Skriptum Webgerechtes Texten Inhaltsverzeichnis 1. CMS

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Skriptum Webgerechtes Texten Inhaltsverzeichnis 1. CMS
Webgerechtes Texten
letzte Änderung: 1. 4. 2008
Skriptum
Webgerechtes Texten
Inhaltsverzeichnis
1.
CMS-GRUNDLAGEN
2
2.
TEXTFORMEN, ARTIKELFORMEN
5
3.
JOURNALISTISCHE WS
7
4.
ONLINE LESEGEWOHNHEITEN
8
5.
STIL (FORMAL, TIPPS, CHECKLISTE)
9
6.
REDAKTIONELLE ARBEIT
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1.
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CMS-Grundlagen
Contentmanagement-Systeme erlauben es große Mengen an Inhalten zu
verwalten, zu bearbeiten und zu formatieren. Grundsätzlich vollziehen Content
Management-Systeme eine Trennung zwischen Inhalt und Design:
• Der Inhalt (Text) wird getrennt von der Designinformation in eine
Datenbank gespeichert.
• Die logische Gliederung der Texte wird über verschiedene vorgegebene
Layoutformate realisiert (Titel, Vorspann, Kasten, Text, Adresse, Symbol,
Teaser...).
• Die grundlegende gestalterische Information wird in so genannten
Templates (Layoutvorlagen) gespeichert.
• Die Webseiten sind nur in einem eingeschränkten Umfang vom CMSBenutzer frei zu gestalten.
Eine solche Trennung von Inhalt und Form hat viele Vorteile, darunter eine
Vereinheitlichung des Designs. Das führt aber dazu, dass der Texterzeuger nur
mehr wenig in die Gestaltung des Inhalts eingreifen kann. Das ist vor allem für
große Systeme mit einem gemeinsamen Corporate Design wichtig. Außerdem
kann durch diese Trennung der Inhalt in mehr als einer Form exportiert werden,
z.B. einmal für Webseiten (mit Templates) und ein zweites mal (mit LayoutMarken) zur Erzeugung einer Broschüre auf Papier.
Datenbankstruktur am Web
Datenbanken dienen im Prinzip für folgende Tätigkeiten: Dateneingabe,/
wartung, Suche, Anzeige von Listen und Datensätzen, Auswertungen mehrere
Datensätze.
Bedingt durch die Datenbankstruktur von CMS-Systemen haben sich auch am
Web ähnliche Strukturen herausgebildet. Moderne Webservices trennen nicht
nur Form von Inhalt, sondern auch die verschiedenen Funktionen von
Webseiten. Natürlich kann es dabei zu Vermischungen kommen (wenn z.B. ein
Mini-Suchformular auf jeder Seite verfügbar ist). Aber im Prinzip gilt: Jede
Webseite hat eine Hauptfunktion und diese entspricht einem der drei in der
Tabelle angeführten Typen.
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Tabelle: Funktionen von Webseiten
Typ
Merkmale
Ziel/Funktion
Beispiele
Content
(entspricht
Anzeige eines
Datensatzes )
Gegliederter Inhalt
(Titel, Vorspann, Text,
Bild)
Inhalte, Wissenswertes,
Lesenswertes,
Ausdruckwertes
Lies mich!
Bleib bei mir!
Artikel
Liste
(entspricht
Anzeige einer
Liste)
Mehrere sich
wiederholende
Elemente,
mit oder ohne
Hinterlegung durch
Links
Inhalte in tabellarischer
Ansicht oder Links zu
anderen Webseiten
Gewinne einen
Überblick!
Verlass mich!
Navigation, Telefonliste,
Linkliste
Formular
(Entspricht
Eingabe- und
Suchmaske)
Frei auszufüllende
Felder, vorgegebene
Auswahlmöglichkeiten
(Checkboxen..)
Füll mich aus!
Interagier mit mir!
Suchformular,
Kontaktformular,
Umfragen
Tabelle: Funktionen von Links
Typ
Merkmale
Ziel/Funktion
Beachten!
