Stillen

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Stillen
Stillen
Stillen
Was tun, wenn das Baby
trotzdem mal zubeißt?
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Stillen – gewusst wie!
Die ersten Zähnchen
Wie? Du stillst noch? Obwohl die Kleine schon Zähne hat!? Beißt sie Dich
denn nicht? So lauten die Standardfragen an Mütter, die ihr Kind länger
als 6 Monate stillen. Was es damit auf sich hat und was beim Stillen älterer
Säuglinge während des Zahnens zu beachten ist, ist Gegenstand dieses
Artikels.
Vor 45 Jahren bekam meine Mutter
den Ratschlag „spätestens“ beim
Durchbrechen der ersten Zähne
ganz abzustillen. Auch heutzutage
wird oft noch davon ausgegangen,
dass die ersten Zähne und das Stillen
nicht vereinbar sind, da das Baby
die Mutter beißen könnte! Trotzdem
und Gott-sei-Dank stillen viele Mütter
ihre Babys noch eine ganze Weile
weiter nachdem die ersten Zähne
da sind, und manche Mütter stillen
sogar bis ins Kleinkindalter hinein.
Das Durchbrechen der ersten Zähne
kann jedoch wirklich mit Problemen
verbunden sein, da manche Babys
ihre Mütter beim Stillen wiederholt
beißen, so dass das Abstillen oftmals
der einzige Ausweg zu sein scheint.
Wie kann man denn nun mit einem
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baby info 01-03/2012
zahnenden Baby umgehen, das
beim Stillen manchmal zubeißt?
Dem Zubeißen vorbeugen
Die meisten Babys bekommen ihre
ersten Zähnchen um den sechs­
ten Monat herum - also zu dem
Zeitpunkt, wo viele Babys bereit
sind für die erste feste Kost. In den
allermeisten Fällen läuft das Zahnen
auch relativ problemlos ab - manche
Babys werden etwas unleidlich.
Begleiterscheinungen können schmer­
zendes, geschwollenes Zahn­­fleisch,
Durchfall, rote Bäckchen und erhöhte
Temperatur sein. Bei einigen Babys
wirkt das Zahnen sich so aus, dass
sie beim Stillen manchmal zubeißen.
Wobei eines ganz klar sein sollte:
Wenn das Baby richtig an der Brust
saugt, kann es unmöglich beißen.
Beim korrekten Saugen an der Brust
ist der Mund ganz weit geöffnet und
die Zunge bedeckt die Zahnleisten
und die unteren Zähne. Die oberen
Zähne berühren allerhöchstens
die Areola (Bereich rund um die
Brustwarze). Das „Beißen“ kommt
nur
beim
sogenannten
„nonnutritiven Saugen“, also dem
Nuckeln vor, wobei das Baby die
Brust wieder etwas dem Mund
herausrutschen lässt. Das ist auch
meistens der Moment, in dem das
Baby zubeißt! Also: Babys „beißen“
höchstens zu Beginn oder am Ende
einer Stillmahlzeit oder wenn sie
schläfrig sind. Das „Beißen“ lässt
sich also durchaus voraussehen und
unterbinden.
Der erste Impuls mag sein, das Kind
sofort von der Brust zu nehmen
- besser wäre es, das Baby noch
fester an sich heranzuziehen, damit
es den Mund größer aufmachen
muss zum Atmen. Wenn die Mutter
aufschreit - was unter den gegebenen
Umständen nur allzu verständlich ist
- kann das Baby sich erschrecken
und manchmal sogar mit einem
Stillstreik reagieren. Damit es nicht
zu einer solchen Situation kommt, ist
also es besser, dem vorzubeugen.
Es kann hilfreich sein, wieder gut
auf die Stillposition zu achten und
aufzupassen, dass das Baby den
Mund weit aufmacht. Solange es
trinkt und hörbar schluckt, besteht
nicht die Gefahr, dass es beißt.
