Scheidung ist für Kinder wie eine Amputation Kinderarmut

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Scheidung ist für Kinder wie eine Amputation Kinderarmut
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Nachricht und Zitat 6/ 2014
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Zitat 6 / 2014
Scheidung ist für Kinder wie eine Amputation
„Sicher wäre es unsinnig gegen Scheidung zu argumentieren, wenn die Auflösung der Familie
überzeugende Veränderungen und Verbesserungen für alle Beteiligten, einschließlich der Kinder,
mit sich brächte, beispielsweise in neuen familienübergreifenden sozialen Lebensformen. (…..)
Zwar bringen diese neuen Arrangements oftmals das, was manche modernen
Familientherapeuten für Kinder so wertschätzen, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Aber der
Aspekt des Verlustes, die Frage, welche Konsequenzen der ganze oder teilweise Verlust eines
leiblichen Elternteils im Alltag des Kindes wirklich mit sich bringt, wird dabei nicht genügend
bedacht. (….) Scheidungsschmerz, ganz gleich wie die Ehe vorher war, ist für das Kind realer,
handfester, tiefer, zerreißender Schmerz. Es ist die Zerstörung von Strukturen, es ist Teilung.
Scheidung ist wie eine Amputation. Man überlebt, aber man hat etwas verloren.“
Helge-Ulrike Hyams, Kinder wollen keine Scheidung, Stuttgart 2002, S. 15 f.
Zur Autorin: Professor Helge-Ulrike Hyams lehrte an der Universität Bremen Pädagogik und ist Begründerin
des Kindheitsmuseums in Marburg an der Lahn.
Nachricht 6 / 2014
Kinderarmut: Hauptgrund ist die Trennung der Eltern
Lebenslage Alleinerziehend – wo liegt das Problem? Glaubt man der gängigen Erzählung von
Modernisierung und Emanzipation, dann ist die gestiegene Zahl Alleinerziehender ein Indikator für
vielfältiger und „bunter“ gewordene Lebensverläufe, Ausdruck von Autonomiestreben und
Unabhängigkeit, vor allem der Frauen. So populär diese Sicht in manchen Feuilletons ist, so wenig
entspricht sie der Wirklichkeit (1). Wie die Sozialstatistik zeigt, bedeutet Alleinerziehen oft Armut:
Etwa 40 Prozent aller Alleinerziehenden beziehen Hartz-IV. Diese „Hilfequote“ ist mehr als viermal
so hoch wie bei Paaren mit Kindern, von denen weniger als zehn Prozent Hartz-IV beziehen (2).
Die Paarfamilien wiederum unterscheiden sich in ihrer Transferabhängigkeit signifikant nach dem
Familienstand: Während rund 10% aller nichtehelichen Lebensgemeinschaften mit ein oder zwei
Kindern ihren Lebensunterhalt überwiegend durch staatliche Transfers decken, sind es bei den
Ehepaaren weniger als fünf Prozent (3). „Traditionelle Familien“ bestreiten also in aller Regel,
anders als mediale Legenden über Milliardensubventionen insinuieren, ihren Lebensunterhalt aus
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eigenem Erwerbseinkommen (4). Für die wirtschaftliche Selbständigkeit und das Armutsrisiko von
Familien ist die Lebensform der Eltern keine Nebensächlichkeit, sondern eine Schlüsselgröße.
Schlaglichtartig zeigen dies die Zahlen zu Kindern in „Hartz-IV“: Etwa die Hälfte der 1,9 Mio. Kinder
in Hartz-IV-Hauhalten lebt bei Alleinerziehenden (5). Die vieldiskutierte Kinderarmut ist, nicht allein,
aber doch ganz wesentlich, eine Folge der steigenden Zahl Alleinerziehender (6). Bewusst für
diese Lebensform entschieden haben sich die wenigsten Alleinerziehenden, in den allermeisten
Fällen hat sie sich aus dem Scheitern von Beziehungen ergeben. Die Brüchigkeit von
Beziehungen, die sprunghaft gestiegenen Trennungs- und Scheidungszahlen, sind damit ein
wesentlicher, wenn nicht sogar der Hauptgrund für die materielle Deprivation von Kindern. Für die
Politik ergibt sich daraus ein Dilemma widersprüchlicher Erwartungen: Einerseits soll sich der
Sozialstaat aus dem privaten Beziehungsleben heraus halten, andererseits muss er für das
Zerbrechen von Familien mit vielen Milliarden aufkommen. Das zeigt sich nicht nur an den
Transferströmen im Hartz-IV-System, sondern auch an den öffentlichen „Erziehungshilfen“. Die
Kosten für diese Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe sind ebenfalls sprunghaft gestiegen, was
vor allem die Kommunen belastet (7). Auch das hat mit dem Zerbrechen von Kernfamilien zu tun.
