Kino

Transcription

Kino
Kino
NUMMER 32
Bombast
im Kasten
Kino kompakt
THE FORBIDDEN GIRL
Das mysteriöse Mädchen
im alten Schloss
„Cirque du Soleil“:
Das Original ist besser
Der Priestersohn Toby McClift (Peter Gadiot) verliert durch den Angriff eines Werwolfs in einer Nacht
seine erste große Liebe Kathy und
seinen Vater. Verzweifelt versucht
er die Polizei von den übernatürlichen Umständen der Tat zu überzeugen, doch niemand glaubt ihm.
Nach sechs Jahren in einer Anstalt
für Geisteskranke wird Toby entlassen und beginnt als Hauslehrer in
einem alten Schloss ein neues Leben. Toby soll hier die angeblich
lichtkranke Nichte der Hausherrin
Laura unterrichten. Als er seiner
Schülerin das erste Mal begegnet,
ist er jedoch wie vom Blitz getroffen. Vor ihm steht Kathy, seine
verloren geglaubte Jugendliebe.
Verzweifelt sucht er nach dem
schrecklichen Geheimnis des Mädchens. Till Hastreiter verbindet
Fantasy voller aufwendiger Spezialeffekte mit dem romantischen Liebesfilm der 40er Jahre. (AZ) ***
Start in Neu-Ulm
O
INUK
Selbstfindung bei
der Eisbärenjagd
„Die schwierigste Reise“, so heißt
es im Trailer zu diesem Film, „ist
die, die du in dir selbst machen
musst.“ Der Eskimo Inuk lebt in
der grönländischen Hauptstadt
Nuuk, zusammen mit seiner alkoholkranken Mutter und seinem brutalen Stiefvater. Das Jugendamt
schickt den 16-Jährigen in ein Heim
im Norden des Landes. Dort trifft
Inuk auf den schweigsamen Eisbären-Jäger Ikuma, der mit seiner
Vergangenheit zu kämpfen hat. Gemeinsam gehen die beiden auf
Robbenjagd. „Inuk“ ist das Spielfilm-Debüt des amerikanischen
Regisseurs Mike Magidson und war
der grönländische Beitrag für den
besten fremdsprachigen Film beim
Oscar 2012. Auszeichnet wurde
das Drama bereits bei vielen kleineren Festivals. (dpa)
****
Noch nicht angelaufen in der Region
O
Inuk (Gaba Petersen) und Naja (Sara Lyberth) sehen in Grönland einem großen
Abenteuer entgegen. Foto: Neue Visionen
Weiter sehenswert
● Django Unchained **** Quentin
Tarantinos Westernverschnitt
● Life of Pi **** Die Verfilmung von
„Schiffbruch mit Tiger“
● Lincoln **** Steven Spielbergs
neuer Film
● Paradies: Liebe **** Schonungsloser Blick auf Sexurlaub in Afrika
Unsere Wertungen
* sehr schwach
** mäßig
*** ordentlich
**** sehenswert
***** ausgezeichnet
I Bei uns im Internet
● Alle Programme Die Filme sämtlicher Kinos in der Region
● Trailer Eindrücke der aktuellen
Filme vermitteln unsere Trailer.
● Tickets gewinnen Wir verlosen
täglich Eintrittskarten fürs Kino.
● Quiz Kennen Sie sich aus mit Klassikern? Testen Sie Ihr Wissen.
● Hollywood An welchen Projekten
arbeiten Regisseure und Stars?
I Direkt ins Kino-Special unter
augsburger-allgemeine.de/kino
DONNERSTAG, 7. FEBRUAR 2013
Schießt sich den Weg frei: Parker (Jason Statham) rettet seine Komplizin Leslie Rodgers (Jennifer Lopez) aus Geiselhaft.
