Der „Depperltest“

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Der „Depperltest“
Barbara Kaniuka
Der „Depperltest“
Wenn der Poliz�
in denen ein Autofahrer nach einer allzu feuchtfröhlichen Feier in eine Verkehrskontrolle gerät, seinen Führerschein abgeben darf und sich einige
Zeit später vor dem Verkehrsgericht wiederfindet, wo man ihn wegen Trunkenheit im Verkehr verurteilt. Gemeint sind vielmehr die gar nicht so
seltenen Fälle, in denen der Fahrer entweder überhaupt keinen Tropfen Alkohol getrunken hat oder sich beim Pusten zumindest noch „im grünen
Bereich“ befindet, die Polizei aber bei ihm auf Stimulantien ganz anderer Art stößt, z. B. einen Joint oder Cannabis in kleinen Mengen. Wenn das
Rauschgift ihm als Besitzer zugeordnet werden kann, dann wird erst einmal ein Strafverfahren wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz gegen ihn eingeleitet. Bei einem erst- und einmaligen Verstoß endet das Ganze im günstigen Fall mit einer Einstellung des Verfahrens
gegen Zahlung einer Geldauflage, vielleicht auch mit einer Geldstrafe im Strafbefehlsverfahren. Er zahlt die Auflage oder Strafe, und damit scheint
die leidige Sache für ihn erledigt. Bis ihm dann eines Tages ein Schreiben der Führerscheinstelle ins Haus flattert, in dem es heißt, man habe eine
Mitteilung�
Führen vo�
Untersuchungsstelle vorzulegen und bis zum ... sein Einverständnis mit dieser Maßnahme zu erklären. Im Falle der Verweigerung werde die Fahrerlaubnis entzogen. Die Kosten der Begutachtung habe er zu tragen.
Der Autofahrer versteht die Welt nicht mehr: Das Strafverfahren gegen ihn ist längst abgeschlossen, vielleicht sogar durch eine Einstellung; davon,
daß man ihm �
....“ nichts anderes als der berüchtigte Idiotentest (auch MPU genannt) verbirgt, ist ihm völlig klar. Geht das alles wirklich mit rechten Dingen zu?
In diesem Fall wohl nicht. Zunächst muß man aber grundsätzlich trennen zwischen dem Strafverfahren, bei dem es um einen Verstoß gegen
strafrechtliche Normen – hier des BtmG – geht, und dem Verfahren bei der Führerscheinstelle, das ein reines Verwaltungsverfahren ist. Es ist
durchaus möglic�
Fahre�
sich zieht. Ein�
nachweisen kan�
der Fahreignung durch die Führerscheinstelle, wenn diese davon erfährt.
Nicht jeder Verstoß gegen das BtmG rechtfertigt nun aber auch gleich die Anordnung einer MPU, die, wie das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, einen erheblichen Eingriff in das grundrechtlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellt und deshalb nur unter besonderen
Umständ�
nungsmängel vorliegen.
Von einem�
raucht. Dazu mußte bis vor kurzer Zeit auch nach Ansicht der Rechtsprechung vielmehr ein nachgewiesener regelmäßiger oder gewohnheitsmäßiger Cannabiskonsum vorliegen. Allerdings hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einer neueren Entscheidung unter Berufung auf ein
Gutachten der Medizinisch-Psychologisch-Technischen Obergutachterstelle beim Institut für Psychologie der Universität München aus dem Jahre
1999 die An�
begründen. Da�
wenn zuvor in einem ersten Schritt das Konsumverhalten des Betreffenden aufgeklärt wurde. Für diese Aufklärungsphase gilt nach wie vor folgendes:
Ordnet d�
,
in dem mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird: die Maßnahme ist unverhältnismäßig und somit rechtswidrig. Besteht der Verdacht, daß es
sich in Wirklichkeit doch um mehr als um ein Ausprobieren in einem Einzelfall gehandelt hat, darf aber auch nicht gleich das schwerste Geschütz
aufgefahren we�
chiatrisch�
Haaranalyse gibt je nach Länge der Haare relativ zuverlässig Auskunft über einen Zeitraum von mehreren Monaten. Allerdings kann das Ergebnis
bei �
Auf eine
Beeinflussung der Analyse durch bestimmte Haarschampoos u.ä., die in diesem Zusammenhang immer wieder angepriesen werden, sollte man
sich lieber n�
weniger belastend als eine MPU.
Was den V�
derzeitigen Erkenntnisse über den Gebrauch von Cannabis erlaubten nicht den Schluß, daß jeder, der mit einer Haschischzigarette angetroffen
werde, gleich ein gewohnheitsmäßiger Konsument sein könne. Allerdings soll nach Ansicht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in der bereits erwähnten neueren Entscheidung nichtsdestotrotz bereits der Besitz einer kleiner Cannabismenge Aufklärungsmaßnahmen von Urinproben
über Haaranalysen bis hin zu einem neurologisch-psychiatrischen Gutachten rechtfertigen.
Aus dem Schneide�
Ansicht des Bayerischen VGH nicht einmal Eignungszweifel begründen können und darf daher auch nicht zur Rechtfertigung von Aufklärungsmaßnahmen herangezogen werden. Bleibt nur die Frage, wie man diesen Nachweis führen soll.
Die Anforderung einer MPU durch die Verwaltungsbehörde kann allerdings dann gerechtfertigt sein, wenn nicht nur ein Verdacht, sondern ganz
konkrete Anhaltspunkte für einen gewohnheitsmäßigen Konsum vorliegen oder wenn für die Vergangenheit eine Drogenabhängigkeit festgestellt
wurde und nun der�
gutachtung durch einen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie ausreichend ist, da diese im Vergleich zur MPU ein weniger intensiver Eingriff ist.
Läßt sich eine �
stimmen! Es g�
nicht gleich in jede Falle tappt. Diese Vorbereitungsgespräche sind zwar auch nicht umsonst, die Investition dürfte sich aber lohnen. Man sollte
auch immer darauf bestehen, daß das Gutachten nicht direkt von der Begutachtungsstelle (meist TÜV) an die Verwaltungsbehörde übersandt wird,
sondern m�
oder sich lieber um eine erneute Begutachtung bei einer anderen Stelle bemühen will.
Auf jeden Fall muß einer unverhältnismäßigen und damit rechtswidrigen Anordnung der Führerscheinstelle keine Folge geleistet werden. Wenn
letztere jedoch allen Argumenten und Hinweisen auf die Rechtsprechung zum Trotz an ihrer Anordnung festhält und auf die Verweigerung der
Maßnahme �
ausrückt), bleibt nur der Gang zum Gericht.