Erdbeer-
nicht verstärken
aroma verstärken
(max. 10 Gew.-%)
(max. 10 Gew.-%)
Beispielsweise kann ein „natürliches
geplanten Vorschrift auch ein Produkt
Abb.:
Erdbeeraroma“ zur Abrundung gerin-
aus 90 Gew.-% eines alkoholischen
Zusammen-
ge Anteile natürliches Citrusaroma
Extraktes aus Erdbeeren (z. B. 10 g
setzung eines
Insbesondere die beabsichtigte Neu-
enthalten, trotzdem darf es aber als
Erbeeren auf 100 ml Alkohol) und 10
„natürlichen Erd-
regelung der Kennzeichnung von na-
natürlich bezeichnet werden.
Gew.-% einer Mischung aus natür-
beeraromas“
türlichen Aromen ist vonseiten des
Demgegenüber sieht der neue Ent-
lichen Aromastoffen aus beliebiger
Verbraucherschutzes als sehr unbe-
wurf vor, dass zukünftig auch solche
(auch biosynthetischer) Quelle (z. B.
friedigend anzusehen:
Aromen als natürlich bezeichnet wer-
Furaneol, Z-(3)-Hexenal, Zimtsäure-
Momentan gilt gemäß der Aromen-
den dürfen, die neben den authenti-
methylester, γ-Decalacton, Vanillin)
verordnung, dass nur solche Aromen
schen, also aus der namensgebenden
sein könnte.
als „natürlich“ bezeichnet werden dür-
Frucht stammenden Bestandteilen,
Falls die geplante Vorschrift wie vor-
fen, die ausschließlich oder „fast aus-
zusätzlich 10 Gew.-% aus anderen
gesehen in Kraft tritt, wird die kon-
schließlich“ aus der namensgebenden
Quellen enthalten können. Hierdurch
sequente Ausschöpfung dieser Re-
Quelle gewonnen worden sind. In der
wird nur der Gewichtsanteil reglemen-
gelung bei der Herstellung von aro-
Praxis bewirkte die Formulierung „fast
tiert, ohne die in diesem Zusammen-
matisierten Lebensmitteln zu einer
ausschließlich“, dass dem Hersteller
hang entscheidende Eigenschaft Aro-
Verbrauchertäuschung führen, gegen
die Möglichkeit zugestanden wird, ein
mawirksamkeit zu berücksichtigen.
die vonseiten der Überwachung keine
Aroma durch Zusatz von natürlichen
Um bei dem Beispiel zu bleiben,
rechtliche Handhabe besteht.
Aromastoffen aus anderen Quellen
würde dies bedeuten, dass ein „na-
abzurunden, aber nicht zu verstär-
türliches Erdbeeraroma“ gemäß der
• Die Neuregelung der Kennzeichnung natürlicher Aromen.
ken.
66
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Kosmetische Mittel
Kosmetische Mittel
Im Berichtsjahr wurden 2 041 kosmetische Mittel untersucht.
Hiervon wurden 422 Proben (= 21 %) beanstandet.
Chemische Untersuchung von kosmetischen Mitteln
Wichtig für den gesundheitlichen Verbraucherschutz: Verbesserung des
UV-A-Schutzes von Sonnenschutzmitteln
Ein modernes Sonnenschutzmittel benötigt sowohl wirksamen UV-Aals auch UV-B-Schutz. Der UV-B-Schutz wird durch den Lichtschutzfaktor
charakterisiert. Beim UV-A-Schutz gab es bisher keine einheitliche Norm.
Dies wird sich mit den Leitlinien der Europäischen Kommission von
2006 ändern. Die Überprüfung des Marktes zeigte, dass noch nicht alle
Produkte der UV-A-Qualität diesen Empfehlungen entsprechen.
Der Verbraucher soll künftig an einem
einfachen Logo erkennen, dass ein
Sonnenschutzmittel die Mindestwirksamkeit an UV-A-Schutz einhält.
Die EU-Empfehlungen regeln auch
Anwendungshinweise. So sollten
Angaben unterbleiben, die geeignet
sind, Verbraucher zu exzessivem Sonnenbaden anzuregen. Insbesondere
sollten keine Angaben gemacht werden, die einen vollständigen Schutz
Noch vor 20 Jahren galt die UV-A-Strah-
diesbezügliche Herstellerangaben“
lung (320 – 400 nm) als relativ harmlo-
veröffentlicht. Danach sollen Sonnen-
ser Spektrenanteil des Sonnenlichts,
schutzmittel eine ausreichende Wir-
der für gesunde Hautbräunung sorgt.
kung gegen UV-B- und UV-A Strahlung
Die UV-B-Strahlung (280 – 320 nm), die
haben. Der Lichtschutzfaktor soll min-
den Sonnenbrand auslöst, stand allein
destens 6 betragen, d. h. Produkte mit
für die Risiken der Hautkrebserkran-
niedrigeren Lichtschutzfaktoren (LSF
kungen und der Hautalterung. In-
2 oder 4) würde es dann nicht mehr
zwischen ist jedem aufgeklär-
geben. Die Empfehlungen geben auch
ten Verbraucher bekannt, dass
vor, dass der UV-A-Schutz mindestens
auch UV-A-Strahlung Haut-
1
schäden mit verursacht. Es ist
Der Grund sind Ergebnisse wissen-
wichtig, dass sich die Hersteller
schaftlicher Studien, die zeigen, dass
von Sonnenschutzmitteln auf diese
bestimmte biologische Hautschäden
Situation einstellen und Produkte mit
verhindert oder verringert werden
ausreichendem UV-A-Schutz auf den
können, wenn der nach dem „persis-
Markt bringen.
tent pigment darkening test“ gemes-
• Vor dem Sonnen auftragen.
sene UV-A-Schutzfaktor mindestens
• Mehrfach auftragen, um den Licht-
⁄3 des UV-B-Schutzfaktors beträgt.
schutz aufrechtzuerhalten, insbe-
Dies heißt, ein Sonnenschutzmittel
sondere nach dem Aufenthalt im
Der Gesetzgeber schrieb bisher keine
Normen oder Empfehlungen zur Bestimmung und Kennzeichnung des
UV-A-Schutzes vor. Dies führte aber zu
der unbefriedigenden Situation einer
uneinheitlichen und unverständlichen
1
⁄3 des UV-B-Schutzes betragen soll.
mit dem LSF 15 muss demnach einen
UV-A-Schutzfaktor von mindestens 5
aufweisen.
Kennzeichnung. Während der Schutz
Im Berichtszeitraum wurden Son-
vor UV-B-Strahlen weltweit einheitlich
nenschutzmittel aus Drogeriemärk-
durch den Lichtschutzfaktor (LSF; eng-
ten, Apotheken, Reformhäusern und
lisch: sun protecting factor SPF) cha-
Parfümerien mittels in-vitro-Messung
rakterisiert wird, findet der Verbrau-
der diffusen Transmission auf die Güte
cher zum UV-A-Schutz unterschiedli-
des ausgelobten UV-A-Schutzes über-
che Hinweise wie z. B. „UV-A-Schutz
prüft. Die Methode lehnt sich an das
nach australischem Standard“. Mit die-
Prüfverfahren DIN 67502 an. Von den
ser Norm wird die UV-A-Qualität aber
insgesamt 254 untersuchten Sonnen-
nur unzureichend charakterisiert.
schutzmitteln wiesen ca. 10 % einen
Um einheitliche Kennzeichnungsnor-
unzureichenden UV-A-Schutz auf. Die
men zu schaffen und die Qualität des
Hersteller der bemängelten Produk-
UV-A-Schutzes zu erhöhen, hat die Eu-
te wurden darauf hingewiesen, die
ropäische Kommission im September
Qualität des UV-A-Schutzes zu ver-
2006 Empfehlungen „über die Wirk-
bessern.
samkeit von Sonnenschutzmitteln und
der Produkte vor UV-Strahlen vermuten lassen wie z. B.: „Sunblock“,
„Sunblocker“, „vollständiger Schutz“,
„Schutz für den ganzen Tag“ o. Ä.
Im Rahmen der Produktbeschreibungen sollte grundsätzlich auf die Gefahren einer übermäßigen Sonnenexposition hingewiesen werden. Die
Empfehlung sieht vor, nachfolgende
Anwendungs- bzw. Warnhinweise in
dieser oder ähnlicher Form auf allen
Sonnenschutzmittelpackungen anzugeben:
• Intensive Mittagssonne vermeiden.
Wasser.
• Sonnenschutzmittel großzügig auftragen. Geringe Auftragsmengen
reduzieren die Schutzleistung.
• Babys und Kleinkinder vor direkter
Sonneneinstrahlung schützen.
• Für Babys und Kleinkinder schützende Kleidung sowie Sonnenschutzmittel mit hohem Lichtschutzfaktor
(LSF größer als 25) verwenden.
• Auch Sonnenschutzmittel mit hohen
Lichtschutzfaktoren bieten keinen
vollständigen Schutz vor UV-Strahlen.
Chemische Untersuchung von kosmetischen Mitteln
Jahresbericht 2006
Im Berichtsjahr wurde an einer großen
Serie Sonnenschutzmitteln überprüft,
Ein umstrittener UV-Filter: 4-Methylbenzylidene Camphor
inwieweit die Hersteller entsprechende Anwendungshinweise auf den Produkten anbringen. Es zeigte sich, dass
in den meisten Fällen – entsprechend
den bisherigen Empfehlungen – Hinweise zur richtigen Anwendung vorhanden waren. Sie entsprachen damit jedoch in der Regel noch nicht
vollständig den Empfehlungen der
Kommission.
Antioxidative Kapazität von
Sonnenschutzmitteln – ein neues
Qualitätskriterium?
Sonnenschutzmittel schützen nicht
nur durch ihre Lichtfiltersubstanzen vor schädlichen UV-Strahlen,
sondern auch durch Inhaltsstoffe,
die hochreaktive freie Radikale
eliminieren. Zur Charakterisierung
dieser antioxidativen Kapazität der
Produkte wurden erste Arbeiten
mit einem neuen Messverfahren,
der Photochemolumineszenz,
durchgeführt.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) teilte in der Stellungnahme vom 22.08.2005 mit, dass bei der zugelassenen
Filtersubstanz 4-Methylbenzylidene Camphor (4-MBC) der im
Tierversuch aufgekommene Verdacht auf eine Beeinflussung von
Schilddrüsenhormonen bislang nicht widerlegt werden konnte
(www.bfr.bund.de/cm/206/informationen_tipps_und_empfehlungen_zu_sonnenschutzmitteln.pdf
).
Bereits im Jahre 2003 hatte das BfR in der Stellungnahme (www.bfr.
bund.de/cm/206/uv_filter_in_sonnenschutzmitteln.pdf
) darauf hinge-
wiesen, dass die Verwendung von 4-MBC dann als nicht ausreichend
sicher beurteilt werden kann, wenn es sowohl in Hautpflegeprodukten,
wie z. B. Sonnenschutzmittel, als auch zusätzlich in Lippenpflegeprodukten eingesetzt wird.
Äußerung des BfR: „Für 4-MBC liegt auch eine Bewertung des wissenschaftlichen Beirates für Kosmetika und Non-Food-Produkte bei der EGKommission (SCCNFP – SCCNFP/0779/04, Opinion concerning 4-Methylbenzylidene Camphor. Colipa No. S60. 2004) vor. Das Gremium kam
zu der Auffassung, dass für diese Substanz aus den vorliegenden Daten
keine Dosis ohne unerwünschten Effekt (No Observed Adverse Effect
Level, NOAEL) im Tierversuch abgeleitet werden kann. Vielmehr zeigte
sich in einer Studie mit Ratten noch in der niedrigsten Dosisgruppe (25
mg pro kg Körpergewicht) ein Anstieg des schilddrüsenstimulierenden
Hormons TSH. Im Hinblick auf mögliche Schilddrüseneffekte forderte das
Als Ursache für Hautschäden durch
SCCNFP weitere Informationen, insbesondere zu einem eindeutigen
UV-Strahlen kommen neben der di-
NOAEL sowie zur Hautpenetration.“
rekten Einwirkung der hochenergetischen Strahlung auf die Hautzellen
auch in der Haut gebildete freie Radikale mit ungepaarten Elektronen infrage. Diese hochreaktiven Molekü-
Das BfR empfiehlt deshalb, die UV-Filtersubstanz vom Markt
zu nehmen, wenn keine Menge ohne gesundheitsschädliche
Wirkung (No Observed Adverse Effect Level, NOAEL) bestimmt
werden kann.
le sind leicht oxidierbar und können
In einer aktuellen Bewertung vom 10.10.2006 hat das SCCP (ehemals
durch Reaktion mit Hautbestandteilen
SCCNFP) die oben dargestellte Auffassung erneut bestätigt (SCCP, Opi-
Zellschäden verursachen. Die Haut
nion on 4-Methylbenzylidene Camphor, SCCP/1042/06).
selbst schützt sich vor dauerhaften
Einige Hersteller verwenden in ihren Produkten den UV-Filter 4-Me-
Schäden durch „dark-repair-Mecha-
thylbenzylidene Camphor, da er nach Kosmetikverordnung noch bis zu
nismen“ in der Nacht; hier werden
4 % eingesetzt werden darf. Dem Firmen wurde aber empfohlen, diese
DNA-Schäden repariert. Außerdem
Substanz aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes in kos-
verdickt sich im Sommer bei UV-Ein-
metischen Mitteln nicht mehr zu verwenden.
strahlung die äußere Hornschicht, die
so genannte Lichtschwiele, um das
Eindringen von UV-Strahlen in leben-
Tocopherolacetat besitzt selbst keine
Ascorbylpalmitat, Alpha-glucosylrutin,
des Gewebe zu erschweren. Weitere
Radikalfängereigenschaften, sondern
Polyphenole (z. B. Traubenkernextrakt)
natürliche Schutzmechanismen stel-
muss erst in der Haut enzymatisch in
oder Coenzym Q10.
len die Melaninfarbstoffe (Sonnen-
das wirksame freie Tocopherol umge-
Um die antioxidative Kapazität (AOC) in
bräune) und zelleigene Radikalfänger
wandelt werden.
Sonnenschutzmitteln zu bestimmen,
wie Tocopherol, Ascorbinsäure und
Es wird allerdings gerne als synthe-
wurde im Rahmen einer Diplomarbeit
Superoxiddismutase dar. Äußeren
tische Verbindung in Sonnenschutz-
eine Methode getestet, die bisher bei
Schutz vor UV-Strahlen bieten Son-
mitteln eingesetzt, vermutlich da es
anderen analytischen Fragestellungen
nenschutzmittel mit ihren UV-Filtern
stabiler als Tocopherol ist. Seltener
zum Einsatz kam (Lebensmittel-, Phar-
und zugesetzten Antioxidantien wie
werden eingesetzt: Tocopherylgluco-
ma- und klinische Analytik): die Photo-
z. B. Tocopherol oder Tocopherolacetat.
sid, Ascorbinsäure, Ascorbylphosphat,
chemolumineszenz-Messung (PCL).
67
68
Lebensmittelüberwachung BW
Die PCL-Bestimmung wurde mit dem
Gerät Photochem von Analytik
®
Jena durchgeführt. Die aufgearbeitete Probe wird dabei mit
fotosensiblem Luminolreagenz versetzt, welches unter
Licht- und Sauerstoffeinfluss
zu Superoxid-Anionradikalen
reagiert. Diese Radikale werden
Teil III: Produktgruppe Kosmetische Mittel
Spuren von Benzol in Nagellack-
Weichmacher Dibutylphthalat
entfernern
in Nagellack
Benzol kann als Verunreinigung,
Mit Änderung der Kosmetik-Ver-
z. B. über Rohstoffe, in Nagellack-
ordnung vom 20.12.2004 wurde
entferner gelangen. Wegen der
Dibutylphthalat aus toxikologi-
krebserregenden Eigenschaft die-
schen Gründen für kosmetische
ser Substanz muss der Gehalt so
Mittel verboten (Anlage 1 unter
weit wie möglich gesenkt werden.
lfd. Nr. 675 Kosmetik-Verordnung).
Dibutylphthalat ist nach Chemika-
durch die Antioxidantien der Probe je
Im Berichtsjahr wurden 10 Nagellack-
nach Konzentration eliminiert. Dadurch
entferner untersucht, die vorwiegend
wird die Lumineszenz der ursprüngli-
die organischen Lösungsmittel Ethyl-
chen Luminolkonzentration verringert.
acetat und Alkohol sowie Aceton
Dieser Messwert ergibt eine direkte
enthielten. In 4 der 10 Proben wurde
Korrelation zur antioxidativen Kapazität
Benzol als Verunreinigung nachge-
der Probe. Als Bezugs-Standard wur-
wiesen. Die Gehalte betrugen 0,8 bis
Dibutylphthalathaltige Nagellacke,
de Tocopherol verwendet.
0,07 mg / l.
die vor dem 23.12.2004 hergestellt
Insgesamt wurden 99 unterschiedli-
Benzol zählt zu den als kanzerogen
wurden, durften noch bis zum 24.
che Produkte des deutschen Marktes
und reproduktionstoxisch eingestuf-
März 2005 erstmals in den Verkehr
untersucht. Dabei wurde keine Kor-
ten Chemikalien und darf in Kosmetika
gebracht und danach noch bis zum
relation der AOC-Werte zum Licht-
nicht enthalten sein. Lediglich die An-
24. Juni 2005 an den Endverbraucher
schutzfaktor festgestellt. Mithilfe ei-
wesenheit von Spuren wird geduldet,
abgegeben werden. Da im vergan-
ner im Labormaßstab hergestellten
wenn sie unter guten Herstellungs-
genen Jahr bereits festgestellt wur-
Öl-in-Wasser-Basiscreme mit unter-
praktiken technisch unvermeidlich sind
de, dass auch nach Ablauf der Über-
schiedlichen Gehalten an Tocopherol
und bei normaler oder vernünftiger-
gangsfrist immer noch Nagellacke mit
und UV-Filterkombinationen konnte
weise vorhersehbarer Verwendung
Dibutylphthalat im Handel angeboten
gezeigt werden, dass UV-Filter und
die menschliche Gesundheit nicht
wurden, wurden in diesem Jahr die
Tocopherol synergistisch wirken kön-
schädigen. Um einen vorbeugenden
Untersuchungen auf Dibutylphthalat
nen. Durch geschickte Kombination,
gesundheitlichen Verbraucherschutz
in Nagellack verstärkt fortgesetzt. Die
auch mit dem Breitbandfilter Titandi-
zu gewährleisten, muss dabei das
Untersuchungen ergaben, dass dieser
oxid, können sehr gute antioxidative
ALARA-Prinzip (as low as reasonably
Stoff immer noch in einzelnen Produk-
Kapazitäten erreicht werden.
achievable) für kanzerogene Verbin-
ten im Prozentbereich enthalten ist.
Bei Produkten mit synthetischem To-
dungen berücksichtigt werden. Die in
Insgesamt 12 Nagellacke wurden
copherolacetat ist eine Aussage zur
den Proben festgestellten Gehalte an
nach Ablauf der Übergangsfrist als
antioxidativen Kapazität mittels PCL
Benzol sind u.E. nicht gesundheitlich
nicht mehr verkehrsfähig beurteilt.
nicht möglich, da die Verbindung zu-
bedenklich, aber technisch vermeid-
Bei einigen dieser Produkte war klar,
erst gespalten werden muss. Laut
bar.
dass es sich um „Altprodukte“ han-
Literatur kann aus Tocopherolace-
Es kann davon ausgegangen werden,
delte, da Dibutylphthalat im Verzeich-
tat in der Haut bei günstiger Matrix
dass Benzol über belastete Rohstoffe
nis der Bestandteile deklariert war.
und einem entsprechenden Hauttyp
(z. B. Lösungsmittel) in das Produkt ge-
Die Überprüfungen der zuständigen
durch Esterasen maximal 20 % Toco-
langte. Anhand von Rohstoffspezifika-
Behörden ergaben in einigen Fällen,
pherol entstehen. Die Diplomarbeit
tionen mit vorgegebenen Reinheiten
dass die Hersteller die Rezepturen
beschränkte sich auf die Wirkung von
und insbesondere durch Eingangskon-
entsprechend geändert hatten, die
Tocopherol. In welchem Maße andere
trollen bei den angelieferten Rohstof-
Einzelhändler jedoch nicht darüber in-
Antioxidantien zur Verbesserung der
fen sind Hersteller dazu verpflichtet,
formiert wurden, dass die alten Pro-
antioxidativen Kapazität der Produkte
Maßnahmen zu ergreifen, die Verun-
dukte nicht mehr an die Verbraucher
beitragen, muss in weiteren Untersu-
reinigung zu minimieren. Von einem
abgegeben werden durften.
chungen abgeklärt werden. Erst dann
betroffenen Hersteller kamen hierzu
wird sich zeigen, ob dieses Verfahren
bereits positive Rückmeldungen, dass
geeignet sein könnte, die antioxidati-
diesem Problem nachgegangen wird.
ve Kapazität von Sonnenschutzmitteln
Im Sinne des Verbraucherschutzes
als weiteres Qualitätskriterium neben
wäre es wünschenswert, dass tech-
dem Lichtschutzfaktor und dem UV-A-
nische Richtwerte, die bislang fehlen,
Faktor einzuführen.
festgelegt werden.
lienrecht als fruchtschädigend und
reproduktionstoxisch eingestuft.
Dieser Stoff wurde früher häufig als Weichmacher in Nagellack
verwendet.
Chemische Untersuchung von kosmetischen Mitteln
Jahresbericht 2006
Methyldibromoglutaronitril – ein
Verbraucherschutz fordert neue Wege – Karlsruher Kosmetiktag
nur eingeschränkt verwendbarer
„Abgrenzung kosmetische Mittel/Arzneimittel“ am 6. Dezember 2006
Konservierungsstoff
im CVUA Karlsruhe
Methyldibromoglutaronitril darf
Kosmetische Mittel mit angepriesenen hochwirksamen bioaktiven
derzeit nur in rinse-off-Produkten
Wirkstoffen zum Erhalt eines guten Hautzustands oder zur Pflege von
eingesetzt werden. Aber auch da-
Hautveränderungen ohne Krankheitswert haben in Europa schon längst
für steht ein Verbot bevor.
den Markt erobert. Bei zunehmend mehr Produkten fällt die Beurteilung
Seit 2004 darf der Konservierungsstoff
Methyldibromoglutaronitril wegen
schwer, ob es sich noch um ein kosmetisches Mittel oder schon um ein
Arzneimittel handelt (so genannte Borderline-Produkte).
steigender allergischer Reaktionen in
Während Arzneimittel in einem auf-
wird. Deshalb ist die Beurteilung von
der Bevölkerung nur noch in rinse-off-
wändigen Verfahren behördlich zu-
Borderline-Produkten eine aufwän-
Produkten (Produkte, die nach der An-
gelassen werden müssen, liegen die
dige und oft umstrittene Einzelfall-
wendung abgespült werden wie z. B.
gesundheitliche Unbedenklichkeit
entscheidung, zumal auch Gerichte
Seifen, Shampoos) bis maximal 0,1 %
und die angepriesene Wirkung von
entsprechende Produkte nicht immer
eingesetzt werden, während der Ein-
Kosmetika allein in der Verantwor-
einheitlich beurteilen. Insofern muss
satz in leave-on-Produkten (Produk-
tung des Herstellers. Deshalb ist die
nach geeigneten Abgrenzungskrite-
te, die auf der Haut bleiben wie z. B.
amtliche Überwachung hier beson-
rien gesucht werden. Angesprochen
Cremes, Maskara) verboten ist. Die
ders gefordert, den Verbraucher vor
wurde, ob die Kriterien „therapeuti-
Übergangsvorschriften für das Inver-
Produkten mit auf Krankheiten bzw.
scher Zweck“ oder „Auswirkungen
kehrbringen von Altware endeten am
Heilung bezogenen Werbeaussagen
auf die Gesundheit“ besser geeignet
23. September 2005. In 3 leave-on-
(Präsentationsarzneimittel) oder vor
wären. Einzelstoffregelungen im Rah-
Produkten (Selbstbräunungscreme,
Produkten mit signifikant pharmako-
men der EU-Kosmetik-Richtlinie sind
Hautcreme, Haartinktur) wurde
logischer Wirkung auf den menschli-
keine Lösung des Problems. Häufig
nach Ablauf der Übergangsfrist
chen Körper (Funktionsarzneimittel)
dauert es zu lange, bis diese Regelun-
noch Methyldibromoglutaronitril
zu schützen. Der im Dezember 2006
gen zustande kommen, sodass die-
festgestellt. In anderen untersuch-
durchgeführte Karlsruher Kosmetiktag
se Stoffe dann möglicherweise keine
ten Proben war dieser Stoff
„Abgrenzung kosmetische Mittel /Arz-
Marktbedeutung mehr haben.
nicht nachweisbar, obwohl
neimittel“ diente 90 Sachverständigen
Einigkeit bestand darin, dass die Si-
er in der Liste der Bestand-
aus Chemischen Untersuchungsäm-
cherheitsbewertung das geeignete
teile noch deklariert wurde.
tern Deutschlands und Österreichs,
Instrumentarium zur Gewährleistung
Vermutlich wurden die Rezep-
aus Behörden des Bundes und der
der Verbrauchersicherheit unabhängig
turen bereits geändert, die Liste
Länder, von Kosmetikverbänden so-
von einer Abgrenzung von Kosmetika
der Inhaltsstoffe jedoch noch nicht.
wie freiberuflichen Kosmetikchemi-
zu Funktionsarzneimitteln darstellen
Inzwischen wurde die Verwendung
kern und Sicherheitsbewertern als
könnte, falls konkretere Anforderun-
dieses Konservierungsstoffes mit
Informationsquelle und Diskussions-
gen an die Sicherheitsbewertungen
der Richtlinie 2007 / 17 / EG der Kom-
forum, um den aktuellen Stand der Be-
gestellt und diese auch konsequent
mission vom 22. März 2007 auch in
urteilungsmöglichkeiten von „Borderli-
überwacht würden. Um diese Auf-
rinse-off-Produkten verboten. In einer
ne-Produkten“ unter Berücksichtigung
gabe bewältigen zu können, ist es
Stellungnahme des wissenschaftli-
der naturwissenschaftlichen Fakten,
für die amtlichen Untersuchungs-
chen Kosmetikausschusses (SCCP)
der rechtlichen Maßgaben und der
einrichtungen erforderlich, die
wurde festgestellt, dass Methyldibro-
marktwirtschaftlichen Gegebenhei-
administrative Zusammenarbeit
moglutaronitril nicht in kosmetischen
ten zu erhalten.
national und EU-weit zu stärken, die
Mitteln enthalten sein sollte, weil we-
Die Podiumsdiskussion im Anschluss
beteiligten Fachdisziplinen zusammen-
der für auf der Haut verbleibende noch
an die Vorträge machte deutlich, dass
zuführen und auch die Kommunikation
für abzuspülende Mittel unbedenkli-
das Abgrenzungskriterium „signifi-
mit den Herstellern und Sicherheitsbe-
che Konzentrationen ermittelt werden
kante pharmakologische Wirkung“
wertern zu verbessern. Der Karlsru-
konnten.
bei der Einstufung Kosmetisches
her Kosmetiktag war hierzu ein erster
Mittel / Arzneimittel (nach Funktion)
Schritt in diese Richtung.
für alle beteiligten Fachdisziplinen ein
Weitere Informationen s. unter www.
Problem darstellt. Der Grund liegt da-
cvua-karlsruhe.de
rin, dass dieser Begriff nicht eindeutig
wissenschaftlich definiert ist, sondern
aus verschiedenen Positionen heraus
immer wieder anders verstanden
69
70
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Kosmetische Mittel / Bedarfsgegenstände
Mikroorganismen in kosmetischen Mitteln
Der mikrobiologische Standard kosmetischer Mittel ist sehr hoch.
Dennoch fallen immer wieder Produkte auf, bei denen eine mangelhafte
Betriebshygiene zur Verkeimung führte.
Für kosmetische Mittel fehlen verbind-
Entscheidend ist, ob es sich um hu-
Festgestellt wurde, dass kosmetische
liche Grenzwerte für zu tolerierende
manpathogene bzw. potenziell hu-
Mittel, die ohne Zusatz von zugelasse-
Keimgehalte. In den geltenden Geset-
manpathogene Keime handelt. In ei-
nen Konservierungsstoffen hergestellt
zen (Kosmetik-Verordnung und LFGB)
nem Fall konnte zwar ein potenziell
wurden, nicht häufiger keimbelastet
sind lediglich allgemeine Vorschriften
humanpathogener Keim (Klebsiella
waren als konservierte Produkte. Ein
zum Schutz der Gesundheit und zur
pneumoniae) nachgewiesen werden,
Grund für diese Beobachtung ist, dass
Herstellung kosmetischer Mittel ent-
der häufig aus Kosmetika isoliert wer-
„nicht konservierte“ Produkte zwar
halten. Zur Beurteilung konkreter
den kann, jedoch nicht zwangsläufig
keinen der nach der Kosmetik-Verord-
Werte wird deshalb eine Empfehlung
als Krankheitserreger einzustufen ist.
nung zugelassenen Konservierungs-
des wissenschaftlichen Beirates für
Gesunde Haut stellt normalerwei-
stoffe enthalten, dafür jedoch häufig
Kosmetika und Non-Food-Produkte
se eine für viele Keime nahezu un-
andere Stoffe, die rechtlich nicht als
bei der EG-Kommission (SC-
überwindliche Schranke dar. Um eine
Konservierungsstoffe gelten, aber
CNFP – inzwischen SCCP)
Eignung zur Gesundheitsschädigung
dennoch eine antimikrobielle Wir-
herangezogen. Danach gilt
bei Hennaprodukten auszuschließen,
kung als erwünschte Nebenwirkung
ein kosmetisches Mittel als
wurde ein Warnhinweis gefordert, der
aufweisen.
sicher, wenn folgende Anfor-
darauf hinweist, dass die Produkte nur
derungen erfüllt sind:
auf unverletzter Kopfhaut ange-
Kosmetika für Kinder und Pro-
wandt werden dürfen. Bei den
dukte, die im Bereich der Augen oder
verbleibenden 6 Produkten,
der Schleimhäute verwendet werden,
die ebenfalls eine erhöhte
dürfen nicht mehr als 100 koloniebil-
Gesamtkeimzahl aufwie-
dende Einheiten (KBE) pro g oder ml
sen, handelte es sich um
enthalten. Alle anderen Produkte nicht
Produkte, bei denen die
mehr als 1000. Alle Produkte müssen
mangelnde Betriebshygiene
frei sein von Krankheitserregern wie
beim Hersteller zu der Verkei-
Staphylococcus aureus, Pseudomo-
mung führte. Bei einer Hautcreme,
nas aeruginosa und Candida albicans;
die in einem Ein-Mann-Betrieb herge-
auch Verunreinigungen durch andere
stellt wurde, waren Klebsiella pneu-
Pseudomonas- oder Enterobacteri-
moniae und Enterobacter cloacae
acae-Species dürfen nicht vorkom-
nachweisbar. Die durchgeführte Be-
men.
triebskontrolle führte zur Einstellung
Im Jahr 2006 wurde bei 398 Proben
der Produktion, da die Räumlichkeiten
die aerobe Gesamtkeimzahl bestimmt.
nicht geeignet waren, kosmetische
Lediglich bei 13 Proben wurden erhöh-
Mittel mit der erforderlichen mikrobi-
te Gesamtkeimzahlgehalte gefunden,
ologischen Reinheit herzustellen.
wobei 7 dieser 13 Proben Hennapro-
Die Verwendung von Konservierungs-
dukte zur Haarfärbung waren. Da es
stoffen verhindert nicht prinzipiell eine
sich bei Henna um ein pflanzliches
Verkeimung. Die strikte Einhaltung der
Naturprodukt handelt, ist eine erhöh-
Produktionshygiene und die unbedingt
te Gesamtkeimzahl bei diesen Produk-
erforderliche mikrobiologische Endpro-
ten zu erwarten und ist per se nicht
duktkontrolle sind unverzichtbar. Die
besorgniserregend.
Produktkonservierung kann ebenso
durch falsche Dosierung oder Auswahl der Konservierungsmittel sowie
durch das Auftreten resistenter Keime
versagen.
Bedarfsgegenstände mit Körperkontakt
Jahresbericht 2006
Bedarfsgegenstände
Phthalate als Weichmacher weiterhin
verbreitet
Bedarfsgegenstände mit Körperkontakt
und zur Körperpflege
Auch im Hinblick auf die Erweiterung des Phthalatverbotes
Bunte Textilien – nicht alle sind frei von krebs-
in Spielzeug ab Januar 2007 wurde die Weichmacherpro-
erzeugenden Azofarbstoffen und sensibilisierenden
blematik in Bedarfsgegenständen weiter unter die Lupe
Dispersionsfarbstoffen
genommen. Dazu wurden 130 verschiedene Proben, wie
Spielzeugfiguren, Puppen, Schwimmhilfen, Masken, Taucherbrillen usw., alle hergestellt aus Weich-PVC, hinsichtlich
der Art und des Gehalts an Weichmachern untersucht.
Seit September 2003 besteht ein EU-weites Verwendungsverbot für Azofarbstoffe. Gelangen Azofarbstoffe auf die
Haut oder in den Organismus, so können unter Umständen, in Abhängigkeit von den zur Farbstoffherstellung
Trotz der toxikologischen Relevanz der Substanzen Di-2-
verwendeten Ausgangsstoffen, krebserzeugende Amine
ethylhexylphthalat (DEHP), Dibutylphthalat (DBP) und Ben-
freigesetzt werden.
zylphthalat (BBP) wurden diese auch im Jahr 2006 in fast
Im Jahr 2006 wurden 373 gefärbte Textil- und Lederpro-
40 % der o. a. Proben festgestellt.
ben untersucht. Die Beanstandungsquote war erfreuli-
Im Vergleich zu den Ergebnissen aus dem Jahr 2005 waren
für 2006 darüber hinaus zwei Trends erkennbar:
Während für Gegenstände mit längerem Hautkontakt, z. B.
Masken, Badeschuhe, die o. a. besonders kritischen Phthalate DEHP, DBP und BBP häufig durch Diisononylphthalat
cherweise niedrig: Nur in 10 Proben (Karnevalkostüme,
Ledergürtel, Ledergeldbörse, Schildmütze, Handtuch) war
die Verwendung von verbotenen Azofarbstoffen über die
Bestimmung der abspaltbaren und reglementierten Amine
nachweisbar.
(DINP) ersetzt werden, sind Spielzeug und Kleinkinderarti-
Außerdem waren in 31 von 261 untersuchten Proben sensi-
kel zunehmend phthalatfrei: hier werden die Phthalatweich-
bilisierende Dispersionsfarbstoffe enthalten. Am häufigsten
macher, z. B. durch Citrate und Carbonsäureester ersetzt.
festgestellt wurden Disperse Orange 37 / 76 (23 Proben)
und Disperse Red 1 (5 Proben).
Kurioses
Mehr als 50 Dispersionsfarbstoffe werden
zum Färben von Polyester, Acetatfasern
Aromatische Damensöckchen
und Nylon eingesetzt. Einzelne Farbstoffe aus dieser Gruppe sind als
Ein Marktstandbetreiber war
potenziell gefährlich eingestuft. Ih-
sehr erfinderisch: Die Gewürz-
nen werden hautsensibilisierende
mischung, verpackt in Damen-
Eigenschaften zugeschrieben. Per-
Feinsöckchen, verlieh seinem
sonen, die gegenüber bestimmten
selbst zubereiteten Glühwein
Stoffen bereits sensibilisiert sind,
eine sehr aromatische Note.
reagieren dann auf geringste Mengen mit allergischen Hautreaktio-
Unterwäsche: ausgesprochen
körpernah!
Um Wäsche der „anderen Art“ handelte
es sich bei den vorgelegten Verdachtsproben „essbare Unterwäsche“. Hier
stellte sich die Frage: Gegenstand
nen.
Je nach Färbetechnik sind sensibilisierende Farbstoffe unter Umständen nicht farbecht
fixiert und können durch Schweiß herausgelöst werden. Wegen dieser Unsicherheit
sollten hautsensibilisierende Farbstof-
für den nicht nur vorübergehen-
fe zum Färben körpernah getragener
den Hautkontakt, also Bedarfs-
Kleidung aus Gründen des vorbeu-
gegenstand, oder Lebensmit-
genden gesundheitlichen Verbrau-
tel? Rechtlich gesehen gilt
cherschutzes nicht verwendet wer-
„sowohl als auch“. Für die Be-
den. Die Expertenarbeitsgruppe
urteilung sind aber vor allem
„Textilien“ des Bundesinstitut für
die Kennzeichnungsvorschriften
Risikobewertung (BfR) empfiehlt
sowie die zusatzstoffrechtlichen
Anforderungen für Lebensmittel
relevant, die von den untersuchten
Proben aber nicht eingehalten wurden.
für 8 derartige Farbstoffe, diese zur
Färbung von körpernah getragenen
Bekleidungsgegenständen nicht mehr
einzusetzen.
71
72
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Bedarfsgegenstände
Saisonware – immer noch ein Problem?
Kurzfristig verfügbare Saisonware (Fastnacht, Halloween,
„Lass jucken Kumpel!“ oder „Ist Körperertüchtigung
gesund?“
Weihnachten) fällt nach wie vor durch qualtitativ minder-
Allergische Reaktionen werden immer wieder und immer
wertige Produkte auf: So wurden von 47 untersuchten Kos-
häufiger bei Personen beobachtet, die mit Latexmateria-
tümen für Kinder und Erwachsene, Handschuhe, Strümpfe,
lien in Kontakt kommen. Neben den spezifischen Verar-
Strumpfhosen, Kopfbedeckungen, Hüte und Masken ins-
beitungshilfsstoffen sind es hauptsächlich die natürlichen
gesamt 19 Erzeugnisse (40 %) beanstandet:
Latex-Bestandteile (= Proteine), die zu Hautausschlag, Ödemen, Konjunktivitis, Asthma aber auch zu anaphylaktischem
• Azofarbstoffe in 2 Proben,
• sensibilisierende Dispersionsfarbstoffe in 15 Proben,
• Kennzeichnungsmängel bei 4 Proben.
Schock führen können. Die Exposition erfolgt oral, dermal
aber auch aerogen (z. B. bei gepuderten Handschuhen).
Um der Gefahr von Allergien vorzubeugen, muss daher bei
Die Beanstandungsquote ist damit mit der des Jahres 2005
Erzeugnissen auf Basis von Natur- und Synthesekautschuk
(42 %) vergleichbar.
insbesondere mit Mundschleimhautkontakt sowie nicht nur
vorübergehendem Körperkontakt (z. B. Bekleidung, Erotik-Accessoires, Gymnastikbänder) der Gehalt an löslichen
Proteinen minimiert werden. Als ein Schwerpunkt wurde in
2006 Erotikwäsche aus Latex unter die Lupe genommen.
Von insgesamt 30 untersuchten Proben wiesen 11 Erzeug-
Preis„werte“ Ledergürtel – alle „Echt Leder“?
nisse stark erhöhte Proteingehalte auf (260 bis 820 µg / g
Latexmaterial). Diese Quote ist noch eher positiv zu sehen,
Lederwaren aus dem Discountersortiment genügen häu-
denn Latexerzeugnisse zur Körperertüchtigung (z. B. elasti-
fig nicht der Anforderung an die Bezeichnung „Leder“. Bei
sche Gymnastikbänder), bei denen es zu einem intensiven
schwerpunktmäßiger Untersuchung solcher Produkte wur-
Körperkontakt mit dem Gummimaterial kommt, weisen
den im Jahr 2006 20 Proben untersucht, wovon 5 Leder-
eine deutlich schlechtere Bilanz auf: Von 16 Erzeugnissen
gürtel sowie ein Uhrarmband (30 %) nicht den Kennzeich-
waren 13 stark mit extrahierbaren Proteinen belastet. Der
nungsvorgaben entsprachen. Es handelte sich durchweg
Gehalt lag hier zwischen 320 und 900 µg / g Latexmaterial.
um Erzeugnisse, die auf der Gürtelinnenseite (Hautseite)
Die Proben wurden beanstandet und die Hersteller aufge-
mit der Auslobung „Echt Leder“ bzw. dem Lederhaut-Sym-
fordert, alle Anstrengungen zur Minimierung des Gehaltes
bol versehen waren. Die millimeterdünne Schicht mit be-
an löslichen Proteinen zu unternehmen.
sagter Prägung war zwar tatsächlich aus Leder, aber das
war dann auch schon alles. Die weitere Zusammensetzung:
Nickel- und Bleilässigkeit – schöne Accessoires mit
Die Oberseite bestand aus einer sehr dünnen Kunststoff-
Folgen?
folie und der Kern aus gepresstem und mit Klebemitteln
filzartig verbundenem Fasermaterial. Selbst wenn es sich
bei Letzterem um Lederfasermaterial, mit Bindemittel gepresst, handeln würde, genügte dies nicht der Bezeichnungsanforderung. Denn als Leder, Echt Leder oder mit
einem Ausdruck, der nach der Verkehrsauffassung auf Leder hinweist, darf beim Angebot oder Verkauf nur ein Material bezeichnet werden, das aus der ungespaltenen oder
gespaltenen tierischen Haut bzw. dem Fell durch Gerben
unter Erhaltung der gewachsenen Fasern in ihrer natürlichen Verflechtung hergestellt ist (zusammenfassender
Bericht: www.cvua-freiburg.de
).
Mit dem Hintergrund der Nickelallergien wurden auch
wieder zahlreiche Gegenstände für den nicht nur vorübergehenden Hautkontakt, insbesondere Modeschmuck für
Kinder, Gürtelschnallen sowie Haarspangen, überprüft.
Nachdem im Jahr 2005 zwei Armbanduhren auffielen,
war es im Berichtsjahr nur eine Gürtelschnalle, bei der die
Nickelabgabe mit 3,3 µg / cm² / Woche (sehr deutlich) über
dem in der Bedarfsgegenständeverordnung genannten
Höchstwert von 0,5 µg / cm² / Woche lag. Bei allen anderen 42 Proben konnten erfreulicherweise keine erhöhte
Nickellässigkeit festgestellt werden.
Allerdings ergaben sich aus einem glücklicherweise kleinen
Der „chemische Zustand“ von Leder hat sich weiter ver-
Teil der Modeschmuck-Proben andere bedenkliche Befun-
bessert: Insbesondere lag der Gehalt an Pentachlorphenol,
de. Bei verschluckbaren Schmuck-Gegenständen wurde
das u. U. zur Lager- und Transportkonservierung von Leder
zusätzlich der Bleigehalt bestimmt. Bei sehr hohen Bleige-
eingesetzt wird, in allen untersuchten Proben (72) unter
halten wurden die Schmuckstücke in einem Magensäure-
dem Grenzwert von 5 mg / kg (Chemikalienrecht).
simulanz auf ihre Bleiabgabe untersucht. 2 Proben, ein Kin-
Auch Chrom-(VI)-Verbindungen waren nur noch in wenigen
derring und ein herzförmiger Kettenanhänger, hätten bei
Proben zu finden: Nur 3 Proben (eine Geldbörse, ein Leder-
Kindern nach Verschlucken zu einer Bleivergiftung führen
gürtel und ein Brustbeutel) wiesen erhöhte Chrom(VI)-Ge-
können. Sie wurden daher beanstandet.
halte zwischen 4,5 und 34 mg / kg auf und wurden mit dem
Hinweis auf die Expertenäußerung des BfR beanstandet,
wonach ein Höchstwert von 3 mg / kg emfpfohlen wird.
Spielwaren und Scherzartikel
Jahresbericht 2006
Spielwaren und Scherzartikel
Chemiecocktail der besonderen Art
Ein Spielzeugset, bestehend aus einem Rucksack mit ei-
Nitrosamine in Gummi – eine Bedrohung für
Kleinkinder?
ner Stoffpuppe, enthielt gleich mehrere verbotene Azo-
Wie die Untersuchungen in 2006 gezeigt haben, ist dies
farbstoffe. Während im Rucksack das aromatische Amin
zumindest für die „Kleinsten“ nicht der Fall: Denn keine der
3,3’-Dimethoxybenzidin nachweisbar war, wurden in den
49 untersuchten Flaschen- und Beruhigungssauger waren
braunen Wollhaaren der Puppe der verbotene Azofarbstoff
diesbezüglich auffällig.
Disperse Yellow 23 und sein Spaltprodukt 4-Aminoazobenzol nachgewiesen.
Holzspielzeug: ein Naturprodukt mit besonderem
Reiz?
Dagegen werden bei Luftballonen zwar immer noch auffällige Werte erhalten, doch ist gegenüber dem Vorjahr eine
weitere Qualitätssteigerung zu verzeichnen. Denn inzwischen halten schon 10 von 19 Luftballonproben (= 52 %; in
2005: 33 %) den vom BfR empfohlenen Abgaberichtwert
Neueste wissenschaftliche Untersuchungen belegen jetzt
für Nitrosamine von 10 µg / kg Gummimaterial ein. Bei wei-
eindeutig, dass Formaldehyd gesundheitsschädlich ist, die
teren 6 Proben lag die Nitrosaminabgabe zwischen 10 und
Schleimhäute reizt und Krebs im Nasenraum auslösen kann, wenn es eingeatmet wird. Da
max. 50 µg / kg (= 31 %, in 2005: 37 %). Auch für die
Abgabe von nitrosierbaren Stoffen (= Vorstufe der Nitrosamine) ist eine deutliche
Formaldehyd in vielen Klebstoffen ein-
Verbesserung zu beobachten: Hier la-
gesetzt und als Bindemittel bei der
Herstellung von Holzwerkstoffen
gen die Abgabewerte inzwischen für
verwendet wird, standen insbeson-
16 von 19 Proben (= 84 %; in 2005:
dere Spielzeugpuzzle auch 2006
50 %) deutlich unter dem vom BfR
wieder auf dem Prüfstand.
vorgeschlagenen Richtwert von
Ziel dieser Aktion war u. a. aber
2 000 µg / kg.
auch, Bestrebungen entgegenzu-
Leider ist der Gesetzgeber noch
treten, wonach die Begrenzung der
immer nicht aktiv geworden, sodass auch die für 2006 erwartete
Formaldehydabgabe für Spielzeug
EU-weite Reglementierung von Ni-
nach den Ausführungen eines EN-Ent-
trosaminen und nitrosierbaren Stoffen
wurfes deutlich angehoben werden soll.
Demnach dürfte dann die Formaldehydabgabe, die während einer Testzeit von nur 3 Stunden
in Spielzeug nicht erfolgt ist. Da es sich bei
den Nitrosaminen um genotoxische Kanzerogene
ermittelt wird, bis zu 80 mg / kg Holzwerkstoff betragen.
handelt und für alle Expositionspfade das EU-weit einge-
Aktuell werden dagegen die Richtwerte von 110 mg / kg
führte Minimierungsprinzip ALARA (as low as reasonable
(Kontaktdauer: 24 Stunden = 8 x längere Testzeit) sowie
achievable) gilt, wurde in Zusammenarbeit mit dem Le-
30 mg / kg (Kontaktdauer: 5 Stunden) als Indiz dafür ge-
bensmittelchemischen Institut der Universität Hohenheim
wertet, dass die in der Chemikalienverbotsverordnung für
im Rahmen einer wissenschaftlichen Abschlussarbeit nach
Holzwerkstoffe festgelegter Raumluftwert von 0,1 ppm
„Strategien zur Verringerung von N-Nitrosaminen in Be-
Formaldehyd möglicherweise überschritten ist.
darfsgegenständen aus Gummi“ gesucht und gefunden:
Insgesamt wurden 85 Spielzeugproben aus Holzwerkstof-
demnach kann durch den Einsatz einfacher Behandlungs-
fen auf die Formaldehydabgabe getestet. Bei 66 Proben
methoden (z. B. Waschen, Bestrahlen, Vakuumbehandlung)
lagen die Abgabewerte nach 24-stündiger Testzeit deutlich
die Nitrosaminabgabe auch im Fertigerzeugnis deutlich ver-
unter 110 mg / kg Holz. Die für diese Proben korrespon-
ringert werden.
dierenden Abgabewerte nach 3-stündiger Testzeit lagen
im Mittel – wie erwartet – deutlich unter 10 mg / kg Holzwerkstoff.
Die restlichen 19 Proben wiesen dagegen hohe bis sehr
hohe Formaldehydabgaben auf und lagen deutlich über
dem o. a. Richtwert von 110 mg / kg (Testzeit: 24 Stunden).