Inline Link
Verlinkt vom Kopf der
Seite zu einem Bereich
weiter unten in der
selben HTML-Seite
Macht es möglich am
Kopf einer langen
Webseite eine
Navigation zu erstellen
Nicht vergessen wieder
„hinauf“-zulinken wenn
das Dokument sehr lang
ist
„normaler“
Link
Verlinkt von einem
HTML-Dokument zu
einem anderen
Kernfunktionalität des
WWW, Verwendung für
Navigationen und Links
in Texten oder Bildern
Verwenden Sie
unterschiedliche
Symbole für Links
innerhalb des selben
Webservers und „in die
Welt“
DokumentLink
Verlinkt zu einem
Dokument, das keine
Webseite ist und ev.
nicht im Browser
angezeigt werden kann
(Pdf-, Word-, Excel)Dokument
Einbindung von
Verwenden Sie ein
externen Dokumenten in kleines Symbol und eine
Webseiten
Größenangabe um dem
Benutzer zu
signalisieren, dass
er/sie jetzt etwas
herunterlädt
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Beispiele für typische Seitenfunktionen:
Homepages, Einstiegsseiten: sind zumeist Listenseiten, wenn auch nicht
immer auf den ersten Blick erkennbar. Sehr wohl aber in ihrer Funktion: Tritt
ein, aber beweg Dich von mir weg tiefer in der Informationsangebot.
Artikel, Informationen: sind klassische Contentseiten, sie sind die „Blätter, der
mittels des Content-Management-Systems auszufüllenden Datenbank.
Manchmal hängen kleine Listen (z.B. Links) am Content, diese sollen die
angebotenen Information ergänzen aber nicht ersetzen. Die Funktion: ich bin
wichtig, schau mich an, lies mich.
Suchen, Bestellvorgänge: sind zumeist Formulare, die entweder vom Kunden
eingegebene Daten direkt in eine Datenbank eintragen oder per E-Mail
versenden. Ein Bestellvorgang bei einem Online-Shop besteht meistens aus der
komplexen Abfolge mehrerer Formulare.
Artikelmodell CMS
Im Gegensatz zum gebräuchlichen pyramidenförmigen Modell des
journalistischen Textes basiert das CMS-Modell auf Textfeldern.
Ein journalistischer Artikel bringt alle wichtigen Informationen auf den ersten
Absätzen, normalerweise kann der Redakteur den Text von hinten nach vorne
Absatz für Absatz kürzen ohne dass wichtige Information verloren gehen. In
journalistischen Artikeln werden zumeist außer der Primärquelle keine weiteren
Quellen angegeben. Das hat historische Gründe: Platz in Printprodukten war
und ist einfach immer Mangelware. Wenn weiterführende Quellen angegeben
werden (Adressen, Links) dann entweder in so genannten Info-Teilen oder in
extra stehenden Kästen.
Die meisten Webseitentexte sind notwendigerweise kürzer als Magazinartikel,
deshalb ist es auch nicht so wichtig, dass sie der Pyramidenstruktur folgen.
Ausnahme: Magazinartikel am Web, diese werden aber üblicherweise ab einer
gewissen Länge in mehrere Web-Seiten (mit Unternavigation z.B.: 1 | 2 | 3 | 4)
aufgeteilt.
Magazin
Web
Titel u Vorspann
Titel u Vorspann
Absatz
Fließtext
Infokasten
Info
(kasten)
Absatz
Weiterführende
Information
In einem beiliegenden Dokument finden Sie mögliche Textformate, Symbole
und weitere Möglichkeiten zur Anreicherung Ihrer Informationen im CMS der
WU Wien. Einige davon sehen Online und im Ausdruck „komisch“ aus. Diese sind
– trotz ihrer Verfügbarkeit im System – nicht unterstützt und sie sollten sie
vermeiden. Die anderen können Sie nach belieben verwenden.
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Die Übersicht finden Sie auch Online unter
http://www.wu-wien.ac.at/portal/publikationen/wulayout/layout
2. Textformen, Artikelformen
Journalistische Texte werden in verschiedene Artikelarten unterteilt. Die
Hauptformen sind Bericht, Reportage, Interview und Kommentar.