Nur etwa zwei Prozent der Kernfamilien nehmen solche Leistungen in Anspruch, aber immerhin
zehn Prozent der Alleinerziehenden (8). Hinzu kommt, dass Alleinerziehende aufwendigere Hilfen
benötigen. Während für Kernfamilien meist Erziehungsberatungen oder ambulante Hilfen
ausreichen, benötigen Kinder getrennter Eltern häufiger „familienersetzende Maßnahmen“, sprich
Vollzeitpflege oder Heimerziehung. Diese „familienersetzenden Maßnahmen“ sind besonders teuer
– ein Heimplatz kostet mehrere tausend Euro im Monat (9). Der Hauptgrund für solche
Maßnahmen sind Trennungen: Fast die Hälfte der Heimerziehungsmaßnahmen betrifft Kinder
Alleinerziehender, ein weiteres Viertel Kinder, deren Eltern mit einem neuen Partner
zusammenleben; in mehr als zwei von drei Fällen muss also das Kind ins Heim, weil die
Beziehung seiner Eltern gescheitert ist (10).
Angesichts des Leids der betroffenen Kinder mag es zynisch erscheinen, diese Tragödien im Blick
auf ihre Kosten für den Steuerzahler zu betrachten. Beide Perspektiven, die des Leidens der
Kinder wie die der Kosten für die Allgemeinheit, führen aber zur selben Einsicht: Trennungen von
Eltern sind nicht einfach „Privatangelegenheiten“, wie ein oberflächlicher, falsch verstandener
Liberalismus weismachen will. Trennungen von Eltern als Massenphänomen sind vielmehr eine
Gefahr für das Gemeinwohl. Und umgekehrt gilt, dass stabile Ehen eine Ressource für das
Gemeinwesen sind. Wer die Ehe rechtlich schwächt (z. B. durch Kappen des Splittingvorteils)
trocknet diese Wohlstandsquelle aus. Damit ist niemandem geholfen, weder den Unverheirateten,
noch den Alleinerziehenden und schon gar nicht den Kindern.
(1) Die Kluft zwischen „Erzählung“ und Wirklichkeit wird besonders deutlich im Blick auf den stark
gewachsenen Anteil Alleinlebender („Singles“): http://www.i-daf.org/aktuelles/aktuelleseinzelansicht/archiv/2012/07/29/artikel/lebensformenwandel-feuilleton-phantasien-versus-nackteempirie.html.
(2) Vgl.: „Risiko des Hartz-IV-Bezugs nach Lebensform“ (Abbildung).
(3) Vgl.: „Lebensunterhalt von Familien nach Lebensform“ (Abbildung).
(4) Zu verzerrten Darstellungen der Förderung („Subvention“) von Familien: http://www.idaf.org/aktuelles/aktuelles-einzelansicht/archiv/2013/01/22/artikel/neue-toene-im-familienreport-diefamilienfoerderung-betraegt-55-milliarden-euro-sind-auch-die-medi.html.
(5) Vgl.: Anne Lenze: Alleinerziehende unter Druck: Rechtliche Rahmenbedingungen, finanzielle Lage und
Reformbedarf, im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung, Gütersloh 2014, S. 7.
(6) Zur Problematik der Diskussion über Kinderarmut im Blick auf Alleinerziehende: http://altewebsite.idaf.org/403-0-Wochen-29-30-2011.html.
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(7) Insgesamt kosten Erziehungshilfen die öffentliche Hand mehr als sechs Milliarden Euro. Detailliert
hierzu: Matthias Schilling: Erneuter Ausgabenanstieg in der Kinder- und Jugendhilfe, S. 1-5, in:
Kommentierte Daten der Kinder- und Jugendhilfe, 16. Jg., Heft 3/2013, Januar 2014, S. 3.
(8) Vgl.: Statistisches Bundesamt: Alleinerziehende in Deutschland, Ergebnisse des Mikrozensus 2009,
Begleitmaterial zur Pressekonferenz am 29. Juli 2010, Wiesbaden 2010, S. 31.
(9) Zu den Arten der Erziehungshilfen im Blick auf die Betroffenheit Alleinerziehender http://altewebsite.idaf.org/167-0-Woche-19-2009.html.
(10)Vgl.: „Heimerziehung in Deutschland – mehr als zwei von drei Fällen geht die Trennung der Eltern
voraus“ (Abbildung). Eingehender hierzu: http://altewebsite.i-daf.org/328-0-Wochen-33-34-2010.html.
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