Würde dagegen der Grenzwert von 80 mg / kg (Testzeit: 3
Stunden) eingeführt werden, wären lediglich nur 2 Proben
zu beanstanden gewesen. Die Einführung eines derartigen
(unrealistischen) Richtwertes wäre unter dem Gesichtspunkt des vorbeugenden Verbraucherschutzes und insbesondere des Gesundheitsschutzes von Kindern als großer
Rückschritt zu werten.
73
74
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Bedarfsgegenstände
Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt
Übergang von Weichmachern in Lebensmittel – Twist-off-Deckel weiter-
Kennzeichnungsmängel bei
hin problematisch!
Gegenständen für den Lebens-
Dichtungsmaterialien von Schraub-
Lebensmittel migriert. Trauriger „Spit-
deckeln bestehen derzeit ausschließ-
zenreiter“ war eine Probe Thunfisch in
mittelkontakt – keine Kleinigkeit
Bei Materialien und Gegenständen für
lich aus weichgemachtem PVC. Bei
Öl mit 1370 mg / kg DEHP. Diese Pro-
den Lebensmittelkontakt ist es recht-
fetthaltigen Lebensmitteln wie in Öl
be überschritt das aus toxikologischer
lich vorgeschrieben, den Namen und
eingelegtem Gemüse, Käse- oder
Sicht zulässige Sicherheitsniveau um
auch die Anschrift des Produktverant-
Fischkonserven, und bei fetthaltigen
den Faktor 456 und musste daher als
wortlichen (Hersteller, Importeur oder
Brotaufstrichen wie Pesto besteht die
gesundheitsschädlich beanstandet
Verkäufer) anzugeben. Falls erforder-
Gefahr, dass die Weichmacher nach
werden.
lich sind außerdem besondere Hinwei-
und nach herausgelöst werden.
Nachdem im Vorjahr derartige Produkte stark erhöhte Weichmacherübergänge aufwiesen, hat das CVUA
Stuttgart ein bundesweites Überwachungsprogramm (BÜP) zu dieser Problematik initiiert und im Jahr 2006 133
Proben untersucht. Die in 2005 entwickelte Screening-Methode für die
in den Dichtungsmaterialien enthaltenen Weichmacher musste fortlaufend
angepasst werden, da die Deckelproduzenten ständig neue Rezepturen
(leider viele erfolglos) entwickelten,
um der Migrationsproblematik Herr
zu werden.
Aufgrund der Tatsache, dass viele
Deckelhersteller nicht in der Lage
sind, rasch rechtskonforme Deckel
zu produzierten, die den zulässigen
Gesamtmigrationsgrenzwert von 60
mg / kg einhalten, plant die EU eine
Übergangsverordnung zu erlassen,
bei der für bestimmte Weichmacher
(u. a. ESBO) für einen Zeitraum von ca.
1 Jahr ein Summengrenzwert von 300
mg / kg zulässig sein wird. Gleichzeitig
sollen die toxikologisch bedenklichen
Phthalate für den Kontakt mit fetthaltigen (nicht jedoch für wässrige oder
alkoholhaltige) Lebensmittel verboten
werden.
Der bislang hauptsächlich verwendete
se für eine sachgerechte Anwendung
zu nennen.
Obwohl diese Anforderungen nicht gerade neu sind, ist die Kennzeichnung
immer noch häufig zu beanstanden.
Im Jahr 2006 war dies bei 19 % (177
von 934) der Proben der Fall.
Für eine sichere Anwendung mancher Produkte sowie vor allem für
die Nachverfolgung im Reklamationsoder Beanstandungsfall ist die Angabe des Herstellers eben nicht nur eine lästige Formalität. Beispielsweise
fielen im Berichtsjahr 2 Backformen
aus Keramik durch eine stark erhöhte
Bleilässigkeit auf. Die höchstzulässige
Abgabe von 1,5 mg / l Blei wurde um
Wie die Untersuchungsergebnisse
das 9- bis 12fache überschritten. Die
aus 2006 (s. Tabelle) zeigen, wiesen
Angabe des Produktverantwortlichen
54 % aller untersuchten Proben Mi-
fehlte, sodass dieser auch nur sehr
grationswerte über dem Grenzwert
schwer zu belangen war, bzw. wei-
• Polyadipate
von 60 mg / kg auf. Besonders auffäl-
tere derartige Produkte nur schwer
• Hydriertes und acetyliertes Rizinus-
lig waren „Fische in Öl“: Hier waren
oder gar nicht von den Behörden vom
öl (Markenname Grindsted-Soft-N-
bei 86 % der Proben Grenzwertüber-
Markt genommen werden konnten.
Safe®)
schreitungen festzustellen. Aber auch
Die Backform mit der höchsten Blei-
• 1-2-Cyclohexandicarbonsäure-diiso-
nach Einführung des neuen, um ein
lässigkeit wurde kurioserweise in ei-
nonylester (DINCH) meist in Kom-
Vielfaches angehobenen Grenzwertes
nem Schuhgeschäft verkauft – nicht
bination mit Di-(2-Ethylhexyl)-Adipat
von 300 mg / kg, wäre dieser immer
unbedingt die beste Adresse für der-
(DEHA)
noch bei 11 % der untersuchten Pro-
artige Haushaltswaren.
Weichmacher „epoxidiertes Sojabohnenöl“ (ESBO) wurde zunehmen ersetzt durch:
Leider waren immer noch in 22 De-
ben nicht eingehalten!
ckeln (= 16 %!) die gesundheitlich bedenklichen Phthalate DEHP, DINP und
DIDP enthalten und in die jeweiligen
Tabelle: Migrationswerte über dem Grenzwert
Weichmachermigration
Alle Proben
Gemüse in Öl
Fische in Öl
Käse in Öl
Pesto
mg / kg
%
%
%
%
%
0 – 60
46
48
14
75
51
24
61 – 120
22
18
29
25
121 – 180
10
14
19
–
3
181 – 240
5
8
10
–
–
241 – 300
6
3
–
–
16
> 300
11
9
28
–
6
Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt
Jahresbericht 2006
Qualitätsunterschiede bei
Druckfarbenbestandteile in
Kochbesteck aus Kunststoff:
Küchenhelfern aus Silikon
Lebensmitteln – ein Ende in Sicht?
muss man „schwarz“ sehen?
Der Trend zu Küchenutensilien aus
Auch im Jahr 2006 wurden verschie-
In den vergangenen Jahren wurden
Silikon hält nach wie vor an. Neben
dene Lebensmittel und deren Verpa-
derartige Produkte immer wieder
Backformen und -unterlagen sind in-
ckungsmaterialien (v. a. Getränke in
beanstandet, weil das Kunststoffma-
zwischen auch Pinsel, Schneebesen,
Kartonverbunden, Joghurt in Kunst-
terial für den Gebrauch bei den übli-
Teigschaber und Handschuhe, mit
stoffbechern und Wurst in bedruckten
chen Brat- und Backtemperaturen von
denen man Frischgebackenes direkt
Hüllen) auf den Druckfarbenbestand-
> 200 °C nicht geeignet war. Inzwi-
aus dem Ofen holen kann, auf dem
teil Isopropylthioxanthon (ITX) unter-
schen werden deutlich hitzestabilere
Markt. Wie im Berichtsjahr festge-
sucht. ITX beschleunigt das Trocknen
Werkstoffe für die Herstellung derar-
stellt wurde, gibt es bei den Silikon-
von Druckfarben und kann durch Ab-
tiger Küchenutensilien eingesetzt. In
gegenständen aber große Qualitäts-
klatsch bzw. Migration in das Lebens-
2006 standen daher weniger grund-
unterschiede, denn teilweise wurde
mittel gelangen.
sätzliche Eignungstests im Fokus als
offensichtlich aus Kostengründen bei
Bei 16 (23 %) von insgesamt 71 unter-
vielmehr Untersuchungen zum mög-
der Herstellung der Gegenstände auf
suchten Lebensmittelproben konnte
lichen Übergang gesundheitlich rele-
ein „Tempern“ der Produkte verzichtet
ITX in der Verpackung nachgewiesen
vanter Stoffe auf das Lebensmittel.
oder es wurde bei zu niedriger Tempe-
werden. Während bei Kartonverbun-
Die Ergebnisse dieser Untersuchun-
ratur durchgeführt.
den die Zahl ITX-haltiger Verpackungs-
gen stimmen optimistisch. U. a. lagen
Die korrekte Durchführung dieses Er-
proben auf dem Markt aufgrund der
die Werte bei allen 8 Proben, die auf
hitzungsprozesses ist aber zur Entfer-
Umstellung auf ein anderes Druckver-
einen Übergang von Caprolactam (=
nung von Resten der Ausgangsstoffe
fahren abgenommen hat, enthielt der
Ausgangsstoff bei der Herstellung
und von flüchtigen Reaktionsproduk-
überwiegende Teil der Kunststoffbe-
von Polyamid) untersucht wurden, mit
ten zwingend erforderlich, andernfalls
cher weiterhin ITX. In den Kunststoff-
0,2 bis max. 5,5 mg / kg deutlich unter
würden diese Stoffe bei der Verwen-
bechern konnte zudem noch ein wei-
dem für diese Substanz festgelegten
dung der Gegenstände in die Lebens-
terer Druckfarbenbestandteil, Diethyl-
Migrationsgrenzwert von 15 mg / kg
mittel übergehen.
thioxanthon (DTX), nachgewiesen
Lebensmittel.
Bei 23 Proben verschiedenster Art
werden. Die ITX- bzw. DTX-Gehalte
Die Untersuchung von Koch- und Brat-
wurde überprüft, ob der Richtwert des
im Lebensmittel, hier Joghurt, lagen
besteck war in 2006 außerdem Teil
Bundesinstituts für Risikobewertung
unter 0,05 mg / kg. DTX ist wie ITX toxi-
eines BÜP-Projektes. Insbesondere
(BfR) von 0,5 für flüchtige organische
kologisch nicht vollständig bewertet.
sollte hier der mögliche Übergang
Bestandteile eingehalten ist. Bei 9 Pro-
Bei Gehalten unter 0,05 mg / kg Le-
von primären aromatischen Aminen
ben wurde dieser Wert überschritten,
bensmittel ist von keinem erbgutver-
(PAA) aus dem Kunststoffmaterial in
teilweise um etwa den Faktor 2.
änderndem Potenzial auszugehen.
das Lebensmittel getestet werden.
Der Gesetzgeber schreibt vor, dass
PAAs, die als krebserzeugende Substanzen eingestuft sind, im Lebensmittel nicht nachweisbar sein dürfen.
Die Nachweisgrenze ist mit 20 µg / kg
Lebensmittel definiert. Auch hier ist
die Ergebnisbilanz der Untersuchungsaktion erfreulich positiv, denn von insgesamt 48 untersuchten Proben (z. B.
Bratenwender, Suppenschöpfer, Gemüselöffel für den Wok) war nur bei
insgesamt 4 Erzeugnissen tatsächlich
ein Übergang dieser Substanzen nachweisbar. Allerdings lagen die Werte für
diese Produkte mit 110 bis 1000 µg
PAA / kg Lebensmittel außerordentlich
hoch und machten sich teilweise sogar schon durch einen unangenehmen
und stechenden Geruch bemerkbar.
Die Proben wurden beanstandet.
75
76
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Bedarfsgegenstände
Antibakteriell ausgerüstete
Pfannen, kritisch bewertet
In Laufe des Jahres 2006 wurde das
CVUA Stuttgart auf Pfannen mit antibakteriell ausgerüsteter Keramikin-
Guten Appetit?
nenfläche aufmerksam. Der Hersteller
Wenn Lebensmittel nach
lobt diese Neuheit auch auf seiner In-
Kunststoff schmecken
ternetseite als seinen Beitrag für mehr
Hygiene in der Küche aus: „Edelme-
Auch 2006 wurden wieder zahlrei-
Nickelfrei kochen!
tall-Ionen wirken permanent an der
Nickel, das als Bestandteil verschie-
Innenfläche der Pfannen aktiv gegen
denster Legierungen in zahlreichen
Bakterien, Wachstum und Verbreitung
metallischen Küchengeräten und
von Bakterien wird gehemmt, gezielte
-utensilien vorkommt, ist eines der
Prophylaxe beim Zubereiten, Servie-
häufigsten Kontaktallergene. Über die
ren und Aufbewahren von Speisen.“
Nahrung aufgenommen verursacht es
Vonseiten der Lebensmittelüberwa-
weniger Beschwerden als bei Haut-
chung wird eine antibakterielle Aus-
kontakt, allerdings kann es bei oraler
rüstung von Lebensmittelkontaktma-
Aufnahme zu Aufflammreaktionen bei
terialien sehr kritisch gesehen. Der
bestehenden Allergien kommen. Aus
che sensorische Prüfungen von Gegenständen mit Lebensmittelkontakt
durchgeführt. Grundsätzlich gilt hierbei, dass Lebensmittel durch diese
Materialien geruchlich und geschmacklich nicht beeinflusst werden dürfen.
Leider wird diese Anforderung, wie
die nachfolgende Tabelle zeigt, nicht
immer erfüllt:
Um die stofflichen Ursachen der or-
Verwender könnte zu mangelhafter
diesem Grund wurde in den “Guideli-
ganoleptischen Veränderung von Le-
Hygiene verleitet werden. Außer-
nes on metals and alloys used as food
bensmitteln, z. B. durch Polyethylenfo-
dem sind Wirkung und Nutzen letzt-
contact materials“ des Council of Eu-
lienbeutel, aufzuklären und aus den Er-
lich durch die Verbraucher nicht nach-
rope für den Übergang von Nickel in
gebnissen ggf. Handlungsoptionen für
prüfbar, insbesondere im häuslichen
Lebensmittel ein maximal zulässiger
Hersteller ableiten zu können, wurde
Bereich. Hinzu kommt, dass im spe-
Wert von 0,1 mg Nickel pro kg bzw. l
2006 eine Diplomarbeit in Zusammen-
ziellen Fall der Pfannen eine antibak-
Lebensmittel festgelegt (0,05 mg / l für
arbeit mit dem Lebensmittelchemi-
terielle Ausrüstung der Innenfläche
Wasserkocher). Zudem wird empfoh-
schen Institut der Universität Hohen-
keinen Sinn macht, da die Hitze beim
len, keine vernickelten bzw. nickelbe-
heim durchgeführt: Hier wurde anhand
Braten oder Kochen eine stärkere
schichteten Lebensmittelbedarfsge-
eines konkreten Produktbeispiels un-
und vor allem weiter ins Innere des
genstände zu verwenden.
tersucht, welche Stoffe maßgeblich
Lebensmittels reichende keimtötende
Von insgesamt 38 untersuchten Le-
zu den sensorischen Veränderungen
Wirkung hat.
bensmittelbedarfsgegenständen
beitragen und wo die Quellen dieser
Derzeit bieten die rechtlichen Vorschrif-
konnte bei 3 Proben (Kaffeemaschi-
Stoffe zu suchen sind. Die Ergebnis-
ten keine Möglichkeit, die antibakte-
nen, Pfeffermühle) – selbst bei wie-
se zeigen, dass die zum Off-Flavour
rielle Ausrüstung von Pfannen oder
derholtem Kontakt – ein Übergang auf
führenden Aromastoffe z.T. bereits im
anderem Kochgeschirr zu verbieten,
das Lebensmittel größer 0,1 mg / kg
Ausgangsmaterial zu finden sind, der
solange konservierende Stoffe nur an
nachgewiesen werden. Diese Proben
größte Anteil jedoch bei der Folienher-
der Oberfläche der Materialien wirken
wurden beanstandet.
stellung selbst entsteht.
und nicht in das Lebensmittel übergehen. Jedoch darf die Aufmachung der
Produkte und die Werbung dazu beim
Verbraucher keine falschen Erwartun-
Tabelle: Sensorische Prüfungen von Gegenständen mit Lebensmittelkontakt
gen wecken oder ihn auf eine andere
* ( ) Ergebnisse aus 2005
Art und Weise irreführen.
Probenart
Schnabelbecher für Kinder
Trinkrucksäcke
Trinkflaschen
Proben
Auffällige Proben
Anzahl
Anzahl
%
14
6
43
2 (9) *
29 (56) *
7 (16) *
12
–
–
4
2
50
Mikrowellengeschirr
19
6
32
Gefrierdosen
14
2
14
Gefrierbeutel
4
4
100
Softkühltaschen
Bedarfsgegenstände zur Reinigung und Pflege
Jahresbericht 2006
Bedarfsgegenstände zur Reinigung und Pflege
sowie sonstige Haushaltschemikalien
Bedarfsgegenstände, die gefährliche Produkte im Sinne des Chemikali-
Was bedeutet Nano?
enrechtes sind, müssen entsprechend ihrer chemischen Zusammenset-
Enthalten „Nano-Produkte“ auch
zung sicher verpackt sein. Die Angaben auf den Verpackungen müssen
wirklich „Nanopartikel“?
Verbraucher über die Gefahren, die bei der Aufbewahrung oder Anwendung bestehen, informieren. Warnhinweise und Gefahrensymbole
müssen so angebracht sein, dass sie deutlich sichtbar sind und nicht in
Werbetexten und Anwendungshinweisen, die teilweise mehrsprachig
auf den Etiketten vorhanden sind, „untergehen“.
Die Beanstandungsquote bei den un-
Duftöle – natürlich und ungefähr-
tersuchten Wasch- und Reinigungs-
lich?
mitteln war mit 42 % (190 von 450
Proben) sehr hoch. Sie ist in erster
Linie auf Kennzeichnungsmängel zurückzuführen. Nicht alle Hersteller hatten die Kennzeichnung ihrer Produkte
fristgerecht an die erweiterten Kennzeichnungsvorschriften der Detergenzien-Verordnung der EU angepasst.
Kunststoffreiniger mit Vanillearoma – und das ohne Gefahrenkennzeichnung
stellers für Aufregung. Bereits wenige
Tage nach der Markteinführung hatten
genschaften (niedrige Viskosität und
sich ca. 100 Personen mit Atemwegs-
niedrige Oberflächenspannung) ein
beschwerden bei den Giftinformati-
Aspirationsrisiko.
onszentren gemeldet.
Öle, die die Stoffe Limonen oder Citral
in einer Menge > 1 % enthalten, werden als reizend eingestuft und müssen mit dem Warnhinweis „Sensibilisierung durch Hautkontakt möglich“
gekennzeichnet werden. Ab Gehalten
keine Gefahren- oder Warnhinweise
gen des Aspirationsrisikos mit dem
vorhanden. Die Flüssigkeit roch ange-
Gefahrensymbol „gesundheitsschäd-
nehm nach Vanille. Aufgrund der che-
lich“ gekennzeichnet sind, benötigen
mischen Zusammensetzung und der
nicht zusätzlich das Gefahrensymbol
physikalischen Eigenschaften (niedrige
„reizend“.
mit dem Warnhinweis „Gesundheitsschädlich: Kann beim Verschlucken
Lungenschäden verursachen“ eingestuft werden und hätte dementsprechend mit Sicherheitshinweisen versehen werden müssen. Der Behälter
der Probe war außerdem nicht mit
einem kindergesicherten Verschluss
ausgestattet und es fehlte das ertastbare Warnzeichen für Sehbehinderte.
Für Anwender des Produktes ist an
der Aufmachung und durch das Fehlen einer Gefahrenkennzeichnung
nicht erkennbar, dass die Flüssigkeit
eine Gefahr bei der Anwendung oder
Im Frühjahr sorgten „Nano-Sprays“
serstoffen und der physikalischen Ei-
Haut“ vorgeschrieben. Öle, die we-
risikos aber als gesundheitsschädlich
zunehmend auf dem Markt angeboten und auch massiv beworben.
aufgrund des Anteils an Kohlenwas-
erhältlichen Kunststoffreinigers waren
des daraus resultierenden Aspirations-
produkte mit Nanopartikeln werden
eines baden-württembergischen Her-
von 20 % ist die Angabe „Reizt die
spannung) musste die Probe wegen
kleiner 100 nm angesehen. Haushalts-
Bei vielen natürlichen Ölen besteht
Auf dem Etikett eines für jedermann
Viskosität und niedrige Oberflächen-
Unter Nanopartikeln werden üblicherweise Partikel mit einem Durchmesser
Aufgrund der teilweise schwerwiegenden Erkrankungsfälle wurden die
Sprays wegen der offensichtlichen
Gesundheitsgefahren als nicht verkehrsfähig beurteilt und öffentlich zurückgerufen.
In den Sprays wurden die Lösungsmittel Ethanol und Dimethylether
identifiziert, dies sind gebräuchliche
Lösungsmittel, die z. B. auch in Haarsprays verwendet werden. Nachweis- oder Bestimmungsverfahren
für Nanopartikel stehen derzeit nicht
Von 22 Proben ätherischer Öle wiesen
zur Verfügung. Die durchgeführten
16 Proben, von denen 15 gefährliche
sonstigen Untersuchungen und die
Flüssigkeiten waren, Kennzeichnungs-
Angaben im Sicherheitsdatenblatt
mängel auf. Im Vergleich zu den Vor-
führten aber nicht zu Erkenntnissen,
jahren war häufiger bei der Kennzeich-
die Rückschlüsse auf die Ursachen für
nung das Aspirationsrisiko berücksich-
die aufgetretenen Atemwegserkran-
tigt worden. Es fehlten jedoch bei 9
kungen erlaubt hätten.
Proben die Kennzeichnungselemente,
die wegen der hautreizenden, sensibilisierenden und umweltgefährdenden Eigenschaften von Limonen erforderlich sind. Bei 2 Proben fehlten
Gefahrensymbole, Warnhinweise und
Sicherheitsratschläge fast vollständig.
Weitere Kennzeichnungsmängel waren fehlende oder unvollständige Angabe des Herstellers, zu kleine Schriftgröße oder verwischte Aufdrucke.
Die Versiegelung der Gegenstände
sollte laut Herstellerangaben durch
Besprühen von Flächen mit anschließendem Einpolieren erfolgen. Die
Sprays sollten auch für sehr große
Flächen wie z. B. Badenwannen oder
Fliesenwände verwendet werden. Bei
der Anwendung der Sprays entstehen
feine Sprühnebel (Aerosole), die sehr
lange in der Luft bleiben. In kleinen
Bädern oder Toiletten mit schlechter
für Personen im Haushalt darstellen
Belüftung ist es unausweichlich, dass
kann wie beispielsweise für Kleinkin-
diese Aerosole auch eingeatmet wer-
der oder verwirrte Menschen. Die Pro-
den.
be war deshalb nicht verkehrsfähig.
77
78
Lebensmittelüberwachung BW
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) wurde
mit der Abklärung beauftragt, ob Nanopartikel die Ur-
Teil III: Produktgruppe Tabakwaren
Tabakwaren
sache für die Gesundheitsbeschwerden waren oder ob
In Deutschland wurden im Jahr 2006 Tabakwaren im Wert von 23 Milliar-
die Erkrankungen durch andere, bereits in traditionellen
den Euro versteuert. Das waren rund 859 Millionen Euro weniger als im
Imprägniersprays bekannt gewordene Gefahrstoffe her-
Vorjahr (– 3,6 %). Die Zahl der produzierten Zigaretten hat sich um 2,5 %
vorgerufen wurden.
verringert. Pro Tag werden in Deutschland ca. 263 Millionen Zigaretten
Zwischenzeitlich hatte der Hersteller aber mitgeteilt,
konsumiert. Damit kommen auf jeden potenziellen Verbraucher 4 Ziga-
dass in den Sprays gar keine Nanopartikel enthalten sei-
retten pro Tag und jeden sechsten Tag eine Zigarre. Deutlich verringert
en. Mit der Bezeichnung sollte lediglich zum Ausdruck
hat sich die abgesetzte Menge beim Feinschnitt (– 31 %). Dies ist vor
gebracht werden, dass durch Anwendung des Sprays
allem auf die steuerliche Anhebung von Feinschnitt auf den Steuersatz
sehr dünne Beschichtungen im Nanometerbereich zu
von Zigaretten zurückzuführen.
erzielen sind. Nanopartikel konnten somit nicht die Ur-
Das Tabaklabor des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Sig-
sache für die Erkrankungen gewesen sein. Inwieweit
maringen wurde auch im Jahr 2006 vom MLR Baden-Württemberg als
andere Bestandteile des Produktes die Symptome ver-
Prüflaboratorium gemäß der Tabakprodukt-Verordnung zugelassen und
ursacht haben, konnte letztendlich nicht geklärt wer-
der Europäischen Union gemeldet.
den. Fest steht nur, dass eine gleichartige Flüssigkeit
in Form eines Pumpsprays schon mehrere Jahre ohne
Meldung von Beeinträchtigungen im Verkehr war. Daher
bleibt nur die Hypothese, dass das Einatmen der feinst
verteilten Flüssigkeit im Aerosol für die Beschwerden
verantwortlich war. Welche toxikologischen Mechanismen zugrunde liegen, sollen weitere Studien des BfR
klären.
Zigaretten
Nach einer Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg und dem Ministerium für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz werden die in Rheinland-Pfalz im Rahmen der amtlichen
Überwachung zu untersuchenden Zigarettenproben am Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Sigmaringen auf die Rauchinhaltsstoffe Nikotin, Kondensat und Kohlenmonoxid überprüft. Im Berichtsjahr waren dies 30 Proben.
Beanstandungen aufgrund der stofflichen Zusammensetzung bzw. aufgrund
von Höchstwertüberschreitungen waren nicht gegeben.
Zusatzstoffe in Zigaretten
Im Auftrag des Bundesministeriums
Zusatzstoffe mit Informationen über
für Ernährung, Landwirtschaft und
eingesetzte Mengen, die Funktion
Verbraucherschutz (BMELV) wurde im
im Produkt und toxikologische Daten.
Jahr 2005 eine Arbeitsgruppe „Tabak-
Diese Listen werden seit 2002 in ei-
waren“ unter der Leitung eines Mit-
ner aggregierten Zusammenstellung
arbeiters des Chemischen und Veteri-
auf den Internetseiten des BMELV
näruntersuchungsamtes Sigmaringen
(www.verbraucherministerium.de)
gegründet. In drei Sitzungen hat die
veröffentlicht.
Arbeitsgruppe verschiedene Vorschlä-
Fazit: Nicht alle Produkte, die mit der Bezeichnung
„Nano“ beworben werden, enthalten tatsächlich Nanopartikel.
ge für eine Prüfstrategie zur toxikolo-
Die Zuständigkeit für die qualitative
gischen Bewertung von Zusatzstoffen
und quantitative Überprüfung der
in Tabakerzeugnissen diskutiert. Ziel
von den Herstellern und Einführern
der Arbeitsgruppe ist es, dem BMELV
übermittelten Daten liegt bei den je-
Prüfstrategien als Entscheidungshilfe
weiligen Bundesländern. Das Chemi-
für die Bewertung von Zusatzstoffen
sche und Veterinäruntersuchungsamt
vorzulegen.
Sigmaringen wurde vom Ministerium
Derzeit werden für den deutschen Zi-
für Ernährung und Ländlichen Raum
garettenmarkt bis zu 600 Zusatzstof-
Baden-Württemberg beauftragt, die
fe verwendet, die gesetzlich geregelt
Überprüfung durchzuführen. Dabei
und erlaubt sind. Für die Herstellung
werden Untersuchungen auf folgende
einer bestimmten Marke wird jedoch
Zusatzstoffe und Parameter durchge-
nur ein kleiner Teil davon eingesetzt.
führt: Glucose, Fructose und Saccha-
Seit 2001 sind die Hersteller von Ta-
rose, Glycerol, Propylenglycol und Sor-
bakerzeugnissen zur Offenlegung
bitol, Benzoesäure und Sorbinsäure,
sämtlicher verwendeter Zusatzstoffe
Wassergehalt, p-Hydroxybenzoesäu-
verpflichtet. Dies beinhaltet eine voll-
re-(PHB-)Methylester, PHB-Ethyles-
ständige Auflistung der verwendeten
ter und PHB-Propylester, Kakaoanteil
Tabakwaren
Jahresbericht 2006
sowie Nikotin, Kondensat und Koh-
zen sollen den Geschmack und die
stellung der Zigarettenfilter und des
lenmonoxyd im Zigarettenrauch. Zur
sensorische Qualität des Rauches der
Papiers eine Rolle. Dies sind z. B. die
Bestimmung weiterer Zusatzstoffe
Blendmischung verbessern und einen
Farbstoffe für den Markenstempel, die
wird derzeit ein hausintern erprobtes
bestimmten Geschmack verstärken
Nahtleime oder Substanzen, die ein
Verfahren in den Routinebetrieb einge-
und entwickeln. Außerdem trägt das
gleichmäßiges Verbrennen der Ziga-
führt, mit dem folgende Substanzen
Casing zu einem verbesserten Mund-
rette gewährleisten.
bestimmt werden können: Propylen-
gefühl und Rauchcharakteristik bei. In
glykol, Pyridin, Benzaldehyd, 2-Ethyl-1-
der Regel werden bei American-Blend-
hexanol, Benzylalkohol, Acetophenon,
Mischungen ca. 1 % – 5 % des Tabak-
Menthol, Phenylpropanol, Indol, Zimt-
gewichtes als Casing eingesetzt.
säuremethylester, Vanillin, Ethylvanil-
Viele der verwendeten Substanzen
sind natürliche Stoffe oder daraus
hergestellte Auszüge. Die meisten
dieser Zusatzstoffe sind „generally
Top-Flavors sind u. a. wichtig für das
recognised as safe“ (GRAS) für den
Markenprofil. Sie werden dem Tabak
Zusatz in Lebensmitteln und / oder in
erst nach dem Trocknen und Schneiden
der FEMA-Liste (Flavour and Extract
in Gehalten von ca. 0,1 % zugefügt. Ty-
Manufactures Association) aufgelis-
pische Beispiele hierfür sind Menthol,
tet. Hervorzuheben ist dabei, dass
Zusatzstoffe haben in der Zigarette
Anisol, Vanillin und verschiedene äthe-
als Tabakzusatzstoffe auch Substanzen
verschiedene Funktionen:
rische Öle. Es handelt sich dabei um
eingesetzt werden (z. B. Zucker), die
leicht flüchtige aromatische Substan-
bereits als tabakeigene Inhaltsstoffe
zen. Viele Aromastoffe gehen nahezu
im Ausgangsprodukt enthalten sind.
lin, o-Phenylphenol, 6-Methylcumarin.
Die Angaben der Hersteller zur Toxikologie der Zusatzstoffe werden mittels
Literaturrecherchen überprüft.
Die so genannten „Casing-Substanzen“ sind Stoffe, die dem Tabak am
Anfang des Produktionsprozesses zugefügt werden, wie Extrakte aus Aprikosen, Äpfeln, Kakaoschalen, KarobeBohnen, Lakritz, Feigen, Ahorn, Rosinen und Sherry, aber auch Zucker und
unverändert in den Rauch über. Von
291 untersuchten Einzelzusatzstoffen
gehen 184 Substanzen, also zwei Drittel, zu über 95 % unverändert in den
Rauch über.
Das Rauchen einer Zigarette ist ein
komplexer Vorgang, bei dem verschiedene Prozesse wie Verbrennung, Pyrolyse, Destillation und thermaler Zerfall
bei unterschiedlichen Temperatur- und
Feuchthaltemittel wie Propylenlykol,
Neben diesen Tabakzusatzstoffen
Sauerstoffverhältnissen parallel ablau-
Glyzerin und Sorbitol. Casing-Substan-
spielen auch Zusatzstoffe bei der Her-
fen. Wie bei jeder Verbrennung von
79
80
Lebensmittelüberwachung BW
organischem Material entsteht auch
Teil III: Produktgruppe Tabakwaren
Bei einer Neubewertung der zuge-
bakmischung ohne Zusatzstoffe und
bei der Verbrennung von Tabak – unab-
lassenen Zusatzstoffe sollten die Ver-
der Tabakmischung mit allen Zusatz-
hängig von allen Zusatzstoffen – eine
änderungen in der Rauchzusammen-
stoffen auf bestimmte toxische Sub-
Vielzahl an toxischen und kanzeroge-
setzung, z. B. durch die Bestimmung
stanzen durchgeführt werden. Durch
nen Substanzen.
verschiedener Hoffmann-Substanzen
eine toxikologische Bewertung der
und die Veränderungen in der Toxizität,
Gehaltsverschiebungen kann eine
Insgesamt konnten bisher über 4 800
verschiedene Substanzen im Zigarettenrauch identifiziert werden, darunter
sind 69 als eindeutig kanzerogen eingestuft. In den USA wurde in Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und
regulierenden Behörden eine Liste mit
den wichtigsten toxischen Verbindungen im Zigarettenrauch zusammengestellt, die als relevant für rauchbedingte Erkrankungen gelten. Diese so
genannte Hoffmann-Liste umfasst 44
Substanzen. Die Hoffmann-Analysen
bei der Gesamtbewertung mit berück-
Gesamtbewertung erfolgen. Bei Auf-
sichtigt werden. Da bei Verbrennungs-
fälligkeiten sind die einzelnen Zusätze
prozessen immer toxische oder kanze-
zu überprüfen. Die Verwendung von
rogene Substanzen entstehen, wäre
Zusatzstoffen, die in der Liste der
eine Prüfung von einzelnen Zusatz-
krebserregenden Stoffe aufgeführt
stoffen, isoliert von der Matrix Tabak,
sind, sollte bei der Herstellung von
nicht sinnvoll. Wichtig für den Verbrau-
Tabakerzeugnissen grundsätzlich ver-
cher ist der Gehalt an toxischen Sub-
boten werden.
stanzen im Hauptstromrauch, also die
Situation nach der Pyrolyse von Tabak
mit der Gesamtheit aller verwendeten
Zusatzstoffe.
Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat einen Forschungsauftrag zu
dieser Problemstellung an das Chemi-
werden neben anderen gemessenen
Durch die Verwendung von Zusatzstof-
sche und Veterinäruntersuchungsamt
Substanzen auch benutzt, um den Ein-
fen sollen keine zusätzlichen Gefahren
Sigmaringen vergeben. Es soll der
fluss von Zusatzstoffen auf die Rauch-
für den Raucher entstehen. Deshalb
Einfluss ausgewählter Zusatzstoffe
zusammensetzung zu bewerten.
müssen vergleichende Untersuchun-
auf die toxikologisch relevanten Rauch-
gen der Rauchbestandteile einer Ta-
inhaltsstoffe überprüft werden.
Wasserpfeifentabak
Neue Produkte
Im Berichtsjahr wurden 24 Proben Wasserpfeifentabak auf ihre Gehalte an
Die Industrie hat auf das Rauchverbot
Feuchthaltemitteln überprüft. Die gesetzliche Höchstmenge von 5 % in der
in öffentlichen Räumen reagiert und
Summe aller Feuchthaltemittel wurde bei 7 Proben überschritten. Es ist zu be-
bietet verstärkt rauchlose, nikotinhal-
obachten, dass vermehrt tabakfreie Produkte zum Rauchen in der Wasserpfeife
tige Produkte wie z. B. nikotinhaltiges
in den Handel gelangen. Es handelt sich dabei um Fruchtmischungen mit hohem
Bier und zigarettenartige Inhalations-
Honig- bzw. Melasseanteil. Rund 100 Millionen Menschen in Afrika, Asien und
geräte an. Dadurch dürften zukünftig
einigen mediterranen Ländern dürften täglich Wasserpfeifentabak rauchen. In
vermehrt Fragestellungen zur rechtli-
Deutschland gibt es deutliche Hinweise auf eine weite Verbreitung, nicht nur
chen Zuordnung solcher Erzeugnisse
unter den Mitbürgern aus Afrika bzw. Asien. Insbesondere unter Jugendlichen
auftreten.
hat das Rauchen von Wasserpfeifentabak einen Kultstatus eingenommen.
Beim Rauchen einer Wasserpfeife wird der Tabak in den oben liegenden Tabakkopf gepackt und mit einer durchlöcherten Metallfolie abgedeckt. Auf diese Metallfolie wird glühende Holzkohle gelegt. Der Tabakkopf sitzt auf der Rauchsäule.
Über einen Schlauch wird der Rauch durch den tiefer liegenden Wasserbehälter
gesogen und gelangt so in den Mund des Rauchers. Bei der Wasserpfeife wird
der Tabak also nicht direkt verbrannt wie bei der Zigarette, sondern er wird durch
die glühende Holzkohle erhitzt bzw. verschwelt. Die glühende Holzkohle trägt
somit zur Zusammensetzung des Hauptstromrauches bei. Die Nikotinkonzentration im Wasserpfeifentabak weist erhebliche Unterschiede auf. Die Gehalte
schwanken zwischen 3,4 mg Nikotin / g Tabak bis ca. 30 mg Nikotin / g Tabak.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung untersucht in Zusammenarbeit mit
dem Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Sigmaringen die Gehalte an
Feuchthaltemitteln und Nitrosaminen im Tabak. Mit dem Nachbau einer Wasserpfeife im Labor sollen Untersuchungen auf die Gehalte von verschiedenen
toxikologisch relevanten Substanzen im Hauptstromrauch erfolgen. Für diese
Untersuchung wurde eine spezielle analytische Abrauchmaschine entworfen.
Jahresbericht 2006
81
Teil IV :
Spezielle
Untersuchungsbereiche
Themen:
Krankheitserregende Mikroorganismen
und mikrobiologische Besonderheiten
82
Mykotoxine
88
Marine und Süßwasser-Biotoxine
92
Pflanzenschutzmittel und Organische
Kontaminanten
93
Öko-Monitoring
104
Pharmakologisch wirksame Stoffe
107
Lebensmittelallergene
111
Gentechnik in Lebensmitteln
114
Bestrahlung von Lebensmitteln
120
Radiochemische Untersuchungen
122
Industrie- und umweltbedingte
Kontaminanten
125
Dioxine und dioxinähnliche PCB
125
Schwermetalle u. toxische Spurenelemente
129
Herstellungsbedingte Kontaminanten
131
Nitrosamine
131
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)
132
Acrylamid
133
3-MCPD
134
Furan in Lebensmitteln
136
Stabilisotopen-Analytik
138
Lebensmittelüberwachung BW
82
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Krankheitserregende Mikroorganismen und
mikrobiologische Besonderheiten
Im Jahr 2006 wurden in den Chemischen und Veterinäruntersuchungsämtern in Baden-Württemberg 18 990
Proben mikrobiologisch untersucht. Die mikrobiologischen Untersuchungen haben den qualitativen und
quantitativen Nachweis von verderbniserregenden Keimen, von Indikatorkeimen für mangelnde Hygiene
und von Keimen, die direkt oder indirekt eine Lebensmittel-Infektion oder -Intoxikation auslösen können, zum
Ziel. Aufgrund der Untersuchungen wurden 9,3 % der Planproben und 30,9 % aller Anlassproben beanstandet. 1 583 Proben (8,3 %) waren aufgrund des grobsinnlichen und mikrobiologischen Untersuchungsbefundes
„nicht mehr zum menschlichen Verzehr geeignet“ oder „im Genusswert gemindert“. 59 Proben (0,3 %) waren
geeignet, beim Verzehr durch den Menschen aufgrund ihrer mikrobiologischen Beschaffenheit gesundheitliche
Schäden hervorzurufen.
Listeria monocytogenes
Histamin
verotoxinbildende E. coli
Salmonellen
Potenziell gesundheitsschädliche
Lebensmittel und lebensmittelbedingte
Erkrankungsfälle
Staphylococcus aureus
Bacillus cereus
Im Zusammenhang mit lebensmittelbedingten Erkrankungen wurden im
Jahr 2006 insgesamt 461 Erkrankungsfälle (Erkrankung von 1 bis zu über
Noro-Viren
100 Personen) mit 1 546 Lebensmittelproben bearbeitet.
Insgesamt wurden 59 Lebensmittelproben (Erkrankungsproben und
andere Anlassproben sowie Planproben) als gesundheitsge-
12
12
fährdend beurteilt, weil Erreger von Lebensmittel-Infektionen (Listeria monocytogenes, Salmonellen, Noro-Viren),
Lebensmittel-Intoxikationserreger (Verotoxin-bildende
E. coli, Staphylococcus aureus, Bacillus cereus) oder
8
19
mikrobiell verursachte toxische Eiweißabbauprodukte
Grafik:
(Histamin) nachgewiesen wurden (siehe Grafik).
Anzahl der als
Darüber hinaus gab es Lebensmittel, die aufgrund
gesundheits-
anderer, nicht unmittelbar mikrobiologischer Ursa-
gefährdend
chen (z. B. scharfkantige, spitze Fremdkörper etc.) als
beurteilten
gesundheitsgefährdend beurteilt werden mussten. Siehe
Proben
hierzu Kapitel III, Produktgruppen.
5
2
1
Krankheitserreger 2006
Krankheitserregende Mikroorganismen …
Salmonellen-Untersuchung:
deutlich weniger Erkrankungen als
im Vorjahr
Jahresbericht 2006
Listerien-Untersuchungen
Bei Listeria monocytogenes handelt es sich um
grampositive Stäbchenbakterien, die in der Umwelt
Eine Lebensmittelvergiftung durch Salmonellen führt
weit verbreitet sind. Sie finden sich vor allem in tie-
in der Regel 12 bis 36 Stunden nach dem Verzehr
rischen Ausscheidungen (Mist), Abwasser und dem
des Lebensmittels zu Symptomen wie Kopfschmerz,
Erdboden. Werden Listerien in Lebensmittelbetrieben
Unwohlsein, Erbrechen, Leibschmerzen, Fieber bis
nachgewiesen, ist dies in der Regel als Hinweis auf
ca. 38 °C und Durchfälle. Die Schwere der Erkrankung
eine mangelnde Betriebshygiene zu werten.
ist bei Kleinkindern und alten Menschen am ausgeprägtesten.
83
Listeria monocytogenes ist pathogen für zahlreiche Tierarten. Beim Menschen gibt es kein spezifisches Krank-
Von 9 000 Untersuchungen auf Salmonellen verliefen 115
heitsbild. Bei immunkompetenten Patienten verläuft die
(= 1,3 %) positiv. Naturgemäß erfolgten aus Geflügelfleisch
Infektion meist stumm oder mit leichter, grippeähnlicher
die häufigsten Salmonellen-Nachweise (33 Fälle = 9,6 %
Symptomatik. Dagegen können die Erreger bei Patienten
aller Geflügelfleischproben). Die am häufigsten nachge-
mit Abwehrschwäche schwere Infektionen (v. a. Sepsis,
Abb:
wiesenen Salmonellenserovare waren S. Typhimurium (39
Meningoenzephalitis) verursachen. Die Listeriose während
Salmonellen
Fälle) und S. Hadar (14 Fälle). Gegenüber dem Vorjahr gab
der Schwangerschaft kann zum Abort oder konnataler Lis-
im Labor
es deutlich weniger durch Salmonellen bedingte Erkran-
teriose führen.
kungsfälle. Während im Jahr 2005 noch 39 Lebensmittel
Bei empfindlichen Personengruppen kann
wegen Salmonellen als gesundheitsschädlich beurteilt wur-
Listeria monocytogenes bereits ab
den, waren dies im Jahr 2006 nur noch 8. Wir vermuten,
Keimgehalten von 100 – 1 000 KbE / g
dass diese Entwicklung auf den Rückgang der Verbreitung
Erkrankungen auslösen. Daher
von Salmonella Enteritidis im Schlachtgeflügel und in Eiern
wurde für diesen Keim in der
zurückzuführen ist. 40 Salmonella-Enteritidis-Nachweisen
EU-Verordnung Nr. 2073 / 2005
im Jahr 2005 stehen nur 11 Nachweise des virulenten Se-
über mikrobiologische Kriterien
rotyps im Jahr 2006 gegenüber. Ob sich hier bereits die
ein strenger Grenzwert festge-
Salmonellen-Tilgungsmaßnahmen nach der Hühner-Salmo-
setzt, der von den Lebensmit-
nellen-Verordnung auswirken, wird die weitere Entwicklung
telunternehmern einzuhalten ist.
zeigen.
In verzehrsfertigen Lebensmitteln
darf der Grenzwert von 100 KbE L.
Salmonellen in Bandnudeln
In einer von einem Wochenmarkt stammenden, planmäßig
entnommenen Probe Bandnudeln eines kleinen Teigwaren-
monocytogenes / g Lebensmittel bis
zum Ende der Mindesthaltbarkeitsfrist
nicht überschritten werden.
herstellers wurden Salmonellen nachgewiesen.
Von 8 039 durchgeführten Untersuchungen auf Listerien
Rohe trockene Teigwaren sind zwar nicht per se zum Roh-
verliefen 248 mit positivem Ergebnis. Durch weitere Diffe-
verzehr bestimmt, zu den normalen Bedingungen ihrer Ver-
renzierungen konnte hierbei in 94 Fällen (= 1,2 %) Listeria
wendung gehört jedoch bei bestimmten Verbrauchergrup-
monocytogenes nachgewiesen werden. Am häufigsten
pen (z. B. gerade auch bei Kleinkindern) das Lutschen und
wurde Listeria monocytogenes bei Fischerzeugnissen
Kauen in rohem Zustand. Nach vernünftigem Ermessen
nachgewiesen (42 Nachweise). Wegen der Überschreitung
kann nicht erwartet werden, dass trockene Teigwaren vom
des o. g. Grenzwertes wurden 19 verzehrsfertige Lebens-
Verbraucher immer nur nach vorheriger Durcherhitzung ver-
mittel als gesundheitsschädlich beurteilt. Dabei handelte
zehrt werden. Die Probe wurde deshalb als gesundheits-
es sich überwiegend um vakuumverpackte Räucherfisch-
schädlich beurteilt.
waren und Weichkäsesorten.
Lebensmittel
Listeria monocytogenes positiv (Anzahl Proben)
Fisch und Fischerzeugnisse, v. a. vakuumverpackter Räucherfisch
42
Geflügelfleisch, roh
10
Frischfleisch (ohne Geflügel)
11
Erhitzte Fleischerzeugnisse, z. B. Brühwurstaufschnitt, verpackt
5
Feinkostsalate
5
Hackfleisch, Hackfleischerzeugnisse, roh
4
Stabilisierte Fleischerzeugnisse, z. B. Zwiebelmettwurst, Teewurst
4
Milch, Milcherzeugnisse, v. a. Weichkäse
4
Sonstige
9
Tabelle:
Am häufigsten
mit Listeria monocytogenes kontaminierte Lebensmittel 2006
Lebensmittelüberwachung BW
84
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
So ein Käse!
Listeria monocytogenes in Räucherlachs
Der o. g. Grenzwert für Listeria monocytogenes wurde von
Wie bereits in den vergangenen Jahren beobachtet, ist
2 untersuchten Sauermilchkäsen (Mainzer Käse, Olmützer
Räucherlachs ein potenzieller Träger von Listeria-monocy-
Quargel) nicht eingehalten. Sie wiesen Gehalte von 15 000
togenes-Keimen. Um ihre Vermehrung und das Erreichen
bzw. 13 000 KbE / g auf. Als besonders kritisch sind diese
einer gesundheitsgefährdenden Konzentration vor Errei-
Befunde zu beurteilen, weil die kontaminierten Produkte
chen des auf Fertigpackungen angegebenen Verbrauchs-
häufig gerne von älteren Verbrauchern kon-
datums zu verhindern, ist es unbedingt notwendig, dass
sumiert werden, deren Immunabwehr
der Räucherlachs ununterbrochen nicht über der auf der
aufgrund von Grunderkrankungen
Packung angegebenen Maximaltemperatur (in der Regel
geschwächt sein kann. Die Proben
+ 4 °C) gelagert wird.
des Sauermilchkäses waren im
Im vorliegenden Fall war vakuumverpackter Räucherlachs in
Zusammenhang mit einer Rück-
einem Lebensmittel-Einzelhandelsgeschäft bei einer Tem-
rufaktion einer Käserei erhoben
peratur von + 10,5 °C gelagert worden. Die Untersuchung
worden. Der Hersteller hatte
der im Rahmen einer Betriebsbegehung eine Woche vor
bei seinen Eigenkontrollunter-
Ablauf des auf der Packung angegebenen Verbrauchsda-
suchungen festgestellt, dass
tums entnommenen Verdachtsprobe ergab den Nachweis
mehrere Chargen des Sauer-
von 3 500 Listeria-monocytogenes-Keimen je Gramm. Der
milchkäses im erheblichen Um-
Räucherlachs wurde deshalb als gesundheitsgefährdend
fang mit L. monocytogenes belas-
beurteilt, und die unschädliche Beseitigung der noch vor-
tet waren. Daher hatte die Käserei kurz
handenen Restware wurde veranlasst.
vor Weihnachten die Verbraucher mit einer
Abb:
öffentlichen Warnung über die Medien vor dem Verzehr
Listerien
bestimmter Käsesorten (u. a. Harzer, Mainzer, Olmützer
im Labor
Quargel) gewarnt. Im zeitlichen Zusammenhang mit dieser
Bacillus cereus ist ein Umweltkeim, aber auch
Rückrufaktion verzeichneten die Gesundheitsbehörden ei-
ein potenzieller Lebensmittelvergifter und
nen auffälligen Anstieg der Listeriose-Erkrankungen beim
Enterotoxinbildner, dessen unterschiedliche
Menschen. Nach Aussage des Landesgesundheitsamtes
Toxine entweder Durchfall (Diarrhoe-Toxin)
konnten bereits in 6 Erkrankungsfällen ein Zusammenhang
oder Übelkeit und gelegentlich Erbrechen
mit dem Verzehr von mit L. monocytogenes kontaminierten
(emetisches Toxin) hervorrufen.