Meistens erscheinen Artikel in einem Magazin oder einer Zeitung aus einem
aktuellen Anlass (Newswert). Kann dieser Anlass nicht als bekannt
vorausgesetzt werden oder handelt es sich nicht um zeitlose Themen, sollte der
Anlass im Artikel sofort ersichtlich sein.
Der Leser soll immer nachvollziehen können, worum es geht, auch wenn er
keinerlei Vorinformationen hat, das gilt besonders auch für Webseiten wo –
dank Google und Co. – der Leser auf jeder beliebigen Seite neu einsteigen kann
ohne vorher eine andere des gleichen Webservers gesehen zu haben.
Deshalb gilt auch die Grundsatzregel; Wenn man ernsthaft informieren will,
muss man eine einfache, klar verständliche Ausdrucksweise wählen.
Am Web muss man auch beachten, dass die meisten Leser beim Bildschirmlesen
schneller ermüden als beim Lesen von Papier. Deshalb sollten Bildschirmseiten
nicht zu lang gestaltet werden oder zumindest am Kopf der Seite mit einer
leicht verständlichen Subnavigation (mit Hilfe von Inline Links) erschlossen
werden.
Webcontent und traditionell journalistische Artikel verfolgen ähnliche aber nicht
gleiche Zwecke.
Hier eine Gegenüberstellung:
Journalistischer Artikel
• Newswert +++
• Informationsanspruch ++
• Kann altern (unaktuell werden)
• Aufbau nach dem
Pyramidenmodell
Web-Content
• Newswert ++
• Informationsanspruch +++
• Muss aktuell bleiben
• Aufbau nach „Hinguckern“
Relevante Artikelformen im WU CMS
Bericht
Grundlage oft eine Agenturmeldung, die entsprechend aufbereitet (gekürzt,
umformuliert) wird. Der Stil ist zumeist sachlich und informativ, ein Bericht wird
in der Vergangenheit geschrieben. Beim Bericht gibt es zumeist keine Nennung
des Autornamens. Aus dem angelsächsischen Raum kommt das Prinzip, dass
die Meinung der Zeitung von der Meldung selbst getrennt wird, Diese klare
Trennung ist auch bei uns Merkmal der so genannten Qualitätspresse.
Meldung/“Kurze“/Notiz
Kurzform des Berichts.
Kommentar
Persönliche Stellungnahme zu einem Thema das idealer weise an anderer Stelle
des Magazins oder des Websites in einer anderen Artikelform behandelt worden
ist. Im Kommentar kommt nicht mehr viel Information. Er setzt voraus, dass der
Leser das Thema kennt oder eben an anderer Stelle darüber sachlich informiert
worden ist. Nennung des Autors unbedingt notwendig.
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Weniger relevante oder nicht relevante Artikelformen
Reportage
Erlebte Geschichte in Gegenwartsform geschrieben. Voraussetzung ist die
Anwesenheit des Autors vor Ort. Schildert Eindrücke, Stimmungen, Ereignisse
am Ort eines Geschehens.
Interview
Meist zu einem aktuellen Thema oder Anlass. Aufzeichnung und Wiedergabe
eines Gesprächs in Frage/Antwort-Form.
Glosse
Betont pointierte, oft polemische Sonderform des Kommentars.
Kolumne
In einem Medium regelmäßig wiederkehrender Kommentar.
Rezension
betrifft Bücher, Ausstellungen, Filme, Theater-, Konzert- und
Opernaufführungen, aber auch Restaurants und ähnliches. Kann Meldungsoder Kommentarcharakter haben. Ist meistens eine Mischform.
Untergliederung von Textformen am Web
Die meisten Artikel in einem CMS sind Berichte und/oder Informationen, die in
traditionellen Medien in so genannten „Infokästen“ untergebracht werden
würden.
Der Einsatz eines CMS ermöglicht und erfordert die Abbildung einer klaren
Artikeluntergliederung.
Die wichtigsten Untergliederungen sind:
• Titel: wenige Worte, oft kein ganzer Satz, trifft eine Aussage über den
gesamten Text, informiert über den Inhalt der kommt; ist als
„Schlagzeile“ oft pointiert, provokativ, plakativ (das muss aber nicht
sein)
• Vorspann: Kurzzusammenfassung der wichtigen Punkte des folgenden
Textes („5Ws“), soll den Leser zum weiter lesen animieren, oder auch
klären, dass das spezielle Thema ihn nicht interessiert.