Sobald das Baby vom nutritiven
Saugen ins Nuckeln verfällt, be­
steht eventuell die Möglichkeit, dass
es zubeißt. Daher kann die Mutter
das Baby in dieser Phase von der
Brust lösen, indem sie das Vakuum
dadurch unterbricht, dass sie ihren
kleinen Finger in den Mundwinkel
schiebt und den Säugling dann von
der Brust nimmt.
Was tun, wenn das Baby
wiederholt beißt?
Hier sollte die Mutter ganz bestimmt
und entschieden ihrem Baby gegen­
über auftreten und ihm durch Spra­
che und Körperhaltung zu verstehen
geben, dass es auf keinen Fall
beißen darf! Babys verstehen
sehr wohl, wenn man ihnen etwas
mitteilt, durch den Tonfall und die
Körperhaltung. Die Mutter sollte das
Baby sofort von der Brust lösen,
wenn es Anstalten macht zu beißen;
es etwas von sich weg halten und
laut und bestimmt „Nein“ sagen solange und immer wieder, bis das
Baby genau verstanden hat, worum
es geht. Die meisten Babys begreifen
recht schnell und lernen, dass sie
nicht zubeißen dürfen.
Wie kann man dem Baby
helfen, wenn es zahnt?
Es kann hilfreich sein, das Baby
VSLÖ Grabherr
in der Zahnungsphase dadurch
zu unterstützen, indem man ihm
Sachen gibt, auf die es beißen kann,
wie zum Beispiel leicht gekühlte
Beißringe. Ein bewährtes Mittel
zur Zahnungshilfe ist zum Beispiel
die Veilchenwurzel, die man in der
Apotheke kaufen kann. Weitere Hilfe
und Unterstützung beim Zahnen
können auch homöopathische Mit­
tel sein. Hierbei sollte man sich
allerdings von seinem Arzt oder
Homöopathen beraten lassen.
termilch den PH-Wert im Mund
nicht signifikant sinken. Das für
die Karies verantwortliche Bak­
terium
„Streptococcus
mutans“
entwickelt sich besonders gut
bei einem niedrigen PH-Wert. Im
Gegensatz zu vielen künstlichen
Säuglingsnahrungen, die das Bak­
te­
rie­
nwachstum fördern, besitzt die
Muttermilch antibakterielle Eigen­
schaften, welche die Entstehung von
Karies verhindern.
Es gibt auch diverse „Mittelchen“ die
frei verkäuflich in den Apotheken zu
erwerben sind, wie Tinkturen und
Salben für das Zahnfleisch. Hierbei
sollte man darauf achten, dass sie
keine zu starke schmerzstillende
oder gar betäubende Wirkung haben.
Desweiteren verhindert die Still­
technik an sich, dass Muttermilch sich
im Mund ansammelt. Im Gegensatz
zum Trinken an der Flasche, wobei
die Zähne ständig mit Milch umspült
werden, findet das Stillen hinten im
Mund statt – die Muttermilch gelangt
erst weit hinter den Zahnleisten in
den Mund. Stillen allein verursacht
also auf jeden Fall keine Karies!
Stillen und Zahngesundheit
Wenn nun die ersten Zähnchen
endlich da sind und das Baby größer
wird und noch weiter gestillt wird,
stellt sich irgendwann die Frage ob
das Stillen nicht Karies auslösend
ist? Vor allem das Trost spendende
Nuckeln und das nächtliche Stil­
len
werden in Frage gestellt.
Dabei ist Muttermilch nicht mit
künst­licher Säuglingsnahrung zu ver­­­
gleichen. Im Gegensatz zu künst­
licher Säuglingsnahrung lässt Mut­
Folglich „dürfen“ Mutter und Kind
trotz des Durchbrechens der ersten
Zähnchen eine lange und glückliche
Stillzeit genießen!
Ute Rock
Die Autorin ist
Laktationsberaterin IBCLC und
Mitarbeiterin der IL
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