Käse nachgewiesen werden.
Unbekömmliche gebratene Ente
Bacillus-cereus-Untersuchungen
Zur Auslösung einer Lebensmittelvergiftung durch
Bacillus cereus werden in der Literatur Mindestkeimgehalte zwischen 105 und 106 / g Lebensmittel
Ca. 5 Stunden nach dem Verzehr von gebratener Ente an
genannt. Von der Deutschen Gesellschaft für Hygi-
einem China-Imbissstand klagte ein junger Mann über
ene und Mikrobiologie (DGHM) wird als Bacillus-
Übelkeit, Durchfall und Erbrechen. Eine am folgenden Tag
cereus-Warnwert für die meisten Lebensmittel eine
im Imbissbetrieb von der zuständigen Lebensmittelüber-
Menge von 104 Keimen / g angegeben.
wachungsbehörde entnommene Verdachtsprobe wurde
mikrobiologisch untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass
die gebratene Ente hochgradig mikrobiell kontaminiert war
(Gesamtkeimgehalt 140 Millionen Keime /g). Da gebratene
Ente infolge des vorausgegangenen Bratvorgangs praktisch
keimfrei ist, muss die Ente im vorliegenden Fall unsachgemäß (zu lange und / oder unzureichend gekühlt) gelagert
worden sein. Dies begünstigte auch die Vermehrung des
Keimes Listeria monocytogenes, der in einer Konzentration
von ca. 17 000 Keimen je Gramm nachgewiesen werden
konnte. Auch wenn in diesem Fall Listeria monocytogenes wahrscheinlich nicht die Ursache für die beschriebenen Krankheitserscheinungen war, wurde die gebratene
Ente aufgrund des hohen Gehaltes an Listeria monocytogenes als geeignet beurteilt, die menschliche Gesundheit
zu schädigen.
Auch Cereus-Bazillen mögen gekochte Nudeln
Etwa 6 Stunden nach dem Verzehr von gekochten
Nudeln mit Hackfleischsoße auf einer privaten Feier
erkrankten 5 Personen an Kopfschmerzen, Erbrechen, Durchfall und Bauchkrämpfen. Reste des Essens gelangten daraufhin zur Untersuchung. Während die Hackfleischsoße mikrobiologisch unauffällig
war, wurden in den gekochten Nudeln hohe Gehalte
an Bacillus cereus nachgewiesen. Mit sehr großer
Wahrscheinlichkeit dürfte dies auch der Grund für
die beschriebenen Erkrankungen gewesen sein.
Bacillus cereus findet besonders gute Wachstumsbedingungen auf feuchten, stärkehaltigen Lebensmitteln. Deshalb sollten gekochte Nudeln, gekochter
Reis o. Ä. stets ausreichend gekühlt und nie über
mehrere Tage vorrätig gehalten werden.
Krankheitserregende Mikroorganismen …
Jahresbericht 2006
Staphylococcus-aureus-Untersuchungen
Staphylococcus aureus ist ein potenzieller Lebensmittelvergifter. Voraus-
Krank durch Hähnchen vom
setzung für eine Erkrankung ist jedoch, dass der Keim in Lebensmitteln
Imbissstand
bestimmte Giftstoffe, so genannte Enterotoxine, bildet. Nicht alle Stämme sind in der Lage, diese Giftstoffe zu bilden.
Staphylococcus aureus kommt bei sehr vielen Menschen im Nasen-RachenRaum, auf der Haut, in den Haaren, aber auch in eiternden Wunden vor. Werden
Lebensmittel infolge von mangelhafter Personalhygiene mit Staphylococcus
aureus kontaminiert und danach unsachgemäß (zu lange und ohne ausreichende
Kühlung) gelagert, können sich die Staphylokokken massenhaft vermehren und
Enterotoxin bilden. Das von Staphylokokken gebildete Toxin ist hitzestabil. Es
wird durch das Erhitzen des Lebensmittels in der Regel nicht inaktiviert.
Gesundheitsrisiko durch beschädigte Konservendosen
Etwa 1 Stunde nach dem Verzehr von
gegartem Hähnchenfleisch an einem
Imbissstand erkrankte eine Person mit
den Symptomen Durchfall und Erbrechen. Gebratenes Hähnchenfleisch,
das daraufhin in dem Imbissbetrieb als
Verdachtsprobe entnommen wurde,
wurde im CVUA Stuttgart auf mögliche mikrobielle Lebensmittelvergifter
sowie auf deren Toxine untersucht. Die
Untersuchung ergab zwar den Nach-
Bereits eine Stunde nach dem Genuss
fall handelte. Bei der beanstandeten
weis von relativ wenigen Staphylococ-
von Hausmacher Schwartenmagen
Konservendose war der Dosenfalz
cus-aureus-Keimen, jedoch verlief der
aus einer Konservendose stellten
beschädigt und Doseninhalt war aus-
Nachweis des Staphylokokken-Ente-
sich bei einem Mann Übelkeit, Magen-
getreten. Offenbar konnten durch die
rotoxins positiv. Dieser Befund deutet
darauf hin, dass es bereits vor dem
schmerzen, Erbrechen und schließ-
beschädigte Stelle Staphylokokken-
lich starke Durchfälle ein. Neben
Keime in die Konserve eindringen,
Garen des Hähnchenfleisches zu ei-
anderen „Verdachtsproben“ wurde
sich dort vermehren und Toxin bilden.
ner Staphylokokken-Vermehrung und
auch die Dose mit dem verbliebenen
Andere Dosen aus der gleichen Her-
Toxinbildung gekommen war. Ursäch-
Schwartenmagen zur Untersuchung
stellungscharge waren unbeschädigt.
lich hierfür dürfte eine unsachgemäße
eingeschickt. Die mikrobiologische
Die mikrobiologische und toxikologi-
Lagerung (zu lange und /oder zu warm)
Untersuchung ergab den Nachweis
sche Untersuchung dieser Vergleichs-
gewesen sein. Durch den anschließen-
von Staphylococcus aureus in großer
proben ergab keine Auffälligkeiten.
den Garprozess waren die Staphylo-
Menge (750 000 KbE / g). Darüber hin-
kokken-Keime größtenteils abgetötet
aus konnte aus dem Schwartenmagen
worden, während das hitzestabile En-
mittels fluoreszenzimmunologischer
terotoxin durch den Garprozess nicht
Untersuchung (VIDAS) das Staphylo-
inaktiviert wurde. Ein Zusammenhang
kokken-Enterotoxin isoliert und nach-
zwischen dem Verzehr des gegarten
gewiesen werden. Ein ursächlicher
Hähnchenfleisches und der beschrie-
Zusammenhang zwischen dem Ver-
benen Erkrankung war deshalb mit
zehr des Schwartenmagens und der
großer Wahrscheinlichkeit gegeben.
Erkrankung war somit gegeben. Der
Die Probe wurde als gesundheitsge-
Schwartenmagen wurde als „gesund-
fährdend beanstandet.
heitsschädlich“ beanstandet.
Weitere Nachforschungen ergaben,
dass es sich hierbei um einen Einzel-
Clostridium-perfringens-Untersuchungen
Clostridium perfringens ist ein ubiquitär vorkommender Sporenbildner und in Lebensmitteln ab einer
Konzentration von 106 KbE / g ein potenzieller Lebensmittelvergifter.
Die meisten Tiere scheiden Clost-
Zubereitungen auf Fleischgrundlage
Die Sporen sind teilweise hitzere-
ridium perfringens mit dem Stuhl
bei Zimmertemperatur bzw. unge-
sistent. Durch erneutes Aufwärmen
aus, sodass eine Kontamination
nügender Kühlung können sich die
wird die stark erhöhte Keim- / Spo-
von rohem Fleisch nicht ungewöhn-
Erreger in den zubereiteten Spei-
renzahl nicht unbedingt ausreichend
lich ist. Kontaminationsquellen für
sen innerhalb kurzer Zeit auf Kon-
verringert. Im Berichtszeitraum
Clostridium perfringens sind Fäka-
zentrationen von über 106 Keime / g
konnte allerdings kein Erkrankungs-
lienspuren, Staub, Erdboden und
Lebensmittel vermehren. Eine Ver-
fall auf Clostridium perfringens zu-
Abwasser. Während des Stehen-
mehrung findet nur unter anaero-
rückgeführt werden.
lassens von hauptsächlich fertigen
ben Verhältnissen statt.
85
86
Lebensmittelüberwachung BW
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Campylobacter-Untersuchungen
Thermophile Campylobacter-Keime (C. jejuni und C. coli) sind nach
ser Teil gelangte zur mikrobiologischen
Angaben des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) neben Salmo-
Untersuchung. Hierin wurde ebenfalls
nellen die häufigsten bakteriellen Verursacher von lebensmittelbeding-
Campylobacter jejuni nachgewiesen.
ten Darminfektionen in Deutschland. Trotzdem gelingt es nur selten, den
Unter Berücksichtigung der langen
Zusammenhang zwischen dem Verzehr eines bestimmten Lebensmittels
Inkubationszeit bei Campylobacter-In-
und einer Campylobacter-Erkrankung nachzuweisen. Dies liegt daran,
fektionen kann nicht ausgeschlossen
dass Campylobacter-Infektionen mit einer meist mehrere Tage dauern-
werden, dass die in den Hähnchenle-
den Inkubationszeit einhergehen. Wenn erste Erkrankungssymptome
bern nachgewiesenen Campylobacter-
auftreten, wird ein vor mehreren Tagen verzehrtes Lebensmittel in der
Keime für die Erkrankungen ursäch-
Regel nicht mehr als Ursache der Erkrankung angenommen bzw. es
lich waren. Dies kann aber nur der Fall
steht für eine Untersuchung nicht mehr zur Verfügung.
gewesen sein, wenn die Hähnchenlebern entgegen dem bestimmungsge-
Eine Campylobacter-Infektion geht in der Regel mit den
mäßen Gebrauch vor dem Verzehr nicht ausreichend durch-
Symptomen Durchfall, Erbrechen und Fieber einher. Routi-
erhitzt worden sind oder wenn es durch unsachgemäßen
nemäßig werden daher alle Proben, die im Zusammenhang
Umgang mit den rohen Lebern im Küchenbereich zu einer
mit fieberassoziierten Erkrankungen eingeschickt wurden,
Kontamination anderer Lebensmittel (z. B. des Salates)
auf Campylobacter untersucht. Einen weite-
und / oder Bedarfsgegenstände gekommen ist.
ren Untersuchungsschwerpunkt bildet
die Untersuchung von rohem Geflügelfleisch, da dieses sehr häufig
mit Campylobacter-Erregern belastet ist. Untersuchungen auf
thermophile CampylobacterKeime wurden an 1165 Lebensmitteln durchgeführt, 83 Proben
davon waren positiv (= 7,1 %).
Die meisten positiven Befunde
betrafen den Nachweis von C. jejuni
(55-mal) und C. coli (27-mal), in der
Regel in rohem Geflügelfleisch. Zweimal wurden Campylobacter-Keime in Rohmilch nachgewiesen, einmal in Miesmuscheln (C. lari).
Die positiven Befunde blieben lebensmittelrechtlich weitgehend ohne Folgen: Bei einer bestimmungsgemäßen
Behandlung durch ausreichende Durcherhitzung vor dem
Verzehr des Geflügelfleisches werden Campylobacter-Keime mit Sicherheit abgetötet. Gleiches galt für die beiden
Nachweise in Rohmilch. Rohmilch darf nicht unerhitzt zum
Verzehr gelangen. Deshalb schreibt die Milch-Verordnung
vor, dass bei der Rohmilch-Abgabe ab Hof der Kunde, ggf.
auch durch ein entsprechendes Schild an der Abgabestelle,
darauf hingewiesen werden muss, dass die Milch vor dem
Verzehr abzukochen ist.
Krank durch nicht durcherhitzte Hähnchenlebern?
Yersinia-enterocoliticaUntersuchungen
Nach oraler Infektion mit Y. enterocolitica kommt es
nach einer Inkubationszeit von vier bis sieben Tagen
zu akuten Magen-Darm-Störungen, deren Dauer
zwischen wenigen Tagen bis Wochen variieren kann.
Klinisch treten Durchfall, kolikartiger Bauchschmerz,
Fieber, Übelkeit, blutiger Stuhl sowie Entzündungen
im Halsbereich auf.
Yersinien kommen im Darm von Tieren vor. Als Infektionsquelle für die humane Yersiniose spielt rohes oder nicht vollständig durcherhitztes Schweinefleisch (Hackfleisch und Rohwürste) die größte
Rolle. Als Ursache für die Kontamination des Fleisches gelten einzelne, hygienisch problematische
Verfahrensschritte beim Schlachtprozess und in der
Verarbeitung.
Da nicht alle Y.-enterocolitica-Stämme für den Menschen pathogen sind, muss der Yersinien-Nachweis
immer in Verbindung mit einem Pathogenitätsnachweis (mittels PCR und / oder biochemisch) erfolgen.
Nur wenn pathogene Yersinia enterocolitica nachgewiesen werden, kann ein Gesundheitsrisiko vermutet werden.
Im Berichtszeitraum wurden 192 Untersuchungen,
überwiegend bei rohem Schweinefleisch, auf Yersi-
Ein Ehepaar erkrankte gleichzeitig an Magenschmerzen,
nia enterocolitica durchgeführt. Pathogene Yersinia
Übelkeit, Fieber und Brechdurchfall. Beide Personen muss-
enterocolitica wurden in keinem Fall nachgewie-
ten sich für 4 Tage in stationäre Behandlung im Kranken-
sen.
haus begeben. Dort wurde in den Stuhlproben Campylobacter jejuni nachgewiesen. Die Eheleute hatten 2 Tage vor
dem Ausbruch der ersten Krankheitssymptome gegarte
Hühnerleber mit Sahnesoße und grünem Salat gegessen.
Von den rohen Lebern war ein Teil eingefroren worden. Die-
Krankheitserregende Mikroorganismen …
Jahresbericht 2006
VTEC / EHEC-Untersuchungen
EHEC-Infektionen können durch bestimmte Escherichia-coli-Bakterien
Wiederkäuer, vor allem Rinder, Scha-
(gramnegative Stäbchen) verursacht werden, welche die grundsätzli-
fe und Ziegen, aber auch Wildwieder-
che Eigenschaft der Bildung bestimmter Toxine besitzen. Sie werden
käuer (v. a. Rehe und Hirsche) werden
unter dem Begriff Shigatoxin- bzw. Verotoxin-bildende E. coli (STEC
als Hauptreservoir für EHEC angese-
bzw. VTEC) zusammengefasst. Als EHEC werden diejenigen STEC /VTEC
hen.
bezeichnet, die fähig sind, beim Menschen Krankheitserscheinungen
Der relativ aufwändige Nachweis von
auszulösen und damit ›Pathovare‹ für den Menschen sind.
VTEC erfolgt über eine Kombination
aus molekularbiologischen und klas-
Viele EHEC-Infektionen verlaufen klinisch inapparent und
sisch mikrobiologischen Verfahren.
bleiben daher oft unerkannt. Etwa ein Drittel der manifes-
Im Berichtsjahr wurden 901 Lebensmittel auf VTEC unter-
ten Erkrankungen tritt als leichter Durchfall in Erscheinung.
sucht. Dabei wurden VTEC 41-mal in Lebensmitteln nachge-
Die Erkrankung beginnt in der Regel mit wässrigen Durch-
wiesen. In 12 Fällen wurden die betroffenen Lebensmittel
fällen, die im Verlauf der Erkrankung zunehmend wässrig-
als gesundheitsschädlich beurteilt. Es handelte sich dabei
blutig erscheinen und ein der Ruhr ähnliches Bild aufwei-
8-mal um rohes Hackfleisch (vom Rind bzw. gemischt) und
sen können. Begleitsymptome sind Übelkeit, Erbrechen
4-mal um rohe Zwiebelmettwurst.
und zunehmende Abdominalschmerzen, selten Fieber.
Rohes Hackfleisch, das mit VTEC belastet ist, ist geeignet,
In wenigen Fällen entwickelt sich als schwere
die menschliche Gesundheit zu schädigen, da
Verlaufsform eine hämorrhagische Kolitis
der Rohgenuss möglich ist (z. B. als Tatar
mit Leibschmerzen, blutigem Stuhl und
oder Hackepeter). Der Rohverzehr liegt,
häufig mit Fieber. Säuglinge, Klein-
auch unter Würdigung eines evtl. auf
kinder, alte Menschen und abwehr-
der Verpackung angebrachten Erhit-
geschwächte Personen erkranken
zungshinweises, im Rahmen des
erfahrungsgemäß häufiger schwer.
vorhersehbaren Gebrauchs.
Eine gefürchtete Komplikation ist
Rohe Zwiebelmettwurst ist immer
hierbei das hämolytisch urämische
für den Rohverzehr bestimmt. Der
Syndrom (HUS), das zu Nierenver-
Nachweis von VTEC macht Zwie-
sagen mit Todesfolge führen kann.
belmettwurst immer genussuntauglich.
Norovirus-Untersuchungen
Noroviren sind hochinfektiöse Erreger von Magen-Darm-Erkrankun-
Noroviren nachgewiesen. Parallel da-
gen. Das Virus wird mit dem Mund aufgenommen und führt nach einer
zu wurden im Regierungspräsidium
Inkubationszeit von 1 bis 2 Tagen zu den typischen Symptomen einer
Stuttgart (Abteilung 9 Landesgesund-
Norovirus-Erkrankung: Massives und unkontrollierbares Erbrechen und
heitsamt) Stuhlproben von 6 Erkrank-
begleitend dazu sehr starker Durchfall.
ten ebenfalls mit positivem Ergebnis
Die Norovirus-Übertragung erfolgt
sammenleben (z. B. Altenheime oder
meist von Person zu Person, kann
Krankenhäuser).
aber auch durch kontaminierte Lebensmittel erfolgen. Erkrankungen
Noroviren in gekochtem Reis
auf Noroviren untersucht.
Zur Abklärung der Infektionskette
wurden sowohl die Noroviren-Patientenisolate als auch das Isolat aus dem
treten ganzjährig auf, häufen sich aber
Nach dem Verzehr von Reisgerichten
gekochten Reis auf klonale Identität
oft in den Wintermonaten. Im Patien-
in einem indisch-ceylonesischem Re-
untersucht. Die Gensequenzierung
ten-Stuhl sowie in Erbrochenem sind
staurant erkrankten 16 von 21 Schü-
ergab zu 100 % übereinstimmende
sehr hohe Viruszahlen vorhanden, wo-
lern an Gastroenteritis. Die Symptome
Sequenzen zwischen den Virenisola-
bei zum Auslösen der Krankheit nur 10
sowie die eintägige Inkubationszeit
ten der Patienten und aus dem Reis.
bis 100 Viruspartikel benötigt werden.
entsprachen denen einer Norovirus-In-
Deshalb musste davon ausgegangen
Diese hohe Infektiosität in Verbindung
fektion. Deshalb wurden die zur Unter-
werden, dass ein kausaler Zusam-
mit der Übertragbarkeit von Person zu
suchung eingeschickten Lebensmittel-
menhang zwischen dem Konsum der
Person erklärt auch, warum Norovirus-
proben neben der mikrobiologischen
Reisspeisen im Restaurant und den
Infektionen meist zu Gruppenerkran-
auch einer molekularbiologischen Un-
Erkrankungen der 16 Schüler bestand.
kungen führen, oft in Einrichtungen,
tersuchung auf Noroviren unterzogen.
Der gekochte Reis wurde als gesund-
wo Menschen auf engem Raum zu-
In der Probe „gekochter Reis“ wurden
heitsschädlich beanstandet.
87
88
Lebensmittelüberwachung BW
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Mykotoxine
Mykotoxine sind Stoffwechselprodukte der verschiedensten Spezies von Schimmelpilzen, die Lebensmittel je nach äußeren Bedingungen in den unterschiedlichsten Stadien befallen. Ihre negativen Auswirkungen auf den Menschen
reichen von Haut- und Zellschädigungen über Verursachung von Nierenschäden, Beeinträchtigung des Immunsystems bis zur Entstehung von Krebs und
Mutationen. Aus diesem Grunde sind die zulässigen Gehalte der meisten für
Lebensmittel relevanten Toxine in den einzelnen Lebensmittel-Gruppen entweder national oder auf europäischer Ebene festgelegt worden. Aufgabe der
amtlichen Lebensmittelüberwachung ist insbesondere die Untersuchung der
Warengruppen, die vorrangig von Schimmelpilzen befallen sein können und damit
möglicherweise einen oder mehrere der unerwünschten Giftstoffe enthalten.
Im Jahr 2006 wurden in insgesamt etwa 2 500 Lebensmittelproben rund 4 200 Toxinbestimmungen durchgeführt. Ausgewählte Ergebnisse werden nachfolgend
zusammengefasst.
Aflatoxine B1, B2, G1 und G2
Aflatoxine gehören zu den giftigsten der bisher
Auch bittere und süße Aprikosen-
bekannten Substanzen. Sie sind Lagertoxine, deren
kerne, die im Rahmen eines Unter-
Bildung wesentlich von den Bedingungen während der
suchungsprogramms auf Cyanid
Lagerung und des Transportes der Lebensmittel abhängt.
entnommen worden sind, wiesen
Die Pilzarten Aspergillus flavus und Aspergillus parasiticus
benötigen feucht-warme Bedingungen, die in den Hauptanbauzonen der betroffenen Lebensmittel vorherrschen. Länder wie der
Iran, die Türkei, Aserbeidschan, Brasilien und China stellen mit ihren oft
unzulänglichen Trocknungsbedingungen und der daraus resultierenden
Aflatoxinbelastung verschiedener Lebensmittel Problemzonen dar. Aus
diesem Grund gelten für solche Länder strenge Einfuhrkontrollen.
Mehr als die Hälfte der 895 im Be-
waren, sowie Pistazien mit 90 % be-
richtszeitraum untersuchten Proben
lasteten Proben und 20 % Überschrei-
wies Gehalte an Aflatoxinen auf; über
tungen der Höchstgehalte (jeweils bei
den zulässigen Höchstgehalten von 2
der Summe der Aflatoxine). Geröstete
µg / kg Aflatoxin B1 bzw. 4 µg / kg für die
und gesalzene Pistazien fielen erneut
Summe aus den Aflatoxinen B1,B2,G1
mit 15 % Beanstandungen auf. Bei
und G2 (für Gewürze gelten 5 bzw. 10
Paranüssen, die in der Vergangenheit
µg / kg) lagen die Befunde bei 5 % der
durch häufige und hohe Kontaminati-
untersuchten Erzeugnisse.
onen aufgefallen waren, hat sich die
Situation entscheidend verändert.
Nüsse und daraus hergestellte Er-
Angesichts des hohen Risikos, mit
zeugnisse
Schimmel befallene ganze Nüsse in
Während Walnüsse hinsichtlich der
Mykotoxinbelastung kein Problem
darstellen, müssen Erdnüsse, Haselnüsse, Mandeln und Pistazien
regelmäßig und intensiv überwacht
werden. Dabei sind es überwiegend
Verarbeitungsprodukte, die auffällige
oder gar über den Höchstgehalten lie-
den Verkehr zu bringen, geht der Trend
eindeutig zur geschälten Ware; das
Angebot auf dem Markt ist insgesamt
erheblich zurückgegangen. Nur in 8 %
der untersuchten Paranüsse waren Aflatoxine nachweisbar, im Vorjahr waren dagegen 80 % belastet.
Erstmals ergab sich eine Überschrei-
gende Werte aufweisen. Ausnahmen
tung für das Aflatoxin B1 bei Maronen;
sind ganze Erdnüsse, bei denen 67 %
diese Spur wird durch verstärkte Un-
belastet und 44 % zu beanstanden
tersuchungen im Jahr 2007 weiter
verfolgt.
teilweise beträchtliche Gehalte an Aflatoxinen auf.
Bei Erzeugnissen aus Nüssen steigt
der Prozentsatz der Proben mit Aflatoxinbelastung mit zunehmendem Zerkleinerungsgrad an. Dieses Ergebnis
lässt den Schluss zu, dass für diese
Produkte minderwertige Ware zum
Einsatz kommt, die der Verbraucher
praktisch nicht erkennen kann. Mehr
als 70 % der gemahlenen Haselnüsse
und Mandeln waren mit Aflatoxinen
belastet, bei 4 bzw. 14 % waren die
Höchstgehalte überschritten. Nusspasten für die Schokoladenindustrie
und die Speiseeisherstellung waren
bis zu 100 % aflatoxinhaltig; jedoch
musste nur eine Pistaziengrundmasse beanstandet werden.
Bei Marzipan, Nougatrohmasse und
Pralinen waren nur wenige Proben aflatoxinfrei, die Gehalte lagen alle unter
der Höchstmenge. Aufgrund der geringen Probenzahl für diese Produkte
sind allgemein gültige Aussagen allerdings nicht möglich.
Mykotoxine
Jahresbericht 2006
Trockenobst
Gewürze
Aus dieser Erzeugnisgruppe sind nur
Sowohl Frucht-, Rinden, Samen- als
Höchstgehalte. Die Problematik der
Feigen als problematisch anzusehen.
auch Wurzelgewürze sind sehr häufig
Mehrfachbelastung, z. B. mit Ochra-
65 % aller Proben ergaben positive Be-
mit Aflatoxinen belastet. Besonders
toxin A, relativiert jedoch auch gerin-
funde für ein oder mehrere Aflatoxine,
häufig traten die Toxine in Paprika
ge Gehalte.
in 12 Fällen (19 %) war der festgelegte
und Chili (78 und 50 %), Zimt (89 %)
Höchstgehalt entweder beim Aflatoxin
und Muskatnuss (71 %) auf. Die
B1 oder bei der Summe der Aflatoxine
Höchstmenge war nur bei einer Pro-
überschritten, in einem Fall sogar um
be Muskatnuss überschritten. Sämt-
mehr als das 50fache (B1) bzw. das
liche Gewürzmischungen enthielten
30fache (Summe).
Aflatoxine, allerdings unterhalb der
Ochratoxin A
DiesesToxin wird von Penicillien und Aspergillen unter unzureichenden, zu feuchten Lagerbedingungen auch in gemäßigten Klimazonen gebildet. Wegen seiner
nierentoxischen, erbgutverändernden, Fehlbildung erzeugenden und das Immunsystem nachteilig beeinflussenden Wirkung ist der zulässige Gehalt für
einige Lebensmittelgruppen EU-weit bzw. national festgelegt worden. Leider
fehlen noch Regelungen für mehrere sehr häufig betroffene Erzeugnisse wie
Gewürze, Lakritz, Kakao und daraus hergestellte Erzeugnisse.
Knapp die Hälfte der 737 untersuchten Lebensmittel enthielt Ochratoxin A,
in 5 Fällen lag eine Überschreitung der Höchstgehalte vor.
Getreide und Getreideerzeugnisse
Trockenobst
Weizenmehl der verschiedensten Aus-
Spitzenreiter mit 8 % Beanstandun-
mahlungsgrade, Hartweizengrieß für
gen (4 Proben) bei 42 % positiven
die Herstellung von Teigwaren, Mahl-
Befunden waren getrocknete Feigen.
erzeugnisse aus Buchweizen und Din-
Die für Deutschland geltende Höchst-
kel, Vollkornbrot und Vollkornzwieback
menge von 8 µg / kg wurde teilweise
sowie Teigwaren enthielten sehr häu-
erheblich überschritten; der höchste
fig Ochratoxin A, wenn auch zumeist
festgestellte Gehalt lag bei 155 µg / kg.
deutlich unter den Höchstgehalten.
EU-weit ist noch kein Höchstgehalt für
getrocknete Feigen festgelegt. Die
Fruchtsäfte, Wein und weinhaltige
teilweise hohen Ochratoxin-A-Gehal-
Getränke
te in Feigen sind auf ungünstige Wit-
Bei roten Traubensäften (80 %), Weinen und Traubenmosten (durchschnittlich 55 %) und vor allem Glühwein
(100 %) enthält ein beträchtlicher Teil
das gesundheitlich bedenkliche Toxin,
allerdings deutlich unter den jeweiligen Höchstgehalten.
Lakritz, Kakao und daraus
hergestellte Erzeugnisse
Nahezu alle untersuchten Proben wiesen Ochratoxin-A-Gehalte auf, bei einem Lakritzerzeugnis lag der Wert bei
168 µg / kg. Dies ist insofern bedenklich, da derartige Produkte auch von
Kindern in größeren Mengen verzehrt
werden.
Gewürze
terungsbedingungen während der
Wenn auch Gewürze mengenmäßig
Ernte und vor allem auf die Bildung
einen eher geringen Anteil an der Er-
von Schimmelnestern während der
nährung haben, ist der Ochratoxin-A-
Lagerung zurückzuführen.
Eintrag in die Nahrungskette nicht zu
Nahezu alle Proben getrocknete Wein-
vernachlässigen, da mit 75 % ein sehr
trauben (Korinthen, Sultaninen und Ro-
hoher Prozentsatz an Gewürzen und
sinen) enthielten Ochratoxin A; Über-
Gewürzmischungen belastet ist.
schreitungen des EU-weit geltenden
Höchstgehaltes waren jedoch nicht zu
verzeichnen.
89
90
Lebensmittelüberwachung BW
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Patulin
Dieses Toxin entsteht beim Wachstum von Schimmelpilzen der Gattun-
Insgesamt wurden 311 Lebensmit-
gen Penicillium, Aspergillus und Byssochlamys vor allem auf Kernobst
telproben auf Patulin untersucht.
und Gemüse. Der Verzehr patulinhaltiger Produkte kann Übelkeit und
Überschreitungen ergaben sich bei 5
Magenschleimhautentzündung verursachen. Da Patulin im Gegensatz
Apfelsäften mit einem Maximalwert
zu anderen Mykotoxinen z. B. durch längeres Kochen oder im Laufe der
von 294 µg / kg sowie bei 2 Karotten-
Gärung abgebaut wird und chronische Schädigungen nicht zweifelsfrei
säften für Säuglinge und Kleinkinder
belegt sind, spielt die Toxizität eine eher geringe Rolle.
mit einem Maximalwert von 34 µg / kg.
Im Rahmen des vorbeugenden Verbraucherschutzes wur-
matenmark und anderen Tomatenerzeugnissen enthalten.
den jedoch EU-weit Höchstgehalte für Fruchtsäfte und alko-
Ursache für die positiven Befunde ist die Verarbeitung mehr
holische Getränke aus Äpfeln (50 µg / kg), feste Apfelerzeug-
oder weniger verschimmelter Ausgangsmaterialien. Da die
nisse (25 µg / kg) und apfelhaltige Nahrung für Säuglinge
o. g. Pilze nicht nur oberflächlich auf den Früchten wachsen,
und Kleinkinder (10 µg / kg) festgelegt.
gelangt trotz Sichtkontrolle auch mit äußerlich einwandfrei-
Relativ häufig war Patulin auch in To-
en Früchten braun verfärbtes und damit möglicherweise
patulinhaltiges Fruchtfleisch zur Verarbeitung.
Fusarientoxine
Diese Toxingruppe, zu der u. a. die Fumonisine, die Trichothecene und Zearalenon gehören, entstehen
als Stoffwechselprodukte unterschiedlicher Fusarienarten überwiegend auf dem Feld. Zum Wachstum
benötigen diese Schimmelpilze relativ hohe Wassergehalte, sodass mit der Toxinbildung bevorzugt in
kühlen und feuchten Klimazonen, z. B. in Nord- und Mitteleuropa zu rechnen ist.
Fumonisine
Fumonisine stehen im Verdacht, beim Menschen Krebs
auszulösen und Neuralrohrdefekte sowie Fehler in der
Gehirnentwicklung von Babys zu verursachen. Insgesamt
wurden 281 Lebensmittelproben untersucht. Positive Befunde traten vor allem bei Mais- und Maiserzeugnissen
auf, die meisten Produktgruppen waren zu 100 % fumonisinhaltig. Bei 6 % der Proben lag der Gehalt teilweise
erheblich über den national geltenden Höchstmengen für
Ab Oktober 2007 werden EU-weit geltende Höchstgehalte für Mais und Maiserzeugnisse in Kraft treten. Sie
liegen größtenteils erheblich über den bisher geltenden
nationalen Höchstmengen, sodass die Beanstandungsquote bei gleichbleibender Belastung der Lebensmittel
zukünftig zurückgehen wird.
Trichothecene
die Summe der Fumonisine B1 und B2 von 500 µg / kg bei
Trichothecene werden unterteilt in Substanzen des Typs
Mais und Maiserzeugnissen zum direkten Verzehr bzw.
A und des Typs B. Zur ersten Gruppe gehören u. a. die
100 µg / kg bei Cornflakes.
Toxine T -, HT -2 und T2-Tetraol, die hauptsächlich in Ge-
Aufgrund ungewöhnlich hoher Fumonisingehalte in Spezialbroten für Zöliakiekranke wurden die Rohstoffe entsprechend überprüft. Die dabei entnommenen Maismehle
lieferten mit bis zu 12 500 µg / kg die höchsten Fumonisingehalte aller im Laufe des Jahres untersuchten Proben. Ursache für die Verarbeitung derart hoch belasteter
Rohstoffe war die fehlende Qualitätskontrolle beim importierenden Mühlenbetrieb und in der Spezialbrotbäckerei.
Teilweise erhebliche Höchstmengenüberschreitungen
lagen auch bei einem Maisgrieß, bei 14 % aller untersuchten Cornflakes ohne Zusätze, bei Teigwaren auf der
Basis von Maisgrieß und bei Maisgebäck vor. Tacos und
Rollos aus Maismehl lieferten Werte knapp unterhalb der
Höchstmenge.
treide, insbesondere in Hafer und Haferprodukten, z. B.
auch Müsli auftreten. Da ausreichendes Datenmaterial
über die Belastungssituation bisher nicht vorliegt, wurden
innerhalb der EU noch keine Höchstgehalte festgelegt.
Angesichts der bekannten negativen Einflüsse wie Hemmung der Proteinsynthese und Schädigung der Zellen
vor allem bei Organen mit hoher Zellteilungsrate – wie
Leber und Magen-Darm-Trakt – ist dies jedoch unbedingt
erforderlich.
Insgesamt wurden 231 Proben untersucht. 78 % der
unverarbeiteten Haferkörner enthielten T -2, HT -2 und
T2-Tetraol mit Maximalwerten von 435, 1260 und 465
µg / kg. Müsli und Haferflocken enthielten nur vereinzelt
Trichothecene des Typs A; bei 80 % der untersuchten
Braugerste waren HT -2 und T2-Tetraol nachweisbar.
Mykotoxine
Jahresbericht 2006
Alternariatoxine
Die Gattung Alternaria (Schwärzepilze innerhalb der
Deuteromycetes) besteht aus mehr als 40 Arten, die
in unterschiedlichem Maße Toxine und sekundäre
Metaboliten bilden. Den Alternaria-Toxinen werden
Ein Trichothecen des Typs B ist das seit langem be-
sowohl akute als auch chronische toxische Wirkungen
kannte und durch nationale Höchstmengen geregelte
zugeschrieben. In einer toxikologischen Bewertung
Toxin Deoxynivalenol (DON), das in allen Getreidearten
kommt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)
sehr weit verbreitet ist. 54 % aller 570 untersuchten
im Jahr 2003 zum Schluss, dass die Datenlage be-
Proben enthielten dieses Toxin, Überschreitungen der
züglich der Belastung mit Alternaria-Toxinen derzeit
Höchstmengen bzw. Höchstgehalte waren bei unverar-
nicht ausreicht, um eine Risikoabschätzung für den
beitetem Weizen, Mais und Maismehl zu verzeichnen (6
Verbraucher vorzunehmen. Das BfR hält daher unter
Proben = 1 %). Getreideerzeugnisse für Säuglinge und
anderem weitere Untersuchungen zur Exposition für
Kleinkinder waren insgesamt nur sehr gering belastet.
erforderlich. Eine Höchstmengenregelung existiert
Mit Einführung der großzügigen EU-Höchstgehalte zum
derzeit nicht.
01.07.2006 ist auch bei DON die Zahl der Beanstandungen rückläufig.
Zearalenon
Screening- und Bestätigungsverfahren stehen für die Untersuchung auf ausgewählte Parameter (insbesondere Alternariol, Alternariol-Monomethylether, Altenuen, Tenuazonsäure und Tentoxin) zur Verfügung. Von 157 untersuchten
Zearalenon kann möglicherweise auch beim Men-
Proben enthielten 75 (48 %) eines, zumeist jedoch mehrere
schen Krebs verursachen, belegt ist seine ausgepräg-
Alternariatoxine. Am häufigsten bzw. am höchsten belastet
te östrogene Wirkung. Die nationale Höchstmenge für
waren kaltgepresste Sonnenblumenöle (bis zu 390 µg / kg
sämtliche Getreideerzeugnisse lag bei 50 µg / kg, die
Tenuazonsäure), Distel- und Sesamöl (bis zu 270 µg / kg
EU sieht ab 01.07.2006 bzw. 01.07.2007 nach Produk-
Tenuazonsäure), Sonnenblumenkerne (bis zu 1 000 µg / kg
ten gestaffelte Höchstgehalte vor. Überschreitungen
Tenuazonsäure und 880 µg / kg Tentoxin), Sesamsaat (bis
ergaben sich lediglich bei einer Probe Maismehl und
zu 430 µg / kg Tenuazonsäure), Roggen (bis zu 110 µg / kg
einem Maiskeimöl, andere Getreide- und Getreidepro-
Tenuazonsäure) und Tomatenmark (bis zu 360 µg / kg Tenu-
dukte wiesen allenfalls geringe Gehalte an Zearalenon
azonsäure), wobei Tenuazonsäure in 67 Proben, Tentoxin in
auf, wobei überwiegend Mais und Maiserzeugnisse
32 Proben, Alternariol-Monomethylether in 32 Proben und
betroffen waren. Messbare Werte lagen nur bei 26 %
Alternariol in 25 Proben vorlag.
aller 594 untersuchten Produkte vor.
91
92
Lebensmittelüberwachung BW
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Marine und Süßwasser-Biotoxine
(Algentoxine)
Marine Biotoxine
Süßwasser-Biotoxine
PSP-Toxine
AZP-Toxine
(Paralytic Shellfish Poisoning,
(Azaspiracid Shellfish Poisoning,
Microcystine
Saxitoxine)
Azaspirsäuren)
In der VO (EG) Nr. 853 / 2004 wurde ein
In der VO (EG) Nr. 853 / 2004 ist für
ne Grenzwerte erlassen, es wird der
Grenzwert für PSP-Toxine in Muscheln
Azaspirsäuren ein Grenzwert von
von der WHO vorgesehene Richtwert
von insgesamt 800 Mikrogramm pro
160 µg / kg Muschelfleisch festgelegt.
von 1 µg Microcystin LR je Liter Was-
kg Muschelfleisch (Gesamttoxizität)
In keiner der 207 Proben Muscheln
ser angesetzt. Die wenigen Oberflä-
festgelegt.
waren Azaspirsäuren nachweisbar.
chengewässer, aus denen in Baden-
Zur Beurteilung von Microcystinen
in Trinkwasser wurden bisher kei-
In 43 von 204 Proben Muscheln und
Württemberg Trinkwasser gewonnen
Muschelprodukten (= 21 %) wurden
wird, wurden im Berichtsjahr auf Mi-
PSP-Toxine nachgewiesen. Nur in 8
crocystine untersucht. In keiner der
Proben wurden relativ hohe Gehalte
Proben konnten Microcystine nach-
von über 140 µg STXeq / kg festge-
gewiesen werden.
stellt. Keine der Proben lag über dem
Auch für Badegewässer wurden in
o. a. Grenzwert.
Deutschland und in der EU bisher
keine Grenzwerte verabschiedet. Al-
ASP-Toxine
lerdings werden 1000 µg pro Liter als
(Amnesic Shellfish Poisoning,
Richtwert für die Summe der Micro-
Domoinsäure)
cystine LR, RR und YR angesehen. In
Insgesamt wurden 191 Proben Muscheln und Muschelprodukte, Algen und Nahrungsergänzungsmittel
untersucht. Nur in einer Probe Ja-
allen 10 untersuchten Wasserproben
Cyclische Imin-Toxingruppe
aus Badeseen waren keine Microcys-
Spirolide (SPX-Toxine) und
tine nachweisbar. Hingegen waren die
Gymnodimin
aus 2 Seenproben isolierten Algen mit
kobsmuscheln wurde Domoinsäure
Gymnodimin konnte fast ausschließ-
nachgewiesen. Der Gehalt lag mit
lich in Grünschalenmuscheln und de-
1,75 mg / kg noch weit unterhalb des
ren Produkten nachgewiesen werden.
Grenzwertes von 20 mg Domoinsäure
Fast drei Viertel der zur Untersuchung
(ASP) je kg Muschelfleisch.
gelangten 19 Proben enthielten die
Substanz, wenn auch in geringen
DSP-Toxine
Mengen im Bereich unter 10 µg / kg.
(Diarrhetic Shellfish Poisoning,
Auffällig waren die relativ hohen Ge-
Okadasäure)
halte von 90 µg / kg und 104 µg / kg in
Die VO (EG) 853 / 2004 enthält einen
Grenzwert für Okadasäure, Dinophysistoxine und Pectenotoxine von insgesamt 160 Mikrogramm pro kg Muskelfleisch.
In 74 von insgesamt 205 untersuchten
Muschelproben (= 36 %) wurden klassische DSP-Toxine nachgewiesen. Bei
Miesmuscheln, die frisch oder in gefrorenem Zustand zur Untersuchung
gelangten, war ungefähr jede zweite
Probe (29 von 55 Proben) mit DSPToxinen belastet, größtenteils mit Herkunft Europa.
2 dieser Muschelproben.
Bei der Herstellung von Muschelpulver aus Grünschalenmuscheln als
Rohstoff für Nahrungsergänzungsmittel wird Gymnodimin durch Gefriertrocknung aufkonzentriert. In solchen
Proben lassen sich Gehalte von 20 bis
80 µg / kg Gymnodimin nachweisen.
Darüber hinaus wurden in Teppich-
über 1000 µg / kg hoch mit Microcystinen belastet.
Bestimmte Blaualgen finden als Nahrungsergänzungsmittel Verwendung. Da einige Cyanobakterien aus
natürlichen Süßwasserseen geerntet
und zu Nahrungsergänzungsmitteln
verarbeitet werden, wurden 19 Nahrungsergänzungsmittel überprüft. In
einem Produkt aus Chlorella-Algen
und in 15 Produkten aus Spirulina-Algen konnten keine Microcystine nachgewiesen werden. Dagegen waren
alle drei AFA-Algen-Produkte mit Microcystinen belastet. Die Gehalte lagen
im Bereich zwischen 50 und 80 µg / kg.
Wahrscheinlich waren die Erzeugnisse
mit Microcystis-Algen verunreinigt.
bzw. Venus-, Mies-, Grünschalenmuscheln und Austern nur geringe
Abb.:
Gehalte an des-methyl-C-Spirolid
Taschenkrebs (o.);
(vereinzelt knapp über 10 µg / kg) nach-
Spirulina (li.)
gewiesen.
Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten
Jahresbericht 2006
Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten
Zwei von vier EU-Referenzlaboratorien (CRL) für Pestizidrückstandsanalytik
sind in Baden-Württemberg angesiedelt!
Mit Wirkung vom 1. Juli
2006 wurden das CVUA
Stuttgart und das CVUA
Freiburg durch die EU-Kommission als CRLs für die Analytik
von Pestizidrückständen benannt. Dabei
deckt das CVUA Stuttgart den Bereich „mit Einzelbestimmungsverfahren zu analysierende Pestizidrückstände“
ab, ein Arbeitsgebiet, das analytisch außerordentlich fordernd ist, da es sich hierbei in der Regel um Stoffe handelt,
die aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften nicht in bestehende Multimethoden integriert werden können. Das
CVUA Freiburg ist für den Bereich „Pestizidrückstände in
Lebensmitteln tierischer Herkunft und Waren mit hohem
Fettanteil“ benannt. Hier geht es unter anderem darum,
bestehende Multimethoden zu erweitern und neue Verfahren für bisher unzureichend untersuchte Stoffgruppen
zu entwickeln. Für beide Aufgabengebiete ist neben einer
sehr guten apparativen Ausstattung vor allem analytisches
Können und Geschick erforderlich.
Zur angestrebten Weiterentwicklung und Harmonisierung
Mit der Vergabe dieser anspruchsvollen Aufgabe an die
der Lebensmittelüberwachung und Tierseuchendiagnostik
CVUAs Stuttgart und Freiburg hat die Auswahlkommission
wurde im Jahr 2005 die Einrichtung von Gemeinschafts-
die bisherigen Leistungen beider Untersuchungsämter im
Referenzlaboratorien (Community Reference Laboratories,
analytischen und innovativen Bereich gewürdigt.
CRLs) von der Europäischen Union u. a. für das Gebiet der
Pestizidrückstandsanalytik ausgeschrieben. Dabei sollen
die EU-Referenz-Laboratorien sowohl eine richtungsweisende als auch eine koordinierende und beratende Funktion erfüllen.
Die Referenzlabore sollen analytische Qualitäts-Richtlinien
erstellen, die dann von allen anderen Laboratorien innerhalb
der EU übernommen und umgesetzt werden sollen. Ziel
ist eine EU-weite Verbesserung der Qualität von analytischen Ergebnissen. In den jeweiligen Zuständigkeitsbereichen sollen möglichst zügig Netzwerke von CRLs und
NRLs (nationale Referenz-Laboratorien) aufgebaut werden,
die jeweils von den entsprechenden CRLs koordiniert werden. Unter Berücksichtigung der analytischen Defizite und
Gegebenheiten in den Mitgliedsstaaten, sollen die CRLs
Forschungsarbeit zur Entwicklung neuer analytischer Me-
Im Mai 2006 wurden Rahmenarbeitsprogramme über 5
Jahre mit der Kommission abgestimmt, Arbeitsprogramme
für 2006 aufgestellt und die Arbeit als CRL wurde bereits
zum 1. Juli 2006 aufgenommen.
Ein Methodenvalidierungs-Ringversuch für Phenoxyalkancarbonsäure-Herbizide, ein Ringversuch für einige Einzelbestimmungsverfahren wie für Chlormequat und Organozinn-Verbindungen (in Zusammenarbeit mit dem CRL
in Almeria), ein Ringversuch für Organochlor- und Organophosporverbindungen sowie Pyrethroide in Öl, ein Internet-Portal (www.crl-pesticides.eu
), eine „method
validation database“ und erste Workshops in Freiburg und
Fellbach, um nur einiges aufzuführen, waren zusätzlich zu
den Routinetätigkeiten im Rahmen der Lebensmittelüberwachung zu bewältigen.
thoden durchführen. Durch Workshops sollen die Experten
Dabei war die Organisation und Durchführung der Interna-
der nationalen Referenzlabore aus den Mitgliedstaaten,
tionalen Workshops mit Teilnehmern aus allen EU-Ländern
und bei Bedarf auch aus Drittländern, zur Anwendung neuer
eine besondere und neue Herausforderung, die nur durch
Analysenmethoden geschult werden.
den unermüdlichen Einsatz der gesamten Teams bewältigt
werden konnte.