• Zwischentitel: zur Trennung von Textteilen oder einfach nur als
Hingucker, wie beim Titel kein kompletter Satz, soll sich inhaltlich
unbedingt auf den folgenden Absatz beziehen.
• Text: auch Fließtext genannt
• Quelle: woher kommen die Informationen für diesen Text
• Bildtext: erklärt was auf dem Bild zu sehen ist, wenn Sie bei einem Bild
nicht wissen was sie als Bildtext schreiben sollen ist die Chance groß,
dass das Bild nichts aussagt und besser nicht publiziert werden sollte.
• Bildquelle: wer hält die Rechte für das Bild
• URL/Link: Webadressen sind eine kleines Textuniversum für sich.
Standard ist es den Titel des Websites (eventuell kombiniert mit dem
Titel der speziellen Seite) und die URL selbst anzugeben, eventuell auch
ein, zwei Sätze mit der Erklärung was dort zu finden ist.
• E-Mail: Bei E-Mail-Adressen empfiehlt es sich auch die gesamte Adresse
im Webtext anzugeben, viele Benutzer sind irritiert, wenn sie „Peter
Huber“ anklicken und sich ein Mailfenster öffnet.
• Kasten: wichtige Information, verständliche präsentiert oder besonders
hervorgehoben
• Tabelle: tabellarische geordnet dargestellte Information (z.B.
Telefonliste, Öffnungszeiten über die Woche, das Semester)
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3. Journalistische Ws
Die journalistischen Ws verdanken ihr Dasein dem Umstand, dass auch
Journalisten nur Menschen sind, die etwas vergessen können. Sie sind eine
Checkliste, die sicherstellen soll das, das wesentliche über das Thema eines
Textes auch drinsteht.
Im klassischen Journalismus hat der Schreibende ein Thema (in 99% der Fälle
ein aktuelles) über das er berichtet. Im Conten-Management-System ist dieses
Thema of eine Information, die vermittelt werden soll, oder ein dahinter
hängendes Pdf-Dokument, das einer begleitenden Beschreibung und Erklärung
bedarf. Auch hier sind die journalistischen Ws als Checkliste nützlich.
Was (ist passiert, kann bei uns gefunden werden, ist der Inhalt des
nachfolgenden Dokuments, soll hier vermittelt werden)?
Wo (ist es passiert, kann man es finden, soll man als nächstes hin)?
Wer (war daran beteiligt, hat es gestaltet, weiß mehr darüber)?
Wann (ist es passiert; von wann-bis-wann gilt es, ist offen)?
Warum/weshalb (wurde es erstellt, herausgegeben, ist es hier zu
finden)?
Welcher Quelle (verdanken wir diese Information, kann man sich näher
informieren)?
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4. Online Lesegewohnheiten
Seit der Entwicklung des WWW suchen Praktiker und Forscher nach dem
„richtigen“ Weg am Web zu publizieren. Fazit der Suche war wie immer das
Faktum, dass wir Menschen (als Leser und Konsumenten von Text) zu
verschieden sind um den einen richtigen Weg zu finden.
Sehr wohl aber konnte festgestellt werden, dass die meisten Menschen am
Bildschirm weniger gerne lesen als auf Papier. Bis modernere
Bildschirmtechnologien (schärfere, auflösungsreichere Darstellung, höherer
Kontrast bei Streulicht, keine sichtbaren Bildwiederholraten) diesen Unterschied
obsolet machen werden, wird noch einige Zeit vergehen.
Bis dahin werden wir alle dazu tendieren längere Texte am Web ermüdend zu
finden, solche Webseiten zu verlassen und sie im besten Fall (so wie hohen
Informationswert haben) auszudrucken.
Dieser leicht ermüdende Bildschirmleser hat auch einen hübschen Namen
bekommen: „Scanner“: er liest den meisten Text gar nicht mehr sondern scannt
ihn nach potentiell interessanten Inhalte.