Foto: Constantin
Ein Mann fürs Grobe
Parker Als Komplizin an Jason Stathams kühler Seite leidet Jennifer Lopez an Unterforderung
VON MARTIN SCHWICKERT
Jason Statham ist kein Mann der
großen Experimente. Seit seinem
ersten Auftritt in „Bube, Dame,
König, Gras“ hat sich der britische
Schauspieler in seinem coolen Image
häuslich eingerichtet. Rasierter
Schädel, Dreitagebart, durchtrainierter Körper und ein sexy Stirnrunzeln, das ein wenig zu sehr an
Bruce Willis erinnert, gehören zur
Grundausstattung seiner Figuren.
Hinzu kommt nicht nur die mit
Kampfkunstfertigkeiten verteidigte
Unkaputtbarkeit, sondern auch eine
gewisse Unerreichbarkeit gegenüber dem weiblichen Geschlecht.
Frauen sind in Statham-Filmen allenfalls ferne Geliebte, zu denen der
Held nach getaner Arbeit heimkehrt, aber sie dürfen dem Mann,
während er tut, was getan werden
muss, nicht zu nahe kommen. Letzteres gilt auch für Jennifer Lopez,
die sich in „Parker“ aus der Elternzeit zurückmeldet und als Stathams
dekorativer Co-Star ein schmerzhaftes Downgrade erfährt.
Der Film basiert auf dem Roman
„Flashfire“ von Donald E. Westlake, der mit dem Dieb Parker in
den 60ern eine Krimiikone erschuf,
die sich über vierzig Jahre in 24
Romanen eine beträchtliche Fangemeinde aufbaute. Filme wie John
Boormans „Point Blank“ und Brian
Helgelands „Payback“ lehnten sich
an die Figur an, aber in Taylor
Hackfords „Parker“ darf sie zum
Der Hauptdarsteller
Seinen Durchbruch im Kino erlebte
der britische Schauspieler Jason
Statham (geb. 12. September 1967
in Sydenham, London) mit dem
Actionfilm „The Transporter“ (2002),
dem zwei Fortsetzungen folgten.
In Erinnerung bleiben die aufwendigen Kampfszenen. Durch seine
physische Präsenz wurde Statham
zunehmend zum gefragten Hauptdarsteller für Martial-Arts („War,
2007) und Actionfilme („Chaos“,
„Crank“, „Blitz – Cop-Killer vs. KillerCop“, „The Mechanic“, „Killer
Elite“). Meist schlägt er sich selber
durch und verzichtet auf Stuntmen. Immerhin war er zunächst professioneller Turmspringer im britischen Schwimm-Nationalkader. (loi)
ersten Mal auch auf der Leinwand
ihren Romannamen tragen.
Parker folgt einem einfachen Ehrenkodex: Stiehl niemals von den
Armen, töte nur, wenn es nicht zu
vermeiden ist, und rechne immer
mit deinen Feinden ab. Diese Regeln bieten genug Treibstoff für einen Rachefeldzug, der in Gang gesetzt wird, als Parker nach einem
Coup von den Komplizen um seinen
Anteil geprellt und halbtot am Straßenrand liegen gelassen wird. Nach
seiner Genesung macht sich der
Mann an die Wiederherstellung der
kriminellen Ordnung und reist ins
sonnige Palm Beach, wo die alte
Gang einen Juwelenraub plant.
Bis auf die Unterwäsche
entkleidet bei der Vorstellung
Dort nimmt er getarnt als texanischer Investor die Hilfe der Immobilienmaklerin Leslie (Jennifer Lopez) in Anspruch, die sich mit einer
gescheiterten Ehe gründlich in die
finanzielle Pleite geritten hat. Schon
bald findet sie heraus, dass der Kunde nicht nach einer Immobilie Ausschau hält, sondern weniger legale
Interessen verfolgt. Sie bietet sich
Parker als Komplizin an und muss
sich beim Vorstellungsgespräch bis
auf die Unterwäsche entkleiden, um
zu beweisen, dass sie nicht verkabelt
ist. Aber eigentlich geht es hier darum, dass Lopez ihren Marktwert
und die Erfolge der Rückbildungsgymnastik zur Schau stellen kann.