93
Lebensmittelüberwachung BW
94
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Lebensmittel pflanzlicher Herkunft
Durch umfangreiche Methodenentwicklung, verbunden mit dem Einsatz neuer Analysentechniken, konnte das
untersuchte Wirkstoffspektrum nochmals stark erweitert werden. So können nun pflanzliche Proben routinemäßig auf potenzielle Rückstände von über 500 Pflanzenschutzmittelwirkstoffen und Metaboliten mit sensitiven und selektiven Verfahren untersucht werden. Durch die Erweiterung des Untersuchungsspektrums erhöhte sich auch die Anzahl der verschiedenen, in pflanzlichen Lebensmitteln nachgewiesenen Wirkstoffe nochmals
deutlich. So wurden insgesamt 170 verschiedene Wirkstoffe in Obstproben und 199 verschiedene Wirkstoffe
in Gemüseproben nachgewiesen. Dies verdeutlicht die große Bedeutung die der ständigen Weiterentwicklung
und Aktualisierung des der Untersuchung zugrunde liegenden Stoffespektrums für die erfolgreiche Rückstandsüberwachung von Lebensmitteln zukommt. Die einzelnen Höchstmengenüberschreitungen, die Häufigkeit der nachgewiesenen Stoffe und andere Informationen sind über das Internet abrufbar (www.cvua-stuttgart.de
). Allgemeine Daten zu Analytik, Rückstandsbefunden und Anwendungsempfehlungen sind über
eine Internet-Datenbank des CVUA Stuttgart verfügbar (www.pesticides-online.com
Von den 2 536 Proben pflanzlicher
Paprika – weniger Höchstmengenüberschreitungen, Rückstände
Lebensmittel, die auf Rückstände
verbotener Pestizide in spanischem Paprika
an Pflanzenschutzmitteln untersucht
wurden, stammten 2 032 Proben aus
konventionellem und 504 Proben aus
ökologischem Anbau. Der Anteil an
Proben aus konventionellem Anbau
mit Höchstmengenüberschreitungen
beträgt 9,5 % (193 Proben von 2032
Proben). Die Ergebnisse der Rückstandsuntersuchungen bei Lebensmitteln aus ökologischem Anbau sind
im Kapitel Öko-Monitoring sowie im
Bericht zum Öko-Monitoring 2006
dargestellt. Siehe auch www.untersuchungsaemter-bw.de
suchungsaemter-bw.d
Tabelle:
Pflanzenschutzmittelrückstände
differenziert nach
Herkunft
Tabelle:
Rückstände in
.
Der Anteil an Paprikaproben mit
Quoten an Proben mit Höchstmengen-
Höchstmengenüberschreitungen
überschreitungen auf. Die mittlere An-
verringerte sich im Vergleich zu den
zahl nachgewiesener Wirkstoffe pro
vorhergehenden Jahren. Die Bean-
Paprikaprobe hat im Jahr 2006 jedoch
standungsquote nahm von 25 %
ebenso wie die Anzahl an Proben mit
(2005) auf 14 % (2006) deutlich ab.
Mehrfachrückständen im Vergleich zu
Dies ist u. a. auf die im Rahmen der
2005 deutlich zugenommen. Bei den
EU-Harmonisierung erfolgte Anhe-
Untersuchungen des Vorjahres wies
bung von Rückstandshöchstmengen
jede Paprikaprobe im Mittel 5,4 Wirk-
für einzelne Wirkstoffe sowie die
stoffe auf, im Jahr 2006 wurden je-
Beantragung und Erteilung von All-
doch im Mittel 7 Wirkstoffe pro Probe
gemeinverfügungen zurückzuführen.
nachgewiesen (max. 21 Wirkstoffe).
Nach wie vor weisen jedoch Paprika
Gemüsepaprika zählen somit weiter-
aus der Türkei mit 23 % sowie Spa-
hin zu den höher mit Pflanzenschutz-
nien mit 15 % vergleichsweise hohe
mitteln belasteten Gemüsearten.
Obst, konventionell erzeugt
Pflanzliche
Lebensmittel
in Proben pflanzlicher Lebensmittel
Inland
Gemüse, konventionell erzeugt
Ausland
Inland
%
Anzahl
%
Anzahl
%
Anzahl
%
Proben gesamt
380
43
481
54
285
33
544
63
davon mit Rückständen
364
96
455
95
224
79
482
89
27
7
39
8
20
7
86
16
Proben über HM
Herkunftsland
Gemüsepaprika
Anzahl
Proben mit
Proben mit
Proben mit
Proben
Rückständen
Rückständen
Mehrfachrückständen
> HM
Herkunftsland
* Datenbasis für
prozentuale Auswertung zu gering
Ausland
Anzahl
differenziert nach
HM = Höchstmenge
).
Anzahl
Griechenland
%
Anzahl
%
Anzahl
3
**
6
9
50
4
**
9
69
3
3
**
0
18
14
78
1
4
4
**
0
Niederlande
13
12
92
1
Ohne Angabe
1
1
**
0
101
100
99
15
15
Israel
Marokko
Spanien
8
%
1
**
99
98
Türkei
30
25
83
7
23
21
70
Gesamt
170
159
94
24
14
146
86
Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten
Jahresbericht 2006
Das CVUA Stuttgart deckt verbotenes Pestizid in
spanischem Gemüsepaprika auf
Im Rahmen von Rückstandsuntersuchungen bei Gemüsepaprika hat
toxikologische Bewertung der Rückstands-
das CVUA Stuttgart Ende des Jahres 2006 Rückstände des in der EU
gehalte nicht möglich. Da der Wirkstoff
nicht zugelassenen Insektizids Isofenphos-methyl festgestellt. Auffal-
Isofenphos-methyl zur Gruppe der neu-
lend war, dass dieses Insektizid ausschließlich in Proben aus Spani-
rotoxischen Phosphorsäureester gehört
en nachgewiesen wurde. In 12 der ca. 40 Proben, die auf Isofenphos-
und der chemisch sehr ähnliche Wirkstoff
methyl untersucht wurden, konnte dieser Wirkstoff nachgewiesen
Isofenphos aufgrund eines sehr niedrigen
werden. Die Rückstandsgehalte lagen in 8 Proben über der allgemei-
ADI von 0,001 mg / kg KG (BfR 1992, WHO
nen Höchstmenge von 0,01 mg / kg.
1986) eine vergleichsweise hohe Toxizität
Hintergrundinformation:
aufweist, war von einer entsprechenden
toxikologischen Relevanz des Wirkstoffs Isofenphos-methyl
Isofenphos-methyl enthaltende Pflanzenschutzmittel sind
auszugehen. Die Ergebnisse wurden in das Schnellwarn-
weder in Spanien noch in einem anderen EU-Mitgliedsstaat
system der Europäischen Kommission gemäß Artikel 50
zugelassen. Dieser Wirkstoff ist daher weder in Anhang 1
der VO (EG) 178 / 2002 eingestellt (RASFF News 06-347
der EU-Richtlinie 91 / 414 aufgenommen, noch zur Prüfung
vom 21.12.2006).
einer möglichen Aufnahme vorgesehen. Er wurde ohne
Zulassung und damit ohne toxikologische Bewertung illegal
aus China nach Spanien eingeführt und angewendet. Da
auch dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) keine
Angaben zur Toxizität des Wirkstoffs vorlagen, war eine
Chronologie der Ereignisse
November 2006
Entwicklung einer Methode zur Bestimmung von Isofenphos-methyl bei spanischem Gemüsepaprika, erste
Rückstandsbefunde
20.12.2006
Pressemitteilung – Verbraucherministerium BadenWürttemberg warnt vor dem Verzehr von spanischem
Paprika.
29.12.2006 – 03.01.2007
Erste Internetveröffentlichung des CVUA Stuttgart mit
Inspektion der betroffenen Erzeugerbetriebe in Spa-
Angaben zur Analytik und Untersuchungsergebnissen.
nien, Beschlagnahmung vorhandener Ware, Untersu-
60 % der spanischen Proben enthielten Rückstände des
chung auf Isofenphos-methyl-Rückstände, Sperrung
Insektizids Isofenphos-methyl.
von Betrieben, Vernichtung der Ware.
22.12.2006
06.02.2007
Nach retrospektiver Auswertung früherer Untersuchun-
2. Pressemeldung des Ministeriums für Ernährung
gen traten Isofenphos-methyl-Rückstände bei spani-
und Ländlichen Raum MLR: „Die Warnung vor Paprika
schem Paprika erstmals im Januar 2006 auf.
aus Spanien bleibt bestehen“. Verbraucherministerium
27.12.2006
Deutschland meldet Proben mit Isofenphos-methyl-Befunden an das EU-Schnellwarnsystem (RASFF).
Baden-Württemberg fordert wirksamere Kontrollen in
Spanien und intensivere Eigenkontrolle des Handels in
Deutschland /Aktuelle Untersuchung zeigen Rückgang
von Rückständen in spanischem Paprika / Ergebnisse
28.12.2006
noch nicht zufrieden stellend. 32 % der spanischen Pro-
Es folgen weitere Meldungen an das EU-Schnellwarn-
ben mit Isofenphos-methyl-Rückständen.
system aus England, Finnland, Holland, Spanien.
1. Quartal 2007
28.12.2006
Bericht der spanischen Behörden im RASFF-System:
Die Rückverfolgung der Informationen über die Wa-
In Almeria werden insgesamt 303 Firmen kontrolliert,
renströme hat ergeben, dass die Paprikas der ersten
123 Proben Paprika untersucht, 11 Strafverfahren ein-
Schnellwarnung aus Deutschland von 37 verschiedenen
geleitet, 24 Betriebe erhalten ein Vermarktungsverbot,
Erzeugern stammten.
107 203 kg Paprika werden vernichtet.
95
Lebensmittelüberwachung BW
96
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Salatarten – viele Höchstmengenüberschreitungen
bei Rucola und Kopfsalaten
Aufgrund häufiger Rückstandsbefunde bei Salaten wurden
Salate auch im Jahr 2006 verstärkt untersucht. Bei 89 % der
253 untersuchten Salatproben wurden Rückstände festgestellt, dabei lagen die Rückstandsgehalte in 13 % der
Proben über der gesetzlich festgelegten Höchstmenge.
Auch bei Salaten ist der Nachweis mehrerer Wirkstoffe je
Probe die Regel, im Durchschnitt konnten 4 Wirkstoffe pro
Probe nachgewiesen werden.
Mit sehr hohen Beanstandungsquoten fallen wie schon in
den vergangenen Jahren wieder Kopfsalat mit 29 % (14 von
48 Proben) und Rucola mit 63 % (5 von 8 Proben) auf. Aus
diesem Grund werden im Jahr 2007 verstärkt Rückstandsuntersuchungen bei Rucola durchgeführt. Eisbergsalat wies
Frische Kräuter – hohe Beanstandungsquote
die geringste Beanstandungsquote bei den Salatarten auf,
bei Petersilie
lediglich bei einer von 38 Proben (3 %) war die gesetzlich
Aufgrund der hohen Anzahl an Proben mit Mehrfach-
festgelegte Höchstmenge überschritten.
rückständen und der hohen Beanstandungsquote
bei Küchenkräutern im Jahr 2005 wurden auch im
Beerenobst
Berichtsjahr Küchenkräuter verstärkt untersucht.
In der Obstvermarktung zeichnet sich der Trend ab, die An-
Rückstandsbefunde meist mehrerer Wirkstoffe sind
gebotssaison für Beerenobst deutlich auszudehnen und
bei Küchenkräutern die Regel. In 28 von 83 Pro-
Beerenobst nahezu ganzjährig anzubieten. Aufgrund des
ben (34 %) lagen die nachgewiesenen Rückstands-
Angebotsumfangs und der Beliebtheit beim Verbraucher
gehalte über den gesetzlich festgelegten Höchst-
sowie der Anfälligkeit dieser Kulturen für Krankheiten und
mengen. Dabei handelte es sich in 22 Fällen um
Schaderreger und infolgedessen erforderlicher Pflanzen-
Petersilienblätter-Proben, dies entspricht 47 % der
schutzmaßnahmen wurden auch dieses Jahr in größerem
untersuchten Petersilienblätter. Diese Untersu-
Umfang Rückstandsuntersuchungen bei Beerenobst durch-
chungsergebnisse verdeutlichen, dass auch nahe-
geführt.
zu alle Küchenkräuter aus konventionellem Anbau
Insgesamt wurden 348 Proben Beerenobst (Erdbeeren,
Rückstände an Pflanzenschutzmitteln aufweisen,
Johannisbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Stachelbee-
wobei insbesondere Petersilienblätter durch ver-
ren und Heidelbeeren; Tafeltrauben hier ausgenommen)
gleichsweise hohe Beanstandungsquoten auffallen.
aus konventionellem Anbau untersucht. Erhöhte Bean-
Aufgrund der relativ geringen Verzehrsmengen wur-
standungsquoten werden, wenn auch auf niedrigerem
den trotz höherer Rückstandsgehalte in keinem Fall
Niveau, nach wie vor bei Strauchbeerenobst festgestellt.
gesundheitsgefährdende Rückstandsmengen bei
Zusammenfassend sind die Ergebnisse in nachfolgender
Küchenkräutern festgestellt. Ausführlicher Bericht
Tabelle dargestellt.
im Internet unter www.cvua-stuttgart.de
.
* Summe. Diese beinhaltet sowohl Stoffe, die generell in Deutschland zur Anwendung nicht zugelassen sind, als auch Stoffe,
die zwar in Deutschland, nicht aber zur Anwendung in dieser Kultur zugelassen sind.
Tabelle:
Rückstände in
Beerenobst
einheimischem und
Anzahl
Proben mit
Proben mit
Proben mit
Proben mit
Proben
Rückständen
Rückständen
Mehrfachrückständen
nicht zugelassenen
> HM
ausländischem
Beerenobst aus
konventionellem
Anbau
HM = Höchstmenge
Anzahl
Brombeere
Erdbeere
Heidelbeere
%
Anzahl
6
6
100
0
171
171
100
9
Stoffen *
%
Anzahl
%
Anzahl
4
67
0
5
162
95
1
%
1
7
6
86
0
5
71
0
Himbeere
31
27
87
2
6
23
74
4
13
Johannisbeere
97
92
95
17
18
87
90
18
19
36
36
100
3
8
35
97
7
19
348
338
97
31
9
316
91
30
9
Stachelbeere
Gesamt
Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten
Jahresbericht 2006
97
Strauchbeerenobst deutscher Herkunft – geringere Beanstandungsquote im Vergleich zum Vorjahr,
nach wie vor erhöhte Beanstandungsquoten bei Johannisbeeren
In 16 Proben (17 %) der untersuchten
Bei Himbeeren deutscher Herkunft
mengenüberschreitungen, als auch
94 Proben Johannisbeeren deutscher
wurden in 2 (9 %) der 22 untersuch-
Befunde von nicht zugelassenen
Herkunft wurden Höchstmengenüber-
ten Proben Überschreitungen von
Pflanzenschutzmitteln immer noch
schreitungen festgestellt, weiterhin
Rückstandshöchstmengen festge-
auffallend häufig vorkommen.
wurden in 17 Proben (18 %) Rück-
stellt. In Proben von 2 Erzeugern
stände nicht zugelassener Pflanzen-
wurde der in Deutschland nicht zuge-
schutzmittel nachgewiesen. Dabei
lassene Wirkstoff Bifenthrin nachge-
handelte es sich in 4 Fällen um in
wiesen. In 2 weiteren Proben wurden
Deutschland generell nicht zugelas-
Pflanzenschutzmittelrückstände nach-
sene Wirkstoffe, in 13 Fällen wurden
gewiesen, die für eine Anwendung
Pflanzenschutzmittel nachgewiesen,
bei anderen Kulturen – jedoch nicht
die für eine Anwendung bei anderen
bei Himbeeren – zugelassen sind.
Kulturen – jedoch nicht bei Johannis-
Auch in einheimischen kultivierten
beeren – zugelassen sind (Verstöße
Heidelbeeren und Brombeeren
gegen die Indikationszulassung).
werden üblicherweise Pestizidrück-
Bei Stachelbeeren wurden in 3 (9 %)
der 35 untersuchten Proben deutscher Herkunft Überschreitungen
von Rückstandshöchstmengen fest-
stände festgestellt, die ermittelten
Rückstandsgehalte sowie das festgestellte Wirkstoffspektrum waren
jedoch erfreulicherweise unauffällig.
Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die
Beanstandungsquote jedoch verringert, was u. a. auf verstärkte Informationsangebote für einheimische
Obstanbauer und Änderungen in der
Zulassungssituation zurückzuführen
ist. Aufgrund der vergleichsweise
hohen Beanstandungsquote insbesondere bei Johannisbeeren werden
die Untersuchungen jedoch auch im
Jahr 2007 auf hohem Niveau fortge-
Tabelle:
setzt. Durch Veröffentlichungen und
Rückstände in
Schulungen des amtlichen Pflanzen-
Johannisbeeren,
schutzdienstes werden die Erzeuger
Stachelbeeren
und Vermarkter auf die Problemstel-
und Himbeeren
gestellt. In 6 Fällen wurden Pflanzen-
Zusammenfassend ist festzustellen,
lung sowie ihre Sorgfaltspflicht hinge-
aus einheimischer
schutzmittel nachgewiesen, die für
dass in den Beerenobstkulturen Jo-
wiesen und durch intensive Beratung
Erzeugung
eine Anwendung bei anderen Kultu-
hannisbeeren, Stachelbeeren und
wird Hilfestellung zur Verbesserung
2005 – 2006
ren – jedoch nicht bei Stachelbeeren –
Himbeeren weiterhin sowohl Höchst-
der Rückstandssituation gegeben.
zugelassen sind.
HM = Höchstmenge
* Summe. Diese
Obstkultur
Johannisbeeren
Stachelbeeren
Himbeeren
Jahr
Proben
Proben mit
Proben mit
beinhaltet sowohl
Anzahl
Rückständen
nicht zugelassenen
Stoffe, die generell
> HM
Stoffen *
in Deutschland zur
Anzahl
%
Anzahl
%
2005
53
9
17
20
38
2006
94
16
17
17
18
2005
14
3
21
4
29
2006
35
3
9
6
17
2005
19
4
21
4
21
2006
22
2
9
4
18
Erdbeeren – geringe Quote an Höchstmengen-
Tafeltrauben – geringere Höchstmengen-
überschreitungen
überschreitungsquote
In diesem Jahr wurden 171 Proben, davon 85 Proben aus
Tafeltrauben gehören nach wie vor zu den Obstarten, die
Deutschland, auf Pestizidrückstände untersucht. In al-
vergleichsweise viele Rückstandsbefunde aufweisen. Er-
len untersuchten Erdbeeren aus konventionellem Anbau
freulicherweise waren in 2006 jedoch deutlich weniger
wurden Pflanzenschutzmittelrückstände nachgewiesen –
Proben von Tafeltrauben aufgrund von Höchstmengenü-
hierbei waren in 95 % der Proben Rückstände mehrerer
berschreitungen zu beanstanden als die Jahre zuvor. Im
Wirkstoffe festzustellen. Bei 2 Proben deutscher und 7
Jahr 2006 wurden 147 Proben Tafeltrauben auf Rückstände
Proben ausländischer Erdbeeren wurden Höchstmengen-
an Pflanzenschutzmitteln untersucht. 141 (96 %) Proben
überschreitungen festgestellt.
wiesen Rückstände von Pflanzenschutzmitteln auf, wobei
Der positive Trend eines vergleichsweise niedrigen Ni-
bei 14 Proben (10 %) die Rückstandsgehalte über der ge-
veaus an Höchstmengenüberschreitungen hat sich aber
setzlich festgelegten Höchstmenge lagen. Im Jahr 2005 be-
erfreulicherweise bestätigt: 2004 waren es noch insgesamt
trug die Beanstandungsquote aufgrund von Höchstmengen-
13 % Höchstmengenüberschreitungen im Vergleich zu 4 %
überschreitungen dagegen noch 17 %. Insgesamt wurden
(2005) und 5 % (2006).
in den untersuchten Tafeltrauben 82 verschiedene Pestizide
Anwendung nicht
zugelassen sind,
als auch Stoffe, die
zwar in Deutschland, nicht aber
zur Anwendung in
dieser Kultur zugelassen sind.
98
Lebensmittelüberwachung BW
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
nachgewiesen – die durchschnittliche Anzahl lag bei 6,4 ver-
Sultaninen – auffallend viele Rückstandsbefunde
schiedenen Wirkstoffen je Probe wobei bis zu 21 Pestizide
je Probe
in einer Probe festgestellt wurden (ausführlicher Bericht im
Internet unter www.cvua-stuttgart.de
).
Bezogen auf die jeweiligen Anbauländer bestehen nach
wie vor deutliche Unterschiede hinsichtlich der Rückstandssituation. Erfreulicherweise waren bei den untersuchten
einheimischen Tafeltrauben weder Höchstmengenüberschreitungen noch Rückstände nicht zugelassener Stoffe
feststellbar.
4 von 16 auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln untersuchten Proben Sultaninen wiesen Höchstmengenüberschreitungen der Wirkstoffe Flufenoxuron bzw. Lufenuron
auf. Auffallend bei den untersuchten Proben war jedoch die
hohe Anzahl an nachgewiesenen Wirkstoffen: Durchschnittlich waren 9 Wirkstoffe pro Probe nachweisbar, im Maximum jedoch bis zu 33 Wirkstoffe pro Probe. Ursächlich für
diese hohe Anzahl an Wirkstoffen dürfte die Vermischung
unterschiedlich behandelter Traubenpartien sein.
Kernobst – keine Höchstmengenüberschreitungen festgestellt
Die Untersuchung von 68 Proben
Äpfeln und 42 Proben Birnen aus
konventioneller Erzeugung – da-
Lebensmittel-Monitoring
Im Jahr 2006 wurden im Rahmen
von insgesamt 69 Proben aus
des Lebensmittel-Monitorings am
Deutschland – ergab in keinem
CVUA Stuttgart insgesamt 206
Fall Beanstandungen wegen
Lebensmittelproben auf ein Spek-
Höchstmengenüberschreitun-
trum von ca. 400 verschiedenen
gen. Nachweisbare Rückstän-
Pestizidwirkstoffen untersucht.
de meist mehrerer Wirkstoffe
183 dieser Proben stammten aus
sind auch bei Kernobst die Re-
konventionellem und 23 Proben aus
gel, wobei jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen
einheimischer und importierter Ware
festzustellen sind. Rückstände von für
den Kernobstanbau nicht zugelassenen Pflanzenschutzmitteln wurden lediglich in einer Birnenprobe nachgewiesen (Dichlofluanid). Erfreulicherweise
waren im Jahr 2006 keine auffälligen Rückstandsbefunde der Wachstumsregulatoren Chlormequat
und Mepiquat in einheimischen Birnen mehr feststellbar.
ökologischem Anbau. In 85 % der
konventionell erzeugten Proben konnten Rückstände an Pflanzenschutzmitteln
nachgewiesen werden, 15 der 183 Proben
(8 %) wiesen Rückstandsgehalte auf, die über den
gesetzlich festgelegten Höchstmengen lagen.
Das Lebensmittel-Monitoring wird seit 4 Jahren in zwei sich
ergänzenden Untersuchungsprogrammen durchgeführt:
Untersuchung von Lebensmitteln des aus dem Ernährungsverhalten der Bevölkerung entwickelten Warenkorbes, um
die Rückstandssituation unter repräsentativen Beprobungsbedingungen verfolgen zu können (Warenkorb-Monitoring),
Steinobst – Höchstmengenüberschreitungen
und Rückstände nicht zugelassener Wirkstoffe bei
Pflaumen
und Untersuchungen zu speziellen aktuellen Fragestellungen in Form von Projekten (Projekt-Monitoring). Im Warenkorb-Monitoring wurden in diesem Jahr 70 Proben (Aubergine (20), Eichblattsalat (18), Tafelweintraube (23), Tee (9)),
Insgesamt wurden 133 Proben Steinobst aus konventio-
im Projekt-Monitoring 136 Proben (Paprika (33) und anderes
nellem Anbau auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln
Gemüse (103)) untersucht. Die bundesweiten Ergebnisse
untersucht. Bei Süßkirschen (6 %), Nektarinen (7 %), Apri-
des Lebensmittel-Monitorings werden im gemeinsamen
kosen (7 %) wurden Überschreitungen von Höchstmen-
Bericht des Bundes und der Länder (www.bvl.bund.de
gen festgestellt, bei Mirabellen und Nektarinen erfreu-
veröffentlicht werden.
licherweise nicht. Auffällig waren Pflaumen: in 4 (10 %)
von 39 untersuchten Proben wurden Höchstmengenüberschreitungen festgestellt, 3 dieser Proben stammten aus
Deutschland. Bei 3 Proben einheimischer Erzeuger wurden
darüber hinaus Rückstände von nicht zur Anwendung bei
Pflaumen zugelassener Wirkstoffe (Indikationszulassung)
nachgewiesen.
)
Das CVUA Stuttgart bearbeitete auch in diesem Jahr wieder
federführend das Projekt „Herbizidrückstände in bestimmten Gemüsearten“. Ziel diese Projektes war es, die gezielte
Untersuchung verschiedener Gemüsekulturen auf Rückstände anwendungsrelevanter Herbizide verschiedener
Stoffklassen des Jahres 2005 fortzuführen und auf andere Gemüsesorten auszudehnen, um weitere Rückstandsdaten zu der mengenmäßig am meisten ausgebrachten
Pestizidgruppe der Herbizide zu erhalten.
Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten
Jahresbericht 2006
99
Lebensmittel tierischer Herkunft
Gesamtergebnisse
Insgesamt wurden 894 Proben Lebensmittel tierischer Herkunft auf Rückstände an Pflanzenschutzmitteln und
persistente organische Kontaminanten untersucht. Davon wurden 541 Proben im Handel sowie 287 Proben bei
Erzeugern im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplanes entnommen. 66 Fischproben stammten aus
dem Rhein im Regierungsbezirk Freiburg.
Da es ein Hauptanliegen der Lebensmittelüberwachung ist,
(Summe der Parlar Kongeneren 26, 50, 62) von Bedeu-
das Vorkommen von unerwünschten Stoffen in Lebensmit-
tung. Im Folgenden wird daher hauptsächlich auf diese
teln und damit eventuelle Gefährdungspotenziale frühzeitig
Stoffgruppen eingegangen.
zu erkennen und darüber hinaus auf längere Sicht zeitliche
Trends in der Kontamination aufzuzeigen, wird die Über-
Irische Butter
wachung immer mehr nach Monitoring-Gesichtspunkten
Verunreinigung mit Kontaminanten auf sehr niedri-
ausgerichtet. Das bedeutet systematisches Messen und
gem Niveau
Beobachten der Rückstandssituation. Die Rückstandsgehalte an Altlasten nehmen in Lebensmitteln tierischer Her-
Im Rahmen des Lebensmittel-Monitoringprogrammes wur-
kunft kontinuierlich ab, was sich daran zeigt, dass der Anteil
den 22 Proben Butter mit Herkunft Irland untersucht. Dabei
der Proben mit nachgewiesenen Rückständen von 96 %
fanden sich nur sehr geringe Gehalte an Organochlorpes-
über 86 % in den Vorjahren auf jetzt 74 % zurückgegangen
tiziden, während Industriekontaminanten wie PCB oder
ist. Höchstmengenüberschreitungen sind nur in Einzel-
PBDE gar nicht nachgewiesen wurden.
fällen zu beobachten. In diesem Jahr wurde bei keinem
Irland ist ein Agrarland, dass nur in geringem Umfang
Lebensmittel eine Beanstandung wegen Höchstmengen-
Einflüssen durch industrielle Verschmutzung ausgesetzt
überschreitung ausgesprochen, jedoch wurden bei 23 %
ist. Nichtsdestotrotz wurden Rückstände der sehr lang-
der Rheinfische (Aale) Höchstmengenüberschreitungen an
lebigen Organochlorpestizide wie z. B. Hexachlorbenzol,
HCB und in einem Fall überhöhte PCB-Gehalte festgestellt.
DDT, Dieldrin und Endosulfan sehr wohl nachgewiesen,
Ein Bericht zu den Ergebnissen der Rheinfische wird an
allerdings auf sehr niedrigem Niveau. Der höchste fest-
anderer Stelle publiziert.
gestellte Wert betrug 2,15 µg / kg Fett für Hexachlorbenzol
(siehe Tabelle).
Bedeutung und Untersuchungsumfang
Käse
Persistente chlor- und bromorganische Verbindungen reichern sich über die Nahrungskette im Fettgewebe von
Die Schadstoffbelastung von Käse ist ebenfalls gering. Grie-
Tieren an. Lebensmittel tierischer Herkunft stellen daher
chischer Schafskäse fällt jedoch aus dem Rahmen.
die Hauptquelle für die Aufnahme dieser Stoffe durch den
71 Proben Käse mit mittleren Fettgehalten kamen zur Unter-
Verbraucher dar. Das Untersuchungsspektrum umfasste
suchung. Kuhmilchkäse aus Deutschland und der Schweiz
die Stoffgruppen der chlor- und bromorganischen Kontami-
stellte dabei die größte Gruppe, aber auch 19 Schafs- und
nanten, Pestizide sowie Nitromoschusverbindungen.
Ziegenkäse aus Deutschland, den Niederlanden, Frankreich
Als besonders relevant und repräsentativ für die Belas-
und Griechenland waren vertreten. Insgesamt zeigten sich
tung mit Altpestizidrückständen und Kontaminanten sind
auch hier nur niedrige Belastungen mit Rückständen an
die Stoffe Hexachlorbenzol (HCB), Lindan (gamma-HCH),
Pestiziden oder mit Kontaminanten. Der höchste Gesamt-
Gesamt-DDT, PCB 153 (Indikatorkongener), Dieldrin, Ge-
mittelwert aller Proben wurde für DDT mit 0,05 mg / kg Fett
samt-Endosulfan, Moschusxylol sowie die Summe der
ermittelt. Auffällig waren allerdings Schafskäseproben aus
polybromierten Diphenylether (PBDE, Summe aus BDE
Griechenland, die im Mittel weitaus höhere Gehalte auf-
28, 47, 99, 100, 153 und 154) anzusehen. Bei den Fischen
wiesen, insbesondere an DDT, Lindan und Endosulfan. Bei
sind noch einige spezielle Kontaminanten wie Nonachlor,
einer Probe wurde sogar eine nominelle Überschreitung
Chlordan, Tribromanisol, Trichlosan-methyl und Toxaphen
der Höchstmenge für Lindan festgestellt, die jedoch wegen
Rückstände
HCB
gamma-HCH Summe DDT
PCB 153
Dieldrin
Endosulfan
Moschus-
Summe
Xylol
PBDE
Gehalte in µg / kg Fett
min.
nn
nn
nn
nn
nn
nn
nn
nn
max.
2,15
nn
1,34
nn
1,15
1,20
nn
nn
Mittelwert
1,63
nn
0,72
nn
0,31
0,05
nn
nn
Median
1,78
nn
0,89
nn
0,25
nn
nn
nn
Tabelle:
Rückstände in
irischer Butter
Lebensmittelüberwachung BW
100
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
des zu berücksichtigenden analytischen Streubereiches
Kuh (D, CH)
noch nicht zu einer Beanstandung führte.
Schafs- und Ziegenkäseproben aus Deutschland, Frankreich
Schaf, Ziege (D, F, NL)
und den Niederlanden waren in ihrer Schadstoffbelastung
Schaf (GR)
mit den Kuhmilchkäsen vergleichbar, sodass die Vermu-
Mittelwert (mg / kg Fett)
tung nahe liegt, dass die deutlich höhere Belastung der
griechischen Schafskäseproben ihre Ursache in regionalen
Grafik: Organische Kontaminanten in Käse nach Tierart /
Einflüssen des Herkunftslandes hat.
Herkunft
0,025
0,025
0,020
0,020
0,015
0,015
0,010
0,010
0,005
0,005
0,000
0,000
HCB
gammaHCH
Summe
DDT
Dieldrin
PCB
153
Endosulfan
MoschusXylol
Summe
PBDE
Org. Kont. Käse 2006
Eier
Eier aus Käfighaltung weisen die geringste Schadstoffbelastung auf.
123 Hühnereiproben wurden auf das relevante Rückstands-
Freilandhaltung auftraten, während Eier aus Käfighaltung
und Schadstoffspektrum untersucht. Insgesamt zeigte
bei allen relevanten Schadstoffen im Mittel die geringsten
sich – von wenigen Einzelfällen abgesehen – eine erfreulich
Werte aufwiesen. Dies erklärt sich dadurch, dass Lege-
niedrige Belastung der Eier mit Schadstoffen. Bei keinem
hennen in Käfighaltung von Umwelteinflüssen weitge-
der untersuchten Stoffe lag der Medianwert über alle Pro-
hend abgeschlossen sind und mit kontrollierbarem Futter
ben höher als 0,002 mg / kg Fett. Der höchste gemessene
versorgt werden, während in biologischer Haltung sowie
Wert betrug 0,15 mg / kg Fett für DDT in einer Eiprobe aus
in Freiland- und Bodenhaltung ein schwer kontrollierbarer
ökologischer Produktion. Dieser Wert lag aber noch unter
Einfluss von den Auslaufflächen ausgeht, die die Tiere mehr
der zulässigen Höchstmenge von 0,5 mg / kg Fett.
oder weniger intensiv nutzen. Da Hühner durch Scharren
Dank der jetzt vorgeschriebenen Herkunftskennzeichnung
und Picken relativ viele Bodenpartikel aufnehmen, kann es
(„Ei-Stempel“) war bei nahezu allen Proben bekannt, aus
bei entsprechender umweltbedingter Schadstoffbelastung
Bio
welcher Haltungsform sie stammten (ökologische Produk-
zu einer Anreicherung der fettlöslichen Kontaminanten im
Freiland
tion, Freilandhaltung, Bodenhaltung oder Käfighaltung),
Tierkörper und dann zu einer erhöhten Belastung der Eier
sodass eine Auswertung der Schadstoffbelastung in Ab-
kommen.
Käfighaltung
Gehalte (Mittelwerte für DDT und PCB 153) bei Eiern aus
Mittelwert (mg / kg Fett)
Bodenhaltung
hängigkeit von der Haltungsform vorgenommen werden
konnte. Dabei zeigte sich, dass die mit Abstand höchsten
Grafik: Organische Kontaminanten in Eiern nach Haltungsform
0,012
0,012
0,010
0,010
0,008
0,008
0,006
0,006
0,004
0,004
0,002
0,002
0,000
HCB
gammaHCH
Summe
DDT
PCB
153
Org. Kont. Eier 2006
Dieldrin
Endosulfan
MoschusXylol
Summe
PBDE
0,000
Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten
Jahresbericht 2006
101
Fische und Fischerzeugnisse
Kein Fischprodukt bietet mehr organische Schadstoffe als Dorschleber.
Im Rahmen des bundesweiten Warenkorb-Lebensmittel-
Die Belastung der Aale wird nur noch von den Dorsch-
Monitorings wurden 15 geräucherte Aalproben, 16 Schwert-
leberproben übertroffen. Hier finden sich z. B. 6 fach höhe-
fisch- und 18 Dorschleber-Proben untersucht. Außerdem
re Werte für DDT und 3fach höhere für PCB. Was den
kamen im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollpla-
Verzehr betrifft, nimmt der Verbraucher sogar bei gleicher
nes (NRKP), eines speziellen Öko-Monitoringprogrammes
Verzehrsmenge 9-mal mehr DDT und 5-mal mehr PCB mit
des Landes Baden-Württemberg und der üblichen Lebens-
Dorschleber auf als mit Aal. Dorschleber im eigenen Öl ist
mittelüberwachung 24 Forellen- aus heimischer Fischzucht
als Konserve im Handel erhältlich, wobei Öl und Leber in
und 11 teilweise geräucherte Lachsproben zur Untersu-
gleicher Höhe kontaminiert sind.
chung auf Pestiziden sowie chlor- und bromhaltigen Konta-
Ein besonderer Befund von Heptachloro-1‘-methyl-1,2‘-
minanten. Die Belastung der unterschiedlichen Fischarten
Bipyrrole (Q1) ergab sich in einer Probe Schwertfisch aus
wird durch eine Auswahl an relevanten Stoffen im Vergleich
dem Indischen Ozean. Diese Verbindung gehört zu einer
dargestellt. Danach zeigt sich bei allen Fischarten als Haupt-
Vielzahl von halogenierten Naturstoffen, die Forschergrup-
komponente das Gesamt-DDT mit den höchsten mittleren
pen inzwischen weltweit nicht nur in Fischen, sondern auch
Gehalten bei Aalen und Schwertfisch von je 0,12 mg / kg
in Meeressäugern nachweisen. Die halogenierten Stoffe
Fett. Da die Fettgehalte von Schwertfisch unter 10 % (Mit-
natürlichen Ursprungs reichern sich wohl ebenso wie die
telwert: 2,6 %), von Aalen jedoch im Mittel bei 32 % la-
industriell erzeugten POPs (persistent organic pollutents)
gen, nimmt der Verbraucher bei Verzehr eines fettreichen
in der Nahrungskette an. Sie kommen vorrangig im Meer
Fisches absolut deutlich mehr Schadstoffmenge auf als mit
vor und werden dort von niederen Organismen wie Algen,
einem fettarmen Fisch. So ist die Aufnahmemenge von
Schwämmen und Würmern produziert.
DDT und PCB beim Aal am höchsten, gefolgt von Toxaphen
Aal
(Parlar), Dieldrin und HCB bei Aal sowie DDT, Tribromanisol
Forelle
und Toxaphen (Parlar) bei Lachs.
Lachs
0,045
0,045
0,040
0,040
0,035
0,035
0,030
0,030
0,025
0,025
0,020
0,020
0,015
0,015
0,010
0,010
0,005
0,005
0,000
Mittelwert (mg / kg Frischgewicht)
Schwertfisch
Grafik: Unterschiedliche Fischarten – Beitrag zur Belastung des Verbrauchers
0,000
HCB
Nonachlor
DDT
PCB
153
Dieldrin
Chlordan
Tribromanisol
PBDE
Trichlosanmethyl
Parlar
Org.Kont.Fischart 2006
0,14
0,14
0,12
0,12
0,10
0,10
0,08
0,08
0,06
0,06
0,04
0,04
0,02
0,02
0,00
0,00
HCB
Nonachlor
DDT
PCB
153
Dieldrin
Org.Kont.Fische 2006
Chlordan
Tribromanisol
PBDE
Trichlosanmethyl
Parlar
Mittelwert (mg / kg Fett)
Grafik: Vergleich der Belastung von Fischen mit organischen Kontaminanten
Lebensmittelüberwachung BW
Mittelwert (mg / kg Frischgewicht)
102
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
0,40
0,40
0,35
0,35
0,30
0,30
0,25
0,25
0,20
0,20
0,15
0,15
0,10
0,10
0,05
0,05
0,00
0,00
HCB
Nonachlor
DDT
PCB
153
Dieldrin
Chlordan
Tribromanisol
Org.Kont._Aal 2006
Grafik: Aal und Dorschleber im Vergleich – Beitrag zur Belastung des Verbrauchers
PBDE
Trichlosanmethyl
Aal
Parlar
Dorschleber
Fleisch
Schweineleber und Straußenfleisch heben sich von anderen Fleischarten ab.
Im bundesweiten Lebensmittel-Monitoring wurden 21 Pro-
Bei Lamm- und Ziegenfleisch liegen bis auf den Gesamt-
ben Rinder- und 16 Proben Schweineleber untersucht, die
DDT -Gehalt bei Ziege (0,019 mg / kg Fett) alle mittleren
mit 129 Proben Rind- und 88 Proben Schweinefleisch – teil-
Rückstandsgehalte unter 0,01 mg / kg Fett und weisen
weise im NRKP beprobt – verglichen wurden.
damit die ubiquitäre Hintergrundbelastung für Fleisch auf.
Eine Auswahl von relevanten und repräsentativen Pestiziden und Kontaminanten zeigt die höchste Belastung bei
Rinderleber, während Rindfleisch deutlich geringer kontaminiert ist. Auffällig ist ein erhöhter mittlerer beta-HCH-
Aus der Gruppe der Pyrethroide und Phosphorsäureester
wurden lediglich in zwei Proben positive Befunde unter
der Höchstmenge festgestellt (Permethrin, Fenvalerat und
Fenitrothion).
Gehalt von 0,018 mg / kg Fett, während die übliche Hintergrundbelastung für Fleisch bei etwa 0,001 mg / kg Fett liegt.
Für PCB 153 ergibt sich sogar ein mittlerer Gehalt von 0,025
mg / kg Fett. Im Gegensatz zur Rinderleber ist Schweineleber ebenso wie Schweinefleisch fast rückstandsfrei.
Darüber hinaus wurden noch einige andere Fleischarten bezüglich persistenter Stoffe miteinander verglichen. Während
Geflügel nur noch im Spurenbereich Rückstände aufweist,
Grafik: Fleisch und Leber von Rind und Schwein im Vergleich
ist Straußenfleisch deutlich höher belastet. Hier zeigte sich
vor allem ein erhöhter mittlerer Gesamt-DDT -Gehalt von
0,12 mg / kg Fett. Auch bei den anderen Pestiziden / Konta-
Mittelwert (mg / kg Fett)
minanten nimmt Straußenfleisch die Spitzenposition ein.
Rindfleisch
Schweinefleisch
Rinderleber
Schweineleber
0,025
0,025
0,020
0,020
0,015
0,015
0,010
0,010
0,005
0,005
0,000
0,000
HCB
betaHCH
Lindan
DDT
PCB
153
Org. Kont. Schwein 2006
Dieldrin
Endosulfan
Moschusketon
PBDE
Jahresbericht 2006
103
0,12
0,12
0,10
0,10
0,08
0,08
0,06
0,06
0,04
0,04
0,02
0,02
0,00
0,00
HCB
betaHCH
Lindan
DDT
PCB
153
Org. Kont. Fleisch 2006
Grafik: Verschiedene Fleischarten im Vergleich
Dieldrin
Endosulfan
Moschusketon
Geflügel
Lamm
Straußenfleisch
Ziegenfleisch
PBDE
Honig
Honig kann ein gutes „Rückstandszeugnis“ ausgestellt werden
21 Proben Honig wurden im Rahmen des Nationalen Rück-
ist ein Akarizid, das im Bienenstock zur Bekämpfung der
standskontrollplans auf Organochlor- und Organophosphor-
Varroa-Milbe eingesetzt wird. Eine Höchstmenge ist für die-
Verbindungen, Pyrethroide und weitere akarizid wirksame
sen Stoff nicht festgelegt. Nach diesen Ergebnissen lässt
Stoffe untersucht. Außer einer Spur von Brompropylat in
sich somit dem Lebensmittel Honig ein gutes Zeugnis in
einer Probe war ansonsten Coumaphos als einziger Stoff
Bezug auf Verunreinigungen mit Pestizidrückständen und
in 76 % der Proben enthalten, wobei der Median- und Mit-
Kontaminanten ausstellen.
telwert jeweils lediglich 0,001 mg / kg betrug. Coumaphos
Mittelwert (mg / kg Fett)
Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten
104
Lebensmittelüberwachung BW
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Öko-Monitoring – Rückstandsuntersuchungen bei
Lebensmitteln aus ökologischer Produktion
Baden-Württemberg führt im Zusammenhang mit der vom Ministerrat des Landes beschlossenen Gesamtkonzeption zur Förderung des ökologischen Landbaus zusätzlich ein spezielles Untersuchungsprogramm
für Lebensmittel aus ökologischem Landbau durch. Da dieses Öko-Monitoring im Rahmen der amtlichen
Lebensmittelüberwachung erfolgt, werden Lebensmittel aus ökologischem Anbau systematischer und
häufiger als in der Vergangenheit auf Rückstände und Kontaminanten untersucht. Ziel des Öko-Monitorings
ist es, in dem stark expandierendem Marktsegment Verbrauchertäuschungen besser zu erkennen und somit
das Verbrauchervertrauen in die Qualität ökologisch erzeugter Lebensmittel zu stärken.
Die ausführliche und tabellarische Darstellung der Untersuchungsergebnisse des Öko-Monitorings 2006
werden in einem gesonderten Bericht im Internet veröffentlicht (www.cvua-stuttgart.de
).
Pflanzliche Lebensmittel
Weitgehende Rückstandsfreiheit
Untersuchungsergebnisse bei
Wurzelgemüse aus ökologischem
bei pflanzlichen Lebensmitteln
pflanzlichen Lebensmitteln
Anbau
aus ökologischem Anbau
Im Jahr 2006 wurden insgesamt 504
Insgesamt wurden 38 Proben Öko-
Wie in den Vorjahren weist ökologi-
Proben pflanzlicher Lebensmittel aus
Wurzelgemüse untersucht, wobei
sches Obst und Gemüse signifikant
ökologischem Anbau auf Rückstände
ein deutlicher Schwerpunkt bei Ka-
geringere Rückstandsgehalte als kon-
an Pflanzenschutzmitteln untersucht.
rotten lag (34 Proben). Die 4 Proben
ventionell erzeugte Ware auf. Bei der
Die vollständigen Ergebnisse sind im
Rote Bete wiesen keine Rückstände
überwiegenden Anzahl der Proben
Bericht über das Öko-Monitoring 2005
auf. Wie bereits 2005 wurden auch im
aus ökologischem Anbau waren kei-
im Internet unter www.cvua-stutt-
Jahr 2006 viele Herbizide miterfasst
ne Pestizidrückstände nachweisbar.
gart.de
abrufbar. Nachfolgend eine
und in vergleichsweise vielen Proben
Sofern Rückstände festgestellt wur-
Auswahl der Ergebnisse:
den, handelte es sich meist nur um
in kleinen Konzentrationen nachgewiesen. Während deutsche Karotten
Rückstände einzelner Wirkstoffe im
Blattgemüse aus ökologischem
überwiegend rückstandsfrei waren
Spurenbereich (< 0,01 mg / kg) und
Anbau
(lediglich 1 Probe enthielt Spuren an 2
damit deutlich unterhalb der Kon-
Von 57 untersuchten Blattgemüse-
Pestiziden), enthielten 9 der 10 Proben
zentration, die üblicherweise nach
Proben wiesen lediglich 2 Proben
italienischer Bio-Karotten Rückstände.
Rückstände über 0,01 mg / kg auf.
Nahezu alle Karottenproben enthiel-
Anwendung entsprechender Wirkstoffe im Erntegut festgestellt
BIO !
ten ein oder sogar mehrere Herbizide.
werden kann. Da sich die Rück-
Fruchtgemüse aus ökologischem
Ferner wurden auch Rückstände an
standssituation bei Bio-Paprika
Anbau
Fungiziden und Insektiziden nachge-
und -Tafeltrauben im Jahr 2006
deutlich verbessert hat, hat die
Beanstandungsquote bei frischen
Erzeugnissen im Vergleich zum Vorjahr erfreulicherweise wieder abgenommen: 4,9 % 2006, 8,4 % 2005,
nur 3,6 % 2004 und 4,5 % 2003. Da
jedoch gerade bei einem knappen
Angebot und einer stark steigenden
Nachfrage Verfälschungen besonders
lukrativ sind, soll der Markt auch im
Jahr 2007 aufmerksam beobachtet
werden.
Insgesamt wurden 64 Proben, v. a. Paprika und Tomaten, auf Pflanzenschutzmittelrückstände untersucht. Lediglich
3 % der Proben enthielten Pestizidrückstände über 0,01 mg / kg (ohne
die für die ökologische Landwirtschaft
zugelassenen natürlichen Stoffe). In 3
Fällen wurde die Öko-Kontrollstelle auf
erhöhte Gehalte hingewiesen. Damit
hat sich die Situation bei Fruchtgemüse im Vergleich zum Vorjahr deutlich
verbessert: 2005 wurde bei 5 Proben
(10 %) die Bezeichnung „aus ökologischem Anbau“ als irreführend beurteilt, eine Probe wies einen Rückstandsgehalt über der gesetzlich festgelegten Höchstmenge auf.
wiesen. Insgesamt wurden 5 der 34
Karottenproben (15 %!) als irreführend
gekennzeichnet beanstandet. Diese
hohe Beanstandungsquote deutet
darauf hin, dass bei Öko-Karotten die
Nachfrage größer ist als das Angebot
und deshalb möglicherweise auch
konventionelle Ware als Öko-Ware vermarktet wird. Bereits in den Vorjahren
waren italienische Bio-Karotten wegen
der vergleichsweise hohen Pestizidgehalte aufgefallen. Aufgrund der Auffälligkeiten werden die Untersuchungen
im Jahr 2007 fortgeführt.
Öko-Monitoring
Jahresbericht 2006
Kartoffeln aus ökologischem
Damit haben die 2005 ergriffenen
Pflanzliche Öle aus ökologischem
Anbau
Maßnahmen zu einer drastischen
Anbau
Im Jahr 2006 wurden insgesamt 23
Proben Kartoffeln aus ökologischem
Anbau auf Pflanzenschutzmittelrückstände untersucht. 11 Proben
wiesen Rückstände auf, wobei die
Rückstandsgehalte von 7 Proben
Verbesserung der Rückstandssituation bei Zuchtchampignons aus ökologischem Anbau geführt.