Papierleser
Ermüdet erst nach mehrmaligem
Umblättern (ca. 4. Seite)
Liest Text von vorne nach hinten
Überblättert Werbung ohne Irritation
Text“leser“
Bildschirmleser
Ermüdet nach mehrmaligem Scrollen
(1te Seite)
Scannt Bildschirm auf Hingucker
Ist irritiert von langen Werbeladezeiten
Text“scanner“
Reihenfolge des Textscannens auf Webseiten
Zuerst werden vom Textscanner natürlich Elemente wahrgenommen, die aus
dem Gesamttext herausstechen. Diese Elemente sollten gut formuliert sein, sie
können den Besucher in das Lesen des eigentlichen Textes „hineinziehen.
Bei dieser Wahrnehmung gibt es auch eine Reihenfolge, die aber natürlich auch
stark vom jeweiligen Layout abhängt.
Titel
Vorspann
Zwischentitel
Bildtexte
Textanfang und Ende
Weiterführende Informationen (Links)
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5. Stil (formal, Tipps, Checkliste)
Ein Satz sollte keine überflüssigen Wörter enthalten, ein Absatz keine
überflüssigen Sätze, aus dem gleich Grund aus dem ein Bild keine
überflüssigen Pinselstriche und eine Maschine keine überflüssigen Teile
enthalten sollte. Das erfordert nicht dasd der Schreibende nur kurze Sätze
verwendet, keine Details angibt und nur oberflächlich berichtet, sondern dass
jedes Wort Bedeutung hat.
William Strunk, Jr. The Elements of Style, 1918
Allgemeine Stil-Grundsätze
Stil-Grundsätze zu erstellen ist wie Eulen nach Athen tragen: jeder glaubt zu
wissen warum es geht, jeder war schon dort, aber am Ende versteht man sich
doch nicht. Scherz beiseite: Stilgrundlagen sind natürlich in jeder Publikation
implizit vorhanden. Wir wissen was für einen Stil wir von einem Gesetzestext in
etwa zu erwarten haben. Wir wissen auch, dass das nicht der Stil ist, den wir auf
einer informativen Webseiten anzutreffen hoffen.
In der Folge ein paar der wichtigsten Stilgrundsätze für Webtext.
Ihre Sätze sollten aus nicht mehr als 17 Wörtern bestehen.
Das ist kein Dogma sondern basiert auf Untersuchungen des
Kurzzeitgedächtnisses wonach der durchschnittliche Papierleser sich
spätestens beim 18. Wort nicht mehr erinnern kann wie der Satz
angefangen hat. Natürlich hängt das auch von der Verwendung
komplizierter Satzkonstruktionen und vieler Fremdwörter ab. Vermeiden
Sie aber vor allem Schachtelsätze.
Verwenden Sie aktive Satzkonstruktionen.
Das typische Amtsdeutsch erhält seine eigentümliche Färbung durch die
Verwendung passiver Satzkonstruktionen. Auch wenn diese Art der
Formulierung in juristischen Texten notwendig sein mag: das ist kein
Grund sie auch in CMS-Texten zu verwenden. Scheuen Sie passive
Konstruktionen wie der Teufel das Weihwasser, jeder passive Satz kann
in einen aktiven umgewandelt werden.
Beispiele: Das WC ist sauber zu halten! -> Bitte halten Sie das WC sauber!
Verwenden Sie eine einfache, allgemeinverständliche, klare Sprache.
Wir fühlen uns oft verpflichtet Information komplett, sachlich richtig
und damit auch kompliziert und langatmig zu formulieren (schließlich
ist nicht alles auf der Welt einfach und leicht zu erklären). Versuchen Sie
trotzdem so einfach wie möglich zu formulieren und überlassen Sie es
dem Leser sich für einen komplizierteren Text im Anhang der Webseite
zu entscheiden.
Formulieren Sie Ihre Texte mit einer klaren Struktur.
Ein Beispiel dafür ist die Verwendung von Absätzen dort wo sie
hingehören: An der Grenze zu einem neuen Informationsabschnitt.
Ebenfalls wichtig: setzen Sie Information immer an die gleiche Stelle:
wenn Sie am Fuß der Webseite immer einen Ansprechpartner angeben,
so sucht der Leser an dieser Stelle danach und wird auf einer anderen
Seite einen solchen Verweis am Kopf der Seite eher ignorieren.
