All Inclusive

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All Inclusive
Test: Stage
PA-System
K.M.E. SD7
All Inclusive
Die K.M.E. ist nicht das, was sie zu sein scheint – eine PA
mit zwei Tops und vier Suboofern. Ihr Konzept mit einem
Subwoofer, drei integrierten Endstufen nebst System-Controller
plus Biamping-Aktiv-Tops ebenfalls mit eigenem Controller
sucht seinesgleichen. Hier bekommt man Großbeschallungstech­
nologie mit zehn Endstufenkanälen im Mucker-Pack.
Die Anwendungen für den dritten
Amp-Kanal sind vielfältig. Monitor­
boxen, bis zu acht Stück bei korrekter
Verkabelung, sind eine nahe liegende
Antwort. Dank zweier Audio-Eingangs­
kanäle erscheint das unbedingt sinn­
voll. Die andere Anwendung ist ein
dritter Subwoofer pro Seite. Ist das
nicht etwas übertrieben, in Anbetracht
von nur einem Zwölfer-Top?
»
D
as Konzept der SD7 (bestehend aus zwei
Tops vom Typ VL 750, zwei aktiven Sub­
woofern VSS 18 und zwei passiven Sub­
woofern VB 18) weicht von allen anderen KompaktPA-Konzepten ab. Die aktiven Laut­sprecher­boxen
verfügen über integrierte System-Controller und
der Subwoofer VSS 18 besitzt neben der ihn selbst
antreibenden 750-Watt-Endstufe zwei weitere in­
tegrierte Digital­endstufen mit einer Nennleistung
von je 500 Watt. Wozu das? Ein Kanal ist schnell
erklärt, schließlich gehört zum Gesamtpaket der
SD7 ja auch ein passiver Subwoofer VB 18. Aber
wozu der dritte Kanal, wenn die Top-Box ihrerseits
mit zwei eigenen Endstufen für Mittel- und Hoch­
töner aufwarten kann?
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SoundCheck 02 |10
dass die Mikrofone auf der Bühne im Bass nicht
mitkoppeln; es bedeutet auch, dass die Wände
von hinten nichts zu reflektieren haben, sodass
vorn kaum stehenden Wellen und Kammfilter­
effekte auftreten. Und dies kommt dem Sound in
geschlossenen Räumen zu Gute. Die so erziel­
bare rückwärtige Dämpfung von über 25 dB über­
­treffen bei weitem die Richteigenschaften von
so genannten Folded-Horn-Subwoofern (siehe
Kasten S. 95).
Die integrierten Systemcontroller erlauben den direkten Anschluss an ein Mischpult.«
Drei Subwoofer pro Top sind nicht übertrieben. Die Materialschlacht dient nämlich nicht
dem vordergründigen Schalldruck-Gewinn, son­
dern der Richtwirkung. Der DSP hält verschie­
dene Presets bereit, mit denen korrekt aufge­
baute Subwoofer eine Richtwirkung entfalten –
obwohl sie einzeln eigentlich direktabstrahlend
(also Kugelstrahler) sind. Durch die Kombination
von Delay, Phasendreher und einem bestimmten
Aufbau ergibt ein Stapel von drei Subwoofern,
von denen der mittlere nach hinten gerichtet ist,
ein Array mit der Richtwirkung „Niere“. Der mitt­
lere Subwoofer erzeugt sozusagen Antischall. Ist
dies den Aufwand wert? Ja, unbedingt. Denn
„wenig Schall nach hinten“ bedeutet nicht nur,
Die integrierten Systemcontroller erlauben
den direkten Anschluss an ein Mischpult. Je­
der der drei Endstufenkanäle des VSS 18 und die
Biamping-Box VL 750 verfügen über vollpara­
metrische Equalizer (5-Band im Vss 18, 3-Band
in der VL 750), Limiter, Delay, Frequenzweiche
(mit variabler Frequenz und Typ) und Presets für
bestimmte Lautsprecher-Kombinationen und
Richt­­eigenschaften. Die XLR-Eingangsbuchsen
akzeptieren sogar digitale AES/EBU-Signale (und
spielen diese über Link aus)! Bei Abwe­senheit von
Audio können sich die Boxen automatisch ab­
schalten, und mit frei definiertem Threshold wie­
der einschalten – somit sind alle Voraussetzungen
für eine Festinstallation gegeben. Alle Werte las­
www.soundcheck.de
Wissen
Wozu soviel Aufhebens um
die Richtwirkung?