Nach der demütigenden Szene darf
die Bewerberin schmachtend Parker
assistieren. Das angestrebte Knistern zwischen dem coolen Helden
und seiner schicken Komplizin will
sich hier jedoch nicht einstellen, da
Lopez in dieser MauerblümchenRolle sichtbar an Unterforderung
leidet, während Statham in bewährter Qualität tut, was er immer tut.
Abgesehen von einer famosen Eröffnungssequenz fehlt „Parker“ die
Dynamik, mit der er sich als bloßer
Actionfilm etablieren könnte. Stattdessen versucht Hackford in „Parker“ die Atmosphäre eines modernen Film Noir zu beschwören, wozu
jedoch weder die Gestaltung der wenig geheimnisvollen Figuren noch
der recht unelegante Inszenierungsstil passen wollen.
**
O Start in Aichach, Augsburg, Donauwörth, Ingolstadt, Kaufbeuren, Kempten, Neu-Ulm, Ulm
Verträumtes Staunen ist Programm
bei Cirque du Soleil, der legendären,
zum Unterhaltungs-Unternehmen
gewordenen Zirkus-Truppe, die
ihre Akrobaten-Nummern mit einem poetischen Gespinst aus fantastischen Kostümen und Geschichten
umwebt. Nun, im ersten Kinofilm
von Cirque du Soleil, bildet eine
kleine Liebesgeschichte den dünnen
Handlungsfaden, an dem durch die
Show-Elemente der internationalen
Truppe geführt wird: Mia, Besucherin eines bescheidenen Zirkus,
versinkt durch den Manegen-Boden
in eine Traumwelt, wo ein Conférencier sie auf ihrer Suche nach dem
Trapez-Künstler begleitet.
Dank dieses Vorwands sehen wir
ein Ballett auf und unter Wasser
oder eine atemberaubend avancierte
Barrenübung auf einem pendelnden
Luftschiff. Wie aus Ang Lees „Tiger
& Dragon“ entführt, schweben
dann asiatische Kämpfer an Drahtseilen auf einer senkrechten, interaktiven Bühnenwand, die Robert
Lepage mit gewaltiger Hydraulik
ähnlich in seinem Ring des Nibelungen an der Met einsetzte.
Die zirzensischen Shows in riesigen, hoch technisierten Bühnenkästen sind zeitweise bombastisch.
Während die Musik bei Ausflügen
zu bulgarischen Frauenchören mit
afrikanischen Männer-Soli nervig
übertreibt, kommen viele erstaunliche Show-Nummern zu kurz. Die
Abfolge wirkt gehetzt, stillere Programmpunkte gibt es in diesem
Film nicht. Günter H. Jekubzik **
O Start in Augsburg, Ingolstadt, Kempten, Neu-Ulm
Gewaltige Maschinerie setzen die asiatischen Kämpfer ein.
Foto: Paramount
Der milde Meister
Liebesnöte in der Männer-WG
Renoir Beschauliche späte Tage mit dem Maler
Kokowääh 2 Til Schweiger treibt die Patchworkfamilie turbulent weiter
VON GÜNTER H. JEKUBZIK
Es ist ein beschaulicher, fast ewiger
Sommer im goldenen Licht der Côte
d’Azur. Der Erste Weltkrieg deutet
sich mit ein paar beurlaubten Soldaten an, die Toter Mann im Meer
spielen. Mehr will der Film „Renoir“ nicht mit Hässlichem zu tun
haben. Dafür umso mehr sanft gleitende Kamerabewegungen, nebenbei mal kleine Körperstudien verspielt im Spiegelbild festgehalten.