Wenn Sie Abkürzungen verwenden, dann schreiben Sie den Begriff
bei der ersten Verwendung aus und die Abkürzung in Klammern.
Also zum Beispiel: „Content Management System (CMS)“
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Wie entsteht „guter Content“?
• Durch das verarbeiten von Daten (Rohmaterial) zu Informationen.
• Informationen sind verknüpfte Daten (mit Sinn, Aussage und
Informationswert).
• Daraus können Besucher Wissen erwerben = rezipierte und in den
eigenen Kontext eingeordnete Informationen.
• Nur wenn der Benutzer die Erfahrung macht Wissen aus Ihrem Content
generieren zu können, wird er oder sie zufrieden sein.
Allgemeine Stil-Grundsätze
Gut
•
•
•
•
•
•
•
•
Schlecht
17 Wörter max. pro Satz
Aktive Satzkonstruktionen
Einfach
Verständlich
Klar
Eindeutig
Klar strukturiert
simplifiziert
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•
•
•
•
•
•
•
•
Schachtelsätze
Passives „Amtsdeutsch“
Komplett
Sachlich richtig
Kompliziert
Mehrdeutig
Chaotisch
Wahrheitsgetreu
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6. Redaktionelle Arbeit
"Idealerweise sollten bei Online-Medien Design und redaktioneller Output eine
Einheit bilden und einer Funktion dienen: dem User helfen, online effektiver und
problemloser zu kommunizieren." - Das als knapper, programmatischer
Grundsatz der Content-Produktion, zu finden in Steve Quinns Fibel des digitalen
Journalismus, "Digital Sub-Editing & Design"24.
Quinn hat versucht, die diversen Aufgabengebiete von Redakteuren (nicht nur
im Online-Bereich) zu systematisieren. Er schlägt folgende Einteilung28 vor:
1. sicherstellen, dass zu veröffentlichende Artikel leicht zu verstehen sind
2. alles kontrollieren, was zu kontrollieren ist - und dann noch einmal zu
kontrollieren
3. sicherstellen, dass es zu keinen Problemen mit dem Gesetz kommen
kann
4. Artikel den redaktionellen und technischen Erfordernissen anpassen
(Länge etc.)
5. Schlagzeilen schreiben und auf ein durchgängiges Design der einzelnen
Seiten achten (das nimmt Ihnen zu einem großen Teil das CMS ab)
Im Großen und Ganzen ist diese Systematisierung auch auf den OnlineContenterstellung anwendbar.
Punkt 1 - die leichte Verständlichkeit der Artikel - muss man jedoch um die
Anpassung an die Erfordernisse des Mediums erweitern. Denn eine Geschichte,
die in einer Zeitschrift leicht lesbar ist, kann für den Bildschirm vollkommen
unbrauchbar sein. Hier gelten die bereits besprochenen Grundregeln von Kürze
und Prägnanz.
In erster Linie orientiert sich der User von Online-Portalen und News-Websites
nach dem Text, wie eine Studie der Stanford University gezeigt hat - auch wenn
das World Wide Web ein visuelles Medium ist. Zuerst werden Titel und kurze
Texte gelesen, dann erst Grafiken und Illustrationen betrachtet.
Nach einer Untersuchung der Universität Eichstätt (Deutschland) sind die drei
wichtigsten Tätigkeitsbereiche eines Online-Redakteurs Textauswahl (89,7%),
Redigieren von Fremdtexten (78,5%) und Schreiben und Redigieren eigener
Texte (74,4%). Eine wichtige Kernqualifikation ist dabei die fundierte Recherche
von Informationen vor allem im Internet, aber auch in speziellen Datenbanken,
Fachpublikationen und in anderen verfügbaren Medien. Die gesammelten
Informationen werden von Online-Redakteuren journalistisch aufbereitet und in
einer online-gerechten Form präsentiert.
Typisch für Online-Redakteure ist der routinierte Umgang mit den neuen
Medien und Techniken. Im Gegensatz zu Printjournalisten sind OnlineRedakteure noch stärker darauf geeicht, kurz und prägnant zu formulieren, ihre
Texte klar und visuell zu strukturieren. Denn lange und unübersichtliche Texte
werden am Bildschirm kaum gelesen.