Die Konstruktion und Einrichtung von Sys­
temen, die den Schall auch im Bass in die
Richtung strahlen, wo man ihn haben möchte,
ist anspruchsvoll. Dabei geht es immer um zwei
Kriterien: Erstens soll da, wo man den Sound
hören will, überall der gleiche Sound zu hören
sein. Ein spitzer brillanter Ton auf der 0°-Achse
und ein mumpfiges Wummern schräg von der
Seite sind dem Publikum nicht zuzumuten. Die
zweite Anforderung besteht darin, dass man
dort, wo kein Publikum ist, möglichst wenig
Schall haben will.
Aus diesem Grund gibt es Line-Arrays. Die
aufwändige, bananenförmige Anordnung von
Lautsprechern klingen keineswegs von sich
aus besser als konventionelle Lautsprecher, sie
vermögen bloß den Schall präzise ins Publikum
zu richten – anstatt ins Hallendach. Dort würde
er nämlich reflektiert werden, und die Halle
würde das tun, was Hallen zu tun pflegen,
sie würde nämlich „hallen“. Und je mehr von
diesem Hall zu hören ist, desto matschiger ist
der Sound. Unter Sound-Gesichtspunkten ist
das furchtbar: „Hall auf alles“, also auch auf die
Kickdrum und auf den Bass – man stelle sich
das einmal im Studio vor. In der Beschallung ist
es traurige Praxis.
Intelligenter ist es also, Schall zu verhindern,
der in Richtung Rückwand oder in Richtung
Decke tönt. Die klassische und fast ideale
Richtwirkungserfindung ist das Exponenti­
alhorn. Es gibt nichts effektiveres, um die
Bewegung der Lautsprechermembrane auf die
Luft zu übertragen. Dumm nur, dass abseits des
Abstrahlwinkels das Chaos herrscht und noch
dümmer ist: Damit ein Horn auch noch im Bass
funktioniert, muss es sagenhaft lang sein – bis
zu 17 Meter. Man behilft sich damit, Bassboxen
so zu konstruieren, dass ihr Inneres wie eine Art
„gefaltetes Horn“ wirkt (Folded Horn Subwoo­
fer). Folded-Horn-Subwoofer sind bislang das
Optimum in Sachen Bass-Richtwirkung bei
kompakten Abmessungen. Einfache Bassreflexoder Bandpass-Subwoofer strahlen hingegen
fast kugelförmig ab, es ist also nahezu egal,
wie herum man sie hinstellt. Das Konzept der
SD7 mit Antischall aus direkt abstrahlenden
Subwoofern ist dem in der Richtwirkungs-Aus­
beute deutlich überlegen, insbesondere in der
Variante mit drei Subwoofern.
sen sich auf 1 Hz, 1 dB, 1 ms genau eingeben. Der
Eingang ist mit 24 Bit aufgelöst, der DSP mit 48
MHz (nicht kHz!) getaktet.
Blechrückseiten. Der auf 60° x 80° biradial ab­
strahlende Hochtöner der VL 750 ist drehbar –
also dauerhaft als Monitor-Wedge einzusetzen.