Insgesamt wurden 16 Proben pflanzliche Öle aus ökologischem Anbau auf
Pestizidrückstände untersucht. Bei
pflanzlichen Ölen muss bei der Beur-
Beerenobst aus ökologischem
teilung noch ein Verarbeitungsfaktor
Anbau
berücksichtigt werden, da sich lipo-
(30 %) über 0,01 mg / kg lagen. Die
Insgesamt wurden 59 Proben Beeren-
Bezeichnung „aus ökologischem An-
obst aus ökologischem Anbau
bau“ wurde bei einer Probe, aufgrund
auf Pestizidrückstände unter-
überhöhter Propamocarb-Rückstän-
sucht. 2 Proben Tafeltrauben
de, als irreführend beurteilt. 6 Proben
wiesen Rückstände über
Früh-Kartoffeln aus Israel und Ägypten
0,01 mg / kg auf, bei diesen
wiesen Rückstände des nach Öko-VO
Proben erfolgte ein Hinweis
nicht zugelassenen Keimhemmungs-
auf die erhöhten Gehalte. Die Zahl
mittels Chlorpropham auf, die Gehalte
der Proben mit Mehrfachrückständen
Chlorpyrifos, Endosulfan und Procy-
lagen bei 4 Proben über 0,01 mg / kg.
ist bei Tafeltrauben vergleichsweise
midon nachweisbar. Bei Pirimiphos-
Die Untersuchungen bei Öko-Kartof-
hoch und könnte auf die zum Teil recht
methyl handelt es sich um einen
feln werden aufgrund dieser Rück-
kleine Parzellierung im Weinbau und
Stoff, der häufig bei der Lagerhaltung
standsbefunde im Jahr 2007 intensi-
damit stärker zum Tragen kommende
von Getreide und Ölsaaten eingesetzt
viert werden.
Abdriftproblematik hindeuten.
wird. Es dürfte sich demnach um Kon-
phile Pflanzenschutzmittel im Fettanteil der Ölsaaten anreichern. Bei
O!
K
Ö
5 Proben waren Rückstände
> 0,01 mg / kg nachweisbar,
es wurde jedoch keine Probe
beanstandet (Verarbeitungsfaktor). Am häufigsten waren
Rückstände an Pirimiphos-methyl,
taminationen in den Lagerhallen oder
Zuchtpilze aus ökologischem
Zitrusfrüchte aus ökologischem
Mühlen handeln. Hier müssen die
Anbau
Anbau
Betreiber noch größere Sorgfalt auf-
Die Beanstandungsquote war 2005
Insgesamt wurden 58 Proben Zitrus-
bei Zuchtpilzen mit 23 % sehr hoch,
früchte aus ökologischem Anbau auf
deshalb wurden die Untersuchungen
Pestizidrückstände und Rückstände
zu Pilzen im Jahr 2006 fortgeführt. Ins-
von Oberflächenbehandlungsmit-
gesamt wurden 23 Proben Zuchtpilze
teln untersucht. Während 2004 noch
aus ökologischem Anbau auf Pestizid-
eine relativ große Anzahl von Bio-
rückstände untersucht. 4 Proben Aus-
Zitrusfrüchten geringe Gehalte an
ternseitlinge und eine Probe andere
Oberflächenkonservierungsstoffen
Pilze wiesen Rückstände an Chlor-
aufwiesen (Kontamination der Öko-
mequat über 0,01 mg / kg auf. Dieser
Ware in der Packstelle) scheint die-
Wirkstoff wird als Halmverkürzer im
ses Problem 2006 weitgehend ge-
konventionellen Getreideanbau einge-
löst zu sein: Nur 4 Proben enthielten
setzt und gelangt vermutlich über das
Rückstände an Orthophenylphenol,
Substrat, auf dem die Pilze gezüchtet
Imazalil und Thiabendazol. Auffäl-
werden, in das Lebensmittel. Nach An-
lig waren jedoch Zitronen meist aus
hang I Nr. 5 der Öko-V muss im Bio-
Italien oder Spanien, bei denen zum
Landbau jedoch auch das Substrat
Teil erhebliche Gehalte an Akariziden
(Stroh) von Bio-Getreide stammen.
(Fenbutatin-oxid, Dicofol, Tetradifon)
Die Anwendung von Halmverkürzern
festgestellt wurden. 7 der 38 Proben
ist hier nicht zulässig. Bemerkens-
Zitronen (18 %!) wurden als irrefüh-
wert ist, dass Zuchtchampignons im
rend bezeichnet beurteilt, bei 3 weite-
Unterschied zum Vorjahr in keinem
ren Zitronenproben wurde auf erhöhte
Fall beanstandet werden mussten.
Gehalte an Imazalil und Azoxystrobin
Die Proben enthielten lediglich gerin-
hingewiesen.
ge Spuren an Chlormequat, nur eine
Probe enthielt das Herbizid Clopyralid
(0,01 mg / kg).
wenden, um eine Kontamination zu
vermeiden.
In Olivenölen waren 2005 teilweise
noch Rückstände an Fenthion nachweisbar. Aufgrund der Entscheidung
2004 / 141 / EG der Europäischen Kommission (vom 12.02.2004) bzgl. der
Nichtaufnahme von Fenthion in Anhang 1 der EU-Richtlinie 91 / 414 ist
die Anwendung von Fenthion enthaltenden Pflanzenschutzmitteln europaweit auch bei konventionell erzeugten
Lebensmitteln nicht mehr zugelassen.
Zulassungen der Mitgliedsstaaten
mussten gemäß der Entscheidung
2004 / 141 / EG bis zum 11.08.2004
widerrufen werden. Bei den Untersuchungen 2006 konnte nur noch in
einer Probe Olivenöl aus Griechenland
Fenthion nachgewiesen werden.
105
106
Lebensmittelüberwachung BW
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Tierische Lebensmittel
Getreide und Erzeugnisse aus
Getreide sowie Teigwaren aus
Die Schadstoffgehalte liegen bei
ökologischem Anbau
tierischen Lebensmitteln aus
Insgesamt wurden 42 Proben Getrei-
ökologischer und konventioneller
de, Getreidemehle, Brot, Gebäck und
Produktion insgesamt sehr niedrig
Teigwaren aus ökologischem Anbau
auf Rückstände an Pestiziden untersucht. Während bei Getreide und Getreidemehlen keine Rückstände an
Pflanzen- und Vorratsschutzmitteln
> 0,01 mg / kg nachweisbar waren,
wurden bei Backwaren einige
überhöhter Rückstände als
teilt. Bei den Knäckebrotproben
ergab die Ursachenforschung durch
die Öko-Kontrollstellen, dass die Rückstände durch Kontamination bei der
Herstellung des Brotes zustande kamen. Der Hersteller produzierte auf
der gleichen Anlage sowohl konventionelles als auch ökologischen Knäckebrot ohne ausreichende Reinigungsschritte bei der Umstellung der
Produktion. Der Erfolg der zwischenzeitlich getroffenen Maßnahmen soll
2007 überprüft werden.
Lebensmittel tierischer Herkunft aus
ökologischer Produktion auf Kontaminanten und Pestizide untersucht.
Verbindungen reichern sich über die
Schwerpunktmäßig kamen Eier,
Nahrungskette im Fettgewebe von
Fleisch / Fleischerzeugnisse / Wurst-
Tieren an. Lebensmittel tierischer Her-
waren sowie Fische / Fischerzeugnis-
kunft stellen daher die Hauptquelle für
se / Krustentiere zur Untersuchung,
die Aufnahme dieser Stoffe durch
wobei die Warenkorbuntersuchung
den Verbraucher dar. Da es kei-
aus früheren Jahren fortgesetzt wur-
ne Stoffe sind, die zur Produk-
de. Die Belastung dieser Lebensmit-
tion von Lebensmitteln einge-
tel mit chlor- und bromorganischen
setzt werden, sondern durch
Kontaminanten und Pestiziden sowie
BIO !
irreführend bezeichnet beur-
Im Jahr 2006 wurden insgesamt 102
Persistente chlor- und bromorganische
Proben Knäckebrot, Kräcker
und Zwieback aufgrund
Gesamtergebnisse
Verunreinigungen der Luft, des
Nitromoschusverbindungen hat sich
Wassers oder des Bodens oder
in den letzten 20 Jahren generell deut-
durch Tierfuttermittel eingeschleppt
lich reduziert, wobei DDT und PCB
werden, sind ökologisch erzeugte
sowie teilweise HCB noch die höchs-
Lebensmittel in der Regel im selben
ten Konzentrationen aufweisen. Die
Ausmaß betroffen wie konventionelle
durchschnittliche Hintergrundbelas-
Produkte.
tung liegt für die persistenten Konta-
Es können bei ökologisch erzeugten
minanten und Pestizide bei den Wa-
Produkten im Einzelfall aber auch Ge-
rengruppen Fleisch und Eier derzeit
halte an einer Umweltkontaminante
unter 0,010 mg / kg Fett. Bei Fischen
auftreten, die höher sind als die der-
aus Aquakulturen ist die Hintergrund-
zeitige durchschnittliche Hintergrund-
belastung für einige Stoffe – insbeson-
belastung für die Schadstoff / Lebens-
dere PCB, DDT und teilweise PBDE –
mittel-Kombination. Für solche Fälle
deutlich höher.
stellt sich die Frage, ob es vonseiten
des Verbrauchers eine berechtigte Erwartung geben kann, dass ökologisch
erzeugte Lebensmittel keine höheren
Gehalte an einer Umweltkontaminante aufweisen als ein entsprechendes
Produkt aus einem konventionellen
Betrieb.
Nach derzeitiger Rechtslage regelt die
Verordnung über den ökologischen
Landbau bezüglich der Kennzeichnung als Spezialrecht abschließend,
was berechtigte Verbrauchererwartung für die ökologisch erzeugten Lebensmittel ist. Danach ist der Gehalt
an einer Umweltkontaminante nicht
als Kriterium der berechtigten Verbrauchererwartung anzusehen.
Pharmakologisch wirksame Stoffe
Jahresbericht 2006
Pharmakologisch wirksame Stoffe
Pharmakologisch wirksame Stoffe finden in der landwirtschaftlichen Nutztierproduktion als Bestandteile von
Tierarzneimittelpräparaten Verwendung und dienen damit der Krankheitsvorbeugung und -bekämpfung.
Tierarzneimittelrückstände i. S. von Art. 1 (1) Verordnung (EWG) Nr. 2377 / 90 sind alle Stoffe mit pharmakologischer Wirkung – seien es wirksame Bestandteile, Arzneiträger oder Abbauprodukte – einschließlich ihrer
Stoffwechselprodukte, die in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs vorhanden sind und aus der Anwendung
des betreffenden Tierarzneimittels resultieren.
Bei ordnungsgemäßer Anwendung von Tierarzneimitteln
Die Anhänge I und III enthalten Verzeichnisse von phar-
verbleiben in den von behandelten Tieren gewonnenen
makologisch wirksamen Stoffen, für die Höchstmengen
Lebensmitteln nur Rückstandsmengen, die als toxikolo-
für Rückstände festgesetzt sind (Maximum Residue Limit,
gisch unbedenklich gelten. Der unsachgemäße Umgang
MRL). Das Verzeichnis nach Anhang II führt Stoffe auf, die
mit Arzneimitteln, wie beispielsweise die Nichteinhaltung
nach aktuellem Kenntnisstand als toxikologisch unbedenk-
der erforderlichen Wartezeit nach der Behandlung oder gar
lich gelten. Rückstände dieser Stoffe sind nicht relevant und
die rechtswidrige Applikation verbotener Wirkstoffe, kann
es sind daher keine Höchst-
indes zu Rückständen führen, die ein gesundheitliches Ri-
mengen festzusetzen.
siko für den Verbraucher darstellen. Die missbräuchliche
Anwendung von Antibiotika birgt ferner die Gefahr der
unbeabsichtigten selektiven Heranzüchtung resistenter
Krankheitserreger. Antibiotikaresistente pathogene Keime
können sich in Tierbeständen verbreiten oder auch auf den
Menschen übergehen. Schwer oder nicht mehr heilbare
Die Anwendung von
Infektionskrankheiten können die Folge sein.
Stoffen des Anhangs IV
Tiere, die der Lebensmittelgewinnung dienen, dürfen EU-
ist bei lebensmittelliefernden
weit nur mit Arzneistoffen behandelt werden, die in den
Tieren EU-weit verboten.
Anhängen I bis III der VO (EWG) Nr. 2377 / 90 aufgeführt
sind.
Untersuchungen auf Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe
Die Überwachung von Rückständen pharmakologisch
Ferner regelt der NRKP Bedingungen für die Probenahme
wirksamer Stoffe in Tieren und Lebensmitteln tierischer
und definiert Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der
Herkunft erfolgt auf allen Stufen der Produktions- und Han-
Untersuchungsverfahren.
delskette. In den CVUAs werden untersucht:
• Proben, die im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplanes (NRKP) entnommen wurden,
• Planproben nach dem Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (Lebensmittel- und
Futtermittelgesetzbuch – LFGB),
• auffällige Proben aus der Schlachttier- und Fleischuntersuchung.
Die Durchführung des NRKP erfolgt mit dem Ziel:
• vorschriftswidrige Behandlungen nachzuweisen,
• die Einhaltung von Höchstmengen zu überprüfen, und
• Ursachen von Rückstandsbelastungen aufzuklären.
Nach nationalem und EU-Hygienerecht muss vor jeder
Schlachtung eine Schlachttier- und anschließend eine
Fleischuntersuchung durchgeführt werden. Weisen leben-
Der NRKP ist ein jährlich für jeden EU-Mitgliedsstaat erstell-
de Tiere physiologische bzw. physische oder psychische
ter Plan für die Entnahme und Untersuchung von Proben
Veränderungen auf, die auf eine Behandlung mit pharma-
zur Überprüfung der Rückstandssituation in Erzeuger- und
kologisch wirksamen Stoffen hindeuten, oder wird z. B. ei-
Schlachtbetrieben. Darin wird jeweils ein bestimmtes Spek-
ne Injektionsstelle im Muskelfleisch entdeckt, so wird der
trum an Stoffen vorgegeben, auf das die entnommenen
Tierkörper beschlagnahmt und geeignetes Probenmaterial
Proben mindestens zu untersuchen sind (Pflichtstoffe).
zur Analyse eingesandt. Pathologisch verändertes Gewebe,
Neben diesen Pflichtstoffen können bei einer definierten
das eine Infektion vermuten lässt, wird durch eine bak-
Probenanzahl die Stoffe, auf welche die entnommenen
teriologische Fleischuntersuchung auf Krankheitserreger
Proben zu untersuchen sind, frei gewählt werden. Diese
geprüft. Zusätzlich werden solche Proben mit dem Allge-
Wahlstoffe werden nach aktuellen Erfordernissen und Er-
meinen Hemmstofftest (AHT) untersucht. Der Allgemeine
kenntnissen aus der Tierarzneimittelüberwachung (Risiko-
Hemmstofftest stellt ein biologisches Untersuchungsver-
analysen) festgelegt.
fahren zur Prüfung auf Anwesenheit von Antibiotika dar.
107
108
Lebensmittelüberwachung BW
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Fällt der AHT positiv aus, wird ebenfalls Probenmaterial
det. Nur bei drei Untersuchungen mit dem Allgemeinen
zur weitergehenden Analyse eingesandt.
Hemmstofftest an Probenmaterialien von 2 Tieren sowie
Von den Chemischen und Veterinäruntersuchungsämtern
Karlsruhe und Freiburg wurden im Rahmen des NRKP
2006 insgesamt 18 809 Untersuchungen mit Proben von
11 340 verschiedenen Tieren durchgeführt. 13 708 dieser
Untersuchungen (entspricht 6 854 Tieren) sollten mit dem
in einer Probe „Ei“ wurden Rückstände festgestellt, die
den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprachen. Dies
entspricht einer Quote von lediglich 0,03 % aller untersuchten Proben. Die positive Eiprobe enthielt Rückstände des
Coccidiostaticums Lasalocid.
Allgemeinen Hemmstofftest durchgeführt werden. Für die
Im Rahmen der allgemeinen Lebensmittelüberwachung
übrigen 5 101 Untersuchungen (in 4 486 Proben) wurden
wurden 1087 Untersuchungen in 807 Planproben nach LFGB
überwiegend physikalkalisch chemische Verfahren verwen-
durchgeführt. Bei 21 Proben (2,6 %) wurden Rückstän-
Sonderprogramm Schlachtpferde
Pferde werden meist als Reittiere gehalten. Pferdefleisch und Fleischerzeugnisse aus Pferdefleisch werden z.T. aber auch von einem Anteil der Bevölkerung gegessen. Für die als Reittiere gehaltenen Pferde stehen
zur Behandlung einige pharmakologisch wirksame Stoffe zur Verfügung, die bei lebensmittelliefernden Tieren
tibiotika (Übersichtsanalyse, Hemmstofftests). In keiner
nicht eingesetzt werden dürfen. Deshalb müssen für
dieser 62 Proben waren Rückstände nachweisbar.
Pferde, die der Lebensmittelgewinnung dienen sollen,
Pferdepässe vorhanden sein, in die beispielsweise auch
die verabreichten Tierarzneimittel eingetragen werden
sollen. Bei einer EU-Inspektion war zufällig aufgefallen,
dass beim Schlachten von Pferden entweder nur kurz
vor Schlachtung, nur oberflächlich ausgestellte oder
zum Teil auch keine Pferdepässe vorhanden waren.
Phenylbutazon in Pferdewurst
In einer Probe Pferdewurst wurden Rückstände von
Phenylbutazon und Oxyphenbutazon festgestellt.
Phenylbutazon wird als Arzneistoff aus der Gruppe der
nichtsteroidalen Antiphlogistika verwendet. Phenylbutazon war das erste nichtsteroidalen Antirheumatikum,
Da bei Pferden meist nur geringe Probenzahlen auf
das in Deutschland zugelassen wurde. Der Wirkstoff
Rückstände von Tierarzneimittel untersucht werden,
wird in Klein- und Großtierpraxen häufig eingesetzt. Bei
wurden in einem Sonderprogramm alle während eines
Pferden wird Phenylbutazon sehr häufig therapeutisch
Zeitraumes von 4 Wochen zur Schlachtung gebrachten
eingesetzt, im Pferdesport auch zu Dopingzwecken.
Pferde überprüft. 62 dieser Pferde wurden in diesem
Die Metabolisierung von Phenylbutazon erfolgt in der
Zusammenhang auf Rückstände folgender pharmako-
Leber. Dabei wird Oxyphenbutazon als ebenfalls wirk-
logisch wirksamer Stoffe getestet: Wachstumsförderer
samer Metabolit gebildet. In der Europäischen Union
(ß-Agonisten), Entzündungshemmer (Nichtsteroidale
ist allerdings die Verwendung von Phenylbutazon bei
Antiphlogistika einschließlich Phenylbutazon sowie teil-
lebensmittelliefernden Tieren nicht zugelassen. Aus die-
weise auch auf Corticosteroide [z. B. Cortison]) und An-
sem Grund wurde die Probe beanstandet.
Pharmakologisch wirksame Stoffe
de von pharmakologisch wirksamen
Stoffen festgestellt, 9 dieser Proben
(1,1 %) enthielten Rückstände, die
den gesetzlichen Anforderungen nicht
entsprachen.
Jahresbericht 2006
Streptomycin als Wirkstoff gegen bakteriellen Feuerbrand
Das Antibiotikum Streptomycin ist als
Die Anwendung streptomycinhaltiger
Wirkstoff in 3 Pflanzenbehandlungs-
PSM wird durch amtliche Untersu-
mitteln (PSM) enthalten, deren Einsatz
chungen begleitet. Während der Obst-
2006 zur Bekämpfung der bakteriellen
blüte wurden daher in 66 verschiede-
Die Rückstände der 9 nicht gesetzes-
Feuerbrandkrankheit im Erwerbsobst-
nen Obstanlagen Blüten als Proben
konformen Proben gehörten zu folgen-
bau über Ausnahmegenehmigungen
erhoben. Ein Viertel der Proben (16)
den Stoffgruppen (Anzahl der Proben
möglich war.
wurde aus Anlagen erhoben, in de-
jeweils in Klammern): Sulfonamide (2),
Streptomycinhaltige PSM können von
nen eine Behandlung aufgrund der
Coccidiostatica (3), Nitrofuranmetabo-
Obstbauern nur nach Erhalt eines Be-
Erteilung von Berechtigungsscheinen
lite (2), Triphenylmethanfarbstoffe (1),
rechtigungsscheins erworben und
möglich gewesen wäre. In 10 dieser
Phenylbutazon (1). Darüber hinaus wa-
dürfen auch dann nur nach vorheriger
Proben wurden in den Blüten Rück-
ren in 12 Proben Rückstände von Te-
Ankündigung angewendet werden.
stände von Streptomycin im Bereich
tracyclinen jeweils unterhalb entspre-
Hierdurch sollen Kontaminationen
zwischen 400 µg / kg und 5 000 µg / kg
chender Höchstmengen vorhanden.
von Bienen mit Streptomycin und da-
festgestellt. Die Mehrzahl von 75 %
mit des von diesen Bienen erzeugten
der Proben stammte dagegen aus
Honigs verhindert werden.
Obstanlagen, deren Besitzer keine
Berechtigungsscheine zum Erwerb
von streptomycinhaltigen PSM beantragt hatten und die deshalb diese
Kein Doping beim Schwein
PSM nicht anwenden durften. In einer
Bei der Untersuchung auf Rück-
die Ovarien im Bauchraum ver-
stände von Anabolika wurden im
bleiben, wandern die Hoden durch
den in den Blüten 4 800 µg / kg Strep-
Urin eines Schweins Rückstände
den Leistenkanal nach außen in
tomycin festgestellt. Bei der anschlie-
an Nandrolon (17beta-Hydroxyes-
den Hodensack. Ist der Leisten-
ßend durchgeführten Befragung gab
tra-4-en-3-on; 19-Nortestosteron-
kanal verengt, verbleiben die bei-
der Landwirt zu, dass er Restmengen
17ß) in Höhe von 25 µg / kg auffäl-
den oder nur einer der Hoden im
streptomycinhaltiger PSM aus dem
lig. Nandrolon ist ein sehr effek-
Bauchraum und man spricht von
Jahr 2005 angewendet habe.
tives Anabolikum, welches die
Kryptorchismus.
Muskelbildung stark fördert und
deshalb illegal als Leistungsförderer bei Masttieren und bei Sportlern eingesetzt werden kann. Sowohl bei Kontrollen in der Tiermast
als auch bei Dopingkontrollen im
die aus Gebieten mit Feuerbrandbe-
Bauchraum kann die Hormonpro-
kämpfung stammten, wurden eben-
duktion verstärkt sein, während
falls auf Rückstände von Streptomy-
die Produktion der Spermien in
cin untersucht. Davon waren nur in 2
der Regel gestört ist.
Proben geringe Rückstandsmengen
Zur Klärung des Sachverhaltes
heit einige positive Befunde gege-
wurden bei 11 Binnenebern aus
ben. Als Grenzwert für Nandrolon
verschiedenen Mastbetrieben
sind 2 µg / l Urin festgelegt.
die Gehalte von Testosteron und
lung mit Nandrolon waren angebracht, da es sich bei der untersuchten Probe um den Urin eines sogenannten „Binnenebers“
(Spitzeber) handelte. Binneneber
sind männlich Schweine, bei denen die Hoden in der Bauchhöhle
entwickelt sind. Dies kommt in der
Natur immer wieder vor und ist folgendermaßen erklärbar:
Die Keimdrüsen (Hoden und Ova-
35 Honige aus der Erstschleuderung,
Durch die höhere Temperatur im
Sport hatte es in der Vergangen-
Zweifel an einer illegalen Behand-
Probe aus diesen Obstanlagen wur-
Nandrolon im Urin sowie von Androstenon (Ebergeruchssteroid)
im Fleisch bestimmt. Die Untersuchungsdaten zeigen auf, dass vor
allem bei den älteren Binnenebern
erhöhte Gehalte von Testosteron
und Nandrolon im Urin sowie von
Androstenon im Fleisch vorkommen können. Die Höchstgehalte
im Urin lagen bei 340 µg / l Nandrolon und 100 µg / l Testosteron. Der
Höchstgehalt von Androstenon
im Fleisch betrug 3 800 µg / kg.
rien) entstehen in der Embryonal-
Die Probe wurde daher nicht be-
phase aus der Urniere. Während
anstandet.
von Streptomycin enthalten. Eine Honigprobe enthielt 10 µg / kg Streptomycin, die zweite 18 µg / kg. Obwohl der
zulässige Grenzwert für Streptomycin
(20 µg / kg) bei beiden Proben nicht
erreicht wurden, wurde die gesamte
Charge der zweiten Honigprobe freiwillig nicht in Verkehr gebracht.
109
110
Lebensmittelüberwachung BW
Antibiotika in Honig
Antibiotika sind in der Europäischen
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Rückstände von Malachitgrün in
Forellen
Nitrofuranmetaboliten in Shrimps
Nitrofurane zählen zu den Anhang-IV-
Union zur Anwendung bei Bienen
Malachitgrün gehört chemisch zur
Stoffen der VO (EWG) Nr. 2377 / 90
nicht zugelassen. Demzufolge dürfen
Gruppe der Triphenylmethanfarbstof-
d. h. die Anwendung von Nitrofura-
in Honig keine Rückstände von Anti-
fe und findet vorwiegend Verwendung
nen ist aufgrund genotoxischer so-
biotika vorhanden sein. Lediglich für
als synthetischer Farbstoff (z. B. in der
wie karzinogener Wirkungen EU-weit
das zur Gruppe der Aminoglycoside
Lackherstellung). Malachitgrün stellt
verboten. Nitrofurane sind bakterio-
gehörende Antibiotikum Streptomycin
aber auch ein hochwirksames Desin-
statisch wirkende Chemotherapeuti-
ist in Deutschland eine Höchstmen-
fektionsmittel dar und vermag darüber
ka, deren Wirkungsspektrum sowohl
ge von 20 µg / kg festgelegt. In Baden-
hinaus äußerst effektiv verschiedene
grampositive als auch gramnegative
Württemberg wurden 69 Stichproben
Parasiten (Pilze, Bakterien, Einzeller)
Bakterien umfasst. Alle Nitrofurane
aus der Lebensmittelüberwachung
zu bekämpfen, die Fische und Fischei-
werden im Organismus sehr schnell
auf Rückstände zahlreicher Antibio-
er befallen. Daher wird es oft in der
metabolisiert. Nitrofurane werden
tika untersucht. In 2 dieser Honige
Zierfischmedizin eingesetzt, insbeson-
daher in unveränderter Form nicht
waren Rückstände von Sulfonamiden
dere gegen die Weißpünktchenkrank-
mehr vorgefunden. Deshalb wird der
enthalten. Ein Wabenhonig enthielt
heit. Malachitgrün steht jedoch im
Nachweis einer Anwendung von Ni-
weit mehr als 1000 µg / kg Sulfadi-
Verdacht krebserregend und erbgut-
trofuranen über die Untersuchung von
midin. Ein Blütenhonig enthielt so-
schädigend zu sein. Zur Vermeidung
bestimmten Zielanalyten geführt. Bei
wohl 15 µg / kg Sulfathiazol als auch
einer möglichen gesundheitlichen Ge-
diesen Zielanalyten handelt es sich um
21 µg / kg Sulfadimidin. Sulfonamide
fährdung des Verbrauchers ist konse-
spezifische, an Proteine gebundene
sind Chemotherapeutika, welche auf-
quenterweise eine Anwendung von
Metaboliten der Nitrofurane. Die Me-
grund der Hemmung des Einbaus von
Malachitgrün als Tierarzneimittel bei
taboliten werden durch saure Hydro-
para-Aminobenzoesäure in Folsäure
lebensmittelliefernden Tieren EU-weit
lyse abgespalten und gleichzeitig mit
bakteriostat wirken. In der Literatur
nicht erlaubt.
o-Nitrobenzaldehyd derivatisiert. Der
finden sich unter anderem Hinweise
darauf, dass Sulfonamide zur Bekämpfung der Amerikanischen Faulbrut bei
Bienen eingesetzt werden können
(Lit. z. B.: Journal of Chromatography
463 (1989) 229–233). Diese beiden
Honige wurden beanstandet.
Nicarbazin in Wachteleiern
In 3 verschiedenen Proben von Wachteleiern wurden Rückstände des Coccidiostaticums Nicarbazin festgestellt.
Die Verwendung von Nicarbazin als
Futtermittelzusatzstoff für Mastgeflügel ist bereits seit Mai 2002 nicht
mehr erlaubt. Der Zusatzstoff E 772
(Maxiban G 160) enthält zwar neben
Nicarbazin auch Narasin zu gleichen
Teilen, ist aber nur zur Anwendung bei
Masthühnern zugelassen und nicht
bei Wachteln, die zur Eiergewinnung
gehalten werden. Beide Proben wurden daher beanstandet.
In einer Forellenprobe von insgesamt
56 untersuchten Proben von Fischen
(See-, Süßwasserfische und Forellenkaviar) auf Triphenylmethanfarbstoffe
wurden Rückstände von Leukomalachitgrün, das Haupt-Stoffwechselabbauprodukt von Malachitgrün, nachgewiesen. Der ermittelte Gehalt lag
bei 3,3 µg / kg.
Nachweis und die Bestimmung der
Nitrofuranmetaboliten erfolgt mithilfe der HPLC-MS / MS. Insgesamt
wurden 33 Proben Shrimps aus der
Lebensmittelüberwachung auf Rückstände von proteingebundenen Nitrofuranmetaboliten untersucht. In 2 Proben Shrimps (6 %) konnte der Stoff
Semicarbazid (SEM) eindeutig nachgewiesen werden. Bei SEM handelt es
sich um einen Metaboliten des Nitrofurans Furazolidon. Beide Proben wurden deshalb beanstandet.
Lebensmittelallergene
Jahresbericht 2006
111
Nachweis von Lebensmittelallergenen
Immerhin jede vierte untersuchte Probe verpackter Lebensmittel wies Spuren der Lebensmittelallergene
Haselnuss, Mandel sowie Senf auf, jede fünfte enthielt Ei- oder Milchbestandteile in geringen Mengen –
ohne eine entsprechende Allergenkennzeichnung. Aber auch gut ein Jahr nach Einführung der Kennzeichnungsregelungen verpflichtet ein Nachweis von Allergenen nicht zwangsläufig zur Kennzeichnung.
Herstellungsbedingte Verunreinigungen sind häufig Ursache für Allergen-Spuren in Lebensmitteln und
müssen nach wie vor nicht obligatorisch deklariert werden.
Pflanzliche Lebensmittel
Tierische Lebensmittel
Erdnuss
Kuhmilch
Sojabohne
Hühnerei
Baumnüsse (Haselnuss, Walnuss, Mandel etc.)
Fisch
Weizen
Schalentiere
Sesam
Weichtiere
Senf
Sellerie
Tabelle:
Lupine
Bedeutendste allergene Lebensmittel
Regelungen für Kreuzkontaminationen noch nicht in Sicht
Ein Eintrag allergener Bestandteile in Lebensmitteln kann
Im Rahmen der Überprüfung der einheimischen Hersteller
viele Ursachen haben wie verunreinigte Rohstoffe, Ge-
wurde daher auch die „kann … enthalten“- oder Spuren-
rätschaften oder Stäube. Werden in denselben Betrieben
Kennzeichnung hinterfragt und gebeten, praktikable Ver-
(oder gar Produktionslinien) allergenfreie und allergenhal-
meidungsmöglichkeiten zu prüfen.
tige Produkte verarbeitet, können Verunreinigungen durch
Allergene in den laut Rezeptur „allergenfreien“ Lebensmitteln oft nicht ganz ausgeschlossen werden. Durch solche
Kreuzkontamination verursachte Allergenanteile sind weiterhin nicht kennzeichnungspflichtig und eine Verpflichtung,
diese zu reduzieren, ist im geltenden Lebensmittelrecht
derzeit noch nicht vorgesehen.
Allerdings sind Grenzwerte, welche Allergen-Einträge durch
Empfindliche Allergiker sollten auch geringe Allergen-Spu-
Kreuzkontamination mit einschließen, hier mittelfristig die
ren beim Kauf erkennen, selbst wenn diese nur über eine
beste Lösung. Auch Allergologenverbände haben 2006 für
Kreuzkontamination in das Produkt gelangt sind.
solche Grenzwerte plädiert (s. u.).
Wenn allerdings nahezu sämtliche infrage kommenden
Allergene in der Kennzeichnung genannt werden (s. Abbildung), drängt sich die Frage auf, ob diese freiwilligen
Hinweise wirklich immer notwendig sind.
Um solche Grenzwerte auch überwachen zu können, müssen quantitative Analysenverfahren verfügbar sein. Dies
ist nach wie vor nur eingeschränkt der Fall. Zwar konnten
2006 weitere Fortschritte, etwa beim Nachweis allerge-
Den betroffenen Personen bleibt keine Wahl, als diese Pro-
ner Lebensmittelbestandteile durch molekularbiologische
dukte ganz zu meiden. In einigen Fällen wäre es aufgrund
Verfahren auf Basis der real-time-PCR erzielt werden. Eine
einer Risikobewertung im Rahmen des Allergen-Manage-
Quantifizierung ist derzeit allerdings nur mittels immunolo-
ments möglicherweise vertretbar, auf die Kennzeichnung
gischer (zumeist ELISA-) Verfahren möglich – und auch hier
des ein oder anderen Allergens zu verzichten.
gibt es noch Handlungsbedarf bei der Standardisierung und
der Herstellung von Referenzmaterialien.
* Vieths et al. Allergo J. 2006 15, 114 – 122
** ungefähre Nachweisgrenzen
allergenes Lebensmittel (z. B. Haselnuss)
allergenes Protein (z. B. Haselnussprotein)
Vorschlag Allergologenverbände *
analytische Möglichkeiten **
mg / kg
mg / kg
10 – 100
2 – 50
1 – 10
0,5 – 5
Tabelle:
Grenzwertvorschläge und
analytische
Möglichkeiten
Lebensmittelüberwachung BW
112
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Untersuchungsergebnisse
Wurstwaren – Senf und andere Verunreinigungen
An den CVUAs wurden 2006 insgesamt 783 Untersuchun-
Insgesamt 82 verpackte Wurstprodukte aus industrieller
gen bei Proben ohne Allergendeklaration durchgeführt. In
und handwerklicher Herstellung wurden im Rahmen eines
116 Fällen (= 15 %) wurden dabei nicht deklarierte Allergene
bundesweiten Überwachungsprogramms auf Allergene
festgestellt. Bei positiven Befunden musste zunächst im
überprüft. In knapp jeder fünften untersuchten Wurstprobe
Herstellungsbetrieb geklärt werden, ob eine (nicht kenn-
waren nicht deklarierte Verunreinigungen durch Senf nach-
zeichnungspflichtige) Kreuzkontamination oder eine nicht
weisbar, jede zehnte enthielt Milchprotein ohne entspre-
gekennzeichnete Zutat die Ursache war.
chende Hinweise, hier bis zu 350 Milligramm des Milch-
Weitere 348 Untersuchungen, vor allem auf Erdnuss, Ha-
proteins Casein. Weitere nachgewiesene Allergene waren
selnuss und Mandel, wurden durchgeführt bei Produkten
Sellerie und Gluten, obwohl die betroffenen Produkte sogar
mit „kann … enthalten“- Deklaration dieser Allergene. In
als „glutenfrei“ beworben waren.
40 % dieser Proben waren Allergene auch nachweisbar; zu-
In einigen Fällen zeigten die Ermittlungen vor Ort, dass
mindest bei den einheimischen Herstellern wurde diese Art
der Senf- und der Sellerie-Eintrag über die Gewürze er-
der Kennzeichnung auf den Prüfstand genommen (s.u.).
folgte und nicht als kennzeichnungsfreie Kontamination
Untersucht wurden alle verpackten Lebensmittel, Schwer-
zu bewerten ist.
punkte waren Backwaren, Nudeln, Schokolade, Wurstwaren und Fertiggerichte.
Nussallergiker: Vorsicht bei Schokolade!
Die Ergebnisse bei den am häufigsten untersuchten Aller-
Spuren von Haselnüssen sind in vielen Schokoladen ent-
genen (verpackte Ware ohne Hinweise auf die jeweiligen
halten, obwohl die Rezeptur dies eigentlich nicht vorsieht.
Allergene) sind in der Grafik dargestellt.
So waren von 140 auf Haselnuss untersuchten Proben 81
Der Anteil positiver Proben lag bei diesen Allergenen zwischen 3 und 25 % und hat sich gegenüber 2005 – also
vor dem Inkrafttreten der Kennzeichnungspflicht – jeweils
kaum verändert.
(= 58 %) positiv. Da Haselnüsse vor allem über „cross contacts“ bei der Herstellung in Schokoladen gelangen können, weisen sehr viele Hersteller in der Kennzeichnung auf
mögliche Spuren hin (siehe auch Kapitel II, Betriebskontrollen). So enthielten fast alle positiv getesteten Erzeugnisse
Erfreulicherweise wurde in nur wenigen Proben (z. B. Scho-
einen Hinweis auf Spuren an Nüssen. Allerdings wurden
kolade, s. u.) nicht deklarierte Erdnuss nachgewiesen. Bei
in 14 Proben Anteile zum Teil deutlich über 100 Milligramm
Erdnussallergikern können schwerwiegende Symptome
pro Kilogramm, in 4 Proben gar über 10 Gramm (bis zu 23
auch nach Aufnahme geringer Mengen auftreten.
Gramm) pro Kilogramm festgestellt. Solche Anteile können
keineswegs mehr als „Spur“ angesehen werden.
Deutlich besser ist die Situation bei der für Allergiker be-
Grafik:
sonders kritischen Erdnuss; insgesamt nur zwei von 59
Allergenuntersuchungen 2006 – verpackte Ware
Schokoladen-Proben ohne Hinweis auf Erdnuss waren po-
ohne Hinweis
sitiv. Erdnuss-Spuren waren auch bei Spurendeklaration in
keiner der in Baden-Württemberg hergestellten Schokolanegative Proben
denprodukte nachweisbar.
50
0
0
Allergene_verpackt 2006
Soja
50
Ei
100
Milch, Casein,
ß-Lactoglobulin
100
Getreide
150
Glutenhaltiges
150
Senf
200
Sellerie
200
Mandel
250
Haselnuss
250
Erdnuss
Probenzahl
positive Proben
Lebensmittelallergene
Jahresbericht 2006
113
Untersuchungen bei „glutenfreien“ Produkten
Etwa jede tausendste Person leidet in Deutschland an Zöliakie (synonym: Sprue), einer chronischen Erkrankung des Dünndarms. Verursacht
wird Zöliakie durch bestimmte Getreideproteine, dem Gluten. Problematische glutenhaltige Getreidearten sind vor allem Weizen und Dinkel,
Roggen und Gerste.
Untersuchungsergebnisse 2006
Mit 35 % gegenüber 21 % im Vorjahr
hat der Anteil der auf Gluten positiv
getesteten Proben deutlich zugenommen. Insgesamt 17 von 81 „gluten-
Zöliakiepatienten müssen sich lebenslang von glutenfrei-
frei“ gekennzeichneten Proben enthielten Glutenanteile
en Lebensmitteln ernähren. Hersteller von Säuglings- und
über 20 Milligramm pro Kilogramm (maximal 192 mg / kg
Kleinkindernahrung sowie eine Reihe von Backwaren- und
in Teigwaren).
Teigwarenherstellern bieten daher eigens „glutenfreie“
Allerdings wurden schwerpunktmäßig Produkte von Betrie-
Produkte an, bei deren Herstellung eine Verunreinigung
ben untersucht, die auch in den Vorjahren bereits Auffäl-
durch Gluten bzw. glutenhaltigen Getreidearten unbedingt
ligkeiten zeigten. So werden teilweise neben glutenfreien
vermieden werden soll. Die Produkte sind durch das durch-
auch glutenhaltige Erzeugnisse (z. B. auch Dinkel) auf den-
gestrichene Ährensymbol erkennbar.
selben Produktionslinien verarbeitet.
Ein besonders betroffener Betrieb wurden aufgefordert,
< 20 mg / kg (Grenzwert)
seine Eigenkontroll- und Trennungsmaßnahmen zu verbessern.
> 20 mg / kg
Stark erhöhte, bei Zöliakiepatienten gesundheitsgefährden-
> 2 000 mg / kg (0 %)
de Anteile von Gluten über 2000 Milligramm pro Kilogramm
wurden im Gegensatz zu 2005 jedoch nicht festgestellt.
Grafik: Untersuchungsergebnisse
21 %
14 %
35 % positiv
65 % negativ
Gluten 2006
Codex Alimentarius – Standard für „glutenfreie“ Produkte noch nicht verabschiedet
Zöliakiepatienten reagieren unterschiedlich stark auf
Seit geraumer Zeit wird durch den Codex Alimentarius
Gluten. Teilweise können – ähnlich wie bei Lebensmit-
ein weltweiter Standard ausgearbeitet, im Jahr 2006
telallergenen – bereits sehr niedrige Glutenmengen
wurden die Grenzwert-Vorschläge noch einmal leicht
Symptome auslösen.
verändert (s. u.).
Erfahrungsgemäß wird laut Deutscher Gesellschaft für
Zöliakie eine Gesamtmenge von 10 mg pro Tag als tolerabel angesehen.
Lebensmittel
aktueller Vorschlag Codex Alimentarius Grenzwert
(in mg Gluten im verzehrsfertigen Lebensmittel)
aus natürlicherweise glutenfreien Zutaten (z. B. Mais, Reis)
hergestellt aus ursprünglich glutenhaltigen Rohstoffen (z. B. Weizenstärke)
20
200
Tabelle:
Neue GrenzwertVorschläge für den
Codex Alimentarius
Lebensmittelüberwachung BW
114
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Gentechnik in Lebensmitteln
Weiterhin nur in Form von Verunreinigungen gelangen gentechnische Veränderungen hier zu Lande in
Lebensmittel. Gentechnisch veränderte (gv) Produkte mit entsprechender Kennzeichnung sind dagegen so
gut wie nicht anzutreffen.
Allerdings haben 2006 die Funde von nicht zugelassenem gv Reis die Diskussion um die Gentechnik in
Lebensmitteln wieder entfacht. Auch die Zulassungsverfahren für gentechnisch veränderte Pflanzen (GVP) in
der EU sind ins Stocken geraten. Ende 2006 standen 30 Zulassungen bei Mais, Raps, Soja und Baumwolle
inzwischen 36 offenen Zulassungsanträgen gegenüber.
Wenn auch die Gentechnik bei Lebensmitteln derzeit noch
GVP können über Importe aus Anbauländern oder durch
einen Bogen um Europa macht, ist sie weltweit weiter auf
verunreinigtes Saatgut auch in hier vermarktete Lebens-
dem Vormarsch. GVP wurden 2006 in den USA auf knapp
mittel gelangen.
90 % der Soja- sowie 60 % der Maisanbauflächen geerntet.
Aktuelle Informationen über Zulassungsanträge, den der-
Aber auch in Brasilien, dem weltweit wichtigsten Anbau-
zeitigen Stand des Anbaus von GVP und des Einsatzes
land für konventionelle Soja, hat besonders in den südlichen
der Gentechnik im Lebensmittelbereich sind unter www.
Regionen der Anbau von gv Soja stark zugenommen.
transgen.de
zugänglich.
Grenzwerte, Auslöseschwellenwerte und Nulltoleranz
Seit 2004 beträgt der Grenzwert für
gentechnischer Veränderungen ange-
Verunreinigungen durch GVP 0,9 %.
messen und ausreichend waren.
Allerdings gilt dieser nur für GVP, welche das europäische Zulassungsverfahren durchlaufen haben. Wird dieser
Wert überschritten, müssen die Produkte gekennzeichnet werden.
Nur Anteile zugelassener GVP unter
0,1 % können in der Regel von der
Kennzeichnungspflicht befreit werden. Dieser Wert wird von der Lebensmittelüberwachung, aber auch
Derzeit werden in praktisch allen po-
bei Eigenkontrollen der Hersteller oft
sitiven Lebensmittelproben Anteile
als Auslöse-Schwellenwert für weitere
unter 0,9 % festgestellt. Handelt es
Ermittlungen bzw. Ursachenforschung
sich um zugelassene GVP, können
herangezogen. Handelt es sich aller-
diese von der Kennzeichnungspflicht
dings um nicht zugelassene GVP, sind
befreit werden. Dazu muss aber der
selbst geringe Verunreinigungen nicht
Nachweis vorliegen, dass die festge-
zulässig. Auch mit Kennzeichnung
stellten gentechnischen Veränderun-
dürfen diese Produkte nicht auf den
gen „zufällig“ oder „technisch nicht zu
Markt (s. Tabelle).
Abb.:
vermeiden“ sind. Entsprechende Er-
Nicht zugelassener Reis –
mittlungen vor Ort müssen hier noch
auch geringe Verunreinigungen
zur Klärung beitragen. Hierbei wird ins-
(z. B. einzelne Körner)
besondere überprüft, ob die Eigenkon-
sind nicht erlaubt.
trollmaßnahmen zur Vermeidung von
Tabelle:
GVP-Anteile in
Status
GVP-Anteil im Erzeugnis
Beispiele
Maßnahme
(bezogen auf die jeweilige Zutat)
Lebens- und
Futtermitteln
sowie rechtliche
Kennzeichnung
> 0,9 %
Vorgaben
Roundup Ready Soja (GTS 40-3-2),
zugelassen
Bt-Mais (Bt11, MON 810)
> 0,1 % – 0,9 %
Kennzeichnung,
sofern nicht zufällig oder
technisch unvermeidbar
nicht zugelassen
jegliche Verunreinigung
durch GVP
LL601-Reis,
Bt-Reis,
gv Papaya
Verkehrsverbot
Gentechnik in Lebensmitteln
Jahresbericht 2006
Untersuchungsergebnisse 2006
Im Jahr 2006 wurden insgesamt 653 Lebensmittelproben auf Bestandteile aus GVP untersucht. Insgesamt wurden in 108 Fällen (= 17 %) positive Befunde erhalten. Schwerpunkte der Untersuchungen waren Reis,
Soja, Mais und Raps. Daneben wurden auch stichprobenartig Papayas,
Tomaten-, Zuckerrüben- und Kartoffelerzeugnisse auf GVP überprüft.
Reis
US-Langkornreis
Verdachtsmomente, dass sich nicht
Einer der größten amerikanischen
zugelassener, gv Reis auch auf dem
Reishersteller hatte bei Qualitätskon-
deutschen Markt befindet, wurden
trollen Anfang 2006 Verunreinigungen
Ende August publik. US-Langkornreis
durch nicht zugelassenen, gentech-
sowie chinesische Reisprodukte soll-
nisch veränderten, herbizidresisten-
ten betroffen sein. Reis wird bereits
ten „LibertyLink“-Reis (LL601) festge-
seit 2005 stichprobenweise auf gen-
stellt. Im August informierte die für die
technisch veränderte Anteile unter-
Entwicklung der Sorte LL601 verant-
sucht, allerdings mit Schwerpunkt auf
wortliche Firma Bayer Crop Science
Reis asiatischer Herkunft. Bisher gab
die Öffentlichkeit über mögliche Verun-
es nur dort Anhaltspunkte für einen
reinigungen in US-Langkornreis.
verstärkten, möglicherweise illegalen
Als Reaktion auf diese Mitteilung
Anbau von gv Reis.
aus den USA hatte die EU-Kommis-
Aufgrund der aktuellen Entwicklung
sion im August eine Dringlichkeits-
wurden ab September in Baden-
entscheidung verabschiedet, wonach
Württemberg die Untersuchungen
bestimmter Langkornreis aus den
bei Langkornreis mit US-amerikani-
USA nur noch mit einem Zertifikat in
scher Herkunft sowie bei Reisnudeln
die EU eingeführt werden darf, wel-
aus China wesentlich verstärkt. Zum
ches bescheinigt, dass kein LL601-
Jahresende waren knapp 200 Proben
Reis enthalten ist.
bei einigen Erzeugnissen bestätigt
(s. Grafik).
In insgesamt 31 von 195 Proben wurden Verunreinigungen durch nicht zugelassenen gv Reis festgestellt.
Die Verunreinigungen bewegten sich
zwar durchweg im sehr niedrigen Spurenbereich, aber derzeit sind selbst
solche Spuren an nicht zugelassenem
gentechnisch verändertem Reis verboten (s.u.).