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7. Checklisten für die Überarbeitung von Text
Überarbeitung aus der richtigen Perspektive
 Vogelperspektive: was passiert, wenn ich nur die „Hingucker“
(siehe „Scanner“) lese?
 Strukturperspektive: sind alle (die wichtigsten) formalen Elemente
vorhanden und korrekt?
 Inhaltsperspektive: habe ich gecheckt, dass alles drinnen steht was
drinnen stehen soll?
 Stilperspektive: passt der Stil für mich? Habe ich Schachtelsätze
getrennt?
Überarbeitung STRUKTUR
 Überschrift
 Einleitungstext
 Textgliederung (mindestens)
• Absätze
• Subheadlines
• weiterführende Information
 Textgliederung (möglich)
• Subnavigation
• Bild und Bildtext
• Tabellen
• weiterführende Links/Literatur
Überarbeitung INHALT
 Wer soll mit diesen Informationen etwas anfangen? (Zielgruppe)
 Was sollen diese Personen damit anfangen? (Zweck, Ziel)
 Was ist der nächste Schritt für diese Personen? (nächster Schritt,
konkrete Handlung, Formular)
 Wo gibt es noch Hilfestellungen, Informationen? (weiterführende Links)
Überarbeitung STIL
 Schreiben Sie nicht mehr als 17 Wörter pro Satz. Trennen Sie Sätze die
zu lang sind.
 Verwenden Sie aktive Satzkonstruktionen
 (=aktiv) vs. “keine passiven Satzkonstruktionen verwenden” (=passiv).
 Verwenden Sie auch bei fachlich komplexen Themen eine allgemein
verständliche, einfache, klare Sprache.
 Formulieren Sie Ihre Texte mit einer klaren Struktur.
 Behandeln Sie jede Webseite als Einzelblatt. Setzen Sie nicht voraus,
dass der/die BenutzerIn Sie oder Ihr Angebot darüber hinaus bereits
kennt.
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8. Literatur und Webtipps
Literatur englisch
Hot text, Web Writing that works,
Jonathan and Lisa Price, New Riders Verlag 2002
Content Critical, Gaining competetive advantage through high-quality web
content
Gerry McGovern and Rob Norton, Prentice Hall, 2002
The Web Content Style Guide, The Essential Reference for Online Writers,
Editors and Managers, Gerry McGovern, Rob Norton, Catherine O'Dowd, Prentice
Hall 2001
Killer Web Content: Make the Sale, Deliver the Service, Build the Brand
Gerry McGovern, 2006
The Classic Guide to Better Writing.
Rudolf Flesch, Abraham Harold Lass
Harpercollins, 1996
The Elements of Style, William Strunk, Jr. (1918)
Online: http://www.bartleby.com/141/
Literatur deutsch
Handbuch für Webtexter. So schreiben Sie fürs Internet (X.media.press)
Ekkehard Schmider, Springer Verlag 2003
Schreiben fürs Web. Konzeption - Text - Nutzung (Taschenbuch)
Melanie Wieland, Matthias Spielkamp, UvK, 2003
Technisches Schreiben (nit nur) für Informatiker)
Peter Rechenberg, Hanser, 2002
Websites englisch
Gerry McGovern
http://www.gerrymcgovern.com/
Jacob Nielsen’s use it
http://www.useit.com/
Useit Sammlung zum Thema „wie
wird am Web gelesen?“ (eyetracking, Usability etc.)
http://www.useit.com/papers/
webwriting/
Good Documents – die Website ist
mit einem Content-Tool assoziiert,
bietet aber viele Infos und
Hilfestellungen zum Schreiben
http://www.gooddocuments.com/
Contentious – Magazin und Blog für
Autoren, die für das Web schreiben
http://www.contentious.com/
Websites deutsch
Leicht lesbar – Online-Test für Text
http://www.leichtlesbar.ch/html/
Internet-Tutorial: Schreiben für’s Web
http://www.stefanbucher.net/tutorial/textefuersweb/
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