Alle Endstufen funktionieren digital (Class D
mit Schaltnetzteilen). Alle Treiber verfügen
über Neodym-Magneten. Bei Verarbeitung und
Ausstattung gibt es keinen Kritikpunkt, es wurde
einfach an alles gedacht: Flugpunkte, Flansche,
Gummifüße, Stapelmulden, ein integrierter
Schwenk­flansch für Boxen­schräg­stellung der VL
750, gute Griffe, versenkte Be­dien­elemente,
PowerCon-Anschlüsse mit Durch­­­­schlei­fan­schlüs­
sen, lange PowerCon-Anschluss­kabel, Moni­torAufstellwinkel an der VL 750, aufschluss­reiche
Grafiken mit Installationskurzanweisungen und
Signalflüssen an den konvektionskühlenden
Das mit Akustikschaum hinterlegte Waben­
gitter steht unter Spannung, sodass es sich
im Falle eines Falles selbsttätig ausbeult. Die
Membranen sind imprägniert und so gegen Feuch­
tigkeit geschützt. Der passive Bassreflex-Sub­
woofer VB 18 ist in seiner Bestückung identisch
mit dem VSS 18. Die gleichen Boxen kommen
auch in dem größeren System SD8 zum Einsatz:
Eine VL 760 (mit 15“- statt 12“-Treiber, ansons­
ten wie VL 750) wird mit zwei VSS 18 und vier
Stück VB 18 kombiniert. Der Turm mit den drei
Subwoofern bietet die beste Nierenwirkung, eben
auch im Bass.
Kugelcharackteristik: Beim Einsatz von einem Subwoofer gibt es eine gleichmäßige,
homogene Abstrahlung aller Bassfrequenzen in alle Richtungen.
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Vermeidung von abgestrahlter Energie hinter dem
System: Hohe Rückwärtsdämpfung von ca. 25 dB in dem
zu übertragendem Frequenzbereich.
Je nach Betriebssituation wählt man verschiedene Presets an den einzelnen Boxen. Wel­ches
das richtige ist, hängt von der Anzahl der Sub­
woofer ab, oder ob man die VL 750 fullrange be­
treibt. Die VL 750 bietet vier Werks-Presets und
vier Anwenderprogramme. Dadurch sind die Über­
tragungseigenschaften wirklich für jeden Anwen­
dungsfall schnell optimiert. Von teuren Groß­be­
schallungssystemen trennt die SD7 nur noch der
Umstand, dass die Einstellungen an jeder Box ma­
nuell abgerufen werden müssen, und nicht zentral
vom Laptop aus, per System­verkabelung. Aber was
bedeutet das schon in der Praxis? Ein vollparamet­
rischer EQ in der als Aktivmonitor eingesetzten VL
750 oder im dritten Endstufenkanal des passive
Monitore ansteuernden aktiven Subwoofers ist
Gold wert: Raus aus dem Aux Send des Mischpults,
rein in die Aktivbox, fertig.
Die VL 750 ist auch als Cluster-Box prädestiniert. Ihr trapezoidales Design erlaubt trotz
Monitoraufstellwinkel ein Aneinanderschmiegen
mehrerer Exemplare, um eine breiter abstrahlende,
Aus Kugel wird Niere: Gleichmäßige, gerichtete homogene Abstrahlung
aller Bassfrequenzen im vorderen Bereich des Sytstems.
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Test: Stage
Technische Daten
VL 750
• Bestückung
12“, 1“-Biradial-Horn
• Gehäuse
Bassreflex
• Übertragungs bereich
55 Hz–19 kHz
• Endstufen Nennleistungen 600 & 150 W
• Nennschall druck 100 dB
• Schalldruck
max 128 dB
• Ausstattungs merkmale 4 x M8-Flugpunkte, Kippflansch
• Anschlüsse Line-In XLR, Link Out, analog/digital, PowerCon, Link
• Gewicht 21,5 kg
• Abmessungen 430 x 670 x 430 mm
VSS 18
• Bestückung 18“
• Gehäuse Bassreflex
• Übertragungs bereich 38-160 Hz
• Endstufen Nennleistungen 750 W & 2 x 500 W @ 4 Ω
• Nennschall druck
102 dB
• Schalldruck
max.