Bei einem Malerfilm will man Bilder und Farben sehen, was „Renoir“ vortrefflich erfüllt: Die Farben der Palette Pierre-Auguste Renoirs (1841–1919) stimmen und
auch die provenzalischen NaturSettings, in denen der berühmte
Maler seine letzten Lebensjahre bei
Cagnes-sur-Mer verbringt. Den Alten (Michel Bouquet) interessiert
nur noch Schönheit, zur Inspiration
kommt deshalb als neue „Muse“ die
junge Andrée Heuschling (Christa
Theret) täglich zu Renoir.
Gemächlich und undramatisch
bleibt es selbst, als der Sohn Jean
Renoir (Vincent Rottiers) kriegsverwundet nach Hause kommt. Während Jean beim Malen assistiert, will
man alles aufnehmen, was der alte
Meister der Malerei dem kommen-
den Meister der Regie erzählt. Es ist
nicht viel. „Renoir“ ist kein Schlüsselfilm für das Alterswerk von Auguste oder die Anfänge von Jean.
Ein paar Andeutungen, Erinnerungen und Träumereien. Dafür
schmeichelt er Augen, Ohren und
angegriffenen Seelen, macht aber
erstaunlicherweise weder Lust auf
einen Museumsgang zu Renoir noch
auf die Filme des Jüngeren.
***
VON DIETER OSSWALD
den, darf natürlich ebenso wenig
fehlen wie ihr chaotischer Kuckucksei-Papa Tristan (Samuel Finzi), der diesmal vorübergehend in
die WG einzieht, weil Katharina
spontan das Weite sucht und ein
bisschen Abstand braucht.
Die Männerwirtschaft sieht sich
alsbald nicht nur mit den Tücken
von Haushalt und Babywickeln
konfrontiert, sondern auch mit den
ersten Liebesnöten von Girlie Magdalena, die sich nicht so recht zwi-
O Start in Augsburg
Über 4,3 Millionen Besucher hat der
erste Streich von „Kokowääh“ vor
zwei Jahren ins Kino gelockt, nun
kehrt die schrecklich nette Patchworkfamilie mit turbulenten Liebesabenteuern zurück. Henry (Til
Schweiger) und Katharina (Jasmin
Gerat), die Turteltauben von einst,
sind inzwischen ein Paar mit eigenem Baby. Magdalena (Emma
Schweiger), die Tochter des Hel-
Michel Bouquet als Auguste Renoir in
seinen späten Jahren.
Foto: Arsenal
Überstehen lässig das Beziehungschaos ihrer schrecklich netten Familie: die Kinder
Max (Nico Liersch) und Magdalena (Emma Schweiger).
Foto: Warner Bros.
schen zwei Schulfreunden entscheiden kann. Schließlich wäre da noch
jener lüsterne Lektor von Katharina, auf den Henry zunehmend eifersüchtig ist. Während umgekehrt ein
attraktives neues Kindermädchen
mit Flirt-Fallstricken die Treue von
Henry bedrohlich ins Schwanken
bringt. Last, not least sorgt auch Sarah Brandner (im wahren Leben die
Freundin von Bastian Schweinsteiger) für emotionale Verwicklungen.
Bei so viel Beziehungschaos
kommt das Figurenkarussell schnell
in Fahrt, gut postierte Fettnäpfchen
bieten reichlich Situationskomik mit
üppigem Pointenpotenzial. Angenehm unangestrengt spinnt Schweiger die Handlungsfäden und knüpft
daraus kuscheligen Comedy-Stoff
im bewährten „Keinohrhasen“Muster. Die flotte Erzählweise sorgt
für amüsante Kurzweil ohne Hänger, an der auch die Akteure sichtlich ihr Vergnügen hatten. Visuell
wird einmal weit mehr als gängiger
Genre-Standard geboten, beim gut
sortierten Soundtrack sowieso –
diesmal machten das finnische „Disco Ensemble“ mit „Second Soul“
sowie „Hall of Fame“ von „The
Script“ das Ohrwurm-Rennen. ***
O Start in vielen Kinos der Region