Als festgestellt wurde, dass weiterhin
verunreinigte Reis-Partien hierher gelangten, wurden im November 2006
die Maßnahmen nochmals verschärft
und bei allen Langkornreissendungen
aus den USA eine genau beschriebene amtliche Untersuchung an der
Eingangszollstelle vorgeschrieben.
Nur wenn danach LL601-Reis nicht
nachweisbar ist, darf der Reis in die
EU gelangen.
200
200
180
180
160
160
140
140
120
120
100
100
80
80
60
60
40
40
20
20
0
USA
China
Sonstige /
Gen Reis 2006
o. A.
Gesamt
0
Prozent
untersucht, und der Verdacht hat sich
Probenzahl
davon positiv
Grafik:
Untersuchung von Reisproben
auf gentechnische Veränderungen
(nach Herkunftsländern)
115
116
Lebensmittelüberwachung BW
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Verunreinigtes Saatgut als wahrscheinliche Ursache für LL601-Fall
Noch fehlen genaue Informationen, doch sehr wahr-
In insgesamt 28 Proben, darunter 24 Proben mit de-
scheinlich wurde US-Langkornreis über das Saatgut mit
klarierter US-Herkunft, wurde LL601 Reis in geringen
nicht zugelassenem LL601-Reis verunreinigt. Zwischen
Anteilen unter 0,05 % nachgewiesen. Der hohe Anteil
1999 und 2001 wurden am Reisforschungsinstitut der
positiver Proben von 51 % bei US-Reis erklärt sich auch
Universität Louisiana mehrere herbizidresistente Reis-
durch die gezielte Auswahl verdächtiger Produkte; teil-
Sorten, so auch LL601, im Auftrag der Firma Aventis
weise wurden verschiedene Chargen desselben Er-
Crop Science im Freiland getestet. Nach Übernahme
zeugnisses beprobt. Dennoch zeigte sich, dass viele
durch Bayer Crop Science wurden die Tests mit LL601
Reislieferungen aus den USA solche geringen Konta-
nicht weiter verfolgt. Dennoch muss es zu einer Verun-
minationen durch LL601 Reis aufwiesen. Aufgrund des
reinigung des dort hergestellten, konventionellen Basis-
Verkehrsverbotes für nicht zugelassenen gentechnisch
Saatguts gekommen sein, möglicherweise aufgrund
veränderten Reis mussten große Warenmengen vom
von Durchwuchs aus Reiskörnern,
Markt zurückgerufen werden. En-
die nicht vollständig von dem ehe-
de des Jahres wurden keine Reis-
maligen Freisetzungsareal entfernt
importe aus den USA mehr fest-
worden sind. Bei der Vermehrung
gestellt.
von Saatgut aus verunreinigtem
Dennoch werden Langkornreispro-
Basis-Saatgut kann es zu einer
ben, vor allem von Großverteilern
großflächigen Ausbreitung von
und großen Verarbeitungsbetrie-
LL601-Reis gekommen sein. Mit-
ben, in Baden-Württemberg auch
tlerweile ist LL601-Reis in den USA
2007 stichprobenartig weiter un-
nachträglich zugelassen worden,
tersucht.
allerdings wurde bisher kein Zulassungsantrag in der EU gestellt.
Chinesische Reisnudeln
In China wird bereits seit einigen Jahren intensiv an der Entwicklung von
gentechnisch veränderten Reis-Linien
gearbeitet, die durch ein zusätzliches
Insgesamt wurden bei 3 von 25 Pro-
Protein aus einem Bakterium (Bacil-
ben verschiedener Reisnudel-Erzeug-
lus thuringiensis-Toxin) resistent ge-
nisse Spuren an nicht zugelassenem
gen Schadinsekten gemacht wurden.
Bt-Reis festgestellt. Die beiden be-
Dieser Bt-Reis wurde in größerem
troffenen Erzeugnisse wurden relativ
Umfang in China im Freiland getestet,
selten in Asia-Märkten angetroffen, es
aber noch nicht für Lebensmittelzwe-
handelt sich also eher um „Exoten“.
cke zugelassen.
Untersuchungen zeigten, dass speziell Reisnudeln aus China Verunreinigungen durch Bt-Reis aufweisen
können. In Baden-Württemberg wurden im September Asia-Läden intensiv auf entsprechende Produkte hin
überprüft.
Gentechnik in Lebensmitteln
Jahresbericht 2006
117
Sojaprodukte
Gentechnische Veränderungen sind bei Sojaproduk-
Abb.:
ten weiterhin am häufigsten nachweisbar. Auch 2006
Beispiel für ein
war ein Drittel der untersuchten Proben (61 von 181
korrekt etiket-
Proben = 34 %) positiv. Somit blieb der Anteil positi-
tiertes Sojaöl aus
ver Proben im Vergleich mit den Vorjahren konstant
gentechnisch
(s. Grafik). Allerdings wurden erstmals keine Über-
veränderter Soja
schreitungen des Kennzeichnungsgrenzwertes von
0,9 % mehr festgestellt.
Kennzeichnungsgrenzwert von 0,9 % erstmals
Keine Kennzeichnung unter 0,9 %?
in keiner Probe überschritten
Auch der Anteil von Proben, die zwischen 0,1 % und
Die Hersteller von Lebensmitteln sind weiterhin intensiv
0,9 % an gv Soja (Roundup Ready Soja) aufwiesen,
bemüht, kennzeichnungspflichtige Produkte zu vermeiden.
hat gegenüber dem Vorjahr abgenommen. Bei 13
Bei keinem der untersuchten Sojaprodukte war der Kenn-
Proben (entsprechend 7 % der Sojaerzeugnisse; Vor-
zeichnungsgrenzwert von 0,9 % überschritten. Lebensmit-
jahr: 11 %) waren Ermittlungen vor Ort erforderlich,
tel, die mehr als 0,9 % an gv Soja enthalten, waren auch
ob die festgestellten Anteile tatsächlich zufällig und
bisher allenfalls in kleineren russischen, asiatischen oder
technisch unvermeidbar waren. Besonders häufig
türkischen Spezialitätengeschäften anzutreffen.
war hier Sportlernahrung auf Basis von Sojaeiweiß
Ein solches, korrekt gekennzeichnetes Öl aus gv Soja wur-
betroffen.
de beispielsweise in einem Asia-Shop gefunden.
Sojalecithine: kaum Auffälligkeiten
Maisprodukte
Gering war auch der Verunreinigungsgrad bei Sojalecithinen.
Seit 2003 rückläufig ist der Anteil der positiven Maispro-
Diese werden in großen Mengen, z. B. bei der Herstellung
ben (s. Grafik). Nunmehr lediglich 10 von 136 (= 7 %) der
von Schokolade benötigt. Trotz der weltweiten Verknappung
Maisproben enthielten gv Mais. Nachgewiesen wurden
standen den Herstellern offensichtlich noch genügend Le-
Spuren der zugelassenen Mais-Events NK603, MON810,
cithine aus konventioneller Soja – zumeist brasilianischer
T25, Bt11 und Bt176. Lebensmittelhersteller greifen bei
Herkunft – zur Verfügung. In 5 von 20 Proben wurden Spu-
Mais-Rohstoffen zumeist auf deutsche, französische und
ren gentechnisch veränderte Bestandteile nachgewiesen,
italienische Ware zurück. Da in diesen Ländern derzeit kein
die teilweise nicht exakt quantifiziert werden konnten. An-
kommerzieller Anbau von gv Mais stattfindet, besteht hier
hand einer Überprüfung der Lieferdokumente, in der Regel
auch nur ein geringes Verunreinigungsrisiko. Positive Be-
zurückverfolgend bis zum Rohstoff (Sojabohnen), konnte
funde waren bis auf eine Ausnahme (s. Ernteproben) nur
jedoch von den betroffenen Lebensmittelherstellern dar-
im Spurenbereich unter 0,1 % feststellbar und lassen sich
gelegt werden, dass es sich um technisch unvermeidbare
am ehesten durch geringfügig kontaminiertes Saatgut er-
und daher nicht kennzeichnungspflichtige Verunreinigungen
klären.
handelte.
Grafik:
Anteile positiver Proben bei Soja- und Maiserzeugnissen
Anteile positiver Proben
von 2000 bis 2006
35
35
30
Soja
Mais
30
25
25
20
20
15
15
10
10
5
5
0
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
Gen Entwicklung 2006
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
0
Prozent
* bisheriger und jetziger Kennzeichnungsgrenzwert (seit 04 / 2004)
Anteile an Proben über 1 % bzw. 0,9 % GVP *
Lebensmittelüberwachung BW
118
Tabelle:
Produktgruppe
Untersuchung von
Zahl der
Zahl der
Zahl der
Proben
Proben
untersuchten
negativen *
positiven
> 0,9 %
> 0,1 – 0,9 %
Proben
Proben
Proben
181
120
61
Sojaschrot, -flocken, -mehl
33
19
14
Sojaprotein, -isolat
11
4
7
Tofu, -erzeugnisse,
41
27
14
0
13
3
10
0
(Auswahl)
Lebensmitteln mit
Soja und Mais
Gesamt Soja-Erzeugnisse,
auf Bestandteile
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Proben
0,1 %
und weniger
0
13
48
0
0
14
0
2
5
2
12
5
5
Erzeugnisse mit Zutat Soja
von gentechnisch
veränderten
Organismen
Wurstwaren auf Tofubasis
Sportlernahrung, Eiweißkonzentrate auf Sojabasis
Lecithin
(max. 0,38 %)
20
Gesamt Maiserzeugnisse
Maiskörner (auch Ernte 2006),
5
0
(3)
2
136
126
15 (3)
10
0
1
9
33
28
5
0
1
4
Popcorn-Mais
(0,36 % Bt176)
Maisgrieß, Maismehl
33
30
3
0
0
3
Maischips, Tortillachips
28
34
1
0
0
1
* Die Nachweisgrenze betrug in der Regel 0,05 % Anteil gentechnisch veränderter Soja bzw. Mais (bestimmt als Anteil
gentechnisch veränderter DNA, bezogen auf die jeweilige Spezies-DNA). Überschritt die Sensitivität bzw. Bestimmungsgrenze der Methode in einer Probe diesen Wert deutlich oder lagen diese gar über dem Grenzwert von 0,9 %, wurde eine
Dokumentenprüfung erforderlich (Probenzahl in Klammern).
Öko-Monitoring Soja und Mais
O?
K
Ö
Immer weniger Bio-Lebensmittel aus Soja und Mais sind
ne nennenswerten Anbau von gv Mais eingesetzt wird.
durch gentechnische Veränderungen verunreinigt (s. Grafik).
Die Lebensmittelüberwachung in Deutschland toleriert
2006 waren 42 % der konventionellen Sojaprodukte, aber
bei Öko-Produkten in der Regel Verunreinigungen durch
nur 13 % der Bio-Produkte durch gv Soja betroffen. Kon-
GVP bis zu 0,1 %. Wie auch in den 3 vergangenen Jahren
ventionelle „non-GMO“- Ware wird sehr häufig in Brasilien
wurden bei keiner Probe GVP-Anteile über 0,1 % festge-
geordert, auf den langen Transport- und Verarbeitungswe-
stellt, sodass die Behörden in keinem Fall weitergehende
gen kann zumeist zwar ein niedriger Verunreinigungsgrad
Ermittlungen einleiten mussten, ob ggf. ein Verstoß gegen
gewährleistet werden, eine völlige Abwesenheit von gv
die Öko-Verordnung vorlag.
Soja ist aber schwer erreichbar. Anders im Öko-Bereich, wo
aufgrund geringerer Bedarfsmengen noch häufig auf ein-
Grafiken:
heimische Ernte (z. B. D, A) zurückgegriffen werden kann.
Anteile (in %) positiver Proben bei Soja- und Maiserzeugnissen
Bei Mais sind die Unterschiede zwischen ökologischer und
von 2000 bis 2006; Vergleich Bio – Konventionell
konventioneller Ware eher gering (6 % bzw. 8 % positive
Prozent
Proben), da hier jeweils Ware aus Herkunftsländern oh50
45
Soja
Bio
konventionell
Mais
40
35
30
25
20
15
10
5
0
2003
2004
2005
2006
Gen Anteile 2006
2003
2004
2005
2006
Gentechnik in Lebensmitteln
Jahresbericht 2006
Raps
Untersuchungen bei Ernteproben
Gentechnisch veränderter Raps wird besonders in Nord-
Bei den landwirtschaftlichen Erfassungsstellen der Mais-
amerika (v. a. Kanada) in großem Umfang angebaut, wäh-
und Rapsernte, also weitgehend am Ursprung der Lebens-
rend eine Zulassung zum Anbau in der EU noch nicht abzu-
mittel- oder Futtermittelkette, können Kontrollen besonders
sehen ist. Dennoch wurde weiterhin vorsorglich in einem
wirksam und effektiv angesetzt werden. Gemeinsam mit
Monitoring-Programm Rapssaat sowie kaltgepresste Raps-
der Futtermittelüberwachung Baden-Württembergs wird
öle von baden-württembergischen Ölmühlen auf gentech-
daher in einem jährlichen Stichprobenprogramm die baden-
nische Veränderungen untersucht. In einer von insgesamt
württembergische Soja-, Mais- und Rapsernte auf eventuel-
59 Proben wurden Spuren (unter 0,05 %) von gentechnisch
le Verunreinigungen durch GVP-Bestandteile untersucht.
verändertem Raps GT 73 nachgewiesen. Derartig geringe
Während in den untersuchten 8 Soja- sowie 27
Anteile dieser zur Verarbeitung zugelassenen Rapssorte
Rapsproben jeweils keine gentechnische
wurden als zufällig und technisch unvermeidbar angese-
Veränderungen nachweisbar waren,
hen.
wurden in 4 von 34 Maisproben positive Befunde erhalten, 3 davon
Auch 2006 wurde die Untersuchung einheimischer Raps-
mit gv Anteilen unter 0,1 %.
sowie Blütenhonige auf gentechnisch veränderten Raps
fortgesetzt. In keinem der 37 untersuchten Honige aus
Eine Maisprobe von einer Ein-
Baden-Württemberg war gv Raps nachweisbar. Dagegen
zelanlieferung eines Landwirts
enthielten die Pollen kanadischer Rapshonige in allen 5
enthielt 0,36 % der zugelasse-
Proben Erbsubstanz aus gv Raps (Event GT 73 sowie MSx-
nen gv Maissorte Bt176. Um-
RFx-Events), jeweils in Anteilen über 10 %. Dies dürfte al-
fangreiche Nachuntersuchungen
lerdings angesichts eines Flächenanteils von 80 % bei gv
an der Erfassungsstelle ergaben
Sorten in Kanada kaum zu vermeiden sein. Eine Kennzeich-
jedoch keine weiteren Auffälligkei-
nung solcher Honige ist weiterhin nicht erforderlich. In ei-
ten, Verunreinigungen an gv Mais Bt176
ner gutachterlichen Stellungnahme hat der maßgebende
waren bei diesen weiteren Proben nicht fest-
Europäische Lebensmittelausschuss dargelegt, dass nur
stellbar. Die Ursache für die Verunreinigung in der einzelnen
Pollenanteile im Honig über 0,9 % zu kennzeichnen sind.
Ernteprobe konnte nicht geklärt werden, vermutlich war
Honige enthalten allerdings zumeist nicht mehr als 0,1 %
diese auf kontaminiertes Saatgut zurückzuführen.
Pollen, sodass dieser Wert auch bei hohen relativen Anteilen von gv Pollen (d. h. bezogen auf den Pollenanteil des
Sonstige pflanzliche Lebensmittel
Honigs) nicht überschritten wird.
Auch weitere gv Nutzpflanzen werden bereits kommerziell
angebaut. Der Anbau der meisten Pflanzen hat allerdings
nur untergeordnete oder regionale Bedeutung.
Stichprobenartig wurden insgesamt 40 Proben von Kartoffelchips, Tomatenkonserven, Zuckerrüben, Papayas und
gelben Zucchini untersucht. Bei keiner der untersuchten
Proben ergaben sich im Screening Anhaltspunkte auf gentechnische Veränderungen.
Probenzahl
davon positiv
35
35
30
30
25
25
20
20
15
15
10
10
5
5
Grafik:
0
Ernteproben 2006
0
Soja
Mais
Raps
Gen Ernteproben 2006
119
Lebensmittelüberwachung BW
120
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Bestrahlung von Lebensmitteln
Seit Juni 2006 dürfen außer bestrahlten getrockneten Kräutern / Gewürzen
auch bestrahlte Froschschenkel in Deutschland in den Verkehr gebracht
werden.
Im Juni 2006 hat das Bundesamt für
fuhr der bestrahlten, tiefgefrorenen
Betrachtet man die zurückliegenden
Verbraucherschutz und Lebensmittel-
Froschschenkel „grünes Licht“. Jetzt
7 Jahre, so konnte bei 7 von insge-
sicherheit (BVL) dem Antrag einer
dürfen die deutschen Gastronomen
samt 14 untersuchten Proben eine Be-
niederländischen Firma auf Erlass
ihren Kunden auch bestrahlte Frosch-
strahlung nachgewiesen werden. Für
einer Allgemeinverfügung stattgege-
schenkel anbieten. Voraussetzung ist
den Nachweis der Behandlung wird
> Pres-
allerdings, dass sich die Information
im CVUA Karlsruhe üblicherweise das
se- und Hintergrundinformationen >
über die Strahlenbehandlung in der
Verfahren der Elektronenspinresonanz
11.08.2006).
Speisekarte befindet.
(ESR) angewendet. Hierbei werden
ben (www.bvl.bund.de
Nach den Vorgaben des § 54 Lebensmittel- und Futtermittelgesetz (LFGB)
die bei der Bestrahlung in den KnoÜberprüfung von Froschschenkeln
dürfen rechtmäßig in einem EU-Mit-
Froschschenkel werden im baden-
gliedsstaat im Verkehr befindliche
württembergischen Zentrallabor für
oder auch hergestellte Lebensmittel
den Bestrahlungsnachweis, dem
grundsätzlich nach Deutschland ver-
CVUA Karlsruhe, schon seit vielen
bracht werden. Voraussetzung ist je-
Jahren auf Bestrahlung untersucht.
doch, dass die betroffenen Erzeug-
Die Produkte stammten zumeist aus
nisse gesundheitlich unbedenklich
dem asiatischen Raum (Indonesien,
sind. Die Bestrahlung von tiefgefro-
Vietnam) und wurden über Frank-
renen Froschschenkeln, die u. a. mit
reich oder Belgien nach Deutschland
Salmonellen behaftet sein können,
verbracht. In dem grenznahen Gebiet
Grafiken:
ist in den Niederlanden, aber auch in
zu Frankreich sind es oft die Gastro-
ESR-Spektrum
Belgien und Frankreich zulässig. Nach
nomen selber, die für ihre Feinschme-
von bestrahlten
dem jetzigen Stand der Forschung
ckerkunden im Badischen die Schen-
(oben) und unbe-
gibt es keine Hinweise für gesund-
kel im Elsass erstehen.
strahlten (unten)
heitliche Risiken durch die Behand-
Froschschenkeln
lung. Das BVL gab daher für die Ein-
chen entstehenden bestrahlungsspezifischen Radikale nachgewiesen.
Bestrahlung von Lebensmitteln
Jahresbericht 2006
Ergebnisse der Untersuchungen
Im Jahr 2006 wurden 542 Lebens-
Weitere 4 positive Befunde ergaben sich
mittel auf Bestrahlung untersucht; bei
bei türkischen Trockensuppen eines Her-
3 % der Produkte (17 Proben) konnte
stellers (wie bereits 2005).
eine Behandlung mit ionisierenden
Strahlen nachgewiesen werden.
Darüber hinaus konnte bei 2 Arzneimitteln, die laut Deklaration unter Verwen-
Im Berichtsjahr konnte bei keiner der
dung von Sennesblättern- und -früchten
18 untersuchten Proben getrockne-
und Chrysanthemen bzw. Maca-Wurzel-
te Fische, die größtenteils aus Asien
pulver hergestellt wurden, eine Behand-
stammten, eine Bestrahlung nachge-
lung mit ionisierenden Strahlen nachge-
wiesen werden. 2004 waren noch 4
wiesen werden. Die Bestrahlung von mi-
von 11 und 2003 4 von 14 der getes-
krobiologisch anfälligen Arzneimitteln zur
teten Erzeugnisse mit ionisierenden
Keimreduktion ist in Deutschland erlaubt,
Strahlen behandelt.
bedarf jedoch einer speziellen Zulassung
Hingegen setzt sich der Trend der ver-
durch die zuständige Bundesbehörde.
gangenen Jahre bei der Prüfung von
Nahrungsergänzungsmitteln weiter
fort. Bei 7 von 27 Produkten wurde
das CVUA Karlsruhe fündig. Es handelte sich um Erzeugnisse, die unter
Verwendung von Guarana- oder auch
Gemüsepulver sowie Süßwasseralgen (Chlorella oder Spirulina) hergestellt wurden.
Tabelle: Auf Bestrahlung untersuchte Lebensmittel
Lebensmittelgruppe
Kräuterkäse / Kräuterbutter
Summe der untersuchten
davon bestrahlt
Lebensmittelproben
bzw. teilbestrahlt
23
0
5
0
19
0
30
2
Suppen und Soßen
26
5
Hülsenfrüchte, Ölsamen, Schalenobst
17
0
Wurstwaren
Fisch, Fischerzeugnisse
Krustentiere, Schalentiere, Muscheln und andere Wassertiere
sowie deren Erzeugnisse
Frisches Gemüse, Salat
8
0
23
1
1
0
Pilze, getrocknet
23
0
Frisches Obst
13
0
Trockenobst oder Obsterzeugnisse
4
0
Tees bzw. teeähnliche Erzeugnisse
83
0
Fertiggerichte, zubereitete Speisen
14
0
Nahrungsergänzungsmittel
27
7
Getrocknetes Gemüse, Gemüseerzeugnisse
Frische Pilze
Gewürze, Kräuter, einschließlich Zubereitungen und Gewürzsalz
226
Gesamt
542
2
17 (3,1 %)
121
Lebensmittelüberwachung BW
122
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Radiochemische Untersuchungen
Als Folge der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl in der Ukraine kam es
1986 auch in Deutschland zu teilweise erheblichen Kontaminationen mit
künstlichen Radionukliden. Besonders betroffen vom radioaktiven Niederschlag (Fallout) waren in Baden-Württemberg der Raum Oberschwaben sowie in Bayern Gebiete südlich der Donau.
Um bei möglichen Ereignissen dieser Art in der Zukunft besser reagieren zu können (z. B. frühzeitiges Einbringen der Ernte, Abdecken von
Freilandkulturen, Empfehlungen an die Öffentlichkeit), beschloss der
Bundestag 1986 die Einrichtung des bundesweiten Radioaktivitätsmessnetzes IMIS (= Integriertes Mess- und InformationsSystem zur Überwachung der Umweltradioaktivität).
Die CVUAs Freiburg und Stuttgart
beim Bundesamt für Strahlenschutz
). Dort finden
sind als Landesmessstellen für Ba-
abrufbar (www.bfs.de
den-Württemberg in dieses System
sich auch umfangreiche Erläuterungen
eingebunden und untersuchen für
und gegebenenfalls entsprechende
das Bundesmessprogramm jährlich
Empfehlungen an die Bevölkerung.
mehr als 800 Lebensmittel- und Fut-
IMIS wertet die Daten im Normal-
termittelproben. Die aktuellen Mess-
betrieb täglich, im Ereignisfall alle 2
ergebnisse sind in Form von Karten
Stunden aus.
und Diagrammen über das Internet
Tabelle:
Untersuchungen auf
Bezeichnung
radioaktives Cäsium
Probenzahl
Gesamt
davon
Proben über Proben über
in Lebensmitteln,
600 Bq / kg
Futtermitteln und
Böden
FM = Frischmasse
TM = Trockenmasse
Cs-137 + Cs-134 (Bq / kg FM)
EU-Ausland
Milch, -Erzeugnisse, Käse
Gewürze, getr. Kräuter
Fleisch (ohne Wild)
Wild (überw. Wildschwein)
73
3
2
1
95
587
Süßwasserfische
11
Getreide, -Erzeugnisse,
66
Nachweis22
0,014
0,46
2
0,85
0,99
17
0,1
469
0,1
6
1
max.
grenze
15
3
62
Drittländer
min.
< 0,01
2
3
0,101
5
0,03
4
10
3,97
8
0,027
19,8
5 385
9,1
0,147
Kartoffeln
Gemüse, -Erzeugnisse
79
1
Pilze, -Erzeugnisse
14
7
Obst, -Erzeugnisse
90
3
Hülsenfrüchte, Ölsamen,
3
2
1
0,277
385
27,1
9,8
Nüsse
6
3
0,21
3,1
Kleinkindernahrung
Honig, Brotaufstriche
14
4
0,025
0,03
Gesamtkost-Tagesrationen
65
20
0,018
0,34
Trinkwasser, Rohwasser,
25
< 0,01
Mineralwasser
Sonstige Lebensmittel
Lebensmittel gesamt
7
5
5
0,18
136
1105
Cs-137 + Cs-134 (Bq / kg TM)
Futtermittel
64
2
0,13
Böden
15
14
0,95
Futtermittel gesamt:
79
Gesamtprobenzahl
1184
7,95
121
Radiochemische Untersuchungen
Jahresbericht 2006
Wildfleisch, Wildpilze
Die Kontamination von heimischem Wildfleisch,
insbesondere Wildschweinfleisch, ist immer noch
deutlich messbar. In Baden-Württemberg wurden
Gehalte für Gesamtcäsium von nicht nachweisbar
(< 0,1 Bq / kg) bis 5 385 Bq / kg bei einer WildschweinProbe aus dem Kreis Waldshut festgestellt.
Wild mit einem Gesamtcäsium-Gehalt von mehr als
600 Bq / kg ist nach EU-Recht als nicht sicheres Lebensmittel zu bewerten und darf nicht in den Handel kommen.
Gründe für die große Spannbreite der gefundenen CäsiumGehalte sind zum einen die regional verschiedenen Kontaminationen durch den Tschernobyl-Fallout sowie das jeweils bestehende Nahrungsangebot. Besonders Nahrungsbestandteile aus dem Boden (z. B. Hirschtrüffel) können zu
hohen Cäsium-Gehalten im Wildschweinfleisch führen.
Die Landesregierung Baden-Württembergs hat deshalb im
Jahr 2005 ein umfangreiches Überwachungsprogramm
installiert. Danach müssen in den als belastet erkann-
Probenzahlen und Ergebnisse
ten Gebieten alle Wildschweine vor ihrer Vermarktung
Im Jahr 2006 wurden in Baden-Württemberg 1184 Lebens-
ner Verantwortung der Jäger. Zusätzliche „Erkundungs-
mittel-, Trinkwasser-, Futtermittel- und Bodenproben auf
messungen“ durch die staatlichen Labors (CVUA Stutt-
ihren Radioaktivitätsgehalt untersucht. Davon erfolgten
gart und Freiburg) sollen sicherstellen, dass mögliche
neben den etwa 800 Messungen für das Bundesmess-
weitere Belastungsgebiete erkannt werden. Weiterhin
programm (s. li.) fast 400 weitere Probenmessungen im
werden Proben aus Gaststätten und Metzgereien unter-
Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung.
sucht. Die aktuellen Messergebnisse werden in Form
Den größten Teil der Untersuchungen machten die gammaspektrometrischen Analysen auf radioaktives Cäsium aus
(Cs-137, Cs-134). Wie die Tabelle zeigt, ist die Kontamination
auf Radioaktivität untersucht werden, und zwar in eige-
von Karten und Tabellen im Internet veröffentlicht unter
www.cvua-freiburg.de
chungsämter-bw.de
bzw. unter www.untersu-
.
mit radioaktivem Cäsium bei den meisten Lebensmitteln
Manche Wildpilzarten, insbesondere bestimmte Röhrlinge,
nur noch sehr gering. Gehalte über dem Grenzwert sind
sind bekannt für ihre Fähigkeit, Cäsium anzureichern. Die
teilweise jedoch noch bei Wild festzustellen.
Untersuchungsämter bekommen jedoch Probenmaterial
fast nur durch Pilzsammler.
Grenzwerte
Aus Artenschutzgründen dürfen heimische Wildpilze in Ba-
Nach der Verordnung (EWG) Nr. 737 / 90 dürfen Le-
halb für die Lebensmittelüberwachung kaum zugänglich. Im
bensmittel aus bestimmten Nicht-EU-Ländern nur
Jahr 2006 war die Zahl der privaten Pilzeinsendungen nur
dann importiert werden, wenn der Grenzwert für
gering. Höchstmengenüberschreitungen wurden weder bei
Cäsium-134+137 nicht überschritten ist. Dieser be-
heimischen noch bei importierten Pilzen festgestellt.
trägt 370 Bq pro kg bei Milchprodukten und Kleinkindernahrung bzw. 600 Bq pro kg bei allen übrigen Lebensmitteln. In Deutschland werden Lebensmittel,
welche die genannten Grenzwerte überschreiten,
von der Überwachung als nicht sicher im Sinne Verordnung (EG) 178 und damit als nicht verkehrsfähig
beanstandet.
den-Württemberg nicht gehandelt werden und sind des-
123
Lebensmittelüberwachung BW
124
Strontium-90
Bei 75 Lebensmittel-, Futtermittel- und
Bodenproben wurde außerdem der
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Gesamte Strahlenbelastung durch die Nahrung
Proben aus dem Bereich
der Landwirtschaft
An der durchschnittlichen Strahlenbe-
Futtermittel
Strontium-90-Gehalt bestimmt (Sr-90).
lastung der Bevölkerung hat die Nah-
Geringe Mengen dieses Spaltproduk-
rung nur einen Anteil von ca. 10 %.
tes, das hauptsächlich in den 50er- und
Dabei leisten nicht die künstlichen
60er-Jahren durch oberirdische Kern-
Radionuklide wie z. B. das Cäsium-
waffentests in die Atmosphäre ge-
137, sondern die natürlichen Radionu-
langte, lassen sich noch heute in den
klide wie Blei-210, Radium-228, Radi-
meisten Lebensmitteln nachweisen.
um-226 und Kalium-40 den größten
Sr-90 verhält sich chemisch ähnlich wie
Calcium und wird deshalb vom Körper
besonders während der Wachstumsphase fest in die Knochensubstanz
eingebaut, wo es mit einer Halbwertzeit von 30 Jahren seine schädigende Wirkung entfalten kann. Durch
den Kraftwerksunfall von Tschernobyl
wurde Deutschland nur unwesentlich
mit Sr-90 und anderen schwerflüchtigen Radionukliden (Plutonium, Uran)
kontaminiert.
Sr-90 ist als reiner Beta-Strahler nicht
mit der Gammaspektrometrie erfassbar, sondern muss, wie auch die meisten Alpha-Strahler, vor der Messung
relativ aufwändig aus der Probe isoliert
Beitrag zur nahrungsbedingten Strahlendosis.
Die Untersuchung von 10 Gesamtnahrungsproben auf Radium ergab aber
keine Belastung: Der Höchstwert betrug 0,08 Bq / kg. 5 Trinkwasserproben
wurden auf U 234 / 238-Pu 239 untersucht. Gefunden wurden maximal
0,038 Bq / kg.
Dabei zeigt sich, wie schon in den Jahren zuvor, dass der Reaktorunfall von
Tschernobyl bei Lebensmitteln, die bei
uns in den Verkehr gebracht werden,
keine signifikante Erhöhung der Kontamination mit Strontium-90 und anderen schwerflüchtigen Nukliden zur
Folge hatte.
Im Gegensatz zu Lebensmitteln werden die Aktivitätsgehalte von landwirtschaftlichen Proben auf Trockenmasse
bezogen, sodass die Werte zunächst
höher erscheinen. Rechnet man bei
pflanzlichen Materialien mit einem
Trockensubstanzgehalt von ca. 10, so
sind die gemessenen Aktivitäten mit
denen der Nahrungsmittel vergleichbar.
Die Cs-137-Konzentrationen von
Grasproben betrugen durchschnittlich
1,7 Bq / kg TM mit einem Maximum
von 4,4 Bq / kg. Die Sr-90-Werte lagen
zwischen 0,9 und 1,7 Bq / kg TM. Die
Radiocäsiumgehalte aller anderen
Futtermittel (Kartoffeln, Grünmais,
Getreide) lagen meist unterhalb der
Nachweisgrenze von 0,5 Bq / kg TM.
Lediglich eine Heuprobe hatte einen
Gehalt von 8 Bq / kg TM.
Böden
Die Radiocäsiumkontamination der
werden. Die Untersuchungsergebnis-
Böden zeigt das Aktivitätsmuster,
se zeigen, dass die nahrungsbedingte
wie es seit dem Tschernobyl-Unfall
Dosisbelastung durch Sr-90 nur noch
bekannt ist. Die Gehalte nehmen nur
sehr gering ist. Die gesamte Jahres-
sehr langsam ab, sodass die Aktivitä-
aufnahme an Sr-90 über die Nahrung
ten auf dem Niveau der Vorjahre lie-
lag für eine erwachsene Person im
gen. Der gemessene Maximalwert
Jahr 2003 bei rund 32 Becquerel (Bq).
betrug 121 Bq / kg.
Im Jahre 1963 betrug die durchschnittliche Sr-90-Jahresaufnahme noch 412
Bq pro Person.
Tabelle:
Untersuchungen
Bezeichnung
Probenzahl
auf Strontium-90
Sr-90 (Bq / kg)
min.
Milch, -Erzeugnisse, Käse
Süßwasserfisch
Getreide, -Erzeugnisse, Kartoffeln
max.
11
0,032
0,06
2
0,01
0,01
0,26
13
0,07
Gemüse, -Erzeugnisse
7
0,05
0,19
Obst, Obstprodukte
8
0,009
0,18
Kleinkindnahrung
Gesamtkost-Tagesrationen
Trinkwasser, Rohwasser, Mineralwasser
Gesamt
Futtermittel (TM)
Böden (TM)
Gesamt
4
0,003
0,017
12
0,05
0,06
6
< 0,003
0,005
6
0,47
3,95
6
0,42
2,97
63
12
Industrie- und umweltbedingte Kontaminanten
Jahresbericht 2006
Industrie- und umweltbedingte Kontaminanten
Dioxine und dioxinähnliche PCB
Was sind Dioxine?
Unter dem Begriff „Dioxine“ werden 210 chemische Verbindungen mit einer ähnlichen Struktur zusammengefasst: 75 polychlorierte Dibenzo-p-dioxine (PCDD) und 135 polychlorierte Dibenzofurane (PCDF). Dioxine gehören zu den giftigsten chlororganischen Verbindungen. Durch ihre gute Fettlöslichkeit und ihre Langlebigkeit
reichern sie sich in der Nahrungskette an. Nach heutiger Kenntnis nimmt der Mensch diese Substanzen fast
ausschließlich über die Nahrung auf. Mit Dioxinen belastete Lebensmittel können daher für die Verbraucher
ein gesundheitliches Risiko darstellen. Bestimmte polychlorierte Biphenyle (PCB) weisen dioxinähnliche
Eigenschaften auf und sind daher ebenfalls in den Blickpunkt des Interesses gerückt. Den dioxinähnlichen PCB
werden wie den Dioxinen Toxizitätsäquivalente (TEQ) zugeordnet, die diese PCB-Kongenere gemäß ihrer Toxizität im Vergleich zum 2,3,7,8-TCDD einstufen. Ein Expertengremium unter der Leitung der WHO (Weltgesundheitsorganisation) hat für 4 non-ortho und 8 mono-ortho PCB Toxizitätsäquivalenzfaktoren (TEF) festgesetzt.
Ab November 2006 gelten Höchstgehalte nicht nur für Dioxine, sondern auch für den Gesamt-TEQ-Gehalt (als
Summe der Toxizitätsäquivalente von Dioxinen und dioxinähnlichen PCB). Zusätzlich zu den bestehenden Auslösewerten für Dioxine sind separate Auslösewerte für dioxinähnliche PCB in Kraft getreten.
Dioxinlabor des CVUA Freiburg als EU-Referenzlabor (CRL)
Zur angestrebten Weiterentwicklung und Harmonisierung der Lebens-
zide mit Einzelnachweisverfahren be-
mittelüberwachung und Tierseuchendiagnostik wurde im Jahr 2005
stimmt. Die Tätigkeiten wurden zum
die Einrichtung von Gemeinschafts-Referenzlaboratorien (Community
1. Juli 2006 übertragen.
Reference Laboratories, CRLs) von der Europäischen Union u. a. für verschiedene rückstandsanalytische Arbeitsgebiete ausgeschrieben. Dabei
sollen die EU-Referenz-Laboratorien sowohl eine richtungsweisende als
auch eine koordinierende und beratende Funktion erfüllen. Die Referenzlabore sollen analytische Qualitäts-Richtlinien erstellen, die dann von
allen anderen Laboratorien innerhalb der EU übernommen und umgesetzt werden sollen. Ziel ist eine EU-weite Verbesserung der Qualität von
Wesentliche Tätigkeiten des DioxinCRLs in 2006 umfassen die wissenschaftliche Unterstützung der Kommission bei folgenden Fragestellungen:
• Klärung der Notwendigkeit, Doppel-
analytischen Ergebnissen. In den jeweiligen Zuständigkeitsbereichen
bestimmungen zur Absicherung von
sollen möglichst zügig Netzwerke von CRLs und NRLs (nationale Refe-
Untersuchungsergebnissen durch-
renz-Laboratorien) aufgebaut werden, die jeweils von den entsprechen-
zuführen, wenn zulässige Höchst-
den CRLs koordiniert werden. Unter Berücksichtigung der analytischen
mengen überschritten werden.
Defizite und Gegebenheiten in den Mitgliedsstaaten sollen die CRLs
unter anderem Forschungsarbeit zur Entwicklung neuer analytischer
Methoden durchführen. Durch Workshops sollen die Experten der natio-
• Harmonisierung der Extraktionsverfahren bei Mineralfuttermitteln.
• Beginn der Kooperation mit CEN zur
nalen Referenzlabore aus den Mitgliedstaaten und bei Bedarf auch aus
Entwicklung analytischer Methoden
Drittländern zur Anwendung neuer Analysenmethoden geschult werden.
zur Bestimmung von Dioxinen, dioxinähnlichen PCB und Marker-PCB
Nach Abschluss eines strengen Aus-
tierischen Ursprungs und Waren mit
in Lebensmitteln und Futtermit-
wahlverfahrens auf nationaler und
hohem Fettanteil“. Hier wurden un-
teln.
EU-Ebene gingen Anfang 2006 von
ter anderem die Leistungen auch in
den 8 vergebenen CRLs im Bereich
anderem internationalen Rahmen ge-
„Rückstände und Kontaminanten“
würdigt, weil sich das CVUA Freiburg
drei Benennungen an Einrichtungen
bereits als Referenzlabor für die Welt-
der amtlichen Lebensmittelüberwa-
gesundheitsorganisation (WHO) zur
chung in Baden-Württemberg: Das
Durchführung einer weltweiten Studie
CVUA Freiburg wurde als Gemein-
mit Humanmilch zur Feststellung der
schaftsreferenzlabor für zwei Arbeits-
Belastung mit Dioxinen, PCB und an-
gebiete ausgewählt, nämlich für den
deren chlororganischen Kontaminan-
Bereich „Dioxine und PCB in Lebens-
ten qualifiziert hat. In Baden-Württem-
mitteln und Futtermitteln“ und für den
berg wurde ferner das Pestizid-Labor
Bereich „Pestizide in Lebensmitteln
des CVUA Stuttgart als CRL für Pesti-
Die physikalisch-chemischen Untersuchungsmöglichkeiten zur Bestimmung
von Dioxinen und dioxinähnlichen PCB
des CVUA Freiburg wurden erheblich
ausgebaut. Zusätzlich wurden die Untersuchungsmöglichkeiten auch für biologische Screeningtests (Bioassays)
geschaffen. Hierdurch wird die Leistungsfähigkeit des Dioxinlabors erheblich gestärkt.
125
126
Lebensmittelüberwachung BW
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
überwiegend im Bereich der bereits
Untersuchungen von Lebens-
vorliegenden Daten aus den voran-
mitteln und Futtermitteln
Im Jahr 2006 wurden 614 Proben auf
Dioxine untersucht, hiervon 488 Lebensmittel, 115 Futtermittel und 11
Humanproben. Bei den Futtermitteln
wurden 113 Proben im Auftrag der
amtlichen Futtermittelüberwachung
in Baden-Württemberg und 2 Proben
in Amtshilfe als Bestätigungsanalyse
gegangenen Jahren. Besondere Programme waren die Untersuchung von
Kindernahrungsmitteln, die Untersuchungen im Rahmen des Filder-Programmes und die Untersuchung von
Dorschlebern.
Milch und Milchprodukte
Insgesamt 147 Proben von Milch und
Milchprodukten wurden auf Dioxingehalte untersucht. Alle Proben liegen
unterhalb der zulässigen Höchstmenge von 3 pg WHO-PCDD / F-TEQ / g Fett
und dem Auslösewert von 2 pg WHOPCDD / F-TEQ / g Fett. Ergänzend wurden auch die Gehalte der dioxinähnli-
Kindernahrungsmittel
chen PCB und der Summe aus den
für ein anderes Untersuchungsamt
Im Rahmen eines Monitoring-Projek-
Dioxinen und den dioxinähnlichen PCB
untersucht. Die Ergebnisse der Fut-
tes wurden 20 Säuglings- und Klein-
bestimmt. Der Beitrag der dioxinähnli-
termitteluntersuchungen werden se-
kindernahrungsmittel auf Dioxine
chen PCB zu den Gesamt-TEQ ist bei
parat in Teil V (Futtermittel) dargestellt.
und dioxinähnliche PCB untersucht.
Milch und Milchprodukten etwa dop-
Die Humanproben wurden für die in-
Für Säuglings- und Kindernahrungs-
pelt so hoch wie der Beitrag „nur“ der
ternationale WHO-Studie zu Gehalten
mittel, wie auch ganz allgemein für
Dioxine. Seit 4. November 2006 gilt
von Dioxinen, PCBs und anderen per-
Fertiggerichte, gibt es zurzeit keine
neben dem Dioxinhöchstgehalt auch
sistenten Organochlorkontaminanten
Höchstgehalte. Auch für Gemüse und
ein Gesamthöchstgehalt für die Sum-
in Humanmilch in Zuständigkeit als
Getreide als Hauptbestandteile der
me aus Dioxinen und dioxinähnlichen
WHO-Referenzlabor analysiert.
überwiegenden Anzahl der Proben
PCB von 6 pg WHO-PCDD / F-PCB-
sind bis jetzt nur Auslösewerte fest-
TEQ / g Fett. Eine separate Höchst-
gelegt. Sie können jedoch in diesem
menge nur für die dioxinähnlichen
Fall als Orientierungspunkt dienen. Ein
PCB wurde nicht festgelegt, sondern
Vergleich mit den Auslösewerten für
nur ein Auslösewert von 2 pg WHO-
Obst, Gemüse und Getreide von 400
PCB-TEQ / g Fett. Die nachfolgende
pg WHO-PCDD / F-TEQ / kg Frischge-
Tabelle stellt die Untersuchungser-
wicht und 200 pg WHO-PCB-TEQ / kg
gebnisse des Gesamt-Dioxin-Gehal-
Die weitaus meisten der 488 Lebens-
Frischgewicht zeigt, dass die Gehalte
tes (in pg WHO-PCDD / F-PCB-TEQ / g
mittelproben zeigten die auch in frühe-
an Dioxinen und dioxinähnlichen PCB
Fett) dar.
ren Jahren für die jeweiligen Matrices
in den untersuchten Säuglings- und
festgestellten Dioxingehalte. Auch die
Kindernahrungsmitteln erfreulich ge-
Gehalte an dioxinähnlichen PCB lagen
ring sind.
Bei allen Lebensmitteln wurden zusätzlich zu den Dioxinen auch die dioxinähnlichen PCB bestimmt. Bei den
Futtermitteln wurde bei 25 Proben
zusätzlich auch der Gehalt an dioxinähnlichen PCB ermittelt.
Produkt
Probenzahl
Niedrigster Wert
Median
Mittelwert
Höchster
Wert
Milch
61
0,68
1,06
1,16
2,20
Butter
38
0,52
0,90
0,90
1,26
Joghurt, Sahne
20
0,70
1,09
1,06
1,38
Käse
28
0,47
0,89
1,00
2,86
Tabelle: Übersicht über Ergebnisse der Untersuchungen auf Dioxine und dioxinähnliche PCB in Milch und Milchprodukten
(Angaben in pg WHO-PCDD / F-PCB-TEQ / g Fett)
WHO-PCDD / F-PCB-TEQ
Anzahl
Minimum
20
4,50
Median
11,7
Mittelwert
15,2
WHO-PCB-TEQ
20
WHO-PCDD / F-TEQ
20
2,02
0,88
8,47
3,28
10,0
5,17
95 % - Perzentil
29,9
29,7
20,2
Maximum
39,8
19,7
20,2
Tabelle: Übersicht über Ergebnisse der Untersuchungen von Säuglings- und Kleinkindernahrungsmitteln auf Dioxine und
dioxinähnliche PCB (Angaben in pg / kg Frischgewicht)
Industrie- und umweltbedingte Kontaminanten
Jahresbericht 2006
Dorschleber
127
Tabelle:
Dorschleberöl
Übersicht über
WHO-PCDD / F-
WHO-PCB-
WHO-PCDD / F-
WHO-PCDD / F-
WHO-PCB-
WHO-PCDD / F-
Ergebnisse der
PCB-TEQ
TEQ
TEQ
PCB-TEQ
TEQ
TEQ
Untersuchung
25
25
25
25
25
25
auf Dioxine und
Minimum
6,90
5,22
1,15
19,3
15,7
3,06
Median
33,0
26,2
7,27
96,8
75,9
20,4
Mittelwert
35,6
27,4
8,16
99,4
77,3
22,1
95 % - Perzentil
67,6
51,1
16,7
175,1
132,1
40,7
Maximum
76,5
63,9
17,3
194,0
158,0
43,5
Anzahl
Insgesamt 25 Dorschleberkonser-
zusätzlich ab November 2006 10 pg
venproben wurden auf Dioxine und
WHO-PCDD / F-PCB-TEQ / g Fett für
das abtropfende Öl von fast allen Pro-
dioxinähnliche PCB untersucht. Zur
die Summe aus Dioxinen und dioxin-
dukten überschritten, teilweise in er-
Untersuchung wurde die Dorschle-
ähnlichen PCB. Diese festgesetzten
heblichem Umfang.
ber in einem Sieb vom Fett getrennt.
Bezug auf das Produkt als auch auf
Höchstmengen werden sowohl bei
Aus lebensmittelrechtlichen Gründen
wurden dann jeweils die abgetropfte
Leber und das Abtropföl separat untersucht. Eine Übersicht über die Gehalte an Dioxinen und dioxinähnlichen
PCB sowie der Summe gibt die obige
Tabelle sowohl für die Leber als auch
für das abgetropfte Öl wieder.
Die Werte für Fischleber sind unter
Berücksichtigung von speziellen Regecodes (KN-Codes) mit dem Höchstgehalt von 4,0 pg WHO-PCDD / F-TEQ / g
Frischgewicht für Muskelfleisch von
Fischen und Fischereierzeugnissen zu
vergleichen. Ab November 2006 wurde zusätzlich ein Höchstgehalt für die
Summe aus Dioxinen und dioxinähnlichen PCB von 8,0 pg WHO-PCDD / FPCB-TEQ / g festgelegt.