129 dB
• Ausstattungs merkmale
M20-Schraubflansch
• Anschlüsse Line-In XLR, L/R, Links Out, analog/digital, Speakon A,B Out, PowerCon, Link
• Gewicht
34 kg
• Abmessungen520 x 610 x 615 mm
hoch belastbare so genannte „Tonampel“ zu reali­
sieren. Deren Abstrahlverhalten hängt wiederum
von einer auf die Millisekunde genauen Einstellung
Die K.M.E. SD7 setzt einen neuen HightechMaßstab in punkto Preis und Leistung. Beim
Vergleich der Preise muss man berücksichtigen,
»
Die K.M.E. VL 750 ist ein enorm vielseitig
einsetzbares System.«
der Verzögerung der einzelnen Boxen ab – der
notwendige Prozessor ist integriert, ebenso wie
eine Abschaltautomatik bei ausbleibendem Ein­
gangssignal. Nur einmal als Gedankenspiel wäre
dies eine Anwendung: In einer großen Boxkampf­
arena werden über dem zentral in der Hallenmitte
aufgebauten Boxring 2 x 5 Stück VL 750 aufge­
hängt, dicht an dicht. Mit den Delay-Parametern
der einzelnen Boxen kann man den Abstrahlwinkel
des Gesamtsystems bestimmen, je nachdem, ob
die Halle mehr länglich oder mehr quadratisch im
Grundriss ist. Dadurch ist die VL 750 für Beschall­
ungs­­unternehmer ein enorm vielseitig einsetz­
bares System, das man gern in großer Stückzahl
im Lager vorhält.
dass Digitaleingang, Processing mit EQ, Delay,
Limiter und Frequenzweiche keine Selbstver­
ständlichkeit sind, und ein Subwoofer mit zwei
zusätzlichen integrierten Digitalendstufen schon
gar nicht. Nicht vergessen: Hier kann man pas­
sive Monitore auf einem individuellen Weg be­
feuern, ebenfalls mit eigenem 5-Band-Para­
metric-EQ! Sogar die Bedienung des Prozessors
und das vergleichsweise großzügige Display er­
scheinen ausgereift.
Und der akustische Eindruck bestätigt dies.
Auch in der omnidirektionalen Kombination mit
nur einem Subwoofer plus Top gehört der tief
abgestimmte leichte 18“-Subwoofer mit zum
VB 18
• Bestückung 18“
• Gehäuse Bassreflex
• Übertragungs bereich 38-160 Hz
• Belastbarkeit Nenn/Max: 500 W/1000 W
• Nennimpedanz 4 Ω
• Nennschall druck
102 dB
• Schalldruck
Max
129 dB
• Ausstattungs merkmale
M20-Schraubflansch
• Anschlüsse Speakon, Thru
• Gewicht
21,5 kg
• Abmessungen520 x 610 x 615 mm
Bes­ten und Impulsfreudigsten was ich so ken­
ne. Die VL 750 liefert kompromisslose Theater­
quali­tät, kein Rauschen, geringste Verzerrungen,
hohen Schalldruck, frequenzneutrales Abstrahl­
verhalten, einen sehr ebenen Frequenzgang
und beste Impulswiedergabe. Ihre Anwen­dungs­
mög­lichkei­ten sind unbegrenzt, von der Wedge
oder dem Keyboard-Amp bis zur Frontbe­
schallung von Sprache und Konzerten aller Art.
Die K.M.E. SD7 ist für Bands, die mit kom­
paktem Setup hochwertigen Sound für über­
schaubares Geld realisieren wollen, eine äu­
ßerst interessante PA. Jedenfalls wäre sie der­
zeit meine persönliche Wahl.
✖ Jan-Friedrich Conrad
auf einen blick
K.M.E. SD7
Vertrieb K.M.E.
www.kme-sound.com
Preis (UVP)
SD7
8.648 g
Plug-&-Play-Pack 326 g
Flexibles Konzept
Gut ausgestatteter Systemcontroller
Exzellente Klang- und
Richteigenschaften
Ausstattung und Verarbeitung
geringes Gewicht
Digitaleingang
Übersichtliches Bedienfeld mit Display für den integrierten Digitalprozessor: K.M.E. VSS 18
96
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