Gesundheitliche Bewertung
Um eine gesundheitliche Bewer-
rung liegt etwa bei 1 – 2 pg WHO-
tung vornehmen zu können, wurde
TEQ / kg Körpergewicht und Tag.
bei allen 25 Proben die Aufnahme
Durch den Verzehr von 100 g
an Dioxinen und dioxinähnlichen
Dorschleber würde bei den unter-
PCB durch Verzehr von 100 g
suchten 25 Proben im Mittel für
Dorschleber (Abtropfgewicht) für
einen 60 kg schweren Menschen
eine 60 kg schwere Person be-
eine Aufnahme zwischen etwa 12
rechnet. Die international harmo-
und 126 pg WHO-PCDD / F-PCB-
nisierten duldbaren Aufnahmen
TEQ / kg KGW resultieren. Das be-
Das abtropfende Öl, in dem das Pro-
für Dioxine und dioxinähnliche PCB
deutet, dass bei der Dorschleber
dukt eingelegt ist oder das beim Her-
liegen bei 70 pg WHO-TEQ / kg
mit der geringsten Belastung die
stellungsprozess (z. B. durch Erhitzen
Körpergewicht und Monat (Joint
duldbare tägliche Aufnahme etwa
der sehr fetthaltigen Fischleber) aus-
FAO / WHO Expert Committee on
um das 6 fache überschritten wird,
getreten ist, ist zwar nicht das primär
Food Additives; JECFA) bzw 14 pg
während bei der höchstbelasteten
vorgesehene Verzehrserzeugnis, kann
WHO-TEQ / kg Körpergewicht und
Probe diese duldbare tägliche Auf-
allerdings nach vernünftigem Ermes-
Woche (EU Scientific Committee
nahme etwa um Faktor 60 über-
sen bei Verzehr der Dorschleber nicht
on Food; SCF). Diese Werte gelten
schritten wird. Im Mittel wird die
vollständig entfernt werden. Somit
für die Summe der beiden Schad-
duldbare Aufnahme durch Verzehr
kann es als Lebensmittel angesehen
stoffgruppen und entsprechen um-
von 100 g Dorschleber etwa um
werden, für das die Höchstgehal-
gerechnet auf die duldbare tägli-
das 30fache überschritten und da-
te für Öle von Meerestieren (Fisch-
che Aufnahme einem Wert von
mit durch den einmaligen Verzehr
öl, Fischleberöl und andere Öle von
etwa 2 pg WHO-TEQ / kg KGW.
dieser Menge an Dorschleber be-
Meerestieren für den menschlichen
Die durchschnittliche tägliche Auf-
reits die duldbare monatliche Do-
Verzehr) gelten, nämlich 2,0 pg / WHO-
nahme der deutschen Bevölke-
sis in etwa ausgeschöpft.
PCDD / F-TEQ / g Fett bei Dioxinen und
von Dorschleber
(Angaben in pg / g
Frischgewicht) und
Dorschleberöl
(Angaben in pg / g
Fett)
Dorschleber
lungen für kombinierte Nomenklatur-
dioxinähnliche PCB
128
Lebensmittelüberwachung BW
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Filderprogramm
Die Filderebene nahe Stuttgart ist mit
ne von 0,4 ng WHO-PCDD / F-TEQ / kg
PCDD / F-TEQ / kg Erzeugnis) zeigt,
ihren besonders fruchtbaren Lössbö-
Erzeugnis und für dioxinähnliche
dass die Dioxingehalte der untersuch-
den sehr gut für die landwirtschaft-
PCB von 0,2 ng WHO-PCB-TEQ / kg
ten Pflanzen im unteren Bereich der
liche Erzeugung geeignet, was eine
Erzeugnis festgesetzt. Ein Vergleich
üblichen Hintergrundbelastung liegen.
intensive landwirtschaftliche Nutzung
dieser Auslösewerte mit den im
Für die dioxinähnlichen PCB liegen
zur Folge hat. Angebaut wird neben
Rahmen des Filderkraut-Projektes
bis jetzt noch keine repräsentativen
dem bekannten Filderkraut auch ver-
erhaltenen Werten (Maxima: 0,009
Daten für bodennahes Blattgemüse
mehrt Gemüse (hauptsächlich Salat)
ng WHO-PCDD / F-TEQ / kg Erzeugnis
vor. Ein Vergleich der Gehalte der Fil-
zur Versorgung der Region. Aufgrund
bzw. 0,021 ng WHO-PCB-TEQ / kg Er-
derproben an dioxinähnlichen PCB mit
der Nähe zum Flughafen Stuttgart und
zeugnis) zeigt, dass die Auslösewerte
denen von bodennahem Blattgemüse
zur Autobahn A 8 bzw. zur Bundesstra-
um mehr als das Zehnfache über den
aus dem Jahr 2005 (Mittelwert von 14
ße B 27 wird für das Gebiet der Fildern
erhaltenen Maximalgehalten liegen.
Proben: 0,004 ng WHO-PCB-TEQ / kg
immer wieder die Frage nach einer be-
Somit sind die vorliegenden pflanzli-
Erzeugnis; Maximum: 0,007 ng WHO-
sonderen Belastungssituation gestellt.
chen Lebensmittel bezüglich der Ge-
PCB-TEQ / kg Erzeugnis) zeigt, dass
Ist die Belastung durch Schadstoffe
halte an Dioxinen und dioxinähnlichen
diese in den Filderproben ebenfalls in
von Auto- und Flugverkehr bei Gemü-
PCB aus lebensmittelrechtlicher Sicht
derselben Größenordnung liegen.
se von den Fildern möglicherweise
nicht zu beanstanden und geben keine
höher als die übliche Hintergrund-
Hinweise auf möglicherweise erhöhte
belastung bei Gemüse aus anderen
Gehalte an Dioxinen oder dioxinähnli-
Regionen? Vor diesem Hintergrund
chen PCB.
wurde ein Monitoringprogramm zur
Feststellung der Belastung von Filderkraut mit verschiedenen Kontaminanten, unter anderem mit Dioxinen und
PCB, durchgeführt.
Die separate Untersuchung der äußeren Blätter bei 3 Proben zeigte die auch
aus anderen Studien bekannte Tendenz von leicht höheren Gehalten an
Ein Vergleich der Dioxingehalte der
Dioxinen und dioxinähnlichen PCB in
Filderkrautproben mit den in den Jah-
den äußeren Hüllblättern im
ren 1993 bis 2001 untersuchten Ge-
Vergleich zu den inne-
halten in bodennahen Blattgemüse
ren Blättern.
außer Grünkohl (wie Mangold, Kopf-
Insgesamt wurden 6 Pflanzenproben
salat, Lauch, Lollo Rosso, Eissalat,
aus dem Anbaugebiet „Fildern“ zur
Eichblattsalat, Endiviensalat, Zucker-
Untersuchung auf Dioxine und dio-
hut, Weisskraut, Wirsing, Eisberg-
xinähnliche PCB angeliefert: 3 Salat-
salat) aus unbelasteten Ge-
proben (mit großflächigen Blättern, an
bieten (Mittelwert von 53
denen luftgetragene Emissionen ad-
Proben: 0,008 ng WHO-
sorbiert werden können), und 3 Kraut-
PCDD / F-TEQ / kg Er-
proben. Bei den Krautpflanzen wurden
zeugnis; Maximum:
innere und äußere Blätter getrennt
0,047 ng WHO-
untersucht, um festzustellen, ob
nach Abtrennen der äußeren Blätter
die Dioxingehalte abgesenkt werden.
Die Ergebnisse sind in der folgenden
Tabelle zusammengestellt.
Tabelle:
Derzeit gibt es für pflanzliche Lebens-
Übersicht über Ergebnisse der Unter-
mittel weder gültige Höchstgehalte für
suchung von pflanzlichen Lebensmitteln
Dioxine noch für dioxinähnliche PCB.
aus der Filderebene auf Dioxine und
Dagegen wurden durch Kommissions-
dioxinähnliche PCB
empfehlung Auslösewerte für Dioxi-
(Angaben in ng / kg Frischgewicht)
WHO-PCDD / F-PCB-TEQ
WHO-PCB-TEQ
WHO-PCDD / F-TEQ
Anzahl
9
9
9
Minimum
0,007
0,005
0,001
Median
0,012
0,006
0,003
Mittelwert
0,014
0,011
0,003
95 % - Perzentil
0,025
0,021
0,007
Maximum
0,026
0,021
0,009
Industrie- und umweltbedingte Kontaminanten
Jahresbericht 2006
Schwermetalle und toxische Spurenelemente
Die Minimierung der in Lebensmitteln in Spuren enthaltenen Schwer-
Neben diesen höher belasteten ma-
metalle Blei, Cadmium und Quecksilber spielt seit langem eine wichtige
rinen Lebensmitteln zeichnen sich
Rolle für den gesundheitlichen Verbraucherschutz. Für diese Elemente
bestimmte pflanzliche Lebensmittel
existieren demzufolge europaweit verbindliche Höchstgehalte für ver-
ebenfalls durch eine erhöhte Belas-
schiedene Lebensmittel, die zusammen mit Höchstgehalten anderer
tung mit Schwermetallen aus. So
Kontaminanten in der Verordnung (EG) Nr. 466 / 2001 (inzwischen VO
ist bekannt, dass die Kakaopflanze
(EG) Nr. 1881 / 2006) festgelegt sind.
auf cadmiumhaltigen Böden dieses
Neben diesen und anderen mehr oder weniger gesundheitsschädlichen
toxische Schwermetall aufnehmen
Schwermetallen gibt es aber auch viele Elemente, deren Aufnahme
kann. Je nach Anbaugebiet des Ka-
für den Erhalt der menschlichen Gesundheit notwendig ist. Bestimmte
kaos resultieren daraus natürlicher-
Elemente können aber auch zur Charakterisierung von Lebensmitteln
weise sehr unterschiedliche Gehalte
(z. B. Weine, Säfte, Separatorenfleisch) herangezogen werden.
in den Kakaosamen und den daraus
Im Berichtsjahr wurden in 5 171 Proben insgesamt 36 148 Elementbestimmungen durchgeführt. Das Spektrum umfasste dabei 31 verschiedene Elemente, die mit modernsten Analysentechniken (z. B. ICP-MS)
bestimmt wurden.
hergestellten Produkten. Aus diesem
Anlass wurde im Berichtsjahr, wie im
Jahr zuvor, Schokolade auf Cadmium
untersucht. Bei der Analyse von 50
Proben wurden überwiegend Gehal-
Die Belastung von Lebens-
te unter 0,25 mg / kg festgestellt. 5 Proben Edelbitterscho-
mitteln mit den toxi-
kolade zeigten dagegen erhöhte Gehalte (Maximalgehalt
schen Schwermetal-
0,49 mg / kg), die sich durch deren hohen Kakaoanteil und
len Blei, Cadmium
das Anbaugebiet des zur Herstellung verwendeten Kakaos
u n d Q u e ck s i l b e r
erklären ließen. Neben den Schokoladen wurden auch 8
kann insgesamt als
Proben Kakao analysiert. Diese Proben wiesen durchweg
gering angesehen wer-
Cadmiumgehalte unterhalb von 0,25 mg / kg auf. Obwohl
den. Einzelne Lebensmit-
die hier beschriebene Problematik seit langem bekannt
tel bzw. Lebensmittelgruppen
ist, konnten sich die Mitgliedsstaaten der EU bislang nicht
bilden hier jedoch die Ausnahme,
auf einen Höchstgehalt für Cadmium in Schokolade oder
sodass sich bei diesen Lebensmittel
immer wieder Auffälligkeiten ergeben, die
es zumeist aus Gründen der Gesundheitsvorsorge
zu minimieren gilt.
Bereits seit einigen Jahren ist die Problematik „Schwerme-
Kakao einigen.
Weitere pflanzliche Lebensmittel, die Cadmium akkumulieren, sind bekanntermaßen Ölsaaten wie Leinsamen, Mohn
und Sonnenblumenkerne. Für diese Lebensmittel existieren bislang ebenfalls keine Höchstgehalte. Auch Pinienker-
talle in Seefisch“ bekannt. Die Schwermetalle Quecksilber
ne können, je nach Herkunft, erhöhte Cadmiumgehalte
und Cadmium reichern sich in der marinen Nahrungskette
aufweisen. Bei eigenen Untersuchungen wurden Gehalte
an, was zu beträchtlichen Schwermetallbelastungen füh-
zwischen 0,02 und 0,4 mg / kg (Mittelwert: 0,22 mg / kg)
ren kann. Im EU-Schnellwarnsystem (Rapid Alert System
ermittelt. Nach Definition der EU werden Pinienkerne den
For Food And Feed – RASFF) liegen Warnungen über ho-
Nüssen zugerechnet, die als „Früchte“ dem Höchstgehalt
he Quecksilber- und Cadmiumgehalte in Raubfischen, wie
für Obst von 0,05 mg / kg unterliegen. Dies hatte zur Folge,
Schwertfisch, Hai oder Tintenfisch, mit deutlichem Abstand
dass Pinienkerne vielfach als nicht verkehrsfähig eingestuft
an der Spitze der Meldungen über Schwermetalle in Le-
wurden. In der Neufassung der Kontaminanten-Höchst-
bensmitteln. Untersuchungen in den Jahren 2002 und 2003
gehalteverordnung (VO (EG) 1881 / 2006), die im Dezem-
bestätigten, dass entsprechende Ware auch nach Baden-
ber 2006 veröffentlicht wurde, wurden Pinienkerne beim
Württemberg geliefert wurde.
Höchstgehalt für Früchte explizit ausgenommen. Da die
Diese Untersuchungen wurden fortgeführt und zeigten
2006 aber lediglich 5 Quecksilber-Höchstgehaltüberschreitungen bei Schwertfisch und Degenfisch. Hierbei lag der
Maximalgehalt bei 2,3 mg / kg, bei einem Höchstgehalt von
1,0 mg / kg. Weitere Höchstgehaltüberschreitungen ergaben sich in 2 Fällen bei der Untersuchung von Miesmuscheln aus dem Pazifik. Hier lagen die Cadmiumgehalte
bei 1,34 bzw. 2,08 mg / kg (Höchstgehalt:1,0 mg / kg).
Verzehrsmenge von Pinienkernen deutlich unter der Verzehrsmenge anderer Früchte liegt, ist diese Verfahrensweise bis zur Festsetzung eines eigenen Höchstgehalts
für Cadmium in Pinien durchaus vertretbar.
129
130
Lebensmittelüberwachung BW
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Neben den durch Höchstgehalte in Lebensmitteln be-
Ende des Jahres 2005 wurde bekannt, dass Russland
grenzten Schwermetallen Blei, Cadmium und Quecksil-
Importe von Produkten einiger norwegischer Fischzucht-
ber, geraten immer wieder Elemente ins Blickfeld, die
betriebe verboten hatte, weil angeblich in Zuchtlachs
nicht gesetzlich geregelt sind und daher einer eigenen
erhebliche Überschreitungen der in Russland geltenden
Bewertung bedürfen. Ein Beispiel hierfür stellen Befunde
Höchstmengen für Blei und Cadmium festgestellt worden
über Antimon in Bier dar. Der Antimongehalt in Bier liegt
waren. Da Zuchtlachs aus Norwegen auch in Deutschland
normalerweise unter 1 µg / Liter. Im Januar 2006 wurden
eine erhebliche Marktbedeutung hat, wurden 2006 ent-
Untersuchungen der Landesuntersuchungsanstalt für das
sprechende Untersuchungen durchgeführt. Die Gehalte an
Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen (LUA) aus dem
Blei, Quecksilber und Cadmium bewegten sich in allen 26
Jahr 2005 bekannt, wonach in Bieren von 2 sächsischen
Lachsproben (davon 11 aus Norwegen) weit unterhalb der
Brauereien auffällige Gehalte zwischen 5 und 15 µg / Liter
in der EU geltenden Höchstmengen, die Gehalte an Blei
ermittelt wurden, der höchste Wert lag bei 23 µg / Liter. Die
und Cadmium lagen mit einer Ausnahme sogar unterhalb
Durchführung von Stufenkontrollen zeigte, dass die hohen
der analytischen Nachweisgrenze. Hintergrund des Im-
Antimongehalte wahrscheinlich auf die verwendeten Kieselgur-Filtermaterialien zurückzuführen waren.
Eine gesundheitliche Beeinträchti-
portverbotes war offenbar ein zwischen Russland
und Norwegen bestehender Fischereikonflikt, der mittlerweile zumindest vorläufig
beigelegt wurde.
gung ist bei Antimon-Gehalten in
Zu Aluminium in Süßwaren siehe
dieser Größenordnung auch bei
Teil III, Kapitel Zuckerwaren, Scho-
regelmäßigem Bierkonsum nicht
kolade, Brotaufstriche.
zu befürchten. Dennoch handelt es
sich um eine technologisch bedingte Kontamination, die durch Verwendung anderer Filtermaterialien
zu vermeiden wäre. Nach Art. 2 Abs.
2 der Verordnung (EWG) Nr. 315 / 93 des
Rates vom 08.02.1993 zur Festlegung von
gemeinschaftlichen Verfahren zur Kontrolle von
Kontaminanten in Lebensmitteln sind Kontaminanten auf
so niedrige Werte zu begrenzen, wie sie durch gute Praxis auf allen Stufen sinnvoll erreicht werden können. Das
LUA Sachsen schlägt deshalb einen „Eingreifwert“ für Antimon von 10 µg / Liter Bier – dies entspricht dem doppelten
Grenzwert der Trinkwasser-Verordnung – vor.
In diesem Zusammenhang wurden 244 Bierproben auf ihren Antimongehalt untersucht. Im überwiegenden Teil der
Proben war Antimon nicht nachweisbar. 15 Proben lagen
über 5 µg / Liter, lediglich bei 6 Proben wurde ein Antimongehalt von über 10 µg / Liter und damit über dem o. g. Eingreifwert von 10 µg / Liter festgestellt. Weiterhin wurden 35
Filterhilfsmittelproben untersucht, von denen sich 5 Proben
als auffällig erwiesen. Da eine endgültige gesundheitliche
Bewertung der Antimongehalte in Bier durch das Bundesinstitut für Risikobewertung noch aussteht, wurden die
untersuchten Bierproben nicht beanstandet.
Dass bei der Beurteilung von Kontaminanten in Lebensmitteln nicht immer der gesundheitliche Verbraucherschutz im
Vordergrund steht, zeigt folgendes Beispiel.
Herstellungsbedingte Kontaminanten
Jahresbericht 2006
Herstellungsbedingte Kontaminanten
Nitrosamine
Insgesamt 203 Proben Lebensmittel,
kosmetische Mittel und Bedarfsgegenstände wurden auf krebserregende
Nitrosamine geprüft.
Nitrosamine in Lebensmitteln –
Der Kauf von Wimperntusche
Bei einer Probe Haargel wurde ein Ge-
noch ein Problem?
kann ins Auge gehen.
halt an NDELA von 10 mg / kg (1000-
In Gegenwart von Nitrit und Nitrat kön-
Nach der EU-Kosmetik-Richtlinie darf
nen in eiweißreichen Lebensmitteln
N-Nitrosodiethanolamin (NDELA)
Nitrosamine gebildet werden. Neben
in kosmetischen Mitteln lediglich in
der exogenen Nitrosaminbildung im
Spuren enthalten sein, sofern es nach
Lebensmittel können Nitrosamine
guter Herstellungspraxis technisch un-
auch erst im menschlichen Körper
vermeidbar ist und bei normaler oder
(endogen) gebildet werden, wenn
vernünftigerweise vorhersehbarer Ver-
die notwendigen Reaktionspartner
wendung die menschliche Gesundheit
vorliegen.
nicht schädigt. NDELA weist krebser-
Untersucht wurden Biere, Röstmal-
zeugende, genotoxische Eigenschaf-
ze für die Bierbereitung, geräucherte
ten auf und gelangt als Verunreinigung
Fleisch- und Fischerzeugnisse sowie
aminhaltiger Inhaltsstoffe, wie z. B.
Vollmilchpulver, Grünkern und Käse.
Triethanolamin, in das Produkt oder
„Technische Richtwerte“ existieren nur
kann aus diesen gebildet werden. Als
für N-Nitrosodimethylamin (NDMA) in
kritisch zu bewerten sind Produkte,
Bier (0,5 µg / kg) und Malz (2,5 µg / kg).
die auf der Haut verbleiben und bei
Bei allen 21 Bier- und Malzproben la-
denen NDELA bis zu 30 % resorbiert
Bezüglich der Untersuchungen von
gen die Gehalte an NDMA unterhalb
werden kann.
Bedarfsgegenständen aus Gummi auf
der technischen Richtwerte bzw. unterhalb der Nachweisgrenze. Auch in
den restlichen 32 Lebensmittelproben
konnten keine auffälligen Nitrosamingehalte festgestellt werden.
Während Bier und gepökelte Lebensmittel durch verbesserte Herstellungsverfahren nur noch selten mit Nitrosaminen belastet sind, liegen seit Ende
2006 erste Kenntnisse über erhöhte
Gehalte an NDMA in Trinkwasser vor.
Näheres hierzu siehe Teil V, Trinkwasser.
46 kosmetische Mittel, insbesondere
Wimperntusche, Eyeliner und Handwaschpasten, wurden auf NDELA
geprüft. Gehalte über dem technisch
vermeidbaren Wert von 0,01 mg / kg
konnten bei 26 % der Proben, überwiegend Wimperntusche, festgestellt
werden.
Die NDELA-Gehalte in Wimperntusche
lagen zwischen 14 und 370 µg / kg.
Eine Eignung zur Gesundheitsschädigung wurde jedoch aufgrund der geringen Exposition mit Wimperntusche
nicht gesehen.
fach über dem Richtwert) nachgewiesen. Verbotenerweise wurde hier
Triethanolamin zusammen mit dem
Konservierungsstoff Bronidox eingesetzt – eine Kombination, die zur Entstehung von NDELA maßgeblich beiträgt. Das Haargel wurde als gesundheitsschädlich beanstandet. Nähere
Informationen zur Risikobeurteilung
von mit NDELA belasteten kosmetischen Mitteln finden Sie im Jahresbericht 2006 des CVUA Karlsruhe unter
dem Kapitel Kosmetische Mittel.
Nitrosamine in Bedarfsgegenständen
Nitrosamine und nitrosierbare Stoffe
wird auf Teil III, Bedarfsgegenstände
verwiesen.
131
Lebensmittelüberwachung BW
132
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)
Rückstandssituation in Lebensmitteln
Bei den polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) – einer
Im Berichtszeitraum wurden 481 Le-
Stoffgruppe aus ca. 250 verschiedenen Verbindungen – handelt es sich
bensmittel auf ihre Gehalte an PAK
um Umwelt-Prozesskontaminanten. Einige dieser Verbindungen weisen
untersucht. In 222 Proben (46 %) war
unterschiedlich starke karzinogene (krebserregende) Eigenschaften auf.
Benzo(a)pyren nachweisbar.
Benzo(a)pyren ist der bekannteste Vertreter dieser Stoffgruppe. PAK werden u. a. gebildet bei der unvollständigen Verbrennung von organischem
Material, aber auch beim Grillen, Räuchern von Lebensmitteln sowie
beim Rauchen von Tabakerzeugnissen (z. B. Zigaretten). Fast die Hälfte
der durchschnittlichen PAK-Belastung bei Menschen wird durch kontaminierte Nahrungsmittel verursacht.
Die Kontamination von pflanzlichen Lebensmitteln, wie z. B. Getreide und Gemüse,
mit PAK entsteht durch Ablagerun-
Geräucherte Fleischerzeugnisse
In geräucherten Fleischerzeugnissen
(Schinken, Bauchspeck, Rohwürste)
spielt der Gehalt an PAK seit Jahren
nur noch eine untergeordnete Rolle.
In 30 untersuchten Proben waren keine Rückstände an
Benzo(a)pyren enthalten.
Insofern ist es nicht nachvollziehbar, dass im Jahre 2005
gen von PAK-haltigem Staub aus
der Grenzwert für Benzo(a)pyren in geräucherten Fleischer-
der Luft. Eine überhöhte Belas-
zeugnissen von 1 µg / kg auf 5 µg / kg hochgesetzt wurde.
tung von geräucherten Lebensmitteln, wie z. B. Rauchfleisch
und geräucherte Fische, kann
durch unsachgemäße Räucherverfahren verursacht werden.
Auch Trocknungsverfahren über
offenem Feuer (z. B. Trocknung von
Trester vor der Gewinnung von Traubenkernölen) führen zu überhöhten PAK-Gehalten in Lebensmitteln.
Abb.:
Der wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der EU hat
Geräucherte
im Jahre 2005 folgende 15 PAK-Substanzen aufgelistet,
Fische
die als karzinogen eingestuft werden: Benzo(a)anthracen,
Chrysen, Benzo(b)fluoranthen, Benzo(k)fluoranthen,
Benzo(a)pyren, Dibenz(a,h)anthracen, Benzo(ghi)perylen,
Indeno(1,2,3cd)pyren, Benzo(j)fluoranthen, Cyclopenta(cd)pyren, Dibenzo(a,e)pyren, Dibenzo(a,h)pyren,
Dibenzo(a,i)pyren, Dibenzo(a,l)pyren und 5-Methyl-chrysen.
Geräucherte Fische / Fischerzeugnisse
Die Problematik der PAK-Rückstände in Fischkonserven
mit Speiseöl, insbesondere geräucherte Sprotten in Öl
aus dem Baltikum, besteht nach wie vor. Die zu beanstandenden Gehalte an Benzo(a)pyren wurden dabei meist im
Ölaufguss und nicht in den geräucherten Fischen festgestellt. In ca. 30 % der Proben waren Benzo(a)pyren-Rückstände enthalten, die weit über den Grenzwerten von 2
µg / kg für Speiseöl lagen.
Bei der Herstellung von Fischkonserven mit geräuchertem Fisch gehen die PAK vom eingelegten Fisch in das
Aufgussöl über (Carry-over). Da das eingelegte Lebensmittel entsprechend der Kontaminanten-Höchstgehalt-VO
(EG) 1881 / 2006 deutlich höhere Benzo(a)pyren-Gehalte
aufweisen darf (5,0 µg / kg) als das Aufgussöl (2,0 µg / kg),
kann es dazu kommen, dass im fertigen Erzeugnis der
Benzo(a)pyren-Gehalt im Ölanteil deutlich über den Grenzwert für Fette und Öle ansteigt, obwohl das zur Herstellung
Die Untersuchungsergebnisse von stärker belasteten
eingesetzte Öl ursprünglich einen Benzo(a)pyren-Gehalt
Lebensmitteln, wie z. B. geräucherten Fischkonser-
unter 2,0 µg / kg aufgewiesen hat. In einzelnen Proben wa-
ven in Öl, zeigen, dass neben Benzo(a)pyren ledig-
ren die Gehalte im Ölanteil jedoch so hoch, dass von der
lich Benzo(a)anthracen, Chrysen, Benzo(b)fluoranthen,
Verwendung verunreinigter Pflanzenöle auszugehen ist.
Benzo(k)fluoranthen und Benzo(ghi)perylen zur Rückstands-
In der Praxis der Lebensmittelüberwachung müssen der
belastung beitragen. Rückstände der anderen von der EU
Fisch- und der Ölanteil getrennt untersucht und bewertet
als karzinogen bewerteten PAK spielen praktisch keine (z. B.
werden. Mangels eines Grenzwertes für das Gesamter-
Dibenzopyrene) bzw. eine untergeordnete Rolle.
zeugnis (eingelegter Fisch in Öl) ist diese analytisch auf-
Die Kontaminanten-Höchstgehalt-VO (EG) 466 / 2001 wurde
wändige Vorgehensweise derzeit noch erforderlich.
mittlerweile durch die VO (EG) 1881 / 2006 ersetzt. Dort
Untersuchungen von in Öl eingelegten Fischkonserven im
finden sich Höchstmengen ausschließlich für die Leit-
Rahmen des Bundesweiten Überwachungsplanes 2007
substanz Benzo(a)pyren in verschiedenen Lebensmitteln
(BÜP) sollen weitere Erkenntnisse hinsichtlich der Belas-
wie z. B. Öle, Fette: 2 µg / kg; Nahrung für Säuglinge und
tung dieser Produkte bringen.
Kleinkinder: 1 µg / kg; geräuchertes Fleisch und geräucherte
Fleischerzeugnisse sowie Muskelfleisch von geräuchertem
Fisch und geräucherten Fischerzeugnissen: 5 µg / kg.
Jahresbericht 2006
Herstellungsbedingte Kontaminanten
Sonstige Proben
Von 88 untersuchten Proben Pflanzenölen überschritten 3
Proben die Höchstmenge für Benzo(a)pyren von 2 µg / kg.
Der höchste Gehalt wurde mit 5,9 µg / kg bei einem Sonnenblumenöl aus Russland festgestellt.
Kakaobutter wies nur geringe Gehalte an Benzo(a)pyren
bis ca. 2 µg / kg auf, in geräuchertem Käse, getrockneten
Früchten und Nüssen waren praktisch keine Rückstände
enthalten.
Die starke Belastung von Schwarztee und Matetee ist
bekannt. 6 von 16 Proben wiesen Benzo(a)pyren-Gehalte
zwischen 10 und 100 µg / kg auf. Da die aus den belasteten
Tees hergestellten Aufgüsse bekanntlich nur geringe bis
Abb.:
keine Rückstände aufweisen, besteht für den Verbraucher
Benzo(a)pyren ist die Leitsubstanz für krebserregende PAK
jedoch keine Gefahr.
Acrylamid
Am 24. April 2002 gingen Meldungen durch die Medien, dass schwedische Forscher in erhitzten stärkehaltigen Lebensmitteln hohe Konzentrationen an Acrylamid entdeckt haben. Acrylamid ist eine Verbindung,
die bis dahin nur als Ausgangsstoff für Kunststoffe (Polyacrylamid) in
Erscheinung getreten ist. Es ist bis heute nicht geklärt, ob die Acrylamidgehalte in den Lebensmitteln beim Menschen Krebs auslösen können.
Im Berichtsjahr wurden an den CVUA Stuttgart und Sigmaringen insgesamt 137 Lebensmittelproben aus Herstellerbetrieben, aus dem Handel und aus der Gastronomie
auf Acrylamid untersucht. Die Untersuchungsergebnisse
fließen direkt in die Berechnung der so genannten Signalwerte mit ein.
Wird in einer Lebensmittelprobe eine Überschreitung des
Signalwertes festgestellt, so hat dies zwar noch keine un-
Kartoffelerzeugnisse (61 Proben)
Die Acrylamidgehalte in Pommes frites liegen meist deutlich unter dem
Signalwert. Die Empfehlungen, die
Frittiertemperatur abzusenken (maximal 175 °C) und zu starke Bräunung zu
vermeiden („Vergolden statt Verkohlen“) werden allerdings
nicht immer beachtet, wie 2 Proben mit Gehalten von 777
bzw. 531 µg / kg zeigen. Von den 46 Proben Kartoffelchips
u. Ä. wiesen 3 Proben, davon 2 Proben „Bio-Chips“ Acrylamidgehalte über dem Signalwert auf, der höchste Gehalt
betrug 1600 µg / kg.
Backwaren (41 Proben)
mittelbare rechtliche Konsequenz (Verkehrsverbot, Buß-
Brot, Brötchen und Brezeln weisen im Allgemeinen nur
geld), der Hersteller dieses Lebensmittels ist aber verpflich-
niedrige Acrylamidgehalte auf. Im Inneren der Brotkrume
tet, Maßnahmen zur Ursachenforschung und zur Minimie-
wird wegen des Wassergehaltes auch bei hohen Back-
rung der Acrylamidbelastung seiner Produkte einzuleiten.
ofentemperaturen eine Temperatur von 100 °C kaum überschritten, deshalb wird Acrylamid fast ausschließlich in der
Ende des Jahres 2006 galten folgende Signalwerte:
Lebensmittel
µg / kg
Kartoffelchips
1000
Kruste gebildet.
Bei Zwieback, Butterkeksen, Kräckern und Weihnachtsgebäck lagen die Acrylamidgehalte deutlich unter dem Signalwert.
Pommes frites (verzehrsfähig)
530
Knäckebrot
590
Feine Backwaren aus Mürbeteig
300
Kinderkekse
245
war dieser Signalwert geringfügig überschritten.
545
Backwaren für Diabetiker enthalten häufig Fructose (Frucht-
Diabetikerbackwaren
Lebkuchen
Kaffeepulver
1000
370
Kaffeeextrakt, Kaffeeersatz
1000
Alle anderen Lebensmittel
1000
Für Kekse für Babys und Kleinkinder gilt ein sehr niedriger
Signalwert von 245 µg / kg. In 2 von 7 untersuchten Proben
zucker) als Zuckeraustauschstoff. Fructose fördert zusammen mit der Aminosäure Asparagin in besonderem Maße
die Bildung von Acrylamid. Die Acrylamidgehalte liegen
deshalb häufig höher als bei vergleichbaren konventionellen
133
134
Lebensmittelüberwachung BW
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Erzeugnissen. Dies gilt
vor allem dann, wenn neben Fructose auch noch
das Backtriebmittel
Ammoniumhydrogencarbonat verwendet
wird. Die Hersteller
haben offensichtlich das
Problem erkannt und die
Herstellungsverfahren optimiert. Im Gegensatz zu
den Vorjahren lagen alle
untersuchten Proben deutlich
unter dem Signalwert.
Ein Problem stellen Lebkuchen
und verwandte Erzeugnisse dar:
Lebkuchen enthalten sehr viel reduzierende Zucker (Honig, Invertzuckersirup). In der Regel wird aus
Geschmacksgründen das Backtriebmittel Ammoniumhydrogencarbonat (Hirschhornsalz, ABC-Trieb) verwendet. Wegen des niedrigen Wassergehaltes werden hohe
3-MCPD
Backtemperaturen nicht nur an der Oberfläche, sondern
3-Monochlorpropandiol (3-MCPD) entsteht bei der
auch im Inneren der Lebkuchen erreicht. Auf der Inter-
Herstellung und Zubereitung von verschiedenen
net-Homepage der CVUAs sind die „Empfehlungen zur
Lebensmitteln. Es wirkt in hohen Dosen bei Ratten
Vermeidung hoher Gehalte an Acrylamid beim Backen
krebserregend, schädigt jedoch nicht die Erbsub-
von Lebkuchen“ für die Öffentlichkeit zugänglich (www.
substanz (DNS). Daher wurde vom wissenschaft-
cvuas.de
). Bei Beachtung dieser Empfehlungen ist
lichen Lebensmittelausschuss der Europäischen
es auch für die Hausfrau und den handwerklichen Bä-
Kommission eine tolerierbare tägliche Aufnahme-
ckerbetrieb möglich, Lebkuchen mit relativ niedrigen
menge (TDI) von 2 µg 3-MCPD pro kg Körperge-
Acrylamidgehalten zu backen. Wie im Vorjahr wiesen
wicht festgelegt. Eine gesetzliche Höchstmenge
Lebkuchen aus industrieller Produktion tendenziell nied-
von 20 µg / kg Lebensmittel existiert bislang aber
rigere Acrylamidgehalte auf, als handwerklich herge-
lediglich für Sojasoße und hydrolysiertes Pflan-
stellte Lebkuchen. Lediglich eine Überschreitung des
zenprotein.
Signalwertes wurde mit 1755 µg / kg bei einem Lebkuchen aus handwerklicher Fertigung festgestellt.
Kaffee und Kaffeesurrogate (32 Proben)
Während bei Kaffeepulver und bei Kaffeeextrakt die Signalwerte nicht überschritten wurden, waren bei Kaffeesurrogaten häufiger Acrylamidgehalte über dem Signalwert zu finden. Die höchsten Gehalte wiesen dabei
Produkte auf, die mit gerösteter Zichorie hergestellt
werden. Die Hersteller haben das Problem erkannt
und erhebliche Anstrengungen unternommen, um die
Acrylamidgehalte zu senken. Wie die Untersuchungen
zeigen, sind geringfügige Überschreitungen des Signalwertes trotzdem nicht ganz zu vermeiden.
Sonstige Proben
Getrocknete Apfelchips (3 Proben) erwiesen sich als
frei von Acrylamid.
Fleischerzeugnisse
3-Monochlorpropandiol (3-MCPD) in geräucherten
Fleischwaren
3-Monochlorpropandiol (3-MCPD) ist ein unerwünschter Stoff, der bei der Verarbeitung von Lebensmitteln
aus natürlichen Inhaltsstoffen entstehen kann. Dies ist
zum Beispiel bei der Herstellung von Sojasoße oder
hydrolysiertem Pflanzenprotein (HVP) der Fall. Bei der
Hydrolyse von Pflanzeneiweiß, die mit Salzsäure durchgeführt wird, reagieren im pflanzlichen Ausgangsmaterial enthaltene Lipidreste mit Chloridionen zu 3-MCPD.
Durch technologische Maßnahmen konnte der Gehalt
von 3-MCPD in Sojasoßen und hydrolysiertem Pflanzenprotein in letzter Zeit entscheidend gesenkt werden.
Herstellungsbedingte Kontaminanten
Jahresbericht 2006
Gefährdungspotenzial beim Verzehr von Lebensmitteln, die mit 3-MCPD belastet sind:
3-MCPD wirkt im Tierversuch in hohen Dosen kanzerogen
dem täglichen Verzehr von etwa einem Kilogramm einer
(krebserzeugend), daneben wurde in vitro (im Reagenzglas)
relativ stark kontaminierten geräucherten Wurst. Dabei ist
Genotoxizität (Erbgutschädigung) festgestellt. Diese konnte
jedoch zu bedenken, dass zusätzliches 3-MCPD gleichzeitig
in neueren Studien jedoch in vivo (im lebenden Organis-
auch noch über andere Lebensmittel (Brot mit dunkler Krus-
mus) nicht bestätigt werden. Basierend auf der früheren
te, stark getoastetes Brot etc.) aufgenommen wird.
Einschätzung des Wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses der Europäischen Kommission (SCF), nach der
3-MCPD-Rückstände in Lebensmitteln nicht nachweisbar
sein sollen, wurde in der EU ein Höchstgehalt von 20 µg / kg
für Sojasoße und hydrolysiertes Pflanzenprotein (HVP) festgelegt. Aufgrund neuerer Forschungsergebnisse wird vom
SCF inzwischen eine tolerierbare tägliche Aufnahme = Tolerable Daily Intake (TDI) an 3-MCPD von maximal 2 µg pro
kg Körpergewicht empfohlen. Bei einer 60 kg schweren
Abb. links:
Person beträgt der TDI folglich 120 µg. Dies entspräche
Buchenholzpellets zur Räucherung
Da 3-MCPD auch in Lebensmitteln tierischer Herkunft nach-
Durch Entfernen der Haut lässt sich also bei Wurst leider
gewiesen worden ist, wurde diese Produktgruppe im Be-
keine nennenswerte Reduktion der Kontamination mit 3-
richtsjahr genauer unter die Lupe genommen. Im Rahmen
MCPD erreichen. In anderen geräucherten Lebensmitteln
einer Stufenkontrolle bei einem Fleischwarenhersteller und
(z. B. Räucherfisch) war 3-MCPD ebenfalls nachweisbar,
in umfangreichen Laborversuchen konnte gezeigt werden,
wobei bei geräucherten Sprotten der höchste Gehalt mit
dass beim Räuchern 3-MCPD entsteht: Pfefferknacker
126 µg / kg gefunden wurde. Im Gegensatz hierzu konn-
(kleinkalibrige geräucherte Rohwurst), die noch nicht ge-
te bei ungeräucherten Erzeugnissen (z. B. Kochschinken,
räuchert waren, enthielten kein 3-MCPD.
n=15) 3-MCPD nicht nachgewiesen werden. Weitere Un-
Dieselben Pfefferknacker, die mit Kaltrauch von ca. 28 °C
tersuchungen zeigen, dass beim Verschwelen handelsüb-
geräuchert wurden, wiesen nach der Räucherung einen
licher Grillkohle kein 3-MCPD entsteht.
3-MCPD Gehalt von 133 µg / kg auf. Die zur Herstellung
verwendeten Zutaten und Zusatzstoffe enthielten kein
3-MCPD. Eine Probe „Wandabkratzung“ aus der Räucherkammer war mit einem sehr hohen 3-MCPD Gehalt
(2455 µg / kg) belastet. Die zur Räucherung verwendeten
Holzspäne waren frei von chlororganischen Verbindungen,
die evtl. eine Quelle für das gebildete 3-MCPD darstellen
könnten und waren auch frei von 3-MCPD. Die Holzspäne
wurden anschließend im Labor unter kontrollierten Bedingungen verschwelt, dabei zeigte sich, dass der aufgefangene Rauch große Mengen an 3-MCPD enthielt. Damit
war klar: Beim Räuchern entsteht 3-MCPD. Die bisherigen
Erst nachdem der Grillkohle Speiseöl zugesetzt wurde, entstand beim Verschwelen in hoher Konzentration 3-MCPD.
Dies führt, wie bei der Problematik der Entstehung von
PAKs (polyzyklische aromatischen Kohlenwasserstoffe), zur
Empfehlung, Marinaden bzw. fetthaltigen Fleischsaft nicht
auf die Grillkohle tropfen zu lassen. Durch Verwendung
einer Grillschale aus Aluminium lässt sich beispielsweise
beim Grillen mit Grillkohle die Entstehung von 3-MCPD
vermeiden.
Sojasoßen
Untersuchungsergebnisse deuten auch darauf hin, dass der
Im Berichtsjahr wurden am CVUA Karlsruhe insgesamt 18
Bildungsweg für 3-MCPD bei der Verschwelung von Holz
Proben Sojasoße untersucht. Dabei waren lediglich geringe
ein anderer ist als z. B. in Sojasoßen und Backwaren. Da
Spuren an 3-MCPD, weit unter der Höchstmenge, nach-
3-MCPD sehr gut wasserlöslich ist, bleibt es nicht an der
weisbar. Im Gegensatz zu früheren Jahren hat sich damit
Oberfläche, sondern es dringt schnell auch in die inneren
die Rückstandssituation grundlegend verbessert.
Schichten des geräucherten Erzeugnisses ein.
135
Lebensmittelüberwachung BW
136
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Furan in Lebensmitteln
Furan wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nach umfangreichen toxikologischen
Überprüfungen als für den Menschen mögliches Karzinogen (Klasse 2B) eingestuft. Zahlreiche Untersuchungen in Baden-Württemberg belegen, dass Furan in verschiedenen Lebensmitteln vorkommt.
Die höchsten Gehalte kommen in geröstetem Kaffee vor, aber auch in anderen Lebensmitteln wurde
Furan in nennenswerten Konzentrationen nachgewiesen.
In Lebensmitteln kann Furan beim Erhitzen von Kohlenhydraten, mehrfach ungesättigten Fettsäuren oder Ascorbinsäure entstehen. Besonders hoch sind die Gehalte,
wenn Lebensmittel geröstet – z. B. Kaffeebohnen – oder
in „geschlossenen Systemen“ wie etwa bei Babygläschen
erhitzt werden.
Über Ergebnisse zu Furangehalten in Kaffee, Kaffeegetränken, Soßen und Fertiggerichten wurde in vergangenen Jahren berichtet. Demzufolge wiesen geröstete Kaffeebohnen
durchschnittlich 4 660 µg / kg, Kaffeeaufgüsse zwischen 18
und 88 µg / l Furan auf (Kuballa T. et.al. Deutsche Lebensmittelrundschau (2005), 6, 229 – 235).
In Soßenerzeugnissen wurden im Mittel 12,8 µg / kg und
in Fertiggerichten zwischen 3 und 74 µg / kg Furan ermittelt. 2006 wurde der Schwerpunkt auf Methodenweiterentwicklung, Babynahrung, Spirituosen und Fertiggerichte
gelegt.
Mikrodestillation
Grafik:
Bei der Mikrodestillation handelt es sich um eine Wasser-
Schematischer
dampfdestillation im Mikromaßstab (Schema s. Abb.1), bei
Aufbau des
dem Furan aus der Probe heraus in eine Lösungsmittelvor-
MicroDistiller ,
lage destilliert wird. Aus dem Lösungsmittelextrakt kann
®
Eppendorf,
Hamburg
dann der Furangehalt bestimmt werden.
Mit der automatisierten Methode steht damit ein Verfahren
zur Verfügung, mit dem sehr viel schneller und effizienter
Furan in Lebensmitteln bestimmt werden kann. Simultan
können 6 Proben aufgearbeitet werden.
Was bedeuten die Ergebnisse für den Verbraucher?
Darüber hinaus kann mit dieser Methode Furan auch in
Nach den bisherigen Untersuchungen der Chemischen und
Lebensmitteln bestimmt werden, bei denen die bisher an-
Veterinäruntersuchungsämter in Baden-Württemberg ist
gewandte Dampfraum-Methode kaum anwendbar war wie
nach derzeitigem Kenntnisstand nicht von einer akuten Ge-
etwa bei Kakao und Kakaoprodukten.
sundheitsgefahr auszugehen. Im Sinne des vorbeugenden
Erste Untersuchungen im Rahmen der Methodenentwicklung zeigten in 8 untersuchten Kakaopulvern einen
Furanmittelwert von 8,6 µg / kg wobei der Maximalwert
bei 22,3 µg / kg, der Minimalwert bei 4,6 µg / kg und der
Medianwert bei 6,5 µg / kg lag. Ein kakaohaltiges Getränkepulver mit Zucker lag unterhalb der Nachweisgrenze. Ein
Vergleich beider Methoden in anderen Matrices zeigt vergleichbare Ergebnisse (Kuballa T. et.al. Lebensmittelchemie
(2006), 60(2), 44).
gesundheitlichen Verbraucherschutzes ist aber eine Minimierung der Gehalte in allen Lebensmitteln – vor allem in
Babynahrung – sinnvoll.
Herstellungsbedingte Kontaminanten
Jahresbericht 2006
137
2006 wurden wiederum 89 Erzeugnisse aus dieser Pro-90
duktgruppe auf Furan untersucht, da die Auswirkungen80
90
90
aufgrund des geringen Körpergewichtes am größten sein70
70
70
können. Ähnlich wie bei den bisherigen Untersuchungen60
zeigen Baby-Gläschen mit einem Gemüseanteil die höchs-50
60
60
80
80
50
50
ten Furangehalte von maximal 85 µg / kg. Bei Verzehr eines40
40
40
solchen Gläschens mit 200 g Inhalt nimmt ein Baby etwa 17
30
µg Furan auf. Legt man die Mittelwerte von 31,6 µg / kg für
20
reine Gemüsegläschen oder 30,4 µg / kg für fleischhaltige
Gemüsegläschen zugrunde, nimmt ein Baby mit einem10
30
30
20
20
10
10
00
Obst
(n = 8)
Furan_Babynahrung 2006
Spirituosen
30
30
Insgesamt wurden 19 Spirituosen auf Furan untersucht. Bei
25
4 untersuchten Proben Rum lagen 2 Proben unterhalb der
25
Nachweisgrenze von 2 µg / l, während die anderen beiden20
20
Proben Gehalte von 5 und 26 µg / l zeigten. Die 5 untersuchten Proben Whisky wiesen im Mittel 6,0 µg / l und die15
15
10 untersuchten Proben Tequila 6,7 µg / l Furan auf. Spiritu10
osen stellen für den Durchschnittsverbraucher damit keine
10
nennenswerte Furanbelastung dar.
5
5
Suppen, Fertiggerichte, Reaktionsaromen
0
gestellt. In einem Pastagericht wurde mit 75 µg / kg Furan
der höchste Gehalt bestimmt. Mit Ausnahme einer Probe
Tequila
Whisky (n = 5)
(n = 10)
(n = 5)
(n = 4)
Rum (n = 4)
Whisky
sind in der Grafik, nach ihren Hauptzutaten unterteilt, dar-
0
Rum
Die Furan-Gehalte von 41 untersuchten Fertiggerichten
Tequila (n = 10)
Furan_Spirit 2006
Gulasch lagen die Gehalte bei allen weiteren Erzeugnissen180
180
180
160
160
unter 50 µg / kg.
160
In einer asiatischen Flüssigsuppe lag der Furangehalt bei
140
105 µg / kg. Bei flüssigen Tomatensuppen ging die Gehalts120
spanne von 10 bis 57 µg / kg. In Instant-Trockensuppen wur100
den generell weniger als 10 µg / kg Furan bestimmt.
Reaktionsaromen, das sind Aromen, gebildet in einem ge-80
140
140
120
120
100
100
80
80
steuerten Erhitzungsprozess unter Mitverwendung von60
Eiweiß / Aminosäuren und Zucker, wiesen etwas höhere40
60
60
40
40
Furangehalte auf. Bei einer bestimmungsgemäßen Ver-20
20
20
Median
Minimum
Mittelwert
Reaktionsaromen
Reaktionsaromen
(n = 6)
Stärke-haltige
Stärke-haltige
(n = 15)
Gemüse-haltige
Gemüse-haltige
(n
(n == 19)
19)
n = Anzahl untersuchter Proben
Fleisch-haltige
Fleisch-haltige
(n = 7)
(n = 7)
Maximum
00
Suppen
Suppen
(n = 8)
(n = 8)
wendung im verzehrsfertigen Erzeugnis (Verdünnung von 0
ca. 1 : 500) sind die analysierten Gehalte nicht relevant.
[µg / kg]
vergleichsweise geringe Furangehalte.
Furan_Suppen 2006
Grafiken:
Furan in verzehrsfertiger Babynahrung; in Spirituosen;
in Suppen, Fertiggerichten und Reaktionsaromen (von oben)
[µg / kg]
Obstgläschen zeigen im Mittel mit 6,8 µg / kg und 2,9 µg / kg
Gemüse u.
Fleisch
menge sehr schnell erreicht werden. Brei-, Beikost- und
Gemüse
(n = 23)
Brei / Beikost
(n = 23)
200-g-Gläschen etwa 6 µg auf. In Anbetracht des geringen0
Körpergewichtes kann eine tägliche zulässige Aufnahme-
[µg / kg]
Babynahrung
Lebensmittelüberwachung BW
138
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Stabilisotopen-Analytik
Deutschland importiert heute Lebensmittel aus mehr als 80 Ländern der
Aufbau von Kohlenhydraten in Pflan-
Erde. Verbraucherinnen und Verbraucher schauen beim Lebensmittel-
zen aus dem CO2 der Luft). Hierdurch
kauf immer häufiger auf die geografischen Herkunftsangaben und sind
wird den Inhaltsstoffen von Pflanzen
durchaus bereit, für Waren aus bestimmten Regionen und speziell aus
und Tieren ein Isotopenmuster aufge-
heimischer Erzeugung einen höheren Preis zu bezahlen. Sie vertrauen
prägt, durch welches eine Zuordnung
dabei auf die Korrektheit der Herkunftsangaben auf dem Etikett bzw.
zu den Erzeugungsregionen bzw. Her-
erwarten deren amtliche Kontrolle. Ähnliches gilt für die Angaben zur
stellungsverfahren möglich ist.
ökologischen Erzeugungsweise oder zur Naturbelassenheit von Zutaten
Am CVUA Freiburg werden zentral für
(z. B. „mit echter Bourbon-Vanille“).
Baden-Württemberg Herkunfts- und
Identitätsüberprüfungen von Lebens-
Mit den üblichen analytischen Verfahren waren solche An-
mitteln mithilfe der Stabilisotopen-Methode durchgeführt.
gaben bisher im Überwachungslabor kaum überprüfbar.
Das Labor hat im Jahr 2006 insgesamt 285 Proben unter-
Die Stabilisotopen-Methode jedoch bietet hiefür eine viel
sucht, davon 155 Handelsproben und 130 Proben mit ver-
versprechende Möglichkeit. Sie nutzt den Umstand, dass
lässlicher Herkunftsangabe (Referenzproben). Der Schwer-
die Hauptelemente der Biomasse, nämlich Wasserstoff,
punkt der Untersuchungen lag auf denjenigen Produkten,
Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und Schwefel (H, C, N,
die auch in Baden-Württemberg erzeugt werden sowie bei
O, S) sowie Spurenelemente wie Strontium (Sr), in der Na-
Importwein. Weiterhin wurden ca. 50 Honige als Referenz-
tur nicht als konstante, sondern als variierende Gemische
proben erfasst, die von Bienenvölkern genau bekannter
stabiler Isotope vorkommen. Diese sehr geringen, aber gut
Standorte in Baden-Württemberg stammen. Dadurch steht
messbaren Verschiebungen der Isotopenverhältnisse ha-
außer für Spargel und Äpfel auch bald für dieses vom Ver-
ben ihren Grund in physikalischen Vorgängen (z. B. Verduns-
braucher sehr geschätzte Lebensmittel eine Isotopenda-
ten von Wasser) und in (bio-)chemischen Reaktionen (z. B.
tenbank zur Verfügung.
Auffälligkeiten und Beanstandungen
Auch im Jahr 2006 führten Stabilisotopen-Messungen wieder zu Beanstandungen bzw. waren Anlass zu weiteren
Nachforschungen der Überwachungsbehörden:
• Drittlandsweine besonders aus Südosteuropa fielen durch
kann mit der Stabilisotopen-Methode nicht ohne weiteres fest-
untypische Werte für Sauerstoff und Kohlenstoff (δ18O bzw.
gestellt werden. Aber Zweifel sind bei der gegenwärtig großen
δ13C) auf. Anhand dieser Ergebnisse konnten Wässerungen
Nachfrage nach Bio-Milchprodukten angebracht: Öko-Mais ist
bzw. Verwendung von weinfremdem Zucker (Rohrzucker) nach-
eher knapp. Die Marktentwicklung soll deshalb durch weitere
gewiesen werden. Die Weine wurden nach weiteren Messung
Untersuchungen verfolgt werden. Für die Beurteilung von Bio-
von Speziallabors als gefälscht beanstandet.
Milch(-erzeugnissen) werden neben Daten zur Erzeugungssta-
• Spargel von Marktständen stammte entgegen den Angaben
tistik auch Auskünfte der Öko-Kontrollstellen erforderlich sein.
nachweislich nicht aus der angegebenen Erzeugungsregion.
• Apfel-Direktsäfte waren entweder nicht aus Äpfeln der Boden-
Gerade zu Beginn der Saison wird immer wieder versucht, die
see-Region gepresst oder aus Konzentrat rückverdünnt worden.
günstigere Auslandsware als heimischen Spargel mit entspre-
Weiterhin wurden Äpfel von einem „fliegenden Händler“ als
chend höherem Gewinn zu verkaufen.
Bio-Äpfel vom Bodensee angepriesen – ein Verkaufstrick, wie
• Bio-Milch(-erzeugnisse) wiesen erhöhte δ13C –Werte auf, aus
sich beim Vergleich der gemessenen Isotopenwerte mit den
denen Maisanteile im Futter der Milchkühe von bis zu 28 %
Datenbankwerten herausstellte. Für diese Datenbank werden
errechnet werden konnten. Ob hier wirklich entsprechend der
jährlich ca. 50 Apfel-Referenzproben mit genau bekanntem Er-
Öko-Verordnung immer auch Öko-Mais verfüttert worden war,
zeugungsort und Erntezeitpunkt gemessen.
Tabelle:
Untersuchungen
an Handelsproben
mithilfe der IRMS
Warengruppe
Probenzahl
davon auffällig / beanstandet
Spargel
23
5
Apfel-Direktsaft
35
3
Äpfel
10
1
Bio-Milch, -Produkte
15
2
Importwein
57
6
Andere
15
0
Gesamt
155
17
Jahresbericht 2006
139
Teil V :
Trinkwasser
Themen:
Perfluorierte Tenside (PFT)
140
Metaboliten von Pflanzenschutzmitteln
141
140
Lebensmittelüberwachung BW
Teil V: Trinkwasser
Perfluorierte Tenside (PFT)
Perfluorierte organische Verbindungen mit Tensideigenschaften sind in
jüngster Zeit verstärkt in die öffentliche Diskussion geraten, nachdem in
den Flüssen Möhne und Ruhr in Nordrhein-Westfalen sowie in weiteren
Zuflüssen der Ruhr im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung
z.T. hohe Gehalte dieser Verbindungen nachgewiesen wurden. Das aus
der Möhne gewonnene Trinkwasser wies PFT -Gehalte bis über 0,5 µg / l
auf.
Die Trinkwasser-Verordnung enthält
Die Ergebnisse zeigen, dass PFT in Ba-
derzeit keine Grenzwerte für diese
den-Württemberg keine großflächige
Stoffgruppe. Da ein sekundär geno-
Grund- und Trinkwasserkontamination
toxisches Wirkungspotenzial von PFT
darstellen. Allenfalls punktuelle Belas-
nicht sicher auszuschließen ist, wurde
tungen sind bekannt, die anders als in
von der Trinkwasserkommission des
Nordrhein-Westfalen nicht durch eine
Bundesministeriums für Gesundheit
illegale Bodenkontamination, sondern
(BMG) in einer Stellungnahme als
vermutlich durch zeitweise vorhande-
Zielwert ein gesundheitlicher Ori-
ne PFT -Gehalte im Rhein verursacht
entierungswert (GOW) in Höhe von
wurden.
0,1 µg / l für PFT genannt.
Im Berichtszeitraum wurden in Baden-
Was
Was sind
sind PFT?
PFT?
Württemberg insgesamt 104 Trinkwasserproben auf diese Stoffgruppe (ins-
Aufgrund ihrer hohen Stabilität und ihrer ausgeprägten Oberflächenak-
gesamt 9 Parameter) untersucht.
tivität findet man PFT in den unterschiedlichsten Produkten. So sind sie
11 Proben wiesen Gehalte über der
Bestimmungsgrenze von 0,005 µg / l
auf, wobei bisher nur in Roh- und
Trinkwasserproben einer Wasserver-
weltweit in nahezu allen Lebensbereichen anzutreffen (z. B. in Körperpflegemitteln, Farben, Beschichtungsstoffen und Imprägnierungsmitteln für
Leder, Textilien und Lebensmittelverpackungen). Darüber hinaus sind sie
als Flammschutzmittel im Einsatz (z. B. in Feuerlöschschäumen).
sorgung, die teilweise Rheinuferfiltrat
Bekannteste Vertreter dieser Stoffgruppe sind die beiden Stoffe Perfluor-
nutzt, Werte über dem GOW (bis ca.
octylsulfonat (PFOS) und Perfluoroctanoat (PFOA), die als Leitsubstanzen
0,3 µg / l) ermittelt wurden. Durch Um-
für PFT bezeichnet werden. Für sie liegen bereits einige, allerdings noch
stellung auf andere Wasservorkom-
unvollständige Angaben zu ihrer toxikologischen Bewertung vor.
men konnten die PFT -Gehalte dieser
Wasserversorgung im abgegebenen
Trinkwasser rasch deutlich gesenkt
werden.
PFT werden in der Umwelt kaum oder nicht abgebaut, sind stark bioakkumulierbar und toxikologisch relevant. So wird beispielsweise Perfluoroctylsulfonat in menschlichen Blutproben bis im µg / l-Bereich gefunden.
Die Ausscheidung aus dem menschlichen Körper erfolgt recht langsam,
die Halbwertszeit beträgt mehrere Jahre.
Im Rahmen der Abfallentsorgung auf Deponien besteht grundsätzlich
immer die Gefahr der Versickerung und damit eines Eintrags der Stoffe
in das Grundwasser. Weiterhin können Oberflächenwässer direkt durch
Abschwemmung aus Deponiebereichen oder indirekt über den Weg gewerblicher und kommunaler Abwässer durch PFT kontaminiert werden.
Die hohen Gehalte in der Möhne resultierten aus Abschwemmungen von
landwirtschaftlichen Nutzflächen, wobei die Bodenkontamination vermutlich über ein PFT -belastetes „Bioabfallgemisch“ verursacht wurde.
PFT sind wasserlösliche Verbindungen, die im Grundwasser mobil sind.
Darüber hinaus sind die Stoffe bei der Wasseraufbereitung nur mit großem Aufwand zu entfernen.
Perfluorierte Tenside / Metaboliten von Pflanzenschutzmitteln
Jahresbericht 2006
141
Metaboliten von
Pflanzenschutzmitteln
Nachdem Grenzwertüberschreitungen des herbiziden Wirkstoffs Atrazin
nach den vorliegenden Einstufungen
beziehungsweise dessen Metabolit (Abbauprodukt) Desethylatrazin in
durch das Bundesinstitut für Risikobe-
den vergangenen Jahren zwar langsam, jedoch stetig abnahmen, führ-
wertung bei weitem nicht.
ten aktuelle Hinweise auf erhöhte Gehalte bisher routinemäßig nicht
untersuchter Abbauprodukte der Wirkstoffe Chloridazon und Tolylfluanid
zu kurzfristig Ende des Berichtsjahres aufgenommenen Untersuchungs-
Der Grenzwert der Trinkwasser-Verordnung von 0,1 µg / l gilt sowohl für
die eigentlichen Pflanzenschutzmittel-
programmen.
wirkstoffe, als auch für die daraus entstehenden „relevanten Metaboliten“.
Chloridazon-desphenyl
Die offene Frage, ob Chloridazon-des-
Chloridazon-desphenyl ist ein Meta-
zunächst 80 Trinkwasserproben ergab,
phenyl als „relevanter“ Metabolit im
bolit des Unkrautvernichtungsmittels
wird er in einer ungewöhnlichen Häu-
Sinne der Trinkwasser-Verordnung an-
Chloridazon, das v. a. im Zuckerrü-
figkeit in Gehalten über 0,1 µg / l (Maxi-
zusehen ist und damit dem Grenzwert
benanbau, daneben auch bei Futter-
malwert 3,4 µg / l) in Trinkwasser nach-
von 0,1 µg / l unterliegt, wird derzeit
rüben, Rote Bete und Mangold ein-
gewiesen. Eine Gesundheitsgefahr
auf Bundes- und EU-Ebene geklärt.
gesetzt wird. Wie die Messung von
besteht bei den ermittelten Gehalten
Durch die zulässige Aufbereitung von
Wasser mittels Ozon werden Chloridazon-desphenylgehalte deutlich vermindert.
Grafik:
Chloridazon-desphenyl in Wasser
* Grenzwert der Trinkwasser-VO für
Pflanzenschutzmittelwirkstoffe und
„relevante Metaboliten“
< 0,05 µg / l
0,05 – 0,1 µg / l *
> 0,1 µg / l
43
9
Trinkwasser 2006
28
142
Lebensmittelüberwachung BW
Teil V: Trinkwasser
N,N-Dimethylsulfamid und N-Nitrosodimethylamin
In einem Rundschreiben der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches (DVGW) Ende 2006 wurde
über ein Forschungsvorhaben berichtet, bei welchem festgestellt wurde,
dass aus dem im Wesentlichen im
Obstanbau eingesetzten fungiziden
Pflanzenschutzmittelwirkstoff Tolylfluanid ein auch im Rahmen des Zulassungsverfahrens für diesen Wirkstoff
nicht erkannter Metabolit, N,N-Dimethylsulfamid, entstehen kann.
Erste baden-württembergische Ergebnisse von Trinkwasserproben aus
Obstanbaugebieten bestätigen, dass
dieser Parameter teilweise in Gehalten deutlich über 0,1 µg / l nachweisbar
ist. Die Untersuchungen werden 2007
Er unterliegt daher dem Grenzwert
fortgeführt und ausgeweitet.
von 0,1 µg / l. Bei Überschreitung des
Besondere Bedeutung kommt diesem in den nachgewiesenen Gehalten
wahrscheinlich nicht gesundheitsgefährdenden Metaboliten dadurch zu,
dass bei der zulässigen Aufbereitung
von Wasser mit Ozon das krebserregende N-Nitrosodimethylamin entstehen kann. Das N-Nitrosodimethylamin
wird durch die üblicherweise der Ozonierung nachgeschalteten Filterstufen
teilweise wieder entfernt. Umfangreiche Untersuchungen auf diesen Stoff
in Trinkwasser erfolgen 2007.
Da es sich bei N,N-Dimethylsulfamid
um einen bislang unbekannten Pflanzenschutzmittelmetaboliten handelt,
der toxikologisch noch nicht umfassend untersucht und bewertet wurde,
und weil sich bei Ozonierung daraus
das gesundheitsbedenkliche N-Nitrosodimethylamin bilden kann, muss der
Metabolit als „relevanter Metabolit“
im Sinne der Trinkwasser-Verordnung
angesehen werden.
Grenzwertes muss die Trinkwasserversorgung eingestellt werden. Falls
dies nicht möglich ist, kann das zuständige Gesundheitsamt eine Abweichung vom Grenzwert zulassen.
Diese Abweichung muss zeitlich befristet werden auf den Zeitraum, der
zur Behebung des Problems erforderlich ist. Die betroffene Bevölkerung
wird vom Wasserversorgungsunternehmen oder vom Gesundheitsamt
über die zugelassene Abweichung
vom Grenzwert informiert.
Jahresbericht 2006
Teil VI :
Futtermittel
143
144
Lebensmittelüberwachung BW
Teil V: Futtermittel
Futtermittelüberwachung
Übersicht
Die Erzeugung hochwertiger und gesunder
Lebensmittel ist eine zentrale Aufgabe der
Landwirtschaft. Nur sichere Futtermittel
garantieren, dass in Fleisch, Milch und Eiern
keine unerwünschten oder verbotenen Stoffe
enthalten sind, die die Gesundheit des Menschen gefährden können. Futtermittel dürfen
auch nicht die Gesundheit der Tiere schädigen.
Die ernährungsphysiologische Qualität einer
Futterration ergibt sich aus den eingesetzten
Komponenten, den Gehalten an Inhaltsstoffen, der
mikrobiologischen Qualität sowie der tierartgerechten
Struktur.
Inhalt und Umfang der amtlichen Kontrollen werden unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus den Vorjahren angepasst und im Nationalen Kontrollprogramm Futtermittelsicherheit (NKP) durch den Bund in Abstimmung mit den für die
amtliche Kontrolle zuständigen Ländern festgeschrieben. Die Zahl der Untersuchungen auf unerwünschte und verbotene Stoffe wurde in den letzten Jahren deutlich erhöht. Die Verordnung (EG) Nr. 882 / 2004 über amtliche Kontrollen
verlangt regelmäßige Kontrollen auf Risikobasis und mit angemessener Häufigkeit bei Herstellern, im Handel und auf
landwirtschaftlichen Betrieben.
Die Verordnung (EG) Nr. 183 / 2005 (Futtermittelhygiene-
folgernd Beprobungen von Futtermitteln auf den notwen-
Verordnung), die seit 1. Januar 2006 gilt, stellt an den Land-
digen Umfang zu beschränken. Damit wird den Betriebs-
wirt, der auf seinem Betrieb Futtermittel herstellt und Tiere
prüfungen und den Buchprüfungen zukünftig eine deutlich
füttert, umfangreiche Anforderungen in Bezug auf Hygiene
höhere Bedeutung zukommen.
und Buchführung. Weiter gehende Anforderungen werden an alle sonstigen Futtermittelhersteller gestellt. Sie
betreffen die Einrichtungen und Ausrüstungen der Betriebe,
Umfang und Qualität des Personals, die Herstellung der
Produkte, die Qualitätskontrolle einschließlich einer Prüfung der Produktionsabläufe auf kritische Kontrollpunkte
(HACCP), die Lagerung und Beförderung der Produkte, die
Dokumentation aller Maßnahmen auch zur Sicherstellung
der Rückverfolgbarkeit sowie die Reaktion auf Beanstandungen und bei Produktrückruf. Die Verordnung (EG) Nr.
Wer wird kontrolliert?
Nach der Verordnung (EG) Nr. 183 / 2005 müssen sich alle
Betriebe, die Futtermittel herstellen, lagern, transportieren oder behandeln, registrieren lassen. Betriebe, die mit
„kritischen“ Zusatzstoffen umgehen, müssen bei der zuständigen Behörde eine Zulassung beantragen, die erst
nach einer Vor-Ort-Kontrolle erteilt werden kann. Folgende
Betriebe werden durch die amtliche Kontrolle erfasst:
178 / 2002 verlangt seit 1. Januar 2005 die Sicherstellung
• Einzel- und Mischfuttermittelhersteller, Hersteller von
der Rückverfolgbarkeit der zugekauften und abgegebenen
Zusatzstoffen oder Vormischungen, Betriebe, die Le-
Futtermittel, weshalb entsprechende Aufzeichnungen über
bensmittel herstellen und Reststoffe als Futtermittel
die zugekauften und abgegebenen Futtermittel vorliegen
abgeben,
müssen. Aus dieser Gewichtung der Verantwortung des
Betriebsinhabers ergeben sich für die amtliche Kontrolle
zukünftig neue Schwerpunkte. Ziel ist es, den Betrieb hinsichtlich der genannten Kriterien zu bewerten und daraus
• Vertriebsunternehmen (Handelsfirmen, Genossenschaften, Importeure), Transportunternehmen, Lagerstätten,
• tierhaltende Betriebe, fahrbare Mahl- und Mischanlagen.
Futtermittelüberwachung
Jahresbericht 2006
Risikoorientierte Auswahl der
Betriebe und der Proben
Durch das seit 2002 in Abstimmung
zwischen Bund und Ländern erstellte
„Nationale Kontrollprogramm Futtermittelsicherheit“ (NKP) werden aufgeteilt auf die Länder entsprechend
der Bedeutung der dortigen Futtermittelproduktion und der Struktur der
landwirtschaftlichen Betriebe die Zahl
und die Art der Untersuchungen festgelegt und Vorgaben zu Betriebskontrollen gemacht.
Baden-Württemberg setzt die Vorgaben des NKP durch folgendes Kontrollkonzept um: Ein Teil der auf die Gruppe
der „Futtermittelhersteller“ entfallenWas wird untersucht?
• Einzelfuttermittel wie Getreide, Extraktionsschrote,
Nebenprodukte der Lebensmittelherstellung, Produkte
aus Trocknungseinrichtungen oder Mineralstoffe,
• Zusatzstoffe wie Spurenelemente, Vitamine, Leistungsförderer oder Kokzidiostatika,
• Vormischungen von Zusatzstoffen zur Herstellung von
Mischfuttermitteln und
• Mischfuttermittel, zusammengesetzt aus verschiedenen Einzelfuttermitteln, meist Zusatzstoffe enthaltend.
den Proben wird durch eine EDV-gestützte Zufallsauswahl
ermittelt. Größere Betriebe sollen mindestens einmal jährlich einer Kontrolle unterzogen werden. Dabei sind Art und
Menge der hergestellten oder gehandelten Futtermittel zu
berücksichtigen. Die Auswahl der zu kontrollierenden landwirtschaftlichen Betriebe erfolgte 2006 EDV-gestützt aus
der Gesamtheit aller Betriebe, die einen „Gemeinsamen
Antrag“ auf Direktzahlungen gestellt haben. Damit wird
den Anforderungen der VO (EG) Nr. 1782 / 2003 zum ersten
Mal für den Bereich der Futtermittelsicherheit Rechnung
getragen und die Cross-Compliance-Anforderung erfüllt.
Schwerpunkte des von der Europäischen Kommission
Sonstige Betriebe, z. B. solche, die Fischmehl enthaltende
empfohlenen Kontrollprogramms waren Untersuchun-
Futtermittel herstellen oder in Gemischtbetrieben verfüt-
gen auf Pilzgifte (Mykotoxine), auf mögliche unzulässige
tern, oder fahrbare Mahl- und Mischanlagen werden von
Verwendungen von Antibiotika und Kokzidiostatika, auf
den Regierungspräsidien nach eigenen Erkenntnissen risi-
Einhaltung des Verbots der Verfütterung von Stoffen tie-
koorientiert ausgewählt und kontrolliert.
rischen Ursprungs sowie auf Einhaltung der Höchstwerte
verschiedener Spurenelemente (insbesondere Kupfer und
Zink) in Mischfuttermitteln. Aus den Ergebnissen der VorOrt-Kontrolle in einem Betrieb (Betriebsprüfung), der dort
evtl. durchgeführten Prüfungen der Unterlagen und Dokumentation (Buchprüfung) sowie aus den Ergebnissen der
Untersuchungen der im Rahmen der Kontrolle gezogenen
Proben (Probenahme und Untersuchung) ergibt sich die
Bewertung eines Betriebes.
Buch- und Betriebsprüfungen erfolgen nach dem NKP in
Abhängigkeit von der Art des Betriebes und der Art und
Menge der eingesetzten bzw. hergestellten Futtermittel,
Vormischungen oder Zusatzstoffe. Betriebs- und Buchprüfungen sind wesentliche Bestandteile von Rückverfolgungsmaßnahmen, die sich aus eigenen Erkenntnissen,
aus Mitteilungen anderer Bundesländer oder aus Erkenntnissen anderer europäischer Mitgliedstaaten ergeben können. Das europäische Schnellwarnsystem (RASFF) dient
dabei der schnellen und umfassenden Information und
Reaktion innerhalb der EU.
145
Lebensmittelüberwachung BW
146
Tabelle:
Anzahl der
registrierten und
zugelassenen
Futtermittelbetriebe
Teil V: Futtermittel
Betriebsart
registriert
davon zugelassen
Kontrollen 2006
Hersteller Einzelfuttermittel
252
Hersteller Mischfuttermittel
76
14
196
Hersteller Zusatzstoffe und Vormischungen
15
8
11
6
297
Fahrbare Mahl- und Mischanlagen
Handelsbetriebe, Importeure
Lagerbetriebe, Spediteure
147
13
51
1065
116
14
Registrierung aller Futtermittelunternehmen und
Im Kontrolljahr 2006 wurden 674 landwirtschaftliche Betrie-
Betriebskontrollen
be auf Einhaltung der Anforderungen der Futtermittelhygi-
Nach der Futtermittelhygiene-Verordnung müssen sich alle Futtermittelunternehmen bei der zuständigen Behörde
registrieren lassen. Darüber hinaus ist für Betriebe, die
bestimmte Zusatzstoffe, Vormischungen oder Einzelfuttermittel herstellen, verwenden oder in Verkehr bringen
eine Zulassung erforderlich. Eine Zulassung kann nur erteilt
werden, wenn eine Überprüfung im Betrieb ergeben hat,
dass der Betrieb insbesondere die Anforderungen nach Anhang II der Futtermittelhygiene-Verordnung erfüllt. Mit der
Registrierung und Zulassung soll die lückenlose Rückverfolgbarkeit der Futtermittel gewährleistet und die amtliche
Kontrolle aller Betriebe ermöglicht werden. Futtermittelunternehmer und Landwirte dürfen Futtermittel nur noch von
registrierten oder zugelassenen Betrieben beziehen. Inzwischen sind in Baden-Württemberg 1575 Betriebe registriert
(ohne landw. Betriebe). Die Liste dieser Betriebe kann unter
www.rp.baden-wuerttemberg.de
eingesehen werden.
Die Veröffentlichung eines bundesweiten Verzeichnisses
aller registrierten Betriebe ist für dieses Jahr geplant. Die
Kommission wird eine Liste der zugelassenen Betriebe
veröffentlichen.
ene-Verordnung überprüft, dies entspricht 1,7 % aller registrierten landwirtschaftlichen Betriebe. Bei 20 Kontrollen
wurde eine Beanstandung ausgesprochen, hiervon bestand
in 17 Fällen die Gefahr der Kontamination der Futtermittel
mit gefährlichen Stoffen, wodurch die Futtermittelsicherheit
nicht mehr gewährleistet war. In mehreren Fällen wurde
die unzureichende Trennung von Dieseltanks und Futterlagerstätten beanstandet. In einem Fall sollte gebeiztes
Saatgut, ein nach dem Futtermittelrecht verbotener Stoff,
verfüttert werden. Zur Prüfung auf mögliche Verschleppungen wurden 1543 Untersuchungen auf zugelassene und
verbotene Wirkstoffe einschließlich nicht zugelassener antimikrobiell wirksamer Substanzen durchgeführt. In 3 Fällen
wurde eine Verschleppung festgestellt und beanstandet. Je
nach Schwere des Falls wurden Belehrungen oder Verwarnungen ausgesprochen oder Bußgeldverfahren eingeleitet.
Außerdem führen Beanstandungen zu einer Kürzung der
Direktzahlungen.
Prüfung der Zusammensetzung von Mischfuttermitteln mittels Mikroskopie
Mischfuttermittel für Nutztiere müssen mit allen Futtermit-
Mehr Futtermittelsicherheit durch Futtermittelhygiene
Der Landwirt muss die Gefahren kennen, die sich aus seinen Tätigkeiten für die Sicherheit der Futtermittel ergeben
können. Hierunter fällt insbesondere der Umgang mit gebeiztem Saatgut, mit Pflanzenschutzmitteln und Arzneimitteln. Die Verpflichtung zur Durchführung entsprechender
vorsorgender Maßnahmen und zu deren Dokumentation
sind wesentliche Merkmale der Futtermittelhygiene-Verordnung. Auf eine getrennte Lagerung und Handhabung von
Futtermitteln und gefährlichen Stoffen, zu denen z. B. Altöl,
Reinigungsmittel und Abfälle zählen, ist zu achten. Bei der
Handhabung von Arzneimitteln oder von Futtermitteln, die
Arzneimittel enthalten, ist die Gefahr der Verschleppung der
Arzneimittelwirkstoffe in andere Futtermittel zu vermeiden.
Eine weitere wichtige Anforderung der FuttermittelhygieneVerordnung ist die Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit
tel-Ausgangserzeugnissen unter ihrem spezifischen Namen und in absteigender Reihenfolge ihrer Gewichtsanteile
mit Angabe ihres prozentualen Anteils (unter Zubilligung
einer Toleranz von 15 % rel.) gekennzeichnet werden. Gegenüber der früheren Regelung, die lediglich eine Angabe
in absteigender Reihenfolge vorsah und die Angabe von
Kategorien (zum Beispiel: „Erzeugnisse und Nebenerzeugnisse von Ölsaaten“) zuließ, soll dadurch die Information
für den Landwirt verbessert und die Rückverfolgbarkeit
erleichtert werden. Wichtige Komponenten für die Herstellung von Futtermitteln sind Körner von Getreide, Leguminosen, Ölsaaten und Produkte aus Wurzeln und Knollen,
die als Schrote, Mehle oder Flocken vorliegen können. Von
Bedeutung sind auch Verarbeitungsprodukte aus der Lebensmittelgewinnung, Grünmehle von Gras oder Luzerne
und auch Fischmehl (bei Schweinefutter).
aller Futtermittel. Zu- und Verkäufe von Futtermitteln müs-
Die Kontrolle der Einhaltung dieser Kennzeichnungsvor-
sen über Rechnungen oder Lieferscheine ebenso nachvoll-
schriften erfolgt mittels Mikroskopie. Für die Überprüfung
ziehbar sein, wie die Verwendung von Pflanzenschutz- und
der Zusammensetzung müssen die Mischfuttermittel wie-
Schädlingsbekämpfungsmitteln sowie von gentechnisch
der in ihre Einzelkomponenten zerlegt, die Komponenten
verändertem Saatgut.
identifiziert und mengenmäßig geschätzt werden.
Futtermittelüberwachung
Jahresbericht 2006
Hierzu wird durch Sieben die zu untersuchende Probe
125 Proben von Mischfuttermitteln wurden auf ihre Zusam-
nach Partikelgrößen fraktioniert. Grobe Partikel über 0,5
mensetzung untersucht, in 11 Proben wurden Abweichun-
mm werden unter der Stereolupe betrachtet und die Bruch-
gen festgestellt. 6-mal fehlte eine deklarierte Komponente,
stücke anhand von spezifischen äußeren Merkmalen, wie
4-mal war eine zusätzliche, zwar als Futtermittel zugelas-
Farbe, Partikelform, Bruchkanten, Glanz / Schimmer, Konsis-
sene, aber nicht deklarierte Komponente im Futtermittel
tenz, Quellungsverhalten in Wasser etc. ihren Ausgangser-
enthalten und 8-mal wurde eine Komponente in stark von
zeugnissen zugeordnet. Von feinen Partikeln unter 0,5 mm
der Deklaration abweichender Menge oder eine von der
werden Streupräparate hergestellt und mit dem Mikroskop
Deklaration abweichende Reihenfolge der Komponenten
untersucht. Durch Anfärben oder mithilfe verschiedener
festgestellt. Teilweise kamen mehrere Abweichungen in
Beleuchtungsverfahren können spezifische Strukturmerk-
ein und derselben Probe vor.
male im Gewebe hervorgehoben werden. Diagnostisch
wichtige pflanzliche Merkmale sind Stärkekörner, Haare,
Zellwandverdickungen, Spiralgefäße und ins Gewebe eingelagerte Kristalle.
Untersuchungen auf gentechnisch veränderte Organismen (GVO)
Ein wesentliches Ziel bei der Unter-
ben lagen die festgestellten Anteile al-
suchung von Futtermitteln auf gen-
lerdings unter 0,1 %. Eine Probe von
technisch veränderte Organismen
einer Einzelanlieferung eines Land-
(GVO) ist die Überwachung der ord-
wirts enthielt 0,36 % der zugelasse-
nungsgemäßen Kennzeichnung. Im
nen Maissorte Bt 176. Umfangreiche
Berichtszeitraum wurden 109 Futter-
Nachforschungen brachten keine Klä-
mittel, davon 54 Mischfuttermittel, auf
rung für diesen Befund. Es bleibt die
GVO untersucht. Der Schwerpunkt lag
Vermutung, dass bereits das aufge-
bei der Untersuchung von Einzelfut-
brauchte Saatgut kontaminiert war.
termitteln aus Soja und Mais sowie
von Mischfuttermitteln, die solche
Nachweis von Reis LL 601 mit weit
Komponenten enthalten; rapshaltige
reichenden Auswirkungen
Produkte spielten eine untergeordnete Rolle. Insgesamt 8 Proben (davon
3 mit einem Nachweis von Reis LL
601, ansonsten Nachweis von gv Soja) entsprachen nicht den rechtlichen
Vorgaben und führten zu Maßnahmen
durch die Behörde.
Im August 2006 wurde die EU-Kommission von den amerikanischen Behörden darüber informiert, dass in
delsbetrieb in Nordrhein-Westfalen
amerikanischen Reisprodukten Spu-
ausgeliefert worden. Weitere 24,0 t
ren der nicht zugelassenen gentech-
waren an einen Mischfuttermittelher-
nisch veränderten Reissorte LL 601
steller in Baden-Württemberg geliefert
nachgewiesen wurden und vermut-
worden. Dort lagen noch 6,0 t Reis-
Aufgrund der weltweiten Zunahme
lich in die Lebensmittel- und Futter-
futtermehl vor, die restlichen 18,0 t
der Anbauflächen für gentechnisch
mittelkette gelangt seien. Reis und
waren in geringen Anteilen in 1 500 t
veränderte Pflanzen stellt sich die Fra-
Reisprodukte spielen als Bestandteile
Ergänzungsfuttermittel für Pferde ein-
ge, ob heimische Produkte frei sind
von Futtermitteln eine untergeordnete
gemischt worden. Über einen Waren-
von GVO. Gemeinsam mit der Lebens-
Rolle. Im Rahmen der amtlichen Fut-
rückruf konnten hiervon noch 80,4 t
mittelkontrolle wurden 69 Proben von
termittelkontrolle wurden Hersteller,
von den belieferten Kunden zurück-
Mais, Raps und Soja aus heimischer
die Reis oder Reisprodukte in Futter-
geholt werden. Insgesamt mussten
Ernte untersucht. Damit wurden erst-
mitteln verarbeiten, überprüft. In 3 der
aufgrund der Befunde 7,6 t Reisfut-
malig im Jahr 2006 auch Sojaernten
10 untersuchten Proben konnte Reis
termehl und 80,4 t Ergänzungsfutter-
aus dem Oberrheingraben, die alle aus
LL 601 nachgewiesen werden. Die 3
mittel für Pferde unschädlich beseitigt
dem ökologischen Anbau stammten,
positiven Befunde bezogen sich auf
werden.
in die Ernteuntersuchungen mit ein-
eine Partie Reisfuttermehl von 50,6 t,
bezogen. In den untersuchten 8 Soja-
die von einer Reismühle als Futtermit-
sowie in den 27 Rapsproben konn-
tel abgegeben worden war. Die Rest-
ten keine gentechnisch veränderten
bestände von 1,6 t beim Hersteller
Bestandteile nachgewiesen werden.
wurden gesperrt und die Vertriebs-
4 von 34 untersuchten Maisproben
wege ermittelt. Über einen Zwischen-
ergaben positive Befunde; bei 3 Pro-
händler waren 25,0 t an einen Han-
147
148
Lebensmittelüberwachung BW
Teil V: Futtermittel
Statuserhebung zu Dioxinen und
dioxinähnlichen PCB in Futtermitteln
Etwa 90 % der Dioxinaufnahme durch den Menschen erfolgt über Lebensmittel tierischer Herkunft. Der Eintrag
der Dioxine und dioxinähnlichen Polychlorierten Biphenyle
(PCB) erfolgt zum Großteil über die Futtermittel, weshalb
der regelmäßigen Kontrolle von Futtermitteln eine besondere Bedeutung zukommt. Die Richtlinie 2006 / 13 / EG vom
3. Februar 2006 enthält neben Höchstwerten für Dioxine
auch solche für die Summe aus Dioxinen und dioxinähnlichen PCB sowie Auslösewerte, bei deren Überschreitung
Nachforschungen zur Ursache notwendig werden. Diese
Werte wurden in das nationale Futtermittelrecht übernommen und gelten seit November 2006.
Im Kontrolljahr 2006 wurden 113 Futtermittel zur Untersuchung auf Dioxine beprobt. Neben 61 Einzelfuttermitteln, davon 23 aus verschiedenen Getreidearten und 21
aus Ölsaaten, wurden 44 Proben von Mischfuttermitteln,
davon 23 Ergänzungsfuttermittel und 11 Alleinfuttermittel,
untersucht. Dazu kommen Proben von 4 Vormischungen
und 2 Zusatzstoffen. Von den 113 Proben wurden 25 zusätzlich auf dioxinähnliche PCB und Indikator-PCB untersucht. Die Untersuchungen erfolgten am CVUA Freiburg.
Der Mittelwert über alle Dioxinbefunde beträgt 0,045 ng
WHO-TEQ-PCDD / F / kg Produkt (88 %TM). Damit liegen
Die Gehalte an dioxinähnlichen PCB (cPCB), für die bis-
die Ergebnisse im Mittel deutlich unter dem für Mischfut-
her keine Höchstgehalte festgelegt wurden, lagen in den
termittel für Nutztiere zulässigen Höchstgehalt von 0,75
25 Futtermittelproben im Mittel bei 0,028 ng WHO cP-
ng / kg. In einem Halbfertigprodukt zur Herstellung von
CB-TEQ / kg Produkt (88 %TM) und damit weit unter den
Heimtierfutter mit einem erhöhten Dioxingehalt war der
Auslösewerten von 0,35 ng / kg für Futtermittel-Ausgangs-
für Mischfuttermittel für Heimtiere geltende Auslösewert
erzeugnisse pflanzlichen Ursprungs bzw. von 0,5 ng / kg für
und damit auch der Höchstwert nicht überschritten. Für
Mischfuttermittel. Mit einem mittleren Gehalt von 0,045
Futtermittel für Heimtiere gelten höhere Höchst- und Auslö-
ng WHO-TEQ-PCDD / F + cPCB, dem Summenwert der
sewerte, da ein Eintrag in die Nahrungskette nicht gegeben
Toxizitätsäquivalente beider Stoffgruppen, wurden auch die
ist. Damit führte keines der 113 Untersuchungsergebnisse
Höchstgehalte von 1,25 ng / kg für Futtermittel-Ausgangs-
zu einer Beanstandung oder zu weiteren Ursachenermitt-
erzeugnisse pflanzlichen Ursprungs bzw. von 1,5 ng / kg
lungen.
für Mischfuttermittel für Nutztiere erfreulicherweise weit
unterschritten.
Tabelle: Übersicht Ergebnisse Dioxine (Spalte 3 mit PCB)
TM = Trockenmasse
2006
Anzahl
Minimum
WHO-TEQ PCDD / F (Dioxine)
Gesamt-WHO-TEQ PCDD / F + PCB
ng / kg (88 % TM)
ng / kg (88 % TM)
113
0,002
25
0,009
Maximum
1,303
0,235
Median
0,009
0,022
Mittelwert
0,045
0,045
90 %-Percentil
0,114
0,131
Höchstwert Mischfuttermittel
0,75
1,5
Höchstwert Mischfuttermittel Heimtiere
2,25
7,0
Futtermittelüberwachung
Jahresbericht 2006
149
Metallteile in Katzenfutter
Eine Verbraucherbeschwerde aus Nordrhein-Westfalen über
Metallteile in 2 Schalen Katzenfutter führte zu einem Heimtierfuttermittelhersteller in Baden-Württemberg. Bei den Metallteilen handelte es sich um eine abgebrochene Schraube sowie die
dazugehörende Unterlegscheibe. Wie die Ursachenermittlung
ergab, waren die Schraube und die Unterlegscheibe während
der laufenden Herstellung an einem Teil der Produktionsanlage
abgebrochen und in den Futterbrei gefallen. Der Vorfall führte
zu einer Verbesserung des Qualitätssicherungssystems des
Herstellers durch Aufnahme eines Maschinencontrollings.
Schrauben und andere nicht feste Teile werden dabei erfasst
und auf Sitz sowie Unversehrtheit überprüft.
Zusammenfassung
Die Tabelle gibt eine Übersicht über die Zahl der durchgeführten Untersuchungen, wobei je Probe in der Regel
mehrere Untersuchungen durchgeführt werden.
Stoffgruppe / Art der Untersuchung
Untersuchungen
Beanstandungen
Anzahl
Inhaltsstoffe (ohne Wasser)
Anzahl
%
2 072
88
4,3
745
96
12,9
Unerwünschte Stoffe
2 220
13
0,6
Unzulässige Anwendung / verbotene Stoffe
1 895
7
0,4
davon „tierische Bestandteile“
798
5
0,6
Schädlingsbekämpfungsmittel
1 457
0
0
332
56
16,9
Zusatzstoffe (Gehalte in Mischfuttermitteln)
Mikrobiologische Qualität (z. B. Verderb)
Salmonellenuntersuchung
Formale Kennzeichnungsvorschriften
63
1
1,6
463
72
15,6
Im Jahr 2006 wurden 1 132 Betriebe, in denen Futtermittel
• In 12 Fällen wurden Verwarnungen ausgesprochen.
hergestellt, gehandelt, eingeführt oder verfüttert wurden,
• In 11 Fällen wurde eine weitere Behandlung des Fut-
kontrolliert (davon 674 tierhaltende Betriebe, insbesondere
termittels, dessen anderweitige Verwendung (nicht zur
im Rahmen der Cross-Compliance-Kontrollen). Dabei wur-
Verfütterung) oder die unschädliche Beseitigung ange-
den verschiedene Betriebe auch mehrfach geprüft. Insge-
ordnet.
samt wurden 1319 Betriebsprüfungen und 47 Buchprüfun-
• In 71 Fällen wurde ein Bußgeldverfahren eingeleitet, da-
gen durchgeführt sowie 1314 Futtermittelproben gezogen,
von wurden 36 Fälle abgeschlossen und Bußgelder in
von denen 247 nicht den Vorschriften entsprachen. Beprobt
wurden 450 Einzelfuttermittel, 809 Mischfuttermittel, 55
Vormischungen und Zusatzstoffe.
Aus den Beanstandungen ergaben sich folgende Maßnahmen:
• In 153 leichten Fällen wurden die Betroffenen durch Hinweise belehrt.
Höhe von 11 315.- 1 vereinnahmt.
• In keinem Fall erfolgte eine Abgabe an die Staatsanwaltschaft.
• Insgesamt wurden Gebühren in einer Größenordnung
von 6 414.- 1 erhoben.
Die Kontrollen 2006 ergaben keine auffälligen Befunde
und keine Hinweise auf besondere oder bisher unbekannte Kontaminationswege.
150
Lebensmittelüberwachung BW
Autorenverzeichnis
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren dieses Jahresberichts
Thema
Autorin / Autor
Zusammenfassung
Frau Roth, CVUA Stuttgart
Betriebskontrollen und Vollzug der Lebensmittelüberwachung
Frau Dr. Pfleghar, LRA Ravensburg
Frau Wiater, LHS Stuttgart
Frau Gutmacher, CVUA Sigmaringen
Milch und Milchprodukte
Frau Helble, CVUA Freiburg
Fleisch, Wild, Geflügel und -Erzeugnisse
Herr Dr. Kuntzer, CVUA Stuttgart
Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere und -Erzeugnisse
Herr Dr. Kuntzer, CVUA Stuttgart
Fette und Öle
Herr Dr. Weißhaar, CVUA Stuttgart
Brühen, Suppen, Saucen und Feinkostsalate
Herr Grundhöfer, CVUA Freiburg
Getreide, Backwaren, Teigwaren
Frau Dr. Kaufmann-Horlacher, CVUA Stuttgart
Obst, Gemüse und -Erzeugnisse
Herr Dr. Reusch, CVUA Karlsruhe
Kräuter und Gewürze
Herr Dr. Ruge, CVUA Karlsruhe
Alkoholfreie Getränke
Frau Wahl und Frau Dr. Fischer-Hüsken, CVUA Freiburg
Wein, Erzeugnisse aus Wein
Herr Rothenbücher, CVUA Stuttgart
Alkoholische Getränke (außer Wein)
Herr Dr. Lachenmeier, CVUA Karlsruhe
Eis und Desserts
Frau Dr. Kaufmann-Horlacher, CVUA Stuttgart
Zuckerwaren, Schokolade, Brotaufstriche
Frau Blum-Rieck, CVUA Stuttgart
Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse und Nusserzeugnisse
Herr Dr. Reusch, CVUA Karlsruhe
Fertiggerichte
Herr Grundhöfer, CVUA Freiburg
Diätetische Lebensmittel, Säuglingsnahrung, Sportlernahrung
Frau Dr. Schweizer, CVUA Freiburg
Frau Maixner, CVUA Karlsruhe
Nahrungsergänzungsmittel
Frau Bauer-Aymanns, CVUA Karlsruhe
Funktionelle Lebensmittel (Functional Food)
Frau Dr. Schweizer, CVUA Freiburg
Neuartige Lebensmittel (Novel Food)
Frau Maixner, CVUA Karlsruhe
Zusatzstoffe und Aromastoffe
Herr Dr. Schneider, CVUA Karlsruhe
Kosmetische Mittel
Frau Kratz, CVUA Karlsruhe
Bedarfsgegenstände
Frau Dr. Steiner, CVUA Stuttgart
Bedarfsgegenstände zur Reinigung und Pflege sowie
Frau Eckstein, CVUA Stuttgart
Herr Dr. Hahn, CVUA Sigmaringen
sonstige Haushaltschemikalien
Tabakwaren
Herr J. Hahn, CVUA Sigmaringen
Krankheitserregende Mikroorganismen und mikrobiologische
Herr Dr. Friedrich, CVUA Stuttgart
Besonderheiten
Mykotoxine
Frau Gutmacher, CVUA Sigmaringen
Marine und Süßwasser-Biotoxine
Herr Dr. Thielert, CVUA Sigmaringen
Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten
Herr Dr. Schüle, CVUA Stuttgart
Frau Dr. Kypke, CVUA Freiburg
Ökomonitoring
Frau Scherbaum, CVUA Stuttgart
Pharmakologisch wirksame Stoffe
Herr Lippold, CVUA Freiburg
Nachweis von Lebensmittelallergenen
Herr Waiblinger, CVUA Freiburg
Gentechnik in Lebensmitteln
Herr Waiblinger und Herr Dr. Pietsch, CVUA Freiburg
Bestrahlung von Lebensmitteln
Frau Straub, CVUA Karlsruhe
Radiochemische Untersuchungen
Herr Dr. Kaut, CVUA Stuttgart
Dioxine und dioxinähnliche PCB
Herr Dr. Malisch, CVUA Freiburg
Schwermetalle und toxische Spurenelemente
Herr Reiser, CVUA Sigmaringen
Nitrosamine
Frau Fügel, CVUA Stuttgart
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)
Herr Klein, CVUA Sigmaringen
Acrylamid
Herr Dr. Weißhaar, CVUA Stuttgart
3-Monochlorpropandiol (3-MCPD)
Herr Dr. Weißhaar, CVUA Stuttgart
Furan in Lebensmitteln
Herr Dr. Martin, CVUA Freiburg
Stabilisotopen-Analytik
Herr Dr. Metschies, CVUA Freiburg
Herr Dr. Kuballa, CVUA Karlsruhe
Autorenverzeichnis
Jahresbericht 2006
Thema
Autorin / Autor
Trinkwasserüberwachung
Herr Brezger, CVUA Sigmaringen
Futtermittelüberwachung
Frau Assfalg, RP Stuttgart
Frau von der Heydt, RP Freiburg
Herr Kraus, RP Tübingen
Frau Stegili und Frau Kehr, RP Karlsruhe
Herr Bliß, SES am RP Tübingen
Frau Dr. Modi, LA Chemie der Universität Hohenheim
Frau Dr. Roth, LTZ Augustenberg
Herr Wambold, CVUA Freiburg
Herr Dr. Zittlau, CVUA Karlsruhe
Herr Dr. Eckstein, MLR
Abkürzungen:
CVUA
= Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt
LHS
= Landeshauptstadt
LA Chemie = Landesanstalt für Landwirtschaftliche Chemie Hohenheim
LRA
= Landratsamt
LTZ
= Landwirtschaftliches Technologiezentrum
MLR
= Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum
RP
= Regierungspräsidium
SES
= Stabsstelle Ernährungssicherheit
151
152
Lebensmittelüberwachung BW
Herausgeber:
Ministerium für Ernährung und
Ländlichen Raum Baden-Württemberg
Postfach 10 34 44
70029 Stuttgart
Für eventuelle Rückfragen:
Telefon: 0711. 126 - 0
Telefax: 0711. 126 - 2255
Gestaltung:
Kai Twelbeck, Stuttgart, www.sojusdesign.de
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